Saltfleet - Tony Böge - E-Book

Saltfleet E-Book

Tony Böge

0,0
2,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Constable David Harris wurde auf seinen Wunsch hin in das kleine Küstendorf Saltfleet versetzt, um dem hektischen Treiben der Städte zu entfliehen. Die erhoffte Ruhe hält jedoch nur kurz an und schon bald überschlagen sich die Ereignisse. Eine Kurzgeschichte von Tony Böge nach einer Idee von Tony Böge und Sascha Westram.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2021

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Inhaltsverzeichnis

Saltfleet

Saltfleet

Fall #0368

Tony Böge

&

Sascha Westram

Vorwort des Autors

Die nun folgende Geschichte basiert auf einer Idee von mir und Sascha Westram, aber hauptsächlich war es meine Idee. Ich habe die Geschichte ganz allein in mühseliger stundenlanger Kleinstarbeit zu Papier gebracht. Sascha hat die Geschichte nicht mal gelesen, geschweige denn korrigiert. Also alle Fehler die Sie finden, gehen auf Saschas Konto. Alle Fehler die Sie nicht finden, lassen sich auf die Qualitätsarbeit unserer unbezahlten Korrekturleserinnen Eliane Schuster und Alexandra Dropmann zurückführen. Wir möchten uns an dieser Stelle ausdrücklich bei den Beiden bedanken, für all die Mühen, die Tränen und die Frustration beim Lesen. Für bleibende Schäden sind wir nicht verantwortlich. Bei Risiken und Nebenwirkungen rauchen Sie die Packungsbeilage und sagen sie ihrem Arzt er sei Apotheker.

Kommentar des Koautors

Lieber Leser,

bitte lassen sie sich nicht von dem oben Geschriebenen meines Kollegen in die Irre führen, denn er ist verrückt. Jedes Wort ist gelogen und der vorherrschende Narzissmus kaum in Worte zu fassen. Daher sehe ich mich gezwungen, die Geschehnisse einmal ins rechte Licht zu rücken.

In Wirklichkeit habe ich die Idee für diese Geschichte geboren und ihm diktiert und jedes Mal ausgeholfen, wenn er mal wieder eine Schreibblockade hatte. Außerdem habe ich noch das Cover erstellt. Der Rest stimmt eigentlich soweit.

Viel Spaß beim Lesen!

Saltfleet

Lincolnshire in Großbritannien

Oktober 1912

s war eine gewöhnliche Herbstnacht in dem kleinen Küstendorf Saltfleet. Leichte Windböen wogen die spärlich gewachsenen Ahornbäume sanft hin und her und der Regen prasselte leise aber beharrlich auf die Ziegeldächer der zahlreichen kleinen Backsteinhäuschen, welche jeweils einige dutzend Schritte voneinander entfernt waren. Hier auf dem Land war das Leben ruhig und entschleunigt. Ganz wie David Harris es sich erhofft hatte.

Er hatte genug vom hektischen Treiben in den Städten. Vor allem die letzten fünf Jahre, welche er als Constable in Lincoln verbrachte, zehrten an seinem Geist. Morde, Vergewaltigungen, organisierte Banden von Iren, Italienern und Juden, welche sich immer wieder gegenseitig bekriegten und zu guter Letzt auch noch die Korruption innerhalb der Polizei, brachten ihn beinahe dazu seinen Dienst zu quittieren. Letztlich wurde sein Verlegungsgesuch jedoch bewilligt und so wurde Harris dem Polizeibezirk von Louth zugeteilt. Hier war er lediglich damit betraut, das Gesetz in einigen kleinen Dörfern entlang der Küste zu wahren.

Zufrieden saß er vor seinem Fenster und blickte hinaus aufs Meer. Die Gischt der Wellen leuchtete im Licht des Mondes, der sich nur teilweise durch die Wolkendecke kämpfen konnte. Hinter ihm im Kamin, knisterte ein halb heruntergebranntes Feuer. Die Meisten im Dorf hatten sich bereits zur Ruhe begeben und nur aus wenigen Schornsteinen drang noch Rauch. Aus dem Haus der Browns von gegenüber, strahlte jedoch noch Licht. Sie waren wie er, erst vor wenigen Wochen nach Saltfleet gezogen und hatten sich vermutlich ebenfalls noch nicht an das Landleben gewöhnt. Hier ging man zeitig ins Bett und stand mit dem ersten Tageslicht auf.

