Reise durch ein fremdes Land - David Park - E-Book + Hörbuch

Reise durch ein fremdes Land Hörbuch

David Park

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Beschreibung

Von Beruf Fotograf sieht Tom die durch den Winter zum Erliegen gekommene Welt um sich herum wie durch die Linse seiner Kamera. Schon immer hat er sein Leben auf diese Art betrachtet, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er es anhand von Fotografien erzählen kann. All diese Bilder kommen ihm nun in den Sinn: das erste Foto, das er von seiner Frau geschossen hat, die Aufnahmen von Familienfeiern, die ihm seinen Lebensunterhalt sichern, und diejenigen, die er stets zu machen geträumt hat, Fotos jenseits der gängigen Sehgewohnheiten. Tom hat sich längst damit abgefunden, dass er kein großer Künstler ist. Doch wie soll er damit leben, dass er kein perfekter Ehemann ist? Und dass er vor allem seinem anderen, seinem ältesten Sohn Daniel kein guter Vater war? Tief in seiner Kamera versteckt, gibt es ein Foto von Daniel, das Toms ganze Schuld und ganzes Leid zeigt. Je intensiver Toms innere Zwiegespräche mit Daniel auf dieser Reise werden, desto mehr hofft er, Erlösung und Vergebung zu finden. Mit großer sprachlicher Intensität erzählt David Park von einem Mann, der fast an sich und seinem Schicksal zerbricht. »David Park ist ein großartiger Autor, der die Symbolik [der vereisten Welt als Seelenlandschaft] zur eindrücklichen Rahmung dieser Intimgeschichte nutzt.« WDR 5 BÜCHER

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Zeit:6 Std. 10 min

Sprecher:Stefan Kaminsky

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Von Beruf Fotograf sieht Tom die durch den Winter zum Erliegen gekommene Welt um sich herum wie durch die Linse seiner Kamera. Schon immer hat er sein Leben auf diese Art betrachtet, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass er es anhand von Fotografien erzählen kann. All diese Bilder kommen ihm nun in den Sinn: das erste Foto, das er von seiner Frau geschossen hat, die Aufnahmen von Familienfeiern, die ihm seinen Lebensunterhalt sichern, und diejenigen, die er stets zu machen geträumt hat, Fotos jenseits der gängigen Sehgewohnheiten. Tom hat sich längst damit abgefunden, dass er kein großer Künstler ist. Doch wie soll er damit leben, dass er kein perfekter Ehemann ist? Und dass er vor allem seinem anderen, seinem ältesten Sohn Daniel kein guter Vater war? Tief in seiner Kamera versteckt, gibt es ein Foto von Daniel, das Toms ganze Schuld und ganzes Leid zeigt. Je intensiver Toms innere Zwiegespräche mit Daniel auf dieser Reise werden, desto mehr hofft er, Erlösung und Vergebung zu finden.

Mit großer sprachlicher Intensität erzählt David Park von einem Mann, der fast an sich und seinem Schicksal zerbricht.

© Alberta Park

David Park 1953 in Belfast geboren, ist ein für sein umfangreiches Werk vielfach ausgezeichneter Schriftsteller; u.a. erhielt er den Major Individual Artist Award vom Arts Council of Northern Ireland und stand dreimal auf der Shortlist für den Irish Novel of the Year Award. David Park lebt in County Down in Nordirland.

Michaela Grabinger arbeitet seit 1985 als Übersetzerin. Zu den von ihr übersetzten Autorinnen und Autoren zählen u.a. P.

DAVID PARK

REISE              DURCH EINFREMDES            LAND

Roman

Aus dem Englischenvon Michaela Grabinger

Die Arbeit der Übersetzerin am vorliegenden Text wurde vom Deutschen Übersetzerfonds gefördert.

Der Abdruck des Gedichtes von Robert Frost in der Übersetzung von Paul Celan [1] erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Suhrkamp Verlags, Paul Celan, Übertragungen. Gesammelte Werke 4 und 5. Herausgegeben von Beda Allemann und Stefan Reichert unter Mitwirkung von Rolf Bücher. © 2003 Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main

Die englische Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel ›Travelling in a Strange Land‹ bei Bloomsbury Publishing, London.

