Reclams Namenbuch - Friedhelm Debus - E-Book

Reclams Namenbuch E-Book

Friedhelm Debus

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Beschreibung

Wie nennen wir unser Kind? Leon oder Luca, Anna oder Nicole? Woher kommt der Name Frauke? Ist Heilwig ein männlicher oder ein weiblicher Vorname? Seit langem ist "Reclams Namenbuch" ein verlässlicher Ratgeber und Helfer bei der Beantwortung dieser und ähnlicher Fragen, und die Neuausgabe ist jetzt auch äußerlich absolut babyzimmertauglich.

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Seitenzahl: 160

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Friedhelm Debus

Reclams Namenbuch

Deutsche und fremde Vornamennach Herkunft und Bedeutung erklärtVon Friedhelm Debus

Reclam

 

Alle Rechte vorbehalten

© 2014 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

Gesamtherstellung: Reclam, Ditzingen

Made in Germany 2014

RECLAM, UNIVERSAL-BIBLIOTHEK und RECLAMS UNIVERSAL-BIBLIOTHEK sind eingetragene Marken der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN: 978-3-15-960452-7

ISBN der Buchausgabe: 978-3-15-019197-2

www.reclam.de

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Die Bedeutung des Namens für den Menschen

»Name« und »Wort«

Namengebung und Motive bei der Namenwahl

Namengebung und Namenrecht

Zur Namengeschichte

Abkürzungen und Zusatzzeichen

Namenlexikon

Männliche Vornamen

Weibliche Vornamen

Literaturhinweise

Hinweise zur E-Book-Ausgabe

Vorwort

Der Name für eine Person besteht aus zwei Bestandteilen: dem oder den Vornamen und dem Nachnamen. Der Nachname kennzeichnet die Familienzugehörigkeit, er ist der Familienname. Während dieser Familienname dem Neugeborenen bereits in die Wiege gelegt ist, gilt es, für das Kind einen oder mehrere Vornamen auszuwählen und diese(n) in einem besonderen Namengebungsakt (Taufe oder Eintrag ins Geburtenbuch) bleibend zuzusprechen. Vornamen, von denen einer Rufname ist, sind die eigentlichen persönlich-individuellen Namen. Offiziell-rechtlich bilden Vor- und Familienname in je festgelegter Schreibung zwar eine gültige Einheit zur Identifizierung einer Person, doch inoffiziell spielt der Familienname oft keine Rolle, er ist gelegentlich sogar nicht einmal bekannt. Dann ist allein der Rufname wichtig, häufig in verschiedenen Varianten. Die vorherrschende Rolle des Rufnamens zeigt sich etwa in der umgangssprachlichen Redewendung: »Wie heißt du, und wie schreibst du dich?«, oder darin, dass noch im 18. Jahrhundert Schüler- und Studentenverzeichnisse die Namenträger nach ihren Vornamen ordnend auflisteten. In dieser Verwendung lebt die ursprüngliche Namenpraxis fort, als noch keine Familiennamen existierten. Diese entwickelten sich seit dem 12. Jahrhundert zusätzlich zu den eigentlichen Personennamen zur genauen Identifizierung aus ursprünglich zugefügten Beinamen. Erst seit diesem Zeitpunkt können wir von Vornamen sprechen.

Wie bedeutsam die »richtige« Wahl eines Vornamens ist, wird jedem/jeder spätestens dann bewusst, wenn eine solche Wahl zu treffen ist. Das ist kein Spiel, sondern ein ernst zu nehmender, verantwortungsvoller Vorgang. Die folgende Einleitung führt das, besonders mit Blick auf das zu benennende Kind, näher aus und weist auch kritisch auf Entwicklungen hin, wie sie gerade in unserer Zeit zu beobachten sind. Die große Fülle der möglichen Namen einerseits und das vermeintlich uneingeschränkte Recht auf freie Namenwahl andererseits erschweren entweder die Wahl oder können zu eher abwegigen Namenwünschen führen. Da kann nicht eindringlich genug darauf hingewiesen werden, dass das Recht auf Namengebung auch die Pflicht zur sorgfältig abwägenden, das Wohl des Kindes im Auge behaltenden Namenwahl nach sich ziehen sollte. Die Namengeber legen ja den Namen in der Regel endgültig fest, den das Neugeborene künftig tragen wird, mit dem es sich identifizieren muss, der für es und für den es stehen wird in seinem Leben. Viele, nicht zuletzt die der Sprache besonders verpflichteten Dichter haben dies bestätigend-mahnend hervorgehoben. So schreibt Theodor Storm in seiner Novelle Viola tricolor (1873): »[…] es ist nicht einerlei, mit welchem Namen die Kinder sich gerufen hören!« Und anlässlich einer Taufe dichtet er 1850:

Bedenk es wohl, eh du sie taufst!

