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Wenn der Alltag plötzlich einem Horrorfilm gleicht: Der eiskalte Thriller »Rachemord« von Graeme Hague jetzt als eBook bei dotbooks. Er hinterlässt blutige Souvenirs … Es ist ein ganz normaler Morgen in Sydney – bis ein abgetrennter menschlicher Finger in einem Bürogebäude gefunden wird. Als Detective John Maiden mit den Ermittlungen beginnt, glaubt er zunächst an einen Einzelfall. Doch dann häufen sich die grausigen Funde, und Maiden findet sich plötzlich auf der Spur eines kaltblütigen Serienmörders. Aber warum wurden die Amputationen in einigen Fällen mit chirurgischer Präzision vorgenommen und in anderen mit roher Gewalt? Unterstützt von der Tatortspezialistin Janet Brown kommt Maiden der schrecklichen Wahrheit immer näher – und dem Täter, der ihn längst im Visier hat … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der abgründige Thriller »Rachemord« von Graeme Hague ist der erste Band der Thrillerdilogie um Sergeant Detective John Maiden. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 548
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Über dieses Buch:
Er hinterlässt blutige Souvenirs … Es ist ein ganz normaler Morgen in Sydney – bis ein abgetrennter menschlicher Finger in einem Bürogebäude gefunden wird. Als Detective John Maiden mit den Ermittlungen beginnt, glaubt er zunächst an einen Einzelfall. Doch dann häufen sich die grausigen Funde, und Maiden findet sich plötzlich auf der Spur eines kaltblütigen Serienmörders. Aber warum wurden die Amputationen in einigen Fällen mit chirurgischer Präzision vorgenommen und in anderen mit roher Gewalt? Unterstützt von der Tatortspezialistin Janet Brown kommt Maiden der schrecklichen Wahrheit immer näher – und dem Täter, der ihn längst im Visier hat …
Über den Autor:
Graeme Hague lebt mit seiner Frau Lisa im Südwesten Australiens. Er ist Autor, Musiker, Komponist und Hörbuchsprecher. Seine Thriller wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Website des Autors: www.Graemehague.com.au
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eBook-Neuausgabe August 2022
Die englische Originalausgabe erschien erstmals 2005 unter dem Originaltitel »Missing Pieces« bei Leisure Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2008 unter dem Titel »Tödliches Puzzle« bei Weltbild
Copyright © der englischen Originalausgabe 2005 by Graeme Hague
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2008 by Verlagsgruppe Weltbild GmbH, Steinerne Furt, 86167 Augsburg
Copyright © der Neuausgabe 2022 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Stefan Hilden, HildenDesign.de, © HildenDesign unter Verwendung mehrerer Motive von Shutterstock.com
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (mm)
ISBN 978-3-98690-253-7
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Graeme Hague
Rachemord
Thriller
Aus dem Englischen von Ulrich Hoffmann
dotbooks.
Lena Hargreaves hatte keinen Grund zu glauben, dass es kein ganz normaler Tag werden würde. Alles war wie sonst. Sie war gekleidet wie immer, sie sah aus wie eine professionelle Sekretärin in ihrem engen Rock mit passendem Kostümjackett, dunkler Strumpfhose und schwarzen Schuhen; die Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz zurückgebunden. Sie trug hochhackige Schuhe, allerdings keine Stilettos. Ihre Lesebrille war modisch, aber auch praktisch, mit einem kräftigen Rahmen und einem Band daran, sodass sie sie um den Hals hängen konnte. Als sie den Flur in Richtung des Empfangsbereiches der Firma im 21. Stock durchschritt, trug sie die Brille allerdings auf der Nase. Jedes Mal, wenn sie an einem Büro vorbeiging, schaute sie schnell hinein. Sie war bereit, jedem, der schon da war, zuzunicken und ihn anzulächeln.
In Wirklichkeit konnte Lena wegen der starken Brillengläser praktisch niemanden erkennen. Lediglich verschwommene Formen verrieten ihr, ob jemand in dem jeweiligen Büro saß. Doch sie wusste, dass die Brille sie geschäftig wirken ließ, also behielt sie sie auf und tastete sich eben durch eine Welt schwammiger Umrisse und unscharfer Grenzen.
Ihr Arbeitgeber belegte ein ganzes Stockwerk mit Büroräumen. Vor Kurzem hatte man versucht, in der Etage darüber noch etwas anzumieten, um ein Archiv anzulegen. Stattdessen hatte die Verwaltung ihnen zu einem sehr guten Preis einen Raum im obersten Stockwerk angeboten, dem zweiunddreißigsten, und sie hatten ihn genommen. Dort lagerten die alten Ordner und das Archivmaterial zentral, damit die Mitarbeiter nicht so viel Zeit damit verschwendeten, irgendetwas zu suchen. Das Management hatte sich gedacht, wenn die Leute schon den Fahrstuhl benutzen mussten, war es im Grunde egal, wie viele Stockwerke sie fuhren. Aber nach den ersten paar Wochen waren die Mitarbeiter nicht sonderlich zufrieden mit dem neuen System. Man brauchte die »alten« Akten häufig, und diejenigen, die nach oben fahren mussten, beschwerten sich, dass sie im Foyer ewig auf die Fahrstühle warten mussten. Und selbst wenn es nur eine Minute dauerte, die richtige Akte zu ziehen, war der Fahrstuhl, wenn sie oben ins Foyer zurückkehrten, immer schon irgendwo anders hingefahren, sodass es zu einer weiteren nervtötenden Verzögerung kam.
Lena drückte einen Stapel Aktenmappen an ihre Brust, als sie zum Fahrstuhl ging. Die vier Fahrstuhlschächte befanden sich in einer kleinen Nische, die vom Empfangsbereich aus nicht einsehbar war. Mit der Brille auf der Nase fiel es ihr leicht, den »Aufwärts«-Knopf zu sehen – Lena konnte nah genug herantreten, dass er in ihr Schärfefeld geriet. Sie drückte darauf und trat einen Schritt zurück. Im Warten sah sie sich um; sie versuchte, durch die Verschwommenheit ihrer Brille etwas auszumachen. Aber niemand war in der Nähe, und die Rezeptionistin am Schreibtisch hatte den Kopf gesenkt, sie hatte zu tun. Zufrieden, dass niemand sie beobachtete, schaute Lena hoch zu den Zahlen über der Fahrstuhltür. Sie waren ein wenig verschwommen, aber sie konnte sie lesen. Wenn sie jedoch nur ein paar kleine Schritte zurücktrat, wurden die Zahlen immer unschärfer, und Lena wusste, dass sie sich selbst in die Tasche log, wenn sie behauptete, sie dann immer noch lesen zu können. Mit einem Seufzen und nach einem weiteren schnellen Blick, um sicher zu sein, dass niemand sie beobachtete, schob Lena die Brille hoch auf ihre Stirn. Nach einem Augenblick der Verwirrung stellten sich ihre Augen auf die neue Situation ein, und die elektronischen Ziffern erschienen scharf und klar. Sie schaute kurz hinunter auf die Mappen, die sie an die Brust drückte, und ließ sie nach hinten kippen, sodass sie die Beschriftungen sah. Aber obwohl diese in großer, fetter Schrift vorgenommen worden waren, erschienen die Buchstaben nun verschwommen und unleserlich. Lena schnalzte enttäuscht mit ihrer Zunge. Sie ärgerte sich über ihre schlechten Augen, wo doch alles andere so gut lief.
Ein Klingelton zeigte an, dass der Fahrstuhl gekommen war, und Lena ließ ihre Brille herunterkippen, aber als die Türen sich öffneten, sah sie, dass die Kabine leer war. Sie ging schnell hinein und unterdrückte einen kleinen Schauder, als sie durch die Türen trat. Lena hasste Fahrstühle, und das begann mit der Angst, zwischen den sich schließenden Türen eingequetscht zu werden. Obwohl sie wusste, dass sie sich sofort wieder öffnen würden, sahen sie zumindest so aus, als könnten sie einen zerdrücken, und sie erschrak jedes Mal, wenn sie sich zu schließen begannen, bevor sie ganz drin war.
Als der Fahrstuhl seine geschmeidige Aufwärtsfahrt begann, machte sie sich sorgenvoll Gedanken über die gesamte Mechanik. Soweit Lena wusste, befand sie sich jetzt in einer Stahlschachtel, die an einem erschreckend dünnen Kabel hing. Sie hatte zu viele Filme gesehen, in denen Fahrstuhlfahrer durch ein zerfasertes, fast schon zerrissenes Kabel in Gefahr gerieten. Natürlich konnten sich im Film alle gerade rechtzeitig retten, und die Zuschauer sahen bloß entsetzt, wie die leere Kabine durch den Fahrstuhlschacht ihrer Zerstörung entgegenstürzte, das durchtrennte Kabel nutzlos hinter sich herziehend. Aber Lena konnte sich lebhaft vorstellen, wie es war, darin gefangen zu sein. Sie erschauerte wieder und sah besorgt die Wände um sich herum an. Der Fahrstuhl zuckte, und sie hielt verängstigt den Atem an, aber dann erreichte er das oberste Stockwerk. Die Türen glitten auf, und sie sah, dass die Fahrstuhlnische auch hier menschenleer war.