Copyright © David Park, 2018

eBook 2021

© 2021 für die deutsche Ausgabe: DuMont Buchverlag, Köln

Alle Rechte vorbehalten

Übersetzung: Michaela Grabinger

Umschlaggestaltung: Lübbeke Naumann Thoben, Köln

Umschlagabbildung: © DEEPOL by plainpicture

Satz: Angelika Kudella, Köln

eBook-Konvertierung: CPI books GmbH, Leck

ISBN eBook 978-3-8321-7109-4

www.dumont-buchverlag.de

Für James und Sophie in Vaterliebe

Ich betrete das vereiste Land, ohne zu wissen, welchem Teil der Welt es angehört. Manchmal sehe ich es wie aus der Sicht einer Drohne, so weit unten erstreckt sich die verschneite Landschaft, Berge, Schluchten, Seen und Wälder, die plötzlich aufragen und meine Augen mit ihren weißen Ästen streifen. Dann wieder stecke ich bis zu den Knien darin, kein Horizont zu erkennen, kämpfe mich mühsam voran auf dieser Reise, deren Sinn unklar ist, weiß nicht, woher ich komme und wohin ich gehe. Die Welt ist verhüllt, nach und nach erstickt alles Leben wie das Schaf, das in einer hohen Schneewehe an einer alten Steinmauer eingeschlossen ist und das ich nicht herausziehen kann. Alles ist verborgen, auch die Geheimnisse, die ich tief in mir festhalte, damit sie nicht ans Licht geraten, und die Welt dehnt sich so endlos, dass sie sich nicht in ein einzelnes Bild fassen lässt und ich die Augen nur zusammenkneife, um sie vor dem Schneegestöber zu schützen. Alles braucht seinen Sinn, und ich muss meinen finden oder dem Drängen des vereisten Lands nachgeben, mich in meine Müdigkeit zu fügen und den Kopf auf das weiche Kissen aus Schnee zu legen. Auch Bruegels Jäger stapfen müde aus den Wäldern hinter dem Dorf hervor, wo sie Nahrung auftreiben wollten, und die Menschen, die sich auf dem zugefrorenen See vergnügen, laufen ihnen nicht entgegen oder verstehen auch nur, was sie durchgemacht haben. The Revenant kehrt zurück, um sich an dem Mann zu rächen, der seinen Sohn umgebracht hat.

Alles braucht seinen Sinn. Was also bringt mich auf diese Reise?

Ich stolpere schneeblind dahin, voller Angst, ich könnte jeden Augenblick in eine offene Spalte stürzen oder an der Felskante in die plötzliche Leere treten und mit rudernden Armen etwas zu fassen suchen, woran ich mich festhalten kann, um den unaufhörlichen Fall zu beenden. Dann erreiche ich den See, und mein Blick ist wieder klar. Das Eisgeröll zittert im schimmernden Mondlicht, die erstarrten Kristalle spiegeln die Sterne. Sterne, deren Kälte Löcher ins gewölbte Dunkel brennt.

Dort am anderen Ufer steht ein Haus. Ein Haus, in dem Licht brennt. In dem Haus ist eine Treppe, die ich hinaufsteigen muss. Doch wie soll ich hinkommen? Es geht nur über den zugefrorenen See. Wer nimmt mich bei der Hand? Wer leitet mich jetzt? Ich blicke hinter mich, aber es ist nur der brausende Wind in den Bäumen zu hören, der den Schnee verstäubt und die ganze Welt frösteln lässt.

Gemeinsam schieben wir die dicke Schicht von der Windschutzscheibe. Oben ist der Schnee noch weich, offenbar hat es bis in die frühen Morgenstunden geschneit, doch am Glas treffen unsere Handschuhe auf einen gefrorenen Belag, den ich mit Enteisungsmittel besprühe. Bevor ich die Tür öffne, um den Motor anzulassen und Warmluft an die Windschutzscheibe zu blasen, kratze ich möglichst viel von den Seitenfenstern und der Heckscheibe ab, während Lorna mit dem langen Besen die Motorhaube und das Dach freiräumt, bis sich nach und nach graues Metall zeigt. Unser Atem formt undurchsichtige Sprechblasen auf den Lippen, obwohl kein Wort fällt, während sich das frühe Morgenlicht in den Schnee gräbt und er zu pulsieren scheint. Doch es wärmt nicht genug, um Zeichen von Leben zum Vorschein zu bringen, und die stummen Felder rings um das Haus sind nur von den fahrigen nächtlichen Spuren eines Tiers auf der wirren Suche nach Nahrung gezeichnet.

Als ich die Wagentür öffne, knirscht das angefrorene Schloss gequält, und auf den Fahrersitz fällt ein kleiner Schwall Schnee, der sich in dunkle Wasserflecken verwandelt, während ich ihn mit der Hand wegzuwischen versuche. Lorna steigt ebenfalls ein, und wir sitzen in dem eisigen Auto wie in einem Iglu, blind für die Welt. Einen Moment lang fühlt es sich sicher an, abgeschirmt von allem da draußen.

»Es ist Wahnsinn, Tom.« Sie schreit fast, um die Heizung zu übertönen.

»Was bleibt uns übrig?«

»Vielleicht geht es bald wieder los mit den Flügen. Ich finde es zu gefährlich«, entgegnet sie und richtet den Luftstrom auf ihre Fensterseite.

