Reiterhof Erlengrund 4: Das Fohlen Filina - Dagmar Hoßfeld - E-Book

Reiterhof Erlengrund 4: Das Fohlen Filina E-Book

Dagmar Hoßfeld

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Beschreibung

Normalerweise freut sich Mia ja über jedes neue Gesicht auf dem Reiterhof Erlengrund. Aber diese Neue, Felicitas, geht eindeutig zu weit. Sie trägt scharfe Sporen und benimmt sich total daneben. Viel schöner ist dagegen die Nachricht, dass die Stute Filigrande ein Fohlen erwartet. Doch dann bricht ein schlimmes Unwetter aus und Mia braucht ausgerechnet Felicitas' Hilfe, um Filigrande und ihr Fohlen retten zu können.

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Die Neue

Für Mia war ein Traum in Erfüllung gegangen. Das dunkelblonde Mädchen lehnte am hohen Holzzaun der Pferdekoppel und betrachtete ihr Pferd. Ihr eigenes Pferd!

Fast ein Jahr war vergangen und manchmal konnte Mia es immer noch nicht richtig begreifen, dass Tam nun wirklich ihr gehörte, ihr ganz allein.

Jeden Tag konnte sie auf den Reiterhof Erlengrund kommen und sich um ihren geliebten Schimmel kümmern. Sie konnte reiten, wann immer sie wollte – und wann immer es die Schule zuließ, natürlich. Sie musste Tam mit niemandem mehr teilen. Musste nicht mehr fragen. Mia war rundum glücklich. »Tam«, lockte sie leise, »komm her, mein Dicker.«

Der Apfelschimmel hob den edlen Kopf und sah aufmerksam zu Mia herüber. Aus seinem Maul guckten ein paar Grashalme hervor, die er langsam zermalmte. Erst dann setzte er sich in Bewegung und trottete mit langen Schritten in Richtung der Umzäunung auf seine wartende Freundin zu.

Liebevoll begrüßte das Mädchen den edlen Schimmel und strich ihm leicht über das von der Sonne gewärmte Fell.

»Hallo! Da bist du ja endlich«, begrüßte Mia ihr Pferd. Einen Moment legte sie den Kopf an Tams Stirn und schloss die Augen. Tam hielt ganz still, er prustete leise.

»Ach, Tam. Mein lieber, guter Tam«, sagte Mia leise, »wie lieb ich dich habe.«

Aus der Tasche ihrer dunkelblauen Reithose angelte Mia ein paar zerkrümelte Zuckerwürfel und hielt sie Tam unter die Nase. Der Lusitano griff vorsichtig zu und zerkaute die Süßigkeit genießerisch. Schnobernd suchte er nach mehr.

»Nein, Tam«, sagte Mia, »zu viel ist schlecht für deine Zähne. Gleich beginnt der Reitunterricht und vorher muss ich dich noch abschrubben. Du siehst ja aus wie ein dicker Laubfrosch!«

Tam warf den Kopf hoch und schüttelte die lange Mähne.

Mia lachte. Den schönen Apfelschimmel zierten große grüne Grasflecken und in der seidigen Mähne hingen ein paar hartnäckige Kletten. Es war offensichtlich, dass Tam sich wieder einmal ausgiebig im hohen Gras gewälzt und sein Mittagsschläfchen im Schatten des Knicks gemacht hatte.

»Na, dann komm mal mit, du Grashüpfer!« Geschickt befestigte Mia einen Karabinerhaken an Tams leichtem Halfter und führte den Lusitano an der kurzen Leine von der Weide.

»Wir dürfen uns auf keinen Fall verspäten«, meinte sie zu ihrem Pferd, »sonst gibt’s Ärger.«

Gelassen stapfte Tam neben dem Mädchen. Ab und zu senkte er den Kopf und schnappte links und rechts vom Weg nach ein paar Grashalmen. Genüsslich kauend erreichte er in aller Ruhe die Hofgebäude des Reiterhofes Erlengrund.

Fröhliches Gebell begrüßte Mia und Tam, als sie den hellen Stall betraten.

»Findus, kleiner Freund!« Mia streichelte den kleinen braunen Mischlingshund, der schwanzwedelnd an ihr hochsprang.

