Runzel-Ich - Susanne Fröhlich - E-Book

Runzel-Ich E-Book

Susanne Fröhlich

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Beschreibung

Der Weg zur Hölle ist mit Antifaltencremes gepflastert! Was uns davor rettet, verraten Susanne Fröhlich und Constanze Kleis in ihrem neuen Bestseller Frauen, so denken Frauen, sind ständig bedroht. Von Oberarmen, die so schlaff werden, dass wir irgendwann aussehen wie Flughörnchen in Damenoberbekleidung. Von Truthahnhälsen und Plissee um den Mund. Von Brüsten, die unbedingt die Ellenbogen kennen lernen wollen, um später sogar noch Interesse an der Taille anzumelden. Von Frauen, die das alles als Bereicherung empfinden und von Männern, die die ersten Falten mit Bravo-Leserinnen bekämpfen. Was uns vor all dem rettet? Das neue Buch von Susanne Fröhlich und Constanze Kleis.

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Seitenzahl: 389

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Susanne Fröhlich

Runzel-Ich

Wer schön sein will ...

Sachbuch

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Das Altern hat sicher Vorteile. Uns fällt nur gerade keiner ein.

Wer schön sein will …

Was sehen Sie, wenn Sie morgens in den Spiegel schauen? Vermutlich dasselbe wie wir: Die wirklich ultimativ letzte Aufforderung, Schadensbegrenzung zu betreiben. Gleichermaßen zeitraubende wie unwichtige Dinge – etwa Kinder, Haushalt, Beruf, Sex – aufzugeben, um sich endlich hauptberuflich der wesentlichen Aufgabe der Frau zu widmen: schön sein, jung bleiben. Da stehen wir dann vorm Allibert und müssen uns noch vorm ersten Kaffee ein paar sehr unfreundliche Fragen gefallen lassen: Ob wir noch gut genug aussehen, um beim Sex das Licht anlassen zu dürfen? Wie dieses lange Haar an diese Stelle kommt? Ob das noch Fältchen sind oder schon Plissee? Warum uns die Oberarme irgendwie fatal an Flughörnchen erinnern? Und ob uns mittlerweile vielleicht nur noch der Preis unserer Konservierungsmittel von eingelegten Gurken unterscheidet?

Typisch Runzel-Ich. Dieser kleine gemeine Selbstzweifel, der mit den Jahren immer größer wird. Einen täglich daran erinnert, dass es sich mit den weiblichen Schauwerten wie mit der Insel Sylt verhält: sie werden ständig weniger, während sich dafür die Notstandsgebiete am eigenen Körper ausdehnen wie die schwarzen Löcher im All. Einziger Trost: Man ist nicht allein. Sogar die Barbie No. 1 – die Plastik-Eva der Beauty-Schöpfungsgeschichte – wurde jüngst ein Opfer des Runzel-Ich. Sie erzielte bei einer Auktion nur die Hälfte des zu erwartenden Preises, bloß weil ihre Beine mit den Jahren etwas fleckig geworden waren. Und wenn Barbie schon an Wert verliert, was erwartet dann uns und unsere Besenreiser? Eine Notschlachtung vielleicht? Bloß weil wir nicht aussehen wie Cameron Diaz und unsere Brüste keinen eigenen PR-Berater beschäftigen, wie die von Pamela Anderson? Weil wir irgendwann so viel überschüssige Haut im Gesicht, am Bauch und an den Oberschenkeln haben werden, dass man damit die Polstergarnitur im Wohnzimmer neu beziehen kann, uns Haare an Stellen wachsen, an denen nicht mal der Feldhase welche hat und wir uns um die Augen in Paul Kuhn verwandeln?

Glücklicherweise gibt es ungefähr 1001 Mittelchen, die einem beim Verschönern und Instandhalten helfen wollen. Eine große Aufgabe, und deshalb scheint es nur fair zu sein, wenn all die kleinen Helfer fast so viel kosten wie das Studium der Kinder. Für beinahe jeden Quadratzentimeter Haut liefert uns die Kosmetikindustrie ein eigenes Produkt, und damit verfügt jetzt jeder Körperteil auch über ein eigenes schlechtes Gewissen. Zusammen genommen ein Fischer-Chor der Schönheitsanklagen, kümmert man sich nicht um alle so, wie es auf dem Beipackzettel steht. Nicht zu vergessen die Segnungen der Schönheitschirurgie. Sollte man nicht – wo man doch kann? Früher hat das Abziehen von Haut bei lebendigem Leib einen immerhin zum Märtyrer qualifiziert. Ganze Gotteshäuser wurden zur Belohnung nach einem benannt, man bekam jahrtausendelang Kerzen dafür gestiftet. Heute soll man nach einer ähnlichen Prozedur – dem kompletten Facelift – allerdings nur aussehen, als hätte man eigentlich gar nichts gemacht, als sich mal eben einen Tupfer Nivea auf die rosige Haut gegeben. Ein Irrsinn, den die Schauspielerin Rosalind Russell in dem Film »Die Frauen«, nach Stunden im Day-Spa und schweißtreibender Körperertüchtigung erschöpft am Reck hängend, so kommentiert: »Wenn mich noch einmal ein Mann fragt, was ich eigentlich den ganzen Tag so treibe, bringe ich ihn um!«

Der Weg zur Hölle ist für Frauen mit der ängstlichen Frage gepflastert: »Sehe ich gut aus?« Ohne genau zu wissen, was das gut Aussehen eigentlich bedeuten soll. Gibt es beispielsweise ein absolutes Beauty-Existenzminimum? Für die Liebe? Für den Beruf? Um glücklich zu sein? Ist Schönheit das, was Chanel und Clinique uns als Fernziel vorgeben? Was man aus Sabine Christiansen gemacht hat? Welche ästhetischen Mindeststandards muss man erfüllen, um selbstbewusst ins Freibad gehen zu können, ohne Furcht, dass die Ästhetik-Polizei über Lautsprecher verkündet, Frau Fröhlich und Frau Kleis mögen sich doch bitte etwas überwerfen? Möglichst lang, möglichst mit Kapuze! Darf man alt werden und auch so aussehen? Kann man ab 40 noch Spaghetti-Tops tragen oder muss man sie wie Elisabeth Hurley seinen Nichten schenken, weil das fünfte Gebot des Alterns lautet: »Du darfst nicht schulterfrei tragen, egal, wie heiß es ist.« Und: Wie sorgt man bei Männern für vermehrten Speichelfluss, ohne dafür kochen zu müssen?

Man könnte natürlich cremen bis zum Umfallen. Den nächsten Chirurgen aufsuchen, um nachher so auszusehen, als wäre man in einem Windkanal schockgefroren. Einen 40 Jahre älteren Mann heiraten, weil der Kontrast so schön jung macht. Windelkurze Miniröcke tragen. Oder sich den Cheerleadern des Alterns, der Trostliteratur anschließen, die im Älterwerden, also in Hängebrüsten, Truthahnhälsen, Blasensenkung und Gekräusel um den Mund sehr viel Gutes entdeckt. Die schreibt »Endlich 50!«, was ungefähr ist als würde man sagen: »Hurra! Endlich Fußpilz!« oder »Toll! George W. Bush auf Lebenszeit wiedergewählt!«

Da gibt’s Besseres. Wer schön sein will, kann jetzt lesen: Vom Leben mit dem Runzel-Ich, (fast) ohne Panik-Attacken, über das, was wirklich wirkt und über das, vor dem wir uns tatsächlich fürchten sollten. Was Schönheit ist, wozu man sie braucht. Natürlich geht es auch um männliche Alterserscheinungen und das, was Männer – abgesehen von einem phantastischen Hautwiderstand und Brüsten, die zu ihnen aufblicken – an jungen Frauen finden. Und natürlich werden wir das schonungslose Protokoll unseres Pflegealltags preisgeben. Schönheitspflege – das geht schließlich nur im Selbstversuch. Frauen probieren ja immer wieder gern einfach alles aus, was das Gelbe vom Ei und das Blaue vom Himmel verspricht (ja, auch die Sachen, für die man eigentlich sein Abitur zurückgeben müsste). Außerdem werden Sie hier erfahren, warum wir alle ein bisschen Anouschka sind und weshalb der weibliche Oberschenkel der Helmut Kohl der Körperteile ist. Vorab schon mal ein Tipp – vielleicht der wichtigste: mit der Pflege und dem Jungbleiben verhält es sich wie mit Männern: Die schönsten Ergebnisse erzielt man oft, wenn man sich entspannt zurücklehnt. Allerdings kann es nicht schaden, wenn man dabei eine Feuchtigkeitsmaske aufträgt und ein Buch zur Hand hat. Am besten natürlich dieses!

