Rocky Beach Crimes. Eiskalter Rausch - Evelyn Boyd - E-Book

Rocky Beach Crimes. Eiskalter Rausch E-Book

Evelyn Boyd

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Beschreibung

Ein Fall für Kommissar Reynolds! Auch in seinem Ruhestand schaut der Kommissar ganz genau auf das, was in Rocky Beach passiert. Als Rubbish George ihm von verdächtigen Aktivitäten im Hafen berichtet, will er sich selbst davon überzeugen. Wird dort mit illegalen Waren gehandelt? Als Rubbish George plötzlich verschwindet, muss Kommissar Reynolds schnell handeln. Da Justus Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews auf Reisen sind, übernimmt der Kommissar den Fall einfach selbst. In der Spin-off-Reihe von Die drei ??? erleben Leserinnen und Leser einen spannenden Lokalkrimi mit den beliebtesten Nebenfiguren. Nach Tante Mathilda und Victor Hugenay ermittelt diesmal Kommissar Reynolds.

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Titel

Rocky Beach CrimesEiskalter Rausch

Kommissar Reynolds ermittelt

Evelyn Boyd

KOSMOS

Impressum

In diesem Buch werden die Themen Drogenhandel und Drogenkonsum behandelt. Falls du oder deine Angehörigen Hilfe bei Suchtproblemen benötigen, kannst du dich an die Sucht & Drogen Hotline wenden: 0 18 06 / 313031

Alle Angaben in diesem Buch erfolgen nach bestem Wissen und Gewissen. Sorgfalt bei der Umsetzung ist indes dennoch geboten. Verlag und Autoren übernehmen keinerlei Haftung für Personen-, Sach- oder Vermögensschäden, die aus der Anwendung der vorgestellten Materialien und Methoden entstehen könnten. Dabei müssen geltende rechtliche Bestimmungen und Vorschriften berücksichtigt und eingehalten werden.

Distanzierungserklärung

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Covergestaltung: Claudia Castiglione | Guter Punkt, München unter Verwendung von Motiven von iStock /Getty Images Plus

© 2023, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on charac-ters by Robert Arthur

ISBN 978-3-440-50839-8

E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

PROLOG

»Sie ist tot!«, rief Mrs Kretschmer aus. »Wie entsetzlich!« Völlig schockiert von dem Anblick der jungen Frau ließ Eudora Kretschmer die Papiertüte mit den Chili-Cheese-Tacos fallen, die sie gerade in den Müll werfen wollte. Zwischen den Mülltonnen lag regungslos eine blonde Frau auf dem Boden. Ihre langen Haare waren ungekämmt und sie trug ein kurzes Cocktailkleid, das für diese frühe Tageszeit völlig unpassend war. Ein Umstand, der Mrs Kretschmer trotz der schrecklichen Tatsache, dass sie hier gerade eine vermeintlich Tote entdeckt hatte, sofort auffiel. Als Vorsteherin des Frauenvereins von Rocky Beach legte sie immer größten Wert auf angemessene und adrette Kleidung. Vermutlich lag die Unbekannte schon länger hier. Mrs Kretschmer traute sich vorsichtig einen Schritt näher an die Frau heran und reckte den dürren Hals, um das Gesicht der Unbekannten zu betrachten. Die Augen der Frau waren geschlossen und das Gesicht war aschfahl. Mrs Kretschmer nickte mehrfach, wie um sich selbst zu bestätigen, dass die Frau wirklich nicht mehr lebte. Mrs Kretschmer war sich sicher, dass hier jede Hilfe zu spät kam, und sie würde um nichts in der Welt eine Leiche anfassen. Sie musste die Polizei verständigen, schoss es Eudora Kretschmer durch den Kopf. Sie sah sich um und entdeckte auf der gegenüberliegenden Straßenseite einen Mann, der in ihre Richtung kam. Sie winkte ihm hektisch zu und rief: »Hilfe! Kommen Sie schnell!«

