Schiffsdiebe - Paolo Bacigalupi - E-Book

Schiffsdiebe E-Book

Paolo Bacigalupi

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Beschreibung

Ein junger Held, eine gefährliche Welt und ein unvergessliches Abenteuer

Amerika in nicht allzu ferner Zukunft: Die letzten Ölquellen sind versiegt, der Meeresspiegel ist stark angestiegen, und das Land wird beinahe täglich von verheerendenUnwettern heimgesucht. In dieser Welt sind die Wracks der großen Tanker, die entlang der Golfküste stranden, die Lebensgrundlage für Nailer und seine Freunde. Sie kriechen in das Innere der Schiffe und suchen nach Kupfer und anderen wertvollen Materialien. Es ist ein harter Job, bei dem niemand auf den anderen Rücksicht nimmt und jeder versucht, der Schnellste zu sein. Eines Tages erreicht Nailer als Erster einen nach einem Hurrikan gekenterten Klipper – ein Glücksfall, der ihn auf einen Schlag aus der Armut befreien könnte. Aber im Bauch des Schiffs ist ein Mädchen gefangen. Und Nailer steht vor einer folgenschweren Entscheidung – denn wenn er das Mädchen rettet, ist der wertvolle Fund für ihn verloren …

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Seitenzahl: 398

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PAOLOBACIGALUPI

SCHIFFSDIEBE

Roman

Aus dem Amerikanischen von Hannes Riffel

Die Originalausgabe erscheint unter dem Titel Ship Breaker bei Atom, an imprint of Little Brown Book Group, London

Copyright © 2010 by Paolo Bacigalupi

Copyright © 2012 der deutschsprachigen Ausgabe by

Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Redaktion: Birgit Herden

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN 978-3-641-07312-1

www.heyne-fliegt.de

Für Arjun

1

Nailer kraxelte durch einen Wartungsschacht und zerrte an den Kupferkabeln, die an den Wänden entlang verliefen. Wolken aus uralten Asbestfasern und Mäusekot stoben auf, als die Kabel sich aus ihrer Verankerung lösten. Er kroch tiefer in den Schacht hinein und setzte sein Zerstörungswerk fort. Aluminiumklammern schwirrten klirrend durch den engen Metallkorridor, ein Geräusch wie von Münzen, die dem Gott der Plünderer geopfert wurden. Nailer tastete begierig nach ihnen, um sich nur ja keine der matt glänzenden Kostbarkeiten entgehen zu lassen. Er ließ sie in einem Lederbeutel verschwinden, der an seinem Gürtel hing, und zerrte weiter an den Kabeln. Ein ganzer Meter wertvollen Kupfers löste sich, und wiederum wurde er von Staub eingehüllt.

Die LED-Leuchtfarbe, die auf Nailers Stirn geschmiert war, tauchte die Wartungsschächte, aus denen seine Welt bestand, in ein trübes, grünlich phosphoreszierendes Licht. Schmutz und salziger Schweiß brannten ihm in den Augen und rannen an den Rändern seiner Atemschutzmaske hinunter. Er hob eine mit Narben übersäte Hand und wischte sich über das Gesicht, sorgsam darauf bedacht, nicht die Leuchtfarbe abzureiben. Die Farbe juckte und trieb ihn fast in den Wahnsinn, aber er hatte keine Lust, sich den Rückweg aus diesem Labyrinth in schwarzer Finsternis zu suchen, also ignorierte er das Jucken und nahm seine Umgebung in Augenschein.

Rostige Rohre verschwanden vor ihm in der Dunkelheit, manche davon aus Eisen, andere aus Stahl. Darum würden sich die Schweren Kolonnen kümmern. Nailer war nur auf die leichten Sachen aus: Kupferkabel, Aluminium, Nickel, Stahlklammern– alles, was eingesteckt oder von seiner Leichten Kolonne, die draußen auf ihn wartete, durch die Schächte herausgezogen werden konnte.

Nailer wandte sich um und wollte tiefer in den Wartungsschacht kriechen, knallte dabei aber mit dem Kopf gegen die Decke. Der dumpfe Schlag hallte durch den Gang, und er hatte das Gefühl, unter einer Kirchenglocke zu kauern. Staub rieselte herab und setzte sich in seinen Haaren fest. Trotz der Atemmaske musste er husten– die Maske war alt und nicht besonders dicht. Er nieste, nieste noch einmal, und Tränen schossen ihm in die Augen. Er zog die Maske herunter, wischte sich übers Gesicht und drückte sie sich dann wieder auf Mund und Nase. Wenn der Haftkleber nur besser halten würde!

Die Maske stammte aus zweiter oder dritter Hand– sein Vater hatte sie ihm gegeben. Sie juckte und hielt nie ganz dicht, weil sie die falsche Größe hatte, doch ihm blieb keine andere Wahl. An ihrem Rand stand in verblassten Buchstaben: Nach 40 Stunden Gebrauch entsorgen. Aber Nailer hatte keine andere– niemand hatte etwas Besseres. Er konnte froh sein, überhaupt eine Maske zu besitzen, selbst wenn die Mikrofasern sich allmählich auflösten, so oft hatte er sie schon im Meerwasser sauber geschrubbt.