Ansichtssachen

Natürlich haben wir uns überlegt, ob wir bei unserem Aussehen überhaupt über Schönheit schreiben dürfen. Ob man dafür nicht Heidi Klum sein oder wenigstens einmal an einer Miss-Germany-Wahl teilgenommen haben muss. Alles andere wäre ja, als würde ein Veganer über den Geschmack eines Steaks referieren oder Minister Seehofer über Monogamie. Als beispielsweise die britische Bestsellerautorin Zadie Smith ihren Erfolgsroman »On Beauty« veröffentlichte, schrieb ein Kritiker, ihr sei das erlaubt, sie wäre ja selbst eine Schönheit. Es scheint, als könne man als durchschnittlich attraktiver Mensch nicht mitreden. Einerseits. Andererseits sollte einen eigentlich schon das Streben nach Schönheit für das Thema qualifizieren. Denn kaum jemand beschäftigt sich mehr mit gutem Aussehen als derjenige, bei dem sich Wunsch und Wirklichkeit täglich weiter voneinander entfernen. Außerdem würden der Weltliteratur sowie der Spiegel-Bestsellerliste etwa 80 Prozent ihrer herrlichsten Werke fehlen, hätte man all jene Autoren vom Beschreiben und Beurteilen weiblicher Schönheit ausgeschlossen, die nicht wenigstens als George-Clooney-Double hätten auftreten können. Allerdings scheinen für Männer auch beim Thema »Schönheit« sowieso mal wieder andere Regeln zu gelten. Die können aussehen wie ein Hamster im Regen und dürfen trotzdem gewichtige Urteile über die Optik von Frauen abgeben. Womit wir schon bei der ersten von vielen Ungerechtigkeiten wären, die das Thema »Schönheit« so zuverlässig begleiten wie der Lotsenfisch den Hai. Schönheit mag zwar super aussehen – besonders im Abendkleid. Aber charakterlich kann sie es mühelos mit Peter Hartz und Robert Hoyzer aufnehmen.

Die Gemeinheit beginnt schon bei der Verteilung. Da haben einige wenige von uns bereits bei ihrer Geburt den Gen-Jackpot in der Tasche, respektive im Strampler, können also eigentlich noch nicht viel für eine Zukunft als strahlende Schönheit getan haben. Außer, man glaubt an ein Leben vor der Geburt und daran, dass Schönheit die Belohnung ist für ein Leben voller guter Taten. Dann müsste etwa Mutter Teresa Germany’s Next Topmodel und Marcus Schenkenberg die Wiedergeburt von Mahatma Gandhi sein. Das würde einem wenigstens leidlich den Container an Vorschusslorbeeren erklären, mit denen Schönen das Leben versüßt wird. Dass das so ist behauptet die Attraktivitätsforschung. Hübsche Kinder bekämen demnach von Anfang an mehr Aufmerksamkeit, bessere Noten und geringere Strafen von Eltern und Lehrern als weniger ansehnliche. Später können sie bei der Partnerwahl aus dem Vollen schöpfen, haben größere Chancen im Berufsleben, steigen schneller auf und werden besser bezahlt. Bei einer Befragung von 1300 amerikanischen und britischen Personalchefs gaben ganze 93 Prozent an, dass sie – haben sie die Wahl – lieber die Frau mit den längeren Beinen als die mit den besseren Abschlüssen einstellen. Sollten die schnöde Abgelehnten den Entscheider dafür eine Nacht lang anspucken wollen, hätten sie auch da die schlechteren Karten. Richter urteilen nämlich härter über nicht so attraktive Menschen. Auch sie sind – wenn auch unbewusst – der Überzeugung, dass ein schöner Mensch nie ganz schlecht sein kann.

So deprimierend für uns allenfalls durchschnittlich Aussehende geht es weiter. Egal, in welchem Lebensbereich – ständig bekommt man vorgeführt, dass innere Werte nicht sonderlich zählen, wenn sich gerade ein paar beeindruckende Äußerlichkeiten im Raum aufhalten. Welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen, darüber ist man sich international einmal selten einig: volles Haar, lange Beine, große Augen, volle Lippen, geschwungene Augenbrauen, hohe Wangenknochen, eine schlanke, aber weibliche Figur, ein kleines Kinn, ein symmetrisches Gesicht und vor allem eine glatte, faltenlose, jugendfrische Haut. Entsprechend wurde bei Befragungen das perfekte Alter – sozusagen der Schönheitshöhepunkt – mit 24,8 Jahren angegeben [1].

Fassen wir also zusammen: Schönheit ist selten, sie ist jung und sie ist schlank. Das heißt: Sie ist all das, was die überwältigende Mehrheit von uns nie sein wird. Trotzdem stellen wir uns auf denselben Prüfstand mit den paar handverlesenen Superschönen, als müsste die Ausnahme die Regel bestimmen. Das ist so, als würde Florian Silbereisen mit David Letterman oder Jeanette Biedermann mit Madonna konkurrieren, aber – so Richard Robins, Psychologieprofessor an der University of California in Davis – bei Schönheit kann uns kein Maßstab zu groß sein: »Wenn Frauen ihre Attraktivität beurteilen, dann vergleichen sie sich mit den idealisierten Standards der Schönheit, also beispielsweise mit Models. Wenn sich Menschen dagegen im Hinblick auf ihre Intelligenz selbst bewerten, dann vergleichen sie sich nicht mit Einstein, sondern wählen einen sehr viel näher liegenden Standard.« [2]Es mag unter anderem daran liegen, dass in Frauenmagazinen nicht die schönsten Gehirne, die zehn neuesten Denk-Ansätze oder die 30 besten Hirn-Workouts präsentiert werden und Männer nicht sagen: »Also Ihr Beitrag zum Noether-Theorem macht mich aber so was von scharf!«

Überhaupt geht es beim Thema Schönheit so was von gar nicht um Vernunft oder überhaupt um das, was sich im Kopf abspielt. Vielmehr drehe sich alles darum, was sich weiter unten tut, sagen Evolutionsbiologen. Demnach sind die typischen Merkmale von Schönheit Synonyme für Fruchtbarkeit, Gesundheit und damit für einen hochinteressanten Genpool. Eine Art Fortpflanzungstrophäe, ein Garant dafür, dass die eigenen Gene weiter bestehen werden, und deshalb lautet die Begehrens-Formel seit Jahrtausenden: Je schöner die Frau, umso überzeugender der Grund für Männer, das ganze Gebalze, Gebaggere, die Blumen am Valentinstag und Fragen wie »Weshalb genau liebst du mich eigentlich?« auf sich zu nehmen. Winkt doch reicher Lohn: Einmal die Aussicht, etwas außerordentlich Seltenes, den Maybach unter den Frauen – wahre Schönheit – zu besitzen, und zum anderen die Gewissheit, dass sich die Gen-Investition – also der Sex – auch wirklich lohnt, wenn man sich von seiner Beauty einen 1a-Nachwuchs versprechen darf.