Harris warf noch einen weiteren Holzscheit ins Feuer und öffnete sich einen Scotch. Er hatte die Flasche als Abschiedsgeschenk von seinen Kollegen in Lincoln bekommen. Ein herber Tropfen, doch hier an der Küste war das Angebot leider nicht wesentlich ergiebiger. Er holte sich ein Glas aus der Küche und schenkte sich einen kräftigen Schluck ein. Anschließend ließ er sich in seinen Sessel fallen und schaute verträumt durch den Raum.

Sein Haus war nicht sehr groß und schlicht eingerichtet. Der Boden bestand aus alten Holzdielen, welche über die Jahre zahlreiche tiefe Kerben angesammelt hatten. Im Wohnzimmer standen ein kleiner Schreibtisch, zwei mit Decken behangene Sessel und ein paar noch nicht ausgeräumte Koffer. Im angrenzenden Flur führte eine Treppe nach oben in ein kleines Schlafzimmer, eine Tür in die Küche und eine Weitere nach draußen.

Der Abend verging und gerade als Harris das Licht löschen wollte, hämmerte es an seine Tür.

»Constable!« rief ihn eine weibliche Stimme. Harris stand auf und öffnete die Tür. Es regnete noch immer in Strömen und vor ihm stand Mrs Brown zusammen mit ihrem kleinen Jungen.

»Mrs Brown, ist alles in Ordnung? Sie sind ja beide nass bis auf die Knochen, so kommen Sie doch rein.« Mit einer einladenden Geste bat er sie ins Haus. Die Beiden zitterten und suchten sofort die Nähe des wärmenden Kamins, in dem noch etwas Glut loderte. Harris war verwundert über diesen nächtlichen Besuch und zugegeben auch etwas genervt, da er sich schon auf die Ruhe seines Bettes gefreut hatte. Doch er bemühte sich freundlich zu bleiben. »Also Mrs Brown, wie kann ich Ihnen helfen?«

»Mein Sohn Luke, er… ich… er hat...« Sie zitterte noch immer und Harris reichte den Beiden die Decken von seinen Sesseln.

»Bitte beruhigen Sie sich und beginnen noch einmal in Ruhe von vorn.« Mrs Brown atmete tief durch und schien ihre Gedanken zu ordnen. Harris hatte sie als freundlich und offenherzig kennen gelernt, weshalb ihm ihr Zustand sehr befremdlich vorkam. Ihr Sohn Luke dagegen war viel ruhiger als sonst, ja beinahe geistesabwesend. Normalerweise war er ein kaum zu bändigender Teufelsbraten und trieb seine Mutter fast täglich in den Wahnsinn. Irgendetwas musste passiert sein.

»Luke ist nicht pünktlich zum Essen gekommen und so musste ich wieder einmal das ganze Dorf nach ihm absuchen. Dabei habe ich diesem Lausebengel doch schon so oft gesagt, dass er bei Einbruch der Nacht nach Hause kommen soll.« Es lag kein Ärger in ihrer Stimme, vielmehr zog sie ihren kleinen Jungen näher an sich heran und hielt ihn fest. »In der Nähe vom Markt habe ich ihn dann schließlich gefunden. Er kam schreiend und mit verheultem Gesicht aus einer der Seitenstraßen gerannt.« Harris suchte kurz Blickkontakt zu dem Jungen, doch dieser starrte immer noch ausdruckslos ins Leere.

»Was genau ist passiert?« Sie zögerte einen Moment.

»Luke meinte, er habe in einer der Gassen einen verletzten Mann gefunden. Ich bin natürlich sofort mit ihm dorthin, doch als wir ankamen, war weit und breit niemand zu sehen. Aber Blut, Constable! Überall war Blut!« Harris atmete resigniert aus, dabei hatte er sich doch schon so auf sein Bett gefreut.

»Um welche Gasse handelt es sich genau?«

Mrs Brown beschrieb die besagte Stelle und kurz darauf verabschiedeten sich die Beiden von ihm. Harris zog sich seinen Mantel über, entzündete eine kleine Gaslaterne und stapfte hinaus in die Dunkelheit. Er griff etwas unruhig nach seinem Revolver, der locker in einem ledernen Holster unter seinem linken Arm baumelte. Nur zur Vorsicht entfernte er den Sicherheitsriemen. So konnte er im Notfall seine Waffe schneller ziehen. Wer wusste schon, was der Junge dort wirklich gesehen hatte. Vielleicht war es auch nur ein dummer Jungenstreich und Luke und die anderen Kinder im Dorf hatten dem Fleischer einen Eimer Blut geklaut. Beim Amtsantritt wurde ihm schließlich vom Bürgermeister versichert, dass es seit etlichen Jahren keine Vorfälle dieser Art mehr gegeben habe. ›Wie dem auch sei, Vorsicht ist besser als Nachsicht.‹ Mit diesem Gedanken setzte er seinen Weg fort.