Samuel Reynolds hatte seiner geheimen Leidenschaft gefrönt und sich in einem kleinen Musikgeschäft an der Salsipuedes Street einige alte Vinylschallplatten mit Countrymusik gekauft. Mit einem zufriedenen Lächeln über ein echtes Schnäppchen, das er ergattert hatte, schlenderte er in Richtung Rathaus. Er freute sich schon darauf, die alte JohnnyCash-Platte zu hören. Immer wenn er den Laden im Zentrum von Rocky Beach besuchte, stellte er seinen Wagen auf einem Parkplatz neben dem Rathaus ab. Es war eine der wenigen Möglichkeiten im Zentrum der Stadt, wo man mit Sicherheit einen Parkplatz fand. Um den Weg zu seinem Auto abzukürzen, wählte er eine schmale Straße, die hinter dem Rathaus entlangführte. Dort stand jemand bei den Mülltonnen. Reynolds verdrehte innerlich die Augen. Er hatte die Frau, deren dürre Gestalt ein wenig an eine Stabheuschrecke erinnerte, sofort erkannt. Es war Eudora Kretschmer, die bei jedem Polizisten in Rocky Beach gefürchtet war. Denn sie zögerte nicht, sich über alles und jeden zu beschweren. Gerne rief sie die Polizei, wenn einer der Nachbarn zu laut feierte oder um die Mittagszeit den Rasen mähte. Für einen Moment überlegte er umzudrehen, doch es war zu spät. Mrs Kretschmer hatte ihn längst entdeckt. Sie riss die Hand hoch und winkte ihn heran. Samuel Reynolds seufzte und ergab sich seinem Schicksal.

»Nun beeilen Sie sich doch, Herr Kommissar! Sie müssen etwas tun! Hier liegt eine Tote!« Mrs Kretschmers Stimme tönte schrill über die Straße.

Reynolds eilte zu ihr und sah hinter den Mülltonnen tatsächlich eine blonde Frau am Boden liegen. Sie bewegte sich nicht. Sofort kniete sich Samuel Reynolds zu ihr hin. Er fühlte an ihrem Handgelenk nach dem Puls und war erleichtert, dass er ihn spüren konnte. Er war schwach, aber regelmäßig. Reynolds beugte sich näher zu der Unbekannten hinab. Sie atmete kaum merkbar. Er schüttelte sie leicht an der Schulter und sprach sie an. »Miss, hören Sie mich?«

»Wie soll sie Sie hören, wenn sie doch tot ist!« Mrs Kretschmer schüttelte den Kopf.

»Reden Sie keinen Unsinn!«, wies Reynolds sie zurecht. »Die Frau lebt. Wir müssen einen Rettungswagen rufen. Haben Sie ein Handy dabei?«

»Natürlich nicht. Ich war bei meinem Mann, um ihm etwas Vernünftiges zum Mittagessen zu bringen. Er arbeitet als Standesbeamter im Rathaus. Er hatte mal wieder sein Lunchpaket vergessen und deshalb habe ich es ihm gebracht. Und was musste ich sehen? Sie werden es nicht glauben, Herr Kommissar, er hatte sich doch tatsächlich fettiges Fast Food geholt. Das wollte ich natürlich sofort entsorgen und dabei fand ich die Tote. Sie glauben gar nicht, was das für ein Schock für mich war.«

»Die Frau ist nicht tot«, grummelte Reynolds und zog sein Handy aus der Hosentasche. Es war zwar ein altes Gerät, aber es leistete ihm immer gute Dienste. Ohne auf das weitere Lamentieren von Mrs Kretschmer zu hören, wählte er die Nummer des Notrufs.

Während er dem Freizeichen lauschte, wandte er sich noch einmal Mrs Kretschmer zu. »Haben Sie bei der Frau eine Handtasche oder ein Portemonnaie gefunden? Irgendein Ausweisdokument? Es wäre hilfreich, wenn wir der Rettungsstelle ihre Identität mitteilen könnten. Damit man Angehörige verständigen kann.«

»Ich habe keine Handtasche gesehen. Vielleicht ist sie Opfer eines Raubmörders geworden? Oje, wenn der sich noch in der Nähe herumtreibt?« Mrs Kretschmer sah sich hektisch um.

Samuel Reynolds ignorierte sie, während sie weiterplapperte.

»Aber die Tote kommt mir irgendwie bekannt vor. Sie sieht aus wie eine Schauspielerin, die in der Serie Rote Hibiskusblüten mitspielt. Mir fällt nur der Name gerade nicht ein. Kennen Sie die Serie?«

»Notrufzentrale Rocky Beach«, meldete sich derweil eine Stimme an Reynolds’ Telefon.

