Resonanzraum - Thomas Krippgans - E-Book

Resonanzraum E-Book

Thomas Krippgans

4,8

Beschreibung

Wissen Sie wo Ihre Gedanken, Gefühle und das Erlebte gespeichert werden? Sie glaube das alles wird im Gehirn gespeichert? Sind Sie sich sicher? Jean-Luc Eikel, der jung Computer Wissenschaftler, macht eine bahnbrechende Entdeckung bei seinen Versuchen mit Zellkulturen die eigentlich für Bio Computer bestimmt sind. Er kann die Verbindung zu der Gedankenwelt anderer Menschen herstellen. Doch er macht einen Fehler. Die Information, dass die Zellkulturen Verbindung zu Gedanken anderer Menschen herstellen kann, gelangt in die Hände geheimdienstlicher Institutionen. Diese haben höchstes Interesse an dieser Technologie und den Zellkulturen. Auch religiöse Gruppierungen sind ihm auf den Fersen. Wer gewinnt das Rennen vom schwäbischen Stuttgart um die halbe Welt? Welche Auswirkung hat die Entdeckung für die Zukunft und in der Zukunft? Jean-Luc wird gejagt. Es gibt allerdings nur einen Weg dieses Wissen für die Menschheit zu retten.

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Seitenzahl: 423

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Roman Resonanzraum

Wissen Sie wo Ihre Gedanken, Gefühle und das Erlebte gespeichert werden? Sie glaube das alles wird im Gehirn gespeichert? Sind Sie sich sicher?

Jean-Luc Eikel, der jung Computer Wissenschaftler, macht eine bahnbrechende Entdeckung bei seinen Versuchen mit Zellkulturen die eigentlich für Bio Computer bestimmt sind. Er kann die Verbindung zu der Gedankenwelt anderer Menschen herstellen.

Doch er macht einen Fehler. Die Information, dass die Zellkulturen Verbindung zu Gedanken anderer Menschen herstellen kann, gelangt in die Hände geheimdienstlicher Institutionen. Diese haben höchstes Interesse an dieser Technologie und den Zellkulturen. Auch religiöse Gruppierungen sind ihm auf den Fersen. Wer gewinnt das Rennen vom schwäbischen Stuttgart um die halbe Welt?

Welche Auswirkung hat die Entdeckung für die Zukunft und in der Zukunf?

Jean-Luc wird gejagt. Es gibt allerdings nur einen Weg dieses Wissen für die Menschheit zu retten.

Dieses Buch erhebt keinen Faktizitätsanspruch, obwohl Institutionen oder Firmen so oder ähnlich existieren könnten. Alle Personen, Konstellationen, Gedanken und Gespräche sind frei erfunden.

Für Silke.

Inhalt:

Das Ende

Woher – wohin

Gesucht

Blau

Zurück

Fluchtpunkt

Neu

Gewitter

Hauch

Party

Cyberbrain

Der Zugang

Leuchten

Strömung

Blog

Training

Zu zweit

Jagd

Heimat

Weggefährte

Süß

Gesicht

Verräter

Aufbruch

Duett

Klima

Weckruf

Nah

6:55 Uhr

Verzögerung

Bierbauch

Seelenverwandt

Strahlung

Henkersmahlzeit

Empfangskomitee

Trainingslager

Overseas

Beihilfe

Was ist schon alles

Die Zeit drängt

Ein neues Heim

Ungehorsam

OP

Bruch

Richtig oder falsch

Erste Hilfe

Abflug

Bekannte

Trance

Vier

Verpuppung

Gerechtigkeit

Das Ziel und der Weg

Zuviel

Obdach

Aufteilung

Fulminant

Der Anfang

Vergangene Zukunft

Danksagung

Quellen

Das Ende

Das war ja wieder mal ein total beschissenes Treffen gewesen mit Henning Grunch. Wie er diesen Menschen hasste. Und was sollte dieser Peter, der mit geschlossenen Augen das Meeting begleitete? Hatte der etwa geschlafen? Also so etwas würde er sich nie wieder bieten lassen.

Nick David fühlte sich jedes Mal großartig, wenn es ihm gelungen war, die Geschäfte von Henning Grunch zu durchkreuzen und seinen Profit daraus zu ziehen. Es war ihm immer wieder ein Genuss.

Doch heute fuhr er voller Zorn nach Hause. Er hatte sich nicht klug verhalten und seine sonst so gewandten Umgangsformen fallen gelassen. Auch seine Maske der freundlichen Unschuld und Hilfsbereitschaft war ihm verrutscht.

Wie soll ich das wieder geradebiegen, fragte sich Nick. Er hatte im Moment nicht die kleinste Idee, wo er ansetzen könnte, um dieses Geschäft erneut an sich zu ziehen. Aber er war sich sicher, dass ihm schnell was einfallen würde. Wenn er ein Talent hatte, dann war es, Mittel und Wege zu finden, andere auszubooten. Legal oder illegal, denn Moral und Fairness waren Fremdwörter für ihn.

»Jana bist du da? Komm schon, es ist dringend. Ich muss was mit dir besprechen!« rief er, als er das Haus betrat.

»Ach Nick, kaum tauchst du auf, müssen alle Freudensprünge machen und nach deiner Pfeife tanzen. Gedulde dich einen Augenblick, ich bin gleich da.«

Das war genau die Reaktion, die Nick auf den Tod nicht ausstehen konnte. In ihm kochte es. Dieser Dame würde er es schon noch zeigen. Sie waren zwar bereits über zwei Jahre zusammen, aber Nick wurde das Gefühl nicht los, dass er sie irgendwie nicht in den Griff bekam. Auf der einen Seite war das reizvoll für ihn, da er es nicht gewohnt war, dass sich ihm jemand widersetzte. Andererseits verunsicherte es ihn, zumal es sich um eine Frau handelte. Vielleicht war er gerade deshalb schon so lange mit Jana zusammen. Aber das ist eben so bei Menschen, die irgendwie alles bekommen. Sie sind es gewohnt, dass alles ohne Widerspruch funktioniert und so läuft, wie sie es sich vorstellen.

Seine früheren Beziehungen hatten nie lange gedauert. Meist hatten ihn die Frauen, eine attraktiver als die andere, nach kurzer Zeit gelangweilt und er verließ sie wieder für eine neue Eroberung. Er mochte den Nimbus des Unwiderstehlichen. Er konnte alle Frauen haben, die er wollte, auch wenn die anderen denken mochten, dass er eher Weiberheld, als ein verlässlicher Geschäftspartner sei.

Jana kam in einem kurzen schwarzen Hemd und Sandalen die Treppe herunter. Das lange braune Haar umrahmte ein ausdrucksstarkes, ebenmäßiges Gesicht mit klaren blauen Augen, die scheinbar kein Wässerchen trüben konnten. Sie hatte unter dem Hemd nur einen Slip an und ihre langen Beine trugen sie geradezu modelhaft die Treppe herunter. Sie wusste natürlich genau, dass Nick bei diesem Anblick schwach werden würde. Doch diesmal sollte das nicht funktionieren.

»Jana, so klappt das nicht! Wenn ich dich bitte, zu kommen …«

»Wo war das bitte? Nick, das Wort kennst du doch überhaupt nicht!«

»Wenn ich sage, du sollst kommen, dann erwarte ich, dass du sofort kommst.«

»Ich werde in Zukunft mein Bestes tun.«

Unwirsch erzählte Nick ihr von dem Treffen mit Henning Grunch. Dann sprang er unter die Dusche und machte sich fürs Bett fertig.

*

Es war zehn Uhr morgens, als sich Jana am Frühstückstisch wunderte, dass Nick noch nicht aufgetaucht war. Sonst war er jeden Morgen beim Laufen oder beim Schwimmen im Pool. Nur, wenn der Körper fit ist, kann der Geist klar arbeiten, sagte er immer.

Jana schob ihren Teller beiseite, trank ihren Espresso, stand auf und ging mit geöffnetem Morgenmantel in die obere Etage, wo die Schlafräume lagen. Der naturfarbene Seidenmorgenmantel zeigte ihre vollkommene Figur . Sie liebte diese schmeichelnde Leichtigkeit der Seide auf ihrer Haut.

Die Schlafzimmertür von Nick war geschlossen. Jana öffnete sie, und schon beim Öffnen der Tür schlug ihr ein widerlicher Gestank nach Exkrementen entgegen. Sie hielt sich den Ärmel ihres Seidenmantels vor das Gesicht.