Sloth, die in derselben Kolonne arbeitete wie er, machte sich jedes Mal über ihn lustig, wenn er die Maske auswusch, und fragte ihn, warum er sie überhaupt aufsetzte. Als wäre es in den scheußlichen Schächten nicht auch so schon heiß genug. Das hätte doch eh keinen Sinn. Manchmal gab er ihr im Stillen recht. Aber Pimas Mutter hatte ihm und Pima gesagt, sie sollten die Masken auf jeden Fall tragen, und wenn er den Filter säuberte, blieb stets eine Menge schwarzer Dreck im Wasser zurück. Und dieser Dreck, sagte Pimas Mutter dann, war nicht in seine Lunge gelangt, also setzte er die Maske auf; auch wenn er jedes Mal das Gefühl hatte zu ersticken, wenn er die schwüle tropische Luft durch die verstopften und von seinem Atem feuchten Fasern einsog.

Eine Stimme hallte durch den Schacht. »Bist du bald fertig?«

Sloth. Die am Eingang des Schachtes wartete.

»Gleich!« Nailer kraxelte ein Stück weiter in den Schacht hinein, zerrte hastig an den Kabeln und riss eine ganze Reihe weiterer Klammern aus der Wand. Bis zum Ende des Schachts war es noch ein ganzes Stück, aber er hatte genug. Mit der gezackten Klinge seines Arbeitsmessers kappte er das Kupferkabel.

»Alles klar!«, rief er.

»Aus dem Weg!«, schrie Sloth, also hatte sie ihn verstanden.

Das Kabel setzte sich ruckartig in Bewegung und verschwand in die Richtung, aus der Nailer gekommen war. Staubwolken wallten auf. Am anderen Ende kurbelte Sloth an einer Wickeltrommel; Schweiß schimmerte auf ihrer Haut, und das blonde Haar klebte ihr im Gesicht, während sie das Kabel heraussaugte wie eine Reisnudel aus einer Schüssel von Chens Suppenration.

Nailer hob sein Messer und kratzte direkt über der Stelle, wo er das Kabel gekappt hatte, das Zeichen von Bapis Leichter Kolonne in die Wand. Das Symbol stimmte mit der Tätowierung auf Nailers Wangen überein, das Arbeitsmal, das ihm das Recht verlieh, unter Bapis Aufsicht die Wracks auszuschlachten. Nailer kramte etwas Farbpulver hervor, spuckte hinein und zerrieb den Brei in seiner Handfläche, bevor er ihn über das Zeichen schmierte. Nun war das schillernde Leuchten des Symbols sogar von Weitem sichtbar. Mit den Fingern und dem Rest der Farbe schrieb er eine Folge von Buchstaben und Zahlen, die er auswendig gelernt hatte, unter das Zeichen: LK57-1844. Bapis Zulassungscode. Im Moment machte ihnen niemand diesen Abschnitt streitig, aber es war immer gut, das eigene Territorium zu kennzeichnen.

Nailer sammelte die restlichen Aluminiumklammern ein und kroch auf Händen und Knien durch den Metallschacht zurück, ängstlich darauf bedacht, brüchigen Stellen auszuweichen. Aufmerksam lauschte er auf die dumpfen Geräusche, die von dem Stahl zurückgeworfen wurden, achtete mit allen Sinnen auf Anzeichen, dass der Schacht nachzugeben drohte.

Im Schein seiner kleinen Phosphor-LED konnte er die Spur im Staub verfolgen, die das Kupferkabel hinterlassen hatte. Er stieg über vertrocknete Kadaver und Nester hinweg. Selbst im Bauch eines alten Öltankers wie diesem gab es Ratten, doch die hier waren schon eine ganze Weile tot. Er wich weiteren Knochen aus, die vermutlich von Katzen und Vögeln stammten. Federn und Flusen schwebten in der Luft. So nahe an der Außenwelt waren die Schächte ein Friedhof für alle möglichen Tiere, die sich hier hineinverirrt hatten.

Bald konnte er das grelle Licht der Sonne sehen. Nailer kniff die Augen zusammen, während er sich weiter vorarbeitete. So stellten sich die Anhänger des Lebenskults wahrscheinlich die Wiedergeburt vor, dachte er bei sich– ein langsamer Aufstieg dem reinigenden Licht der Sonne entgegen. Dann hatte er das Ende des Schachts erreicht und ließ sich auf das heiße Stahldeck fallen.

Keuchend riss er sich die Maske herunter.