Das oberste Stockwerk war unbenutzt; hier gab es nur die Archivräume ihrer eigenen Firma. Die Einrichtung war noch so wie nach Fertigstellung der Bauarbeiten, mit schlichten, billigen Teppichen und Pastellfarben an den Wänden. Es roch neu und ein wenig nach Chemikalien, Farben, Klebstoffen. Die Klimaanlage auf diesem Stockwerk hatte man abgestellt, um Energie zu sparen. Die Archivräume waren durch eine unbeschriftete Tür vom Flur aus erreichbar. Lena hatte einen eigenen Schlüssel – genau genommen hatten viele Leute einen Schlüssel, denn eine Menge Mitarbeiter mussten hierher kommen. Was die Sicherheit anging, war die Sache ein Witz. Es war eines dieser Managementprobleme, das Lena sofort in Ordnung gebracht hätte, wenn man sie nur gelassen hätte. Sie fantasierte oft davon, wie sie dies oder das lösen würde, wenn sie befördert würde. Sie schwang die Tür weit auf und schob eine kleine Kiste davor, damit sie nicht wieder zufiel.
Der Archivraum war ursprünglich als mittelgroßer Konferenzsaal geplant worden. Jetzt wurde er unschön durch große Buchregale unterteilt, durch metallene Aktenschränke und stapelweise Pappkisten, in denen sich muffige Akten befanden, mit denen sich Lena dankenswerterweise noch nicht hatte beschäftigen müssen. Der Raum war unordentlich und nur mit Hilfe von hastig per Hand beschrifteten Schildern organisiert. Im Grunde genommen stand einfach alles da, wo gerade Platz war. Man musste suchen, bis man den Bereich fand, den man brauchte; erst dann ergab sich eine Art Ordnung. Der einzige strukturierte Bereich war ein Schreibtisch hinter der Tür, wo alle notieren sollten, wer sie waren, welche Akten sie mitnahmen, und sie später wieder aus dem Register streichen sollten, wenn sie zurückkamen. Auszubildende wurden häufig hochgeschickt, um Unterlagen wieder einzuordnen, die auf den Schreibtischen verblieben waren. Lena war eine der privilegierten Sekretärinnen, die diese ungeliebte Aufgabe nicht erledigen mussten. Sie packte ihre eigenen Akten einfach auf den Tisch, damit sich jemand anders darum kümmerte, und strich mit einem Bleistift, der mit einem Stück Seil an dem Register festgeknotet war, die Akten durch, die sie zurückgebracht hatte. Dann zog sie einen Zettel aus der Tasche und las nach, welche neuen Mappen sie brauchte.
Lena schloss die Tür zum Archiv nie ganz, wenn sie allein hier heraufkam. Es war unnatürlich ruhig im Vergleich zu den Büros unten, und es gab haufenweise kleine Ecken und Verstecke, wo sich jemand verbergen konnte. Wenn noch jemand anders Akten holte, war der Raum eine Oase im Vergleich zu der Arbeit unten, und man konnte ein bisschen plaudern oder sogar tratschen. Manche Mitarbeiter, das wusste Lena, rauchten hier auch, obwohl es verboten war.
Aber wenn sie allein im Raum war, wie jetzt, fand sie es ein wenig beängstigend.
Nervös schritt Lena durch das Labyrinth aus Regalen und Aktenschränken. Sie wusste, dass sie sich anstellte, konnte aber nicht anders. Die beste Antwort auf dieses Gefühl war, die Akten ausfindig zu machen, so schnell sie konnte, und dann wieder abzuhauen. Sie wünschte sich jetzt, dass sie einen der Auszubildenden gebeten hätte, es für sie zu erledigen. Genau genommen durfte sie das nicht, weil sie nicht hochrangig genug war. Aber ein paar der jüngeren Männer mussten nicht lange überredet werden, wenn Lena freundlich lächelte.
Die erste Akte fand sie leicht. Die zweite war nicht aufzutreiben, und sie ging zurück zum Verzeichnis und stellte fest, dass jemand anders sie schon bei sich hatte. Lena stieß ein verärgertes Geräusch aus, weil sie nicht darauf gekommen war, gleich zu Anfang ihre Liste mit dem Ausleihverzeichnis abzugleichen. Das tat sie jetzt und stellte fest, dass die anderen beiden Akten, die sie suchte, immer noch irgendwo hier oben waren.
Zwischen den Aktenregalen hörte Lena, dass jemand anders ins Zimmer kam. Sie war einerseits erleichtert, dass jemand hier war, und hoffte andererseits, dass es sich um jemanden handelte, denn sie kannte und mochte, deswegen rief sie:
»Hallo? Wer ist da?«
Sie versuchte, freundlich zu klingen, nicht ängstlich.
Sie erhielt keine Antwort.
»Ist jemand da? Hier ist Lena aus der Buchhaltung.«
Immer noch antwortete niemand.
Mit gerunzelter Stirn ging sie zurück zum Verzeichnis. Es war niemand da. Lena schob ihre Brille hinunter auf die Nasenspitze. So sah sie zehn Jahre älter aus, das wusste sie, aber im Augenblick war ihr das egal. Der Rest des Raumes war nun erkennbar, und Lena schaute sich besorgt um. Es sah so aus, als wäre sie immer noch allein.
»Ist hier nun jemand, oder nicht?«, fragte sie, innerlich gespalten zwischen dem Gefühl, sich lächerlich zu machen, und ihrer Angst.
Es war still im Raum.
Spontan trat sie aus dem Archiv hinaus und schaute den Flur entlang. Die Brille immer noch hinuntergeschoben, konnte sie sehen, dass einer der Fahrstühle in diesem Stockwerk stand; die Türen waren offen und warteten darauf, dass jemand ihn zu sich rief. Entweder das, oder jemand war gerade aus dem Lift rausgekommen.
Aber Lena befand sich, wenn sie dem Schweigen glaubte, das auf ihre Fragen folgte, immer noch allein im zweiunddreißigsten Stock.
Vielleicht war es einer der Reinigungsleute, und er ist in einen anderen Bereich des Stockwerks gegangen, dachte sie und versuchte, die Anspannung zwischen ihren Schulterblättern zu ignorieren. Das Geräusch des ankommenden Fahrstuhls musste das gewesen sein, was sie eben gehört hatte.
Plötzlich aber erschienen ihr die geöffneten Fahrstuhltüren ausgesprochen verlockend – und Lena fühlte sich hier nicht mehr wohl. Sie hatte schon eine Akte, was hieß, dass sie den Weg nicht umsonst gemacht hatte. Sie kümmerte sich nicht weiter darum, dass sie die Akte in das Verzeichnis hätte eintragen müssen, und zog einfach die Tür zu, wobei sie die Kiste, die sie offenhielt, zur Seite schob. Sie wartete gerade lange genug, um die Tür zuklicken zu hören, dann lief sie durch den Flur in Richtung der Fahrstühle. Jetzt hoffte sie plötzlich, dass der Fahrstuhl lange genug auf ihrem Stockwerk hielt, um ihn noch erwischen zu können. Lena starrte die offenstehende Tür an und ging schnell; sie hoffte, dass die Türen so blieben. Sie war in der Versuchung, loszulaufen, riss sich aber zusammen.
Die Fahrstuhltüren begannen sich zu schließen, und sie hechtete gerade noch rechtzeitig hindurch, woraufhin die Türen wieder aufsprangen. Ihre Brille begann, von ihrer Nasenspitze zu rutschen, und in einer geübten Reflexbewegung schob sie sie wieder ganz hoch, sodass die Welt um sie herum sofort verschwamm. Verblüfft murmelte sie: »Mist!«, und schaute durch die Türen hinaus. Der Raum draußen schien leer zu sein, ebenso wie der Flur, der in die entgegengesetzte Richtung führte. Mit einem erleichterten Seufzer drückte Lena den Knopf mit der Nummer 21 und lehnte sich an die Rückwand des Fahrstuhls. Sie schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch, um sich zu beruhigen. Wie immer schienen die Fahrstuhltüren ewig zu brauchen, um sich zu schließen.
Als der Fahrstuhl abwärts glitt, fühlte Lena sich augenblicklich sicherer und begann sich zu fragen, ob sie albern gewesen war. Sie traf die Entscheidung, niemand davon zu erzählen, dass sie aus dem Archiv geflohen war. Lena öffnete die Augen und riss sich zusammen, verwandelte sich wieder in die effiziente, professionelle Sekretärin.
Dann sah sie etwas auf dem Boden vor sich liegen. Sie war überrascht, dass sie nicht daraufgetreten war, als sie in den Fahrstuhl hechtete. Sie kniff die Augen zusammen und versuchte, trotz Brille scharf zu sehen, aber es gelang ihr nicht. Sie beugte sich vor und starrte das Ding an, konnte aber nicht erkennen, was es war. Sie wusste, dass ihr noch ein paar Sekunden blieben, bevor der Fahrstuhl ihr Stockwerk erreichte und die Türen sich öffneten, also schob Lena die Brille wieder hinunter auf die Nasenspitze und schaute darüber hinweg.
Das Ding auf dem Boden wurde sichtbar.
Es war ein abgetrennter menschlicher Finger.
