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Nach dem Tod ihres Vaters ziehen die beiden Schwestern Amber und Lynn nach Hollow Moon, einem netten Hafenstädtchen an der Ostküste der USA. Amber soll die Geschäftsleitung des "Rosegarden Inn" übernehmen, des schönsten Hotels der Gegend. Was wie ein Traumjob aussieht, entpuppt sich schon bald als abenteuerliches Unterfangen. Schwierigkeiten tauchen auf, die Amber an ihre Grenzen bringen. Auch Lynn findet sich in ihrer neuen Schule alles andere als gut zurecht. Glücklicherweise gibt es in Hollow Moon nicht nur ein schönes Hotel und einen traumhaften Strand, sondern auch attraktive Männer. Als Amber den geheimnisvollen Jaden trifft und Lynn den gutaussehenden Noel liegt Liebe in der Luft ... --- Band 1 --- Zur Information für unsere Leser: "Rosegarden Inn - Ein Hotel zum Verlieben" besteht aus 6 Teilen. Jeder Band enthält ca. 80-100 Seiten. Wir wünschen gute Unterhaltung!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 123
Veröffentlichungsjahr: 2018
Ola-la (Rosentapete) www.shutterstock.com
Kelly Sorenson (Lace Frame Vector), https://creativemarket.com/kellyjsorenson
vielen Dank, dass Sie den ersten Teil von »Rosegarden Inn – Ein Hotel zum Verlieben« gekauft haben!
Inspiriert von Fernsehserien haben wir dieses Projekt entwickelt, einen Serienroman, der Sie auf dem Heimweg in Bus und Bahn begleiten und Ihnen den Feierabend auf dem Sofa versüßen möchte. Der Roman sollte fortlaufend gelesen werden, Band für Band, wie man eine Fernsehserie schaut. Die Handlungen der Bände sind dabei nicht abgeschlossen, sondern werden im folgenden Band fortgesetzt.
Derzeit sind von »Rosegarden Inn« sechs Folgen geplant, in denen Sie die Schwestern Amber und Lynn bei Ihren Abenteuern in Hollow Moon und im Rosegarden Inn begleiten können. Und wer weiß, vielleicht gibt es schon bald weitere Romane um Amber und Lynn. Lassen Sie sich überraschen.
Wir wünschen Ihnen gute Unterhaltung!
»Lynn?« Amber lauschte die Treppe hinauf.
Keine Antwort. Ihre Schwester war nicht mehr im Haus, das spürte sie.
Amber hob die letzte Umzugskiste auf den Arm und trug sie nach draußen zu dem blauen Ford Pick-up, der in der Einfahrt parkte.
Der Wagen hatte zweifellos die besten Tage hinter sich. Die Roststellen an der Karosserie waren so zahlreich wie die Sommersprossen auf ihrer Nase – aber der Motor würde zuverlässig seinen Dienst versehen, das hatte ihr der Verkäufer versichert.
Auf der Ladefläche stapelten sich zahlreiche Kisten, gefüllt mit allem, was sie aus dem Haus mitnehmen wollten: Kleider, Bücher, Andenken und Bilder. Eine Stehlampe und die Standuhr ihres Vaters lagen dick in Folie und Schaumstoff verpackt daneben.
Da ihre neue Bleibe möbliert sein würde, verzichteten sie darauf, die alten Möbel mitzunehmen. Nur einen Schaukelstuhl würde sie behalten. Der Familiengeschichte zufolge hatte er ihrer Urgroßmutter gehört. Sein Holzrahmen war mit Schnitzereien verziert, den mit Rosen bestickten Stoff der Sitzfläche und der Rückenlehne hatte ihr Vater liebevoll restauriert. Da der Stuhl zu viel Platz auf dem Pick-Up eingenommen hätte, musste Amber ihn per Kurier vorausschicken. Sie hoffte inständig, dass er heil angekommen war.
Amber schob die Kiste zu den anderen und klappte die Ladefläche hoch. Dann bog sie den Rücken durch und sog tief die erdig duftende Luft ein, die ab Mai mit dem Duft der umstehenden Fliederbüsche durchsetzt sein würde. Diese würde sie wohl am meisten vermissen.
Obwohl sie schon seit zehn Jahren nicht mehr hier wohnte, fiel es ihr auf einmal schwer, das Haus aufzugeben. Sie war hier ebenso wie Lynn aufgewachsen, hatte im Garten auf der Schaukel gesessen, sich zwischen den Büschen versteckt, auf der alten Bank gelesen. Damals hätte sie nicht gedacht, dass sie jemals von hier fortgehen würde. Jedenfalls nicht ganz. Solange ihr Vater noch lebte, war dieses Haus immer ihre Anlaufstelle gewesen, der Ort der Ruhe, des Rückzugs.