»Hallo, mein Name ist Samuel Reynolds. Ich befinde mich hinter dem Rathaus von Rocky Beach. Wir haben hier eine bewusstlose Person aufgefunden. Können Sie bitte einen Rettungswagen schicken?«

KAPITEL 1

Das Boot am Anlegeplatz 74 schaukelte sanft auf den kleinen Wellen. Die Luft war noch angenehm warm und trug den Geruch von Salz herüber. Außer dem Gluckern des dunklen Wassers zwischen den Booten und dem leisen Knarren von Schiffstauen war nichts zu hören. Rubbish George saß mit einem Fernglas in der Hand an Deck seines klapprigen Bootes. Immer wieder hob er das Glas an seine Augen und spähte angestrengt in die Dunkelheit. Sein Blick glitt über die Boote, die in diesem Teil des Hafens lagen. Es war keine Menschenseele zu sehen. Der Hafen von Rocky Beach war zwar nicht allzu groß, aber es gab neben der schicken Marina, in der die eleganten Segelboote und Motorjachten lagen, auch noch den ehemaligen Fischereihafen im Norden. Hier ankerten einige Kutter, kleine Jollen und alte Motorboote. Die meisten der Boote wurden nur noch selten bewegt. Einige waren vermutlich auch gar nicht mehr seetauglich. Rubbish blickte durch sein Fernglas in Richtung eines alten Fischkutters, der gegenüber am Kai lag. Der Kai war nur spärlich beleuchtet, aber dennoch konnte Rubbish George das große Zu Verkaufen-Schild an der Reling des Kutters deutlich erkennen. Wenn sich nicht bald jemand erbarmte, würde der Fischkutter, vom Rost zerfressen, mitsamt dem Schild auf den Grund des Hafens sinken. Vermutlich hielten ihn davon nur noch die dicken Taue ab, mit denen der Kutter an den Pollern vertäut war. Rubbish George blickte den Kai entlang, der gesäumt war von ein paar leer stehenden Lagerhallen. Eine der Hallen war vor drei Monaten vermietet worden und seitdem wurde dort wieder Ware gelagert. Rubbish beobachtete, wie das Tor dieser Halle geöffnet wurde. Drinnen war geschäftiges Treiben zu erkennen. Ein Stapler fuhr zwischen Hochregalen hin und her. Mehrere Lagerarbeiter kamen durch das Tor hinaus und gingen direkt zur Kaimauer.

»Aha, es ist wieder so weit«, murmelte Rubbish. »Gleich geht es los.« Er suchte mit dem Fernglas die dunkle Wasseroberfläche ab. Dann entdeckte er, worauf er gewartet hatte: Ein kleiner Kutter lief ohne Positionsleuchten in den Hafen ein und steuerte zielstrebig auf den Liegeplatz vor der Lagerhalle zu. Die Männer an Deck warfen den Arbeitern Taue zu, die diese an den Anlegepollern vertäuten. Der Wind trug die knappen Kommandos eines Vorarbeiters herüber. Ansonsten war nichts zu hören. Es wurde ein Steg am Kai befestigt und sofort begannen die Arbeiter, an Bord zu gehen. Sie übernahmen Kisten von der Crew und trugen sie wie die Ameisen von Bord. Die Löschung der Ladung ging gespenstisch still vor sich. Nach kurzer Zeit waren die Männer mit den Kisten in der Lagerhalle verschwunden und der Kutter legte wieder ab. Im Schutze der Dunkelheit fuhr das Boot aus dem Hafen und auf den offenen Pazifik hinaus.

»Der Teufel soll mich holen, wenn diese Typen nichts Übles im Schilde führen.« Rubbish legte sein Fernglas zur Seite und kratzte sich am grauen Bart. Er überlegte, ob er den drei ??? von seiner ungewöhnlichen Beobachtung berichten sollte. Doch zunächst wollte er sich in seine Koje legen. In dieser Nacht würde sicherlich nichts mehr passieren.