Die Rezeptionistin im einundzwanzigsten Stock hörte Lenas gedämpften, entsetzten Schrei, kurz bevor der Fahrstuhl mit seinem schrillen Klingelton anhielt. Erstaunt schaute sie auf und sah, wie die Türen sich öffneten und Lena heraustaumelte, ihr Gesicht war weiß vor Panik, und sie presste die Hände fest auf ihren Mund.
Die Aktenmappe lag offen im Fahrstuhl hinter ihr, die Seiten unprofessionell auf dem Boden verstreut.
Detective Sergeant John Maiden fand, dass er schon viel zu lange auf der Polizeiwache The Rocks tätig war. Nach sieben Jahren hatte er mehr als genug davon, Kleinkriminelle festzunehmen, Säufer, Nutten und Junkies, die mitten in der Nacht in das Geschäftsviertel der Stadt taumelten und Sachen anstellten, die Maiden für »Blödsinn« hielt. Blödsinnige Raubüberfälle auf japanische Touristen oder blödsinnige Angriffe auf Geschäftsleute, die wiederum ihrerseits zu blöde waren, zu einer vernünftigen Zeit nach Hause zu gehen. Sie parkten irgendwo am Ende der Welt bis spät in die Nacht und konnten dann nicht begreifen, warum ihre Karren geknackt oder geklaut wurden. Manchmal legten diese Kriminellen einander blödsinnigerweise auch noch gegenseitig um, aber das begeisterte Maiden auch nicht. Normalerweise war der Täter ein Lover oder ein bester Freund, und innerhalb weniger Stunden wurde jemand verhaftet. Entweder das, oder die Umstände eines Mordes waren so sinnlos, zufällig und obskur, dass die Akte im Grunde sofort zur Seite gelegt wurde, ein weiterer Fall, in dem irgendein bekiffter Vollidiot einen anderen ebensolchen umbrachte. Die Polizei hatte nicht allzu viel davon, sich sehr zu mühen, den Täter zu finden. Man verschwendete dafür eine Menge Zeit und Steuergeld, während Detectives wie Maiden im Dreck der Sackgassen herumwühlen mussten und Leute befragten, die kaum mehr ihren eigenen Namen wussten. Derjenige, nach dem die Detectives suchten, war sowieso meist schon halb tot aufgrund einer Überdosis oder einer infizierten Nadel. Der Schuldige konnte gut und gerne in der nächsten Nacht selbst die Kehle durchgeschnitten kriegen. So was passierte, da war Maiden sicher. Manche Leute schienen einfach spurlos vom Antlitz der Erde zu verschwinden.
Er seufzte und starrte durchs Fenster auf die Geschäftsleute runter, die den Fußweg entlanggingen. Sein Schreibtisch war im rechten Winkel direkt an die Scheibe geschoben, die durch Gott weiß welchen Schmierfilm grau getönt war. Maiden war überzeugt, dass die Reinigungsleute sein Fenster niemals sauber machten. Er konnte sich auch nicht erinnern, dass jemals jemand die Außenseite sauber gemacht hätte, die mit Citysmog bedeckt war. Er lehnte sich zur Seite und drückte seine Stirn an das kalte Glas. Maiden war ein starker, kräftig gebauter Mann, und sein Stuhl stöhnte aus Protest. Er konnte eine Menge Leute auf den Straßen herumlaufen sehen, und an den Fußgängerüberquerungen bildeten sie wilde Schwärme. Maiden fragte sich, was die alle dort unten um zehn Uhr vormittags auf den Straßen der Stadt trieben, statt an ihren Schreibtischen zu sitzen und zu arbeiten so wie er – es mussten Touristen und Schüler auf Ausflügen sein. Er fragte sich, ob es irgendeinen von denen kümmerte, wie sich diese geschäftige, aufregende Stadt gegen Mitternacht in etwas ganz anderes verwandelte, und dass Polizisten wie er dann, bevor der Morgen dämmerte, alles wieder in Ordnung gebracht haben sollten.
Natürlich kümmert sie das, dachte er trocken. Sie kennen die Regeln – die meisten von ihnen jedenfalls. Mitten in der Nacht, wenn sie alle sicher in ihren Betten stecken, ist Sydney nicht anders als irgendeine andere Stadt. Wir könnten genauso gut im verfluchten Los Angeles leben.
Das Glas beschlug von Maidens Atem, und er wischte ihn mit dem Finger weg, bohrte ein kleines Guckloch in die Kondensation. Er entdeckte eine große Gruppe japanischer Touristen in leuchtend farbigen Klamotten, die zwischen den grau-schwarzen Wintersachen aller anderen auffielen. Schaut euch ruhig die verfluchte Oper an, dachte er stumm. Macht eine Million Fotos – und vergesst nicht die verfluchte Brücke daneben. Und den Zoo. Vielleicht pisst euch sogar noch ein Koala an. Er grunzte ein humorloses Lachen, das sein Guckloch wieder beschlagen ließ, seufzte und wandte sich ab.
Maidens Schreibtisch war einer von vielen in dem Großraumbüro. Manche waren Gemeinschaftsschreibtische, an denen Polizisten Stühle, Telefone und das ganze Durcheinander teilten. Er hatte Glück, dass er seinen eigenen hatte, aufgrund seines Ranges und der Jahre, die er schon auf der Wache war, obwohl das die Leute natürlich nicht daran hinderte, sich sein Telefon zu greifen, kaum dass er weg war. Das störte ihn nicht. Ihn störte eigentlich nicht mehr viel, im Augenblick. In letzter Zeit waren ihm Arbeit und Leben weitgehend egal. Immerhin ließ er seine miese Laune nur selten an anderen aus. Er war der Meinung, dass sie alle im selben Sumpf steckten, nur waren alle verschieden begeistert davon. Es war niemandes Schuld außer seiner eigenen, dass er immer noch denselben Job machte, am selben Ort.
Er nippte an seinem Kaffee und schnitt ein Gesicht, weil das Gebräu lauwarm war. An diesem Morgen hatte er eine Stunde mit langweiligem Papierkram verbracht, und jetzt gingen ihm die Entschuldigungen aus, sich nicht bei seinem Abteilungsleiter zu melden, einem unfreundlichen Kerl namens Longman, um zu erfahren, was der heute mit ihm vorhatte. Longman, das wusste er, würde schon genervt sein.
Ein anderer Detective, Sayers, der denselben Rang innehatte wie Maiden, setzte sich auf einen in der Nähe stehenden Schreibtisch. Er war ein kleiner, drahtiger Mann, stets gut gelaunt. Er schaute von einem dicken Papierstapel auf, den er auf den Schreibtisch hatte fallen lassen, und entdeckte Maiden.
»Hast du die Listen von der Zentrale gesehen?«, rief er über den Lärm im Büro hinweg.
»Nein«, entgegnete Maiden mit einer Stimme, die rau war vom Kaffee und den drei Zigaretten, die er in schneller Folge auf dem Weg zur Arbeit geraucht hatte. Er begann zu husten. »Sollte ich?«
»Dieser Gewehrräuber war wieder unterwegs. Diesmal hat er sich einen Schnapsladen mit Drive-Through-Fenster vorgeknöpft. Hat sich zwischen den Stapeln mit Bierkisten versteckt, bis der Laden abgeschlossen war, dann hat er sich den Manager vorgeknöpft, als der das Geld zählte.«
Maiden nickte zögernd und versuchte, ein wenig Interesse aufzubringen. Eine Reihe Raubüberfälle in letzter Zeit, offenbar begangen von derselben Person, war außerhalb seines Bereiches vorgefallen und ging ihn daher nichts an. Aber er verspürte ein wenig Eifersucht, denn irgendwer irgendwo konnte sich mit einer einigermaßen anständigen Ermittlung vergnügen. Der Gewehrräuber erarbeitete sich einen Ruf, und die Presse war auch schon auf ihn aufmerksam geworden.
»Na ja, er scheint es ein wenig schlauer anzustellen als die anderen Trottel«, sagte Maiden und zuckte mit den Schultern.
»Aber hör mal, das Interessante ist, er hat dieselben Sachen getragen und dasselbe gesagt, aber seine physische Beschreibung passt nicht zu den anderen Malen.« Sayers schaute Maiden erwartungsvoll an, und der ging darauf ein.
»Okay, was ist der Haken?«
»Der Manager des Hotels scheint ein Schießgewehrliebhaber zu sein und hat eine detaillierte Beschreibung der Waffe geliefert. Es besteht eine gute Chance, dass es dieselbe Waffe ist, und deshalb glaubt man im Moment, dass es zwei Typen sind, die sich abwechseln und das Risiko teilen, mit derselben Waffe.«
»Wissen das die Zeitungen?«
»Nein, wir versuchen definitiv, es für uns zu behalten.«
Und du hilfst dabei nicht gerade, dachte Maiden, behielt es jedoch für sich. Es war sinnlos, wichtige Verbrechen wurden sowieso überall diskutiert. Maiden war jetzt doppelt so genervt, nachdem er gehört hatte, dass der Fall eine interessante Wendung genommen hatte. Und schlimmer noch, nach diesem neuesten Überfall gab es große Chancen, dass eine Sondereinsatzgruppe gebildet würde, um die Räuber zu fassen, was hieß, selbst wenn die plötzlich in Maidens Bereich tätig würden, hätte er immer noch nichts mit der Sache zu tun. Und die Chance, dass er in eine Sondereinsatzgruppe aufgenommen würde, war gleich Null.