Heller Sonnenschein und eine salzige Meeresbrise begrüßten ihn. Überall um ihn herum dröhnten Vorschlaghämmer. Zahllose Männer und Frauen schwärmten über den uralten Öltanker und rissen ihn in Stücke. Schwere Kolonnen machten sich mit Schweißbrennern an Eisenplatten zu schaffen, bis diese sich aus der Verankerung lösten, wie Palmblätter durch die Luft segelten und auf den Strand unter ihnen krachten, wo weitere Kolonnen sie über den Sand schleiften. Leichte Kolonnen wie die von Nailer zerrten an den Kleinteilen des Schiffs, kümmerten sich um Kupfer, Messing, Nickel, Aluminium und Edelstahl. Andere suchten nach verborgenen Benzin- und Ölrückständen und schleppten die kostbare Flüssigkeit eimerweise davon. Es herrschte ein Treiben wie auf einem Ameisenhaufen, mit einem einzigen Ziel: die Knochen dieses gestrandeten Riesen aller wiederverwertbaren Teile zu entkleiden und damit eine neue Welt aufzubauen.

»Hast ja wieder ’ne Ewigkeit gebraucht«, sagte Sloth.

Sie hämmerte auf die Sicherungsklammern der Kupferdrahtspule ein, sodass sie sich aus der Spindel löste. Ihre blasse Haut schimmerte im Licht der Sonne, und die verschlungenen Arbeitstattoos auf ihren rot angelaufenen Wangen wirkten fast schwarz. Schweiß lief ihr den Nacken hinunter. Das blonde Haar hatte sie kurz geschnitten, wie er auch, damit es sich nicht in den Tausenden von Rissen und sich drehenden Maschinenteilen verfing.

»Wir sind schon ganz schön weit drin«, erwiderte Nailer. »Da hat es einen Haufen Kabel, aber es braucht eben Zeit, dorthin zu gelangen.«

»Du mit deinen Ausreden!«

»Hör auf zu maulen. Wir schaffen die Quote schon.«

»Sollten wir wohl«, sagte Sloth. »Bapi hat erzählt, dass ’ne andere Leichte Kolonne Plünderungsrechte kauft.«

Nailer verzog das Gesicht. »Na so ’ne Überraschung.«

»Yeah. War ja zu gut, um wahr zu sein. Hilf mir mal.«

Nailer ging auf die andere Seite der Spule hinüber. Ächzend wuchteten sie den Kupferdraht aus der Spindel, richteten die Spule auf und ließen sie auf das rostige Deck krachen. Schulter an Schulter stemmten sie sich dagegen, die Beinmuskeln angespannt, die Zähne zusammengebissen.

Langsam setzte sich die Spule in Bewegung. Nailer spürte das von der Sonne aufgeheizte Deck unter den bloßen Füßen. Wegen der Neigung des Schiffes mussten sie sich ganz schön ins Zeug legen, aber mit gemeinsamer Anstrengung rollten sie die Spule vorwärts über die Blasen werfende Schutzfarbe und die lockeren Metallplatten.

Von hier oben auf dem Deck des Tankers hatten sie einen guten Ausblick auf den Strand. Bright Sands Beach erstreckte sich bis an den Horizont, eine mit Teer verschmutzte, von Meerwasserpfützen übersäte Sandfläche. Die Wracks mehrerer Öltanker und Frachter waren hier auf Grund gelaufen. Manche waren noch völlig ganz, als hätte ein verrückter Kapitän versucht, die kilometerlangen Schiffe über den Sand zu steuern. Andere waren bereits größtenteils demontiert, und die aus ihren Eingeweiden ragenden Stahlträger wirkten wie abgenagte Knochen. Rumpfteile lagen herum wie ein filetierter Fisch: ein Kommandoturm hier, eine Mannschaftsunterkunft dort. Der Bug eines Öltankers wies direkt himmelwärts.

Es sah aus, als wäre der Gott der Plünderer herabgestiegen und über die Schiffe hergefallen, um sie in Stücke zu reißen, und hätte die Kadaver dann achtlos beiseitegeworfen. Über jedes Einzelne der gewaltigen Schiffe schwärmten wie die Fliegen Kolonnen von Plünderern. Nagten an dem Fleisch und den Knochen aus Metall. Schleppten die Überreste der alten Welt den Strand hinauf zu den Schrottwaagen und den Schmelzöfen, die vierundzwanzig Stunden am Tag arbeiteten, um für Lawson & Carlson Profite zu erwirtschaften, der Firma, die an dem Blut und Schweiß der Schiffsbrecher bares Geld verdiente.

Nailer und Sloth hielten einen Moment inne, schnappten nach Luft und lehnten sich gegen die schwere Spule. Nailer wischte sich den Schweiß aus den Augen. Weit draußen am Horizont, wo sich Sonne und Himmel im Wasser spiegelten, wurde der ölig schwarze Ozean allmählich blau. Wellen gischteten weiß. Die Luft hier am Strand war von schwarzen Rauchschwaden erfüllt, die von den Schmelzöfen aufstiegen, aber dort draußen konnte er Segel erkennen. Die neuen Klipper! Ersatz für die riesigen, Kohle und Öl verbrennenden Wracks, die er und seine Kolonne Tag für Tag ausschlachteten: möwenweiße Segel, ein Rumpf aus Carbon, und schneller als alles außer einer Magnetschwebebahn.

