Raubkatzen der Meere - Erwin Welker - E-Book

Raubkatzen der Meere E-Book

Erwin Welker

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Beschreibung

Machen Sie sich bereit für einen atemberaubenden, historischen Seefahrer-Roman und begleiten Sie Captain Walker auf seinem Abenteuer durch die gefährlichsten Gewässer des 19. Jahrhunderts! KLAPPENTEXT: Der Krieg ist vorbei, die Freibeuterei verboten worden und die amerikanische Korvette „Cougar“ unter Captain James Walker am Ende. Auf der Suche nach einer Möglichkeit sich und seine treue Crew über Wasser zu halten, stoßen Walker und seine Männer durch Zufall auf einen vielversprechenden Auftrag. Doch der erfolgreiche Coup auf ein französisches Schiff bleibt nicht ohne Folgen. Durch ihre waghalsige Flucht vor dem Gesetz stolpern die tapferen Männer der „Cougar“ in immer gefährlichere Abenteuer und Gewässer. Damit aber nicht genug: Intrigen, Misstrauen und Verrat machen sich in der Crew breit, was den mutigen James Walker an seine physischen, mentalen und emotionalen Grenzen treibt … Das dürfen Sie von diesem Roman erwarten: Der Segel- und Seefahrtexperte Erwin Welker überzeugt nach seinem erfolgreichen Roman „Schmach & Glorie“ erneut mit einer mitreißenden und maritim akkuraten Seefahrergeschichte. Mit den unzähligen nautischen Begriffen und realitätsnahen Beschreibungen der Arbeit an Deck der „Cougar“ sorgt er für ein authentisches Erlebnis, das sowohl für maritime Kenner als auch für Seefahrt-Neulinge ideal geeignet ist. Ein umfangreiches Glossar erklärt zudem sämtliche Seemannsbegriffe, damit auch die Landratten unter den Lesern rasch in den Kapitänsrang aufsteigen ;-) Nervenzerreißende Seeschlachten, gefährliche Abenteuer und harte Proben der Kameradschaft warten auf Sie. Wird es Captain Walker gelingen, seine Crew zusammen zu halten? Wird er sie aus den Klauen der Piraterie befreien können? Und werden Sie die unzähligen Gefahren auf See überstehen? Finden Sie es jetzt heraus, indem Sie auf „jetzt kaufen“ klicken, und begeben Sie sich auf eine Abenteuerreise ins Zeitalter der Piraterie!

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Erwin Welker

 

 

 

 

Raubkatzen der Meere

Captain James Walker und seine Piraten

 

 

EK-2 Militär

 

 

Ihre Zufriedenheit ist unser Ziel!

 

Liebe Leser, liebe Leserinnen,

 

zunächst möchten wir uns herzlich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie dieses Buch erworben haben. Wir sind ein kleines Familienunternehmen aus Duisburg und freuen uns riesig über jeden einzelnen Verkauf!

 

Mit unserem Label EK-2 Militär möchten wir militärische und militärgeschichtliche Themen sichtbarer machen und Leserinnen und Leser begeistern.

 

Vor allem aber möchten wir, dass jedes unserer Bücher Ihnen ein einzigartiges und erfreuliches Leseerlebnis bietet. Daher liegt uns Ihre Meinung ganz besonders am Herzen!

 

Wir freuen uns über Ihr Feedback zu unserem Buch. Haben Sie Anmerkungen? Kritik? Bitte lassen Sie es uns wissen. Ihre Rückmeldung ist wertvoll für uns, damit wir in Zukunft noch bessere Bücher für Sie machen können.

 

Schreiben Sie uns: [email protected]

 

Nun wünschen wir Ihnen ein angenehmes Leseerlebnis!

 

Moni & Jill von EK-2 Publishing

 

Widmung

Dieses Buch widme ich meiner lieben Ehefrau Zenaida.

Sie war es, die mich dazu animiert hat, mich an einen Roman zu wagen. Denn zuvor war ich selbst nur auf meine Hobbys fixiert gewesen: Schiffsmodellbau und Segeln auf Traditionsschiffen und Windjammern. Zu diesen Themen hatte ich bisher für diverse Zeitschriften schon einige mehrseitige Berichte geschrieben und veröffentlicht, aber ein Roman war mir selbst nicht in den Kopf gekommen.

Und siehe da: Nur eine Woche nach der abstrusen Idee* meiner Gattin war die erste Seite für die „Raubkatzen der Meere“ auf den Bildschirm meines Rechners gezaubert.

*(Das war zum Jahresanfang 2003)

 

Herzlichen Dank meine liebe „Zenny“!

 

Vorwort

Erst im Jahr 1865 wurde durch eine Pariser Deklaration das Kapern völkerrechtlich für unzulässig erklärt. Davor wurde es nicht nur von verschiedenen Staaten und Königreichen für die eigenen Schiffe geduldet, sondern sogar befürwortet und durch offizielle Kaperbriefe legitimiert.

Was heute seltsam anmutet, war damals leicht zu erklären. Durch diese privat betriebenen Kriegsschiffe wurden die eigenen Kriegsflotten beträchtlich erweitert. Freilich hatten diese Kaper nur das Recht, Schiffe befeindeter Nationen auszurauben oder deren Schiffe als Prise zu nehmen, was man „kapern“ nannte. Dieses Recht schloss auch den Überfall auf Handelsschiffe mit ein. Dass auch die Gegner ihre Flotte mit Kaperschiffen aufrüsteten, wurde entweder ignoriert oder als normal abgetan.

Einer der berühmtesten Freibeuter war Sir Francis Drake. Den Rittertitel hatte sich Drake Ende des 16. Jahrhunderts erst verdienen müssen. Durch seine anhaltenden Erfolge im Kampf gegen die Spanier, hatte er der englischen Krone so viel Gold und Schätze eingebracht, dass er 1580 von der englischen Königin dafür zum Ritter geschlagen wurde, was ihn in den Adelsstand erhob.

Etwa 200 Jahre später kämpften der französische Korsar Robert Surcouf und der amerikanische Freibeuter John Paul Jones gegen die Engländer.

Egal ob Drake, Surcouf oder Jones; heute gelten sie als Nationalhelden und moderne Kriegsschiffe tragen stolz deren Namen.

Die Freibeuter genossen durch den Kaperbrief, den ihre Regierung ihnen ausstellen ließ, formellen Schutz im Kampf gegen befeindete Nationen. Wurden diese gefangengenommen, betrachtete man sie als Kriegsgefangene und sie landeten entweder in einem Kerker oder gar als Rudersklave auf einer Galeere. Dagegen hatte man mit Piraten kurzen Prozess gemacht.

Ob diese oder jene Freibeuter sich wirklich an die Regeln gehalten hatten, bleibt ein offenes Geheimnis. Der Übergang von der legalen Freibeuterei in die verrufene Piraterie war sicherlich fließend und die Kaperschiffe segelten wohl oft in einer Grauzone.

Wie fair und human die Kapercaptain mit ihren Gefangenen umgegangen waren, war sicherlich unterschiedlich gewesen. Die Grausamkeiten von Piraten hatten mit der Pseudoromantik der christlichen Seefahrt jedenfalls nichts mehr zu tun.

Auf Folgendes möchte ich noch besonders hinweisen: Während auf Kriegsschiffen eine strenge und festgefahrene Hierarchie herrschte und die Besatzung in eine Vielzahl an Dienstgraden aufgeteilt war, ging es bei der Handelsschifffahrt bei viel weniger unterschiedlichen Rängen schon ungezwungener zu. Kaper lagen wohl irgendwie dazwischen. Ganz anders dagegen war es auf Piratenschiffen, insbesondere auf den Karibischen Inseln. Auf diesen herrschten eher demokratische Verhältnisse. Da kam es vor, dass Captain gewählt, aber auch wieder abgewählt wurden und dass gemeinsam abgestimmt wurde, wohin der nächste Raubzug gehen sollte bzw. ob ein gewagter Angriff durchgeführt werden sollte.

Außerdem gab es strikte Statuten, welche festlegten, wie viel Beuteanteile jedem Einzelnen zustanden. Es war auch geregelt, welche Abfindungen für schwere Verwundungen oder gar Amputationen an die betroffenen Besatzungsmitglieder als Extra auszuzahlen war. Selbst wenn ein Pirat aus Altersgründen seinen blutigen Job beenden musste, wurde dieser mit barer Münze ausgezahlt – wenn er nicht vorzeitig gehängt worden war.

Die Besatzungen setzten sich nicht ausschließlich aus geldgierigen Schwerverbrechern zusammen, sondern auch aus Deserteuren, gewinnsüchtigen Abenteurern und zur Piraterie gepressten Handelsschiffsbesatzungen. Außerdem wurden viele Seeleute und Seesoldaten der Kriegsflotten arbeitslos, nachdem nach vielen Jahren des Krieges endlich Frieden geschlossen wurde. Ein gewisser Prozentsatz davon hatte sicherlich das einzig erlernte Handwerk auf Piratenschiffen fortgesetzt, so wie der Kommandant, einige Offiziere und Mannschaften in diesem Roman.

Meine Hauptperson, Captain James Walker, ehemals Kommandant eines amerikanischen Kapers, steht vor dem Problem, dass sein Land derzeit keinen Krieg führt und dass er kaum noch Möglichkeiten hat, auf legale Art und Weise seinem Beruf nachzugehen. Dass er dem Druck seiner gierigen Besatzung nachgibt, um endlich wieder einmal Beute zu machen und deshalb im Laufe der Ereignisse immer mehr der Piraterie verfällt, möge ihm der Leser verzeihen.

Ich als Autor möchte die Taten meiner Helden weder gutheißen noch verurteilen, sondern möchte nur schildern, wie sich der Abstieg ins Piratenwesen hätte ereignen können.