Nick lag mit offenen Augen, halb zugedeckt, leise wimmernd im Bett und sabberte vor sich hin. Seine Arme bewegten sich ziellos. Er hatte ins Bett gemacht und sich scheinbar darin gewälzt.

Sie trat ans Bett. Der Geruch ließ sie würgen. Keine Reaktion von Nick. Er schien wach zu sein, wimmerte, aber registrierte sie nicht.

»Nick, um Gottes willen, was ist los«, rief sie fast schon hysterisch. Sie rüttelte ihn an der Schulter.

Nick fing laut an zu weinen und schrie plötzlich. Sein Gesicht wurde ganz rot. Seine Augen füllten sich mit Tränen.

Jana kam es vor, als läge ein schreiendes Riesenbaby vor ihr im Bett. Sie war vollkommen durcheinander und wusste nicht, was sie tun sollte, schaute sich hektisch in Nicks Schlafzimmer um und war immer noch ratlos. War er krank? Hatte er einen Schlaganfall oder so was Ähnliches?

»Ruf Professor Petersen an«, wies sie den Kommunikator an, der prompt die Verbindung herstellte.

Sie hatte zwar seine private mobile Nummer wählen lassen, trotzdem meldete sich erst mal der übliche elektronische Assistent.

»Gib mir bitte Jan.«

Die Stimmerkennung registrierte, dass das ein privater Anruf einer guten Freundin von Professor Jan Petersen war, und leitete den Anruf mit den freundlich klingenden Worten »Moment, ich verbinde« weiter.

Professor Petersen meldete sich sofort. Für die Davids hatte er immer Zeit, musste er immer Zeit haben.

Die Davids waren gute Freunde und Nick David einer der wichtigsten Sponsoren für seine Klinik und seine Forschungsarbeiten. Forschungsarbeiten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt und nicht immer unbedingt mit dem ärztlichen Moralkodex vereinbar waren. Aber das schien Nick nicht unbedingt zu interessieren.

Jana schilderte aufgeregt, wie sie Nick vorgefunden hatte. Jan unterbrach sie mehrmals, da sie ihre hysterischen Schreie nicht unterdrücken konnte und versuchte, sie zu beruhigen. Erst als er versprach, sofort zu kommen, wurde Jana ruhiger »Jan, ich verlasse mich darauf, dass du in ein paar Minuten hier bist«, sagte sie jetzt bestimmt.

*

Jan hatte den Fingerzeig verstanden und sich sofort auf den Weg gemacht.

Er rannte mit dem MedScan Köfferchen zur Tür von Nick Davids Haus, die bereits für ihn geöffnet worden war. Er wusste, wo Nick sein Schlafzimmer hatte und eilte die Treppe hinauf, indem er immer zwei Stufen auf einmal nahm. Ihn erschreckte und ekelte der Gestank nach Fäkalien. Als er das letzte Mal in diesem Raum gewesen war, hatte er andere Gerüche in der Nase gehabt, die schwerer, teurer Parfüms. Mehrere mit Eis gefüllte Champagnerkühler waren über den Raum verteilt gewesen. Von wegen Schlafzimmer; vier junge Frauen, natürlich über achtzehn, hatten auf ihn und Nick gewartet. Das Versprechen einer erotischen Nacht hatte sich erfüllt.

Er begrüßte Jana mit einem Nicken und wandte sich gleich Nick zu, der wimmernd in seinem Bett lag. Er holte seinen Scanner aus dem Köfferchen und checkte Nick mit gerümpfter Nase. Jan führte den Scanner von den Füßen bis zum Kopf und nahm sich dann doch etwas mehr Zeit, um die Ergebnisse auf dem Display des Scanners durchzugehen.

»Komisch. Körperlich scheint Nick in äußerst guter Verfassung zu sein. Der Scanner findet keine Abweichungen. Wie er reagiert, bzw. nicht reagiert, ist mir ein Rätsel.«

»Aber da muss doch was sein!«, kreischte Jana hysterisch, was sonst überhaupt nicht ihre Art war. Sie hatte sich immer gut im Griff. Doch jetzt krallte sie sich in seinen Unterarm.

»Ich bin mir nicht sicher, was mit Nick los ist. Aber ich meine, ich habe so etwas schon mal gesehen«, sagte Jan.

Er nahm Jana in den Arm. »Ich habe so etwas nur einmal erlebt. Das ist aber schon viele Jahre her. Es war noch in der Anfangszeit meiner Forschungen und geschah mit einem sehr zwielichtigen Menschen …«

»Was ist mit Nick passiert«, unterbrach Jana schon fast wieder kreischend. »Halte mir jetzt keinen Forschungsvortrag! Was ist mit ihm los?«

Er verspürte Trauer, soweit er dazu überhaupt in der Lage war. Nick war sein wichtigster Sponsor, und wenn seine Ahnung zutraf, waren sein Labor und seine Forschungen erledigt. »Jana, Nick ist gelöscht worden.«

Woher – wohin

Wir schreiben das Jahr 2131 – nein, ich schreibe das Jahr 2131. Wer schreibt den heute noch? Kaum jemand ist noch in der Lage zu schreiben; manuell mit einem Stift oder mit den Fingern auf der Unterlage. Es ist nicht mehr notwendig, glauben viele, und es gerät in Vergessenheit. Wer möchte sich schon die Mühe machen zu erlernen, geduldig einen Stift über eine Fläche zu führen, dabei wundervolle, verschnörkelte und doch Sinn gebende Zeichen zu malen? Oder jemand tippt mit flinken Fingern auf der Aktivfläche Buchstaben, die sich erst zu Wörtern und dann zu Sätzen zusammenfügen. Wer nutzt das noch als vermittelndes Element des Gedanken-Austausches bzw. der Gedanken-Anbietung.

Geschriebenes ermöglicht nicht automatisch, die Rückschlüsse des Lesers sofort an den Schreiber zurück zu vermitteln.

Dennoch schreibe ich heute. Wo es doch viel schneller geht, Ideen, Informationen und Wissen zu vermitteln, wie wir es seit vielen Dekaden gewohnt sind zu tun.

Das Jahr 2131 birgt für mich ein besonderes Ereignis. Ich werde Vater! Vom Standpunkt der Menschheit aus gesehen eigentlich nichts Besonderes, seit es Menschen gibt, ist immer jemand Vater geworden. Aus der Sicht meiner kleinen physischen Welt ist es ein großes Ereignis.

Du wirst diese Seiten, Zeilen, Wörter und Buchstaben sicher erst lesen, wenn du älter bist; sofern ich dich dafür begeistern kann, Handgeschriebenes zu lesen. Ich hoffe, du wirst eines Tages verstehen und begreifen, dass der Inhalt dieser Seiten für dein Überleben als freies Individuum essenzielle Botschaften und Hinweise enthält. Zwar kann auch Handschriftliches vernichtet und vor der Nachwelt verborgen werden, doch ist es für die jetzige Zeit eine etwas sicherere Methode, die Gedanken von Gewesenem und Erlebtem als eine andere Art Sicherungskopie zu bewahren.

Deine Geburt gehorcht einer interessanten Reihe. Deine Vorväter wurden 1856, 1900, 1931, 1956, 2000, 2031, 2056 geboren und ich 2100. Wie es aussieht, wirst du 2131 zur Welt kommen. Das sieht nach einer guten Tradition aus. Doch viele sind in den letzten Dekaden verschwunden. Ich würde sagen, spurlos verschwunden!

Gesucht

Wieder so ein Tag, von dem man sich wünscht, er möge schnell vergehen oder er hätte so überhaupt nicht stattfinden sollen, dachte Peter ernüchtert. Er hatte keinen vollständigen Erfolg mit seinem Vorhaben gehabt, obwohl es bis ins kleinste Detail durchgeplant war.

Doch wie fast immer, wenn man eine weitere Person hinzuziehen musste, ergab sich eine Schwachstelle, die schlecht kontrolliert werden konnte. Das hatte er zwar vorher schon geahnt und Vorkehrungen getroffen, sehr spezielle Vorkehrungen, wie er gemeint hatte, aber ...