Aber jetzt gab es für sie keine andere Möglichkeit mehr. Der Makler hatte es bereits verkauft, die neuen Besitzer würden in einer Woche anrücken.
»Lynn?«, rief Amber noch einmal. Doch auch dieses Mal antwortete sie nicht.
Amber schritt über den Hof, schaute dann im Garten nach. Nichts. Auch im Geräteschuppen war sie nicht. Mit sechzehn war sie auch schon ein wenig zu alt für Versteckspiele.
Dann fiel ihr plötzlich ein, wo sie sein könnte.
Amber schloss die Haustür ab, stieg in den Pick-up und fuhr los.
Das Raunen der hohen Bäume empfing sie, als sie vor dem Friedhof der Stadt aus dem Wagen stieg. Irgendwie war es hier immer windig – und kühler als sonst im Ort. Amber raffte sich die Sweatjacke vor der Brust zusammen und strich sich mit der freien Hand ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht. Dann ging sie zum Tor. Die Angeln quietschten leise, als sie es aufstieß. Mr Grady, der Friedhofsgärtner, weigerte sich inständig, sie zu ölen, weil er der Meinung war, dass die Toten hören mussten, wenn sie Besuch bekamen.
Amber ließ ihren Blick über die Grabreihen schweifen. Seit der Ort gegründet worden war, hatte man hier sämtliche Bewohner bestattet. Gräber aus dem 18. Jahrhundert fanden sich hier ebenso wie Gräber aus der Neuzeit.
Sie fand Lynn beim Grab ihres Vaters. Vor zwei Wochen war er hier begraben worden, wie er es sich gewünscht hatte, neben seiner Frau.
Amber erinnerte sich gut an ihre Mutter, ihre Schwester war allerdings zu jung, um sie zu kennen. Als Lynn drei Jahre alt war, erlitt Megan Harris plötzlich einen Herzinfarkt. Obwohl der Notarzt alles getan hatte, starb sie, bevor man sie ins Krankenhaus bringen konnte.
Ihr Tod hatte ihren Vater vollkommen aus der Bahn geworfen. Stundenlang hatte er ohne sich zu rühren im Garten gesessen und auf die Rosenbeete gestarrt, die Megan angelegt hatte.
Als Ältere der beiden Schwestern hatte Amber den Haushalt übernehmen müssen, weil ihr Vater vollkommen überfordert war. Er war es gewohnt, zur Arbeit zu gehen, heimzukommen, dann an Haus und Garten herumzuwerkeln oder sich auszuruhen. Er verstand nichts davon, für zwei Töchter zu sorgen, von denen eine ein Kleinkind war.
Amber verstand davon ebenso wenig, doch sie hatte die fürsorgliche Ader ihrer Mutter geerbt. Als Fünfzehnjährige, die sich für Jungs zu interessieren begann und lieber Musik hörte und ausgehen wollte, war es natürlich nicht einfach, doch irgendwie hatte sie es auf die Reihe bekommen.
Dann, nach zwei Jahren, fing sich Jeff Harris wieder und ermöglichte es Amber, ihren eigenen Weg zu gehen. Dafür und für vieles andere war sie ihm unendlich dankbar.
Vor zwei Jahren, noch bevor er, wie er es sich gewünscht hatte, seine beiden Töchter vor den Altar führen konnte, wurde bei ihm Krebs diagnostiziert.
Er hatte seine ältere Tochter, die in ihrem Job mittlerweile erfolgreich war, nicht belasten wollen. Aber schließlich war sie doch gezwungen gewesen, ihren Job aufzugeben, damit sie sich um ihn kümmern konnte. Wieder war es eine harte Zeit, und noch härter hatte die beiden Schwestern der Tod des Vaters getroffen.
Aber jetzt bekamen sie die Chance zum Neuanfang. Einen Neuanfang, über den sich ihr Vater sicher gefreut hätte.
»Hier bist du«, sagte Amber, als sie hinter ihre Schwester trat, die auf einem umgedrehten Blecheimer saß und auf den Stein starrte, in den ein Bild ihres Vaters eingelassen war.
Sie hatten das schönste Foto genommen, das sie in den Alben finden konnten, weil sie wollten, dass alle Welt sah, was für einen freundlichen und gutaussehenden Vater sie gehabt hatten. Je mehr Zeit seit seinem Tod verging, desto mehr fiel es Amber auf, wie ähnlich Lynn ihm war. Sie hatte seine blonden Haare, die strahlend grünen Augen und die Grübchen in den Wangen, die tiefer wurden, wenn sie breit lächelte.
