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Beschreibung

Diese Geschichte beschreibt das Leben in einem kleinen Dorf irgendwo in Deutschland. Sie schildert, wie das nach außen so friedliche Miteinander durch plötzliche Veränderungen auseinanderbricht, wie dadurch gegenseitiges Misstrauen entsteht und Gier nach Liebe und Geld, Charaktere verändert und keine Rücksicht aufeinander nimmt.

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Seitenzahl: 208

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Diese Geschichte beschreibt das Leben in einem kleinen Dorf irgendwo in Deutschland.

Sie schildert, wie das nach außen so friedliche Miteinander durch plötzliche Veränderungen auseinanderbricht,wie dadurch gegenseitiges Misstrauen entsteht und Gier nach Liebe und Geld, Charaktere verändert und keine Rücksicht aufeinander nimmt.

Alle Personen, Namen, Orte und die Handlung in diesem Roman sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten oder Übereinstimmungen mit Namen, lebender oder toter Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

CLAUDIRO

Schleichwege

Weg zum Leben, Weg zum Tod.

Dörflicher Thriller

1. Auflage 2020

Autor: CLAUDIRO

Verlag und Druck:

tredition GmbH, Halenreihe 40-44 22359 Hamburg

978-3-347-03768-7 (Paperback)

978-3-347-03770-0 (Hardcover)

978-3-347-03771-7 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlichgeschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Schleichwege

Mit leicht quietschenden Bremsen hielt der Bus an der Haltestelle in Werthausen.

Wie immer in der Mittagszeit war er circa zehn Minuten verspätet, weil er im Nachbardorf meist vor einer Bahnschranke halten musste und der Zug auch regelmäßig später kam.

Horst, der Eigentümer des einzigen Dorfladens hatte, wie stets um diese Zeit schon auf den Bus gewartet.

Er wartete jeden Tag auf jeden Bus, der vor seinem Haus an der Haltestelle hält.

Allgemein wurde über ihn geflüstert, dass er sehr neugierig sei.

Durch die Scheibe der Ladeneingangstür hatte er die Bushaltestelle genau im Auge.

Wenn kein Kunde in seinem Laden war huschte er schnell durch die Ladentür, um ein kleines Schwätzchen mit den austeigenden Fahrgästen zu halten oder er beriet Menschen, die mit dem Bus in die Stadt fahren wollten, was sie nicht kaufen sollten, weil sie es bei ihm günstiger erwerben könnten.

Ein Kontrollblick auf die alte Wanduhr sagte ihm, dass der Bus heute etwas pünktlicher war, dann begab er sich rasch vor die Tür, um zu sehen wer aus- oder einstieg.

Im Winter stand er hinter seiner großen Ladenscheibe, dann war es ihm draußen zu kalt.

In der Regel begrüßte der die Fahrgäste mit ein paar netten Worten, auch nicht zuletzt, um sie noch in seinen Laden zu locken, es könnte ja noch ein kleines Geschäft drin sein.

Überwiegend war es aber die Neugierde. Er wollte halt wissen, wo einer hinwollte oder wo er kam, was er erlebt hatte und vor allen Dingen was er eingekauft hat.

Das war der wirkliche Grund, er hatte sein Verhalten auch so seiner Frau erklärt und die fand das sehr geschäftstüchtig von ihrem Mann.

In so einem kleinen Dorf war es wichtig, gerade als einziger Ladenbesitzer die Gewohnheiten seiner Bürger zu kennen und vor allen Dingen musste er ja auch neue Informationen als Erster weiterverbreiten können.

So ein Dorfladen war der Ort, wo die Bewohner dieses kleinen Ortes sich trafen, um Neuigkeiten zu erfahren. Manchmal tranken sie auch eine Flasche Bier oder rauchten vor der Tür noch schnell eine Zigarre, Zigarette, einige auch ihre Pfeife bevor sie sich dann wieder ihrem Haus und ihrer Arbeit zuwandten.

Diesmal stieg nur eine junge Frau, so um die zwanzig aus. Das ist ja ein strammes Mädchen, dachte er, als er sie sah. Circa 1,75 groß. Pechschwarze Haare und ordentlich Holz vor der Hütte.

„Bist du die neue Magd von Meierling?“, fragte er unverblümt, mit über seinen Bauch verschränkten Armen, ohne sie zu begrüßen.