 

Der Autor

Erwin Welker

 

Kapitel 1: Im Schatten des Vesuvs

Captain James Walker stand auf dem Achterdeck seiner Korvette Cougar und genoss das wunderschöne Panorama der Bucht von Neapel. Rundum glitzerten die Lichter der großen Stadt. Im Hintergrund sah man deutlich den Vulkan Vesuv, der in dieser klaren Vollmondnacht noch bedrohlicher als tagsüber wirkte.

Der Hafen war voller Schiffe. Handelssegler, Fischerboote, Leichter und in einiger Entfernung ein paar Kriegsschiffe. Es ergab sich ein Gewirr aus Masten, Rahen und Tauwerk. Dazu gab es die typischen Geräusche: Das Plätschern der Wellen, das Ächzen und Knarren der Riggs all der Schiffe, die in der Nähe lagen. Von Land her hörte man das Gegröle betrunkener Seeleute, Hufgetrappel von Pferden und quietschende Wagenräder.

Die Cougar dümpelte ruhig an der Hafenpier. Nicht weit davon strotzte das mächtige alte Kastell Nuovo, welche den mit Mauern geschützten Hafen mitsamt seiner Einfahrt sicherte und kontrollierte.

Doch in dieser eigentlich friedlichen Nacht, wirkte die Festung auf Walker nicht gerade gastfreundlich. Hohe Mauern, umgeben von fünf Rundtürmen, thronten auf einem wuchtigen und wiederum hohen Sockel, wobei die dem Hafen zugewandte Front besonders massiv und bedrohlich aussah. Eine ganze Reihe von großkalibrigen Kanonenrohren, vermutlich 36-Pfündern, ragten aus den Maueröffnungen und sicherten die Hafeneinfahrt.

Walker fühlte sich als Eindringling und hoffte, dass niemand den eigentlichen Grund für den Aufenthalt seines Schiffes erfahren würde.

Er wirkte jünger, als er mit seinen 46 Jahren tatsächlich war. Das lag wohl an seinen jugendlichen, tiefblauen Augen. Er hatte halblanges blondes Haar und füllige Koteletten. Seine Statur war kräftig und muskulös sowie er knapp 1,80 Meter groß war.

Wieder ein neuer Hafen, eine fremde Stadt mit neuen Eindrücken. Obwohl er schon viel herumgekommen war, beeindruckte ihn Fremdes immer wieder aufs Neue.

Die meisten Leute seiner Besatzung genossen es, nach der langen, zeitweise sehr stürmischen Atlantiküberquerung endlich wieder Boden unter den Füßen zu haben. Und nicht nur das. Endlich konnten sie wieder irgendeinem Rockzipfel hinterherlaufen, gemeinsam einige Flaschen italienischen Wein oder Bier in einer Taverne leeren, um letztendlich die Nacht in einer düsteren Spelunke oder in einem der vielen Bordelle der Stadt zu verbringen.

Hoffentlich machten seine Leute nicht allzu viel Randale. Walker mochte es nicht, wenn sein Schiff zu sehr ins Rampenlicht geriet. Möglichst wenig auffallen war seine Devise.

Viele waren gute Jungs, aber einige von ihnen waren gefährliche Schurken, geradezu Halsabschneider. Die Besatzung der Korvette setzte sich nicht nur aus ehemaligen Marineleuten zusammen, sondern auch aus einigen Abenteurern, Deserteuren, ehemaligen Sträflingen und Schmugglern.

James Walker war gespannt auf die neuesten Nachrichten, die er von seinen Offizieren, eventuell aber auch von seinen Mannschaften erhalten würde. Alle waren instruiert, Aug und Ohr aufzuhalten, um neue, für sie alle wichtigen Informationen zu erhalten. Schließlich war die Cougar kein gewöhnliches Handelsschiff. Zwar hatte man eine kleine Ladung wertvoller Felle von Amerika nach Italien transportiert, jedoch war der Laderaum der Cougar äußerst beschränkt. Unterhalb des Oberdecks befanden sich im Achterschiff die Unterkünfte der Offiziere, die Offiziersmesse und die Kapitänskajüte. Im Vorschiff war das Kabelgatt zur Aufnahme des Tauwerks sowie weitere enge Räumlichkeiten, die dem Schiffszimmermann und dem Segelmacher als Werkstätten dienten. Binnenbords, hinterhalb des Vormasts war die Kombüse. Den meisten Platz beanspruchte jedoch das Batteriedeck mit seinen 20 Kanonen.

Das Schiff war kein Handelssegler, aber auch kein gewöhnliches Kriegsschiff. Die Cougar war ein Kaperschiff und Walker und seine Männer waren Freibeuter. Man war auf der Suche nach einem neuen Einsatzgebiet. Die Zeiten hatten sich geändert, denn Amerika war derzeit nicht im Krieg. Man wollte sich allerdings nicht mit gemeinen Piraten auf die gleiche Stufe stellen, die jeden, gleich welcher Nation, angriffen, bloß weil die Aussichten auf Beute so verlockend waren.

Informationen waren für Walker und sein Schiff von besonderer Bedeutung. Beutemachen war schließlich ihr Haupterwerb. Nebenbei Handel zu treiben, diente nur als nützlicher Nebenerwerb und trug darüber hinaus auch noch zur Tarnung bei. Um Beute machen zu können, sollte man auch wissen, wo welche zu holen war. Außerdem sollte man auch Bescheid wissen, wie die momentanen politischen Verhältnisse waren. Da sich die politischen Beziehungen der Länder untereinander manchmal innerhalb sehr kurzer Zeit änderten, sollte man auch hier auf dem Laufenden sein. Manchmal jedoch war Wissen mehr wert als Gold. Nämlich dann, wenn es um die eigene Sicherheit, um das eigene Überleben ging. Spätestens morgen würde Walker von seinen Leuten mehr erfahren. Er selbst hatte jedoch als Captain im Moment auch noch andere Pflichten und ging deshalb zurück in seine Kajüte, um noch diverse Formalitäten zu erledigen. Sein Schiff lag schließlich erst seit einigen Stunden hier im Hafen von Neapel.

 

Am nächsten Morgen versammelten sich die Offiziere der Cougar in der Offiziersmesse, um gemeinsam mit ihrem Captain das Frühstück zu sich zu nehmen. Endlich gab es wieder frisches Brot sowie frische Früchte und dazu gab es Kaffee, der diesmal nicht aus abgestandenem Wasser zubereitet worden war, so wie man es von See her gewohnt war. Während des Frühstückes erzählten die Leute, die den letzten Abend oder gar die ganze Nacht an Land verbracht hatten, von ihren Erlebnissen und Abenteuern. Man lachte über den Spaß, den man beim gemeinsamen Umtrunk in den Tavernen gehabt hatte und ließ natürlich auch nicht aus, was man mit den hübschen Italienerinnen erlebt hatte.

Es war nicht selbstverständlich, dass ein Captain mit seinen Offizieren gemeinsam frühstückte, aber erstens war man hier nicht bei der Marine und zweitens war auf diesem Schiff die Kapitänskajüte nicht groß genug, um Besprechungen abzuhalten.

Während des Frühstücks waren die Gespräche noch von heiterer Natur gewesen, aber anschließend ging die Runde in den offiziellen Teil über.

Nachdem der Messesteward die Back abgeräumt hatte, leitete Walker die Besprechung ein: „Nun, meine Herren! Wie ich merke, haben diejenigen von Ihnen, die an Land waren, den Aufenthalt hier in Neapel gut zu nutzen gewusst. Jetzt gehen wir aber in die Tagesordnung über. Jackson! Sie nehmen den Verkauf unserer Ladung in die Hand. Haben Sie sich schon umgehorcht, wo wir unsere Felle am besten loswerden können?“

Jackson, Proviant- und Zahlmeister in einer Person, war ein dickbäuchiger, behäbiger Kerl von umgänglicher Natur. Außerdem war er der geborene Geschäftsmann. Niemand verstand so recht, warum er an Land keinen Laden aufgemacht hatte. Über seine Vergangenheit wollte er aber mit niemandem reden. Es gab allerdings keinen Zweifel daran, dass Jackson die Felle, die im Schiffsbauch lagerten, für gutes Geld an den Mann bringen würde. Es handelte sich um die Häute von Bibern, Waschbären, Kojoten, Wölfen und sogar von Bären, die in den nordamerikanischen Wäldern von Trappern und von Indianern erbeutet und nach perfekter Gerbung zum Kauf feilgeboten waren.

Jackson antwortete mit seiner etwas zu hoch geratenen Stimme: „Wie Sie wissen, können Sie sich auf mich verlassen, Capt’n. Ich habe gestern bereits erste Kontakte geknüpft.“

„Haben Sie sonst noch irgend etwas zu sagen?“

„Nein, aber soll ich mich auch schon um die Verproviantierung der Cougar kümmern? Wir waren doch ganz schön lang auf See!“

„Nehmen Sie sich nachher die Leute, die Sie brauchen und veranlassen Sie alles Notwendige. Ich verlasse mich auf Sie!“ Ohne Jackson noch weiter zu beachten, richtete Walker nun seinen Blick auf sein Gegenüber. „Erster, haben Sie etwas von Bedeutung in Erfahrung bringen können?“

Mit dem Ersten war natürlich der Erste Offizier gemeint, die rechte Hand des Captains. Sein Name war George Ripley.

„Nun, das, was ich so gehört habe, dürfte uns alle interessieren, Capt‘n!“

„Was denn zum Teufel? Schießen Sie los, Ripley!“

„Es gibt Gerüchte, dass die Engländer ihre Macht zur See noch weiter ausbauen wollen, so dass sich früher oder später eine Blockade über alle französischen Seehäfen erstrecken soll. Trotz ihrer Niederlage bei der Schlacht von Trafalgar letzten Jahres sind die Franzmänner so frech, dass sie ihre Kriegsschiffe selbst vor Gibraltar, also direkt vor den Augen der Engländer, mit wehender Trikolore vorbeisegeln lassen. Die Lage hier in Europa scheint generell ziemlich instabil zu sein. Man berichtete mir davon, dass sich die Preußen gegen die Franzmänner auflehnen wollen.“

Walker horchte auf.