Für die Frau sei es dagegen nicht so wichtig, wie der Mann aussieht. Durch Geburt und die Verantwortung für die Aufzucht der Kinder war sie seit Jahrtausenden abhängig von einem Ernährer und Beschützer. Und da Attraktivität schon damals in der Urhorde weder Brötchen verdiente noch Säbelzahntiger in die Flucht schlug, hätten sich die Frauen beim Mann eben auf die nützlichen Merkmale – Stärke, Verantwortungsbewusstsein, Dominanz und Bausparvertrag – kapriziert. Kurz: Schönheit ist der Lockstoff, der Männer dazu bringt, den für die Fortpflanzung nötigen Aufwand auf sich zu nehmen. Frauen wiederum versetzt sie in die glückliche Lage, sich den vor allem finanziell potentesten Kerl, den mit dem dicken Konto und den Macherqualitäten auszusuchen, um für sich und die Kinder fortan ausgesorgt zu haben. Nicht umsonst lautet ein einschlägiger Witz: »Frage: Was sind die Idealmaße beim Mann? Antwort: 80-40-80. 80 Jahre alt, 40 Grad Fieber und 80 Millionen Vermögen.«

Bis hierhin könnte man sich locker schon lindgrün geärgert haben darüber, wie ungerecht das Leben ist. Und um die Farbe des Neides noch ein wenig zu vertiefen, bis man glatt als Lurch durchgeht, noch eine weitere Schönheits-Horrormeldung: Sie wird angeblich immer wichtiger. In unserer mobilen Gesellschaft, in der keiner mehr Zeit hat, enge Beziehungen zu knüpfen und andere Menschen richtig – also auch inwendig – kennenzulernen, muss man auf schnelle und damit äußerliche Eindrücke vertrauen. Deshalb nimmt die Tendenz zu, andere nach Figur, Kleidung, Frisur und Make-up zu bewerten. Ganz einfach, weil das am schnellsten geht. Beispiel Speed-Dating, wo man gerade mal sieben Minuten lang die Gelegenheit bekommt, einem potenziellen Partner auf den Zahn zu fühlen, und somit all die leider ausscheiden, die ein wenig länger brauchen, um Wirkung zu entfalten. Auch im Job, wo erwartet wird, dass wir in unserem Leben mehrere Berufe haben und jederzeit die Koffer packen, um für eine neue Stelle in eine andere Stadt zu ziehen, bleibt immer weniger Gelegenheit, dorthin zu schauen, wo es um eine andere Form von Schönheit geht: die inwendige.

Die tägliche Reizüberflutung tut ihr Übriges. Sie erfordert ja irgendein System, nach dem wir Interessantes von Uninteressantem trennen, entscheiden, welches Programm wir schauen, welches Buch wir kaufen, in welchen Film wir gehen, und da stehen sichtbar hervorragende Merkmale ganz vorn. So werden wir darauf trainiert, unseren Bewertungsschwerpunkt auf die Optik zu legen. Selbst in Bereichen, in denen es traditionell schon immer mehr auf den Inhalt ankam als anderswo: in der Kultur, im Jazz, im Theater oder in der Oper hat man den Eindruck, dass die Akteurinnen dort nach Body-Mass-Index, Jahrgang und Körbchengröße ausgewählt werden, weil man sie so besser und schneller in die ohnehin ständig kürzer werdende öffentliche Aufmerksamkeitsspanne rücken kann.

Legenden wie Janis Joplin, Patti Smith oder Chrissi Hynde hätten deshalb heute wohl kaum eine Chance und müssten sich im Gegenteil noch von Dieter Bohlen fragen lassen: »Warst du in der Kirche? Du siehst so durchgeorgelt aus?« Es sei denn, sie würden sich eben mal die Haare gründlich aufhellen, die Nase richten lassen, ihr Dekolleté so erweitern, dass man praktisch schon sieht, ob sie einen Slip anhaben oder nicht. Um dann doch nur wieder auszusehen wie alle anderen. Denn der Versuch, sich von den paar Kriterien für gutes Aussehen wenigstens die anzueignen, die man kaufen kann, schafft ein erstaunliches Phänomen: Dass die, die sich von der Menge der Durchschnittsgesichter abheben wollen, indem sie die markantesten Schönheitsmerkmale nachahmen, einen neuen Durchschnittstypus schaffen: den der durchgeblondeten Beauty oft unbestimmten Alters, die so schmal ist, dass man sie in einem Briefumschlag verschicken kann, ohne Porto für Übergewicht zu bezahlen.

Wie groß die Ähnlichkeiten gerade bei dem Versuch werden, eine Ausnahme zu sein, schildert die New York Times-Autorin Alex Kuczynski in ihrem Buch »Beauty Junkies«: »Während des Oscar-Wochenendes war ich einmal Gast auf einer Gartenparty. Als ich so über den Rasen blickte, fiel mir auf, dass es einige große Frauen gab, die vermutlich weniger als 52 Kilo wogen, mit schmalen Hüften und großen, aufgesetzten Brüsten. Sie hatten alle glatte blonde Haare. Sie hatten alle volle Lippen und große, weiße Zähne. Sie hatten alle große, offene Augen. Sie hatten alle schmale, gerade Nasen. Ihre Kleider waren eine Symphonie in Creme und Beige. Wenn sie zusammengestanden hätten, hätten sie ausgesehen wie eine Gruppe Background-Sängerinnen aus den 60er Jahren, bloß dass sie in Donna Karan gekleidet waren. Ein leitender Studio-Angestellter ging zu einer der Frauen und fasste sie am Ellenbogen. Zeit zu gehen, honey, sagte er. Sie wandte ihm ihr Gesicht zu und da merkte er, dass sie nicht seine Frau war. Aber ihre Silhouette war der seiner Frau absolut ähnlich, ihre Brüste hatten denselben Winkel, ihre Lippen dasselbe Schmollen, ihre Nase endete im gleichen Ski-Flugschanzen-Schwung über derselben sanften Oberlippenrille, die Kleidung entsprach der üblichen Neiman-Marcus-Uniform. Es war unmöglich, sie aus einer Entfernung von zehn Metern auseinander zu halten.« [3]Besser also, man fängt an Namensschilder zu tragen, wenn man vorhat in Konkurrenz mit den Jetset-Beautys dieser Welt zu treten.

Man sieht es ihr nicht an – aber Schönheit birgt doch eine ganze Menge Unannehmlichkeit. Und nicht nur die, dass es so mühsam ist, sie zu konservieren. Fairerweise muss man sagen, dass es jene noch fast härter trifft, die sich eigentlich entspannt zurücklehnen könnten, weil sie als offiziell anerkannte Beautys gelten und internationale Schönheitsstandards setzen. Nicht bloß weil sie ständig fürchten müssen, beim Schwächeln, etwa mit Pickeln, ungeschminkt, mit Speckrand über der Jeans oder strähnigen Haaren abgelichtet zu werden. Auch sie stehen nicht den ganzen Tag vorm Spiegel und freuen sich ein Loch in den Bauch. Sie grämen sich. Genau wie all die anderen. Angelina Jolie sagt von sich: »Ich finde mich nicht hübsch, nicht annähernd vollkommen. Im Gegenteil: Ich sehe doch ziemlich eigenartig aus!« Auch andere beklagen Mängelzonen so groß wie das Ozonloch. Claudia Schiffer findet ihre Knie hässlich und ihre Lippen zu groß, Kate Moss ihren Hintern zu dick und Jessica Simpson bricht wahrscheinlich in Tränen aus, wenn man »Beine« sagt, weil die ihren so kurz sind wie die von Danny de Vito und sie deshalb vermutlich auch in High-Heels schlafen geht.

