Schachnovelle von Stefan Zweig: Reclam Lektüreschlüssel XL - Stefan Zweig - E-Book

Schachnovelle von Stefan Zweig: Reclam Lektüreschlüssel XL E-Book

Zweig Stefan

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Beschreibung

Reclam Lektüreschlüssel XL – hier findest du alle Informationen, um dich zielsicher und schnell vorzubereiten: auf Klausur, Referat, Abitur oder Matura! Differenziert, umfassend, übersichtlich! - Präzise Inhaltsangaben zum Einstieg in den Text - Klare Analysen von Figuren, Aufbau, Sprache und Stil - Zuverlässige Interpretationen mit prägnanten Textbelegen - Informationen zu Autor:innen und historischem Kontext - Hilfreiche Infografiken, Abbildungen und Tabellen - Aktuelle Literatur- und Medientipps - Prüfungsaufgaben mit Lösungshinweisen - Zentrale Begriffe und Definitionen als Lernglossar »Schach! Schach dem König!« An Bord eines Passagierdampfers von New York nach Buenos Aires wird Schach gespielt. Was als harmloser Zeitvertreib wohlhabender Reisender beginnt, ruft in Dr. B. traumatische Erinnerungen an seine Zeit als Gefangener der Gestapo in Österreich wach. Stefan Zweigs letztes und wohl bekanntestes Werk beschäftigt sich mit psychischen Abgründen und perfiden Foltermethoden.

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Seitenzahl: 100

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Stefan Zweig

Schachnovelle

Lektüreschlüssel XL für Schülerinnen und Schüler

Von Martin Neubauer

Reclam

Dieser Lektüreschlüssel bezieht sich auf folgende Textausgabe:

Stefan Zweig: Schachnovelle. Hrsg. von Florian Gräfe. Stuttgart: Reclam, 2016. (Reclam XL. Text und Kontext, 19151.)

Diese Ausgabe des Werktextes ist seiten- und zeilengleich mit der in Reclams Universal-Bibliothek Nr. 18933.

 

E-Book-Ausgaben finden Sie auf unserer Website

unter www.reclam.de/e-book

 

 

Lektüreschlüssel XL | Nr. 15490

2019 Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2019

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN 978-3-15-961449-6

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-015490-8

www.reclam.de

Inhalt

1. Schnelleinstieg2. Inhaltsangabe3. FigurenDie Hauptfiguren: Dr. B. und Czentovic als GegenspielerWeitere Figuren: McConnor und der Erzähler4. Form und literarische TechnikErzählebenen»Unerhörte Begebenheit«Schauplätze5. Quellen und KontexteFaszination des SchachspielsZeitgeschichtlicher Hintergrund6. InterpretationsansätzeCzentovic und HitlerSprache als Abbild der IsolationshaftPessimistisches oder optimistisches Ende?7. Autor und ZeitBiographische ÜbersichtWerke8. Rezeption9. Prüfungsaufgaben mit LösungshinweisenAufgabe 1: Figurenanalyse von CzentovicAufgabe 2: Literarische Analyse der SympathielenkungAufgabe 3: Literarische Analyse vom Motiv der Seereise10. Literaturhinweise/MedienempfehlungenTextausgabenSekundärliteraturFilme11. Zentrale Begriffe und Definitionen

1. Schnelleinstieg

1941 schrieb Stefan Zweig seine Schachnovelle, 1942 wurde sie veröffentlicht. Die Pläne dazu reichen freilich länger zurück. In einem Brief, wahrscheinlich vom Sommer 1938, berichtet Stefan Zweig seinem Schriftstellerkollegen Joseph Roth, dass er Material zu einer »Art symbolischer Novelle«1 gesammelt und daran schon zu arbeiten begonnen habe. Wie dieses Symbol beschaffen sein soll, verrät schon der Titel Titel des Werks, auf das sich diese Briefstelle aller Wahrscheinlichkeit nach bezieht: Es geht um das Schachspiel. Im zweiten Teil des Titels versteckt sich die Gattungsbezeichnung: »Novelle«, ein Wort romanischen Ursprungs, bezeichnet eine Neuigkeit, weist auf den Umstand hin, dass von etwas Besonderem, etwas Ausgefallenem die Rede sein soll.