Der Resonanz sei Dank musste man heute nicht mehr körperlich töten, es gab einen viel effizienteren Weg, jemanden auszulöschen, ohne dass auch nur die geringste Spur von ihm übrig blieb. Doch das war nicht alleine zu schaffen. Deshalb entstanden oft Schwierigkeiten bei der Durchführung. Einer der Hüter müsste involviert werden.

Peter hatte zwar wieder einmal die Vergangenheit bereinigen können, aber da war eben noch der Hüter. Okay, ein kleines Risiko gab es eben immer, und er war bereit, dieses einzugehen. Dafür würde er unbehelligt weiterleben können und fürstlich entlohnt werden. Aber er hatte sich wie immer noch keine konkreten Gedanken gemacht, was er mit der Entlohnung anfangen wollte. Das würde er erst tun, wenn er die Einheiten in Händen hielt. Wichtiger war, sein Leben und seine Seele vor dem Zugriff zu retten.

Doch heute wich er von seinem Weg ab, ungewöhnlich für sein sonst so professionelles und diszipliniertes Vorgehen. Heute machte er sich Gedanken über seine Zukunft, geschützt vor dem Resonanzraum. Wie lange wollte er das noch machen oder besser gesagt, wie lange sollte er das noch erfüllen müssen? Er hatte bis heute keinen Ausstiegsplan. Noch nicht! Es schien ihm stets zu früh zu sein. Doch sein Instinkt sagte ihm, hoffentlich für seinen Kunden nicht zu offenkundig, dass er unauffällig verschwinden sollte.

Er lachte in sich hinein. Gleich morgen würde er mit der Planung beginnen. Sie musste effektiv, genau und noch detaillierter sein, als bei seinem Auftrag, mit absoluter Risiko- und Möglichkeitenbewertung. Er konnte eine gewisse Sehnsucht nach Anerkennung nicht verleugnen. Sein Verschwinden wäre die letzte Aktion von ihm und sollte in der Szene und bei seinem Kunden so etwas wie Respekt erzeugen, obwohl er wusste, dass solche Gedanken mehr Risiken als Möglichkeiten der Erfüllung bargen.

Peter musste sich sputen, dem Hüter noch einmal eindeutig seine Position erklären und ihm noch eindringlicher die Gefahr verdeutlichen, in der dieser sich befand, sollte auch nur der kleinste Informationsschnipsel auftauchen. Aber das müsste funktionieren, der Hüter war ja ein Gesinnungsgenosse.

Der Hüter war in schlechter Stimmung. Peter war sich sicher, dass er eine Ahnung hatte, was auf ihn zukommen würde. Aber Ahnungen waren Regungen, auf die sich ein Hüter nicht einlassen durfte. Nur klare Informationen aus dem Resonanzraum durfte er berücksichtigen. Doch bei Menschen spielten eben Gefühle immer noch eine Rolle. Sie agierten anders, wenn Gefühle ins Spiel kamen. Da konnten Regeln, Vorschriften oder ein Standes-Code nicht unbedingt helfen.

Peter setzte sich an den Tisch. Er war ein Profi. Sein Blutdruck blieb normal, keine Schweißperle benetzte seine Stirn oder befeuchtet sein wunderbar blaues, wie Seide schimmerndes Shirt. Die Kontrolle seiner Körperfunktionen hatte er in jahrelanger Übung perfektioniert. Peter blieb cool, was er von dem Hüter nicht behaupten konnte. Bei ihm zeichneten sich Schweißflecken auf dem purpurroten Gewand ab. Wenn Schweiß rote Seide benetzte, wurde sie dunkler, doch das war jetzt nicht relevant, sondern für Peter höchstens ein Zeichen, dass er mit diesem Menschen besonders umsichtig verfahren musste.

Er kannte das ja schon von einem früheren Fall der Justiz. Die Strategie war klar. Der Hüter sollte nur erfahren, dass ihm das Gleiche passieren konnte, wie es bei Peter geplant war, der verschwinden beziehungsweise gelöscht werden sollte.

»Du kennst meine Fähigkeiten und du weißt, was manchmal passiert, um Störungen zu vermeiden?«, begann Peter die Sachlage und Folgen zu erklären.

»Ich weiß sehr wohl, was passieren kann, doch ist die Loge der Hüter noch nie in solche Schwierigkeiten gekommen«, antwortete der in Rot gekleidete Hüter äußerlich ruhig.

»Dann kennst du nicht die ganze Wahrheit. Ich kenne sie und ich wäre beinahe … Aber das spielt hier keine Rolle. Ich sage dir nur so viel, ich konnte entkommen und kann auch dafür sorgen, dass niemand entkommt. Lass uns jetzt über das Geschäft reden. Ist es erledigt, bin ich weg, und du hast nichts zu befürchten.«

Dem Hüter war klar, was das für ihn bedeutete. Er blieb erstaunlich ruhig und gelassen, zumindest äußerlich, was Peter Hoffnung gab. Natürlich wusste Peter um den inneren Kampf des Hüters, würde er doch das wichtigste Grundprinzip seines Standes verletzen.

Als Peter ging, wusste er, dass ihm keine Gefahr mehr drohte. Der Hüter war leichter zu behandeln gewesen als gedacht. Dennoch wollte er sich nicht zu sicher fühlen. Ein Restrisiko gab es immer. Aber seine Gedanken schweiften, wie immer, wenn er das ohne Einbeziehung des Resonanzraumes tat, ab, in Richtung seines neuen Planes – seines Verschwindens.

Die nächste Aktion war, mit Professor Petersen zu sprechen. Auch dieser sollte wissen, in welche Gefahr er sich begeben könnte. Anschließend musste er an seine Energie-Einheiten kommen. Er hatte seine Selbstverteidigung als Auftrag verkauft. Die Abwicklung musste mit der ihm gewohnten Zwanglosigkeit einhergehen, um keinen Verdacht zu wecken. Der Kunde war clever, sehr sensibel und ohnehin misstrauisch. Bei ihm war absolute Vorsicht geboten.

Peter war klar, dass er sich mit ihm allemal im illegalen Bereich bewegte. Sein Kunde war für seine Verschlossenheit bekannt, was für seine Arbeit nicht nur ein Muss, sondern überlebenswichtig war. Er durfte keinerlei Signatur im Resonanzraum hinterlassen, was nur durch große Anstrengung und Selbstdisziplin möglich war.

Mit seinen Fähigkeiten, über tiefste Meditation Gedanken auszuschalten und nur noch zu handeln, hatte er die Fähigkeiten seines Lehrers und Meisters weit übertroffen. Wobei sein Meister nicht ahnen konnte, dass er einmal auf der anderen Seite der Erkenntnis seine Kreise ziehen würde. Woher sollte das auch jemand wissen, da Peter seinen Gedankenstrom im Resonanzraum ausschalten konnte wie fast kein anderer.

Gleich würde Peter das überwältigende Anwesen seines Kunden erreichen und die Energie-Einheiten in Empfang nehmen. Sein Schwebewagen trug ihn sanft über die von leichtem Wind gekräuselten Ährenfelder, die noch in saftigem Grün erschienen und sich mit langen Hälsen zur Sonne reckten. Er hatte heute die bodennahe Route gewählt, da er dann besser die Schönheit der Natur genießen konnte. Vereinzelte Buschreihen, die in voller Blüte standen, säumten die Felder. Er konnte den Geruch der wilden Rosen erahnen. Peter genoss diese kleine Reise und entspannte sich zunehmend.

Diese angenehme Art zu reisen, wie sie die in der Schwerkraft schwimmenden Schwebewagen boten, erfreute ihn immer wieder. Er reist gerne und viel auf diese Weise. Oft auch nur zum Vergnügen oder um sich dem Geschwindigkeitsrausch hinzugeben. Manchmal auch nur, um die renaturierte Erde und ihre Schönheit zu bestaunen.

Er konnte das auch heute fühlen, zumal in seinem Unterbewusstsein, verriegelt und für niemand anders zugänglich, sein Plan, zu verschwinden, mehr und mehr Gestalt annahm.

Nur noch wenige Minuten, bis er bei seinem Kunden ankommen würde.

Blau

Jean-Luc hasste es, immer wieder zu einer Samstags- und Sonntagsschicht im Labor eingeteilt zu werden. Aber was sollte er machen? Die Schichtzulage brauchte er dringend, um überhaupt über die Runden zu kommen. Jobs wie diesen gab es nicht viele. Seine Ausbildung als Bio-Informatiker war zwar als zukunftsträchtige Ausbildung angepriesen worden, es muss aber auch Unternehmen geben, die jemanden wie ihn beschäftigten und bezahlten wollen.