Selbst die Allerjüngsten und Dünnsten und Schönsten können von vollkommener Selbstzufriedenheit nur träumen. Zumal sie mit einer neuen Herausforderung zu kämpfen haben, die der Musiksender VIVA »Starlicious Makeover« nennt und mit der Nennung der 101 besten Beispiele zur olympischen Disziplin erhebt: der Zwang, sich durch Gewichtsabnahme, Schönheits-OPs und Haarfarbe ständig so radikal zu verändern, dass man wie Brittany Murphy im zarten Alter von 29 schon mehr Image-Korrekturen hinter sich hat als der Volkswagen. Aber wenn Brittany Murphy schon alles war, was will sie dann noch werden? Außer verzweifelt? Und natürlich älter!

Und was sollen wir denn da sagen, wenn sich sogar Frauen wie Naomi Campbell, Cameron Diaz oder Kirsten Dunst mit Selbstzweifeln quälen? Auch, weil sie ja eigentlich nicht so aussehen wie sie aussehen, beziehungsweise wie man sie von Fotos oder Filmen kennt. Dank digitaler Technik haben sie ein zweites Gesicht, eines, das unabhängig ist von weiblichen Mangelerscheinungen wie Fältchen, fleckige Haut, schmale Lippen. Wie die Verwandlung von einer attraktiven in eine atemberaubende Schönheit am Computer funktioniert, hat die Firma Dove anlässlich ihrer »Initiative für wahre Schönheit« gezeigt. In einem Video bekommt man im Zeitraffer vorgeführt, wie eine ganz attraktive, aber nicht außergewöhnlich schöne junge Frau mit Hilfe von einem ganzen Heer von Beauty-Experten und den Wundern der Computerbildbearbeitung in eine umwerfende Schönheit verwandelt wird. Die Intention: vor allem jungen Frauen einmal vorzuführen, dass man sich genauso gut wünschen könnte, die kleine Fee Tinkerbell aus »Peter Pan«, »Alice im Wunderland« oder ein Stück Brot zu sein, wie eine der überirdisch glatten und leuchtenden Ikonen.

Wie weit diese Vortäuschung von Perfektion fortgeschritten ist, zeigte sich im Film »Sky Captain«, wo dank Technik die Vergänglichkeit überwunden ist und selbst Tote wie der Schauspieler Sir Laurence Olivier wiederauferstehen können. Gwyneth Paltrow in der Rolle der Reporterin Polly Perkins wirkt hier, als gebe es sie wirklich, die ewige Jugend und die überirdische Schönheit. Auch in der Werbung wird natürlich gemogelt, dass es nur so kracht, und die Schönheit aus Einzelteilen zusammengesetzt, als wäre man in Frankensteins Hobbykeller. Die langen Beine aus der Strumpfhosen-Werbung – am Computer gedehnt. Die zarte Hand, mit der Steffi Graf in der Nudel-Reklame einst eine Teigware drehte – von einem Hand-Model ausgeliehen.

Das wirft schlussendlich die Frage auf, ob unsere ganzen Beauty-Vorbilder – ähnlich wie »Die Frauen von Stepford« – vielleicht nicht ohnehin längst durch digitale Kopien ersetzt wurden, während die Originale irgendwo ein Leben frei von Schönheitszwängen führen? Speckig, faltig, ungeschminkt und mit strähnigen Haaren. Während wir uns an den künstlich erzeugten Vorbildern abarbeiten oder mit ähnlichen Verbesserungsarbeiten am Bild kontern. Kurz: Schönheit ist die Pest. Und Schönseinwollen die Cholera.

Die Ideale werden immer extremer und damit auch die Methoden, ihnen näher zu kommen, und der Preis, den man bereit ist, dafür zu zahlen. In den USA wird längst mehr Geld für Schönheit ausgegeben als für Bildung oder soziale Dienstleistungen. [4]Und für ein garantiertes Idealgewicht würden Frauen laut einer Umfrage ganze fünf Jahre ihres Lebens opfern. Schönheit ist Maßstab für fast alles und damit beschert sie Frauen eine Achillesferse, so groß, dass sie eigentlich schon fast eine eigene Umlaufbahn für sich in Anspruch nehmen könnte. Will man uns gründlich den Tag versauen oder uns dazu bringen, unsere Depressionen mit teuren Fruchtsäurepeelings und Antifaltencremes zu ertränken, braucht man uns einfach nur Bilder von Schöneren zu zeigen. Meistens genügen aber schon Sätze wie: »Du siehst heute so elend aus?« Oder: »Hast du schlecht geschlafen!«, um Selbstwertkrisen heraufzubeschwören, die länger dauern als Fidel Castros berüchtigte Reden.

Welchen Stellenwert Aussehen bei Frauen hat und dass die Frage »Wie sehe ich aus?« alle anderen Fähigkeiten, Talente, Begabungen und Qualifikationen sofort in den Schatten stellt, zeigte ein eindrückliches Experiment, das die Zeitschrift Psychologie Heute in ihrer Ausgabe vom September 2006 veröffentlichte: »Die Teilnehmer wurden gebeten, mathematische Aufgaben zu lösen. Es gab keine Unterschiede in den Leistungen von Männern und Frauen – allerdings nur, wenn beide Gruppen vollständig bekleidet waren. Als eine Gruppe von Versuchspersonen ihre Aufgabe jedoch im Badeanzug lösen sollte, schnitten die Frauen deutlich schlechter ab als ihre männlichen Kollegen.« [5]Daraus lernen wir zwei Dinge: erstens niemals halbnackt die Steuer machen und zweitens, dass Frauen sofort weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, wenn sie sich ständig fragen, ob die Frisur sitzt und jemand wohl gerade die Wurzel aus der Summe ihrer Cellulitedellen an den Oberschenkeln zieht.

Echte Souveränität (nicht zu verwechseln mit überdeckter Verzweiflung – »Mich will ja doch keiner, also streng ich mich gar nicht erst an … «) beim Thema Attraktivität ist so selten wie Integrität in der Politik und ebenso rar sind die Momente, in denen man einmal wirklich vollkommen zufrieden mit sich und seinem Aussehen ist. Meist findet dieser seltene Moment ohnehin dann statt, wenn man gerade ganz allein abends vor dem Badezimmerspiegel steht, wenn also gerade keiner guckt (vielleicht weil keiner guckt). Zu den großen Beauty-Momenten im Leben einer Frau zählt sicher auch, wenn man nach einer aufwändigen Vorher-Nachher-Aktion, wie sie einige Frauenmagazine präsentieren, fotografiert wird. Dann hat aber auch ein Team von etwa sieben Beauty-Spezialisten intensiver an einem gearbeitet als Leonardo da Vinci an der Mona Lisa.