Nailers Blick folgte einem Klipper, der über das Wasser glitt– schnittig, schnell und unerreichbar. Es war möglich, dass etwas von dem Kupfer auf seiner Spule irgendwann einmal mit einem solchen Schiff davonsegeln würde. Aber erst würde es mit dem Zug nach New Orleans transportiert, dort in den Frachtraum eines Klippers umgeladen und schließlich über das Meer in eines der Länder gebracht werden, die sich dergleichen leisten konnten.

Bapi besaß das Poster eines Klippers von Libeskind, Brown & Mohanraj. Es gehörte zu seinem wiederverwendbaren Wandkalender und zeigte einen Klipper, über dem weit oben mehrere Parasegel schwebten, die als Segel fungierten– Segel, die Bapi zufolge bis in die Jetstreams hinaufreichten und einen Klipper mit einer Geschwindigkeit von über fünfundfünfzig Knoten über das spiegelglatte Meer befördern konnten. Die Schiffe schossen dann auf Tragflügeln über Gischt und Salzwasser, kreuzten die Ozeane nach Afrika und Indien, zu den Europäern und Japanern.

Nailer starrte sehnsüchtig zu den fernen Segeln hinüber und fragte sich, wohin sie wohl unterwegs waren und ob es dort besser war als hier.

Eine Stimme riss ihn unsanft aus seinen Tagträumen. »Nailer! Sloth! Wo zum Teufel steckt ihr?«

Pima winkte ihnen, sichtlich verärgert, vom unteren Deck des Tankers aus zu.

»Wir warten auf euch, ihr Schlafmützen!«

»Die hält sich wohl auch für was Besonderes«, murrte Sloth.

Nailer verzog das Gesicht. Pima war die Älteste von ihnen und kommandierte die anderen aus der Kolonne gerne herum. Und auch wenn er schon lange mit ihr befreundet war, so schützte ihn das nicht, wenn sie hinter der Quote zurücklagen.

Er und Sloth wandten ihre Aufmerksamkeit wieder ihrer Arbeit zu. Mit einigem Ächzen und Stöhnen wuchteten sie die Spule über das verzogene Deck und rollten sie zu dem behelfsmäßigen Kran hinüber. Dann befestigten sie die rostigen Haken daran, griffen nach dem Seil und sprangen auf die Spule, die sich, gefährlich schwankend, abwärts senkte.

Sie hatten kaum auf dem unteren Deck aufgesetzt, da eilte Pima schon herbei, gefolgt von dem Rest der Leichten Kolonne. Sie hoben die Spule vom Haken und rollten sie in ihr »Basislager« am Bug des Schiffes. Überall lagen die Überreste der Isolierung von Stromleitungen herum, dazwischen die funkelnden Rollen von Kupfer, die sie gesammelt, sorgsam aufeinandergestapelt und mit dem Symbol von Bapis Leichter Kolonne versehen hatten, demselben Zeichen, das sie alle auf ihren Wangen trugen.

Im Nu waren alle damit beschäftigt, Nailers frische Beute Stück für Stück abzurollen und aufzuteilen. Sie arbeiteten schnell, denn sie waren geübt darin und aufeinander eingespielt: Pima, die Vorarbeiterin, größer als sie alle und fast schon eine Frau, schwarz wie Öl und hart wie Eisen. Sloth, hager und blass, mit knochigen Knien und schmutzig blondem Haar, die nächste Kandidatin für die Arbeit in den Schächten, sobald Nailer dafür zu groß wurde, von einem fortwährenden Sonnenbrand geplagt. Moon Girl, mit einer Haut wie brauner Reis, deren Mutter im Nagelschuppen gearbeitet hatte und bei der letzten Malariawelle gestorben war. Sie arbeitete härter als alle anderen, weil sie die Alternative kannte; Ohren und Lippen und Nase hatte sie mit Stahldraht durchbohrt, damit niemand sie je auf die Weise begehren würde, wie ihre Mutter begehrt worden war. Tick-tock, der kurzsichtig war und seine Umgebung stets mit zusammengekniffenen Augen betrachtete, war fast so schwarz wie Pima, aber bei Weitem nicht so schlau, mit geschickten, unermüdlichen Händen, solange jemand ihm sagte, was er tun sollte. Pearly, der Hindu, der ihnen Geschichten über Shiva und Kali und Krishna erzählte und der das Glück hatte, eine Mutter und einen Vater zu haben, die beide hier am Strand arbeiteten; er hatte schwarze Haare und dunkle tropische Haut, und an einer Hand fehlten ihm drei Finger, die er bei einem Unfall mit der Wickeltrommel verloren hatte.

Und schließlich Nailer. Manche Leute– wie Pearly– wussten, wer sie waren und woher sie stammten. Pima wusste, dass ihre Mutter von einer der letzten Inseln auf der anderen Seite des Golfs herübergekommen war. Pearly erzählte jedem, der ihm zuhörte, dass er ein hundertprozentiger Inder war– Hindu Marwari durch und durch. Sogar Sloth behauptete, ihre Familie würde aus Irland stammen. Nailer hatte dem nichts entgegenzusetzen. Er hatte nicht die geringste Ahnung, was er war. Halb dies, ein Viertel etwas anderes, braune Haut und schwarze Haare wie seine verstorbene Mutter, aber mit merkwürdig blassblauen Augen wie sein Vater.

