Romeo und Julia (Nikol Classics) - William Shakespeare - E-Book

Romeo und Julia (Nikol Classics) E-Book

William Shakespeare

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Beschreibung

»Romeo und Julia«, das wohl berühmteste Liebespaar der Welt, ist eine Tragödie von William Shakespeare und erzählt von den unglücklichen Umständen einer verbotenen Liebe in der italienischen Stadt Verona. Erstmals erschienen 1597, gehört die Lektüre zu den unvergänglichen Werken der Literaturgeschichte.

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William Shakespeare

Romeo und Julia

Mit zeitgenössischen Abbildungen

Der Text folgt der Ausgabe:

»Romeo und Julia, Der Kaufmann von Venedig,

Ein Sommernachtstraum« von William Shakespeare,

Deutsches Verlagshaus Bong & Co., Berlin.

© 2018 Nikol Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,

Hamburg

Alle Rechte, auch das der fotomechanischen Wiedergabe

(einschließlich Fotokopie) oder der Speicherung auf

elektronischen Systemen, vorbehalten.

All rights reserved.

ISBN: 978-3-86820-918-1

www.nikol-verlag.de

Inhalt

Prolog

Erster Akt

Zweiter Akt

Dritter Akt

Vierter Akt

Fünfter Akt

Romeo und Julia, nach Form und Inhalt eine der vollendetsten Schöpfungen Shakespeares, ward gegen 1596 verfaßt und eröffnet die Reihe der fünf berühmten Tragödien, die zehn Jahre später mit Macbeth abschließt. Der Abstand dieses Meisterwerks der tragischen Muse gegen seine erste Tragödie, den Titus Andronicus, ist geradezu unermeßlich. Die Quelle Shakespeares für dieses »Hohelied der Liebe« war ein langes Gedicht: »Die tragische Geschichte von Romeo und Julia« von Arthur Brooke, dessen Stoff den italienischen Novellen des Luigi da Porto und Bandello entnommen war, die ihrerseits wieder auf älteren Novellisten aufgebaut hatten. Die Tragödie spielt gegen Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts. Mit diesem Stück eröffnete A. W. von Schlegel im Jahr 1797 sein berühmtes Übersetzungswerk. Auf der englischen wie deutschen Bühne ist dasselbe gleich heimisch. Sprache, Bau und Ökonomie des Stücks sind mustergültig; höchstens sind ihm in dieser Beziehung Othello und Coriolan zur Seite zu stellen. – Das Stück ward 1626 in Dresden von »englischen Komödianten« in einer allerdings ins Burleske verzerrten Bearbeitung aufgeführt. Goethe bemächtigte sich später dieses Trauerspiels durch eine im Jahr 1812 in Weimar zur Aufführung gelangte, dem Standpunkt der heutigen Shakespeare-Erkenntnis allerdings nicht mehr entsprechende Bearbeitung. – Wie bei Othello, König Lear usw. konnte sich die Geschmacksrichtung des vorigen Jahrhunderts nicht mit dem Tod der beiden Liebenden befreunden; erst in unserem Jahrhundert ist der »fröhliche Ausgang« endgültig in den Bühnenbearbeitungen dieser Tragödie beseitigt worden. In den letzten Jahren gelangt von den Shakespeareschen Trauerspielen Romeo und Julia, nach Othello und Hamlet, in Deutschland am häufigsten zur Aufführung.

Personen

Escalus, Prinz von Verona.

Graf Paris, Verwandter des Prinzen.

Capulet und Montague, Häupter zweier Häuser, welche in Zwist miteinander sind.

Romeo, Montagues Sohn.

Mercutio, Verwandter des Prinzen und Romeos Freund.

Benvolio, Montagues Neffe und Romeos Freund.

Tybalt, Neffe der Gräfin Capulet.

Ein alter Mann, Capulets Oheim.

Bruder Lorenzo, ein Franziskaner.

Bruder Marcus, von demselben Orden.

Balthasar, Romeos Diener.

Simson, Bedienter Capulets.

Gregorio, Bedienter Capulets.

Abraham, Bedienter Montagues.

Peter.

Drei Musikanten.

Ein Page des Paris.

Ein Offizier.

Ein Apotheker.

Gräfin Montague.

Gräfin Capulet.

Julia, Capulets Tochter.

Juliens Amme.