Allein ist es jedenfalls kaum zu schaffen, sich seinem Idealzustand wenigstens in Sichtweite zu nähern. Wir wollen ja oft nicht nur die Aussehens-Mängel ausgleichen, wir wollen uns gleichzeitig auch noch ständig verwandeln können, immer ein anderer Typ sein. Je nach dem, was gerade angesagt ist: mädchenhaft wie Cameron Diaz oder elegant wie Elisabeth Hurley. Das Ganze gilt es dann möglichst lange zu konservieren und dabei noch so zu wirken, als wäre die ganze Pracht eigentlich überhaupt keine Arbeit und in bloß fünf Minuten im Badezimmer mal eben nebenbei entstanden und sei das Ergebnis von einem bisschen Wasser, Seife und Nivea-Creme. Weil irgendwie die irrige Ansicht regiert, man dürfe den ganzen Aufwand, die Mühen, die Arbeit nicht sehen.

Spätestens jetzt muss mal die Frage gestellt werden: Haben wir nichts Besseres zu tun? Wir könnten uns doch – statt wie hypnotisiert in den Spiegel zu schauen und ein paar neue Falten mit Trauerbeflaggung willkommen zu heißen – mal genauer ansehen, wie das mit der Schönheit im wirklichen Leben funktioniert. Dabei lässt sich nämlich mühelos feststellen, dass Schönheit überschätzt wird. Besonders von Frauen. Dafür gibt es sechs ganz einleuchtende Gründe:

Schön ist vieles. Natürlich herrscht eine gewisse Einigkeit darüber, dass etwa Sharon Stone eine schöne Frau ist und auch Julia Roberts ganz manierlich aussieht. Genauso würden die meisten sagen, dass ihnen Vanillepudding schmeckt und sie Kutteln ziemlich gewöhnungsbedürftig finden. Dennoch gibt es sicher sehr viele, denen Kutteln durchaus munden. Meint: Bei dem, was weltweit als Schönheitsstandard gilt, handelt es sich lediglich um einen Durchschnittswert. Daneben gibt es fast ebenso viele Vorlieben, die nicht darin erfasst sind, weil sie nicht in die üblichen Schablonen passen. Der Philosoph René Descartes beispielsweise hatte eine Vorliebe für schielende Frauen. Und der Schriftsteller Henry James schrieb über die 49-jährige Kollegin George Eliot: »Sie ist phantastisch hässlich. Sie hat eine niedrige Stirn, trübe graue Augen, eine riesige Hakennase, einen zu großen Mund voller unregelmäßiger Zähne … Nun wohnt dieser unendlichen Hässlichkeit aber eine übermächtige Schönheit inne, die in ganz seltenen Minuten heimlich hervortritt und den Verstand bestrickt, sodass man sich am Ende, wie ich, in sie verliebt.«

Für jede Abweichung von der Beauty-Norm gibt es eben einen, der gerade das hinreißend findet und selbst dort, wo nichts als Durchschnittlichkeit oder gar Hässlichkeit herrscht, wird heiß geliebt und glühend verehrt. Weil es bei der Liebe – jedenfalls bei der, die etwas länger währt – noch auf ein paar andere Dinge ankommt: auf Kindheitserlebnisse, Erziehung, Einstellungen, Humor, Fürsorglichkeit, Interesse. Und weil Männer gar keine so großen Schönheitsfanatiker sind. Jedenfalls die netten, die, die sich von einer Frau noch mehr erhoffen, als dass sie farblich zu den Autositzen passt. Für diese Männer brauchen wir nicht zu überlegen, ob die auberginenfarbenen Schuhe auch wirklich zum grauen Kleid passen. Die sind weder so detailversessen noch in der Lage, feine, aber wichtige Nuancen, wie etwa die zwischen »sommerblond« und »weizenblond« überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. Fragen Sie mal einen Mann, was Sie beim ersten Date getragen haben, welche Schuhe Sie anhatten und welche Ohrringe. Er wird Sie fragen: »Hattest du überhaupt etwas an?« Das männliche Anspruchsniveau orientiert sich eben nicht an Vogue oder Elle. Studien zeigen etwa, dass sie unter »schlank« das verstehen, was bei Frauen bereits als »fett« gilt, und »gutes Aussehen« eher ein angenehmes Rundumereignis und kein Sammelsurium von Beauty-Spitzenwerten ist. Aussehen rangiert übrigens bei Umfragen auch nicht an erster Stelle auf der Liste der Anforderungsprofile, sondern kommt nach Treue, Zärtlichkeit und ein paar anderen inneren Werten. Jedenfalls, wenn es um die Wünsche an eine zukünftige Langzeit-Partnerin geht. Bei Kontakten, die sich auf Besenkammern, Teppichlager, Büroschreibtische oder Autorücksitze beschränken, sind einige Männer dann oft sogar noch weniger wählerisch und begnügen sich im Prinzip mit dem Nachweis primärer weiblicher Geschlechtsorgane.

Das Argument, weibliche Attraktivität sei der Köder, mit dem Frauen Männer dazu bringen, mit ihnen Nachwuchs zu produzieren und das Ergebnis dauerhaft durchzufüttern, trägt nicht. Erstens pflanzen sich auch Hässliche fort, zweitens ist bei einer Scheidungsquote von mehr als 50 Prozent diese Form der Existenzsicherung so gut wie ökonomisches Harakiri – jedenfalls für Frauen. So ist diese These eigentlich eine mediale Supernova: Sie leuchtet zwar immer noch kräftig in Artikeln und Sendungen auf, ist aber praktisch schon tot. Es gibt mittlerweile 1000 andere Möglichkeiten für Frauen, an Geld zu kommen, als durch Heirat. Umgekehrt sind immer weniger Männer in der Lage und/oder willens, eine Familie allein zu ernähren. Und die wenigen, die es könnten, auf die ist in der Regel – das legen jedenfalls die Artikel in der Bunten nahe – noch weniger Verlass. Ein Teil der Notwendigkeit, gut auszusehen um gut unterzukommen, entfällt einfach. Wozu also seine Zeit damit verschwenden, hauptberuflich schön zu sein? Der jahrtausendealte Handel – Versorgung gegen Attraktivität – ist im Verschwinden begriffen. Kein Wunder, wenn auch Männer zunehmend unter Aussehensdruck geraten. Wir dagegen könnten uns ein wenig entspannen.

Schönheit macht nicht glücklich. Klingt genauso überzeugend wie: »Geld ist auch nicht alles!« oder »Es kommt auf die inneren Werte an.« Stimmt aber trotzdem. Bestätigt auch Psychologie Heute: »Schöne Menschen mögen gelegentlich gewisse Vorteile genießen, aber alle Studien zeigen, dass sie unterm Strich nicht glücklicher sind als andere.« [6]Und dass Schöne, trotz der vielen Vorteile, die sie genießen, nicht etwas selbstbewusster sind oder mehr Selbstachtung besitzen. Zuviel Misstrauen ist im Spiel – Fragen wie: »Bin ich nur wegen meines Aussehens befördert worden? Wozu habe ich dann eigentlich studiert?« Oder: »Liebt er mich vielleicht nur wegen meines Aussehens? Und wenn: Was mache ich, wenn eine kommt, die schöner ist? Muss ich mir dann einen anderen Mann suchen?« Oder: »Findet der jetzt mich interessant oder mehr mein Dekolleté?«

Schöne neigen zum Argwohn. Vielleicht, weil Glück eine Überwindungsprämie ist und man Attribute, die man einfach so geschenkt bekam, nicht so genießen kann wie einen mühsam trainierten Knackpo? Schönsein ist keine Leistung, und dafür geschätzt zu werden, nicht gerade das, was man sich als Anerkennung wünscht. Und dann das Runzel-Ich – das trifft schöne Frauen wie Lana Turner noch ein bisschen härter als diejenigen unter uns, die beim Genefischen nicht so gut aufgepasst haben, vermutlich, weil gerade die Gene von Keanu Reeves vorbeiliefen. Die Hollywoodschöne sagte jedenfalls: »Große Schönheit ist angenehm, solange man jung ist. Wenn man älter wird, gibt es für ehemalige Schönheiten viel mehr Probleme als für Frauen, die nicht so schön gewesen sind.«