Der Regen prasselte unaufhörlich auf ihn ein. So zog er sich den Kragen seines Mantels hoch und versuchte nicht direkt gegen den Wind zu laufen. Je näher er dem Markt kam, desto mulmiger wurde ihm. Wo sich tagsüber der Mittelpunkt des örtlichen Lebens befand, war nachts nur noch ein leerer trostloser Platz. Das Licht seiner Laterne warf lange düstere Schatten an die Wände der Häuser und Geschäfte. Bisher war er niemandem begegnet.

Er bog in die nächste Seitenstraße ein und erreichte schließlich die besagte Gasse. Ein schmaler Weg schlängelte sich einige Schritte weit zwischen der örtlichen Buchhandlung und einem Gemischtwarenladen hindurch. Harris drehte das Gas seiner Laterne etwas weiter auf und versuchte etwaige Spuren ausfindig zu machen. In der Mitte des Pflasters bildete der Regen ein Rinnsal und wusch somit vermutlich sämtliche Spuren weg. Nach Fußabdrücken oder Blut würde man hier wahrlich vergebens suchen. Einige Schritte weiter versperrte ein hölzernes Regenfass den Weg. Harris stöhnte genervt auf, zog seinen Bauch ein und zwängte sich an dem Fass vorbei. Im selben Moment, in dem er darüber nachsann wie albern er ausgesehen haben musste, stach ihm etwas ins Auge. Blut.

Die Wand vor ihm war übersät mit roten Flecken, welche bereits getrocknet waren und nun langsam aber beharrlich vom Regen weggewaschen wurden. Sie wären wohl schon längst verschwunden, würden die beiden Häuser nicht so nah zusammen stehen. Zu seinen Füßen entdeckte er zusätzlich eine große Blutlache, die der Regen jedoch allmählich fortgespülte. Sollte es sich tatsächlich um menschliches Blut handeln, so lebte der Betroffene womöglich nicht mehr. Harris drehte sich suchend um. Möglicherweise war es ja doch der makabere Scherz einiger Kinder, welche ihn nun kichernd aus den umliegenden Häusern heraus beobachteten. Als er sich aufrichtete erstarrte er. Am anderen Ende der Gasse stand jemand und beobachtete ihn. Es war zu dunkel um Genaueres zu erkennen, also hob er seine Laterne um einen besseren Blick zu erhaschen.

»Wer ist da?« rief Harris, der noch immer nicht mehr als eine Silhouette erkennen konnte. Die Gestalt verschwand wortlos und ließ ihn unbeachtet zurück. Harris zwängte sich erneut an dem Fass vorbei und spurtete zurück zum anderen Ende der Gasse. Dort angekommen rannte er auf die Straße und sah sich um. Doch niemand war zu sehen. Wer auch immer ihn beobachtet hatte, war verschwunden.

Der Rückweg kam ihm bedeutend länger vor. Der Sturm nahm stetig zu und der Himmel verdunkelte sich zunehmend, gleich den Gedanken in seinem Kopf.

›Hatte es wirklich einen Mord gegeben? Wer hatte ihn in der Gasse beobachtet? Hatte er sich die Gestalt vielleicht nur eingebildet?‹ Viele dieser Fragen würden heute Nacht wohl noch ungeklärt bleiben.

Schließlich erreichte er sein Heim am Rand des Dorfes. Die Browns hatten bereits ihre Lichter gelöscht und so tat er es ihnen gleich und begab sich zur Ruhe. Morgen würde ein langer Tag werden.

Die Strahlen der aufgehenden Sonne weckten Harris und das Rauschen des Meeres erklang wohlwollend in seinen Ohren. Der Sturm war vorübergezogen. Es hätte ein angenehmer Tag werden können, wären da nicht die Umstände der gestrigen Nacht, welche er im Schlaf so gut hatte verdrängen können. Er würde heute mit dem Jungen der Browns reden und wenn er sich sicher war, dass dieser die Wahrheit sagte, musste er dem Bürgermeister den Vorfall melden. Zunächst gab es jedoch erst einmal ein ordentliches Frühstück. Ein paar gebratene Eier, etwas frisches Brot und eine Tasse heißen Kaffee hoben seine Stimmung und ließen die Welt für ihn gleich ganz anders aussehen. Er steckte sein Notizbuch ein, streifte sich seinen Mantel, sowie einen roten Schal über und verließ das Haus um seine Nachbarn aufzusuchen.