„Sie machen mich neugierig, George! Schließlich war mein Vater Deutscher. Erzählen Sie weiter!“

„Man glaubt, dass die Situation bald eskalieren wird. Und überhaupt – es heißt, dass es jetzt, nachdem die Österreicher den Franzosen klein beigegeben haben, mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu Ende gehen soll.“

„Wer weiß, wie sich dieser Zusammenbruch auf Europa auswirken wird und welche Zukunft dem Land meiner Abstammung noch bevorsteht, aber fahren Sie fort!“, Walker wirkte nachdenklich.

„Nicht nur Deutschland ist in Gefahr. Hier in Italien hat man schon lange Bedenken und macht sich Sorgen. Dieser größenwahnsinnige Napoleon

Bonaparte hat sich letztes Jahr zum König von Italien ernennen lassen.“

„Das heißt, dass wir auf der Hut sein sollten, wenn wir den Franzosen begegnen“, meinte der Bootsmann Bob Kelly.

„Eher umgekehrt“, Walker grinste, „die sollten sich vor uns in Acht nehmen. Amerika ist zwar nicht mehr im Krieg gegen Frankreich, aber gegen einen fetten französischen Happen hätten wir vielleicht gar nichts einzuwenden. Oder was meint ihr, Männer?“

Alle lachten.

„Sonst noch was?“ Walker ließ seinen Blick über die Anwesenden schweifen.

„Ich habe bessere Nachrichten!“, die Augen von Brian O’Neal verrieten einen gewissen Stolz. Er war der zweite Offizier der Cougar und zog ein gefaltetes Zeitungsblatt aus seiner Rocktasche und reichte es herum. „Ich habe eine italienische Zeitung in die Hände bekommen. Ich kann zwar kein Wort italienisch, aber die Schlagzeilen machten mich stutzig. Hier steht groß und deutlich etwas über unsere U.S.S. Constitution, die uns allen ja wohl ein Begriff sein dürfte. Ich ließ mir diesen Artikel von einem italienischen Seemann, der unsere Sprache sehr gut spricht, übersetzen und notierte mir die Übersetzung. Sie lautet folgendermaßen“, O’Neal nahm seine Notiz zur Hand und las vor, „Amerikanisches Geschwader, angeführt durch die Fregatte U.S.S. Constitution als das Flaggschiff, beschießt Tripolis.“

Wieder einmal gehen die Amerikaner gegen das grausame Piratentum, welches entlang der nordafrikanischen Küste sein Unwesen treibt, vor. Wie schon in den Jahren 1803 und 1804 geschehen, hat nun dieses Schiff zusammen mit einer Flotte aus weiteren Kriegsschiffen erneut zugeschlagen. Das amerikanische Geschwader wurde damals durch Commodore Preble auf der Fregatte U.S.S. Constitution angeführt, als sie mehrmals versucht hatten, die barbarische Räuberei der muselmanischen Korsaren zu bekämpfen. Am 5. März 1806 hat das Geschwader die Hafenstadt Tripolis in Tripolitanien beschossen. Dabei wurde die Zitadelle, die den Hafen bewacht, so schwer beschädigt, dass deren Kanonen kein weiteres Feuer erwidern konnten. Auch weitere Geschützstellungen wurden beschädigt sowie der Turm auf dem nordöstlichen Kap an der nördlichen Hafeneinfahrt. Es wird vermutet, dass die Sperranlage, die aus einer schweren Kette besteht und die Hafeneinfahrt zwischen dem Turm östlich des Spanischen Forts und dem noch weiter östlich liegenden Riff abriegelt, derzeit außer Betrieb ist.

Wie schon so oft geschehen, überfallen diese afrikanischen Seeräuber im Wohlgefallen, wenn nicht gar im Auftrag der islamischen Deys, Paschas und Sultane christliche Schiffe, plündern diese und entführen die Besatzungen, die dann im besten Fall als Sklaven zu dienen haben oder noch viel schlimmer, auf Galeeren oder Schebecken als Rudersklaven geschunden oder gepeitscht werden. Für wohlhabendere Passagiere wird stattdessen hohes Lösegeld gefordert. Da immer wieder auch Amerikaner davon betroffen sind, geht die U.S. Navy regelmäßig gegen diese Barbarei vor, und zwar so lange, bis diesem Unwesen ein Ende bereitet wird.

 

O’Neal blickte in die Runde. Wut, aber auch Triumph konnte man in den Augen und in den Gesichtern der Anwesenden ablesen. Wut deshalb, weil man schon öfters über die Barbarei der Muselmanen gehört hatte. Die ganze christliche Seefahrt, wozu sie selbst auch zählten, verabscheute diese Barbaren. Stolz war man über den Erfolg der Amerikaner. Die meisten an Bord waren Amerikaner, sei es gebürtig oder von Europa eingewandert, und man fühlte sich auch als solcher. Dabei spielte es keine Rolle, ob man seine Pflichten bei der U.S. Navy, der amerikanischen Marine, erfüllte oder, ob man an Bord eines Kaperschiffes mehr eigennützigen Zwecken nachging.

Von der U.S.S. Constitution hatten eigentlich schon alle gehört, viele hatten sie schon mit eigenen Augen gesehen und manch einer hatte schon auf ihren festen Planken gedient.

Die Constitution war eine prächtige Fregatte. Sie war 1797 vom Stapel gelaufen, hatte die beeindruckende Länge von 91 Metern, von der Spitze des überlangen Klüverbaums bis hin zur Gaffelbaumnock am Heck.

Sie war eine der drei Neubauten und war speziell für solche Einsätze gegen die Piraterie im Mittelmeerraum vorgesehen. Dazu musste solch ein Schiff besonders schnell sein, da die Schebecken, die im Mittelmeerraum eingesetzt wurden, zu den Schnellsten gehörten, welche die Meere befuhren. Sie waren die bevorzugten Schiffe der nordafrikanischen Korsaren. Die Constitution erreichte über 13 Knoten und war damit schneller als alle Linienschiffe und sehr viel wendiger. Mit rund 50 Kanonen und einer Besatzung von 450 Mann, inklusive der Seesoldaten, war diese äußerst robust gebaute Fregatte zwar nur halb so stark wie ein Linienschiff ersten Ranges, aber dafür war sie deutlich vielseitiger einsetzbar.

Captain Walker hatte sich schon einige Male vorgestellt, solch ein kampfstarkes Schiff zu führen. Diese majestätische Fregatte mit ihrem schwarzen Anstrich und den weißen Pfortengängen, hinter denen eine Menge Kanonen lauerten, war wirklich ein Schmuckstück. Dazu konnte die Constitution einschließlich aller Stag- und Leesegel bis zu 39 Segel bei 4.000 Quadratmetern Segelfläche tragen. Da konnte man schon ins Schwärmen geraten – genauso wie bei einer wunderschönen Frau.

Walker bemerkte, dass seine Gedanken abschweiften. Es war an der Zeit, die Besprechung fortzusetzen.

„Diese Nachricht ist wirklich sehr erfreulich. Wir können stolz auf unsere Marine sein. Im Moment wüsste ich aber nicht, wie wir von dieser Situation profitieren könnten. Deshalb schlage ich vor, dass wir in unsere Tagesroutine übergehen. Noch irgendwelche Vorschläge, meine Herren?“

Der Tag im Hafen von Neapel nahm seinen Lauf.

 

Geschafft! Endlich durfte der Matrose Luigi Odini an Land gehen. Um acht Uhr abends hatte er seine Wache auf der Cougar beendet. Er war gebürtiger Italiener und hatte bisher noch gar keine Gelegenheit bekommen, sein Heimatland zu betreten. Außer als er nach dem Anlegen bei den Ersten gewesen war, die wieder Land unter die Füße bekommen hatten, als er Achterleine und Achterspring an den Pollern der Pier festgemacht hatte. Letzte Nacht hatte er jedoch keinen Landgang bekommen. Diese Nacht mussten dafür andere an Bord zurückbleiben und Wache schieben.

Odini sollte eigentlich zusammen mit seinen Kameraden in die nächste Taverne losziehen, aber im Gegensatz zu seinen Kameraden, die eher unter sich bleiben wollten, da sie der Sprache hier nicht mächtig waren, wollte sich Odini unters Volk mischen. Er als Italiener kam hier schließlich sehr gut zurecht. Mit der Ausrede, jemanden besuchen zu wollen, setzte er sich, schon kurz nachdem sie das Land betreten hatten, von seiner Gruppe ab. Genua wäre ihm eigentlich lieber gewesen, denn dort hätte er seine Familie besuchen können. Leider war man hier in Neapel. Vielleicht ein andermal. Hier kannte er niemanden. Es war nur ein billiger Vorwand gewesen, um allein losziehen zu können.

Odini war schon aufgeregt. Seit Jahren war er endlich wieder in seinem Heimatland. Endlich wieder unter Landsleuten, die vertraute Sprache hören und sprechen und bereits vermisste Speisen essen. Nun war es so weit. Von einer inneren Unruhe getrieben, beschleunigte er seine Schritte. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, versetzte ihn nicht nur seine Heimat in Unruhe, sondern auch ein ungestilltes Verlangen.

Odini war noch jung, erst 18 Jahre alt, dunkelhaarig, braungebrannt und von sympathischem Wesen. Er war voller Sehnsucht danach, endlich wieder ein weibliches Wesen bewundern und berühren zu dürfen. Nach langer Enthaltsamkeit auf See wurde es auch Zeit, wieder ins Bett einer Frau zu kommen. Dies ließ seine Schritte schneller werden. Er würde nicht lange suchen müssen.

Schon bog er in eine dunkle, enge Gasse ein, in der auch schon die ersten Huren standen. Sein Herz pochte aufgeregt, aber diese dort schienen ihm zu verkommen und ordinär. Er suchte nach etwas Hübschem, Sanftem – einem Mädchen, das er sich schon oft in seinen Vorstellungen als Geliebte vorgestellt hatte. Er würde noch fündig werden. So schlenderte er teils etwas verschämt, teils in freudiger Erwartung die Gassen entlang.