Sein Telefon klingelte, weswegen sie sich nicht weiter unterhalten konnten. Er griff mit einem müden Seufzer danach. »Maiden hier.«
»John, ich brauche Sie jetzt in meinem Büro. Stehen Sie zur Verfügung?« Es war Longman.
Die Frage war reine Höflichkeit – Maiden hatte nicht ernsthaft zu sagen, dass er nicht konnte, aus welchem Grund auch immer. Und dennoch war er für einen Augenblick in der Versuchung, noch mehr Papierkram und andere Ausreden vorzuschützen, nur um Longman zu nerven.
»Ja, alles vor einer Minute erledigt. Ich komme gleich.«
Er nickte Sayers zu, stand auf und ging zum Ende des Großraumbüros in Longmans kleines Büro. Auf dem Weg dorthin begegnete er mehreren Leuten und bedachte jeden mit einer kurzen, humorlosen Begrüßung – außer einer seiner Kolleginnen, die er anlächelte und die sein Lächeln erwiderte. Die meisten Frauen fanden ihn attraktiv, trotz seiner ziemlich ramponierten Gesichtszüge und seines sturen braunen Haars, das sich weigerte, sich irgendeiner Ordnung zu unterwerfen. In zwei Monaten würde Maiden neununddreißig werden, und zufälligerweise waren es dann auch genau zwölf Monate seit seiner zweiten Scheidung. In letzter Zeit, das wusste er, hatte er nicht viel gelächelt.
Longman lächelte auch nicht, als Maiden in sein zu kleines Büro trat.
»Da sind Sie ja«, sagte er und schaute kurz auf. »Ich habe hier etwas, das wir uns ansehen sollen.«
Er reichte Maiden, der sich nicht die Mühe gemacht hatte, sich zu setzen, einen Bericht. Maiden überflog das Blatt, sein Blick huschte blind über die Standardinformationen, bis er die Fallbeschreibung erreichte.
»Ein Finger?«, fragte er und zog die Augenbrauen hoch. »Ist das alles?«
»Wenn wir eine Leiche und ein Schlachtermesser voller Blut hätten, würde ich’s Ihnen sagen«, erklärte Longman ungeduldig. »Es ist bloß ein Finger, und mehr weiß ich auch nicht. Rufen Sie die Tatortleute an, wegen der Details, falls es welche gibt. Offensichtlich kümmert sich die schwarze Witwe darum. Wie heißt sie noch?«
»Janet Brown«, entgegnete Maiden und würgte seinen Zorn herunter. Wegen des ständigen Sarkasmus’ und Zynismus’, den Longman hemmungslos den Leuten unter sich entgegenbrachte, mochte ihn niemand. Aber er schien es ganz besonders zu genießen, Maiden zu nerven. Vielleicht, weil der offensichtlich der nächste Anwärter auf Longmans Posten war und eine Art Bedrohung darstellte. Maiden schaute noch einmal auf den Zettel und setzte hinzu: »Ich habe ein paar Mal mit ihr telefoniert, sie aber nie getroffen.«
»Tja, nun können Sie wieder mit ihr reden. Ich denke, Sie sollten das Mädchen verhören, das den Finger gefunden hat, deswegen habe ich sie gebeten, zu bleiben, bis Sie kommen. Lassen Sie sie nicht zu lange warten. Ich will nicht, dass Sie zu viel Zeit damit verschwenden – Sie wissen ja, wie man diesen Blödsinn möglichst schnell erledigt. Ich wette, es wird sich als irgendein Medizinstudentenquatsch herausstellen.«
Maiden bestätigte bereits die Anweisungen und wedelte mit dem Bericht in der Luft, während er das Büro verließ. Er kehrte an seinen Schreibtisch zurück, griff nach dem Telefon und wählte eine interne Nummer, die ihn mit den Tatortspezialisten verband – der Spurensicherung im Police Centre in Surry Hills. Er hörte das Klicken der Zentrale, dann fragte ihn eine Telefonistin kurz angebunden: »Welche Abteilung?«
»Ich möchte mit Janet Brown sprechen.«
»Bleiben Sie dran. Ich muss mal versuchen, sie zu finden.«
Solltest du nicht wissen, wo sie ist?, dachte Maiden, immer noch gereizt. Er tippte mit einem Finger seiner freien Hand auf seinen Schreibtisch. Ein paar Minuten lang hörte er nichts anderes als das Klicken der Umschaltungen, wenn sie überprüften, ob er noch wartete, was ihn noch mehr ärgerte, weil es ihm als ungeheuer unpersönlich erschien.
»Da hätte ich ja auch rüberlaufen können«, sagte er schließlich. Das stimmte zwar nicht, aber die Vorstellung, selbst hinzufahren, wurde mit jeder Sekunde, die verging, attraktiver. Er würde zehn Minuten brauchen bis Surry Hills. Maiden nahm an, dass er nach der Fahrt bessere Laune hätte, und es konnte auch nicht schaden, Janet Brown einmal persönlich kennenzulernen, da er schließlich oft mit ihr zu tun hatte. Sie war vor einem Jahr zur Leiterin der Abteilung ernannt worden. Zuvor hatte sie sich in einem der obskureren Labore versteckt. Obwohl Maiden und Janet Brown beide schon seit Jahren bei der Polizei arbeiteten, waren sie einander nie begegnet. Aber mittlerweile ging Maiden davon aus, dass es nicht schaden konnte, der berühmten schwarzen Witwe ein Gesicht zu geben.
Sie hatte diesen Spitznamen schnell bekommen, und genauso schnell hatte er sich ausgebreitet. Janet Browns Mann war vor ein paar Jahren gestorben, und offensichtlich trauerte sie immer noch. Alle sagten, dass sie einfach nur schweigsam und professionell wäre, sie würde niemals Gespräche über irgendetwas anderes als die Arbeit suchen und sich nicht mit Smalltalk oder Tratsch aufhalten. Unter ihrem weißen Laborkittel trug sie stets dunkle Kleidung. Im The Rocks erzählte man sich, dass sie sehr gut aussah, was sie nur noch interessanter wirken ließ.
Maiden entschied sich, zu fahren. »Leckt mich am Arsch«, sagte er und legte auf; er war überzeugt, dass die Zentrale ihn nur in der Warteschleife hängen ließ, um ihn zu ärgern. Er erhob sich und nahm sein Jackett von der Rückenlehne seines Stuhls. Er zog es an, klopfte auf die Taschen, um sicherzustellen, dass seine Geldbörse und seine Zigaretten da waren, dann rief er hinüber zu Sayers: »Ich muss kurz mal rüber nach Surry Hills, falls jemand mich sucht.«
Sayers hob eine Hand und nickte, ohne von den Papieren vor sich aufzublicken.
Draußen erschauerte Maiden in der kühlen Winterluft und bereute es schon, die Wärme seines Büros verlassen zu haben. Aber jetzt war es zu spät, zurückzukehren, also zog er die Schultern gegen die Kälte hoch und eilte zu seinem Wagen, wo er sofort die Heizung hochdrehte, bevor er auch nur den Motor anließ.
Am Empfang im Police Centre saß jemand, den er nicht kannte, also musste Maiden sich ausweisen, bevor er in die gesicherten Bereiche durfte. Er ging nach unten in den Keller und dann in der Hoffnung, jemand zu treffen, den er kannte, langsam an einer Reihe Büros entlang. Aber das tat er nicht, und deshalb klopfte er leise an die Tür eines Zimmers, in dem eine Frau im weißen Kittel über ein paar Papiere auf ihrem Schreibtisch gebeugt saß. Sie schaute ihn durch eine leichte Brille an.
»Ja?«, fragte sie freundlich.
Maiden war immer höflich und sanft, wenn er mit Frauen zu tun hatte, vor allem mit hübschen. »Ich suche Janet Brown, aber ich weiß nicht, wie sie aussieht. Ich habe bloß mit ihr telefoniert.«
»Ich bin Janet Brown.«
Maiden war erstaunt. Sie war viel jünger, als er erwartet hatte, höchstens Ende dreißig. Und die Gerüchte stimmten. Sie sah sehr gut aus, obwohl sie sich keine Mühe dafür zu geben schien. Janet Brown trug nur einen Hauch Make-up und hatte ihr dunkles Haar zu einem dicken Pferdeschwanz zurückgebunden. Sie hatte feine Gesichtszüge und große braune Augen. Der Laborkittel ließ ihre Figur fast formlos erscheinen, aber aufgrund der Art, wie sie saß und wie ihre Schultern wirkten, hätte er sein Haus verwettet, dass sie schlank war.
»Man hat mir gesagt, ich soll mit Ihnen wegen eines Fingers sprechen«, sagte er, als er sich erholt hatte.
»Ah«, sagte sie und nickte, erhob sich von ihrem Stuhl und ließ Maiden sehen, dass er recht gehabt hatte mit ihrer Figur. »Unser verschwundener Finger – nein«, korrigierte sie sich, »der Rest des Körpers fehlt, so ist das. Ich nehme an, Sie wollen ihn sehen?«
»Sollte ich wohl. Was können Sie mir darüber erzählen?«
Sie kam um ihren Schreibtisch herum und blieb plötzlich stehen.