Sie schaute hoch und antwortet kurz: „Ja.“

„Immer die Straße gerade aus und nach fünfhundert Metern links in die Hofeinfahrt einbiegen. Kannst dich nicht verlaufen“, wies er ihr ungefragt den Weg.

Ja, es war im Ort allgemein bekannt, dass Meierling eine neue Magd erwartet, die alte war mit ihren sechsundfünfzig Jahren noch einmal schwanger geworden und zu ihrem Bräutigam, dem möglichen Vater ihres baldigen Kindes, ins Nachbardorf gezogen.

Für die Meierlings war das sehr unpassend gewesen. Es begann gerade die Heuernte und da fehlte eine Person auf dem Hof.

Hinter vorgehaltener Hand wurde im Dorf geflüstert, dass der Bräutigam wohl nicht der Vater sei.

Es standen durchaus einige kräftige Burschen aus dem Dorf in Verdacht, darunter auch verheiratete aber nach außen ehrbare Bürger.

Solche Verdächtigungen verbreitete man steht flüsternd, hinter vorgehaltener Hand leise weiterer.:

„Aber nicht sagen, dass ich Dir das erzählt habe“, wurde meist der Information über solche Geheimnisse angefügt.

Die Frau nickte und ging weiter.

Gerade in diesem Moment kam Flitze Jäger mit seinem Moped, einer NSU Quickly um die Ecke gebogen, er war seit einigen Jahren der Postbote des Dorfes.

Als die Bundeswehr gegründet wurde, hatte er sich gleich gemeldet und war nach vier Jahre gegangen worden. Trotzdem wurde er in den öffentlichen Dienst bei der Post übernommen und trug nun Tag für Tag die Briefe und die Zeitungen im Dorf aus, indem er selbst in einem kleinen Haus am Dorfrand wohnte.

Er war ledig. Die Frau, mit der er vierundzwanzig Jahre verheiratet war, war ihm kurz vor der Silberhochzeit abgehauen.

Sein Vorname war Werner aber alle nannten ihn Flitze, weil er Tag für Tag mit seinem Moped durchs Dorf raste.

Flitze kannte Jeder im Dorf und auch er meinte Jeden zu kennen.

Manche Dörfler meinten er könne den Inhalt der Briefe die er austrug durch den Umschlag lesen, da er über alles informiert war, was darin geschrieben stand.

Jeden Tag gegen Mittag, wenn seine Posttasche leer war und er nur noch die beiden Briefkästen im Dorf leeren musste, wovon einer direkt bei Horst neben der Tür zum Laden montiert war, ging er erst einmal eine Flasche Bier bei ihm trinken.

Manchmal bekam er auch eine Flasche von den anderen durstigen Kehlen im Landen spendiert.

Selbst war er auch nicht so. Er konnte gut in seine Tasche kommen und eine Runde schmeißen.

Nach dem ersten Schluck aus der Pulle berichtete er dann den Anwesenden welche Post, wer von wem im Dorf bekommen hat, damit auch alle im Ort über jeden Briefverkehr informiert waren.

Bei einigen Häusern, in denen alleinstehende Frauen wohnten, blieb er oft etwas länger: „Die betreue ich persönlich“, sagte er oft, wenn er darauf angesprochen wurde: „Das sind einsame Frauen, die brauchen manchmal meine Hilfe.“

„Da ist mal ein Rohr geplatzt, das repariere ich kurzer Handoder ein Schrank ist zu verrücken, da muss ich als Mann doch mit anfassen, das kann doch so eine Frau nicht allein.“

Bei einer dieser Frauen war in der Woche immer etwas zu tun. Das hat auch seine Frau lange geglaubt, bis sie herausbekommen hat, dass die Dienste ihres Mannes auch körperlicher Natur waren und ihn zur Rede gestellt.

Daraufhin stellte er seine Dienste auch vorrübergehend ein, bis wieder Not am Mann war und seine Hilfe dringend notwendig wurde.

Das erschien seiner Frau zu viel und eines Tages als er von seiner Tour durchs Dorf zurückkam war sie ausgezogen.

Er hatte nicht lange getrauert.

Da er Koch gelernt hatte, konnte er sich selbst versorgen. Seine Wäsche nahm er mit zum Postaustragen und lies sie abwechselnd von den Frauen waschen, die er in anderen Dingen unter die Arme griff und nicht nur unter die Arme.

In jedem Verein im Dorf war er Mitglied und bei Versammlungen oder Feiern, war er der Erste der kam und der Letzte der ging, oft nicht allein.