Bürger von Verona. Verschiedene Männer und Frauen, Verwandte beider Häuser. Masken, Wachen und anderes Gefolge.

Die Szene ist den größten Teil des Stückes hindurch in Verona; zu Anfang des fünften Aufzugs in Mantua.

Prolog

Der Chorus tritt auf.

Chorus

Zwei Häuser waren gleich an Würdigkeit,

Hier in Verona, wo die Handlung steckt,

Durch alten Groll zu neuem Kampf bereit,

Wo Bürgerblut die Bürgerhand befleckt.

Aus dieser Feinde unheilvollem Schoß

Das Leben zweier Liebender entsprang,

Die durch ihr unglückselges Ende bloß

Im Tod begraben elterlichen Zank.

Der Hergang ihrer todgeweihten Lieb

Und der Verlauf der elterlichen Wut,

Die nur der Kinder Tod von dannen trieb,

Ist nun zwei Stunden lang der Bühne Gut;

Was dran noch fehlt, hört mit geduldgem Ohr,

Bringt hoffentlich nun unsre Müh hervor.

Erster Akt

ERSTE SZENE

Ein öffentlicher Platz.

Simson und Gregorio, zwei Bediente Capulets, treten auf.

Simson. Auf mein Wort, Gregorio, wir wollen nichts in die Tasche stecken.

Gregorio. Freilich nicht, sonst wären wir Taschenspieler.

Simson. Ich meine, ich werde den Koller kriegen, und vom Leder ziehn.

Gregorio. Ne, Freund! deinen ledernen Koller mußt du beileibe nicht ausziehen.

Simson. Ich schlage geschwind zu, wenn ich aufgebracht bin.

Gregorio. Aber du wirst nicht geschwind aufgebracht.

Simson. Ein Hund aus Montagues Hause bringt mich schon auf.

Gregorio. Einen aufbringen, heißt: ihn von der Stelle schaffen. Um tapfer zu sein, muß man stand halten. Wenn du dich also aufbringen läßt, so läufst du davon.

Simson. Ein Hund aus dem Hause bringt mich zum Standhalten. Mit jedem Bedienten und jedem Mädchen Montagues will ich es aufnehmen.

Gregorio. Der Streit ist nur zwischen unseren Herrschaften und uns, ihren Bedienten. Es mit den Mädchen aufnehmen? Pfui doch! Du solltest dich lieber von ihnen aufnehmen lassen.

Simson. Einerlei! Ich will barbarisch zu Werke gehn. Hab’ ich’s mit den Bedienten erst ausgefochten, so will ich mir die Mädchen unterwerfen. Sie sollen die Spitze meines Degens fühlen, bis er stumpf wird.

Gregorio. Zieh nur gleich vom Leder: Da kommen zwei aus dem Hause der Montagues.

(Abraham und Balthasar treten auf.)

Simson. Hier! mein Gewehr ist blank. Fang nur Händel an, ich will den Rücken decken.

Gregorio. Den Rücken? willst du Reißaus nehmen?

Simson. Fürchte nichts von mir.

Gregorio. Ne, wahrhaftig! ich dich fürchten?

Simson. Laß uns das Recht auf unserer Seite behalten, laß sie anfangen.

Gregorio. Ich will ihnen im Vorbeigehn ein Gesicht ziehen, sie mögen’s nehmen, wie sie wollen.

Simson. Wie sie dürfen, lieber. Ich will ihnen einen Esel bohren; wenn sie es einstecken, so haben sie den Schimpf.

Abraham. Bohrt ihr uns einen Esel, mein Herr?

Simson. Ich bohre einen Esel, mein Herr.

Abraham. Bohrt ihr uns einen Esel, mein Herr?

Simson. Ist das Recht auf unsrer Seite, wenn ich ja sage?

Gregorio. Nein.

Simson. Nein, mein Herr! Ich bohre euch keinen Esel, mein Herr. Aber ich bohre einen Esel, mein Herr.

Gregorio. Sucht ihr Händel, mein Herr?

Simson. Wenn ihr sonst Händel sucht, mein Herr: ich stehe zu Diensten. Ich bediene einen ebenso guten Herrn wie ihr.

Abraham. Keinen bessern.

Simson. Sehr wohl, mein Herr!

(Benvolio tritt auf.)

Gregorio. Sag: einen bessern; hier kommt ein Vetter meiner Herrschaft.