Die Sonne glitzerte auf dem Wasser und in den Metallbeschlägen der eleganten Segeljachten. Möwen zogen ihre Kreise und ein Pelikan döste auf einem Poller genau vor dem UniversalCafé. Der pensionierte Hauptkommissar Samuel Reynolds saß in der Sonne an einem Tisch vor dem Café und betrachtete die Szenerie. Insgeheim fragte er sich, ob der Vogel echt war, denn jedes Mal, wenn er durch den Hafen von Rocky Beach schlenderte, saß der Pelikan genau an derselben Stelle. Der Gedanke ließ ihn schmunzeln. Er nippte an seinem Milchkaffee und genoss die Morgensonne. Samuel Reynolds liebte es, nach dem morgendlichen Joggen einen Kaffee am Hafen zu trinken, und seitdem dieses neue Filmcafé hier direkt am Pier aufgemacht hatte, war er zum Stammgast geworden. Außerdem hatte er seit seiner Pensionierung mehr als genug Zeit, die es totzuschlagen galt. Vor dem Café gab es nur zwei Tische, aber wenn man früh genug hier war, konnte man einen Platz ergattern und in Ruhe das Treiben im Jachthafen beobachten, bevor die Urlaubsgäste das Café stürmten. Das Universal Café hatte sich seit seinem Bestehen innerhalb kürzester Zeit zum Geheimtipp gemausert. Doch an diesem Morgen war Reynolds der einzige Gast. Taavi Karhu, der Besitzer des Cafés, putzte den Nachbartisch mit einem Lappen ab und fragte: »Kann ich Ihnen noch etwas bringen, Mr Reynolds?«

Samuel Reynolds schüttelte den Kopf. »Danke, nein.«

»Vielleicht eine Zeitung? Ich habe die aktuelle Ausgabe der Los Angeles Post da.«

Samuel Reynolds überlegte einen Moment, als er eine zerlumpte Gestalt auf sich zukommen sah. Der Mann in den abgewetzten Jeans und der speckigen Jacke wirkte zwischen den Touristen seltsam fehl am Platz. Er lief zielstrebig auf das Café zu.

Taavi entdeckte ihn ebenfalls und winkte. »Guten Morgen, Rubbish. Einen schwarzen Kaffee aufs Haus, wie immer?«

Rubbish George nickte. »Gerne, und wenn es geht, einen von diesen kleinen Mandelkeksen dazu.«

Taavi lächelte. »Kommt sofort, der Herr.« Er verschwand im Café und Rubbish George blieb vor Reynolds stehen. Er hob zum Gruß einen Finger an seine Schiffermütze, unter der gelb-graue Haarsträhnen hervorlugten. »Morgen, Herr Kommissar. Darf ich mich kurz zu Ihnen setzen?«

»George, Sie wissen doch, dass ich im Ruhestand bin. Sie müssen mich nicht mehr mit Kommissar ansprechen«, erinnerte Samuel Reynolds ihn. »Aber nehmen Sie Platz.«

Rubbish George setzte sich und schüttelte den Kopf. »Für mich werden Sie immer unser Kommissar bleiben. Bei Ihnen wurden die Sorgen und Nöte der Bürger wenigstens nicht als Spinnerei abgetan. Sie waren der einzig richtige Mann für diesen Job.«

Samuel Reynolds sah ihn prüfend an. Als langjähriger Kriminalkommissar regte sich Reynolds’ Instinkt. Was wollte Rubbish George von ihm? Ging es vielleicht um ein Verbrechen, das er beobachtet hatte?

Rubbish George, der mit bürgerlichem Namen George Cooper hieß, war ein stadtbekanntes Original. Als Obdachloser hatte Rubbish George lange in einer Bretterbude auf einem Hinterhof nahe der Autovermietung Gelbert gelebt. Mittlerweile war Rubbish auf ein Boot im Nordhafen umgezogen. Dort, wo die weniger schicken Schiffe lagen. Aber auch, wenn Rubbish George nun auf seinem Boot so etwas wie einen festen Wohnsitz hatte, hatte sich sein Leben nur wenig verändert. Seine Tage verbrachte er an der Strandpromenade oder im Hafen. Man unterschätzte Rubbish aufgrund seiner zerlumpten Erscheinung schnell, aber sein Verstand war scharf und ihm entging so gut wie nichts, was in Rocky Beach geschah. Gerade seine Wachsamkeit war es, die Reynolds vermuten ließ, dass George etwas Illegales beobachtet haben könnte.