Die neue Magd hatte ihren Weg fortgesetzt.

Von der Straße führte ein kurzer Weg bis zur Haustür des großen Bauergehöftes.

Sie ging an dem vorgelagerten Hühnerhof vorbei, wo ein bunter, kräftiger Hahn sie mit einem fröhlichen Kikeriki, begrüßte, bevor er dann in einem großen Bogen über den ausgedehnten Hof rannte.

Vor der Hundehütte lag ein fetter, schwarzer Hund, der aber nur müde die Augenbraue öffnete und in der Mittagsonne weiter döste.

Er hatte schon viele Mädchen kommen und gehen sehen und das nicht nur am Tage. da lohnte es sich für ihn nicht auch nur dem leisesten Ton von sich zu geben.

Sie klopfte an die Haupteingangstür. Eine Klingel gab es scheinbar auf diesen durchaus gut erhaltenen Hof nicht. Es meldete sich keiner.

Was sie nicht wusste, durch diese Tür wurde nur an Sonn- und Feiertagen gegangen oder bei besonderen Anlässen, wie Geburten, Verlobungen und Hochzeiten, manchmal auch zu Geburtstagen aber nur zu runden die anderen wurden immer in der Küche gefeiert.

Auch ein verstorbenes Mitglied der Familie trat, nachdem auf der Diele des Hauses die Trauerfeier abgehalten worden war seinen letzten Gang, mit großem Gefolge zum Friedhof durch diese Tür an.

Verstarb jemand von den Mägden oder Knechten, stand der Sarg vor der Kuhstallkrippe und schon nach wenigen Worten des Dorfpfarrers trug man ihn zu dem Totenwagen, der vor der Tür stand und ab gings zum Friedhof. Ihm folgten nur wenige TrauergästeNach einer Weile sah sie links um die Ecke eine weitere Tür.

Sie öffnete diese vorsichtig, da sich auch da nach mehrmaligem Klopfen keiner gemeldet hatte und stand in einer Art Küche.

In der Mitte ein großer Tisch, an den mindestens zehn Leute Platz finden.

An der linken Seite zwei übergroße Schränke.

In dem einen schien das Porzellan abgestellt zu sein, das sah sie durch die Scheibe im Oberteil des Schrankes, die wohl durch eine kleine Gardine verdeckt werden sollte aber zur Seite geschoben war.

Den Inhalt des anderen Schrankes konnte sie nicht sehen, nahm aber aus der Erfahrung, die sie auf anderen Höfen gesammelt hatte an, dass hier Reinigungsmitteln, Tischlaken, Waschlappen und Handtücher gelagert waren.

Nahrung wie Brot, Schmalz, ÖL und Wurst wurde im kühlen Keller deponiert.

Einen Kühlschrank sah sie in der Küche nicht.

Meilerling hatte seiner Frau schon oft vorgeschlagen so ein neumodernes Gerät zu kaufen, sie hatte es aber immer mit den Worten: “Son modernen Schiet brauchen wir nicht, unser Keller ist Kühl genug“, abgelehnt.

Bissspuren von anderen Bewohnern des Kellers an Brot oder Wurst wurden von ihr vor dem Servieren mit dem Messer entfernt.

Gewürze, Salz, Zucker und Essig standen auf einem Bord neben dem Ofen.

Geradeaus, ganz links war eine Tür, die wohl zum Hinterhof führte, das erkannte sie an der Helligkeit hinter der Milchglasscheibe im oberen Drittel der Tür.

Neben dem Lichtschalter stand ein übergroßer Schrank auf dem mehrere Schalen mit Milch, nur mit Seiten der Tageszeitung abgedeckt, zur Veredelung zum Dickmilch-Nachtisch abgestellt waren.

Dann kam ein Gasherd, wie er in dieser Zeit als modernes Kochgerät auf vielen Höfen üblich war und unmittelbar daneben ein Herd, der wohl überwiegen in der kalten Jahreszeit mit Holz geheizt den Raum wärmte, das erkannte sie an dem großem Holzstapel, der zwischen dem Herd und einer Tür, die in einen weiteren Raum führte zu sehen war.

Auf dem Holz lagen zwei Katzen und blinzelten sie an.

An der rechten, hinteren Seite des Raumes waren zwei weitere Türen zu sehen, an die sich ein Spülstein vorm End mit einer Handpumpe und daneben ein Wasserhahn, der leicht vor sich hin tropfte, anschloss.