Simson. Ja doch, einen bessern, mein Herr.

Abraham. Ihr lügt.

Simson. Zieht, wo ihr Kerls seid! Frisch, Gregorio! denk’ mir an deinen Schwadronierhieb.

Sie fechten.

Benvolio. Ihr Narren, fort! steckt eure Schwerter ein;

Ihr wißt nicht, was ihr tut.

(Tybalt tritt auf.)

Tybalt. Was? ziehst du unter den verzagten Knechten?

Hierher, Benvolio! Beut die Stirn dem Tode!

Benvolio. Ich stifte Frieden: steck’ dein Schwert nur ein!

Wo nicht, so führ’ es, diese hier zu trennen!

Tybalt. Was? Ziehn, und Friede rufen? Wie die Hölle

Hass’ ich das Wort, wie alle Montagues

Und dich! Wehr dich, du Memme!

(Sie fechten.)

(Verschiedene Anhänger beider Häuser kommen und mischen sich in den Streit; dann Bürger mit Knütteln.)

Ein Bürger. He! Spieß’ und Stangen her! – Schlagt auf sie los!

Weg mit den Capulets! – Weg mit den Montagues!

(Capulet im Schlafrock, und Gräfin Capulet.)

Capulet. Was für ein Lärm? - Holla, mein langes Schwert!

Gräfin Capulet. Nein, Krücken! Krücken! Wozu soll ein Schwert!

Capulet. Mein Schwert, sag’ ich! Der alte Montague

Kommt dort, und wetzt die Klinge mir zum Hohn.

(Montague und Gräfin Montague.)

Montague. Du Schurke! Capulet! – Laßt los, laßt mich gewähren!

Gräfin Montague. Du sollst dich keinen Schritt dem Feinde nähern.

(Der Prinz mit Gefolge.)

Prinz. Aufrührische Vasallen! Friedensfeinde!

Die ihr den Stahl mit Nachbarblut entweiht! –

Wollt ihr nicht hören? – Männer! wilde Tiere!

Die ihr die Flammen eurer schnöden Wut

Im Purpurquell aus euren Adern löscht!

Zu Boden werft, bei Buß’ an Leib und Leben,

Die mißgestählte Wehr aus blut’ger Hand!

Hört eures ungehaltnen Fürsten Spruch!

Drei Bürgerzwiste haben dreimal nun,

Aus einem luft’gen Wort von euch erzeugt,

Du alter Capulet und Montague,

Den Frieden unsrer Straßen schon gebrochen.

Veronas graue Bürger mußten sich

Entladen ihres ehrenfesten Schmucks,

Und alte Speer’ in alten Händen schwingen,

Woran der Rost des langen Friedens nagte,

Dem Hasse, der euch nagt, zu widerstehn.

Verstört ihr jemals wieder unsre Stadt,

So zahl’ eu’r Leben mir den Friedensbruch.

Für jetzt begebt euch, all ihr andern, weg!

Ihr aber, Capulet, sollt mich begleiten.

Ihr, Montague, kommt diesen Nachmittag

Zur alten Burg, dem Richtplatz unsres Banns,

Und hört, was hierin fürder mir beliebt,

Bei Todesstrafe, sag’ ich: alle fort!

(Der Prinz, sein Gefolge, Capulet, Gräfin Capulet, Tybalt, die Bürger und Bedienten gehen ab.)

Montague. Wer bracht’ aufs neu den alten Zwist in

Gang?

Sagt, Neffe, wart ihr da, wie er begann?

Benvolio. Die Diener Eures Gegners fochten hier,

Erhitzt mit Euren schon, eh’ ich mich nahte;

Ich zog, um sie zu trennen. Plötzlich kam

Der wilde Tybalt mit gezücktem Schwert,

Und schwang, indem er schnaubend Kampf mir bot,

Es um sein Haupt, und hieb damit die Winde,

Die, unverwundet, zischend ihn verhöhnten.

Derweil wir Hieb’ und Stöße wechseln, kamen

Stets mehr und mehr, und fochten miteinander;

Dann kam der Fürst und schied sie voneinander.

Gräfin Montague. Ach, wo ist Romeo? Saht ihr ihn heut?

Wie froh bin ich! Er war nicht bei dem Streit.

Benvolio. Schon eine Stunde, Gräfin, eh’ im Ost

Die heil’ge Sonn’ aus goldnem Fenster schaute,

Trieb mich ein irrer Sinn ins Feld hinaus.