Auch Tam freute sich seinen kleinen Stallgefährten wiederzusehen, er stupste Findus spielerisch mit der Nase an.

Der kleine Hund war völlig aus dem Häuschen. Immer wieder drehte er sich vor Begeisterung um sich selbst und benahm sich so, als hätte er Mia und Tam seit einer Ewigkeit nicht mehr gesehen. Er umkreiste Tam und folgte ihm und Mia aufgeregt in die geräumige Box am Ende der langen Stallgasse.

Tam untersuchte zuerst schnobernd seinen Futtertrog. Zu seiner Enttäuschung war der steinerne Trog leer. Tam war mit einigen anderen Pferden des Reiterhofes Tag und Nacht auf der Sommerweide. Die Tiere fanden dort genügend gutes Futter. Es war jetzt nicht nötig, im Stall zuzufüttern.

Tam war gut genährt, wie Mia feststellte, als sie sich mit Striegel und Kardätsche daranmachte das grün gefärbte Fell zu putzen.

»Ach, Tam«, seufzte Mia, »ich glaube, wir beide müssen ein bisschen mehr arbeiten. Sonst siehst du bald aus wie ein Ballon auf Stelzen. Du wirst zu dick!«

Vergnügt rieb Tam den großen Kopf an Mias Schulter und knabberte zärtlich an ihren langen Haaren.

»Hallo, Pferdemädchen!« Sebastians blonder Haarschopf erschien über der halbhohen Boxentür. »Alles klar?«

»Hallo, Sebastian!« Mia sah lächelnd auf. »Ja, alles klar. Gibst du heute den Unterricht?«

Der junge Bereiter nickte. »Ja. Rolf ist noch unterwegs. Ihr müsst also heute mit mir vorliebnehmen.«

»Klasse!« Mia freute sich.

Bei Sebastian machte der Reitunterricht immer ganz besonderen Spaß. Sie und die anderen Reitschüler mochten ihren alten Reitlehrer Rolf Lehmann zwar unheimlich gern, aber Sebastian brachte irgendwie neuen Schwung in die Reitstunden. Ständig hatte er neue Ideen und überraschte die Mädchen und Jungen immer wieder mit neuen Aufgaben. Mal ließ er sie nach Musik reiten, mal ohne Sattel, um das Gleichgewichtsgefühl zu stärken. Und manchmal machte er lustige Reiterspiele nach englischem Vorbild mit ihnen, die die Geschicklichkeit und das Zusammenspiel von Pferd und Reiter fördern sollten. Alle, auch die Pferde, hatten Spaß und Abwechslung in Sebastians Reitstunden.

Mia war schon gespannt, was er sich für heute ausgedacht hatte.

»Wir sehen uns in zwanzig Minuten in der Halle«, sagte Sebastian und drehte sich um.

»Ja, geht klar.« Mia widmete sich weiter der Fellpflege. Sie schwitzte, nachdem sie die gröbsten Grasflecken aus Tams Fell gebürstet hatte. Vorsichtig verzog sie den langen Schweif ihres Pferdes.

Zufrieden betrachtete sie endlich ihr Werk. Jetzt sah Tam wieder aus wie ein richtiger Schimmel. Als Mia dann versuchte den Sattelgurt zuzuziehen, hielt sie verdutzt inne. »He«, sagte sie. »Der passte doch gestern noch! Ich fürchte, wir brauchen einen neuen Sattelgurt. Am besten gleich einen für Elefanten!«

Mit Mühe und einiger Kraft bekam Mia den Gurt schließlich zu, zwar im allerletzten Loch, aber immerhin: Der Sattelgurt war zu. Mia wischte sich den Schweiß von der Stirn und dachte kurz nach. Ein neuer Sattelgurt würde ihren Etat ganz schön durcheinanderbringen. Ihre Eltern bezahlten zwar Unterkunft und Futtergeld für Tam, aber für alle Extras musste Mia selbst aufkommen. Ihr Taschengeld reichte schon jetzt nicht hin und nicht her. Sie wusste zwar nicht genau, wie viel ein neuer Gurt kostete, aber sie entschied, dass eine Diät und etwas mehr Bewegung ohnehin die bessere und vor allem gesündere Lösung für Tam war. Sie wusste ja, dass ein eigenes Pferd nicht nur eine Menge Verantwortung bedeutete, sondern auch Geld kostete.