Plötzlich sah er vor einem düster wirkenden Haus mit nur wenigen Fenstern ein bezauberndes Mädchen lässig an einen Türstock gelehnt stehen. Es war um die 19 Jahre jung und hatte lockiges dunkelblondes Haar, das hinten hochgesteckt war. Ein paar lockige Strähnen flatterten lustig neben ihren zarten Wangen herab. Das Mädchen trug ein zweilagiges Kleid mit einem großzügigen Dekolleté, das dicht unterm Busen durch ein Mieder eng geschnürt war. Die äußere Lage bestand aus hellblauem Stoff, der sich nach vorne hin öffnete und einen Blick auf die zweite Lage aus zart schimmernder weißer Seide freigab.

Odini näherte sich mit bewundernden Blicken.

„Hey, Matrose! Du hast wohl lange keine Frauen zu sehen bekommen, nicht wahr?“, rief das Mädchen dem jungen Mann zu, der mit großen Augen auf sie zukam.

„Nun, ich habe gerade den Atlantik überquert und außer ein paar schnuckeligen Seejungfrauen, die unser Schiff umrundet haben, hab‘ ich nicht eine Frau gesehen – schon gar keine, die so hübsch ist wie du.“

Sie lachte.

„Du bist komisch. Hättest du Lust mit mir? Billig bin ich aber nicht!“

„Ich hab‘ schon was in meinem Beutel“, erwiderte Odini etwas verlegen.

„Wie heißt du eigentlich, Seemann?“

„Luigi! Und du schöne Maid?“

„Nenn mich Ornella. Dann komm schon!“, sie öffnete die Tür und Odini folgte ihr durch einen dunklen Gang.

Nebenan war lautes Stimmengewirr und schrilles Kichern sowie raues Lachen zu hören.

„Möchtest du zuerst in den Gesellschaftsraum? Dort sind noch mehrere von deiner Sorte und du kannst dir noch die anderen Mädels anschauen, wenn du willst.“

„Nein! Ich möchte ganz mit dir allein sein, Ornella.“

„Gut, das freut mich. Dann bringe ich dich jetzt zur Hausdame und sage ihr Bescheid. Die sagt dir dann, was du zu zahlen hast.“

Mit der Hausdame war natürlich die Puffmutter gemeint. Nachdem das Geschäftliche erledigt war, führte Ornella Odini die Treppe hinauf. Ihrer Reize durchaus bewusst, raffte sie im Vorausgehen ihre Röcke ein wenig, so dass ihr Freier schon mal ihre hübschen Waden bewundern konnte. Odini stieg ihr in freudiger Erwartung hinterher und bekam nun noch etwas mehr zu sehen. Die unschuldig wirkende Ornella war natürlich mit allen Wassern gewaschen und wusste nur zu gut, wie man einem in Zwangsenthaltsamkeit lebenden Seemann den Atem rauben konnte. So raffte sie von Stufe zu Stufe, so ganz beiläufig, ihre Rocksäume immer etwas mehr, bis zuerst ihre wunderschönen Oberschenkel und zuletzt ein wenig ihrer nackten Pobacken zu sehen waren. Im zweiten Stock angekommen war es für den jungen Matrosen bereits so erregend, als würde er das Himmelstor bestaunen dürfen. Nun betraten beide eine kleine Kammer, die nur mit einem Bett, einem Kleiderschrank, einer kleinen Waschkommode und einem Zuber ausgestattet war.

„Hier sind wir!“, sagte Ornella, während sie bereits die äußere Lage ihres Kleides öffnete und bedächtig zu Boden fallen ließ. Odini den Rücken zukehrend und mit ihren kleinen Händen nach hinten an die Schnüre ihres Mieders fassend fragte sie nun: „Willst du mir helfen?“

„Und ob!“, stöhnte der junge Kerl. Das ließ er sich nicht zweimal sagen. Er löste freudig die Schnürung des Mieders und nahm es ihr ab.

„Danke!“, lächelnd sah sie ihn an und öffnete ganz langsam ihr rüschenbesetztes Unterkleid und ließ es sachte auf den Boden fallen.

Odini starrte wie gebannt auf Ornellas herrlich runden und festen Brüste, die nun nur noch mit einem letzten Unterrock bekleidet vor ihm stand. Der Anblick raubte ihm den Atem.

„Nun bist du dran. Runter mit den Sachen“, forderte sie ihn auf und half ihm aus der Kleidung. Kaum war Odini seiner Kleidung entledigt, steuerte er auf das Bett zu.

„Halt, langsam, junger Mann! Nicht so schnell. Du stinkst ja wie ein nasser Hund, der einen modrigen Fisch im Maul hat. So lass ich dich nicht in mein Bett. Was meinst du, warum hier dieser Zuber steht? Rein mit dir!“, forderte sie Odini auf und kicherte keck.

Er stieg in den engen Zuber und stellte bald fest, dass dies kein übler Vorschlag war. Zwar war das Wasser ziemlich frisch, aber wie und wo er dann von Ornella so überall geschrubbt und gewaschen wurde, ließ ihn die Kälte schnell vergessen und sein Prachtstück hart wie Ebenholz werden. Zudem musste er sich eingestehen, dass so ein Bad längst überfällig war. Dann brachte sie ihm ein Tuch zum Abtrocknen.

„So, jetzt kannst du rauskommen,“ sagte sie, und half ihm aus dem Zuber. Danach trocknete sie ihren Freier behutsam ab.

Das war herrlich, dachte sich Odini, gespannt auf das, was noch kommen würde.

Nun nahm das Mädchen den Jungen an der Hand und zog ihn zu sich ins Bett. Die junge Hure legte sich vor ihm auf den Rücken nieder und raffte mit lasziven und sinnlich langsamen Bewegungen ihren Unterrock. Zentimeter für Zentimeter gab der zusehends geraffte Saum des Unterrocks immer mehr Ausblicke auf die schlanken Beine, die in dünne, weiße Strümpfe gehüllt waren. Odinis Augen folgten dem hinaufwandernden Saum ihres Unterrocks, bis dorthin, wo die Strümpfe, die von blauen Seidenstrumpfbändern gehalten wurden, endeten und einen Blick auf die herrliche nackte Haut ihrer Schenkel freigaben.

Als nun Odinis Augen das von schwarz gekräuselten Haaren gesäumte Venusdreieck erfassten, pochte dessen junges Herz so rasend, dass es geradezu herausspringen wollte, so explosiv hatte sich dessen Spannung aufgebaut.

Dann gab es kein Halten mehr und er stieg zu ihr aufs Bett. Er warf noch einen Blick auf die herrlichen Brüste, deren Knospen sich nun straff aufrichteten, und legte sich auf sie. Er schaute ihr tief in ihre schönen, dunklen Augen und wusste, dass er nun das schon lang Erträumte erhalten würde. Begierig versuchte er, sie überall gleichzeitig zu berühren. Er strich ihr mit einer Hand durchs lockige Haar, während die zweite schon nach ihrer Brust griff. Langsam beruhigte er sich wieder und küsste sie begierig am Kopf beginnend, an den Ohren knabbernd, die Lippen mit kreisenden Zungen leidenschaftlich küssend, um sich dann langsam nach unten zu begeben. Jede Brust wurde mit Küssen bedeckt und an den verlockenden Nippeln wurde begierig geleckt und gesaugt, was auch der Dirne zu gefallen schien. Als sich die Zunge des Freiers nun auch noch am Venushügel zu schaffen machte, zog sich Ornella, deren Atem immer heftiger wurde, den Jungen zurück in ihre Arme.

„Komm jetzt“, stöhnte sie während sich ihre Schenkel öffneten um dem stahlhart geworden Glied des jungen Matrosen Einlass zu gewähren.

Dieser küsste sie dann so leidenschaftlich, dass sie sich den rhythmischen Stößen leidenschaftlich hingab und die Begierde in pure Wollust überging.

Erschöpft, schweißgebadet, aber überglücklich, ließ sich Odini in Ornellas Arme fallen, die ihn verschmitzt anlächelte.

„Hat es dir gefallen?“, fragte sie ihn ohne wirklich Zweifel zu haben. Dabei verschwieg sie, dass sie soeben selbst den Gipfel der Lust erreicht hatte, was in ihrem Gewerbe selten vorkam, denn es war meist mühsame Arbeit, bei dem Gefühle routinemäßig außen vor blieben. Doch ihr gefiel dieser junge Seemann, sie fand ihn auch süß und er hatte ihr reichlich Lust und Zärtlichkeiten gespendet.

„Na und ob! Ich dachte, dass es mich jeden Moment zerreißen würde. Das war aufregender als jeder Sturm, den ich bisher erlebt habe. Nur zu gern würde ich noch stundenlang in deinen Armen liegen bleiben, aber ich befürchte, dass du mich gleich wegschicken wirst. Du wartest doch bestimmt schon auf deinen nächsten Freier?“ Traurig blickte er in ihre dunklen Augen.

„Du hast Glück, Luigi! Heute habe ich schon genug verdient und weil du, anders als die anderen, so ein netter Bursche und auch kein ekelhafter Schnösel wie der Vorherige bist, kannst du noch mit mir schmusen, kuscheln und weiter nach meinen Brüsten grapschen.“

Das ließ sich Luigi nicht zweimal sagen!