»Nicht viel. Es ist schließlich nur ein Finger«, sagte sie und schaute ihn geradeheraus an. Maiden brauchte einen Augenblick, um zu begreifen, dass sie ihn nicht ärgern wollte, sondern nur ehrlich war.
»Nein, da hat man nicht viel«, sagte er und wollte sich schon entschuldigen, bevor ihm klar wurde, wie albern das wäre.
Sie ging los, an ihm vorbei in den Flur. Maiden erhaschte einen Hauch ihres Parfums und war überrascht, dass sie welches trug. Das passte gar nicht zu dem fehlenden Make-up und den uninteressanten Klamotten. Er folgte ihr durch den Flur in einen großen offenen Bereich mit zahlreichen eigenartig aussehenden medizinischen Instrumenten und Gerätschaften an hohen Arbeitstischen. Die meisten von ihnen wurden von Technikern benutzt, die allesamt Maiden und seine Begleitung ignorierten, als die den Raum durchquerten. Brown ging voran durch eine breite Schwingtür, und Maiden musste schnell die Arme ausstrecken, damit sie ihm nicht ins Gesicht knallte. Auf der anderen Seite betraten sie einen kleineren Raum mit Regalen voller Flaschen, Gläser, Dosen und Plastikbehälter, alle beschriftet mit unaussprechlichen chemischen Namen.
Brown blieb vor einem großen Kühlschrank mit einer Edelstahl-Doppeltür stehen. Sie zog mit Mühe eine der Türen auf. Maiden fragte sich, ob er seine Hilfe hätte anbieten sollen, dann dachte er aber, dass sie das wohl kaum zu schätzen wüsste. Er konnte sehen, dass in dem Kühlschrank etliche eigenartige Flüssigkeiten und Mischungen in beschrifteten Flaschen standen. Brown pflückte etwas zwischen ihnen heraus und trat zurück. Mit einem metallischen Klicken schloss sich die Tür. Sie hob eine große, durchsichtige Zip-Top-Plastiktüte in Maidens Richtung, der sie automatisch entgegennahm. Der abgeschnittene Finger lag am unteren Ende der Tüte. Das blutige Ende war braun angelaufen, und man konnte einen Hauch Knochen sehen.
»Tja, es ist eindeutig ein Finger«, sagte Maiden nach ein paar Sekunden und versuchte, locker zu klingen.
»Sie haben Glück heute«, sagte sie freundlich. »Ich habe ihn als Übungsobjekt für ein paar Studenten benutzt, sonst müssten Sie Tage auf die Ergebnisse warten. So etwas hat nicht unbedingt höchste Priorität.«
Maiden brachte ein dankbares Nicken zustande.
Brown fuhr in kurzen Sätzen fort: »Okay, es ist der Zeigefinger einer rechten Hand. Blutgruppe war A positiv, der Besitzer war von weißer Hautfarbe. Nachdem er oder sie sich das letzte Mal die Hände gewaschen hatte, hat er eine Zeitung gelesen. Die Druckerschwärze war leicht zu finden. Davon abgesehen, gibt es nicht viel zu sagen. Die üblichen Hautschuppen unter dem Fingernagel, vom Kopfkratzen, aber das ist alles. Es ist schwer, das Bild eines gesamten Menschen aus nur einem Finger zu rekonstruieren«, endete sie mit einem Schulterzucken und sah ihn an.
Maiden hielt die Tüte näher vor sich und betrachtete den Finger genauer. Jetzt bemerkte er die schwarze Stempelfarbe, wo jemand zu Identifikationszwecken den Fingerabdruck genommen hatte. Er fragte das Offensichtliche nicht. Wenn man über den Fingerabdruck die Identität des Besitzers festgestellt hätte, hätte ihm das inzwischen jemand mitgeteilt. »›Er‹ oder ›Sie‹?«, fragte er und schaute sie einen Augenblick an. »Sie können nicht sagen, ob er einem Mann oder einer Frau gehört?«
»Ich kann sagen, dass der Fingernagel in letzter Zeit nicht gefeilt oder manikürt wurde, was höchstwahrscheinlich heißt, dass er von einem Mann stammt, aber nicht notwendigerweise. Er ist recht weich. Keine Hornhaut oder Narben, die auf handwerkliche Arbeit hindeuten, aber wenn es anders wäre, würde das auch nicht heißen, dass es ein Mann sein müsste. Man findet Frauen inzwischen auf jeder Baustelle. Die Weichheit verrät uns nur, dass der Besitzer höchstwahrscheinlich kein Handwerker war.«
»Wissen Sie, ob er tot war, als der Finger abgetrennt wurde?«
»Nein ... also«, Brown überlegte es sich anders, »jedenfalls war er noch nicht lange tot. Er könnte bis zu sechs Stunden tot sein, bevor der Finger abgeschnitten wurde, und ich würde keinen Unterschied feststellen.«
»Okay. Können Sie sagen, ob diese Person sich den Finger selbst abgeschnitten hat?«
Brown runzelte die Stirn und sah ihn an, bevor sie sich konzentrierte. »Darüber habe ich noch nicht nachgedacht, aber jetzt, wo Sie fragen, würde ich Nein sagen. Das kann man nicht sagen.«
»Mein Chef, Longman, glaubt, es wäre ein Scherz von Medizinstudenten.«
»Vielleicht«, sagte sie unverbindlich.
»Es könnte sein, oder?«, fragte er, während er den Finger noch immer gedankenverloren anstarrte. Er erwartete gar nicht recht, dass sie antwortete. »Vielleicht hat ihn ein Medizinstudent von irgendeinem namenlosen Kadaver abgetrennt, den sie im Unterricht zerlegt haben, dann in die Tasche gesteckt und als kranken Scherz in den Fahrstuhl geworfen. Ganz schön blödsinnig, wenn Sie mich fragen«, setzte er hinzu; er vergaß sich für einen Augenblick. Brown sagte nichts. »Andererseits ist vielleicht jemand von einem Wahnsinnigen entführt, ermordet und in kleine Stückchen geschnetzelt worden, und wir haben eins der Stücke gefunden.«
Brown sagte leise: »Oder, wie Sie vorgeschlagen haben, jemand hat sich den eigenen Finger abgeschnitten und zurückgelassen, damit jemand ihn findet. Aber wer würde so etwas tun?«
Maiden stieß ein humorloses Lachen aus. »Glauben Sie mir, diese Stadt ist voll mit kranken Schwachköpfen, die ihrer verdrehten Logik folgen und sich die eigenen Finger abschneiden, um gegen irgendetwas zu protestieren. Jedenfalls ist es nicht unmöglich.« Er reichte ihr die Plastiktüte zurück und nickte zum Dank.
»Soll ich ihn aufheben?«, fragte sie und wandte sich zum Kühlschrank.
»Ja, zumindest ein paar Tage. Machen wir es so: Ich rufe Sie an, wenn wir alle Möglichkeiten durchhaben und Sie ihn entsorgen können. Können Sie ihn bis dahin hierbehalten?«
»Kein Problem. Kann ich Ihnen sonst noch irgendwie helfen? Ich habe nämlich noch eine Menge Arbeit und bin heute Morgen spät gekommen. Selbst nach all der Zeit habe ich mich noch nicht an den Verkehr gewöhnt.« Sie klatschte die Kühlschranktür zu.
Maiden war plötzlich in Versuchung, sie auf einen Kaffee in die Kantine einzuladen, ließ es aber lieber. »Nein, danke. Aber können Sie mich hier wieder rausführen?«
»Natürlich«, sagte sie mit einem kurzen, kleinen Lächeln. Das veränderte ihr Gesicht, und Maiden konnte erkennen, dass sie wirklich hübsch war. »Folgen Sie mir«, sagte sie und nickte in Richtung der Tür. Dann wandte sie ihm den Rücken zu und führte ihn zurück zu ihrem Büro. Brown hielt nicht an, bis sie vor ihrer Tür stand, wo sie innehielt, ihn ansah und einfach nur »Auf Wiedersehen« sagte.
»Noch mal danke«, sagte Maiden. Er ging davon, blieb dann aber stehen, als ihm noch etwas einfiel. »Oh, das habe ich ganz vergessen – können Sie sagen, wie alt der Besitzer des Fingers sein könnte?«
Brown schaute ihn auf ihre ernste Weise an, überraschte ihn aber erneut damit, dass sie zögerte, bevor sie etwas sagte. Bis dahin hatte sie auf seine Fragen selbstsicher und zügig geantwortet, selbst wenn ihre Antwort nur darin bestand, keine Antwort zu wissen. »Nun, ich würde sagen, ein junger Mann – oder vielleicht eher ein junger Erwachsener, um auf der sicheren Seite zu sein. Aber zumindest älter als ein Teenager.«
Maiden hatte plötzlich den Eindruck, dass sie nach einem Grund suchte, das Gespräch weiterzuführen, aber nicht wusste, wie. Vielleicht sollte er sie doch auf einen Kaffee einladen.
Aber der Augenblick verging, und Maiden hatte keine Ahnung, wie er ihn zurückholen sollte. »Hey, das ist gut genug für mich«, sagte er lächelnd. Ihm fiel auf, dass er in den letzten zehn Minuten mehr gelächelt hatte als die ganze letzte Woche. Sie nickte und entschwand mit einem kleinen Winken in ihr Büro.