»Wir können ihn nicht einfach dort lassen. Er muss nach Hause.«

Wir starren auf die Windschutzscheibe. Über den Belüftungsschlitzen ist ein klarer Streifen entstanden, der immer breiter wird. Das Gebläse dröhnt in den Ohren.

»Hast du das Navi eingestellt?«

»Ja.«

»Und hast du auch alles dabei?«, fragt sie mit einem Blick auf die Rückbank. »Die Thermosflaschen und den Proviant bringe ich gleich.«

»Ja, ich denke schon«, antworte ich und gehe im Kopf die Notausrüstung durch, die wir in der Nacht dilettantisch zusammengestellt haben – Schaufel, Schlafsack, warme Kleidung, Taschenlampe, ein Stapel CDs und natürlich, wie immer, meine Kamera. Im Kofferraum ist ein Plastikkanister mit Benzin und bescheuerterweise, für mich nicht nachvollziehbar, das braune Segeltuch-Wigwam unserer zehnjährigen Tochter Lilly mitsamt aufgedruckten Pferden, Monden und Sternen. Sie hat darauf bestanden, obwohl ich ihr erklärt habe, dass man durch das Ding durchspucken kann, und für weitere Diskussionen hatte ich keine Kraft. Ihr Schneemann steht noch immer wie ein Nachtwächter auf seinem Posten in unserem Vorgarten.

»Du meldest dich, hörst du?«, sagt Lorna zum ungefähr vierten Mal. »Hast du das Ladekabel?«

Ich nicke. An der Windschutzscheibe wird das nächste Fleckchen frei.

»Das dauert ja ewig«, sage ich und rücke mit dem Kopf näher an die Scheibe, als könnte mein Atem den Prozess beschleunigen.

»Wann geht die Fähre?«

»Halb acht. Zeit genug«, sage ich und füge »wenn alles gut geht« hinzu, denn angesichts der beispiellosen Schneefälle, die das gesamte Land lahmgelegt haben, ist nichts mehr gewiss, nicht nur die Relation zwischen Zeit und Entfernung. Die ganze bisher vertraute Welt ist aus den Fugen geraten.

An der Scheibe bildet sich ein kleines Loch. Wäre ich allein, würde ich mein Auge daran pressen und durch die winzige Linse ins milchige Licht hinausstarren. So verbringe ich meine Tage, so betrachte ich die Welt. Das Eis rings um das Loch löst sich, wird matschig. Licht dringt ins Wageninnere. An manchen Tagen in letzter Zeit fühle ich mich wie zu einer winzig kleinen Lochblende geschrumpft, so sehr hoffe ich, dass sich das Bild der Welt endlich zu etwas Beständigem fügt und dieses unkalkulierbare Schwanken in mir verschwindet. Genervt schalte ich die Scheibenwischer ein. Zuerst passiert nichts, dann erbeben sie träge und beginnen über die Scheibe zu jagen.

»Und fahr langsam und vorsichtig«, sagt Lorna. Sie sieht mich an.

Nach der Anstrengung des Schneeräumens sind ihre Wangen knallrot, und unter der Wollmütze spitzt eine schmale Strähne hervor.

»Ich fahre ganz vorsichtig. Hauptsache, sicher hinkommen, ganz egal wie lang es dauert, und ihn wieder nach Hause bringen.«

»Er darf an Weihnachten nicht allein sein, besonders dieses Weihnachten nicht«, sagt sie ebenso sehr zu sich wie zu mir. »Nicht mal, wenn es ihm gut gehen würde. Und wenn es ihm jetzt so schlecht geht … Wir müssen ihn nach Hause bringen.«

»Wir müssen ihn nach Hause bringen.« Der Satz kann in dem vereisten Wagen nirgendwohin, hängt in der Luft und erstarrt zu Schweigen.

Unser Sohn Luke sitzt drei Tage vor Weihnachten in Sunderland fest, weil der Flughafen von Newcastle geschlossen ist. Er studiert dort und wohnt in einem hundert Jahre alten heruntergekommenen, verschachtelten Haus. Seine fünf Mitbewohner, alle Studenten, haben sich über die Ferien aus dem Staub gemacht. Jetzt hockt er ganz allein da, und es geht ihm nicht gut. Was ihm genau fehlt, ist bei seinen Anrufen nicht klargeworden, aber er hat auf jeden Fall Fieber und Grippesymptome. Zweimal hat er sich schon aus dem Bett geschleppt und ist zum Flughafen gefahren, und jedes Mal wurde der Flug gecancelt. Sämtliche späteren Flüge sind ausgebucht. Seine Mutter quält sich selbst, indem sie in die vagen Angaben am Telefon etwas Schlimmeres als die Grippe hineininterpretiert, eine Lungen- oder – das wäre das Allerschlimmste – eine Hirnhautentzündung. Obwohl sie ins Internet gegangen ist und ihn die Symptome abgefragt hat wie den Katechismus, lässt sie sich nicht beruhigen. Vielleicht verständlich, wenn man bedenkt, dass sie ihre eigenen Erfahrungen mit der Fehlbarkeit des Körpers machen musste – ein weiterer Grund, Luke nach Hause zu holen. Er muss die nächsten Tage bei uns sein, nicht in der Ferne in einer fremden Umgebung.