Dort, in dem Schatten des Kastanienhains,

Der vor der Stadt gen Westen sich verbreitet,

Sah ich, so früh schon wandelnd, euren Sohn.

Ich wollt’ ihm nahn, er aber nahm mich wahr

Und stahl sich tiefer in des Waldes Dickicht.

Ich maß sein Innres nach dem meinen ab,

Das in der Einsamkeit am regsten lebt,

Ging meiner Laune nach, ließ seine gehn,

Und gern vermied ich ihn, der gern mich floh.

Montague. Schon manchen Morgen ward er dort

gesehn,

Wie er den frischen Tau durch Tränen mehrte,

Und, tief erseufzend, Wolk’ an Wolke drängte.

Allein sobald im fernen Ost die Sonne,

Die allerfreu’nde, von Auroras Bett

Den Schattenvorhang wegzuziehn beginnt,

Stiehlt vor dem Licht mein finstrer Sohn sich heim,

Und sperrt sich einsam in sein Kämmerlein,

Verschließt dem schönen Tageslicht die Fenster,

Und schaffet künstlich Nacht um sich herum.

In schwarzes Mißgeschick wird er sich träumen,

Weiß guter Rat den Grund nicht wegzuräumen.

Benvolio. Mein edler Oheim, wisset ihr den Grund?

Montague. Ich weiß ihn nicht, und kann ihn nicht erfahren.

Benvolio. Lag’t ihr ihm jemals schon deswegen an?

Montague. Ich selbst, sowohl als mancher andre Freund.

Doch er, der eignen Neigungen Vertrauter,

Ist gegen sich, wie treu, will ich nicht sagen,

Doch so geheim und in sich selbst gekehrt,

So unergründlich forschendem Bemühn,

Wie eine Knospe, die ein Wurm zernagt,

Eh’ sie der Luft ihr zartes Laub entfalten,

Und ihren Reiz der Sonne weihen kann.

Erführen wir, woher sein Leid entsteht,

Wir heilten es so gern, als wir’s erspäht.

(Romeo erscheint in einiger Entfernung.)

Benvolio. Da kommt er, seht! Geruht uns zu verlassen.

Galt ich ihm je was, will ich schon ihn fassen.

Montague. O, beichtet’ er für dein Verweilen dir

Die Wahrheit doch! – Kommt, Gräfin, gehen wir!

(Montague und Gräfin Montague gehen ab.)

Benvolio. Ha, guten Morgen, Vetter!

Romeo. Erst so weit?

Benvolio. Kaum schlug es neun.

Romeo. Weh mir. Gram dehnt die Zeit.

War das mein Vater, der so eilig ging?

Benvolio. Er war’s. Und welcher Gram dehnt euch die Stunden?

Romeo. Daß ich entbehren muß, was sie verkürzt.

Benvolio. Entbehrt ihr Liebe?

Romeo. Nein.

Benvolio. So ward sie euch zu teil?

Romeo. Nein, Lieb’ entbehr’ ich, wo ich lieben muß.

Benvolio. Ach, daß der Liebesgott, so mild im Scheine,

So grausam in der Prob’ erfunden wird!

Romeo. Ach, daß der Liebesgott, trotz seinen Binden,

Zu seinem Ziel stets Pfade weiß zu finden!

Wo speisen wir? – Ach! welch ein Streit war hier?

Doch sagt mir’s nicht, ich hört es alles schon:

Haß gibt hier viel zu schaffen, Liebe mehr.

Nun dann: liebreicher Haß! streitsücht’ge Liebe!

Du alles, aus dem Nichts zuerst erschaffen!

Schwermüt’ger Leichtsinn! ernste Tändelei!

Entstelltes Chaos glänzender Gestalten!

Bleischwinge! lichter Rauch und kalte Glut!

Stets wacher Schlaf! dein eignes Widerspiel! –

So fühl’ ich Lieb’, und hasse, was ich fühl’?

Du lachst nicht?

Benvolio. Nein, das Weinen ist mir näher.

Romeo. Warum, mein Herz?

Benvolio. Um deines Herzens Qual.

Romeo. Das ist der Liebe Unbill nun einmal.

Schon eignes Leid will mir die Brust zerpressen,

Dein Gram um mich wird voll das Maß mir messen.