Schachnovelle: In seiner Zusammensetzung aus zwei Nomen haftet dem Titel etwas Beispielhaftes an. In der Tat handelt es sich nicht um eine Novelle zum Thema Schach, sondern – wie auch die internationale Wirkungsgeschichte gezeigt hat – um die Novelle, um das Schach-Kultbuch Kultbuch für die Freunde des königlichen Spiels. Und dies, obwohl das Schachspiel darin nicht nur gefeiert, die ihm innewohnende Logik nicht nur bewundert wird – vielmehr wird auch seine ›dunkle‹, dämonische Seite darin zur Sprache gebracht. Oder ist gerade diese Sichtweise, die die Ambivalenz, die Widersprüchlichkeiten des Schachspiels akzentuiert, vielleicht der eigentliche Grund für die lang anhaltende Popularität der Erzählung?

Schach, das intellektuellste aller Spiele, bewahrt in Zweigs Erzählung einen Menschen vor dem psychischen Zusammenbruch – und zerstört im weiteren Verlauf der Novelle dessen Geist. Es bewirkt Ambivalenz des Schachspiels sowohl Rettung als auch Verderben. Wie so etwas Außergewöhnliches, ja Sinnwidriges geschehen kann, wird anhand einer psychologischen Fallstudie gezeigt, in deren Mittelpunkt ein Mensch steht, der die Schrecken der Isolationsfolter erdulden muss, den ein Buch über das Schachspiel vor der geistigen Austrocknung bewahrt, von dem aber in der Folge das Spiel als fixe Idee Besitz ergreift. Diesem Menschen wird ein Charakter als Kontrahent gegenübergestellt, wie er gegensätzlicher nicht sein kann – einzig die Besessenheit, mit der jeder auf seine Weise das Schachspiel ausübt, verbindet die beiden.

Man braucht vom Schachspiel nicht unbedingt eine Ahnung zu haben, aber um sich ganz in die Schachnovelle hineindenken zu können, sollte man die Umstände der Werksentstehung Umstände kennen, unter denen sie entstanden ist – denn sie ist nicht nur eine psychologische Erzählung, sondern auch ein Spiegel ihrer Zeit. Im März 1938 war Hitlers Wehrmacht in Österreich einmarschiert und hatte somit erstmals die Grenzen eines souveränen Staates überschritten. Viele Österreicher begrüßten die Tatsache, dass ihr Land ein Teil des Deutschen Reichs wurde; für viele Österreicher bedeutete dies jedoch Bespitzelung, Verfolgung, Folter und gewaltsamen Tod. Stefan Zweig, jüdischer Herkunft, war zu diesem Zeitpunkt bereits ins Ausland übersiedelt. Für ihn war klar, dass er mit Hitlers Einmarsch seine Heimat endgültig verloren hatte. In diesem Bewusstsein verfasste er die Schachnovelle, verarbeitete darin die Erfahrungen von Verlust und Einsamkeit, von Bedrohung und Niederlage, indem er einen aussichtslosen Kampf mit einem übermächtigen Gegner schilderte.

Die Schachnovelle ist Zweigs letzte Erzählung, gleichsam sein episches Zweigs episches Vermächtnis Vermächtnis, das erst nach seinem Tod veröffentlicht wurde. Wahrscheinlich hätte es den Schriftsteller gewundert, wenn er den Erfolg der Novelle miterlebt hätte – er hielt sie für zu elitär, für zu anspruchsvoll. Diese Skepsis war unangebracht, denn im Laufe der Jahre hat das Buch eine weltumspannende Leserschaft gewonnen: die Grenzen überschreitend, wie sich der Kosmopolit und international angesehene Autor Zweig gefühlt hat, so weltumspannend aber auch wie das Schachspiel selbst.

2. Inhaltsangabe

An Deck eines Ausgangssituation Dampfers, der seine Passagiere von New York nach Südamerika bringen soll, unterhält sich der Ich-Erzähler gerade mit einem Bekannten, als der Schachweltmeister Mirko Czentovic an Bord des Schiffes geht, um eine Turnierreise anzutreten, und dabei für beträchtlichen Presserummel sorgt.

Czentovic hat eine erstaunliche Czentovics Karriere Karriere hinter sich: Als Waisenkind, das aus einfachsten Verhältnissen stammt, ist er in einem abgelegenen Balkandorf von einem Pfarrer erzogen worden, der an dem Jungen auch dessen außergewöhnliche Schachbegabung entdeckt hat. Innerhalb kürzester Zeit gelingt Czentovic der steile Aufstieg zu einer internationalen Schachgröße; bereits mit zwanzig ist er Weltmeister. Der Erfolg und das schnelle Geld haben ihn selbstgefällig und habgierig gemacht, dabei ist seine Fähigkeit völlig einseitig: Im Grunde genommen ist er ein stumpfsinniger, unkultivierter Provinzler geblieben, ungebildet, kaum fähig, sich mündlich – und schon gar nicht schriftlich – zu artikulieren.