Die Scheibe ist fast frei. Ich unterdrücke den Reflex, Wasser auf die verbliebenen Eisstückchen zu spritzen, denn sie würde nur wieder überfrieren. Lorna und ich sehen uns an. Sie legt mir die Hand auf den Arm und sagt, ich sei ein guter Vater. Ich selbst würde das nie behaupten, aber es kann nicht schaden, unseren Sohn heimzubringen. Gut möglich, dass das zumindest kurzfristig positiv für mich ins Gewicht fällt.

»Ich muss los.«

»Ich hole das Essen und die Thermosflaschen«, sagt sie. Als sie die Tür öffnet, löst sich innen ein schmaler Streifen Schnee. Während ich ihr nachblicke, wie sie zur Küchentür stapft, wirkt sie plötzlich zerbrechlich in meiner Wanderjacke, die ihr mehrere Größen zu groß ist. Sie trägt sie über dem Schlafanzug, die rosa Hosenbeine bauschen sich über den Stiefelschäften. Wenn ich weg bin, wird sie sich wieder hinlegen, und hoffentlich ist im Bett noch ein bisschen Wärme von mir. Ich gehe die CDs durch, ohne mich entscheiden zu können, mit welcher die Reise beginnen soll.

Als Lorna zurückkommt, muss ich fast schmunzeln, weil sie alles in die Kühlbox gepackt hat, die wir normalerweise im Sommer für Picknicks verwenden. Sie stellt sie auf den Beifahrersitz, schnallt sie an, nimmt den Deckel ab und zeigt mir den Proviant, so viel, dass ich für jeden Notfall gerüstet bin.

»Die Thermoskanne mit dem Kaffee und die Sandwiches liegen ganz oben, und hier sind die Brausetabletten gegen Erkältung und das Aspirin«, sagt sie und reicht mir eine Plastiktüte, die ich von der Flughafenkontrolle her kenne. Jetzt ist sie mit sämtlichen Medikamenten gefüllt, die in unserem Haushalt zu finden waren. »Die bewahrst du getrennt auf. Und sorg dafür, dass er mehrere Gläser mit Brausetabletten trinkt, das Fieber muss runter.« Sie streckt den Arm über den Sitz aus, und ich drücke sanft ihre Hand. Dann schließt sie die Tür. Ich starte den Wagen.

Unser Toyota RAV 4 hat uns noch nie im Stich gelassen, noch auf keinem einzigen der hundertdreißigtausend angezeigten Kilometer, aber ich höre trotzdem angestrengt hin, schließlich gibt es immer ein erstes Mal. Er wurde drei Tage lang nicht bewegt, doch ich habe den Motor jeden Morgen gestartet, und als er anspringt, tätschle ich dankbar das Lenkrad. Unsere geschwungene Auffahrt, die wir am Vortag bis hinunter zum Tor freigeräumt haben, gleicht mit den seitlich aufgeschütteten Haufen einer Schikane. Beim Einschlagen meldet sich mein Rücken, und mir wird klar, warum Herzinfarkte oft auftreten, wenn man Schnee geschippt hat. Obwohl seit den letzten Stunden weniger Schnee fällt und er keine Probleme bereitet, fahre ich langsam, taste mich im zweiten Gang vor. Unten an der Straße bleibe ich stehen, um nachzusehen, ob irgendwas kommt, aber auch um ein letztes Mal zu überprüfen, ob ich alles habe, was ich brauche. Ich klopfe auf die Innentasche mit dem Ticket für die Fähre und stelle mein Handy in den Getränkehalter neben der Handbremse. Die verschneite Fahrbahn ist unberührt, folglich bin ich der Erste auf unserer Zufahrtsstraße, deren struppige Randhecken jetzt geglättet sind und im steigenden Licht nach und nach mit glitzerndem Reif überzogen erstrahlen.