Er hatte sich während seines Studiums vorgestellt, durch seine Ausbildung später ein ordentliches Auskommen zu haben. Sein Abschluss war nicht gerade der beste. Mit einer 2,4 und dem Jahr, das er länger benötigt hatte, konnte er froh sein, da zu sitzen, wo er jetzt war: bei BioComp als Laborant.

Das zusätzliche Studienjahr bezeichnete er als Vertiefungsstudium. In Wahrheit hatte er sich während dieser Zeit intensiv mit dem Hacken von Computern und Servern so mancher Regierung und Sicherheitsorganen beschäftigt. Er hatte in dieser Zeit einen ziemlich hohen Level und ein paar spektakuläre Erfolge erlangt; unter anderem hatte er den Server des Europäischen Sicherheitsservices gehackt. Einmal drin, hatte er seine ihm unangenehmen Daten gelöscht und durch unauffällige ersetzt. Obendrein hatte er auf der Startseite ein kleines Video, das betrunkene Regierungschefs und Politiker zeigte, hinterlassen.

Er hat in dieser Zeit nichts zerstört oder kaputtgemacht, er wollte nur zeigen, dass es die absolute Sicherheit in der vernetzten Welt nicht gab und nicht geben wird.

BioComp war ein führendes Hightech Unternehmen in der aufkeimenden Bio-Computer-Industrie und vom Mutterkonzern FortyTwo mit seinem exzentrischen Vorsitzenden und Inhaber Tobias David finanziell gut ausgestattet. Trotzdem waren kommerziell verwertbare Lösungen erst langfristig in Sicht. Was den großen Vorsitzenden, in Insiderkreisen Grövo genannt, immer wieder zu lautstarken Wutanfällen veranlasste.

Grövo war die Abkürzung für Größter Vorsitzender aller Zeiten.

BioComp war das heiß geliebte Hobby von Grövo, aber gleichzeitig der Teil seiner Unternehmungen, welcher sich nicht mit radikalen und fanatischen, aber meist auch äußert kreativem Marketing, in einen warmen Geldregen verwandeln ließ. Sonst schaffte er es gewöhnlich immer wieder, ein ursprünglich tot geglaubtes Thema in den Markt zu puschen und damit einen Hype zu erzeugen.

Doch das war Jean-Luc heute egal. Ihn erwartete eine öde Schicht und damit ein langweiliges Wochenende. Protokollieren, Werte ablesen, dokumentieren und sicherstellen, dass alle gerade laufenden Prozesse um Gotteswillen nicht gestört wurden. Also ein großer Haufen eintöniger Routinearbeit.

Er hatte jedoch vorgesorgt und wenigstens für ein bisschen Abwechslung seinen Personal-Desktop, kurz PD, ins Labor geschmuggelt, um seine Online-Aktivitäten fortsetzen zu können. Heute war das Schneiden und Re-Sampeln seiner neuesten musikalischen Werke dran. Das erforderte etwas Rechenzeit, und das konnte sehr gut geschehen, während er die Protokolle und Dokumentation durcharbeiten musste.

Musik komponieren und in eine elektronische Form bringen war neben dem Hacken von Servern seine zweite Leidenschaft, die in letzter Zeit etwas in den Hintergrund gerückt war. Mit seiner Musik hatte er bereits ein paar Achtungserfolge. So war einer seiner Songs in den Download-Statistiken unter die ersten hundert gekommen; natürlich bei der Download-Statistik für kostenlose Musik - aber immerhin. Er war in der Szene kein vollkommen Unbekannter mehr. Klar, er hätte den Server auch hacken und seine Musik in eine vordere Position bringen können, doch das erschien ihm wie Selbstbetrug. Er wollte wirkliches und ehrliches Feedback der Hörer.

Die zwei Werke, die er gerade in der Mache hatte, würden gewiss eine bessere Position erreichen. Da war er sich sicher. Er hatte einige der kritischen Kommentare in den Blogs berücksichtigt und, wie er meinte, geschickt eingearbeitet.

Was war das für eine blöde Meldung zur Condenser-Cell sieben auf dem Bildschirm?

Wahrscheinlich hatte Marvin, dieser Arsch, wieder mal vergessen, genügend Nährstoff für die Zellen bereitzustellen. Jean-Luc stand genervt von seinem Platz auf, durchschritt gemächlich den Raum und ging Richtung Labor für die Zellkulturen.

Es war kaum zu glauben, dass er sich in einem Labor für Computertechnologie befand. Überall Behälter mit den verschiedensten Flüssigkeiten, Schläuche, die die Behälter mit Klimaschränken verbanden. Verschiedenste Lichtquellen, wie kalte LED-Strahler, warmes Glühbirnen-Licht oder Pflanzenleuchten, kamen zur Anwendung, eben das ganze Portfolio an Beleuchtungstechnik, das man sich vorstellen konnte.

Jean-Luc hatte mal zu seinem Chef gesagt, dass er sich hier wie in einer abstrusen Endzeit-Disco fühle. Nur die Musik fehlte, obwohl er seine ja immer dabei hat. Er traute sich aber nicht, diese über seine PC-Lautsprecher im Labor abzuspielen.

Aber wo war jetzt Condenser-Cell sieben? Eine Condenser-Cell war ein spezielles Behältnis, das für die Zucht und Lebenserhaltung von lebenden Zellen bei BioComp entwickelt wurde. In einer Condenser-Cell konnten die verschiedensten klimatischen Bedingungen erzeugt werden. Auch alle nur denkbaren Lichtquellen konnten installiert werden.

Jean-Luc musste noch mal zu seinem Platz zurück. Dort hatte er einen Übersichtsplan auf dem Monitor, der die genaue Position der einzelnen Condenser-Cell zeigte. Seine vermeintliche Unordnung auf dem Schreibtisch war für ihn kein Problem. Er fand stets sofort, was er suchte. Außerdem hatte er statt eines Ausdrucks aus Nostalgiegründen die Dokumente auf dem Rechner. Schnell noch die Kopfhörer in die Ohren gesteckt und dann nach Nummer sieben schauen.

Als er das Labor für die Zellkulturen betrat und in die Nähe von Condenser-Cell sieben kam, tauchten plötzlich komische fremde Bilder und Wachträume in seinem Kopf auf. Er konnte sie sich überhaupt nicht erklären. Aus den Augenwinkeln nahm er ein schwaches blaues Leuchten wahr. Vielleicht war das die Spätwirkung vom Gras, das er am Vortag geraucht hatte?

Er hatte große Schwierigkeiten, sich an den Plan, an Nummer sieben oder wo genau er jetzt war, zu erinnern. Langsam nahm er das blaue Glimmen als Realität wahr. Er beschleunigte seine Schritte zum harten Beat in seinen Kopfhörern. Je näher er zu Nummer sieben kam, umso stärker wurde das blaue Leuchten. Gleichzeitig tauchte er mehr und mehr in die Filme in seinem Kopf ein. Welch wirre Bilder, Szenen, nicht vorstellbar und verzerrt, zeigten sich ihm da? Als würde er bei seinem Fernsehgerät mit großer Geschwindigkeit durch die Programme zappen. Die einzelnen, kurzen Filmsequenzen strömten in Farbe und von den verschiedensten Seiten auf ihn zu. Dann zerplatzten sie vor seinem geistigen Auge. Das hatte er nicht mal erlebt, als er seine erste Erfahrung mit LSD gemacht hatte. Wieso sah er plötzlich unbekannten Menschen, sah was sie taten, hörte, was sie sprachen? Er fühlte sich, als sei er mitten drin.

Jean-Luc erschrak fürchterlich, als sich eine Hand auf seine Schultern legte und ihn aus den Bildern und Filmen in seinem Kopf riss. Er drehte sich ruckartig um und blickte in das grinsende Gesicht von Silvia.

»Mein Gott, hast du mich erschreckt! Geht’s noch? Du weißt doch, wenn ich meine Kopfhörer aufhabe, bin ich in einer anderen Welt. Was willst du eigentlich hier?« Sein Herz klopfte noch immer bis zum Hals.