Schönheit langweilt. »Schönheit wirkt auf den ersten Blick angenehm, aber wem fällt sie auf, wenn sie drei Tage im Haus ist?«, fragte George Bernard Shaw. Und tatsächlich zählen auf der langen Beziehungsstrecke ganz andere Dinge als die Form der Nase oder der Zustand der Oberschenkel, sonst läge ja die Scheidungsquote von Los Angeles auf dem Niveau einer Mormonengemeinde und Prinz Charles wäre noch mit Prinzessin Di verheiratet. Eigenschaften wie Intelligenz, Charme, Humor, Fürsorglichkeit sind erfahrungsgemäß ein wenig abendfüllender als eine glatte Haut. Das soll nicht heißen, dass nicht auch Schöne über diese Charaktermerkmale verfügen können. Es meint nur, dass, je länger zwei zusammen sind und je mehr zwei sich mögen, umso mehr die Bedeutung von Äußerlichkeiten in den Hintergrund tritt. Wie weit man umgekehrt kommt, wenn man hauptberuflich bloß »sexy« ist, zeigt das Beispiel der »Aufmerksamkeitskapitalistinnen«, wie Joan Kristin Bleicher, Professorin für Medienwissenschaften an der Universität Hamburg, die beiden Medienphänomene Kader Loth und Djamila Rowe nennt. [7]Die beiden Frauen werden gerade wegen der Übertreibung weiblicher Schönheitsideale niemals über das Stadium hinauskommen, lediglich wegen ihrer körperlichen Attraktionen – neue Brust, neue Nacktfotos, neue Lippen – abgefilmt zu werden. Auf Textbeiträge wird die Öffentlichkeit weiterhin dankend verzichten.

Schönheit wird benutzt. Wir sind Kanzler, machen häufiger Abitur, haben die besseren Abschlüsse als Männer. »Es geht voran!«, würden die einen sagen und sich schon auf den vermutlich nicht mehr allzu fernen Tag freuen, an dem wir auch endlich mal Papst oder Trainer bei Bayern München sind. Die anderen warnen »Frauen verlieren ihre Weiblichkeit!«, und das ist Höchststrafe. Kaum etwas wird gerade von jüngeren Frauen mehr gefürchtet als Sätze wie »Du bist ja gar keine richtige Frau, du bist ja fast schon ein Aktenkoffer« oder »Hast du keine Angst, dass du zu dominant wirkst und die Männer abschreckst?«

Trotz aller Erfolge und dem ganzen Stress, der sie begleitet, wollen Frauen deshalb auch noch unbedingt so aussehen, als wären sie gerade mal eben aus der Sommerfrische zurückgekehrt und hätten nicht 10 Stunden am Schreibtisch verbracht. Es ist ihre Entschuldigung dafür, dass sie sich so weit aus der Küche hinausgewagt haben, und ein Beruhigungsmittel für die Männerwelt: »Seht her, ich mach zwar, was ihr macht (und meistens noch ein bisschen mehr), aber deshalb seid ihr nicht völlig nutzlos. Ich brauche euch und euren wohlwollenden Blick doch trotzdem!« Deshalb auch all die despektierlichen Männer-Urteile über Frauen, die offenbar nicht allzu viel darüber nachdenken, wie sie Männern noch ein bisschen mehr gefallen könnten. Schon in Zeiten der Frauenbewegung hat man die Feministinnen nicht wegen ihrer Thesen angegriffen, sondern immer versucht, sie über ihr Aussehen fertigzumachen. All die Debatten über Angela Merkels Frisur, Mimik, Figur sind deshalb nichts als Zeugnisse über das Ausmaß der männlichen Beunruhigung. Und zwar über Frauen, die sich nicht der Mühe unterziehen, ihre kostbare Zeit damit zuzubringen, sich in einen Männertraum zu verwandeln.

Schönheit ist schön. Sie ist eine Herausforderung. Eine Freude. Es macht Spaß, sich zu verändern, an sich zu arbeiten, zu merken, dass man einen guten Eindruck macht. Aber Schönheit hat auch deutliche Grenzen. Dafür gibt es zahllose Beispiele. Eines davon ist Marilyn Monroe. Sie soll einmal erzählt haben: »Als ich acht war, bin ich auf einen Baum geklettert, und vier Jungs haben mir runtergeholfen. Da war klar, dass ich Macht hatte.« Diese Macht hat eine weltberühmte Ikone aus ihr gemacht. Eine, die sich das Leben nahm, weil sie so einsam war. Manchmal hört man, dass dies sowieso die einzige Methode ist, Schönheit zu konservieren: in der Erinnerung, ohne den Makel des Älterwerdens und den direkten Vergleich zwischen jetzt und früher. Aber der Nachteil dabei ist eben, dass man dafür sehr früh sterben muss und nichts anderes im Leben haben darf als sein Aussehen. Jetzt können Sie also getrost wieder ihre normale Gesichtsfarbe annehmen!

Interview mit der Beauty-Journalistin Linda Norton (Name ist geändert):

Wie schön ist »schön« im Kosmos der Frauenmagazine?

 

Nicht herausragend oder atemberaubend schön. In den meisten Magazinen wird eher ein im klassischen Sinne weibliches Schönheitsideal präsentiert. Die Frauen sollen hübsch und gepflegt aussehen, modisch, aber nicht zu modisch, gut geschminkt, aber nicht übertrieben. Man will sich nicht allzu weit von der Leserin entfernen. Das Ideal soll erreichbar sein, aber weit genug entfernt, um die Leserin zu motivieren aktiv zu werden.

 

Und einzukaufen?

 

Ja.

 

Wie groß ist das Bedürfnis, diese Kluft zu überwinden?

 

Sehr groß. Das merkt man immer bei den Bewerbungen um die Vorher-Nachher-Aktionen. Die treffen waschkörbeweise ein.

 

Mit sehr traurigen Styling-Geschichten?

 

Gar nicht. Es sind eher so die ganz normalen Frauen-Alltags-Miseren. Viele Frauen, die eine Erneuerung wünschen, sind in einer Umbruchsituation, also vielleicht gerade Mutter geworden oder sie haben eine längere Babypause hinter sich und keine Lust mehr, weiterhin ihr Leben in Jogginghosen zu verbringen. Manche sind einfach auch nur neugierig, was noch in ihnen steckt, oder stehen dem ganzen Beauty-Angebot einfach nur hilflos gegenüber und wünschen ein wenig Anleitung.

 

Das ist eine ziemlich verantwortungsvolle Aufgabe, das Aussehen eines anderen Menschen zu verändern?

 

Ja, da wird ein unglaubliches Vertrauen in die Redakteurinnen, Stylistinnen und Visagistinnen der Frauenmagazine gesetzt. Eigentlich schon fast rührend, aber es ist gerechtfertigt. Da wird schon hochprofessionell gearbeitet. Aber es ist ja nicht nur der Reiz der Verwandlung, einmal ganz anders auszusehen, um den es geht. Es ist für viele auch spannend, einmal in der Zeitung abgebildet zu sein.

 

Ist die Verwandlung auch innerlich oder bringt man umgekehrt einfach etwas nach außen, das vielleicht vorher schon da war?