Als Pearly diese Augen zum ersten Mal gesehen hatte, hatte sie sofort behauptet, er müsse von Dämonen abstammen. Allerdings dachte sich Pearly andauernd irgendwelche Dinge aus. Er behauptete, Pima sei eine Reinkarnation von Kali– deshalb sei ihre Haut auch so schwarz, und deshalb sei sie auch so gemein, wenn die Kolonne hinter der Quote zurücklag. Dennoch, Nailer hatte wirklich die gleichen Augen wie sein Vater, und er war auch genauso drahtig gebaut, und Richard Lopez war ganz bestimmt ein Dämon. Das konnte niemand bestreiten. Nüchtern war er furchterregend. Betrunken war er ein Dämon.

Nailer wickelte ein Stück Kabel ab und hockte sich auf das glühend heiße Deck. Er quetschte das Kabel mit seiner Zange an und entfernte ein paar Zentimeter Isolierung. Zum Vorschein kam der nackte, glänzende Kupferkern.

Und noch mal. Und noch mal.

Pima kauerte neben ihm; auch sie hatte ein Stück Kabel in der Hand. »Hat lang genug gedauert, bis du was gefunden hast.«

Nailer zuckte mit den Achseln. »Weiter vorne ist nichts mehr. Ich musste ganz schön tief rein.«

»Das sagst du immer.«

»Wenn du da reinkriechen willst, von mir aus.«

»Ich mach das sofort«, meldete sich Sloth.

Nailer warf ihr einen bösen Blick zu. Pearly stieß ein abschätziges Prusten aus. »Du hast ja nicht mal so viel Verstand wie ein Halbmensch. Du würdest dich da drin verirren wie der kleine Jackson, und dann gehen wir völlig leer aus.

Sloth machte eine wegwerfende Handbewegung. »Halt den Rand, Pearly. Ich verirre mich nie.«

»Selbst im Dunkeln? Wenn alle Schächte gleich aussehen?« Pearly spuckte über die Reling. »Die Kolonnen auf der Deep BlueIII haben Jackson noch Tage später rufen hören. Finden konnten sie ihn trotzdem nicht. Der kleine Lausfresser ist irgendwann einfach verdurstet.«

»Ein schlimmer Tod«, warf Tick-tock dazwischen. »So allein in der Finsternis.«

»Haltet die Klappe, ihr beiden«, sagte Moon Girl. »Wollt ihr, dass die Toten euch hören?«

Pearly hob die Schultern. »Ich mein ja nur– Nailer sorgt immer für eine gute Quote.«

»Kacke.« Sloth strich sich mit der Hand durch das verschwitzte blonde Haar. »Ich würd zwanzigmal so viel Beute machen wie Nailer.«

Nailer lachte. »Na dann mal los. Werden schon sehen, ob du da wieder lebend rauskommst!«

»Die Spule ist schon voll.«

»Pech für dich.«

Pima tippte Nailer auf die Schulter. »Ich hab das ernst gemeint. Wir haben hier untätig rumgehockt, während wir auf dich gewartet haben.«

Nailer sah ihr in die Augen. »Ich schaffe die Quote. Wenn dir was nicht passt, geh doch selbst rein.«

Pima biss sich verärgert auf die Unterlippe. Sie beide wussten, dass das nicht infrage kam. Sie war zu groß geworden, und der Schorf und die Narben auf ihrem Rücken, an ihren Ellbogen und Knien sprachen eine deutliche Sprache. Leichte Kolonnen waren auf kleine Arbeiter angewiesen. Die meisten Kids wurden mit vierzehn, fünfzehn gefeuert, selbst wenn sie hungerten, damit sie nicht so schnell wuchsen. Wenn Pima keine so gute Vorarbeiterin wäre, würde sie sich längst am Strand wiederfinden und um alles betteln, was sie kriegen konnte. Stattdessen blieb ihr vielleicht noch ein weiteres Jahr, bis sie genügend Muskeln hatte, um es mit den Hunderten von anderen Bewerbern um einen Job bei den Schweren Kolonnen aufzunehmen. Aber lange würde sie es nicht mehr machen, und das wussten sie alle.

»Du würdest dein Maul nicht wo weit aufreißen, wenn dein Vater nicht so ’ne dünne Latte wär«, sagte Pima. »Dann würd es dir genauso gehen wie mir.«

»Immerhin eine Sache, für die ich ihm dankbar sein kann.«

Wenn er nach seinem Vater kam, würde er nie besonders groß werden. Schnell, aber nicht groß. Tick-tocks Vater behauptete, dass sie alle recht klein bleiben würden, wegen der Kalorien, die ihnen fehlten. Die Leute in Seascape Boston, so erzählte er, waren alle hochgewachsen. Sie hatten genügend Geld und genügend zu essen. Hungerten nie. Wurden fett und groß…

Nailer hatte sich schon oft gefragt, wie es wohl wäre, so viel zu essen zu haben– besonders dann, wenn ihm sein leerer Magen mal wieder gegen die Wirbelsäule drückte. Wie es wohl wäre, nie mitten in der Nacht aufzuwachen und auf den Lippen zu kauen, um sich wenigstens einzubilden, er würde Fleisch essen. Aber das war ein albernes Hirngespinst. Seascape Boston klang verdächtig wie der Himmel der Christen oder wie die heile Welt, die einem der Gott der Plünderer versprach, falls man auf seiner Waage zusammen mit dem eigenen Leichnam die richtigen Opfer verbrannte.