»Ich dachte ich besuche dich am Wochenende mal im Labor. Und der kleine Schreck diente dazu, dich wieder in die normale Welt zurückzuholen. Wenn du Musik hörst, tauchst du immer total weg. Das ist manchmal richtig erschreckend. Außerdem habe ich was für uns mitgebracht. Es liegt auf deinem … naja Arbeitsplatz ist vielleicht die falsche Beschreibung … also auf deinem Sauhaufen. Komm jetzt!« Sie zerrte ihn am Ärmel weiter aus dem Labor.

»Hey, hey, nicht so schnell! Ich muss noch nach Condenser-Cell sieben schauen. Der Rechner hat mir eine Instabilität gemeldet.«

»Der Einzige, der hier instabil ist, bist du«, raunzte Silvia. »Vergiss doch mal die Zellen. Sieh lieber zu, dass deine Zellen nicht an Unterzucker leiden. Chicken-Wings Szechuan ist doch genau das, was dir immer geholfen hat. Ich habe dir zwei Dutzend mitgebracht. Sie sind noch heiß und knusprig und von deinem Lieblingschinesen. Mir genügen die vegetarischen Frühlingsrollen.«

»Vegetarier werden nicht älter, sie sehen nur älter aus«, antwortete er prompt.

»Immer die ollen Kamellen. Ich hab nichts dagegen, dass du totes Tier isst, und du solltest nichts dagegen haben, dass ich deinen Tieren das Grünzeug wegesse. Soweit waren wir doch schon, oder?«

»Okay«, gab Jean-Luc nach »Dann lass uns das Essen auspacken, sonst wird deines welk.«

Jetzt mussten beide doch lachen und machten sich am Arbeitstisch über die mitgebrachten Köstlichkeiten her. Im Labor verbreitete sich ein süßlicher Duft, vermischt mit dem Aroma von Sojasoße, Chili und Ingwer. Auch das kleine Fläschchen Reiswein, überhaupt nicht chinesisch, aber bei beiden sehr beliebt, kreiste munter. Jean-Luc verlor seine sonstige Befangenheit gegenüber Silvia. Sie schäkerten heftig beim Beseitigen der Verpackungen und Plastikteller, und plötzlich landete Silvia auf seinem Schoß.

Sie waren schon länger zusammen und konnten ihre gegenseitige Sympathie nicht leugnen. Silvia arbeitete seit knapp zwei Jahren bei BioComp im Labor. In den vielen Laborstunden, die sie zusammen verbrachten, lag immer eine prickelnde Spannung in der Luft.

Doch jetzt sprang der Funke, nicht nur unterstützt vom Reiswein, über. Sie küssten sich. Silvias Lippen waren warm und weich. Er suchte mit seiner Zunge fordernd ihren Mund. Ihre Hände strichen durch seine langen Haare und wanderten über seine breiten Schultern den Rücken hinunter.

Eine Gänsehaut überkam ihn. Er kraulte ihr kurzes Haar, seine Hände arbeiteten sich mittels einer kleinen noch etwas ungeschickten Nackenmassage ihren Rücken hinunter. Der Bürostuhl stellte eine gewisse Behinderung in ihrem Liebesspiel dar.

Ohne sich von seinen Lippen zu lösen, erhob sie sich langsam und zog ihn mit hoch.

Jean-Luc schubste den Stuhl beiseite und ließ seine Hände langsam aber zielstrebig von Silvias Schultern abwärts zu ihren Brüsten wandern. Sie trug nur ein einfaches T-Shirt und atmete schneller, als er seine Hände darauf ruhen ließ. Die Durchblutung in seinen Lenden verstärkte sich. Noch wagte er nicht, unter das T-Shirt zu greifen, dennoch spürte er, wie sich die Nippel von Silvias Brüsten aufrichteten. Ihre Becken waren eng aneinandergeschmiegt.

Samstag war auch bei BioComp ein Wochenendtag, selbst wenn Grövo Wochenenden hasste, da sie unproduktiv waren. Außer dem eingeteilten Laboranten war an diesen beiden Tagen niemand im Labor zu erwarten.

Dieses Wissen ließ Jean-Luc jede Vorsicht vergessen. Sie versanken immer mehr in ihr Liebesspiel. Er hatte eine Hand unter das T-Shirt von Silvia geschoben und spürte die warme und samtige Haut.

Sie stöhnte wohlig. Ihre Hände nestelten am Gürtel seiner Jeans und seine Hände hatten bereits unter ihrem knappen Rock den Weg in ihr Höschen gefunden.

Eine wunderbare feuchte Wärme empfing seine Finger. Vorsichtig begann er, den Kitzler von Silvia zu streicheln. Sie zuckte und stöhnte, als würde er kleine Stromstöße losschicken. Sie schob seine Jeans langsam über den Po nach unten. Als die Unterhose folgte, schob er Silvia etwas von sich und führte sie, einmal vorsichtig umschauend, zum Bürostuhl. Als er sich setzte, schlüpfte sie aus ihrem Höschen und setzte sich auf ihn. Beim Eindringen unterdrückte sie offensichtlich ein lautes Stöhnen. Der gut gefederte Bürostuhl verhalf beiden nach überraschend kurzer Zeit zu einem etwas stillen aber doch gewaltigen Orgasmus.

Völlig außer Atem saßen sie noch einige Zeit ineinander verschlungen und genossen die gegenseitige Nähe und den abebbenden Orgasmus.

Silvia drehte sich vorsichtig zum Schreibtisch, ohne Jean-Luc zu verlieren und nahm zwei der unbenutzten Servietten, mit der sie den beim Absteigen unvermeidlichen Flüssigkeitsausfluss zwischen ihren Beinen verhinderte. »Gut vorgesorgt, da ja beim chinesischen Essen immer was danebengeht«, sagte sie lachend, als sie mit einer der Servietten den ersten Schwall von Jean-Lucs Sperma abwischte, das Papier zusammenknüllte und in den Papierkorb warf. Sie kicherten beide.

Jean-Luc war sich nicht sicher, ob Silvia wirklich richtig Spaß gehabt hatte. »Du warst aber sehr still, als es dir gekommen ist.«

Sie lachte. »Vegetarierinnen schreien nicht beim Orgasmus«, sagte sie schließlich. »Sie können nicht zugeben, dass ihnen ein Stück Fleisch so viel Freude bereitet.«

Beide lachten und fielen sich noch mal in die Arme. Etwas erschöpft zogen sie sich an.

In ihrem Liebesrausch hatten sie total vergessen, dass das Labor durch eine Serie von gut getarnten Überwachungskameras gesichert war und konnten nicht ahnen, dass jemand sie beobachtet hatte.

Jean-Luc warf einen Blick auf seinen Monitor, wo die Ampeldarstellung der Zustandsüberwachung von Condenser-Cell sieben von Gelb auf Rot gewechselt hatte. »Scheiße, ich hab total die Problematik mit Condenser-Cell sieben vergessen. Ich war auf dem Weg dorthin, als du gekommen bist.«

Silvia feixte. »Als ich gekommen bin«, meinte sie dann, »hast du auf diesem Stuhl gesessen und ich auf dir.«

Er konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, sprang trotzdem auf und ging rasch in den Gang zu Condenser-Cell sieben. Silvia folgte ihm.

*

Irgendwie war es jetzt anders als er sich der Condenser-Cell sieben näherte. Keine Bilder und Gedanke stürmten auf ihn ein. Ob das am Sex von soeben lag? Es war auch kein blaues Glimmen mehr zu sehen. Als er vor dem Behälter der Condenser-Cell sieben stand, sah er, was er bereits geahnt hatte. Der Behälter für die Nährlösung war leer. Es überraschte ihn trotzdem, weil der Behälter für mindestens eine Woche Nährlösung enthalten sollte. Sobald die Lösung zur Hälfte zur Neige gegangen war, wurde sie aufgefüllt. Das hatte eine Statusmeldung zu Beginn der Schicht auch bestätigt. Warum hatten die Zellen so viel Nährlösung und damit Energie benötigt?

Als Silvia zu ihm kam und aufmerksam den Statusbildschirm studierte, stellten sie fest, dass die Zellen verendet waren.

Zurück

Ich denke, du bemerkst es, wenn ein Bruch in meinen niedergeschriebenen Gedanken entsteht. Ich musste kurz meinen Platz, an dem ich dies schreibe, verlassen. Jetzt bin ich zurück und werde versuchen, das, was ich dir erzählen will – nein, erzählen muss – in eine logische und sinnvolle Reihenfolge zu bringen. Du musst verstehen, warum es so gekommen ist. Wer und was eine Gefahr für dich darstellen kann und woher diese Gefahr kommt.