Bedeutsam sind die Namen;

Und fasse mir dein liebes Bild

Nun in den rechten Rahmen.

Denn ob der Nam’ den Menschen macht,

Ob sich der Mensch den Namen,

Das ist, weshalb mir oft, mein Freund,

Bescheid’ne Zweifel kamen;

Eins aber weiß ich ganz gewiß,

Bedeutsam sind die Namen!

Es ist daher wichtig, Namensuchenden alle erdenkliche Hilfestellung anzubieten. Das möchte Reclams Namenbuch tun. Doch auch allen, die über Herkunft und Bedeutung des eigenen oder anderer Namen verlässliche Auskunft suchen, möchte das Namenbuch zu Diensten sein.

Reclams Namenbuch (hrsg. von Friedhelm Debus) hat seit 1987 solch praktischen Zwecken gedient. Nun wird bei gleicher Zielsetzung eine überarbeitete Fassung vorgelegt, die der in vielerlei Hinsicht veränderten Namenwelt Rechnung trägt. Das deutschsprachige Gebiet hat auf Grund seiner zentraleuropäischen Lage immer wieder Wort- und Namenmaterial aus umgebenden fremden Kulturen übernommen, zuweilen wellenartig. In der Gegenwart kommen nicht nur durch den Zuzug von Angehörigen anderer Kulturen, sondern zunehmend auch durch die Globalisierung sowie durch die Medien und die große Mobilität (etwa Reisen) zahlreiche Namen fremder Herkunft ins Spiel. Unsere Namenwelt ist international geworden. Da sind viele europäische und außereuropäische Sprachen betroffen, vor allem aber nach 1945 das Englische und Angloamerikanische; nicht von ungefähr wird die Frage, ob und wie viele Anglizismen toleriert werden sollten, gegenwärtig heftig diskutiert. Neben den Fremdeinflüssen gibt es aber auch den Namenschatz erweiternde heimische Entwicklungen, so durch Neubildungen nach altem zweigliedrigem Muster (z. B. Bringfriede, Schwerthelm), Kombination von Namengliedern (z. B. Helmfried aus Wilhelmine und Siegfried) oder Verschmelzung von Namenelementen (z. B. Jama aus Jakob und Maria, Hajo aus Hans und Joseph oder Joachim); vor allem begegnen viele Kurz-, Kose- und Lallformen von bestehenden Namen (z. B. Gabi, Netti, Heinzel, Dodo, Lulu), dazu abgeleitete Namen (z. B. Rolanda, Eberhardine, Katrinus) oder Kombinationen aus verschiedenen Namen zu Doppelformen (z. B. Marlene, Hansjörg). Vornamen aus dem großen Schatz der Familiennamen, geographischen Namen und dem gängigen Wortschatz sind nach deutschem Namenrecht prinzipiell nicht mehr zulässig. Eine *Köhlerine nach dem Muster Blücherine oder *Berlinie nach Sedanie (Schlacht bei Sedan 1870) sind also unmöglich, wie etwa auch Barmherzigkeit oder Kanzler. Während z. B. Bierstübl als Namenwunsch gerichtlich abgelehnt wurde, ließ das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht 1998 Prestige und 2003 Emilie-Extra gegen das Votum der Standesbeamten zu. Eine vergleichsweise unproblematische Ausnahme bilden die Vornamen nach Blumenbezeichnungen, insbesondere für Mädchen. So sind zu den älteren wie Viola, Rosa weitere hinzugekommen (z. B. Iris, Jasmin). Ilex als Jungenname wurde freilich abgelehnt.