»Ist etwas passiert?«, erkundigte sich Reynolds.

»Im Hafen gehen seltsame Dinge vor sich!«, antwortete Rubbish wie aus der Pistole geschossen.

Reynolds zog interessiert eine Augenbraue hoch. »Was genau?«

Rubbish kratzte sich gedankenverloren am Bart. »Wie soll ich Ihnen das am besten erklären, Herr Kommissar …?«

Taavi kam und stellte eine Kaffeetasse und einen Teller mit zwei Keksen vor Rubbish ab. »Danke. Ich bezahle den Kaffee, sobald ich Geld habe«, versicherte dieser.

Taavi lächelte. »Ach, das ist nicht nötig.«

»Der Kaffee geht auf mich«, schaltete sich Samuel Reynolds ein.

»Danke, Herr Kommissar.« Rubbish George trank einen Schluck von dem schwarzen Gebräu. »Hätten Sie zufällig noch eine Zigarette für mich?«

»Leider nein. Aber jetzt berichten Sie, George. Was haben Sie beobachtet?« Eine leichte Aufregung erfasste den ehemaligen Kriminalkommissar. Ein Kribbeln, das er seit Langem nicht mehr gespürt hatte und ihn für einen Moment schmerzhaft spüren ließ, wie sehr er seinen Beruf vermisste.

»Nun gut. Wie Sie wissen, Herr Kommissar, wohne ich auf einem Boot hier im Hafen.«

Samuel nickte. »Im Nordhafen, soweit mir bekannt ist.«

»Ja, meine Layla liegt am Liegeplatz 74. In der Nähe der alten Lagerhallen.«

»Layla?«, fragte Samuel Reynolds.

»Ich habe das Boot nach der Tochter meiner ehemaligen Lebensgefährtin benannt.« Rubbish Georges Blick wanderte für einen Moment in die Ferne. »Layla ist ein tolles Mädchen.«

»Ich verstehe«, bemerkte Samuel Reynolds und wartete darauf, dass Rubbish weitererzählte.

»Seit einiger Zeit sind nachts Geräusche aus einer der Lagerhallen zu hören.«

Reynolds neigte den Kopf ein wenig. »Ich dachte, die Hallen stehen leer.«

»Eine wurde wohl an einen Lebensmittelkonzern vermietet. Der Name ist Arctic oder so ähnlich. Der piekfeine Steve hat es mir erzählt. Sie kennen doch Steve? Der hat einen Bootsverleih und organisiert Angeltouren.«

Samuel Reynolds nickte.

»Jedenfalls, seitdem die Halle vermietet wurde, werden dort wieder Waren angeliefert und gelagert«, fuhr Rubbish fort.

»Ich verstehe das Problem nicht recht, George. Ihnen muss klar sein, dass es im Bereich des Hafens zu Lärmbelästigungen kommen kann. Vor allem, wenn dort wieder eine Firma ansässig ist. Das ist wahrlich kein Fall für die Polizei.«

Rubbish George zog ärgerlich die Augenbrauen zusammen. »Das hat Inspektor Cotta auch gesagt. Er meinte, die Polizei von Rocky Beach habe gerade Wichtigeres zu tun. Er hat mir gar nicht richtig zugehört«, grummelte Rubbish George ärgerlich.

Reynolds war überrascht. Er hätte nicht gedacht, dass ausgerechnet Rubbish George wegen einer solchen Lappalie zur Polizei gehen würde.

Rubbish George blickte Reynolds mit funkelnden Augen an. »Es geht doch um etwas völlig anderes! In dieser Halle geht es nicht mit rechten Dingen zu. Regelmäßig kommt ein Fischkutter, beladen mit Kisten, die dort in der Halle verstaut werden, und am nächsten Tag werden die Kisten von Lieferwagen wieder abgeholt.« Rubbish George beugte sich zu Samuel Reynolds vor und sprach mit eindringlicher Stimme weiter. »Ich bin mir sicher, dass die da irgendetwas Illegales machen.«

»Ist das so?« Samuel Reynolds nippte an seinem Kaffee.