Lass mich einfach bei den Uranfängen des Resonanzraumes beginnen.

Heute ist der Nutzen des Resonanzraumes so selbstverständlich, dass sich eigentlich niemand mehr dafür interessiert, was vorher war. Dies ist mit ein Grund, warum die meisten Menschen dieser Generation unfrei sind, ohne es auch nur zu ahnen. Ein Großteil der Menschen dient nur einem Zweck, die nicht sichtbare, herrschende Klasse mit allem Luxus, allen Annehmlichkeiten und der Abgeschiedenheit vom Plebs zu versorgen und ihnen das zu geben, was ihnen angemessen erscheint und wonach ihnen gerade ist.

Im Zwanzigsten Jahrhundert war sich die Wissenschaft und Medizin sicher, dass unsere Gedanken, unser Wissen und unsere Geisteskraft im Gehirn des Menschen entstehen und dort gespeichert sind.

So richtig klar war es jedoch nicht, wo die vielen Puzzlestücke unserer Gedanken, des Erlebten, die Bilder und die Filme, die im Kopf ablaufen, abgelegt werden, auch nicht wie. Viele Fragen blieben offen. Wo sind die Erinnerungen gespeichert? Warum kommen zum Beispiel bei bestimmten Gerüchen Kindheitserinnerungen hoch? Oder was sind Träume? Warum können wir in Träumen fliegen? Warum zeigen Träume auch Dinge und Vorgänge, die wir nicht selbst erlebt haben?

Es wurde versucht, das Gehirn mit den damals vorhandenen Technologien zu vergleichen. Informationen sollten in kleinen Einheiten gespeichert sein, wie die digitalen auf 0 und 1 beruhenden Technologien, die die Menschen mit ihren Computern benutzten. Unterschwellig war vielleicht einigen Wissenschaftlern klar, dass das Gehirn niemals oder nur in ganz verwunderlicher Weise zeigt, wie es mit Informationen umgeht, was sich aber der Wissenschaft nicht erschließen wollte.

Diese Zweifler waren der Wahrheit eigentlich näher als die Forscher, welche die verschiedensten Gehirnzonen zum Speicherort erklärten, da diese bei bestimmten Aktivitäten besser durchblutet wurden. Die Theorie der Durchblutung war schon mal ein ganz guter Ansatz, hatte aber nicht zur Lösung geführt.

Hätten die Wissenschaftler sich damals mehr einem Phänomen gewidmet, welches davon berichtete, dass immer wieder Entwicklungen an voneinander unabhängigen Orten auf der Erde gleichzeitig entstanden sind, was wäre wohl anders gelaufen?

Leute sagten: Genau dasselbe ist mir gerade auch eingefallen. Menschen, die sich nahe standen, sprachen von einer Seelenverwandtschaft, weil sie oft das Gefühl hatten, zur gleichen Zeit dasselbe zu denken. Gerade wollte ich dich anrufen und den gleichen Vorschlag machen! War das nicht die eher selten artikulierte kognitive Resonanz? Oder hätten die Wissenschaftler das Phänomen der Rückführung in ein vorheriges Leben unter Hypnose besser untersuchen sollen?

In einer Rückführungshypnose kann der Mensch, geführt von einem geschulten Hypnotiseur, in der Zeit zurückgehen und erzählen, wer oder was er in einem früheren Leben war und was er erlebt hat. Ja, sogar wie er gestorben ist. Denn genau das, wozu ein Mensch unter Hypnose fähig ist, kann einer der Schlüssel zum Resonanzraum sein. Auch Träume bergen auf eine ganz andere Art einen Schlüssel zum Resonanzraum.

Es gab zwar eine kleine Forschergruppe, die sich mit dem Phänomen kognitive Resonanz beschäftigte, doch diese wurde im einundzwanzigsten Jahrhundert eher verlacht. Wer wollte schon glauben, dass unser Gehirn so eine Art Antenne oder Transmitter ist, das über eine Signaturfrequenz alles im Irgendwo ablegt oder, damals eher populär, speichert. Das war ja lächerlich.

Schließlich konnte nichts gemessen werden, und damit war es auch nicht vorhanden. Schon wer das Thema Aura - der Mensch hat eine Aura – erwähnte, wurde als Esoteriker meist verhöhnt. Die Befürworter der kognitiven Resonanz argumentierten zwar, dass die Wissenschaft ja auch nicht genau wisse, wo und wie Daten im Gehirn gespeichert werden, sie erreichten mit dieser Argumentation aber niemanden.

Viele Dekaden später sollten diese Pioniere, die das Phänomen kognitive Resonanz untersucht hatten, und auch so manche Esoteriker posthum recht bekommen.

Aber wieder einmal war es eine Messmethode, die bestätigte, dass da etwas sein musste, was nicht in das bis dato bekannte Schema des Einstein-Universums passte und deshalb nicht sein durfte.

Viel später konnte nachgewiesen werden, dass mittels einer Resonanzsignatur (damals sagte man Resonanzfrequenz), Lebewesen mit etwas anderem in Verbindung standen bzw. mit einem Speicherortein Austausch stattfand, der später als Resonanzraum bezeichnet wurde.

Wenn ich weiter oben geschrieben habe, dass dies messtechnisch nachgewiesen wurde, dann natürlich nicht mit irgendwelchen Apparaten oder Computern, wie die digitalen 0 und 1 Additionsmaschinen hießen, sondern mit Zellen, die im Bio-Labor gezüchtet wurden und eigentlich bei der Erschließung von Bio-Computer-Lösungen zum Einsatz kommen sollten.

Einem kleinen Team junger, europäischer Wissenschaftler war ein simples Phänomen aufgefallen. Die Nachverfolgung eines Verdachtes musste natürlich mehr oder weniger neben ihrer eigentlichen Forschungsarbeit geschehen. Der Förderer und Inhaber der Forschungseinrichtung, der auch die Forschungsarbeiten an Zellen finanzierte, war ein Patriarch, der absolut keinen Spaß verstand. Vor allem, wenn es darum ging, die kommerzielle Verwertbarkeit der Forschungen an einem Bio-Computer durch irgendwelchen Hokuspokus zu verzögern.

Hätte er sich offener gezeigt, er wäre um ein Vielfaches mehr entlohnt worden, als durch die Entwicklung eines Bio-Computers. Er hatte sicher auch nicht ahnen können, dass durch die Arbeit seines kleinen Teams einmal alle Computer im herkömmlichen Sinn nicht mehr von Nutzen sein würden und diese Industrie zum langsamen Tod verurteilt sein würde.

Fluchtpunkt

Als sich die Zugangssperren öffneten, glitt sein Schwebewagen in einer sanften Kurve zu dem Abstellplatz, und Peter verließ ihn mit nicht zu hastigen Schritten. Er hatte die letzten Minuten vor der Ankunft genutzt, sich durch Meditation in den Zustand zu versetzen, der es ihm erlaubte, mit seinem Unterbewusstsein so zu denken und zu handeln, dass er keine Gedankenspuren im Resonanzraum hinterließ.

Sein Kunde empfing ihn mit einer gewissen Arroganz und Kälte. Peter war für ihn doch nur ein Erfüllungsgehilfe seiner Expansionsstrategie und seines Machtstrebens. Doch der Kunde kannte auch die Gefährlichkeit, die sich durch Menschen wie Peter ergaben, dass sie eine andere Art von Macht innehatten, die ihm schaden könnte. Also versuchte Peter, das Ganze als einfache Abwicklung eines Geschäftes zu sehen, bei dem Leistung mit Energieausgleich abgegolten wurde.

Henning Grunch händigte Peter die verhandelten Einheiten aus. Wobei Grunch nicht wusste, dass der zweite Teil des Energieausgleichs für den Hüter bestimmt war.

Das alles ging sehr schnell und ohne großes Aufheben vonstatten. Peter nickte kurz und wandte sich zum Gehen. Doch der Kunde bat um einen Augenblick Geduld. Er wollte etwas holen, um kurz mit ihm darüber zu sprechen.