So oder so, man musste sterben, um dorthin zu gelangen.

Die Arbeit ging weiter. Nailer nahm sich Stück für Stück das Kabel vor und warf die Isolierung über die Reling. Die Sonne brannte unbarmherzig auf sie herab. Ihre Haut schimmerte feucht. Salztropfen funkelten in ihrem Haar und rannen ihnen in die Augen. Ihre Hände wurden mit der Zeit ganz glitschig, und ihre Tätowierungen leuchteten wie verschlungene Knoten auf ihren roten Gesichtern. Eine Weile unterhielten sie sich noch, machten Witze, aber nach und nach verstummten sie, fanden ihren Arbeitsrhythmus, und die Kupferhaufen wurden immer größer.

»Der Boss kommt.«

Der Warnruf drang vom Wasser zu ihnen herauf. Alle duckten sich über ihre Arbeit und lauerten darauf, wer wohl an der Reling erscheinen würde. Wenn es der Boss einer anderen Kolonne war, konnten sie sich entspannen…

Bapi.

Nailer verzog das Gesicht, als sein Kolonnenführer schnaufend über die Reling gestiegen kam. Sein schwarzes Haar glänzte, und wegen seines Wanstes fiel ihm die Kletterei ordentlich schwer. Aber es ging um Geld, also strengte sich der Schweinehund an.

Bapi lehnte sich gegen die Reling und rang um Atem. Das ärmellose Hemd, das er trug, war vom Schweiß ganz schwarz. Gelbe und braune Flecken legten Zeugnis ab von dem Curry, das er zu Mittag gegessen hatte. Nailer knurrte allein schon bei dem Anblick der Magen, aber vor heute Abend würde er nichts zu essen bekommen; zwecklos, sich nach etwas Unerreichbarem zu sehnen.

Bapi musterte sie mit argwöhnischem Blick, suchte nach Anzeichen, dass sie faul geworden waren und den Kampf um die Quote nicht ernst nahmen. Obwohl keiner von ihnen vorher müßig gewesen war, arbeiteten sie jetzt noch schneller, um unter Beweis zu stellen, dass sie sein Vertrauen verdient hatten. Bapi hatte früher selbst bei einer Leichten Kolonne gearbeitet; er wusste, wie es da lief, wie man sich drücken konnte. Das machte ihn gefährlich.

»Was hast du?«, fragte er Pima.

Pima blickte hoch und kniff die Augen zusammen. »Kupfer. Haufenweise. Nailer hat neue Schächte aufgespürt, die Gorgeous’ Kolonne übersehen haben.«

Bapis Zähne blitzten weiß, und er entblößte die Lücke, wo er bei einem Kampf seine Schneidezähne eingebüßt hatte. »Wie viel?«

Pima gab Nailer mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass er antworten sollte.

»Vielleicht hundert, hundertzwanzig Kilo, soweit ich das bisher beurteilen kann«, schätzte er. »Und da unten ist noch mehr.«

»Yeah?« Bapi nickte. »Dann beeilt euch und holt es raus. Abisolieren könnt ihr es später. Achtet nur darauf, dass euch nichts entgeht.« Er schaute zum Horizont hinüber. »Lawson & Carlson sagt, ein Unwetter zieht auf. Ein heftiges. Wir werden die Wracks ein paar Tage meiden müssen. Ich möchte, dass ihr genug Kabel mitbringt, damit ihr am Strand zu tun habt.«

Nailer unterdrückte seinen Widerwillen bei der Vorstellung, in die Finsternis zurück zu müssen, doch Bapi war sein Gesichtsausdruck nicht entgangen.

»Passt dir was nicht, Nailer? Denkst du, du kannst bei schlechtem Wetter auf deinem Arsch hocken bleiben?« Bapi deutete zu den Arbeitslagern hinüber, die den Rand des Dschungels säumten. »Meinst du, ich finde nicht sofort hundert Lausfresser, die deinen Job machen wollen? Manche Kids da unten würden sich von mir ein Auge rausschneiden lassen, um aufs Wrack zu dürfen.«

»Das geht schon klar«, sagte Pima beschwichtigend. »Wenn Sie sagen, wir sollen Kabel rausholen, holen wir sie raus. Kein Problem.« Sie warf Nailer einen wütenden Blick zu. »Wir sind Ihre Kolonne, Boss. Alles läuft wie geschmiert.«

Sie nickten alle energisch. Nailer stand auf und reichte Tick-tock den Rest seines Kabels. »Kein Problem, Boss«, wiederholte er.