Danach besuchte er das Bürogebäude, in dem der Finger gefunden worden war. Als Maiden aus der Wache Surry Hills auf den Parkplatz trat, stellte er fest, dass es regnete, ein schwerer Niesel, der ihn schnell durchweichen würde. Fluchend duckte er sich zurück ins Gebäude und entschied, ein Weilchen zu warten, statt zum Wagen zu rennen. Er nutzte die Gelegenheit, eine Zigarette anzuzünden. Hinter dem offenen Tor des Parkplatzes konnte er sehen, dass überall Regenschirme zu blühen begannen, sodass es doppelt so gefährlich war, auf dem Bürgersteig zu gehen, weil alle sich duckten und versuchten, einander auszuweichen. Maiden beobachtete, wie die Leute vorbeieilten, und hatte einen Gedanken. Was würden diese Leute tun, wenn sie morgens im Fahrstuhl einen abgehackten Finger fänden? Für die meisten von ihnen ist jeder Tag wie der davor. Gleicher Job, gleiches Büro, alles Routine, und dann – Überraschung! Vor deinen Füßen liegt ein amputierter Finger. Maiden lehnte sich an die Mauer und folgte mit dem Blick einigen der Fußgänger, die am Tor vorbeigingen. Keiner von ihnen wusste, dass er beobachtet wurde, oder wenn doch, zeigten sie es nicht. Die meisten schauten zu Boden; sie achteten darauf, wo sie auf dem nassen Bürgersteig hintraten. Die meisten von euch würden sich wahrscheinlich vor Angst in die Hose scheißen, dachte er.
Zwei uniformierte Polizisten kamen aus der Tür hinter ihm und duckten sich schnell wieder aus dem Regen weg; sie drückten sich neben Maiden unter das Vordach.
»Viel zu tun?«, fragte er sie in dem Gefühl, aufgrund der Nähe freundlich sein zu müssen.
»Nichts Besonderes«, entgegnete einer von ihnen und zog die Schultern hoch, dann setzte er hinzu: »Dieser Gewehrräuber ist im Moment das große Ding. Alle sind ganz aufgeregt.«
Der andere Polizist ergänzte: »Vielleicht sind es zwei Leute, die auf die gleiche Weise vorgehen. Vielleicht sogar mit der gleichen Waffe.«
Maiden grunzte interessiert, sagte aber nichts. Er fragte sich, ob diese Männer ihre Informationen auf offiziellem Wege erhalten hatten oder durch Hörensagen. Wenn es Letzteres wäre, dachte er müde, dann würde es am nächsten Tag auch in der Zeitung stehen, wenn nicht schon am Nachmittag, und der kleine Vorteil der Ermittler war verspielt. Schlimmer noch, es konnte für einen Haufen Raubüberfälle von Nachahmern sorgen, und der einzige Hinweis, mit dem die Ermittler die einen von den anderen unterscheiden könnten, wäre nutzlos. Plötzlich nervte es ihn, noch länger zu warten. Er nickte den beiden Männern zu, warf seine Zigarette in eine Pfütze und eilte durch den Regen zu seinem Wagen.
Maiden parkte in einer Ladezone direkt vor dem Bürogebäude. Er trottete zügig durch den Regen in das Foyer und betrachtete dann die Übersichtstafeln mit den Firmen im Haus. Er zog einen kleinen Notizblock aus der Tasche und notierte sich die Firma, die das Gebäude verwaltete. Gleichzeitig überprüfte er sein Spiegelbild in der Glasscheibe. Maiden wünschte, er hätte einen Mantel übergeworfen. Der Regen hatte dunkle, hässliche Flecken auf seinem Anzug hinterlassen. Mit den Fingern durch sein Haar zu fahren, half auch nicht viel. Er zuckte mit den Schultern und ging zu den Fahrstühlen. Auf der Fahrt nach oben dachte er wieder darüber nach, wie die Menschen darauf reagieren könnten, einen abgehackten Finger auf dem Boden vorzufinden – vielleicht stand er jetzt sogar in genau dem Fahrstuhl, in dem das passiert war.
Im einundzwanzigsten Stock trat er aus dem Fahrstuhl und ging direkt zum Empfang. Er zeigte seinen Ausweis und bat darum, Lena Hargreaves sprechen zu dürfen.
»Sie ist in der Küche«, erklärte ihm die Empfangsdame und setzte vorwurfsvoll hinzu: »Sie ist vollkommen fertig, wollte nur noch nach Hause.«
Maiden wollte entgegnen, dass Lena bloß einen Finger gefunden hatte, um Gottes willen – keine kopflose Leiche. Er atmete tief durch und beruhigte sich, und dann sagte er stattdessen: »Ja, ich weiß. Aber es ist viel einfacher und deutlich hilfreicher, wenn wir ihr hier ein paar Fragen stellen können, wo sie den Finger gefunden hat. Dann kann sie uns alles zeigen.«
»Jemand hat all das schon getan.«
»Das war ein Streifenpolizist, kein Detective. Wo ist die Küche?«, fragte er, um weitere Diskussionen zu unterbinden.
»Den Flur entlang. Der letzte Raum auf der rechten Seite. Sie sollten aber anklopfen.«
Maiden tat seiner erneuten Verärgerung Genüge, indem er sich nicht bei ihr bedankte und ihren Ratschlag unbeachtet ließ. Er ging durch den Flur und spürte den Blick der jungen Frau auf seinem Rücken. Am Ende des Flurs sah er einen Mann aus einem Zimmer kommen. Irgendetwas an ihm machte Maiden neugierig, und er betrachtete ihn genau, als sie sich aneinander vorbeidrückten. Der Mann hielt den Kopf gesenkt und murmelte eine Entschuldigung.
Die Küche bestand aus einem nackten Formica-Tisch, umgeben von einem kleinen Kühlschrank, einem Elektroofen, einer Mikrowelle sowie einigen Küchenschränken. Lena saß allein am Tisch und starrte ärgerlich in eine Tasse Tee, auf der, wie Maiden sehen konnte, der weiße Schaum herumschwamm, der sich bildete, wenn Tee mit zu kaltem Wasser aufgebrüht wurde.
»Hallo, Lena. Ich bin Detective Maiden.« Er setzte sich ihr gegenüber. »Wer ist da gerade gegangen? Jemand, der hier arbeitet?«
Sie schaute ihn traurig mit rot unterlaufenen Augen in einem blassen Gesicht an. Wenn sie nicht so hübsch gewesen wäre, wäre Maiden genauso genervt gewesen, wie von der Rezeptionistin.
Diese Leute, dachte er, benehmen sich, als hätten sie alle an einem Amoklauf auf einem Flughafen teilgehabt. Ganz bestimmt werden sie als Nächstes ihre bescheuerten Psychoonkels anrufen.
»Kann ich danach nach Hause gehen?«, fragte sie sofort. »Muss ich mit noch jemand reden?«
»Nein, und es wird auch nicht lange dauern.« Er deutete in Richtung der Tür. »Was haben Sie gesagt, wer das war?«
Lena schniefte. »Ein Journalist. Ich weiß nicht mehr, von welcher Zeitung.«
Maiden schluckte einen Fluch herunter. Es war kein wirkliches Problem. Er mochte Journalisten bloß nicht. »Was haben Sie ihm gesagt?«
»Alles, was ich weiß. Die zahlen mir was dafür. Das ist doch in Ordnung, nicht wahr?« Sie schaute verbittert und abwehrend. »Ich meine, ich sollte doch irgendetwas dafür kriegen, nicht wahr? Wenigstens zahlt mir die Zeitung ein bisschen Geld.«
»Meinetwegen«, sagte Maiden kurz angebunden. »Erzählen Sie mir einfach, was heute Morgen passiert ist.«
Sie seufzte müde. »Das ist leicht – keine große Sache. Ich bin hoch zu dem Archiv, das wir im obersten Stock haben, und als ich in den Fahrstuhl stieg, um wieder runterzufahren, lag er da. Ein Finger auf dem Boden.« Lena zitterte und stieß ein Geräusch aus.
»Okay«, sagte Maiden ungeduldig. »Ist das alles, was Sie mir sagen können?«
Sie nickte.
Maiden schwieg. Er war bereits zu dem Schluss gekommen, dass Longman bloß Zeit verschwendete, vor allem seine. Hier rechtfertigte wirklich nichts den Besuch eines Detectives. Er war gerade quer durch die Stadt gefahren, nass geregnet und von einer Empfangsdame angemault worden, bloß für eine Fünf-Sekunden-Antwort auf seine Frage. Dasselbe hätte er auch am Telefon herausgefunden. Und der Bericht des Streifenpolizisten, der vor Ort gewesen war, wäre genauso gut gewesen. Darin stand dasselbe.
Maiden rieb sich die Augen und sagte sich, dass er die Sachen vielleicht ein bisschen gründlicher angehen sollte. Seine Apathie wuchs sich allmählich zur Gewohnheit aus. »Hören Sie, das ist schon okay. Aber um ganz sicher zu sein, Sie haben bestimmt niemand Verdächtiges in der Nähe gesehen? Niemand ist Ihnen gefolgt, um Ihnen vielleicht einen Schrecken einzujagen?«
»Na ja, ich glaube nicht ...«, sagte Lena mit einem hilflosen Schulterzucken.