Dieser widersprüchliche Charakter erweckt das psychologische Interesse des Erzählers, doch wird er von seinem Freund gewarnt: Czentovic meide die Gesellschaft. Und tatsächlich: In den ersten Tagen der Reise bietet sich zum Ärger des Erzählers keine Gelegenheit, mit dem Weltmeister ins Gespräch zu kommen. Um sein Der Plan des Ich-Erzählers Ziel schließlich doch zu erreichen, wirft der Erzähler einen Köder aus: Im Rauchsalon des Schiffes beginnt er mit seiner Frau Schach zu spielen und lockt damit eine Handvoll Schaulustiger an, von denen einer, ein reicher schottischer Tiefbauingenieur namens McConnor, bald sein neuer Gegner wird. McConnors Ehrgeiz verträgt keine Niederlage; immer wieder sucht er Revanche, und so reiht sich schließlich Partie an Partie.

Am dritten Tag würdigt Czentovic die beiden Amateure kurz eines Blickes. Als McConnors Herausforderung McConnor erfährt, dass sich ein Schachweltmeister an Bord befindet, ist er ganz versessen darauf, gegen ihn eine Partie auszutragen. Czentovic erklärt sich nur dazu bereit, wenn der Schotte ihm einen hohen Dollarbetrag dafür zahlt.

Tags darauf tritt der Weltmeister gegen eine Gruppe Interessierter an. Das erste Spiel gewinnt er mühelos, legt dabei aber arrogante Gleichgültigkeit an den Tag. Gegen Geld lässt er sich auf eine Revanchepartie ein. Auch dieses Spiel hat Czentovic souverän in der Hand, stellt seinen Gegnern eine verlockende Falle – bis ein Unbekannter den Amateuren plötzlich zu Hilfe kommt und durch seine überzeugende Analyse der Figurenstellung und sein energisches Eingreifen dem – nunmehr nicht mehr so gleichgültig agierenden – Schachmeister ein Eine Niederlage und ein Remis Remis abringt. Czentovic bietet eine dritte Partie an. McConnor will, dass der unbekannte Retter allein antritt, doch der lehnt verwirrt ab und zieht sich mit den Worten zurück, er habe schon seit 25 Jahren vor keinem Schachbrett mehr gesessen.

Man bittet den Erzähler, er möge versuchen, den Unbekannten umzustimmen – vielleicht habe er Erfolg, immerhin seien beide ja Österreicher. Tatsächlich zeigt sich Der Erzähler und Dr. B.Dr. B. – so der Name des Retters – sehr offen; den seltsamen Umstand, dass seine erstaunlichen Schachkenntnisse nicht Resultat spielerischer Praxis sind, erklärt er, indem er über sein Schicksal berichtet.

Dr. B. stammt aus einer traditionsreichen österreichischen Familie. Als Anwalt hatte er Kontakte zur Kirche und zu den höchsten Kreisen des Adels und arbeitete für sie als Vermögensverwalter. Das stieß auf das Interesse der Nationalsozialisten. Ein Verbindungsmann aus der Kanzlei informierte diese über die verschiedenen Geschäfte, und so wurde Dr. B. einen Tag vor Hitlers Einmarsch in Wien von der SS Verhaftung und Isolationsfolter verhaftet, konnte aber zuvor die für die Nazis interessanten Belege in Sicherheit bringen. Um wichtige Informationen aus ihm herauszupressen, sperrte man ihn im Hotel Metropole, dem Hauptquartier der Gestapo, in ein Einzelzimmer. Monatelang wurde er in absoluter Isolation gehalten, ohne Möglichkeit zum Gespräch oder zu irgendeiner geistigen Betätigung.

Schon fast bereit, nach viermonatiger Einzelhaft die geforderten Informationen preiszugeben, gelang es ihm vor einem Verhör, sich heimlich in Besitz eines Buches zu bringen. Seine Hoffnung auf anspruchsvolle literarische Genüsse wurde aber in jenem Moment zerschlagen, als er dieses auf seinem Zimmer hervorholte: Das Buch enthielt eine Das Schachbuch Sammlung von Schachpartien. Enttäuscht begann er mit dem Nachspielen, verwendete dazu notdürftig eine karierte Bettdecke und knetete aus Brotkrümeln Figuren. Schon bald waren diese Behelfe nicht mehr notwendig, da er die Partien im Kopf nachspielte, um damit sein Gehirn zu trainieren.