An dem Ablaufbrett des Spülsteins drehte ihr eine dürre Frau den Rücken zu.

Auf ihr Räuspern drehte sich die Frau um und starrte sie mit finsterem Blick an:

„Wat willste?“, murrte sie dann.

„Guten Tag“, sagte das Mädchen, „ich bin die neue Magd und soll mich heute bei Ihnen melden.“

„Neue Magd? davon weiß ich ja nichts. Moment ich rufe unser Vadder“, dann brüllte sie laut:

„Heinrich, komm mal runter, hier is Eine!“

Dann schaute sie das Mädchen das erste Mal richtig von unten bis oben an und sagte: „Stell deinen Koffer dahin, nimm das Handtuch und trockne ab!“

„Wie heißt du denn?“

„Mein Name ist Sophie“, antwortete das Mädchen beim Geschirr abtrocknen.

„Ja, und wie weiter und von wo kommste?“

„Sophie Dreier und ich komme vom Balingshof aus Strohausen, das ist ein Dorf auf der anderen Seite der Grante.“ Die Grante war ein kleiner Fluss, der die Region in zwei Hälften teilte. Sophie erkannte, dass sie eine sehr verhärmt aussehende Frau am Ende des Mittelalter vor sich hatte, deren Schürze durchnässt und mit Speisenresten bekleckert einen unangenehmen Geruch verbreitete.

In diesem Augenblick ging die Tür auf und ein verschlafener Mann mittleren Alters schaute herein.

„Tach. Ich bin Heinrich und du die neue Magd. Is doch richtig, oder“?

Sie nickte.

„Schön dasse schon da bist. Hast meine Frau ja schon kennengelernt“.

„Weiß ich ja nichts von, dass wir einen neue Magd kriegen“, murrte die Frau am Spülstein:

„Habe ich dir doch gesagt, dass ich über die Kasse Verbindung mit Rosen Herrmann vom Balingshof Kontakt aufgenommen habe, weil seine Tochter ausse Schule gekommen is und er seine Magd nich mehr braucht“.

„Habe ich vergessen. Habe ja auch genug zu tun, damit ich dir und Max alles vorn Arsch trage“, knurrte sie und drehte sich wieder zum Spülstein um.

So ein flotter Mann und so eine alte Frau dachte Sophie.

„Sie heißt Sophie“, rief seine Frau.

„Kannst ihr ja, wenn se fertig mit Abtrocknen is, ihre Kammer zeigen. Soll sich dann sofort umziehen und gleich mit raus ins Heu“, rief sie dann herrisch zu ihm.

„Ne, du kommst sofort mit“, sagte er zu Sophie. „abtrocknen kann se alleine“.

Er gab ihr einen Wink mit dem Arm: „Hier geht’s lang.“

Er öffnete die eine Tür und stelzte voran.

Sie schritten erst zwischen den Kuh- und Pferdestall hindurch und dann über den Hof.

Zwischen Haupthaus und Diele war ein kleiner Anbau. Da lagen wohl die Schlafräume der Knechte und Mägde dachte sie, als der Bauer, sich zur ihr grinsend umblickend zur Tür wies:

„Gleich links das Letzte Zimmer. Ich gehe voran“.

Sie bekam ein Eckzimmer, das nach jeder Seite ein Fenster hatte.

Es war ganz ordentlich eingerichtet, mit einem breiten Bett, einen großen Kleiderschrank und einer Kommode.

Obwohl die leicht geblümte Bettwäsche ihr frisch gewaschen erschien, sah sie an manchen Stellen Abnutzungserscheinungen, die auf oftmaligen Gebrauch hinwiesen.

Unter dem Bett sah sie einen Nachttopf, das zeigte ihr an, dass in dem Gebäude wohl keine Toilette war.

Zwei große Bretter an der Wand mit langen Nägeln versehen, stellten wohl die Kleiderhaken da und sie hing auch gleich ihre Jacke drauf.

„So“, sagte er dann“, “zieh dich um, wir fahren gleich auf die Birkenwiesen und müssen noch ein paar Morgen Gras mähen!“

Da sie noch ihr Sonntagskleid an hatte und er immer noch im Zimmer stand zog sie es ungeniert aus, suchte in ihrer, noch auf dem Bett stehenden Tasche einen alten Rock und eine blaue Bluse, drehte ihm den Rücken zu und zog die Arbeitskleidung an.