Als sie Tam auf den Stallgang führte, öffneten sich links und rechts die anderen Boxentüren. Dennis und Kathrin, Mias beste Freunde, führten ihre Pferde Filigrande und Blacky ebenfalls auf die Stallgasse.

»He, Mia«, Kathrin grinste strahlend. »Hast du schon gehört? Sebastian gibt heute die Stunde!«

Mia verdrehte die Augen. Ihre Freundin Kathrin war eindeutig in Sebastian verknallt. Mia fand das nicht so gut, sie zog ihre beste Freundin oft damit auf. Kathrin stritt zwar immer alles ab, aber ihr Erröten und das auffällige Getue, wenn Sebastian in der Nähe war, verrieten sie immer wieder.

Mia fand den jungen Bereiter ebenfalls unheimlich nett. Immerhin kannte sie ihn von allen am längsten und am besten, außerdem, bei ihr war es schließlich etwas anderes. Sebastian und sie … Schnell schob Mia den Gedanken fort.

Sie sah Dennis an. Der Junge zwinkerte ihr zu und tätschelte der Fuchsstute Filigrande den schlanken Hals. Nacheinander führten die Freunde ihre Pferde in die Halle. Sie nahmen in der Mitte der Reitbahn Aufstellung und überprüften noch einmal Zäumung und Sättel der Pferde. Auch ein paar andere Schüler waren gekommen.

Mia schaffte es tatsächlich, Tams Sattelgurt noch ein wenig anzuziehen, und ließ anschließend die schweren Steigbügel heruntergleiten. Tam stand ganz ruhig und sah sich gelassen um. »So, mein Dicker«, raunte Mia ihrem Schimmel zu, »dann wollen wir mal!«

Sie nahm die Zügel in eine Hand und setzte den linken Fuß in den Steigbügel. Dann schwang sie das rechte Bein über Tams breite Kruppe und ließ sich ganz leicht in den Sattel gleiten. Sanft strich sie Tam über den Hals und lobte ihn.

Als alle Reitschüler in den Sätteln ihrer Pferde saßen, betrat Sebastian munter die sonnendurchflutete Reithalle. Zufrieden musterte er die Abteilung.

»So, Herrschaften, los geht’s!«, rief der junge Reitlehrer und verneigte sich leicht. »Es soll mir wie immer eine Ehre sein.«

Die Jungen und Mädchen nickten und nahmen die Zügel auf. Sebastian ließ die Abteilung auf der rechten Hand zunächst ein paar lockere Runden im Schritt auf dem weichen Hufschlag gehen. Die Pferde schnaubten und streckten sich, die Sättel knirschten. Ab und zu flog eine Schwalbe durch ein geöffnetes Fenster, um ihren Nachwuchs in dem Nest über der Reitbahn mit Futter zu versorgen.

»Abteilung im Arbeitstempo Teerrab!« Sebastian stand in der Mitte und gab ruhig seine Kommandos.

Mia fühlte sich völlig entspannt. Tam ging ganz locker und weich, er reagierte willig und aufmerksam auf die leichten Hilfen seiner Reiterin.

Die Abteilung wechselte die Hand und Sebastian ließ eine leichte Dressuraufgabe reiten. Alles klappte wie am Schnürchen, als plötzlich draußen ein ohrenbetäubender Knall ertönte.

Im Handumdrehen brach bei den Pferden Panik aus. Filigrande stieg steil und der arme Dennis konnte sich nicht im Sattel halten. Im hohen Bogen landete er unsanft in den Sägespänen, benommen blieb er einen Moment liegen. Die scheue Fuchsstute tobte durch die Halle und steckte die anderen Pferde mit ihrer Angst an.

Mia spürte, wie Tam sich versteifte. Sie versuchte ihn zu beruhigen und legte sanft eine Hand auf seinen Hals, aber der kräftige Schimmel riss den Kopf hoch und jagte vorwärts, wobei er voll auf Blackys dickes Hinterteil prallte.