Die Waffe gegen die Abstumpfung erwies sich aber als zweischneidig, denn Dr. B. wurde des Einübens und Rekapitulierens alter Spielzüge überdrüssig und widmete sich der Erfindung neuer Partien. Dies führte jedoch zur Aufspaltung seines Weg in den Wahnsinn Bewusstseins, da es dabei erforderlich war, für jeden der beiden imaginären Gegner jeweils die Spielzüge vorauszudenken, ohne die des anderen wiederum zu kennen. Dr. B. nannte seine beiden Schachspieler-Persönlichkeiten »Ich Schwarz« und »Ich Weiß« (S. 55). Er geriet durch diese Spielweise geistig völlig aus dem Gleichgewicht und ließ, vom Schachspiel als Mittelpunkt seiner Existenz geradezu besessen, die Verhöre und sogar die Nahrungsaufnahme zu Nebensachen werden.

Schließlich erwachte er eines Tages in einem Krankenhaus, wohin man ihn im Zustand unkontrollierter fiebriger Erregung gebracht hatte. Dem behandelnden Arzt gelang es, Dr. B.s Entlassung durchzusetzen, sodass dieser ungehindert Österreich Dr. B. geht ins Exil verlassen konnte.

Dr. B. erklärt sein überraschendes Eingreifen in die Partie mit Czentovic damit, dass sich sein Denken abgewöhnt habe, Dr. B.s Spielweise Schachpartien mit Spielern aus Fleisch und Blut in Verbindung zu bringen. Mit der Partie gegen den Weltmeister am folgenden Tag verfolge er das therapeutische Ziel, einen Schlussstrich unter seine Schachbesessenheit zu ziehen.

Es kommt jedoch ganz anders. Tatsächlich gelingt Dr. B. das Unglaubliche – er kann Czentovic Sieg und Zusammenbruch besiegen. Entgegen seinem guten Vorsatz und den Warnungen des Erzählers lässt er sich auf eine Revanchepartie ein, in deren Verlauf er zusehends die Kontrolle über sich selbst verliert und – wie schon in seiner Haft – in eine fiebrig erregte Anspannung verfällt: nicht zuletzt bedingt durch das psychologische Geschick seines Gegners, der ihn durch bewusst verzögerndes Spiel aus der Fassung bringen will. In seiner verwirrten Ungeduld beginnt Dr. B. während der Zugpausen andere Partien zu durchdenken und bietet seinem Gegenüber sogar ein falsches Schach. Nur der Abbruch der Partie kann Dr. B. vor dem geistigen Zusammenbruch retten. Aus seiner Trance erwachend, schwört er dem Schachspiel ab, während Czentovic gönnerhaft die Qualitäten seines Gegenspielers lobt.

3. Figuren

Abb. 1: Figurenkonstellation und das Verhältnis der einzelnen Figuren zum Schachspiel

Die Hauptfiguren: Dr. B. und Czentovic als Gegenspieler

Dr. B. Niemand weiß Genaueres über ihn, als er das erste Mal auftritt – Dr. B., der Retter aus dem Nichts, der die versammelten Schachamateure vor dem drohenden Untergang bewahrt. Zunächst lernt man nur sein Erscheinungsbild Äußeres kennen: ein Mittvierziger mit auffällig schmalem, scharfem Gesicht, dessen »fast kreidige Blässe« (S. 26) der Erzähler besonders hervorhebt. Diese wie auch weitere Äußerlichkeiten werden später mit seiner zermürbenden Einzelhaft erklärt: die Verwirrung, die sich nach Ende der Partie seiner bemächtigt (S. 30), das »nervöse[ ] Zucken um seinen […] Mundwinkel« (S. 37), das weiße Haar, insgesamt auch die Tatsache, dass er den Eindruck eines plötzlich Gealterten hinterlässt (S. 32).

Sein Schicksal, über das er dem Erzähler berichtet, steht stellvertretend für die Geschichte vieler Opfer der NS-Willkür Opfer der NS-Herrschaft, die noch viel Schlimmeres erdulden mussten: Dr. B. wird von heute auf morgen aus dem Berufsleben gerissen, inhaftiert und brutaler Gehirnwäsche ausgesetzt. Seine Kontakte zur Umwelt sind gekappt, sinnvolle Tätigkeit wird unterbunden – er wird ein »Sklave des Nichts« (S. 51), losgelöst von allem, was menschliches Leben lebenswert macht.