Im vorliegenden Namenlexikon konnten nicht alle vergebenen oder vorhandenen Vornamen aufgenommen werden. Das hätte den Umfang enorm erweitert bzw. gesprengt. Selten oder vereinzelt vorkommende Namen wurden nicht berücksichtigt (z. B. Olympia/Olimpia, die 1972 und 1974 in München vergeben wurden). Von Doppelformen, neuen Kombinationen oder Verschmelzungen sind nur die geläufigen aufgelistet; hierbei können entsprechend den erwähnten Bildungen immer wieder neue Formen konstruiert werden. Vor allem sind Kurz- und Koseformen sowie kindersprachliche Formen nur dann verzeichnet, wenn es sich um eingebürgerte, im Wortsinne eintragbare Namen handelt. Namengeber sollten bei der Wahl solcher Namen vorsichtig sein, da nicht alle damit Benannten später mit derartigen eher intimeren Formen auch offiziell geführt werden möchten. Regionaltypische Namen sind nicht beiseite gelassen worden (z. B. niederdeutsches Telse für Elisabeth, friesisches Offe/-o für Namen mit Ot- oder alemannisches Birk für Burkhard). Regionale Unterschiede zeigen jedoch, je mehr man sich der Gegenwart nähert, die zunehmende Tendenz zum überregionalen Ausgleich.

Wenn auch ältere, heute nicht mehr vergebene Vornamen verzeichnet sind (z. B. Egmont, Kriemhild), so ist dies deshalb geschehen, weil solche Namen immer noch begegnen (z. B. bei älteren Namenträgern oder in der Literatur) und deren Erklärung erwünscht sein mag. Außerdem bilden gerade diese Namen ein Reservoir, aus dem bei der Namenwahl erneut geschöpft werden kann. Das betrifft insbesondere (alt)deutsche Rufnamen. Gelegentlich werden sie ja heute durchaus wieder vergeben, insbesondere für Jungen (Heinrich, Friedrich).

Das Namenlexikon verzeichnet in alphabetischer Ordnung die männlichen und weiblichen Vornamen je gesondert und notiert zunächst die orthographisch gültige Form. Bei fremdsprachigen Namen ist in der Regel die Aussprache hinzugefügt (s. die Hinweise zur Lautumschrift). Es folgen dann in gebotener Kürze Angaben zur sprachlichen Herkunft, wobei Bindestrichnotierungen (z. B. »griech.-lat.«) die Entwicklung eines Namenstammes oder die zwischensprachliche Einheit (z. B. »nd.-fries.«) andeuten sollen. Die ursprünglichen Wortformen wurden aus Raumgründen allerdings ausnahmslos nur bei den heimischen Namen beigefügt. Die Bedeutungsangaben sind möglichst knapp gehalten. Sie notieren die Bedeutungen der einzelnen Namenglieder und bei älteren mehrgliedrigen Namen keine unbeweisbaren Inhaltskonstruktionen, wie das früher gerne getan wurde (z. B. Siegfried ›durch Sieg zum Frieden‹ oder ›der siegreiche Schützer‹). Sehen wir von reinen Phantasienamen ab, können wir als gesicherte Erkenntnis wiederholen, was schon der Begründer der deutschen Sprachwissenschaft, Jacob Grimm, 1839 schrieb:

Alle eigennamen sind in ihrem ursprung sinnlich und bedeutsam: wenn etwas benannt wird, muß ein grund da sein, warum es so und nicht anders heißt. Allein diese bedeutung galt für die zeit des ersten nennens und braucht nicht zu dauern; der name wird leicht und bald zur abgezognen bezeichnung, deren man sich fort bedient ohne sich ihres anfänglichen gehalts zu erinnern. Bei dem häufigen erbleichen und verdunkeln der eigennamen ist also große vorsicht anzuwenden, wenn man sie recht erklären will […].

Wir haben uns bemüht, der Empfehlung Grimms nach den heute erreichten sprachwissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung zu tragen. Gleichwohl kann oft bei einigen sehr alten Namen die ursprüngliche Bedeutung nicht mehr festgestellt werden. Die Geschichte der Namen reicht weit zurück, so dass gelegentlich die Namenursprünge im Dunkel der Vergangenheit verborgen bleiben. Diese Vergangenheit reicht in die Gegenwart hinein. Reclams Namenbuch als modernes Lexikon versteht sich auch als Teil dieser faszinierenden Geschichte.