Ich biege links ab und nehme die Steigung in Angriff – keine besonders steile Steigung, aber schon auf halber Strecke drehen die Räder durch, und der Wagen gerät ins Rutschen. Ich ziehe die Handbremse an, doch mir ist bereits klar, dass ich es nicht hinaufschaffen werde. Vorsichtig lasse ich den Wagen rückwärts hinunterrollen, bis ich wieder vor unserem Tor bin. Nur gut, dass Lorna reingegangen ist und nichts mitbekommt. Das Rinnsal, das aus der Wiese hinter unserem Haus fließt und sich wie ein schmales Band seitlich den Hang hinunterzieht, ist im Winter morgens manchmal spiegelglattes Eis. Wenn die Räder greifen sollen, muss ich in der Fahrbahnmitte bleiben. Ausnahmsweise bedaure ich es, dass noch kein schweres Fahrzeug von einem Gehöft in der Gegend über die Straße gedonnert ist und den Schnee gespurt hat, aber es sind nur die Abdrücke meines ersten, fehlgeschlagenen Versuchs zu sehen. Beim zweiten erreiche ich die Kuppe fast, doch als ich auf den letzten Metern unwillkürlich Gas gebe, schlittert der Wagen abrupt zur Seite und rutscht trotz aller Gegenmaßnahmen in einem absurden Winkel den Abhang hinunter. Alles ist verkehrt, nichts, wo es sein soll, und ich habe keine Möglichkeit, das Auto wieder gerade auszurichten. Ich kann so hektisch gegenlenken und bremsen, wie ich will, das macht alles nur schlimmer. Kurz ergreift mich eine seltsame Ruhe und die fast freudige Erkenntnis, dass die Welt, wie schon immer geahnt, einfach so ist und einem nichts bleibt, als abzuwarten und zu sehen, was passiert.

Unten kommt der Wagen quer zur Fahrbahn zum Stehen, mit der Schnauze zu dem Tor, durch das er eben erst hinausgefahren ist, als würde er sein Versagen bereits bekennen und am liebsten zu seinem Parkplatz beim Haus zurückkehren. Das ist kein gutes Omen für die Reise, und ich überlege schon, sie abzubrechen, bevor sie richtig begonnen hat, doch dann denke ich an unseren Sohn. Ich darf ihn nicht im Stich lassen, kann nicht fünf Minuten nach der Abfahrt wieder ins Haus spazieren, als würde ich aufgeben, ohne es wirklich versucht zu haben. Über das Lenkrad gebeugt mache ich mir klar, dass die Steigung aus dem Stand nicht zu bewältigen ist. Das Wenden gestaltet sich schwierig, weil ich kaum Platz habe, und beim Zurückstoßen gerate ich an die Hecke und sehe im Spiegel, wie sich ein Schwung Schnee über die hintere Scheibe ergießt. Aber dann ist es vollbracht, und ich fahre auf dem flachen Straßenstück in die entgegengesetzte Richtung, weg von der Steigung, bis zur Auffahrt eines Nachbarn, wo ich wieder wende. Ich bleibe im zweiten Gang, kann jetzt besser beschleunigen, halte das Tempo, während ich die Steigung nehme, und lasse den Fuß von der Bremse. Ich bin oben. Die restliche Strecke bis zur Landstraße ist mit entsprechender Vorsicht machbar. Auch hier stehen Schneemänner in den Vorgärten, und weil es mich so euphorisch stimmt, das erste Hindernis überwunden zu haben, erscheinen sie mit den auf mich gerichteten schwarzen Augen einen Moment lang wie eine Ehrengarde, die alles Gute wünscht. Ich schalte das Radio ein und erwische den Wetterbericht. Weitere Schneefälle sind zu erwarten, doch diesmal trifft es den Süden Englands. Zum Schluss wird vor Reisen gewarnt, die nicht unbedingt notwendig sind.

Keine Reise ist so notwendig wie die zum eigenen Sohn, um ihn nach Hause holen, um den kranken Sohn an Weihnachten nach Hause zu holen, erkläre ich der Radiostimme. Nach dem Abbiegen auf die Landstraße, die geräumt und gestreut ist, tätschle ich noch einmal das Lenkrad, schiebe die erste CD ein und sage mir, dass Gespenster keine Fußstapfen im Schnee hinterlassen.

Musik spielt bei uns eine große Rolle, und ihr Fehlen in den letzten Monaten war bezeichnend für unsere düstere Stimmung. Deshalb freue ich mich, in der Abgeschiedenheit meines Autos wieder Musik hören zu können, ohne mich als unsensibel zu empfinden. Lorna mag Motown und Sängerinnen wie Dusty Springfield und Adele. Und Musik ist eines der wenigen Dinge, die Luke und mich einander nahebringen. Wir waren sogar schon bei mehreren Konzerten – bei Neil Young in Dublin und bei The Gaslight Anthem im Limelight. Im Limelight habe ich mich ein bisschen alt gefühlt, aber die Musik war gut, und keiner hat sich an mir gestört oder mir das Gefühl gegeben, der älteste Berufsjugendliche der Stadt zu sein. Für die vielen Stunden, die vor mir liegen, habe ich Robert Wyatt, Van Morrison, REM, John Martyn und Nick Cave dabei.