Amber hingegen sah keinem Elternteil ähnlich. Wenn man den Weisheiten alter Leute glaubte, konnte bei der Verbindung zwischen einer dunkelhaarigen Frau und einem blonden Mann nur ein rothaariges Kind herauskommen. Sie war dieses rothaarige Kind, mit Sommersprossen und immerhin grünen Augen, groß, langgliedrig, aber alles andere als grazil oder zart.
»Lynn?«
Das Mädchen reagierte noch immer nicht. Amber unterdrückte ein Seufzen. In ihrem Innern rumorte es.
Sie wusste, wie ungern ihre Schwester von hier wegging. Beinahe jeden Abend hatten sie darüber diskutiert, beinahe jeden Abend hatte Lynn sie angefleht, nicht von hier fortzugehen. Doch es ging nicht anders. Und Amber hatte das Sagen.
Kurz nach dem Tod ihres Vaters hatte sie sich um das Sorgerecht für ihre Schwester bemüht. Dass sie in ein Waisenhaus gehen würde, stand für Amber nie zur Debatte. Glücklicherweise hatte sie einen Anwalt gefunden, der die Sache mit den Behörden schnell über die Bühne bringen konnte.
»Ich weiß«, sagte Amber mit gedämpfter Stimme. »Du willst nicht von hier weg. Aber glaube mir, Dad würde es so wollen. Wenn du achtzehn bist, kannst du deiner Wege gehen, wenn du das willst. Aber jetzt musst du mit mir kommen, eine andere Alternative gibt es nicht.«
Noch immer saß Amber ein wenig der Streit in den Knochen, den sie wegen des Umzuges ausgetragen haben. Lynn hatte ihr vorgeworfen, sie von allem, was sie liebte, wegzureißen, und zwar nur, weil sie auf ihren eigenen Vorteil bedacht sei. Das hatte sie tief getroffen, denn ein anderes Jobangebot war nicht in Sicht. In dieser Gegend riss man sich nicht um eine Hotelfachfrau, denn die einzige Unterkunft, die es hier gab, war ein schäbiges Motel, das bestenfalls Trucker anlockte – oder Leute, die den Kick einer echten Horrornacht haben wollten.
»Warum mussten wir Dads Haus verkaufen?«, fragte Lynn vorwurfsvoll, ohne den Blick von dem Foto ihres Vaters abzuwenden.
In Amber zog sich etwas zusammen. Das Haus. Natürlich. In der ersten Phase nach dem Tod ihres Vaters hatte sich Lynn noch eingeredet, allein im Haus wohnen zu bleiben. Doch das war nicht in Frage gekommen. Lynn konnte nicht allein für das Haus aufkommen und Amber brauchte einen Job.
Wohl oder übel hatte sich die ältere der Schwestern in das Monster verwandeln müssen, das die jüngere von hier wegriss.
»Weil wir ein Haus in einer anderen Stadt brauchen«, antwortete Amber seufzend, während sie gegen den Drang ankämpfte, ihre Schwester einfach in ihre Arme zu ziehen. »Und weil es uns vielleicht gut tut, von all dem wegzukommen und neu anzufangen.«
Als Lynn nichts darauf erwiderte, fügte Amber hinzu: »Dad würde nie wollen, dass wir unglücklich sind, das weißt du. Er würde wollen, dass wir unseren Weg gehen. Damals, als ich an diese Hotelschule gegangen bin, hat er mich gehen lassen, auch wenn es sein Traum war, dass ich eines Tages ein College besuche. Wir haben noch nie viel über deine Ziele geredet, aber ich bin sicher, wenn Dad noch leben würde, würde er es bei dir genauso halten. Er würde nicht wollen, dass du hier bleibst. Er würde es begrüßen, dass du in die Welt ziehst.«
Lynn sah immer noch wie gebannt nach vorn. Eine Träne kullerte über ihre Wange und landete auf ihrem schwarzen Metallica-Shirt. Dann erhob sie sich.
»Okay, gehen wir. Es ändert ja doch nichts.«
Sie schob die Hände in die Taschen ihrer Jeans und trottete zum Friedhofstor.
Amber blieb noch einen Moment vor dem Grabstein stehen.
»Ich versuche, das Richtige zu tun, Dad«, sagte sie leise. »Wir werden in Hollow Moon neu anfangen. Du wirst auf uns stolz sein, das verspreche ich dir!«
Damit wandte sie sich um. Der Wind ließ die Baumkronen über ihr rauschen. Es war, als würden die Geister dieses Ortes Good bye zu ihnen sagen.
Die Tankstelle wirkte ein wenig verkommen und einsam, doch da die Nadel der Tankanzeige schon bedenklich gen Null rückte, beschloss Amber, hier zu halten.
Umgeben wurde die Anlage, die aus einem kleinen Ladenraum und einer Zapfsäule bestand, von dichtem Gebüsch, sodass man sie, wenn man nicht genau hinschaute, leicht übersehen konnte. Das alte »Gasoline«-Schild, das an dem Laden angebracht war, gab ein schönes Postkartenmotiv ab für die Liebhaber amerikanischer Klischees.