Einleitung

Die Bedeutung des Namens für den Menschen

Wir leben in einer Welt voller Namen. Sie umgeben uns auf Schritt und Tritt. Namen sind je einzelnen Objekten und Lebewesen eigen, sind Eigennamen. Diese Tatsache ist schon in der Antike mit dem Begriff nomen proprium umschrieben worden. Namen haben also individuierende Funktion, und sie dienen sowohl der Orientierung als auch vor allem der Identifizierung. Während Objekte und mit gewisser Ausnahme Orte bzw. Siedlungen auch ohne Namen existieren können, gilt das nicht für Menschen. Es gibt keinen Menschen, der namenlos wäre. Sobald ein Mensch geboren wird, bekommt er alsbald einen Namen. In der germanischen Rechtspraxis galt das Neugeborene noch nicht als existent, solange ihm kein Name gegeben war. Mit Gottfried Schramm kann man in diesem Zusammenhang und grundsätzlich formulieren: »der Name erst schafft seine Person. Darum ist der Name kostbarster Besitz, ohne den ein Mensch nicht wirklich leben kann.« Bei den Germanen ist aber auch die Vorstellung verbreitet gewesen, der einmal gegebene Name dürfe nicht mehr verändert werden, weil sonst der mit dem Namengebungsakt verbundene Heilswunsch getilgt werde. Nun ist es auch heute so, dass der gegebene Name grundsätzlich fester Bestandteil der Person bleibt, doch freilich aus anderem Grund: der einmal gegebene Name soll zeitlebens der konstanten Identifizierung dienen, nicht zuletzt auch aus administrativer Sicht. Daher ist eine Namenänderung offiziell mit großen Schwierigkeiten verbunden.

Namenwahl und Namengebung sind von zentraler Bedeutung für den Menschen. Mit der feierlichen Taufe oder mit der Eintragung ins Geburtenbuch wird ein bestimmter Vorname oder werden bestimmte Vornamen dem bereits bei der Geburt vorhandenen erblichen Familiennamen hinzugefügt und mit dem Neugeborenen unverwechselbar und für alle wahrnehmbar zusammengefügt. Das Kind kann sich diese(n) seine(n) Vornamen nicht selbst aussuchen. In der Regel sind es die Eltern, die das tun und die damit eine besondere Verantwortung tragen. Denn das Kind muss sich im Laufe seines Lebens mit diesem seinem Namen identifizieren. Diese Selbstidentifizierung ist zweifellos von großer Bedeutung für die Ichfindung. Diese ist, nicht nur während der Pubertät, oft mit quälenden Schwierigkeiten verbunden. Durch zahlreiche Beobachtungen ist nachgewiesen, dass Kinder mit ausgefallenen oder extrem ungeliebten Vornamen erhebliche Probleme haben können, die bis zu psychischen Erkrankungen führen können. Solche Probleme gibt es natürlich auch und besonders bei den so genannten »Übernamen« (vor allem Scherz- oder Spottnamen), die einen bleibend persönlich bedrücken und verletzen können. Johann Wolfgang von Goethe hat das mit Bezug auf seinen spöttisch verdrehten Namen (Goethe : Kot) in Dichtung und Wahrheit bildhaft beschrieben:

[…] der Eigenname eines Menschen ist nicht etwa wie ein Mantel, der bloß um ihn her hängt und an dem man allenfalls noch zupfen und zerren kann, sondern ein vollkommen passendes Kleid, ja wie die Haut selbst ihm über und über angewachsen, an der man nicht schaben und schinden darf, ohne ihn selbst zu verletzen.

Mit dem Aussprechen oder Rufen eines bestimmten Namens wird der Träger dieses Namens vergegenwärtigt. Kennt man den Namen eines Menschen nicht, erschwert das erfahrungsgemäß die Verständigung über ihn und auch mit ihm. Die Kenntnis des Namens ersetzt zudem eine umständliche Merkmalbeschreibung des Individuums als Träger dieses Namens. Goethe notierte treffend in einem Brief aus dem Jahre 1770: »Wenn ich meinen Namen nenne, nenne ich mich ganz.« Namen sind Erkennungsmarken.