Und die CD der Great Lake Swimmers, die mir Luke zum Geburtstag geschenkt hat. Ich habe für den Rückweg extra Sachen mitgenommen, die auch ihm gefallen – Ash, The Smiths, The National, On the Beach von Neil Young. Luke spielt schon lange Gitarre und hatte in der Schule eine Band, bis sich die Wege trennten, als alle auf verschiedene Unis gingen.

Weil es noch früh ist und die Schulen wegen der Ferien geschlossen sind, herrscht kaum Verkehr, und ich komme gut voran. Auf dem Weg ins Zentrum wirkt die Stadt so verschlafen, als wäre sie nicht bereit, sich dem Tag zu stellen und die steif gefrorene Decke abzuschütteln, die in der Nacht über sie gebreitet wurde. Die Weihnachtsdekoration ist noch ausgeschaltet und der Schnee nur gefärbt von den Scheinwerfern weniger Autos und dem Licht in den Eingangsbereichen der Gebäude, in denen der Tag für die ersten Angestellten bereits begonnen hat. Die Stadt gleicht einem ihrer Obdachlosen, die zum Schutz gegen die Kälte zusammengerollt und in Altkleiderschichten gehüllt auf der Straße schlafen.

Im Hafen kommen mir Zweifel, ob die Fähre alle Lastwagen in der Schlange aufnehmen kann. Einer nach dem anderen verschwindet in den Tiefen des Frachtdecks, während die Abgase die Luft stoßweise hetzen und zerreißen. Ein verspäteter Fahrer läuft mit einem Blatt Papier unter dem Arm und einem Pappbecher mit Tee oder Kaffee in der Hand zu seinem Führerhaus, schwingt sich hinein, wirft das gefaltete Blatt an die Windschutzscheibe und lässt den Motor aufheulen. Auch diese Fahrten gehören zum täglichen Ritual der Wirtschaft, von dem ich so wenig Ahnung habe, dass ich mich fast wie ein Eindringling fühle, während ich in der Reihe warte.

Neben den Lastern und Pkws stehen auch viele Fußgänger an, vermutlich Leute, die sich wegen der geschlossenen Flughäfen mit der Fähre oder dem Zug auf den Weg zu ihren Familien machen. Ich frage mich, wie sie alle hineinpassen sollen und ob mir mein Ticket einen Platz garantiert oder ob man auch hier, wie bei Flügen, routinemäßig überbucht, weil damit gerechnet wird, dass einige Passagiere gar nicht erst auftauchen. Doch dann dauert es nicht lange, und ich fahre auf die Rampe und werde zu einem Stellplatz gelotst. Den Geruch, der mir beim Aussteigen entgegenschlägt, erkenne ich sofort wieder – eine Mischung aus Diesel, mit Salzwasser gereinigtem Metall und etwas Undefinierbarem. Auf vielen der Autos, zwischen denen ich mich durchschlängle, liegt noch Schnee, und auf einigen Rücksitzen stehen Tragetaschen mit weihnachtlich verpackten Geschenken. Ich gehe hinter anderen Fahrern die Treppe hinauf und suche mir einen Aufenthaltsraum.

In meiner Kindheit kam man sich auf der Fähre wie auf einem Viehfrachter vor. Mittlerweile geht es vornehmer und komfortabler zu, es gibt Restaurants und Geschäfte und weiche Sitze, kein rissiges Plastik und harte Bänke. Sogar einen Christbaum haben sie aufgestellt, und im Hintergrund dudeln Weihnachtslieder. Das Personal begrüßt mich, als hätte ich ein Hotel betreten, während der Gestank von eben dem Duft von Essen und Kaffee weicht. Allerdings füllt sich der Raum bereits mit Menschen, die mit Taschen und Koffern ihre Reviere abstecken. Ein Heißgetränk in der einen, das Handy in der anderen Hand teilen sie ihren Gesprächspartnern mit, dass sie auf der Fähre, auf dem Weg nach Hause sind. Ich schreibe Lorna, dass ich es geschafft habe und die Straßenverhältnisse passabel waren.

Die junge Frau auf dem Sitz neben mir bittet mich, ihre Tasche im Auge zu behalten, sie möchte sich etwas zu essen holen. Als sie mit Kaffee und einem Sandwich zurückkommt, erzähle ich ihr, dass ich nach Sunderland fahre, um meinen Sohn abzuholen. Der Frau, die hinter dem Schalter auf dem Parkdeck mein Ticket kontrolliert hat, habe ich es auch schon erzählt. Offenbar gibt es mir ein gutes Gefühl, etwas halbwegs Heroisches zu tun, und als jemand, der sein Leben mit dem Abfotografieren von Dingen verbringt, die ihn nicht sonderlich interessieren, habe ich nur selten heldenhafte Momente. Ich mache vorwiegend Hochzeitsfotos – nur Fotos, niemals Videos, egal wie viel Honorar man mir bietet –, Familienporträts, hin und wieder, wenn ich Glück habe, ein paar Firmenfotos und was sich sonst noch ergibt.