 

Das ist ganz individuell. Bei manchen bringt man wirklich etwas raus, das schon immer da war. Bei anderen ist diese Verwandlung eine Art Maskerade. Eine sehr schöne Maskerade zwar, aber ohne nachhaltigen Effekt. Oft ist das dann schon innerhalb von zwei Tagen wieder passé. Besonders wenn der Ehemann dann sagt: »Wie siehst du denn aus?« Dann ist es egal, ob die neue Frisur 1000 Mal besser aussieht als das, was die Frau vorher auf dem Kopf hatte.

 

Es kommt also auch sehr auf das Umfeld an, was als »schön« oder auch als optischer Fortschritt empfunden wird?

 

Wenn das Umfeld eher konservativ ist und entsprechend verhalten auf Neuerungen reagiert, egal, wie gut die aussehen, dann kehren die Frauen sehr schnell wieder zu ihrem gewohnten Styling zurück.

 

Das liegt vielleicht auch daran, dass beispielsweise die Kleider, in die die Frauen gesteckt werden, nicht gerade aus dem Hennes-und-Mauritz-Preissegment stammen?

 

Das ist sicher ein Problem: sich weiterhin genauso edel und elegant kleiden zu können, wie das beim Shooting der Fall ist.

 

Gibt es Beauty-Bereiche, wo sich bei den Kandidatinnen besonders viel Nachholbedarf offenbart?

 

Die Allermeisten wünschen sich eine neue Haarfarbe oder jedenfalls eine Steigerung des Gewohnten. Die Blonden wollen blonder, die Dunklen dunkler werden. Ein neuer Haarschnitt steht an erster Stelle der Veränderungswünsche.

 

Mit der Frisur kann man am meisten verändern?

 

Das ist auch der Grund, weshalb meistens keine Frauen mit extrem kurzen Haaren ausgewählt werden. Auch wer zu dick ist, zu alt, aber auch zu jung, fällt raus. Ausgenommen, man hat eine spezielle Typenberatung für eine dieser Gruppen als Thema. Das klingt zunächst hart, aber es ist einfach so, dass der Vorher-Nachher-Effekt bei den Frauen am größten ist, die zwischen 30 und 40 Jahre alt sind, etwas längere Haare haben und eine Konfektionsgröße zwischen 38 und 42.

 

Wie viele Leute sind bei einem solchen Shooting mit einer Frau beschäftigt?

 

Meist werden ja mehrere Frauen eingeladen. Dann beschäftigen sich: der Fotograf und sein Assistent, die Produzentin, die Stylistin, ein Haare/Make-up-Experte und ein Friseur und dann meist noch deren Assistenten. Das ist schon eine Menge.

 

Die man daheim ja leider nicht zur Verfügung hat, ebenso wie das geniale Licht, das beim Fotografieren so vorteilhaft wirkt.

 

Ich fürchte, zu Hause wird das wirklich ein wenig kompliziert, sich in denselben Zustand zu bringen, in dem man bei dem Shooting war. Vermutlich sind die Frisur und die neue Haarfarbe oder die Strähnen das Beste, das die Frau mitnimmt. Und natürlich die Erinnerung an einen tollen Tag, an dem man absolut im Mittelpunkt gestanden hat. Das allein kann ja schon einen Kick geben und einen vielleicht ein wenig verändern.

 

Was ist mit der Kosmetik? Mit den Schminktipps, die man da doch sicher bekommt?

 

Die Frauen schreiben wirklich alles auf, jedes Produkt, und sie lassen sich alles genau erklären. Aber allein für den Lidschatten nimmt der Profi vier, fünf verschiedene Abschattierungen – das macht man zu Hause einfach nicht. Zumal wenn, wie gesagt, das Zuhause offenbar ohnehin keinen gesteigerten Wert darauf legt, dass man sich diese Mühe macht.

 

Ist es so kompliziert, gut auszusehen?

 

Wir sprechen hier einfach von zwei verschiedenen Attraktivitäts-Varianten. Für das Magazin muss natürlich der Kontrast zwischen vorher und nachher eindrücklich sein. Man hat ein tolles Thema, verstärkt die Leserinnen-Blatt-Bindung und zeigt Beauty-Kompetenz. Für den Frauenalltag aber sind die Kontraste zu stark, der Aufwand zu groß.

 

Da wäre dann aber der Effekt vielleicht nicht so spektakulär?

 

Ja, der Wow-Effekt ist größer, wenn man die großen Veränderungen vornimmt. Die Frauen werden deshalb auch oft eher sexy zurechtgemacht, in Rock und Schuhen mit hohen Absätzen. Das sieht sicher toll aus. Aber für jemand, der ansonsten nur Jeans und T-Shirt trägt, ist das nicht alltagstauglich. Vor allem Ehemänner reagieren da oft nicht sonderlich begeistert, wenn sie morgens einen Kumpeltyp verabschieden und abends eine Femme fatale nach Hause kommt.

 

Das bedeutet aber auch, dass Kosmetik sehr begrenzt ist in ihrer Wirksamkeit? Dass man doch einfach nicht aus seiner Haut kann?

 

Man kann sich sicher gut verkleiden. Aber nicht die ganze Zeit. Wenn das nicht authentisch ist, funktioniert das nicht. Man fühlt sich unwohl, und das teilt sich auch nach außen mit. Und eigentlich geht es letztlich auch gar nicht darum, ein komplett neuer Mensch zu werden. Ich glaube, die Frauen brauchen das in Wirklichkeit gar nicht, die wollten einfach nur mal was Tolles erleben.

 

Kosmetik und Styling bewirken also keine Wunder?

 

Das Beste, das man mit Kosmetik machen kann, ist, den eigenen Typ zu unterstützen, und man müsste umfassender daran arbeiten, viel mehr darauf eingehen, wie die Frau lebt, wie sie so ist. Dann würde man die Schauwerte hervorheben, dazu genügt meist ein wenig brauner Lidschatten, Wimperntusche, eine gute Abdeckung. Man würde zeigen, wie man mit kleinen, aber lebenspraxisnahen Effekten arbeitet, sodass etwa der Mann nachher sagt: Mensch, das sieht ganz natürlich aus, aber irgendwie hübscher. Aber in einem Magazin macht das natürlich nicht viel her, sondern wirkt im Gegenteil total langweilig. Deshalb trägt man dort viel dicker auf.

 

Gibt es so etwas wie »kleiner Aufwand, große Wirkung«?

 

Das gibt es: Augenbrauen sind zum Beispiel wahnsinnig wichtig. Das ist oft auch das Erste, was bei den Frauen in Form gebracht wird. Oft herrscht Wildwuchs, aber noch häufiger sind die Brauen asymmetrisch oder zu dünn gezupft. Manche machen sich einen richtig großen Bogen und sehen damit aus, als würden sie unablässig staunen. Das muss oft gemacht werden. Aber darüber wird meist gar nichts geschrieben, weil auch das langweilig ist. Stattdessen steht dann da, was für ein toller Lidschatten benutzt wurde, obwohl die Stylisten meist mit ganz anderen Produkten arbeiten, als in der Beschreibung steht.

 

Gibt es sonst typische Schminksünden?

 

Eher nicht. Die meisten Frauen, die zu diesen Stylings kommen, schminken sich gar nicht. Entweder wissen sie nicht, wie sie es machen sollen, oder sie haben einfach keine Zeit, weil sie beispielsweise kleine Kinder haben.

 

Wenn man dann mal zu den Glücklichen gehört, die ihr Make-up gefunden haben – kann man dem für alle Zeiten treu bleiben?