Das Haus der Browns war seinem sehr ähnlich. Zahlreiche Efeuranken kletterten die Fassade hoch und bildeten einen starken Kontrast zu dem kargen, von Unkraut befreiten Garten. Die Eingangstür wurde offensichtlich erst vor wenigen Wochen in einem kräftigen Dunkelgrün lackiert. Harris klopfte dreimal an.

Die Tür wurde einen Spalt geöffnet und Mrs Brown stand etwas überrumpelt dahinter.

»Guten Morgen. Dürfte ich vielleicht reinkommen?« Sie zögerte einen Moment, öffnete dann jedoch vollends die Tür.

»Natürlich, kommen Sie rein.« Mrs Brown führte ihn direkt in die Küche. Der dort gedeckte Tisch ließ darauf schließen, dass ihr Sohn und sie wohl eben noch frühstückten. »Darf ich Ihnen einen Kaffee anbieten?«

»Nein, vielen Dank. Wie geht es Ihnen?« Sie verlagerte ihr Gewicht unsicher von einem Bein aufs Andere. Die letzte Nacht hatte sie sichtlich mitgenommen.

»Ich würde sagen den Umständen entsprechend. Ich mache mir eher Sorgen um Luke. Er hat heute kaum etwas gegessen und hat sich sofort in sein Zimmer zurückgezogen.«

»Darf ich zu ihm? Ich fürchte, ich habe noch ein paar Fragen, die ich ihm stellen muss.« Sie blickte nachdenklich drein, doch in Harris Funktion als Constable hatte er die Frage eher aus Höflichkeit gestellt. Er musste mit dem Jungen reden und das wusste sie.

»Ja, aber ich wäre Ihnen verbunden, wenn Sie es kurz halten würden.«

Sie deutete ihm ihr zu folgen und gemeinsam gingen sie die Treppe hinauf zu Lukes Kammer. Sie öffnete vorsichtig die Tür. »Luke, der Constable würde sich gerne kurz mit dir unterhalten.« Harris schob sich an Mrs Brown vorbei und kniete sich neben den Jungen, der teilnahmslos auf seine Zinnsoldaten starrte.

»Keine Angst, du hast nichts falsch gemacht. Ich habe nur ein paar Fragen an dich.« Luke nickte stumm, suchte jedoch keinen Blickkontakt. »Kannst du dich noch erinnern, wie genau der Mann aussah, den du gestern Nacht gefunden hast?« Seine Augen waren weiterhin starr auf sein Spielzeug gerichtet und gerade als Harris schon nicht mehr mit einer Antwort rechnete, begann er zu sprechen.

»Er war dick und hatte kaum noch Haare.«

»Wie alt war er?«

»Alt.« Ein Grinsen huschte über das Gesicht des Constables. Es war immer wieder eine Herausforderung Kinder zu vernehmen.

»Was für Kleidung trug er?« Luke dachte angestrengt nach.

»Ich glaube ein Hemd und er hatte Hosenträger. Ich weiß nicht mehr genau, es war sehr dunkel.«

»Wie hast du ihn überhaupt gefunden?«

»Ich war bei Peter...«

»...der Sohn des Bäckers.« ergänzte seine Mutter. »Sie sind im selben Alter.«

»Hat Peter ihn auch gesehen?«

»Nein…« Mrs Brown sah ihren Jungen besorgt an.

»Wäre das dann alles, Constable?« Harris notierte sich die wenigen Information und machte sich daran, den Raum zu verlassen, als ihm gerade noch ein Gedanke durch den Kopf schoss.

»Habt ihr letzte Nacht noch jemand anderen in der Nähe der Gasse angetroffen?« Luke sah ihn stirnrunzelnd an, doch bevor er überhaupt etwas sagen konnte, ergriff seine Mutter wieder das Wort.

»Nein Constable, wir haben niemanden gesehen. Wenn ich Sie nun zum Gehen auffordern dürfte.« Der Junge wandte sich erneut in Gedanken versunken seinen Zinnfiguren zu. Auf mehr Informationen zu hoffen, wäre Zeitverschwendung. Harris tat wie ihm geheißen und verabschiedete sich.

Der Weg zum Marktplatz war tagsüber weitaus weniger bedrückend, als noch in der Nacht zuvor. Das kleine Dörfchen war voller Leben und überall gingen die Einwohner ihren alltäglichen Aufgaben nach. Der angenehme Duft von frisch gebackenem Brot und der salzige Geruch der Meeresbrise, verbanden sich und ließen Harris für einen kurzen Moment den Grund seines Spaziergangs vergessen.

---ENDE DER LESEPROBE---