Er hatte sich zwar anstandshalber umgedreht als sie sich umzog aber nur weil an der anderen Wand ein Spiegel hing, in dem er die Umzugsprozedur bestens beobachten konnte und von dem Anblick, der ihm im Spiegel geboten wurde sehr angetan war.

Beide gingen aus dem Zimmer und sie erschrak als er auf dem Flur unverhofft brüllte:

„Max aufstehen, es geht gleich los. Hol den Lanz raus und kuppele die Mähmaschine an!“

Max scheint wohl der Knecht oder der Sohn zu sein, dachte Sophie und stolzierte eiligen Schrittes hinter ihm her.

Heinrich hatte wohl gemerkt, dass er eine fesche Magd erwischt hatte und freute sich auf Dinge die noch kommen könnten, wenn die Zeit dafür reif ist, er durfte sich das aber gegenüber seiner Frau Frieda nicht anmerken lassen.

Sie war in letzter Zeit, sobald sich ein fremdes Weibsbild auf dem Hof sehen ließ, sehr misstrauisch ihm gegenüber.

„Ich muss nur aufpassen, dass der Max mit seinen schmierigeren Pfoten nicht gleich dran rummacht“, knurrte er in seinen Bart und beschloss Max gleich morgen in die alte Dachkammer über dem Haupthaus umzusiedeln.

Nach weniger als eine halbe Stunde waren sie abmarschbereit.

Max war ein älterer Mann mit schiefem Gesicht, einer Pfeife im Mundwinkel und listigen Augen und war ganz überrascht als er Sophie zu Gesicht bekam und starrte sie mit offenem Mund unverhohlen an

„Die is einen wert“, sagte er zu sich heimlich und sein Blick streifte von ihren blanken Beinen über ihren Leib bis zu ihrem Busen empor.

Er war schon lange auf dem Hof, hatte Heinrich als kleinen Bengel bei den Schulaufgaben geholfen,hatte ihm gezeigt, wie man aus Kastanienästen Blockflöten schnitzt, wie man geschlachteten Kaninchen das Fell über die Ohren zieht und als die Pubertät Heinrich die Sinne verwirrte, seine Aufklärung übernommen.

Darüber waren Heinrichs Eltern sehr erfreut gewesen.

Sie hätten das nicht gekonnt.

Über Alles, was unter der Gürtellinie passierte wurde auf dem Hof nicht gesprochen.

Eigentlich stammte Max von einem Bauernhof aus dem Nachbardorf.

Der Hof war nicht gerade groß gewesen, hatte aber seine Eltern und ihn ernährt und auch Opa und Oma hatten ihren Lebensabend dort in aller Ruhe und Freundschaft verbracht.

Kurz nach dem Oma, die als Letzte verstarb zur letzten Ruhe gebettet war, passierte ein Unglück.

Eines Sonntagsmorgens, ein Tag nach dem Schützenfest wurde sein Vater schwer verletzt auf der Straße vor Hornbrinkshof gefunden und verstarb wenige Tage später im Krankenhaus.

Böse Zungen im Dorf flüsterten nach der Beerdigung, dass er beim Fenstern bei Hornbrinks Martha aus ihrem Fenster, das sich im ersten Stock über dem Kuhstall befand gefallen war und sich dabei das Genick angebrochen hatte.

Es herrschte große Trauer auf dem Hof.

Max war noch zu jung, um den Hof führen zu können.

Sofort Jemanden zu finden, der sie unterstützte war auch sehr schwer, zumal seine Mutter, die durchaus noch eine sehr attraktive Frau war, das nicht wollte. Es hätte im Dorf sofort ein Gerede gegeben: „Kaum ist der Alte tot hat sie schon einen Neuen. Wartet noch nicht einmal das Trauerjahr ab.“

Andere Bauern im Dorf hofften im Geheimen nur darauf, dass sie die Ernte in dem Jahr nicht in die Scheunen bekamen, dadurch ihr Vieh nicht mehr futtern konnten und verkaufen mussten, um günstig an begehrtes Ackerland zu kommen.

Das erste Jahr haben sie noch mit großen Einbußen überstanden und, obwohl sie sich mit allen sehr einschränkten gingen die Vorräte und auch die Geldmittel dem Ende entgegen.