Bapi runzelte die Stirn. »Bist du sicher, dass du dich für ihn verbürgst, Pima? Ich kann seine Tätowierungen aufschlitzen und ihn in den Sand runterwerfen.«

»Ist ein guter Spürhund«, sagte sie. »Wegen ihm sind wir besser, als die Quote vorgibt.«

»Yeah?« Bapi lenkte ein. »Na gut, du bist hier der Boss, Mädchen. Da misch ich mich nicht ein.« Sein Blick ruhte noch einen Moment auf Nailer. »Pass bloß auf, Bürschchen. Ich weiß, was deinesgleichen denkt! Ihr glaubt alle, ihr seid der nächste Lucky Strike. Einen Tank voller Öl finden und nie wieder einen Strich arbeiten müssen. Dein Vater war genauso ein fauler Hund. Und was ist aus ihm geworden?«

Nailer spürte Wut in sich aufsteigen. »Ich sag auch keine Sachen über Ihren Vater!«

Bapi lachte. »Was denn! Willst dich mit mir anlegen, Bürschchen? Mir von hinten ein Messer in den Rücken rammen, wie es dein Vater machen würde?« Bapi legte eine Hand auf seine Klinge. »Pima verbürgt sich für dich, aber ich frage mich, ob du überhaupt kapierst, was für einen Gefallen sie dir damit tut.«

»Lass gut sein, Nailer«, drängte Pima. »Dein Vater ist es nicht wert.«

Bapi musterte ihn mit der Andeutung eines Lächelns. Seine Hand blieb in der Nähe seines Messers. Bapi hielt alle Karten in der Hand, und sie beide wussten es. Nailer senkte den Kopf und schluckte seinen Zorn hinunter.

»Ich hole die Beute für Sie, Boss. Kein Problem.«

Bapi nickte kurz. »Also bist du doch klüger als dein Vater.« Er wandte sich zum Rest der Kolonne um. »Hört zu! Wir haben nicht viel Zeit. Wenn ihr es schafft, vor dem Unwetter genügend Kabel da rauszuschaffen, gibt’s einen Bonus. Hier wird sich bald noch ’ne Leichte Kolonne rumdrücken. Wir wollen doch nicht, dass die leichte Beute machen, oder?«

Er grinste breit, und sie nickten alle. »Keine leichte Beute«, wiederholten sie.

2

So tief war Nailer noch nie in dem Tanker drin gewesen. Nirgendwo leuchtete ein Kolonnensymbol in der Finsternis, nirgendwo war der Staub von einem anderen Spürhund aufgewirbelt worden.

Über ihm verliefen drei verschiedene Kabelstränge– mit diesem Glücksfund würde er Bapis Quote schaffen. Aber so richtig konnte sich Nailer nicht darüber freuen. Seine Maske verstopfte immer wieder, und als er vorhin überstürzt in den Schacht gekrochen war, hatte er vergessen, seine LED-Farbe zu erneuern. Jetzt wurde es allmählich immer dunkler, und er bereute es bitterlich.

Er griff nach einem Kabel und riss es herunter. Der Schacht schien immer schmaler zu werden, obwohl die Ausbeute an Kupfer zunahm. Während er weiterrutschte, knarrte das Metall unter seinen Knien plötzlich, als wollte es sein Gewicht nicht mehr tragen. Erdöldämpfe brannten ihm in der Lunge. Er wünschte, er könnte schon Schluss machen und wieder rauskriechen. Wenn er jetzt umkehrte, würde er in zwanzig Minuten das Deck erreichen und saubere Luft atmen.

Aber was, wenn er dann noch nicht genug hinausgeschafft hatte?

Bapi konnte ihn schon jetzt nicht leiden. Und Sloth machte keinen Hehl daraus, dass sie es auf seinen Job abgesehen hatte. Ihre Worte gingen ihm nicht aus dem Kopf: »Ich würde zwanzigmal so viel Beute machen wie Nailer.«

Eine Warnung. Jetzt hatte er Konkurrenz.

Es spielte keine Rolle, dass Pima sich für ihn verbürgte. Wenn es Nailer nicht gelang, die Quote zu erreichen, würde Bapi ihm die Wangen aufschlitzen und es mit Sloth versuchen. Und Pima würde rein gar nichts dagegen tun können. Niemand behielt seinen Job, wenn er keinen Profit machte.

Nailer schlängelte sich weiter– er hatte das Gefühl, Sloths heißen Atem im Nacken zu spüren. Immer mehr Kupfer klatschte auf den Boden des Schachts. Dann verblasste seine LED ganz. Er war allein. Er würde sich entlang der Stromkabel zurückhangeln müssen. Zum ersten Mal hatte er Angst, er könnte nicht mehr hinausfinden. Der Tanker war riesig, eines der Arbeitspferde des Ölzeitalters, fast schon eine schwimmende Stadt. Und er befand sich tief in seinen Eingeweiden.