»Soll ich dir irgendwas mitbringen?«, fragte sie Lynn, die auf dem Rücksitz des Pick-ups döste. Da sie die Kopfhörer ihres IPod in den Ohren hatte, hörte sie sie natürlich nicht. Erst, als Amber ihr Bein berührte, zuckte sie zusammen.
»Sind wir da?«, fragte sie lustlos und zog einen Stöpsel aus dem Ohr.
»Nein, wir müssen tanken. Soll ich dir was aus dem Laden mitbringen? Einen Schokoriegel, Kekse oder ein Eis?«
»Nein«, knurrte Lynn und drehte sich zur Seite. »Ich bin keine fünf mehr, dass ich sowas brauche.«
»Okay, wie wär‘s dann mit Zigaretten?«, entgegnete Amber bissig. Mittlerweile müsste sie eigentlich die Ablehnung ihrer Schwester gewöhnt sein, aber es traf sie jedes Mal, wenn Lynn ihren guten Willen abschmetterte.
»Ich rauche nicht, danke.«
»Okay«, entgegnete Amber seufzend und stieg aus dem Wagen. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wann sich das Verhältnis zwischen ihr und Lynn wieder normalisieren würde.
Sie schraubte den Tankdeckel ab und steckte den Zapfhahn in den Tankstutzen. Ihr Blick richtete sich auf das große Sprossenfenster, in dem ein altes Werbeschild für eine Diät-Cola hing. War dieser schäbige Look vielleicht gewollt?
Als sie mit dem Tanken fertig war, hängte sie den Zapfhahn wieder ein.
»Warte!«, rief es aus dem Innern des Pick-ups, als sie sich umwandte. Lynn rappelte sich auf und kurbelte die Scheibe herunter. »Was zu Essen wäre doch gut. Wenn du ...«
»Klar. Ich hol ein paar Sachen und dann können wir uns ein wenig die Beine vertreten.«
Amber lächelte in sich hinein, als sie zum Laden ging. Lynn hatte sie um etwas gebeten. Das war ein gutes Zeichen. Nicht, dass es ein Friedensschluss war, aber sie hatte mal nicht bockig auf ihrem Nein beharrt und dann lieber gehungert.
Unter Glockengebimmel trat sie ein. Der Laden war leer. Im ersten Moment fühlte sich Amber in die sechziger Jahre versetzt. Sie war für diese Epoche zu jung, kannte aber Bilder aus der Zeit. Hier sah es genauso aus wie damals, als ihr Vater durch die Gegend fuhr.
Überraschenderweise hatte der Laden alles, was sie brauchten. Soda, Cola, Kaffee und neben den üblichen Schokoriegeln auch frischen Apfelkuchen. Amber lief das Wasser im Mund zusammen.
Das Rascheln des Perlenvorhanges riss sie aus ihrer Betrachtung.
»Oh, hi!«, sagte sie zu der älteren Dame, die hinter dem Tresen erschien. Sie war recht klein, hatte ihr beinahe weißes Haar im Nacken zu einem Knoten geschlungen und trug ein altmodisches auberginefarbenes Kleid.
Amber hätte mit einem älteren, rundlichen Tankwart gerechnet; die alte Dame passte eher in eine nette kleine Konditorei mit bunten Törtchen. Was würde sie wohl tun, wenn hier irgendwelche Rowdys ankamen und versuchten, sie auszurauben?
»Hallo, was kann ich für Sie tun, Liebes?«, fragte sie mit einem liebenswürdigen Lächeln.
»Ähm, ich habe getankt und dann hätte ich gern noch zwei Soda und vier Stücke Apfelkuchen.«
»Vier Stücke!«, rief die Frau aus. »Oh, wie schön! Ich habe ihn heute morgen frisch gebacken. Meist muss ich ihn selbst essen oder verschenken, weil er übrig bleibt, aber heute ist wohl mein Glückstag.«
Sie eilte zur Kuchentheke, packte die Stücke ein und stellte dann die Soda-Flaschen auf den Tresen.
»Hier kommen nicht viele Leute vorbei, oder?«, fragte Amber, die sich irgendwie Sorgen um die alte Frau zu machen begann. Sie konnte hier draußen doch nicht völlig allein wohnen!
»Wie man es nimmt«, antwortete sie. »Es reicht, um ein Auskommen zu haben. Leider sind die Menschen heutzutage so hektisch, sie haben nicht mal Zeit, um den Kuchen zu bemerken. Sie kommen rein, bezahlen ihr Benzin, dann fahren sie wieder. Niemand hat Zeit, sich zu unterhalten.«