Seine Mutter beriet sich mit Max und sie überzeugte ihn, dass es das Beste für sie wären, entweder den Hof zu verkauften oder dass sie sich wiederverheiratete: „Gibt esdenn Jemand, der dich heiraten würde?“, fragte er seine Mutter. Sie zuckte nur mit der Schulter: „Ich weiß es noch nicht.“

Einige Zweitsöhne, die keine große Chancen hatten jemals das Erbe ihrer Eltern zu übernehmen, hatten Ihr schon den Hof gemacht. Sie hatte sich aber aus Rücksicht auf Max immer sehr zugeknöpft verhalten.

Dann passierte es doch eines Tages.

Es war auf ihrem Schützenfest im Dorf, als sie sich in einem Burschen mittleren Alters beim Tanz verliebte und er sie zu später Stunde nach Hause begleitete und am anderen Morgen zum Frühstück mit am Tisch saß.

Max hatte das nicht mitbekommen, er war nicht auf dem Fest gewesen, da er mit der Fußballmannschaft zu einem Auswärtstermin war und erst am Sonntagabend heimkehrte.

Nach einigen Tagen, beim Abendessen erzählte ihm seine Mutter, dass es da Jemanden gäbe, den sie beim Schützenfest kennengelernt hätte und der sie auf dem Hof unterstützen wolle.

Max kannte ihn nicht als er sich ein paar Tage später vorstellte. Er dachte nur, wie kann die sich nur so einen arroganten Flegel suchen, der passt doch nicht auf unseren Hof.

So kam es dann auch.

Angeblich arbeitete er bei einer Bank und wollte die Geldangelegenheiten des Hofes regeln.

Das tat er gründlich und nach einem halben Jahr war Mutter pleite.

Die letzten Tiere waren verkauft. Das Land, das der Bank für einen Kredit, den ihr Verehrer ihr aufgeschwatzt hatte als Sicherheit diente, gehörten jetzt dem Geldinstitut.

Das Geld aus dem Kredit hatte Mutter nie gesehen und ihr Geliebter war über alle Berge, genau zu dem Zeitpunkt als Max seine Schulzeit beendet hatte.

Der Vater von seinem heutigen Arbeitgeber bot sich an ihn als Knecht auf dem Hof zu nehmen und ihr Land von der Bank zu kaufen. So kam es dann auch.

Seine Mutter hat dann zwar den über den Kredit hinausgehenden Betrag des Erlöses erhalten, danach aber die Gebäude verkauft und ist seitdem, auch mit dem Geld aus dem Hausverkauf bis zum heutigen Tage verschwunden.

Max nahm an, mit ihrem Verehrer, den er auch bis jetzt nie wiedersah.

Seitdem verbrachte er hier auf dem Bauernhof sein Leben und hatte gemeint in Heinrich einen Freund gefunden zu haben.

Je älter Beide wurden, je mehr entzweiten sie sich und als Heinrich erst den Drachen, wie Max Frieda, die Frau von Heinrich heimlich nannte, geheiratet hatte, war er nur noch der Knecht auf dem Hof.

Einige andere Knechte, die zwischenzeitlich hier auch gearbeitet hatten, wurden schon nach kurzer Zeit von ihr wieder rausgeworfen.

Sie hatte das Regime übernommen. Nur seine Arbeit kritisierte sie selten und schaute ihn, je älter sie wurde manchmal mit ganz verklärten Augen an.

„Komm mal schnell her Berta“, rief Gahlmanns Fritze vom Hof auf der anderen Straßenseite, gegenüber Meierlings, quer durch die Küche seiner Frau zu.

Er saß bereits am Mittagstisch und konnte von seinem Platz direkt auf Meierlings Hofeinfahrt schauen.

„Der Meierling kriegt schon wieder eine neue Magd.“

„Wo?“, fragte seine Berta als sie mit schnellen Schritten zum Fenster lief.

„Ja schau mal und auch noch so eine Hübsche. Da muss seine Frieda aber aufpassen, dass sich der scharfe Heinrich da nichtdran vergreift, wie bei der Vorletzten, das kleine Mienchen. Es gab ja genug Gerüchte.“

„Ach, was ihr Weiber immer quatscht, ich kann den Heinrich ja nicht aufs Fell schauen aber das glaube ich nicht, dass der sich an seine Magd herangemacht hat. Seine Frieda passt schon auf die Ratten.“

„Wir sollten uns vielleicht auch mal umschauen, damit wir wieder Hilfe auf unsern Hof bekommen.“

„Wir brauchen im Moment keine Magd, wir brauchen einen Knecht. Spätesten wenn der Stall fertig ist und wir wieder Tiere haben.“

„So eine Magd kann dir doch bei der Arbeit helfen. Mit dem Knecht hat es noch Zeit“, gab Fritz zu bedenken.