»Ja, Herr Kommissar. Der Fischkutter kommt nämlich immer nur in Neumondnächten und komplett ohne Positionsleuchten in den Hafen gefahren. Er ist quasi unsichtbar. Das ist doch mehr als verdächtig, oder etwa nicht?«

»Aber wenn es eine Lebensmittelfirma ist, die die Halle gemietet hat, dann handeln sie vermutlich mit Fisch und die Kutter bringen den frischen Fang an Land, nachdem abends die Netze eingeholt wurden«, vermutete Samuel Reynolds.

Rubbish George winkte ab. »Fischfang lohnt sich doch schon lange nicht mehr.«

»Vielleicht nicht im großen Stil«, warf Samuel Reynolds ein. »Aber wenn es ein kleines Unternehmen ist, haben die sich womöglich auf Gourmetrestaurants spezialisiert. Beim Segelclub hat gerade ein neues Fischrestaurant aufgemacht. Big Blue heißt es. Dort soll es alle möglichen Spezialitäten geben. Wilbur White hat es mir empfohlen.«

Rubbish George riss die Augen auf. »Der stellvertretende Bürgermeister von Rocky Beach? Sie kennen ja mal hohe Tiere, Herr Kommissar.«

Samuel Reynolds schüttelte leicht den Kopf. »Mr White ist auch der Vorsitzende des Segelclubs von Rocky Beach. Ich leihe mir dort hin und wieder eine Jolle aus. Mein kleines Segelboot ist gerade im Trockendock. Der Boden muss erneuert werden. Aber das tut nichts zur Sache. Was ich sagen will, die nächtlichen Lieferungen könnten durchaus völlig legal sein.«

»Und warum kommt der Fischkutter ohne Positionsleuchten in den Hafen gefahren? So ganz dunkel. Glauben Sie mir, Herr Kommissar, die Sache stinkt.«

»Nun …«, gab Samuel Reynolds zu, »das ist in der Tat ungewöhnlich. Also, was ist Ihre Theorie, George?«

»Vielleicht haben Sie schon den richtigen Riecher, Herr Kommissar, und es sind tatsächlich nur Fischlieferungen.« Rubbish George tippte sich mit dem Zeigefinger an die Nase. »Aber was, wenn es sich bei den Gourmet-Fischen um bedrohte Arten handelt? Der piekfeine Steve hat mir gesagt, bei seinen Angeltouren fragen die Kunden immer mal wieder nach dem Pazifik-Riesenbarsch. Der ist wohl vom Aussterben bedroht.«

Samuel Reynolds nickte. »Ja, ich weiß, dass die kommerzielle Fischerei des Riesenbarschs in Kalifornien verboten ist.«

Rubbish lächelte schief und zeigte seine gelblichen Zähne. »Sie verstehen, was ich meine. Es muss ja nicht genau dieser Barsch sein, aber vielleicht handelt diese Firma mit bedrohten Fischarten. Damit diese Gourmettempel etwas Besonders für die verwöhnten Geldsäcke auftischen können. Das würde auch die heimlichen Lieferungen erklären.«

»Natürlich wäre es möglich, aber es ist dennoch nur eine Vermutung und die steht auf verdammt wackeligen Beinen. Nur weil der Fischkutter ohne Positionsleuchten in den Nordhafen einläuft, werden die Kollegen sicherlich keine polizeiliche Untersuchung einleiten.« Samuel Reynolds überlegte kurz. »Vielleicht könnten die drei ??? sich des Falls annehmen? Die Jungs könnten etwas über diese Firma herausfinden. Wenn sich Hinweise ergeben, die tatsächlich auf irgendwelche illegalen Aktionen hinweisen, kann Cotta übernehmen«, schlug er vor.