 

Das ändert sich. Nicht allein wegen der Mode. Vor allem wegen des Alters. Wenn man 20 ist und das entsprechende Gesicht hat, kann man mit einem dicken Lidstrich aussehen wie Liz Taylor zu ihren schönsten Zeiten. 25 Jahre später wirkt man mit genau dem gleichen Lidstrich wie ein Transvestit. Die Leinwand verändert sich einfach. Und was die meisten Frauen nicht bedenken: Wenn man älter wird, muss man sich nicht mehr, sondern im Gegenteil weniger schminken, wenn man jünger wirken will. Da kommt es dann vor allem auf eine gute Abdeckung an, auf ein gutes Make-up mit Lichtreflexen.

 

Ist billig da genauso gut wie teuer?

 

Bei der pflegenden Kosmetik würde ich sagen: nein. Sicher gibt es da auch günstigere, die so gut ist wie die schlechtere teure. Aber im Prinzip lohnt es sich schon, da etwas mehr zu investieren. Bei der dekorativen Kosmetik, meine ich, gibt es kaum Unterschiede. Außer, dass so ein teurer Lippenstift beispielsweise natürlich viel schöner verpackt ist und toller aussieht. Ansonsten würde ich sagen, dass man dafür nicht so viel Geld auszugeben braucht. Große Ausnahme: Make-up. Da habe ich festgestellt, sind die teuren einfach besser, haben die schöneren Farben, die bessere Konsistenz. Ich weiß auch nicht genau, warum das so ist …

 

Die Basisausstattung für Ihren eigenen Kosmetik-Beutel?

 

Einiges: Da wäre vor allem ein Kompaktpuder (mit integriertem Spiegel), der perfekt zum Hautton passt. Der ist besonders im Sommer unverzichtbar. Fettig glänzende Haut ist nämlich extrem unvorteilhaft. Dann: pflegendes und ganz zart tönendes Lipgloss, ein brauner Puderlidschatten, ein brauner Mascara. Und natürlich der aktuelle Lieblings-Lippenstift. Wenn ich mal wieder längere Haare habe, kommen noch paar kleine Haarklämmerchen und ein weiches Haargummi dazu. Auch sehr zu empfehlen: ein Concealerstift zum Abdecken von Rötungen, Augenringen und Unreinheiten. Und für den Fall, dass ich mal mein Make-up korrigieren oder ganz erneuern muss oder einfach etwas Erfrischendes brauche, habe ich ein kleines Päckchen feuchter und milder Reinigungstücher fürs Gesicht dabei.

 

Worauf können Sie persönlich gut verzichten?

 

Auf spezielle Pre-Make-up-Cremes, die unter der Foundation aufgetragen werden, damit die länger hält. Hilft nicht wirklich viel. Auch diese Wimperntusche-Doppel, bei denen man verschiedene Lagen und verschiedene Materialien aufträgt, sind mir zu umständlich. Drei mal gut tuschen und die Wimpern zwischendurch immer gut trocknen lassen, bringt mindestens genauso viel. Genauso überflüssig sind tausend verschiedene Pinsel. Es reicht mir völlig, einen für losen Puder, einen für Puderrouge und einen für Puderlidschatten zu haben. Vor allem aber brauche ich weder einen Lippenpinsel noch einen Lipliner. Eine extreme Kontur sieht immer starr und unnatürlich akkurat aus. Und ganz schlimm ist es, wenn sich der Lippenstift beim Essen und Trinken auflöst und nur noch die Lippenumrandung übrig ist. Ich trage nur Lippenstift auf – und zwar in der Mitte intensiver und nach außen lasse ich die Farbe etwas schwächer werden. Das Ganze leicht abtupfen. Fertig!

10 Barbies für die Frau ab 40

Wechseljahr-Barbie. Wird rot und sondert Schweiß ab, wenn man ihr auf den Bauch drückt. Wird mit einem Tischventilator und Taschentüchern geliefert.

Haarwuchs-Barbie: Am Kinn und auf den Brüsten wachsen ihr Haare. Im Set: Pinzette und Vergrößerungsspiegel.

 

Scheidungs-Barbie. Kostet etwas mehr als die anderen, weil in ihrem Lieferumfang Kens Haus, Kens Wagen und sein Boot enthalten sind.

 

Diät-Barbie. Verfügt über einen eingebauten Kalorienrechner und weint, wenn man ihr »Guten Appetit« wünscht.

 

Esoterik-Barbie: Wird mit Kristallen, Tarot-Karten und Pendeln geliefert. Mit dem Kauf dieser Barbie hat man drei Bestellungen beim Universum frei.

 

Bildungs-Barbie: Wird nur gemeinsam mit einem ZEIT-Abo verkauft, bei Vorlage einer Bildungs-Barbie gewährt Studiosus-Reisen einen zehnprozentigen Preisnachlass.

 

Forever-Young-Barbie: Sagt: »Joggen ist mein Leben«, wenn man ihr auf den Sixpack drückt. Wird mit einem Zehner-Solarium-Abo und Funktionskleidung ausgeliefert. Sollte wegen großer Ähnlichkeit mit getrocknetem Pansen nicht mit Hunden allein gelassen werden.

 

Instyle-Barbie: Die Luxus-Variante, kommt mit Ernährungsberaterin, Personal Trainer, Visagistin, Hormonexperten, Liebhaber, Stylistin, mit der Privatnummer von Karl Lagerfeld und mit drei Gesichtern zum Wechseln. Auf Wunsch auch im Louis-Vuitton-Logoprint.

 

Girly-Barbie: Kommt mit Extensions, einem Nail-Set, einer Liste aller Orsay-Filialen Deutschlands, einer Tokio-Hotel-CD und einer Dose Tippex, um das Geburtsdatum auf dem Personalausweis ein wenig zu retuschieren.

 

Öko-Barbie: Baut sich innerhalb von vier Jahren komplett selbst ab. Besteht aus rein pflanzlichen Farbstoffen und kann mit Kressesamen bestreut viel zur täglichen Nährstoff-Bilanz beitragen. Wird im Jutesack geliefert.

Wir sind eine Baustelle

Wir sagen’s lieber gleich: Dieses Kapitel ist nichts für Feiglinge. Frauen mit schwachen Nerven, also solche, die schon beim Anblick einer nahezu unsichtbaren Falte links unterhalb ihres Auges – wenn man ganz nahe dran ist und eine Lupe zur Hand hat – in Tränen ausbrechen oder einen Termin beim Schönheitschirurgen vereinbaren, sollten das hier lieber auslassen und sich stattdessen überlegen, wie sie morgen ihre Nägel lackieren. Es könnte nämlich sein, dass sie nach der Lektüre nachts schweißgebadet aufwachen, weil sie im Traum von einem Oberarm verfolgt wurden, der obenrum so schlabbrig aussah, als hätte sich ein veritabler Oktopus dort festgekrallt, und dabei sang: »Ich gehöööör zu diiiir, wie dein Name an der Türrr!«

Sagten wir ein Traum? Es ist die beinharte Realität! Früher oder später kriegen sie uns: all die Schönheitsheimsuchungen, vor denen uns die Kosmetikkonzerne – »Ab 30 beginnt die Haut zu altern!« – schon jahrzehntelang warnen. Nicht, dass es überhaupt jemals einen Zeitpunkt in einem Frauenleben gibt, an dem wir uns ekstatisch betrachten. Es scheint im Gegenteil Naturgesetz zu sein, dass wir uns sogar im vermeintlichen Idealzustand der Jugend von unserer erhofften Bestform so weit entfernt fühlen wie George W. Bush von einem klaren Gedanken. Dann wollen wir wie Britney Spears aussehen oder wie Jennifer Lopez und schreiben an Dr.Sommer, dass mit den Oberschenkeln einfach kein menschenwürdiges Leben möglich ist. Um 30 Jahre später so sehnsüchtig an diese Oberschenkel zu denken, als wären sie das Paradies.