Kathrin drehte sich mit empörtem Gesicht im Sattel um, aber da fing der schwere Rappe schon an zu buckeln und auszuschlagen und Kathrin fand sich neben Dennis auf dem Hallenboden wieder.

»Ruhig, Leute, ganz ruhig!« Sebastian versuchte Ordnung in das Chaos zu bringen, aber niemand achtete auf ihn.

Alle hatten mit sich selbst und ihren Pferden zu tun. Tam und zwei weitere Pferde gingen durch.

Mia hielt die Luft an. »Ruhig, Tam! Bleib ruhig«, stieß sie hervor, aber ihr Schimmel reagierte nicht. Gemeinsam mit den anderen Pferden tobte er herum und Mia beschloss sich jetzt nur noch aufs Festhalten zu konzentrieren. Die Holzbande flog nur so an ihr vorbei und Tam schien sich nicht beruhigen und sein Tempo verringern zu wollen. Als der große Schimmel ganz plötzlich die Vorderbeine in die Sägespäne stemmte, um gleich darauf in die entgegengesetzte Richtung zu preschen, passierte es. Mia verlor endgültig den Halt und stürzte über Tams Schulter. Hart prallte sie auf und sah mit Entsetzen, dass Filigrande ungebremst und in vollem Galopp auf sie zustürmte.

»Mia!« Sebastian schrie auf.

Alles ging sehr schnell. Mia schloss die Augen und versuchte sich blitzschnell zur Seite zu rollen. Sie spürte einen stechenden Schmerz am linken Bein und blieb dann ruhig liegen. Mit einem großen Satz war Sebastian bei ihr und beugte sich über sie. »He, Mia!«, rief er. »Ist dir etwas passiert? Kannst du dich bewegen? Sag doch etwas!«

»Alles klar!« Mia setzte sich stöhnend auf und schob sich die blonden Haare aus dem Gesicht. »Geht schon wieder …«

»Vorsichtig«, sagte Sebastian beunruhigt, »ganz vorsichtig. Kannst du aufstehen?«

Mia sah auf. Ihre Freunde umstanden sie stumm. Alle waren sehr blass.

Dennis und Kathrin hatten Sägespäne im Haar.

»Meine Güte!«, sagte Mia endlich. »Nun guckt doch nicht so bedröppelt! Ich lebe schließlich noch!«

Alle lachten erleichtert auf, nur Sebastian schüttelte den Kopf. »Mann, das war knapp!«

Er half Mia beim Aufstehen. Als sie auf den Füßen stand, bemerkte sie, dass ihre Reithose am Oberschenkel aufgerissen war. Vorsichtig spähte sie durch den zerrissenen Stoff und entdeckte eine große Schürfwunde. Filigrande hatte sie also doch erwischt. Offenbar stammte die Wunde von einem beschlagenen Pferdehuf.

»Sauberer Streifschuss!«, sagte Dennis und wieder lachten einige zögernd.

»Na, so sauber ist das allerdings nicht«, sagte Sebastian ernst. Er besah sich die Verletzung genauer. »Die Wunde muss unbedingt desinfiziert werden. Mia, hast du Tetanusschutz?«

»Ich glaube schon«, erwiderte das Mädchen unsicher. Sie war nicht sicher, wann sie ihre letzte Tetanus-Impfung bekommen hatte, ob der Impfschutz noch gültig war.

»Na, weil sich die Wunde entzünden kann!« Kathrin war an Mias Seite getreten und legte einen Arm um sie.

»Und was das bedeutet, weiß jeder«, sagte Dennis und machte ein düsteres Gesicht. »Amputation!«

Mia versuchte nach ihrem Freund zu treten, aber heftige Schmerzen in ihrem Bein hinderten sie daran. »Autsch!«, entfuhr es ihr.

»Siehst du!« Sebastian war nicht nach Lachen zu Mute. »Du musst sofort zum Arzt!«

»Aber die Pferde!«, protestierte Mia. »Wo ist Tam überhaupt?«

Erst jetzt sah sie, dass die Pferde sich wieder beruhigt hatten. Sie standen im Halbkreis um sie herum und sahen sie neugierig an.