Rubbish George schüttelte den Kopf. »Was denken Sie denn, Herr Kommissar? An die Jungs wollte ich mich zuerst wenden. Als ich zum Schrottplatz ging, waren Justus und seine Freunde nicht da. Ich wollte warten, aber Mrs Jonas hat mich vom Platz gescheucht. Sie hat behauptet, ich würde ihre Kunden vergraulen, wenn ich dort herumlungerte, und außerdem wäre ihr Neffe für ein paar Tage weggefahren.«

»Das ist natürlich ärgerlich«, gab Samuel Reynolds zu. »Justus Jonas hätte bestimmt schnell Licht in das ominöse Geheimnis vom Nordhafen gebracht.«

»Machen Sie sich etwa lustig über mich?«, fragte Rubbish George mit einem Anflug von Ärger in der Stimme. »Sie klingen, als würden Sie die Geschichte nicht ernst nehmen.«

Samuel Reynolds hob beschwichtigend die Hände. »Natürlich glaube ich Ihnen, George. Ich bin mir nur sicher, dass dieser Fall, sollte es denn tatsächlich einer sein, bei den drei Jungs in guten Händen gewesen wäre. Wirklich sehr ärgerlich, dass sie gerade nicht in Rocky Beach sind.«

»Können Sie mir stattdessen nicht helfen, Herr Kommissar?«

»Wie das?«, erkundigte sich Reynolds.

»Sie könnten mit Ihren Kollegen reden. Wenn Sie mit Inspektor Cotta sprechen, wird er eher bereit sein, der Sache nachzugehen.«

Samuel zögerte einen Moment. »Also, ich weiß nicht …«

»Wenn Sie Beweise brauchen, lade ich Sie gerne auf mein Hausboot ein. In zwei Tagen ist wieder Neumond. Dann können Sie sich selbst ein Bild machen. Und ich brühe Ihnen einen schönen ägyptischen Kaffee auf.«

»Also gut. Ich werde mir die Sache einmal vor Ort ansehen«, gab Samuel Reynolds nach.

»Abgemacht, Herr Kommissar. Ich erwarte Sie übermorgen Abend auf meinem Boot.« Rubbish George trank den letzten Schluck seines Kaffees aus und stand auf. »Ich muss jetzt los. Bis dann.«

»Machen Sie es gut, George«, sagte Samuel Reynolds und nickte dem Stadtstreicher zum Abschied zu.

KAPITEL 2

Eigentlich nahm Samuel Reynolds die Geschichte, die ihm Rubbish George erzählt hatte, nicht wirklich ernst. Dennoch wollte er Informationen über die Firma Arctic einholen. Er hoffte, seine ehemaligen Kollegen würden ihm diesbezüglich weiterhelfen.

Am nächsten Tag machte er sich auf dem Weg zum Polizeirevier von Rocky Beach. Samuel Reynolds parkte seinen alten Dodge Dart neben den Einsatzfahrzeugen. Er warf einen sehnsüchtigen Blick auf seinen ehemaligen Dienstwagen, der nun seinem Nachfolger Inspektor Cotta gehörte. Wehmütig betrat er das dreigeschossige Gebäude. Es herrschte ungewohnter Trubel im Polizeirevier. Viele ihm unbekannte Beamte liefen umher, telefonierten oder standen um Whiteboards herum. Anscheinend handelte es sich um eine Einsatzbesprechung. Zu seiner Verwunderung beachtete ihn kaum jemand. Madeline Johnson saß an ihrem Schreibtisch und blätterte in einer Akte.

»Guten Morgen, Johnson«, grüßte Samuel Reynolds die junge Polizistin. »Hier geht es ja zu wie im Taubenschlag.«

Madeline Johnson sah zu ihm auf und lächelte. »Wie schön, Sie mal wieder zu sehen, Kommissar Reynolds. Ja, es gibt einen großen Fall. Die Kollegen sind Ermittler von der SonderkommissionHollywood. Unser Revier dient als Einsatzzentrale der Soko hier in Rocky Beach.«

Samuel Reynolds zog die Augenbrauen hoch. »Das hört sich interessant an. Um was für einen Fall geht es denn?«

»Da müssen Sie Inspektor Cotta fragen.«

»Ist er da?«

Die Polizistin nickte. »Ja, Sie finden ihn in seinem Büro. Gehen Sie ruhig hoch.«

Im Vorzimmer des Inspektors wurde Reynolds von Dylis Dandylion begrüßt. »Oh, Herr Kommissar, wie schön, Sie zu sehen.«

Sie schob ihre Brille zurecht. »Wenn Sie zu Inspektor Cotta wollen, muss ich Ihnen sagen, dass er aktuell sehr beschäftigt ist.«

»Es wird nicht lange dauern. Ich will nur kurz mit ihm sprechen«, versprach Reynolds.

Die Sekretärin nickte gnädig.