„Was war denn das für einer – ich meine dieser Vorherige?“

„Sei nicht so neugierig! Aber ich sag's dir. Das war ein piekfeiner, stinkreicher Franzose.“

„Der hat wohl einiges mehr von dir dafür bekommen, stimmt's?“

„Sei nicht so frech, Junge! Du hast wirklich genug bekommen oder bist du immer noch nicht zufrieden?“

„Tut mir leid!“

„Schon gut. Tatsächlich war dieser feine Schnösel schon betrunken, als er hierherkam. Der hat die ganze Zeit fast nur gequatscht und dauernd von seiner Frau. Nur weil ich ihr ähnlichsehe und weil er sich vorstellen wolle, dass sie bereits bei ihm wäre, komme er zu mir. Dabei hat er mich schön von oben herab behandelt. Seine Frau hat er schon für tot gehalten – über ein halbes Jahr lang hat er sie nicht gesehen. Das Schiff, auf dem sie gereist war, ist nie in Marseille angekommen.“

„Und dann?“

„Bis eine Depesche Marseille erreichte. Da wurde dann klar, dass dieses Schiff in die Hände arabischer Korsaren gefallen war. Die Besatzung ist wohl versklavt worden. Seine Frau jedoch und all die anderen reichen Passagiere werden bis heute in Tripolis festgehalten. Scheinbar gegen eine enorme Summe Lösegeld und morgen oder übermorgen wird das ganze Lösegeld zusammen sein.“

Odini staunte nicht schlecht. „Und all das hat er dir erzählt?“

„Und noch viel mehr! Zum Beispiel, dass die Franzosen das Lösegeld mit der Normandie, einem kleinen Handelssegler nach Tripolis bringen.“

Odini wurde hellhörig. „Einem Handelsschiff? Ist das nicht leichtsinnig?“

„So dumm sind die Franzmänner nun auch nicht. Da fahren zwei Kriegsschiffe als Begleitschutz mit.“

„Dann könnten die doch gleich mit einer Fregatte dorthin segeln!“

„Wenn du nicht dauernd auf meinen Busen kucken würdest, könntest du deinen Kopf besser gebrauchen!“, ermahnte sie ihn. „Glaubst du wirklich, dass diese Barbaren ein Kriegsschiff in ihre Häfen lassen? Selbst ich bin nicht so naiv.“

„Entschuldige, aber diese zwei hübschen Dinger sind wirklich zu schön.“ Mit einem versöhnenden Blick strich er ihr zärtlich über die Brüste.

„Wer weiß, wann ich so was wieder zu sehen bekomme?“

„Ihr Männer seid doch alle gleich. Wenn du nicht so lieb wärst, würde ich dich jetzt wegschicken“, sagte sie und sah ihn dabei gar nicht so böse an.

„Das heißt, dass die Kriegsschiffe die Normandie nur während der Überfahrt begleiten. Wo findet dann die Übergabe statt?“, fragte Odini bereits Beute witternd.

„Im Hafen von Tripolis. Der Hafenmeister macht dann die Übergabe, da er wohl französisch spricht. Mehr weiß ich nicht.“

Das dürfte genügen, dachte sich Odini. Das musste er unbedingt seinem Kommandanten erzählen. Es würde sich für ihn lohnen, da Captain Walker solche Informationen belohnte. Das könnte ein lohnender Raubzug werden. Zufrieden schloss er die Augen und begab sich erneut in Ornellas Arme.

 

Walker döste noch in der Koje seiner Kajüte, während es bereits dämmerte. Vom Hafen waren bereits die typischen Geräusche einer erwachenden Stadt zu hören. In Gedanken ging er die letzte Nacht noch einmal durch: Den letzten Abend hatte er an Land verbracht. Dabei hatte er sich einen Eindruck von Neapel verschafft und endlich wieder einmal etwas Vernünftiges gegessen. Schließlich konnte auch er als Captain nicht dauernd auf seinem Schiff bleiben. Das Essen an Bord war nichts anderes als ein Fraß, aber das war eben das Seemannslos, das war man gewöhnt. Gestern jedoch hatte er italienische Teigwaren – bei reichlich Rotwein – genossen, die er in einem guten Gasthaus zu sich genommen hatte.

Er war zusammen mit Ripley, dem Ersten Offizier, wobei sie Gesellschaft von einem griechischen Handelscaptain und dessen Offizieren bekommen hatten. Trotz gewisser Verständigungsschwierigkeiten hatte man sich relativ gut unterhalten, über die momentane Situation in Europa geplaudert und Neues aus dem Mittelmeerraum erfahren. Die Griechen hatten etwas über Amerika erfahren wollen, über die Cougar hatte man sie jedoch möglichst im Unklaren gelassen. Anschließend hatten sich Walker und Ripley eine gemütliche Taverne gesucht und sich bei einigen Flaschen Wein von netten Damen verwöhnen lassen.

Plötzlich klopfte es an der Kajütentür.

„Was ist denn?“, rief Walker noch müde und unentschlossen, da er für diesen Tag noch kein vernünftiges Konzept entworfen hatte. So schön der letzte Abend auch gewesen war, wirklich brauchbare Informationen waren nicht dabei gewesen.

„Matrose Odini will Sie dringend sprechen! Es soll sehr wichtig sein!“, antwortete O’Neal, der zweite Offizier.

„Er soll sich noch fünf Minuten gedulden und ich hoffe für ihn, dass es wirklich dringend ist.“

Nicht einmal im Hafen hat man seine Ruhe, dachte Walker. Er erhob sich von seiner recht gemütlichen Koje, erfrischte sich ein bisschen an dem winzigen, aus einer Kommode ausziehbaren Waschtisch und zog sich an.

Das mit dem Rasieren kann noch warten, aber wehe dir, Odini du kommst mir mit unwichtigem Kleinkram daher, drohte Walker in Gedanken. Noch einen schnellen Blick aus dem kleinen Fenster der Heckgalerie werfend, ging er zur Tür und ließ Odini herein.

„Was gibt's Odini?“

„Ich habe eine wichtige Mitteilung zu machen, Capt'n.“

„Dann raus mit der Sprache!“, forderte Walker den Matrosen mürrisch, aber doch neugierig zum Sprechen auf.

„Ich hatte diese Nacht doch Landgang und wie das bei uns Seeleuten so ist – nun Sie wissen schon ...“

Walker bemerkte das Zögern.

„Ich denke, ich bin schon lange genug zur See gereist. Also weiter, da war also irgendein Mädel und dann ...? Die Details kannst du ruhig auslassen.“

„Nun, von diesem Mädel habe ich etwas sehr Interessantes erfahren. Und zwar von einem französischen Freier, den sie vor mir hatte.“

„Das kannst du mir jetzt genauer erläutern, Odini.“

„Ich habe mich bereits umgeschaut. Es geht um die Normandie und zwei französische Kriegsschiffe. Vielleicht haben Sie sie schon selbst bemerkt. Die Normandie liegt nur eine halbe Meile südlich von uns. Die zwei anderen Schiffe, eine Kriegsbrigg und eine Korvette liegen dahinter. Ständig laufen bewaffnete Franzmänner die Reihe ab und bewachen die drei Schiffe.“

„Und was hat es damit auf sich?“ Walker wollte jetzt alles ganz genau wissen.

Odini berichtete nun so ausführlich wie möglich, ohne irgendein Detail auszulassen.

„Das ist ja ausgezeichnet, Matrose Odini! Für diese Auskunft bin ich dir wirklich sehr dankbar.“ Er holte einige Silberdollars aus seinem Beutel und gab sie ihm. „Dies ist nur für die Auskunft. Falls unsere Mission ein Erfolg wird, dann bekommst du einen doppelten Anteil. Du kannst jetzt gehen. Ruf mir bitte O’Neal herein!“

„Vielen Dank, Capt'n!“ Erfreut und stolz verließ Odini die Kapitänskajüte und suchte nach dem Zweiten Offizier. Er wusste, dass „Mission“ ein vom Captain gern gebrauchtes Wort für einen Beutezug war und dass jede Information, die zu solch einer Mission führen konnte, gern und reichlich belohnt wurde.

Kurze Zeit darauf meldete sich der Zweite Offizier.

„Was kann ich für Sie tun, Capt'n?“

„Rufen Sie sofort die Offiziere zu einer Missionsbesprechung zusammen und beauftragen Sie den Bootsmann, das Schiff zum Auslaufen klarmachen zu lassen.“

„Wir laufen schon aus?“

„Wir müssen uns beeilen. Odini soll als Ausguck alle Aktivitäten der drei Franzosen melden, er weiß Bescheid.“

 

Auf der Cougar wurde es äußerst regsam. Viele Matrosen enterten die strickleiterartigen Wanten auf, um die Segel zu setzen. Alles machte einen ziemlich hektischen Eindruck. Die Gig, die zuvor den Warpanker ausgebracht hatte, wurde an den Balken oberhalb des Heckspiegels hochgehievt.

Seeleute an Land hatten lachend den Kopf geschüttelt, als sie das Ausbringen des Warpankers beobachtet hatten. Der Wind von Land her wehend war so günstig, dass das Warpen absolut unnötig erschien. Man hatte diesen Vorgang für tölpelhaft gehalten, so dass er die Schiffsführung inkompetent erscheinen ließ. Ganz im Gegensatz zum vorherigen Eindruck, bekamen die Leute an Land jetzt aber eine absolut routinierte Mannschaft zu sehen, die völlig aufeinander eingespielt, schnell und koordiniert, das Schiff klar zum Ablegen machte. Auch das Einholen der Leinen geschah blitzschnell.

Schon nahm die Korvette, deren Segel sich bereits blähten und deren Warpanker gerade an der Bordwand hochgehievt wurde, Fahrt auf.

 

Kapitel 2: Die Cougar

Die Cougar pflügte mit gefüllten Segeln und gute Fahrt machend durchs Mittelmeer. Der Wind blies mit sechs Windstärken aus West, die See begann etwas grob zu werden und es bildeten sich bereits einige Schaumkronen. Am Himmel, der nur vereinzelte blaue Flächen freigab, zogen mächtige Wolken quer vorüber.

Captain Walker war gerade dabei, seinen täglichen Rundgang über sein Schiff zu machen, als er von den Matrosen, die auf dem Vorschiff gerade die Fockschoten durchsetzen, begrüßt wurde

„Tag, Capt'n! Der olle Kahn macht sicher seine zehn Knoten, nicht wahr?”