»Er studiert an der Sunderland University, und es geht ihm nicht gut. Der Flughafen ist geschlossen. Seine Mutter hat mich losgeschickt, damit ich ihn hole.«

»Was studiert er?«, fragt sie. Sie hat einen schottischen Akzent.

»Video- und Filmproduktion.«

»So was Ähnliches habe ich auch gemacht.«

»In Sunderland?«

»Nein, in Glasgow. Ich bin gerade auf dem Weg dorthin. Hoffentlich geht der Zug noch.«

»Wenn ich in dieselbe Richtung müsste, würde ich Sie mitnehmen, aber ich fahre nach Sunderland«, sage ich und empfinde mich sofort als viel zu forsch, befürchte schon, sie könnte schlecht von mir denken. Sie beantwortet etwas auf ihrem Handy, und ich gebe vor, in meines zu schauen.

»Was hat er denn, Ihr Sohn?«

»Wir wissen es nicht genau, aber es sieht nach Grippe aus. Haben Sie in Nordirland Urlaub gemacht?«

»Ich arbeite bei Game of Thrones mit.«

»Klingt spannend.« Ich habe mir die Serie zwar nie angesehen, weiß aber, wie beliebt sie ist, obwohl ich mich vage an eine Beschreibung erinnere, in der von »Titten und Drachen« die Rede war.

»Ja, es hat was.«

»Mein Sohn guckt das immer, aber wahrscheinlich illegal. Er streamt so ziemlich alles.«

»Wer nicht.«

»Ich fand das witzig, als die Kommune weiße Mittelstreifen auf die Fahrbahn der Dark Hedges malen ließ.«

»Die mussten die Farbe mit dem Flammstrahler entfernen, aber man sieht es immer noch.«

»Und wie sind die Schauspieler so?«, frage ich.

»Die meisten sind ziemlich cool, aber es gibt auch welche, die nerven. Hol mir dies, hol mir das. Nie zufrieden.«

»Und was machen Sie da?«

»Ich bin Produktionsassistentin«, antwortet sie mit einem weiteren Blick auf ihr Handy. Offenbar ist das Gespräch damit beendet, und ich hake nicht nach. Dabei ist das Zusammentreffen mit ihr etwas, das ich Luke auf der Rückfahrt erzählen kann. Außerdem wäre es gut zu erfahren, wie sie an den Job gekommen ist.

Ich sehe durchs Fenster zu, wie die Fähre ablegt. Die See ist ruhig, sie nimmt das dramatische Wetter scheinbar teilnahmslos hin, doch das verschneite Ufer, das uns wie zwei ausgestreckte Arme umgibt, die das Schiff zwischen sich aufs offene Meer hinaus leiten, ist ein noch nie erlebter Anblick, und ich bereue, dass ich die Kamera im Wagen gelassen habe. Auf die Sicherheitsdurchsagen folgt wieder Weihnachtsgedudel. Ich denke an Lorna, die sich jetzt in unserem Bett aufwärmt, an Lilly, die unter ihrem Big-Friendly-Giant-Poster schläft, an Luke, weit weg und allein in einem leeren Haus, und plötzlich fühlt sich alles ungemein fremd an, und die Gegenwart gleitet in die Stille hinein, in der sich Erinnerung und Bewusstsein vermischen und etwas Neues entsteht. Wenige Sekunden lang habe ich all die anderen Menschen vor Augen, die sich auf die gleiche Reise begeben haben, und die Passagiere werden ersetzt durch eine stumme Collage aus den verschwommenen Gesichtern derer, die vor uns aufgebrochen sind, viele auf der Suche nach einem neuen Leben in Städten, von denen sie sich eine bessere Zukunft versprachen. Eine Collage auch aus den Gesichtern der Frauen, die Traurigkeit unter dem Herzen trugen und gezwungen waren, sich fern von ihren Familien und ihrem Zuhause Hilfe zu suchen. Als ich sie wegblinzle, fällt mein Blick auf einen jungen Mann, der durch den hinteren Ausgang des Aufenthaltsraums verschwindet, und es ist Daniel, glaube ich.

Seine Anwesenheit auf der Fähre verwundert mich nicht, denn ich sehe ihn oft, wenn auch immer nur flüchtig und nie lang genug, um die Hand zu heben und ihn zu rufen.