Doch im Wissen und Nennen des Namens wird nicht nur die Identifizierung ermöglicht, es dokumentiert sich darin auch eine Art von Zugriff, ja Macht über den Namenträger. In mehreren Kulturkreisen wird dies durch das Märchen vom Rumpelstilzchen exemplarisch verdeutlicht: im Verborgenen, im Verschweigen des eigenen Namens ist das Verharren in der Anonymität, in der Unverbindlichkeit gegeben. Die Nennung des Namens rückt den Namenträger sozusagen ins Licht, er kann dem nicht entgehen. Dieter Wellershoff hat das prägnant beschrieben: »Indem man benannt wird, wird man auch gebannt.«

In Mythologie, Volksglauben und Brauchtum vieler Völker ist mannigfach bezeugt, wie das Nennen des Namens Macht über zugeordnete Personen, Geister und Dämonen verleiht, wie schöne Namen für Neugeborene die Aufmerksamkeit böser Geister wecken, wie verhüllende Namen Dämonen in die Irre führen, wie zur Verhütung von Schaden der Name verschwiegen wird, wie die (zauberische) Verwendung eines Namens bei gleichzeitig vorgenommenen Handlungen diese den Namenträger selbst treffen, wie bestimmte Namen zum Tabu werden und stattdessen eher zu Umschreibungen gegriffen wird (so der Gottseibeiuns oder der Leibhaftige für den ›Teufel‹) oder wie die Änderung des Namens das Wesen des Menschen verändert. In Letzterem wird das alte Prinzip des nomen est omen greifbar, welches besagt, dass der Name den Namenträger wesenhaft prägt bzw. der Namenträger mit seinem Eigennamen identisch wird. Ernst Cassirer hat in seinem Werk Philosophie der symbolischen Formen die enge Wechselbeziehung von Mythos und Sprache betont und dabei den Namen besonders herausgestellt:

Insbesondere ist es der Eigenname, der […] mit geheimnisvollen Banden an die Eigenheit des Wesens geknüpft ist. Auch in uns wirkt vielfach noch diese eigentümliche Scheu vor dem Eigennamen nach – dieses Gefühl, daß er nicht äußerlich dem Menschen angeheftet ist, sondern irgendwie zu ihm ›gehört‹.

Diese offenbar über die Zeiten hin bis in unsere Zeit hineinwirkende mythische Grundkonstante im Verhältnis Name zu Namenträger lässt die Bedeutung des Namens für den Menschen in einem bemerkenswerten Aspekt deutlich werden.

»Name« und »Wort«

Über die skizzierte Beziehung zwischen Name und Namenträger hinaus lassen sich formale und inhaltliche Besonderheiten nennen, vor allem im Vergleich mit dem Wort, das in der Antike als nomen appellativum vom nomen proprium unterschieden wurde. Ein Name ist grundsätzlich von einem Wort abgeleitet und hat deshalb wie jedes Wort eine etymologische (ursprüngliche) Bedeutung – auch wenn heute nicht mehr in jedem Fall eine solche festzustellen ist. Doch hat sich im Namengebrauch eine je eigenständige, zuweilen auch durch bestimmte Namenträger geprägte Vorstellung mit den einzelnen Namen verknüpft, die mit der ursprünglichen Bedeutung oft gar nichts mehr zu tun hat und von der Bedeutung eines Wortes grundverschieden ist. Beim trägerunabhängigen Namen wird daher zur Unterscheidung von Bedeutsamkeit gesprochen. Wörter wie Haus, Mensch, Baum usw. besitzen eine Bedeutung, die in einer Kommunikationsgemeinschaft gilt und von allen, die sich in dieser Gemeinschaft verständigen wollen, gewusst und verstanden werden muss. Namen dagegen versteht man nicht in diesem Sinne, man muss sie kennen und um ihren Bezug zum Namenträger wissen, damit Verständigung über diesen Träger möglich ist. Wörter haben insofern eine Allgemein- oder Klassenbedeutung. Trägerabhängige Namen hingegen haben eine Einzel- oder Individualbedeutung, die wir als Nameninhalt bezeichnen.

Namen werden im Gegensatz zum Wort prinzipiell nicht übersetzt. Ihr Individualbezug würde dadurch aufgelöst, die Identifikation durch Verfremdung verhindert (Casanova etwa ist nicht mit Neuhaus zu übersetzen oder J. S. Bach nicht mit frz. J. S. Ruisseau, wiewohl das rein sprachlich korrekt wäre). Auch ist wegen des Individualbezugs die Mehrzahl nicht bildbar. Werden von Namen dennoch Mehrzahlformen gebildet, handelt es sich um Personengruppenbenennungen. Dabei zeigen sich dann Unterschiede zum Wortbereich (z. B. die Bocks : die Böcke), wie auch sonst sprachlich-formale Besonderheiten auffallen, so in der Flexion (z. B. das Auto des Schuster : des Schusters), im Genus (z. B. das Burg des 16. Jahrhunderts : die Burg …), im Artikelgebrauch ([die] Andrea ist gekommen : die Frau …), in der eigenständigen Suffixbildung (z. B. Fritz zu Friedrich, Hansi zu Hans) oder in der Schreibung (z. B. [der] Raabe : der Rabe,[der] Becker : der Bäcker).