Peter setzte sich in einen mächtigen und nur mit den teuersten Materialien ausgestatteten Sessel der seinen Körper angenehm umschmeichelte, in dem er aber fast versank. Er erzeugte ein Gefühl der Geborgenheit und des Wohlwollens seines Besitzers. Doch Peter war in seinem Zustand nicht empfänglich für solch ein manipulatives System. Er bewegte sich im Bereich der Logik und des kontrollierten Unterbewusstseins.

Nach kurzer Zeit kam Henning Grunch in Begleitung einer verschleierten Frau zurück. Je näher sie auf Peter zukam, desto deutlicher konnte er ihre makellose, durchtrainiert wirkende Gestalt unter dem durchscheinenden Gewebe erkennen. Der Stoff war sicher für diesen Effekt hergestellt worden. Diese zwischen Vermuten und Sehen erzeugte Wahrnehmung sollte Peter beeindrucken. Doch er war sich seiner Stärke bewusst und verfiel den verlockenden Gedanken nicht, die die Frau zu erzeugen gedachte. Oder war es der Kunde, der dieses Gefühl auslösen wollte?

Grunch stellte die Frau als seine Tochter Saichia vor. Peter entging das kurze Zucken seines Mundwinkels nicht. Ihm war nicht klar, was der Kunde mit dieser Vorstellung bezwecken wollte.

Saichia nickte kurz und distanziert.

Peter spürte, dass sie offenbar von den Geschäftspartnern ihres Vaters nichts hielt und sich nicht mit ihnen abgeben wollte, obwohl sie ihre Mimik sehr gut unter Kontrolle hatte.

Beide setzen sich zu ihm. Nachdem ein paar kühle Getränke auf dem Tisch erschienen waren, wandte sich Henning Grunch an Peter. »Peter, Sie wissen, was mir das Wichtigste ist. Nachdem meine Frau verunglückt ist, ist Saichia mein Ein und Alles. Sie bedeutet mir mehr, als alles, was ich besitze. Ich will sie von allem Schlechten beschützt wissen.«

Dann ist sie hier aber am falschen Ort, dachte Peter.

»Ich habe Ihnen meine Tochter vorgestellt, weil ich möchte, dass Sie für Saichia ein Training aufbauen und ihr das vermitteln, was Ihnen Ihr Meister beigebracht hat. Ich will, dass Saichia durch Ihr Training besser in dieser Welt bestehen kann. Sie wird das alles hier einmal übernehmen.« Er machte eine ausholende Armbewegung.

In Peter kam Unwille auf. Warum sollte er Saichia in die Welt des unterbewussten Handelns und Denkens einweisen, oder ihr gar den Zugang zum Resonanzraum verschaffen? Es war schon schlimm genug, dass er diese Macht für die Zwecke seines Kunden missbrauchte.

Er bemerkte, dass sich der Körper von Saichia bei den Worten ihres Vaters versteift hatte. Da sie seine Fähigkeiten nicht kannte, vermutete er, dass sie überhaupt nicht damit einverstanden sein konnte, mit einem der Geschäftspartner ihres Vaters ein Training zu veranstalten, wie immer das auch aussehen mochte.

Henning Grunch blickte sanft zu seiner Tochter.

Komisch, so hatte er ihn noch nie gesehen. Dieser sanfte Blick passte überhaupt nicht zu seinen kalten Augen und seinem bestimmenden Auftreten. Sollte er doch noch etwas Herz besitzen?

»Saichia, Peter ist nicht die Art von Geschäftspartner, wie du sie sonst kennst. Er ist ein Mensch, der eine sehr alte traditionelle Kunst beherrscht. Und solche Menschen wie ihn gibt es nur noch ganz wenige – vielleicht eine Handvoll auf dieser Welt. Es würde mich sehr beruhigen und erfreuen, wenn du das, was er dir vermitteln kann, annehmen könntest. Ich denke, jetzt ist der richtige Zeitpunkt dafür gekommen.«

Peter konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass Grunch noch was anderes bezweckte. Durch dieses Lehrer-Schüler-Verhältnis wollte er vermutlich eine stärkere Bindung von Peter an sich herstellen. Obendrein sollte seine Tochter mit dem vermittelten Können und Wissen leichter in der Welt bestehen können und den Gefahren, die die Position ihres Vaters bargen, besser begegnen.

»Was meinst du dazu Saichia?«, wollte ihr Vater wissen.

Peter hatte sich sehr gut im Griff. Verärgerung und Missmut darüber, dass er überhaupt nicht gefragt wurde, kamen nicht auf. Er blickte kurz zu Saichia und ihrem Vater. »Hebt man den Blick, so sieht man keine Grenzen. Unsere Grenzen, die uns behindern, errichten wir selbst.«

»Wenn Sie große Worte auch als solche gelten lassen wollen, dann sollten Sie diese nicht im Munde führen!«, kam es von Saichia wie aus der Pistole geschossen.

»Liebes, ich habe Dir doch gesagt, dass Peter kein üblicher Geschäftspartner ist. Bitte öffne dich. Ich bin sicher, du wirst es nicht bereuen.«

Die Abneigung seiner Tochter war offensichtlich.

»Peter, darf ich Sie bitten, morgen noch mal hier her zu kommen? Ich denke, heute sind wir alle nicht in der Stimmung für Zukünftiges.« Dabei schmunzelte er etwas selbstgefällig. »Es soll auch nicht zu ihrem Schaden sein«, fügte er leise, von Saichia abgewandt, an. »Gut, dann treffen wir uns morgen hier zum Mittagessen«, verkündete er wieder laut.

Als Peter zum Abstellplatz seines Schwebewagens ging, holte Henning Grunch ihn ein. »Ein Teil unserer Abmachung ist, dass Sie Mittel und Wege finden, meine Tochter als Schülerin zu gewinnen.«

Peter stieg kommentarlos ein und verließ in einer lang gezogenen Kurve das Anwesen seines Kunden. Er wählte wieder die Route über den Feldern, er wollte der Natur nahe sein. Jetzt, wo er sich aus seinem Unterbewusstsein zurückzog, brachen doch einige Eindrücke des Gesprächs über ihn herein. So eine Ablehnung hatte er selten zu spüren bekommen.

Es war sicher nicht einfach, Saichia als Schülerin zu gewinnen. Wollte er das überhaupt? Sein ursprünglicher Plan war, alles hinter sich lassen, und er wollte sich nur noch damit beschäftigen. Das benötigte Zeit, Muße und ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber das würde er nicht haben, wenn er Saichia als Schülerin annahm.

Doch … da kam ihm eine Idee. Genau so könnte es funktionieren …

Neu

Mein Sohn, wir haben schon einen Namen für dich, doch den geben wir dir erst bei deiner Geburt. Wir haben den Namen einer deiner Vorväter gewählt; auch, weil wir dadurch die Verbindung zum Resonanzraum und dem dort ruhenden Alles ehren wollen.

Bis du in diese Welt kommst, gehen noch ein paar Wochen ins Land. Ich möchte diese Sammlung geschriebener Worte, Sätze, Gedanken und beschriebener Gefühle bis zu deiner Geburt abgeschlossen haben.

Wenn wir in die Vergangenheit blicken, also in die Lebenszeit deines Ur-Ur-Ur-Großvaters, dann sehen wir die getrennten Wege, die die Human-, Bio- und Computerwissenschaften gegangen sind. Sie hatten nur wenige Berührungspunkte. Zwar wurden immer wieder Parallelen oder Vorbilder gesucht und auch gefunden, aber ein Zusammenarbeiten der verschiedenen Fakultäten gab es im Grunde nicht. Alle standen im Wettbewerb, was die wahre Religion sei. Aber das hatte sich nach den Entdeckungen dieser kleinen Forschergruppe schnell geändert. Die verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen wurden zur Zusammenarbeit gezwungen, im positiven Sinn.

Die einzigen Gekniffenen waren einige große Religionen, wie zum Beispiel der Islamismus, das Christentum oder das Judentum mit ihren verschiedensten Ausprägungen. Doch dazu später mehr.

Nun weiter in der Geschichte um das kleine deutsche Forscherteam.

Sie brauchten einige Zeit, bis sie nach der ersten Erscheinung des Transmitters begriffen, was sie da durch Zufall entdeckt hatten. Zudem verhinderten die Schwierigkeiten ihres Umfeldes die schnelle Entschleierung. Das Labor, in dem sie arbeiteten, war für ganz andere Zwecke konzipiert und verfolgte ein komplett andersartiges Ziel.