„Sicher! Macht weiter so Leute und lasst die Cougar springen! Das liebt sie. Außerdem ist Eile geboten.”

„Wohin segeln wir eigentlich?“

„Südwärts, nach Tripolis. Näheres werdet ihr später erfahren und nun macht weiter – und das mit dem ollen Kahn möchte ich überhört haben, sonst gibt's ein paar Tritte.”

„Klar Capt'n!” und „Sorry“, waren die etwas zerknirschten Antworten.

Walker ging weiter nach vorn bis zum Schanzkleid des Vordecks und blickte nach vorne. Es sah ganz so aus, als würde die Spitze des Klüverbaums, welcher den Bugspriet weit überragte, dem Schiff den Weg zeigen. Da die Korvette ziemlich stampfte, zeigten die dort gesetzten Dreieckssegel, Klüver und Vorstagsegel genannt, mal gen Himmel und gleich danach ins nächste Wellental tauchend direkt aufs Wasser. Das war ein Anblick den Walker liebte.

Die Cougar war ein flottes Schiff. Sie war eine gedeckte Korvette mit einer gesamten Rumpflänge von 38 Metern und war speziell für hohe Geschwindigkeiten entworfen. Leider war das schon fast 20 Jahre her. Heute hätte man schon Schwierigkeiten, einer modernen Fregatte davon zu segeln und gegen die schnellen Schebecken mit denen man es schon bald zu tun bekommen würde, hätte man bei vorlichem Wind überhaupt keine Chance.

Walker musste zugeben, dass die beiden Matrosen mit der abwertenden Bezeichnung „oller Kahn“ nicht ganz im Unrecht waren. 20 Jahre wären für ein Handelsschiff kein Alter, aber für ein Schiff, bei dem überlegene Geschwindigkeit Überleben bedeuten konnte und das darüber hinaus bei vielen Gefechten schon einige tiefe Narben hatte einstecken müssen, war solch ein Zeitraum viel.

Oft dachte Walker an sein neues Schiff, das er in Baltimore in Auftrag gegeben hatte und das bereits im Bau war. Diesmal würde es ein zweimastiger Kriegsschoner werden, nicht ganz so groß und so stark wie die Cougar, aber dafür das Schnellste, das die See je durchfahren haben wird.

Die Cougar hatte Walker 1798 kurz vor Beginn des nicht formell erklärten Seekrieges gegen die Franzosen für eine geringe Summe ersteigert. Die notwendigen Mittel dafür hatte Walker durch viel Glück zur Verfügung gehabt. Nachdem er wie viele andere auch nach dem Unabhängigkeitskrieg aus den Diensten der Navy entlassen worden war, hatte ihn seine Abenteuerlust in die Berge getrieben, um sich als Goldwäscher zu versuchen. Mit viel Fleiß und noch mehr Glück war er dann schneller als andere zu Geld gekommen. Die Sehnsucht wieder zur See zu fahren, hatte ihn dann aber dazu veranlasst, seine nautische Ausbildung wieder aufzunehmen, um doch noch zu einem Captainspatent zu kommen.

Die erbeutete britische Kriegssloop, die Walker ersteigert hatte, hatte die U.S. Navy während des Unabhängigkeitskrieges den Engländern als Prise abgenommen und dann, als das Schiff nur noch nutzlos herumgelegen war, zum Kauf angeboten. Damals war noch ein Messingschild am Großmast angebracht, auf dem „H.M.S. REVENGE - 1782 - PORTSMOUTH“ zu lesen war.

Danach hatte Walker sie in die Werft bringen, optisch etwas ändern und die Bewaffnung modifizieren lassen. Das Batteriedeck hatte verstärkt werden müssen, da zehn der 12-Pfünder Kanonen durch zehn 18-Pfünder ersetzt worden waren. Nun standen 20 Kanonen auf dem Batteriedeck. Die 18er und die 12er jeweils sich abwechselnd, wobei sich zwei Unterschiedliche jeweils gegenüberstanden, um binnenbords mehr Platz zur Verfügung zu haben.

Auf dem Oberdeck hatte er alle acht 6-Pfünder-Kanonen entfernen und durch sechs 24-Pfünder-Drehkarronaden ersetzen lassen. Diese hatten zwar eine geringere Reichweite, jedoch überwogen die Vorteile durch die fatale Wirkung auf kürzere Entfernung, das ähnlich geringe Gewicht und dem geringeren Bedarf an Geschützmannschaften. Für den Nahkampf konnten noch einige Drehbassen auf dem Schanzkleid entlang verteilt werden und auf den Marsen, den unteren Mastplattformen, auch noch jeweils zwei.

Das vormals weiße Unterwasserschiff hatte man mit Kupferplatten als Schutz gegen Bohrwürmer und Muschelbewuchs beschlagen lassen, was nun auch einer höheren Geschwindigkeit zugutekam.

All die Modifikationen hatten die ehemalige Sloop fast zu einer kleinen Fregatte aufgewertet, wobei die Bezeichnung „Korvette“ schon eher passte. Seit diesem Umbau prangte ein geschnitzter, sehr aggressiv aussehender Puma am Vorsteven, der aussah, als würde er jeden Augenblick losspringen – daher der Name Cougar.

 

Plötzlich kam Walker eine Idee. Nicht weit von ihm sah er den Kadetten Jim Henson stehen, dem er barsch zurief: “Komm her, Kadett!”

„Aye, Capt'n?”

„Lass von ein paar Matrosen die Fugen der Stückpforten zukalfatern und mit Farbe überstreichen. Bis wir in Tripolis ankommen, muss die Arbeit erledigt sein.”

„Aye, Capt'n! Wozu bitte, wenn ich fragen darf?”

„Die verdammten Barbaren erwarten ein Handelsschiff – dann sollen sie auch eins zu sehen bekommen, so dass bei den verdammten Muselmanen möglichst kein Verdacht aufkeimt.“

„Und die Karronaden, Capt'n?”

„Vor allem die müssen auch noch mit Persenningen verhüllt werden und ich hoffe, dass kein stinkender Kameltreiber mit seinen schmutzigen Füßen unser Schiff betreten wird.”

„Und falls doch?”

„Auch Handelssegler haben zur Verteidigung ein paar Waffen. Damit müssen die klarkommen, sonst gnade ihnen Gott!”

 

Walker war sehr zuversichtlich. Der Plan, an die Lösegelder der Franzmänner zu kommen, hatte die Würze, die ihm zusagte und war bestens durchdacht. Ein Überfall in Neapel wäre schon zu wahnwitzig gewesen und die ursprüngliche Idee, drei Schiffe auf See anzugreifen, hatte man schnell verworfen. Die Erfolgsaussichten wären nahezu aussichtslos. Deswegen hatte man sich entschlossen, direkt nach Tripolis zu segeln. Man hatte einen Frankokanadier an Bord, Lieutenant Luis Colbert. Der würde die Verhandlungen mit dem Hafenmeister führen und einer seiner Matrosen, Fritz Hollmann, war bereits 1803 in Tripolis gewesen. Damals hatte eine amerikanische Brigg auch Amerikaner gegen Lösegeld freigekauft. Kurz danach hatte ein amerikanisches Geschwader dann Schiffe im Hafen von Tripolis versenkt. Dieser Matrose konnte sich noch gut daran erinnern und deswegen auch eine recht detaillierte Skizze des Hafens von Tripolis anfertigen. Auch wie so eine Übergabe abläuft, konnte der Matrose Hollmann ziemlich genau erklären. Da Walker und seine Offiziere davon ausgingen, dass es auch diesmal so ähnlich ablaufen könnte, war man in der Lage, sich weitgehendst gut darauf vorzubereiten.

Eine gute Vorbereitung war das A und O einer Mission. Erfolge zu erzielen mit geringstmöglichem Risiko oder volles Risiko bei außerordentlichen Chancen. Doch die Erfolgsaussichten und die zu erzielende Beute sollten das Risiko schon wert sein.

Es wurde auch höchste Zeit, endlich wieder Beute zu machen. Das Geschäft ging nicht mehr so gut seit 1801 der Seekrieg mit Frankreich beendet wurde. Damals hatte auch der Kaperbrief im Kampf gegen die Franzosen noch seine Gültigkeit gehabt und die Cougar konnte guten Gewissens gegen den Feind eingesetzt werden.

Der Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer hatte schon Jahre zuvor ein Ende genommen. Gegen die hatte er am liebsten gekämpft – damals, als er noch Lieutenant bei der Navy war. Er hasse die Engländer. Diese Schweine hatten während des Krieges seine junge, wunderschöne Frau und sein Baby, die kleine Melanie erschossen. Nur weil sie gerade vom Marktplatz kommend, genau auf der Straße gegangen waren, wo Engländer in Häusern lauernd auf amerikanische Soldaten geschossen hatten – feige und hinterhältig. Seine Frau mit dem Kind waren nur zufällig in die Schusslinie geraten. Vollkommen unschuldig, vollkommen wehrlos. Rache! – Rache hatte er geschworen.

Die Einsätze bei der Marine waren dann genau das Richtige für ihn und jedes durchlöcherte Segel, jeder gebrochene Mast und erst recht jedes gesunkene feindliche Schiff hatten sein Herz triumphieren lassen. Die Schreie der Verwundeten und der Sterbenden hatten ihm Genugtuung verschafft. So hätten dann die Seeschlachten gegen die Engländer seine seelischen Wunden langsam genesen lassen, wenn dann nicht so bald die Engländer die amerikanische Unabhängigkeitserklärung unterzeichnet hätten, die letztendlich zum Frieden geführt hatte – zu früh.

Walker fühlte sich nicht als Pirat. Er wollte keine Unschuldigen überfallen und erst recht nicht töten. Als Patriot wollte er auch den Frieden, den sein Land geschlossen hatte, einhalten. Gleichzeitig war die Sehnsucht, Engländer zu jagen, immer noch da.