»Tam, du dummes Pferd!«, sagte Mia und streckte eine Hand nach dem großen Schimmel aus. »Wie konntest du dich nur so dämlich benehmen? War doch gar nichts los!«

Tam kam langsam und mit gesenktem Kopf auf Mia zu. Auch die anderen Pferde ließen sich jetzt von ihren Reiterinnen und Reitern bereitwillig am Zügel nehmen und festhalten. Alle schnaubten und waren verschwitzt nach dem wilden Gerenne, aber zum Glück war keinem von ihnen etwas passiert.

»Was war denn eigentlich los?«, fragte Kathrin und sah in die Runde. »Irgendwie ging alles so wahnsinnig schnell. Ich weiß gar nicht, was überhaupt geschehen ist.«

»Wahrscheinlich war’s ein Düsenjäger im Tiefflug«, erwiderte Sebastian. »Es war eindeutig ein Überschallknall. Das haut wirklich jeden um. Es ist nicht das erste Mal, dass Pferde in Panik geraten. Wenn diese Tieffliegerei doch endlich mal verboten würde!«

»Ach, armer Tam«, Mia war zu ihrem geliebten Pferd getreten. »Du kannst natürlich nichts dafür! Mein Guter!«

Tam senkte den Kopf und ließ sich die Nase kraulen.

»So«, Sebastian holte tief Luft, »das ist ja gerade noch mal gut gegangen. Was wollen wir nun machen? Die Reitstunde hatte ja eigentlich erst angefangen. Wollen wir’s noch einmal versuchen?«

Die Reitschüler nickten.

»Gut«, sagte der junge Bereiter. »Dann würde ich vorschlagen, ihr führt eure Pferde zunächst einmal ein paar Runden am Zügel, damit sich alle endgültig beruhigen können. Und du«, wandte er sich an Mia, »machst Schluss für heute und gehst zum Arzt!«

»Was? Wart mal ’nen Moment!« Ehe Sebastian sich’s versah, hatte Mia ihm Tams Zügel in die Hand gedrückt und lief aus der Halle. »Ich ruf mal eben meine Mutter an!«

»Also, Mia«, rief Sebastian ihr nach, »du kommst sofort zurück!«

Aber Mia war schon längst aus der Halle und auf dem Weg zum Reiterstübchen. Hastig griff Mia nach dem Telefon, das an der Wand hing, und wählte die Nummer ihrer Eltern. Die Mutter war am Apparat.

»Du, Mama«, sprudelte Mia ohne jede Erklärung heraus, »habe ich eigentlich noch Tetanusschutz?«

»Mia!«, erklang die Stimme der Mutter. »Was ist passiert? Bist du verletzt?«

»Nein, Mama, keine Panik!«, entgegnete Mia. »Ich möchte es einfach nur mal wissen.«

»Also, Mia«, ihre Mutter ließ nicht locker, »ich glaube, du solltest mir lieber gleich sagen, was los ist!«

»Mama«, Mia wurde ungeduldig, »nichts ist passiert, echt nicht. Also, hab ich nun Tetanusschutz oder nicht?«

»Ja, natürlich hast du!«, antwortete die Mutter. »Und ich glaube, das musst du mir nachher noch einmal in Ruhe erklären.«

»Ja, mach ich, Mami.« Für Mia war das Gespräch bereits erledigt. »Du, bis später!« Schnell hängte sie ein, bevor die Mutter noch weitere Fragen stellen konnte.

Als Mia sich umdrehte, stand Rolf Lehmann in der Tür und runzelte die Stirn.

»Hallo, Mia!« Er sah das Mädchen fragend an. »Was ist los? Solltest du nicht in der Halle sein?«

Mia zuckte zusammen. »Ach, hallo, Herr Lehmann!« Sie versuchte ruhig zu bleiben. »Ja, es ist alles in Ordnung. Ich wollte nur mal schnell meine Mutter anrufen. Bin schon wieder weg.« Sie verdeckte den Riss in ihrer Reithose mit der Hand und schlängelte sich an Rolf Lehmann vorbei durch die Tür. »Ich geh jetzt lieber wieder in die Halle«, sagte sie schnell. »Die anderen warten bestimmt auf mich.«