Der Inhaber, Tobias David, eine der schillernden Figuren seiner Zeit im Computer- und Entertainment-Geschäft, wollte billigere und zugleich schnellere Computer entwickeln, welche aus günstig verfügbaren Werkstoffen hergestellt werden konnten. Ein neues wissenschaftliches Fachgebiet, das sich dem Thema Bio-Computer, also Computer, die nicht mehr aus totem Material bestanden, sondern sich der hämodynamischen Aktivität von Zellhaufen, meist Nervenzellen, zunutze machten.

Aber was ist das für ein Wort - hämodynamische Aktivität? Es sollte ganz einfach mittels Decoder ein Eingang und ein Ausgang zu lebenden Zellen geschaffen werden. Diese Zellen oder auch Zellhaufen sollten genötigt werden, Rechenoperationen und logische Operationen durchzuführen und im besten Fall auch Daten und Informationen zu speichern und sie auf Abruf wieder bereitzustellen.

Zellen und Zellhaufen sind kostengünstig herzustellen. Diese Erkenntnis war eine Triebfeder des Unternehmers. Sein Vorbild war die Nahrungsmittelindustrie. In der Nahrungsmittelfertigung ist damals mit der kostengünstigen Vermehrung von Mikroorganismen ordentlich verdient worden, und man hatte die dazugehörigen Prozesse im Griff. Deshalb waren in dem Forscherteam überwiegend Biologen tätig. In diesem Fall meist ausgebildete Bio-Informatiker, bei deren Ausbildung beide Fakultäten, also die Biologie und die Computerwissenschaften, zusammengeführt wurden.

Dass Tobias David überhaupt nichts von den Vorgängen in seinem Unternehmensbereich BioComp gewusst hatte, war vielleicht eine Begünstigung, die zur Entdeckung des Transmitters geführt hatte. Schließlich war er als absoluter Patriarch bekannt, der sich in jedes noch so kleine Detail einmischte. Es zählten nur seine eigenen Ideen und Meinungen, was die Entfaltungsmöglichkeiten und innovativen Ansätze seiner Mitarbeiter sehr stark einschränkte. Trotzdem war sein Unternehmen bei Hochschulabsolventen sehr gefragt. Es ist sein Charisma! Er ist ein absolutes Genie! Was er in die Hände nimmt, wird zu Gold!, waren die Aussagen seiWneer nGnl äeuinb iMgeinta. rbeiter bei einer Präsentation von Tobias angeschrienen wurde, und der Betroffene dies später den anderen Kollegen erzählte, hieß es bewundernd du Günstling.

Wie du siehst, ein herausforderndes Umfeld für eine so bahnbrechende, mehr als epochale Entdeckung. Heute wird sie einhellig als die größte Entdeckung der Menschheit gesehen, weit vor der Entdeckung des Rades, dem Schwimmen in Schwerkraftfeldern, des Nachweises der Dunklen Materie und der Dunklen Energie.

Zu deinem besseren Verständnis hier ein kleiner Exkurs in die Zeit der Entdeckung der Dunklen Materie und Dunklen Energie.

In der Zeit deines Urgroßvaters setzte sich die Erkenntnis durch, dass es Dunkle Materie geben muss. Sie hieß deshalb dunkel, weil sie keine elektromagnetischen Wellen wie Licht oder eine andere Strahlung aussendet und auch nicht reflektiert oder absorbiert. Sie hat sich bei Gravitationsberechnungen bemerkbar gemacht. Lange Zeit war die Natur der Dunklen Materie ein unbekanntes Phänomen. Nachdem die Sache abschließend erforscht war, hat man übrigens den Namen gewechselt und sie in transparente Materie umbenannt. Immerhin haben Berechnungen ergeben – ja, da ist die alte Formel von Einstein, E=mc2 mal wieder von Nutzen gewesen, dass unser Universum aus 23 Prozent transparenter Materie, 5 Prozent Atomen und 72 Prozent transparenter Energie besteht.

Mir ist der Begriff transparent auch lieber, da dunkel immer so bedrohlich und erdrückend wirkt. Die Entdeckung der transparenten Energie und Materie war der Türöffner für das Schwimmen in der Schwerkraft. Eine heute nicht mehr wegzudenkende Technologie, die unser Leben so viel einfacher und naturverbundener gemacht hat. Ich denke da nur an meinen Schwebewagen, an das Reisen, an den Anbau von Nahrungsmitteln, an das Herstellen von Gütern und letztendlich auch an das Ende der Umweltverschmutzung und Klimaveränderung.

Ganz wichtig war die spätere Erkenntnis des Zusammenhangs von transparenter Energie und Materie mit dem Transmitter und dem Resonanzraum.

Gewitter

Tobias David bebte vor Wut, als er sich die Statusmeldung auf den Monitor holte. »Diese verdammten Loser! Wieso bezahle ich so ein Pack überhaupt, warum können die nicht einmal richtig ihren Job machen?« Eigentlich wollte er gleich ins Labor stürmen und die zwei Laboranten zur Schnecke machen oder besser gleich feuern. Was ihn aber davon abhielt, war, was er vorher beobachtet und auch noch mit dem Zoom der Laborkamera herangeholt hat – nämlich, wie der Typ und die Tussi sich auf dem Bürostuhl vergnügt hatten. Er wollte nicht den Verdacht erwecken, er könnte das beobachtet haben.

Er musste sich gedulden, gleich am Montagmorgen einen Statusbericht im Jour-Fix Meeting abholen und dann den Finger in die Wunde legen. Natürlich würde das Konsequenzen haben.

*

Jean-Luc und Silvia war es schon ordentlich mulmig. Was tun? Wenn das der Laborleiter erfuhr, war die Hölle los. Warum waren die Zellen von Condenser-Cell sieben abgekackt? Sie gehörten zur Generation der neuesten und schon am längsten stabil existierenden Zellzüchtungen.

»Sagen wir dem Laborleiter einfach, die Zellen hätten 'ne E-Mail geschrieben, dass sie unter den Bedingungen, die hier herrschen, die Arbeit verweigern und sich lieber ins Nirwana verabschieden«, sagte Silvia munter.

Jean-Luc fand das überhaupt nicht komisch. Schließlich war er an diesem Wochenende für den sauberen Ablauf verantwortlich. Er kannte die Angst des Laborleiters vor dem Grövo. Sollte der davon Wind bekommen, konnte er sich gleich einen neuen Job suchen.

Er sah Silvia an: »Lass uns mal die Computeraufzeichnungen genau durchgehen. Ich bin verunsichert, was es mit diesem plötzlichen, hohen Verbrauch der Nährlösung auf sich hat. Wenn wir da 'ne logische Erklärung finden, könnte das unseren Kopf retten. Kannst du dir mal einen Plot auf deinem Rechner genau ansehen, am besten über die Zeit dargestellt? Ich geh' die gemessenen EMF-Daten durch. Vielleicht sehen wir da einen Zusammenhang zwischen den emittierten elektromagnetischen Feld-Daten und dem Verbrauch der Nährlösung. Ich habe da so eine Ahnung. Kannst du dich an ein blaues Licht erinnern?«

Silvia kratzte sich nachdenklich am Kopf. »Hier sind so viel verschiedene Lichtquellen über den Proben, da weiß man nicht mehr, was von welcher kommt. Aber ich mach mich mal über das Nährlösungsprotokoll her. Sollten wir nicht an dem Behälter schnüffeln? Vielleicht hat Marvin Reiswein eingefüllt, damit die Zellen etwas Spaß am Wochenende haben und waren einfach blau?« Jetzt musste auch Jean-Luc laut lachen.

Ein Blick auf die Uhr zeigte ihm, dass sie sich sputen mussten, um eine Erklärung zu finden. In zwei Stunden würde der blöde Streber Marvin kommen. Keiner konnte ihn leiden. Er hatte keine Freunde, machte meist die Nachtschicht, war versessen auf die Glotze, sprach, als habe er eine Wolldecke im Mund. Alle Kollegen waren froh, dass Marvin so häufig die Nachtschicht übernahm. Sie waren meist genervt, wenn sie mal in lockerer Runde bei ein paar Bier zusammensaßen und Marvin mit seinem Schenkelklopfer-Humor versuchte zu punkten. Außerdem ging es jedem auf den Sack, dass er ständig weibliche Kolleginnen anmachte.