Wie sehr beim Namen die ursprüngliche Bedeutung im Gebrauch überdeckt ist, zeigen vor allem solche Familiennamen, die direkte Entsprechungen im Wortschatz haben. So kann ein Herr Schneider von Beruf Schuster oder eine Frau Klein ausgesprochen groß sein, ohne dass dies besonders auffallen würde. Das beschreibt auch Goethe, wenn er in Dichtung und Wahrheit notiert: »Aus der Ferne machte jedoch der Name Klopstock auch schon auf uns eine große Wirkung. Im Anfang wunderte man sich, wie ein so vortrefflicher Mann so wunderlich heißen könne; doch gewöhnte man sich bald daran und dachte nicht mehr an die Bedeutung dieser Silben.« Hier zeigt sich ein Grundzug der inhaltlichen Struktur des Eigennamens: er wird, wie Jacob Grimm es formulierte, »leicht und bald zur abgezognen bezeichnung«.

In der Funktion des Identifizierens bzw. Individuierens wachsen dem Namen neue Inhalte zu. Indessen können sich die neuen Inhalte durch einen bestimmten Namenträger oder durch häufigen Gebrauch wieder in Richtung auf eine Wortbedeutung hin entwickeln. Dann verbindet sich mit diesem Namen eine allgemein gültige Vorstellung. Das deutet sich schon an in der Tatsache, dass wir bestimmte Namen als »sympathisch« oder »unsympathisch« empfinden; das wird offenkundiger, wenn Namen ein bestimmtes Profil bekommen oder einen deutlichen Nebensinn erhalten (z. B. Heini als Schimpfname bzw. eher schon als Schimpfwort heute oder früher Johann als Bezeichnung für einen ›Diener‹. Vollends greifbar wird diese Bedeutungsveränderung beim Übergang in den Wortbereich (z. B. Kaiser aus Caesar, Rüpel aus der Koseform Rupilo von Namen wie Ruprecht oder Metze als ursprüngliche Koseform von Mechthild).

Namengebung und Motive bei der Namenwahl

Eigentlich liegt es nahe, dass Eltern bei der Suche nach einem Namen für ihr Kind die ursprüngliche Bedeutung des Namens zur Richtschnur ihrer Suche und Entscheidung machen. Dazu bieten in der Neuzeit Namenlexika wie Reclams Namenbuch willkommene Hilfestellung. Auch wenn solches entfällt, hat doch, je weiter man zeitlich zurückgeht, dieses Bedeutungsmotiv zu allen Zeiten eine Rolle gespielt, wenn auch eine ganze Reihe weiterer Motive wichtig und wichtiger geworden ist. Man kann beobachten, dass sich die Namengebungsgewohnheiten als Folge der Motive bei der Wahl eines bestimmten Namens im Laufe der Geschichte immer wieder mehr oder weniger stark geändert haben. Dabei dürfen wir jedoch voraussetzen, dass die Namengebung stets durch die Mentalität gesteuert wird und dass auch die Mode, selbst in frühesten Zeiten, mitgespielt hat. Johann Christian Dolz beginnt sein Buch Die Moden in den Taufnamen (1825) so:

Alles in der lieben veränderlichen Welt ist dem allgewaltigen Zepter der Mode unterworfen. Diese selbst scheint aber wieder der Herrschaft eines so genannten Zeitgeistes, die bald ausgebreiteter bald beschränkter, bald von längerer bald von kürzerer Dauer ist, unterthänig seyn zu müssen. Auch bei den Namen, welche die lieben Menschkinder unter den, in frühern und spätern Zeiten lebenden, Völkern trugen und noch jetzt tragen, ist diese Herrschaft der Mode nicht zu verkennen. Überall herrschte freilich nicht eine und dieselbe Mode; hier war die eine von längerer, dort eine andere von kürzerer Dauer. Jedem Kinde einen Namen zu geben, war von jeher Mode, und ist es noch, und wird es auch bleiben bis an das Ende der Tage.