Manchmal steht er ganz außen, wenn sich die besten Freunde des Bräutigams in ihren eleganten Leihanzügen aufgereiht haben und posieren, als kämen sie direkt aus dem Film Reservoir Dogs. Manchmal blitzt er beim Autofahren im Augenwinkel auf, und manchmal ist er kurz vor dem Einschlafen da, aber immer ein Stück entfernt, und ich frage mich, soll ich aufstehen und nachsehen, ob die Tür auch wirklich nicht verriegelt ist, damit er nach Hause kommen kann, wenn er will. Dass ich ihn sehe, wenn sich die Freunde des Bräutigams aufreihen, hat wahrscheinlich damit zu tun, dass er und sein Freund Robbie einmal bei der Aufnahme eines Klassenfotos im Panoramaformat ihre zugewiesenen Plätze verlassen hatten und zum anderen Ende der Reihe geflitzt waren, sodass sie doppelt auftauchten. Der Direktor war nicht begeistert, und Daniel kassierte seine erste Suspendierung vom Unterricht. Suspendiert wegen Blödelns. Wahrscheinlich seine beste und die am wenigsten verdiente. Ein Spielautomat rattert los und beginnt melodisch zu jaulen. Gemächlich geht es aufs offene Meer hinaus.

Ich döse ein bisschen – das mühsame Schneeräumen und der frühe Start. Als ich aufwache, ist die junge Frau weg, und ich hoffe inständig, dass ich ihr nicht ins Ohr geschnarcht oder den Eindruck erweckt habe, ich wollte sie anbaggern. Die Überfahrt dauert nur wenige Stunden, aber ich bin schon jetzt wie benebelt, dabei brauche ich einen klaren Kopf für die Reise. Ich gehe raus und steige aufs Oberdeck, um mich von der Morgenluft wachrütteln zu lassen. In der dafür ausgewiesenen Zone stehen Raucher, teils mit übergezogener Kapuze, über die Reling gebeugt. Ich sehe die junge Frau, meine Sitznachbarin von vorhin. Der Wind weht ihr durchs Haar, sie streicht es sich ständig aus dem Gesicht. Das Kielwasser bildet ein wirbelndes, schäumendes V, fast als würden wir uns durch Schnee wühlen, aber das Meer dahinter wirkt wie gestockt in seiner grauen Kältestarre. Selbst wenn ich meine Kamera dahätte – es gibt nichts, was ich aufnehmen könnte. Aber viele Leute machen Selfies, allein oder zu zweit. Das Fotohandy, der gnadenlose technische Fortschritt und alles, was noch kommt, vernichten die Jobs von Leuten wie mir. Bald werden Gesellschaftsfotos nur noch eigenhändig geknipst. Manchmal fühle ich mich wie der Letzte seiner Gattung. Der letzte Mohikaner, der noch mit einer richtigen Kamera fotografiert. Und dass diese Selbstporträts meiner Ansicht nach wertlos sind, ganz gleich, wie gut die verwendete Technik ist, dass ihnen alles fehlt, was ein richtiges Foto ausmacht – ein Foto, das aus durchdachten kreativen Entscheidungen und einer besonderen Sichtweise hervorgeht –, macht es noch schlimmer. In meinen Augen sind sie reiner Jux, Ausdruck menschlicher Eitelkeit, ohne die Würde, die in einem wahren Foto liegen kann. Aber vielleicht hat Lilly recht und ich bin wirklich der »Spielverderber«, als den sie mich bezeichnet, einer, der sich über ein harmloses kleines Vergnügen aufregt.

Wir wandern auf dem Klippenweg von Portstewart, powern die Jungs aus, obwohl es auch damals kalt war, fast so kalt wie jetzt. Luke im permanenten Fragemodus.

»Warum heißt es eigentlich Küste?«

»Wie meinst du das?«

»Warum es Küste heißt.«

»Wie würdest du es nennen?«

»Warum heißt es Küste, als ob da einer jemanden geküsst hat?«

Er sieht zu mir hinauf. In seinen Mundwinkeln klebt ein kleiner brauner Rest von dem Schokoeis, das er bei Morelli gegessen hat. Die meisten seiner Fragen kann ich nicht mehr beantworten und sage oft einfach nur »Keine Ahnung« oder »Ist eben so«. Jeder Vater sollte die Fragen seines kleinen Sohns beantworten können, doch seine kommen von einem anderen Planeten tief im Universum, jenseits des Sonnensystems. Um ihn abzulenken, sage ich: »Schau mal, da angelt einer«, aber weil diese Information weder etwas enthüllt noch zu einer Erkenntnis führt, ignoriert er sie und kickt mit Inbrunst einen Stein auf die Felsen hinunter. »Du machst deine Schuhe kaputt«, sage ich, und wir fühlen uns wieder wie Vater und Sohn.

Ich denke an ihn, wie er jetzt in diesem komischen Haus mit den leeren Zimmern sitzt, und wie schrecklich das für ihn sein muss. Alle weg, alle Geräusche des Studentenalltags verschwunden, als hätte der Schnee sie erstickt, und stattdessen nur noch das Haus, das mit seinen unerklärlichen Ecken und Winkeln Besitzanspruch auf den Schnee erhebt, der aufs Dach drückt. Aufs Dach drückt wie das kalte Gewicht der Einsamkeit.