Die Freundschaft, die du zeigst, mehrt meinen Schmerz;

Denn, wie sich selbst, so quält auch dich mein Herz.

Lieb’ ist ein Rauch, den Seufzerdämpf’ erzeugten;

Geschürt, ein Feu’r, von dem die Augen leuchten;

Gequält, ein Meer, von Tränen angeschwellt;

Was ist sie sonst? Verständ’ge Raserei,

Und ekle Gall’, und süße Spezerei.

Lebt wohl, mein Freund!

Benvolio. Sacht! Ich will mit euch gehen;

Ihr tut mir Unglimpf, laßt ihr so mich stehen.

Romeo. Ach, ich verlor mich selbst; ich bin nicht

Romeo.

Der ist nicht hier: er ist – ich weiß nicht wo.

Benvolio. Entdeckt mir ohne Mutwill, wen ihr liebt.

Romeo. Bin ich nicht ohne Mut und ohne Willen?

Benvolio. Nein, sagt mir’s ohne Scherz.

Romeo. Verscherzt ist meine Ruh: wie sollt’ ich

scherzen?

O, überflüss’ger Rat bei so viel Schmerzen!

Hört, Vetter, denn im Ernst: Ich lieb’ ein Weib.

Benvolio. Ich traf’s doch gut, da ich verliebt Euch glaubte.

Romeo. Ein wackrer Schütz’! – Und, die ich lieb’, ist schön.

Benvolio. Ein glänzend Ziel kann man am ersten treffen.

Romeo. Dies Treffen traf dir fehl, mein guter Schütz’:

Sie meidet Amors Pfeil, sie hat Dianens Witz,

Umsonst hat ihren Panzer keuscher Sitten

Der Liebe kindisches Geschoß bestritten.

Sie wehrt den Sturm der Liebesbitten ab,

Steht nicht dem Angriff kecker Augen, öffnet

Nicht ihren Schoß dem Gold, das Heil’ge lockt.

O, sie ist reich an Schönheit; arm allein,

Weil, wenn sie stirbt, ihr Reichtum hin wird sein.

Benvolio. Beschwor sie der Enthaltsamkeit Gesetze?

Romeo. Sie tat’s, und dieser Geiz vergeudet Schätze.

Denn Schönheit, die der Lust sich streng enthält,

Bringt um ihr Erb’ die ungeborne Welt.

Sie ist zu schön und weis’, um Heil zu erben,

Weil sie, mit Weisheit schön, mich zwingt zu sterben.

Sie schwor zu lieben ab, und dies Gelübd’

Ist Tod für den, der lebt, nur weil er liebt.

Benvolio. Folg’ meinem Rat, vergiß an sie zu denken.

Romeo. So lehre mich, das Denken zu vergessen.

Benvolio. Gib deinen Augen Freiheit, lenke sie

Auf andre Reize hin.

Romeo. Das ist der Weg

Mir ihren Reiz in vollem Licht zu zeigen.

Die Schwärze jener neidenswerten Larven,

Die schöner Frauen Stirne küssen, bringt

Uns in den Sinn, daß sie das Schöne bergen.

Der, welchen Blindheit schlug, kann nie das Kleinod

Des eingebüßten Augenlichts vergessen.

Zeigt mir ein Weib, unübertroffen schön;

Mir gilt ihr Reiz wie eine Weisung nur,

Worin ich lese, wer sie übertrifft.

Leb’ wohl! Vergessen lehrest du mich nie.

Benvolio. Dein Schuldner sterb’ ich, glückt mir nicht die Müh.

(Beide ab.)

ZWEITE SZENE

Eine Straße.

Capulet, Paris und ein Bedienter kommen.

Capulet. Und Montague ist mit derselben Buße

Wie ich bedroht? Für Greise, wie wir sind,

Ist Frieden halten, denk’ ich, nicht so schwer.

Paris. Ihr geltet beid’ als ehrenwerte Männer,

Und Jammer ist’s um euren langen Zwiespalt.

Doch, edler Graf, wie dünkt euch mein Gesuch?

Capulet. Es dünkt mich so, wie ich vorhin gesagt.

Mein Kind ist noch ein Fremdling in der Welt,

Sie hat kaum vierzehn Jahre wechseln sehn.

Laßt noch zwei Sommer prangen und verschwinden,

Eh’ wir sie reif, um Braut zu werden, finden.

Paris.