Die Besatzung wurde schon langsam ungeduldig. Es hatte schon seit geraumer Zeit keine beachtenswerten Erfolge mehr gegeben. Den Handel, den man so nebenbei betrieb, befriedigte weder die Abenteuerlust seiner Leute noch die Gier nach Reichtum. Besonders die Halsabschneider von der brutalen Sorte unter der Mannschaft erwarteten ungeduldig Beute. Wenn sie noch länger ohne Erfolg blieben, könnten diese Männer Unruhe stiften, Zweifel am Mut und am Führungsstil des Captains sähen, seine Autorität untergraben – meutern.

 

Nun war es an der Zeit, die ganze Besatzung an Deck antreten zu lassen, um die Mission zu erläutern und die Mannschaft in Aufgabengruppen zu unterteilen. Anschließend sollte der Drill erfolgen, der während der Überfahrt mehrmals wiederholt werden sollte.

Wenn Odini alles richtig verstanden hatte, wenn dieses leichte Mädchen die Wahrheit erzählt hatte, und vor allem, wenn das alles der Wahrheit entsprach, was dieser versoffene Franzose der Hure erzählt hatte und sich nicht etwa mit Seemannsgarn erzählen wichtig gemacht hatte, dann war die Zeit für einen Triumph gekommen.

 

Kapitel 3: In der Höhle des Löwen

„Land in Sicht!“, rief der Ausguck von der Vormars.

„Du hast gute Augen, Junge!“, brüllte der Bootsmann zurück.

Von Deck aus sah man nur ein dunstiges Braun über der Kimm. Der Wind ließ jetzt immer mehr nach und die Wolkendecke, die es all die letzten Tage während der Überfahrt gegeben hatte, löste sich nun langsam auf, als man sich dem afrikanischen Kontinent annäherte. Trotzdem war es an diesem frühen Morgen noch etwas diesig. Die Hitze begann aber bereits unangenehm zu werden.

Als man vom Atlantik herkommend die Meerenge von Gibraltar durchfahren hatte, hatte sich Afrika, das viele von ihnen zum ersten Mal in ihrem Leben erblickt hatten, ganz anders dargestellt. Dort war die Küste schroff und von hohen Bergen umgeben.

Hier, viel weiter im Osten des Kontinents im Norden des Staates Tripolitanien war das Land bereits abgeflacht und höchstens 100 Meter hoch. Jetzt ließ sich schon etwas mehr vom Land erkennen, das einen ziemlich kargen Eindruck machte und nur spärlich grün bewachsen war. Sanddünen, die Walker eigentlich erwartet hatte, waren aber nicht zu erkennen.

Bald würde man sich dem Hafen der Landeshauptstadt Tripolis nähern. Die Nervosität unter den Leuten stieg spürbar an. In diesen Hafen, direkt in die Höhle des Löwen würde man noch heute einlaufen.

Zum Glück hatte es während der ganzen Fahrt bis jetzt keine Schwierigkeiten gegeben. Weder als man in relativer Nähe Sizilien passiert hatte noch hier an der afrikanischen Küste, die sehr gefürchtet war. Bis jetzt hatte man keine der schnellen Schebecken gesichtet, nur ein einzelnes Lateinersegel von einer Dhau, vermutlich das eines Fischers, hatte man erblickt. Hoffentlich blieb es dabei. Ansonsten hätte man die Stückpforten, die man zuvor zukalfatert und überstrichen hatte, wieder aufbrechen müssen. Das ginge zwar mühelos und schnell, jedoch wäre dann all die Arbeit umsonst gewesen.

 

„Wo werden wohl die drei Franzmänner sein?“, fragte Bootsmann Bob Kelly den Zweiten Offizier O’Neal.

„Die haben wir weit hinter uns gelassen – da gibt's keine Zweifel. Als wir in Neapel ausgelaufen sind, waren die erst dabei, ihre Schiffe zu beladen. Außerdem waren wir recht flott unterwegs. Die Franzosen müssen sich nach dem Langsamsten richten, wenn sie im Verband segeln wollen.“

„Das müssen sie ja wohl. Sonst hätten wir die Normandie direkt auf See aufs Korn nehmen können.“

 

Weit im Hintergrund stand die große maurische Zitadelle, welche Stadt und Hafen Schutz bot. Trotzig sah man das Spanische Fort mit seinen massiven Türmen und den typischen, nach oben hin spitz zulaufenden Zinnen rechts von der Hafeneinfahrt stehen. Links von der Hafeneinfahrt stand ein quadratischer Turm mit ähnlichen Zinnen. Der Turm sah ziemlich lädiert aus und war mit einem Baugerüst umgeben. Das also war der Turm der Sperranlage. Tauwerk lag am Fuß des Turms zuhauf und ungeordnet herum. Von einer Sperrkette jedoch war nichts zu erkennen.

Jetzt als man näher herankam, konnte man auch erkennen, dass ein Turm nahe der Hafeneinfahrt teilweise eingerüstet war. Auf der Wehrmauer stand ein hölzerner Kran, dessen Flaschenzug zu einem darunterliegenden Kanonenrohr führte, das schräg nach unten mündend zwischen den Zinnen lag. Einige Zinnen daneben zeigte ein anderes Kanonenrohr steil himmelwärts, so als wollte es die Mövenschar, die gerade über der Festung schwirrte, bedrohen. Auch das Mauerwerk war ziemlich beschädigt. Glücklicherweise besonders in der Höhe der Brüstung, wo die Kanonen, welche die Einfahrt sichern sollten, standen.

Walker war erleichtert. Die italienische Zeitungsmeldung stimmte aufs Wort. Auch das Hafenbecken sah exakt so aus, wie es der Matrose Hollmann skizziert hatte. Ein gutes Omen. Die Fregatte U.S.S. Constitution und ihr Geschwader hatten gründliche Arbeit geleistet.

 

Mutig durchsegelte die Cougar mit ihrer tapferen Besatzung die Hafeneinfahrt. An der Besangaffel flatterte munter die französische Trikolore. Außer an den Drehbassen in den Marsen konnte keiner der Einheimischen, die das Einlaufen neugierig beobachteten, erkennen, dass es sich bei dem fremden Schiff um ein gut bewaffnetes Kriegsschiff handelte. Außerdem war es auch nichts Ungewöhnliches, wenn ein Handelsschiff eine gewisse Defensivbewaffnung mit sich führte.

 

„Soll ich jetzt das Segelbergen kommandieren, Capt'n?“, wollte Bob Kelly wissen.

„Ja, machen Sie das! Das Anlegemanöver kommandiere ich heute jedoch selbst.“

„Aye, aye, Capt'n! Klar zum Segelbergen! Klüver, Bramsegel und das Besan bleiben noch oben! Jetzt aber schnell Männer! Hurtig, hurtig!“, brüllte er mit lautstarker Stimme.

Die Matrosen sprangen in die Wanten und enterten eiligst auf, während sich die Männer an Deck auf alle Geitaue und Gordinge verteilten, um die Segel einzuholen.

Schon rauschten die Stagsegel nach unten und die Segelfläche der Rahsegel verkleinerte sich rasch.

Langsamer werdend und mit verminderter Segelfläche vorangetrieben

näherte sich die Cougar der Kaimauer dieser orientalischen Stadt.

Jetzt sah man schon deutlich die lehmfarbenen, einfach gebauten Häuser, eine Moschee, die sich in ihrer weißen Pracht und dem hohen Minarett deutlich davon abhob und einige mit Ornamenten reich verzierte Prachtbauten. Eine ganze Schar exotisch wirkender Menschen mit flatternden Gewändern sah man, wohin man auch blickte. Die meisten blieben stehen und begafften das einlaufende Schiff.

„Anluven, drei Strich Steuerbord!”, kommandierte Walker dem Rudergänger das Kommando selbst übernehmend.

„Drei Strich Steuerbord, aye, aye, Sir!” bestätigte der Rudergänger, der zusammen mit einem zweiten Mann das Ruderrad geschwind nach Steuerbord drehte.

„Bramsegel anbrassen!”, rief Walker.

„Bramsegel anbrassen!”, wiederholte der Bootsmann mit seiner rauen Stimme, die lauter war als die des Captains.

Kelly stand neben dem Großmast und überwachte das Manöver. Die Matrosen, die an den Mastgärten bereitstanden, holten die Bramsegelbrassen backbords dicht, während die Brassen steuerbords aufgefiert wurden. Alles lief sehr routiniert ab.

Walkers Absicht war es, in dem geräumigen Hafen so viel Höhe wie möglich gutzumachen, um später beim Auslaufen jedes Kreuzen vermeiden zu können. Vom schnellen Auslaufen hing das Gelingen der Mission ab, weswegen alles penibel geplant war.

 

Zum Glück waren nicht allzu viele Schiffe im Hafen. Nach dem Passieren der Einfahrt hatte Walker sofort die drei Schebecken, die geschützt unterhalb der Zitadelle lagen, gesehen. Sie schienen aber nicht bemannt zu sein. Hier, im Inneren des Hafens lagen noch ein paar Dhauen sowie Feluken und in einer entfernteren Ecke noch einige kleine Fischerboote. Die Kaimauer war weitestgehend frei.

Besser könnte es gar nicht sein, dachte sich Walker sichtlich erleichtert.

„Klüver dichtholen! Bramsegel und Besan bergen – und zwar flott!“, brüllte Walker mit steigender Unruhe.

Das Anlegemanöver würde äußerst diffizil werden. Der Bootsmann wiederholte die Kommandos, während die Offiziere alles im Auge behielten, bereit, um bei jeder Verzögerung oder unsachgemäßen Ausführung sofort einschreiten zu können.

„Klüver dichtholen!“, befahl Walker nach vorn und dann an die Rudergänger gewandt, „klar zum Halsen!“

„Sind klar, Capt'n!“

„Ruder hart Backbord!“

„Aye!“

Die Cougar, immer noch Fahrt machend, drehte träge herum, sodass das Heck dem Wind zugewandt war.

„Klüver auffieren. Recht so!“

Die letzten zwei Segel fingen an zu schlagen und konnten nun geborgen werden.