Maiden konnte ein Problem riechen. »Sie wirken nicht sicher. Warum?«
Lena überlegte, ob sie Maiden erzählen sollte, dass sie geglaubt hatte, jemand sei mit ihr im Raum. Aber das würde die Sache nur verkomplizieren, und sie konnte dann womöglich nicht nach Hause. Also schüttelte sie den Kopf und sagte stattdessen: »Es ist nur, weil diese Archivräume immer so komisch sind. Da erschreckt man sich schnell, außerdem ist der Rest des Stockwerks leer und so.«
»Haben Sie das dem uniformierten Polizisten gesagt? Dass Sie Angst hatten?«
»Nein, nicht wirklich – es kam mir ein bisschen albern vor. Und ich wünschte jetzt, ich hätte auch Ihnen nichts davon gesagt.«
Maiden fragte nach, obwohl er es besser wusste. Auch er wollte mit der Sache durch sein. »Sind Sie sicher, dass nichts Sie verängstigt hat? Ist irgendetwas Eigenartiges geschehen? Wovon wir wissen sollten?«
Lena zögerte und ließ den Kopf hängen.
Maiden beugte sich näher und sagte ungeduldig: »Lena, ich werde nicht über Sie lachen oder Sie für dumm halten. Das Beste ist, wenn Sie mir alles erzählen, dann sind Sie es los, und wir können beide nach Hause gehen.«
Sie nickte abrupt und zog ein kleines Taschentuch aus ihrem Ärmel. Sie tupfte damit ihre Nase ab. »Ich ... ich dachte, jemand wäre dort oben im Archiv, aber als ich rief, antwortete niemand. Das hat mir ein bisschen Angst gemacht. Da war ein Geräusch, aber als ich wieder rief und immer noch keiner antwortete, dachte ich, dass es der Fahrstuhl gewesen sein musste, der nach oben gekommen war.«
»Der Fahrstuhl kam zu Ihnen nach oben? Derselbe, in dem Sie den Finger gefunden haben?«
»Als ich die Türen offenstehen sah, dachte ich, es wäre eine gute Gelegenheit, zu verschwinden. Ich hatte ein wenig Angst.« Sie schniefte wieder.
Ein besorgtes Gesicht erschien in der Tür und blickte herein, aber Maiden schaute so ärgerlich, dass es schnell wieder verschwand.
»Aber Sie haben niemand gesehen? Nicht einmal einen Schatten oder eine Bewegung, von der Sie dachten, es wäre jemand?«
»Nein, niemand.«
»Aber es muss doch jemand den Knopf gedrückt haben, damit der Fahrstuhl hochkam.«
»Nein, den kann man von überall hochschicken, indem man den Knopf für den zweiunddreißigsten Stock drückt und dann rausgeht.«
»Natürlich«, sagte Maiden, verärgert über sich selbst. »Lena, ich möchte, dass Sie mir jetzt noch genau zeigen, welcher Lift das war, und ich möchte den Archivraum sehen, dann sind wir fertig. Geht das?«
Sie nickte wieder und erhob sich zitternd. Er folgte ihr aus der Küche heraus. Als sie ins Foyer kamen und auf den Fahrstuhl warteten, konnte Maiden wieder den feindseligen Blick der Empfangsdame spüren. Er ignorierte ihn. Es dauerte mehrere Minuten, in denen die falschen Fahrstühle auf ihrem Stockwerk hielten, und Maiden beugte sich hinein und schickte sie wieder weg in andere Stockwerke, bis es ihnen schließlich gelang, den richtigen Lift in ihr Stockwerk zu lotsen. Als sie in die Kabine traten, versuchte sie, ihm genau zu zeigen, wo der Finger gelegen hatte. Das half ihm nichts. Der Streifenpolizist hatte sich nicht die Mühe gemacht, eine Markierung auf dem Boden anzubringen, was ihn nicht überraschte. Maiden war im Moment der Einzige, der den Fall überhaupt einigermaßen ernst nahm, und selbst das begann sich zu verflüchtigen. Ihm fiel auf, dass Lena nervös war, und er fragte sie, warum. Als sie ihm von ihrer Angst berichtete, in einer fallenden Fahrstuhlkabine gefangen zu sein, gab er sich Mühe, mitfühlend zuzuhören, dachte aber insgeheim, dass sie reichlich neurotisch war.
Auch der Archivraum brachte ihm nichts. Maiden war nicht mal eine Minute dort gewesen, bevor er recht sicher war, dass er so nicht weiterkam. Longmans Theorie eines kranken Scherzes wirkte ziemlich gut. Irgendwer hatte den Finger in den Fahrstuhl geschmissen, den Knopf für den zweiunddreißigsten Stock gedrückt, weil man dann am meisten Zeit hatte, um abzuhauen, und Lena Hargreaves war das ungeplante, versehentliche Opfer dieses geschmacklosen Scherzes geworden. Fertig, aus.
Fünf Minuten später fuhr Maiden zurück zum The Rocks. Es regnete jetzt noch heftiger, also musste er sich vorsichtig seinen Weg durch den Verkehr bahnen. Er schimpfte wegen des Wetters vor sich hin und wischte ungeduldig mit seinem Ärmel die Windschutzscheibe frei. Sein Besuch bei Lena Hargreaves war Zeitverschwendung gewesen, und jetzt würde er wieder nass werden, wenn er von seinem Wagen zum Eingang der Polizeiwache rannte.
Zurück am Schreibtisch füllte er seinen eigenen Bericht über die Sache aus und legte ihn als beendete Ermittlung ab. Später bat ihn Longman um einen kurzen Report über die Geschehnisse, und Maiden erzählte ihm, was er wusste; er betonte, dass er Longmans eigene Theorie eines Scherzes eines Medizinstudenten für das Wahrscheinlichste hielt. Nicht, weil er sich bei seinem Vorgesetzten einschmeicheln wollte, sondern weil es die einfachste und schnellste Möglichkeit war, diesen Mist loszuwerden.
Danach erwartete Maiden, nie wieder von diesem amputierten Finger zu hören.
Er wartete in dem großen, begehbaren Schrank. Die Dunkelheit umschloss ihn, und er bemerkte nicht den Duft der Kakerlakenköder und Mottenkugeln, denn er konzentrierte alle Aufmerksamkeit auf sein Gehör. Er hörte sie hereinkommen. Erst das leise Klimpern, mit dem der Schlüssel in das Schloss des Motelzimmers glitt, dann das Klicken, mit dem diese von innen geschlossen und verriegelt wurde. Es folgten gedämpfte Stimmen Erwachsener, die Nettigkeiten murmelten, und dann und wann ein leises weibliches Kichern. Er konnte alles hören: das saugende Geräusch der Kühlschranktür, das Öffnen einer Flasche, das Klingeln der Gläser beim Anstoßen, leise Musik.
Aber das waren nicht die Geräusche, auf die er wartete.
Er zuckte kurz zusammen, als er eine andere Tür aufgehen hörte; er fürchtete einen plötzlichen Lichtschein, der ihn enthüllte, aber es war nur die Badezimmertür nebenan. Er entspannte sich wieder. Das Plätschern, mit dem ein Mann ins Klo pinkelte, drang durch die Wand. Ein liebloses, unromantisches Geräusch, wenn man in Betracht zog, was gleich im Schlafzimmer vor sich gehen würde. Die Spülung wurde betätigt, dann drehte jemand den Wasserhahn auf und putzte sich die Zähne.
Auch darauf wartete er nicht.
Es folgten ein paar Minuten Stille, aber er konnte sich vorstellen, was dort draußen los war. Sie würden einander entkleiden, würden sich küssen und streicheln, wenn die Kleidungsstücke zu Boden fielen. Er hörte das leise Quietschen der Matratzenfedern, als sie auf das Bett fielen. Jetzt würden sich ihre Körper miteinander verschlingen, ihre Hände und Finger würden tasten, während sie leise stöhnten und ihr Vergnügen teilten. Er lauschte jetzt konzentrierter. Sein Moment kam näher. Das Stöhnen wurde drängender, lauter und klarer, bis es die Musik übertönte; dann entstand eine kurze Pause, ein Lichtschalter wurde gedrückt, bevor die ekstatischen Laute wieder begannen. Die Frau begann, immer wieder und wieder dasselbe zu rufen.
Langsam öffnete er die Tür des Kleiderschranks.
Das Zimmer lag in vollkommener Dunkelheit – aber nicht für ihn. Er stand seit Stunden in dem schwarzen Kleiderschrank, und die Lichttröpfchen, die durch den geschlossenen Vorhang drangen, waren genug für ihn, um alles klar zu sehen. Die Leute auf dem Bett waren jedoch ohne die Nachttischlampe, die gerade ausgeschaltet worden war, praktisch blind.
Die Frau stand auf allen Vieren, das Gesicht zur Seite gedreht und ins Kissen gedrückt. Der Mann war von hinten in sie eingedrungen und hielt mit den Händen ihre Hüften gepackt. Das Bett zuckte unter ihren Bewegungen. Die Frau rief, dass er noch nicht kommen sollte, er sollte weitermachen. Das Gesicht des Mannes war eine verzerrte Maske, er hatte die Augen geschlossen, während er daran arbeitete, seinen treibenden Rhythmus zwischen ihren Beinen aufrechtzuerhalten und zugleich nicht die Kontrolle über sich zu verlieren.