Als Jackson umgekommen war, hatte seine Kolonne vergeblich nach ihm gesucht. Sie hatten gehört, wie er gegen das Metall gehämmert und um Hilfe gerufen hatte, aber niemand war es gelungen, einen Zugang zu dem doppelwandigen Schiffsrumpf zu finden, in dem er festsaß. Ein Jahr später hatte eine Schwere Kolonne den stählernen Rumpf aufgeschnitten, und der mumifizierte Leichnam des kleinen Lausfressers war herausgeschossen wie eine Tablette aus einer Blisterpackung. Von Ratten angefressen und völlig vertrocknet.

Nicht daran denken. Du rufst nur seinen Geist herbei.

Die Wände des Schachts streiften inzwischen schon seine Schultern. Nailer kam sich vor wie ein Korken in einer Flasche. O Gott– in der Finsternis festzustecken und sich nicht mehr bewegen können! Er spannte seine Muskeln an, glitt ein Stück weiter und riss noch ein paar Meter Kabel herunter.

Aber das war jetzt genug. Mehr als genug.

Obwohl Nailer nichts sehen konnte, kratzte er den Code von Bapis Leichter Kolonne in die Wand– er wollte wenigstens den Versuch unternehmen, diesen Abschnitt für später zu markieren. Dann rollte er sich zu einer Kugel zusammen. Endlich umkehren! Ellbogen und Rücken schabten über das Metall. Verzweifelt drückte er sich die Knie ans Kinn und bemühte sich, nicht an Korken und Flaschen zu denken oder daran, wie Jackson einsam in der Dunkelheit gestorben war. Komm schon, mach dich klein! Noch kleiner! Der Schacht knarrte, während er sich langsam weiterdrehte.

Dann hatte er es endlich geschafft! Erleichtert atmete er auf.

In einem Jahr würde er für diese Arbeit zu groß sein und Sloth würde seinen Job übernehmen. Er mochte klein sein für sein Alter, aber irgendwann wurde jeder zu groß für die Leichte Kolonne.

Nailer schlängelte sich den Schacht entlang, wobei er das Kabel vor sich zusammenrollte. Sein keuchender Atem in der Maske war das lauteste Geräusch, das er hörte. Er verharrte kurz, die Finger um das Kupferkabel geschlossen– wenn er sich daran festhielt, würde er den Weg zurück ans Licht schon finden, ganz bestimmt!

Keine Panik! Du hast das Kabel selbst runtergerissen. Lass es bloß nicht los…

Hinter ihm hörte er ein Trippeln.

Nailer erstarrte und bekam eine Gänsehaut. Wahrscheinlich eine Ratte. Aber sie klang so groß! Vor seinem geistigen Auge tauchte ungebeten ein anderes Bild auf. Jackson. Der Geist des toten Jungen schien Gestalt anzunehmen, wie er hinter ihm in der Finsternis lauerte. Ihm nachschlich. Die trockenen Knochenfinger nach seinen Fußknöcheln ausstreckte…

Nailer biss sich auf die Unterlippe. Das war doch nur Aberglaube. Wenn jemand unter Verfolgungswahn litt, dann Moon Girl, und nicht er. Aber Angst hatte er jetzt schon. Er schob die Kabelstränge beiseite– er musste so schnell wie möglich hier raus! Er konnte ja seine LED-Farbe erneuern und wieder zurückkriechen, um sich in Ruhe umzuschauen. Sloth und Bapi konnten ihn mal. Er brauchte frische Luft!

Nailer quetschte sich an dem Kabelgewirr vorbei. Der Schacht knarrte bedrohlich, als würde er sich über die Last beschweren, die ihm zugemutet wurde. Er hätte alles in Stücke schneiden sollen, damit Pima und Sloth es mit der Spule rausziehen konnten. Aber er hatte es eilig gehabt, und jetzt hatte er zu viel gesammelt. Nailer kroch vorwärts und drückte das Kabelbündel an die Wand. Erleichtert stieß er schließlich die letzten Kabelschlingen von sich.

Der Schacht stöhnte laut und erbebte unter ihm.

Nailer erstarrte.

Überall um ihn herum knirschte und knarrte das Metall. Der Schacht sackte ein Stück nach unten und kippte zur Seite hin weg. Der ganze Abschnitt konnte jeden Moment einstürzen. Nailers hektisches Gezappel hatte ihn aus der Verankerung gerissen.

Nailer streckte Arme und Beine aus und blieb reglos liegen. Sein Herz raste. Er versuchte zu erahnen, was als Nächstes geschehen würde. Jetzt war kein Geräusch mehr zu hören. Nailer wartete, lauschte. Schließlich kroch er langsam weiter, vorsichtig darauf bedacht, sein Gewicht nur stückweise zu verlagern.

Metall kreischte. Der Schacht unter ihm gab nach. Nailer versuchte verzweifelt, etwas mit den Händen zu fassen zu bekommen, während seine Welt aus den Angeln krachte. Seine Finger berührten einen Kabelstrang, und er packte zu. Einen langen Augenblick baumelte er über dem schwarzen Abgrund. Dann riss das Kabel, und er stürzte ins Nichts.

Ich will nicht wie Jackson enden ich will nicht wie Jackson enden ich will nicht…

Er klatschte in eine warme Flüssigkeit, und die Dunkelheit schlug über ihm zusammen.

3

Schwimm du Blödmann schwimm

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