„Runter mit den Klüvern und Ruder mittschiffs!“, kommandierte Walker.

 

Auch das Bergen der letzten Segel war schnell geschehen. Immer langsamer werdend, näherte sich das Schiff der Kaimauer, die glücklicherweise sogar vor dem Wind segelnd, genügend Platz zum Anlegen bot.

Obwohl alles reibungslos funktionierte, gab es beim fachkundigen Publikum an Land wieder abwertendes Kopfschütteln – wie schon beim Ablegemanöver in Neapel. Selbst der kleinste Fischerjunge wusste doch: Das Anlegen erfolgt immer gegen den Wind.

Was sind das nur für Seeleute, diese Ungläubigen, diese Franzosen, dachten sich die Zuseher.

Und wieder täuschten sich die Zuseher. Trotz der peinlichen Blamage – Walker konnte sich denken, was man so von ihm hielt – war es wieder reine Taktik, welche die Chance auf Erfolg nur verbessern würde. Dafür konnte man ein wenig Spott einstecken.

Mit dem restlichen Schwung, den die Cougar jetzt noch draufhatte, näherte sich die Korvette der Kaimauer. Wie in den Häfen üblich, standen schon einige Gestalten bereit, um die Wurfleinen zu übernehmen. Hier war das nicht anders als irgendwo sonst auf der weiten Welt. Schon wurde die Wurfleine am Heck geworfen, geübt aufgefangen und durchgeholt. Ein zweiter Mann half, die schwere Achterleine überzuholen, um sie dort an Land festzumachen. Bis es so weit war, trieb die Cougar gemächlich weiter, nur noch vom Westwind sachte angeschoben, da die Segel bereits geborgen waren.

Viele Neugierige säumten den Kai, die meisten in lange wallende Gewänder gehüllt, aber es schien dennoch so, als wäre es nicht das erste Mal, dass ein nordisches Schiff hier im Hafen liegen würde.

 

Nun nahm alles seinen geplanten Lauf: Luis Colbert, der Frankokanadier war bereit, als erster an Land zu gehen, um Kontakt mit dem Hafenmeister aufzunehmen. Lieutenant Colbert sollte die Rolle eines Ersten Offiziers einnehmen, da weder der Captain noch ein anderer Offizier des Französischen mächtig waren. Durch seine französische Abstammung, die man an den dunklen Augen, fast schwarzem lockigem Haar und Spitzbart erkannte, machte er einen absolut glaubwürdigen Eindruck. Sowohl als Franzose, als auch als Erster Offizier.

Vier Fässer standen Steuerbords bereit, um an Land gehievt zu werden und man war schon dabei, das Ladegeschirr klarzumachen. Die Genehmigung, Frischwasser bunkern zu dürfen, würde man schon bekommen. Falls die Genehmigung jedoch verweigert würde – man konnte schließlich nicht wissen, wie diese muselmanischen Kameltreiber reagieren würden – müsste man sich für diesen Teil des Plans etwas anderes einfallen lassen.

Am Heck machten sich Matrosen klar, die Gig ins Wasser zu bringen. Wie schon in Neapel durchexerziert, sollte das Beiboot den rechtwinklig zum Bug versetzen Warpanker in einer halben Kabellänge Entfernung auf den Grund des Hafens setzen. Allzu lange würde dies nicht dauern. Unmittelbar danach würde man die Gig wieder zurück an ihren Platz über dem Heck bringen. Die reinste Routine für eine eingespielte Mannschaft.

Luis Colbert überschritt zusammen mit dem Matrosen Claude Valier die Gangway. Auch der Matrose, dessen Großeltern aus Frankreich nach Amerika ausgewandert waren, sprach französisch.

Beide waren nervös. Keiner der beiden hatte jemals Umgang mit solch fremd wirkenden Muselmanen gehabt. Wie würden sich diese Barbaren ihnen gegenüber als Franzosen verhalten? Wie würde die Kontaktaufnahme mit dem Hafenmeister verlaufen? Lauter offene Fragen. Das einzig trügerische Gefühl war nur da, weil sie wussten, dass man sich bereits jetzt an Bord ihres Schiffes auf eine Schießerei vorbereitete und die Musketen sowie Drehbassen schon geladen waren. Doch nichts Dergleichen war von Land aus zu sehen. Nachdem beide fast synchron noch einen Blick zurück auf ihr Schiff geworfen hatten, schritten sie scheinbar selbstsicher voran.

Nach dem Hafenmeister mussten sie nicht lange suchen. Eine wichtigtuerische Person mit einem Turban auf dem Kopf, farbigen Pumphosen, einer seidenen Schärpe, in der ein breiter Säbel steckte, und einem dunkelblauen Umhang kam in Begleitung von vier bewaffneten Männern zielstrebig auf sie zu. Da die vier Männer nahezu gleich bekleidet waren, konnte man davon ausgehen, dass es sich entweder um Soldaten, Polizisten oder um Männer der Stadtgarde handeln musste. Colbert hoffte, dass diese Männer keinen Fuß auf die Planken der Cougar setzen würden. Walker hatte ihm aufgetragen, die Gespräche unverzüglich aufzunehmen, weshalb man sich auch so beeilt.

„Bon jour, Monsieur Capitaine! Wir haben sie schon erwartet. Mein Name ist Yussuf Akir. Ich bin der Hafenmeister.“

Die Stimme klang äußerst autoritär und genauso unfreundlich wie Colbert es erwartet hatte.

„Bon jour, Monsieur Yussuf Akir, ich bin Luis Colbert, der Erste Offizier der Normandie“, log er, nicht wissend, ob nun Yussuf oder Akir, der Familienname war.

 

Sicherheitshalber hatte der Schiffszimmermann Holztafeln mit der Aufschrift Normandie angefertigt, womit der wahre Schiffsname überdeckt wurde. Man konnte schließlich nicht wissen, ob man hier nur irgendein französisches Handelsschiff oder tatsächlich die Normandie erwarten würde.

„Ich hätte eigentlich den Monsieur Capitaine persönlich sprechen wollen“, erwiderte Yussuf Akir mit fordernder Stimme.

„Der Capitaine lässt sich entschuldigen. Gleich nach dem Anlegen hat er sich in seine Kajüte verkrochen. Er ist ziemlich betrunken!“

„Ah, jetzt wird mir alles klar. Ich hab‘ mich schon gewundert. Solch ein unseemännisches Anlegemanöver bekommt man nicht alle Tage zu sehen. Ein Capitaine, der vor dem Wind anlegen lässt, wird bei uns zum Deckschrubben degradiert“, lachte der Hafenmeister zynisch. „Mir scheint aber, dass die Mannschaft besser ist als ihr Schiffsführer. Außerdem habe ich den Eindruck, dass ihr es ziemlich eilig habt“, meinte Yussuf Akir etwas misstrauisch.

„Das stimmt Monsieur. Ich habe die Order, so bald wie möglich wieder auszulaufen. Wir möchten noch bevor es dunkel wird, auf hoher See sein.“

„Ihr scheint uns nicht zu trauen? Ihr Franzosen scheint nicht gerade die Mutigsten zu sein.“

„Haben wir Grund, euch zu trauen Monsieur?“, fragte Colbert und dachte sich, Ihr werdet euch noch wundern, ihr räudigen Kameltreiber.

„Lassen wir das! Kommen wir besser zum geschäftlichen Teil. Haben Sie die geforderten Gelder mitgebracht? Und Gold, Schmuck?“

„Ja, wir haben alles. Es war aber nicht leicht, so viel aufzutreiben. Jetzt möchte ich aber wissen, wie es um die Geiseln steht?“

„Wie bezeichnen Sie denn unsere Gäste? Alle sind wohlauf – zumindest die Wohlhabenden. Vielleicht etwas schmutzig, aber sonst sind sie bestens gefüttert worden.“

„Und was ist mit den anderen?“, fragte Colbert neugierig.

„Die sind es nicht wert, ausgelöst zu werden. Die machen sich bei uns nützlich. Heutzutage kann man nie genügend Leute zum Rudern haben, nicht wahr? Unsere Schebecken haben Sie sicherlich schon bewundert“, sprach der Hafenmeister immer zynischer werdend. „Ich möchte nun aufs Schiff und eure Auslöse kontrollieren.“

„Lassen Sie zuerst die Geiseln bringen. Sobald ich die ersten kommen sehe, lasse ich die Kisten vom Schiff aufs Land bringen. Wie lange wird es dauern, bis die Leute hier sind?“

„Unsere Gäste sind bereit zur Abreise. In zehn Minuten haben Sie die Leute.“

Yussuf Akir machte nur einen einzigen Wink zu einem der Leute seiner Garde, der dann unverzüglich losmarschierte und kurz darauf in einer engen Gasse verschwand. Gleichzeitig schickte Colbert den Matrosen Valier los, um an Bord Bescheid zu sagen.

„Übrigens, was soll das da mit den Fässern, die ihr da am Kai abladet?“, wollte der Hafenmeister autoritär wissen.

„Wir müssen Trinkwasser bunkern. Mit Verlaub, Ihr werdet uns doch dies, nicht verwehren wollen. Mit den zusteigenden „Gästen“, wie Sie diese Menschen nennen, brauchen wir eine Extraration Wasser.“

„Selbstverständlich, macht ruhig weiter, doch Sie müssen verstehen, dass pro Fass eine kleine Gebühr zu entrichten ist. Sagen wir mal 50 Centimes je Fass.“

„Für diesen Preis müsste man eigentlich guten Wein bekommen!“, protestierte Colbert.

„Hier im Norden Afrikas ist Wasser kostbarer als Wein, den wir Gläubige sowieso nicht trinken dürfen.“

Damit hatte das Gefeilsche nun ein Ende.

 

In der Zwischenzeit war man auf der Cougar nicht untätig gewesen. Der Warpankere war schon ausgebracht worden und die Gig wurde bereits unterm Heck zum Wiederhochhieven klargemacht.