Es war leicht, ans Bett zu treten, dicht hinter ihn.
Seine Hände packten den Mann um den Hals und zerrten ihn zurück. Der Würgegriff war entsetzlich effektiv, er zerdrückte die Luftröhre, sodass der Mann keinen Laut von sich geben konnte. Schreck und Schmerz verminderten seine Kraft zusätzlich. Trotzdem kämpfte der Mann, aber der Angreifer war viel stärker und konnte ihn immer wieder aus dem Gleichgewicht bringen. Gleichzeitig wurde der nackte Mann auf dem Bett derart fixiert, dass seine zuckenden Arme und Beine durch Laken und Matratze aufgehalten wurden.
Die Frau rollte sich eilig auf den Rücken und rutschte hoch zum Kopfteil, die Beine gespreizt. Stumm streckte sie den Arm aus und schaltete die Nachttischlampe ein. Ihre Augen weiteten sich beim Anblick des Mannes, und ihr Atem kam in kurzen, scharfen Stößen. Eine ihrer Hände glitt hinunter zwischen ihre Beine. Innerhalb weniger Augenblicke begann sie sich zu winden und zu zucken wie der sterbende Mann vor ihr, und sie stieß erneut Laute der Ekstase aus. Dann kam sie zur Ruhe, die Augen verträumt, noch bevor ihr Lover sein Zucken einstellte und erschlaffte. Er hing aus dem Schraubstock-Griff wie eine Stoffpuppe.
Er trug den Mann ins Bad. Die Frau, immer noch nackt, folgte, nachdem sie etwas aus ihrer Tasche geholt hatte. Er gehorchte ihren Anweisungen, mühelos hielt er das Gewicht der Leiche, wobei er auch noch einen der schlaffen Arme über das Waschbecken strecken konnte. Sie hatte ein Messer und entfernte damit Haut und Sehnen am Handgelenk. Blut tropfte in das Becken, und sie achteten darauf, dass es nirgendwo anders hingelangte, obwohl das auf dem Kachelboden eigentlich egal war, solange sie hinterher sauber machten. Sie schaute ihn an, entschied sich und sagte ihm, was er tun sollte. Er hielt die Leiche mit einem Arm um die Taille, sodass er mit der anderen zupacken und mit einer Drehbewegung die Hand abreißen konnte. Er ließ sie in das Becken fallen, wo sie mit der Handfläche nach oben lag, die Finger leicht hochgebogen. Blut sickerte aus der offenen Wunde.
Sie holte eine große Plastiktüte ins Badezimmer, und sie falteten die Leiche hinein. Erst danach zog sie einen leichten Morgenmantel an, und nachdem sie eine Weile durch die Vorhänge gespäht hatte, um sicherzustellen, dass niemand draußen umherlief, schaltete sie die Nachttischlampe wieder aus und öffnete die Zimmertür. Ihr Wagen stand direkt davor. Es war ein großes Fahrzeug mit einem geräumigen Kofferraum. Die Leiche passte problemlos hinein, und sie hatten sie in wenigen Sekunden aus dem Motelzimmer in den Kofferraum geschafft.
Danach packten sie schnell ein, die abgetrennte Hand kam an ihren ganz speziellen Ort. Sie prüften noch einmal sorgfältig, dass sie nichts in dem Zimmer zurückließen, dann fuhren sie langsam davon.
Die Fahrt in die Berge dauerte weniger als zwei Stunden, denn der Verkehr um diese Nachtzeit war dünn, und die Ampeln an den Kreuzungen waren gut zu ihnen. Dann folgte der lange und schwierige Treck durch den Busch; er hatte die Leiche über seine Schulter geworfen wie ein Feuerwehrmann, während sie mit einer kleinen Taschenlampe den Weg beleuchtete. Es gab hier einen speziellen Ort, den sie kannten, wo der Weg an einem tiefen und tückischen Kliff entlang führte. Ein hüfthoher Zaun sicherte die Stelle. Ein idealer Platz, um Leichen loszuwerden.
Mit einem letzten Kraftakt stemmte er die Plastiktüte über den Kopf und warf sie in den Abgrund. Die Leiche flog mehrere Meter, bevor sie die Bäume weiter unten streifte, dann kugelte sie mit lautem Rascheln durch das Unterholz. Sie versuchte, dem Absturz mit dem Taschenlampenlicht zu folgen, aber es gelang ihr nicht. Sie hörten die Leiche eine Ewigkeit lang rutschen und fallen, wie ihnen schien. Die Pflanzen dort unten wuchsen hoch und mit breiten Blättern, obwohl sie den Großteil des Tages im Schatten verborgen waren. Solange die Leiche bis nach unten gelangte, wäre alles in Ordnung. Beim letzten Mal hatte es funktioniert. Sie war tagsüber zurückgekommen, um es zu überprüfen. Der Tote war vollkommen im Unterholz verschwunden.
Als sie nach Hause kamen, dämmerte es schon beinahe. Ein grauer Schimmer hüllte die Straßen ein, als sie durch die Haustür traten. Sie war zu begeistert, um zu schlafen, und wollte ihm seine Belohnung nicht mehr länger vorenthalten.
Als sie sie ihm gab, wurde er – vor Freude und Begeisterung – lauter, als er bei dem Mord gewesen war.
Longman rief Maiden in sein Büro, und der Detective erwartete die normale tägliche Besprechung. Stattdessen schaute Longman besonders grimmig.
»Erinnern Sie sich noch an die Sache mit dem Finger letzte Woche?« Longman hob einen Bericht hoch, hielt ihn aber so, dass Maiden ihn nicht greifen konnte.
»Was ist damit?« Maiden konnte Ärger wittern. »Ich habe Ihnen gesagt, was ich getan habe. Mehr kann man nicht tun.«
»Diesmal ist es eine ganze Hand, am Handgelenk abgerissen. Und es steht auch noch eine verdammte Botschaft darauf.«
»Scheiße.«
»Ganz genau«, sagte Longman trocken. »Und es ist eine andere Hand – ein anderer Mensch. Der Finger war von einer rechten Hand. Diese Hand ist auch eine rechte, und sie ist vollständig.«
»Gleicher Fahrstuhl?«, fragte Maiden, der versuchte, sein Hirn in Gang zu setzen. »Wie lautet die Nachricht?«
»Wieder ein Fahrstuhl, aber ein anderes Gebäude.« Jetzt reichte ihm Longman den Bericht vom Tatort. »Lesen Sie die Botschaft selbst – falls es eine Botschaft ist. Vielleicht ist es auch der Titel eines Songs oder Buches. Wer weiß? Sie sollten das ein bisschen ernster nehmen als beim letzten Mal. Ermitteln Sie mal ein bisschen. Machen Sie einfach, wofür Sie bezahlt werden.«
Maiden starrte Longman an, der den Kopf schon wieder sinken ließ, um den Papierkram vor sich zu bearbeiten. »Dann geben Sie mir besser nicht irgendeinen anderen Mist, während ich damit beschäftigt bin«, sagte er, die Stimme angespannt vor Wut.
»Meinetwegen«, entgegnete Longman mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber machen Sie auch keine Riesensache daraus, klar?«
Maiden unterdrückte seinen Ärger, kehrte zurück an seinen Schreibtisch und zog seinen Notizblock hervor. Einen Augenblick fürchtete er, die entsprechende Seite rausgerissen zu haben, dann fand er aber doch den Namen der Gebäudebetreuung in dem Bürohaus, wo Lena Hargreaves arbeitete. Er schlug die Telefonnummer nach, rief dort an und bat um eine Liste aller Firmen in dem Gebäude; sie sollten sie ihm sofort durchfaxen. Das Fax kam innerhalb von zehn Minuten. Er machte mehrere Fotokopien, dann faxte er eine davon weiter. Als er an seinen Schreibtisch zurückkehrte, war er sicher, dass sein Fax bereits gelesen worden war. Er griff zum Telefon und rief bei der Abteilung für Vermisstenmeldungen an. Er bat darum, einen bestimmten Mitarbeiter zu sprechen.
»Ja, John Maiden hier, aus The Rocks«, sagte Maiden abrupt. »Ich brauche einen Abgleich mit einem Fax, das ich vor ein paar Minuten geschickt habe, und allen vermissten Personen, die in den letzten sieben Tagen gemeldet wurden.« Er hörte zu und runzelte die Stirn. »Ja, ich weiß, dass Ihr zu tun habt und alle warten müssen, bis sie dran sind, aber das sollte nicht lange dauern, denn es ist verdammt noch mal wichtig.« Er hörte wieder zu und seufzte über die Antwort. »Okay, ich warte zehn Minuten, solange Sie sicher sind, dass es wirklich nur zehn Minuten werden. Ich kann hier nicht eine Stunde warten, okay?« Er schaffte es gerade noch, den Hörer nicht aufzuknallen. Er war eigenartig nervös.
Die Antwort brauchte fünfzehn Minuten, und Maiden wurde schon unhöflich. Aber als er den Hörer wieder hinlegte, empfand er nichts außer dem kalten Gefühl, dass ihm da etwas Übles in den Schoß gefallen war. Eigenartigerweise war er gar nicht sicher, ob er das wollte.