„Du bist genauso ein geiler Bock. Ihr Männer seid alle gleich“; quiekte Berta aufgeregt.

„Nun reicht es aber, du eifersüchtige Kuh. Ich habe noch nichts mit einer Magd gehabt.“

„Wir hatten ja auch noch keine, die Arbeit im Stall wurde ja von Tante Maria gemacht.“

„Dafür hatten wir aber einen Knecht, mit dem hast du dich ja so gut verstanden.“

„Ich habe nichts mit dem gehabt. Im Gegenteil, ich habe ihn rausgeschmissen.“   „Rausgeschmissen?“   „den haben wir entlassen weil wir abgebrannt waren.“

So ging es noch eine ganze Weile weiter bis Fritz sich mit der Tageszeitung, ohne seine Stiefel auszuziehen auf das Sofa warf, was ihm sofort einen kräftigen Anraunzer von Berta einbrachte.

Er störte sich nicht daran, deckte sein Gesicht mit dem Blatt zu und nach kurzer Zeit hörte Berta sein Schnarchen.

Im Dorf waren sie der zweitgrößte Bauernhof gewesen.

Doch vor rund drei Jahren hatten eines Morgens drei Kühe im Stall gelegen. Tot.

Der Tierarzt konnte keine Ursache feststellen und die Polizei wollte Gahlmann nicht informieren.

Als dann nach einiger Zeit auch noch in regelmäßigen Abständen Schweine im Stall verendeten, wurde es ihm zu bunt und er schaltete die Polizei ein.

Die Tiere wurden jetzt von einem anderen Tierarzt auf Geheiß der Polizei untersucht, der Haut – und Blutproben der Schweine zu einen toxilogischen Institut sandte, die feststellten, dass sie mit großer Wahrscheinlichkeit vergiftet worden waren.

Ob das Gift im eigenen Futter war oder von fremden Personen verabreicht wurden, war nicht genau festzustellen.

Gahlmann war eigentlich ein gemütlicher Mensch und er lebte mit Berta und den wenigen anderen Personen ruhig und zufrieden auf dem Hof.

Schulden hatten sie keine, Er hatte den Hof geerbt.

Vor einiger Zeit hatte es aber mal, nach ordentlichem Biergenuss eine wüste Keilerei in ihrer Kneipe gegeben.

Da er nicht gerade der Schwächste war, hatte er seine Nachbarn mal richtig maßgenommen.

Sie hatten über seine Berta gelästert, die ihr linkes Bein etwas nachzog.

Beim Absteigen vom Kutschbock war sie umgeknickt und das war immer noch nicht richtig verheilt.

Es hat schöne blaue Augen gehagelt und einige ließen sich tagelang draußen nicht sehen.

Alle waren wütend auf Gahlmann.

Auch Flitze war dabei gewesen.

Er war es auch der am meisten lästerte und der Erste, der in die linke Faust von Fritze Gahlmann rannte, die ihn niederstreckte.

Kurz danach passierte das mit den Kühen.

Der Bauer konnte sich damals nicht vorstellen, dass einer am Futter der Kühe manipuliert hatte und nahm an, dass das Paket Rattengift in die kleine Krippe in den Stall der drei Kühe gefallen war.

Das Gift stand normalerweise immer er oben auf den Querbalken der Krippe und lag jetzt in derselben. Vielleicht hatten die Kühe ordentlich ramentert und dabei ist das Paket heruntergefallen.

Da er versichert war, wurde der Schaden schnell ersetzt und er kaufte neue Kälber.

Dann kamen die Schweine.

Allmählich brachte er diese plötzlichen Todesfälle mit der Schlägerei in Verbindung und dann stand eines Tages ihr hundertjähriges Haus in Flammen und brannte total nieder.

Sie waren mit der Kutsche zur Stadt gefahren und wollten für Ihn einen neuen Anzug kaufen als sie am späten Nachmittag wieder zurück fuhren, sahen sie schon vom Weiten die Flammen und den starken Rauch über dem Dorf.

Dass es ihr Hof ist, der da brannte konnten sie noch nicht erkennen, das sahen sie erst als sie um die scharfe Ecke des kleinen Waldes vorm Dorf kamen und zur Dorfmitte einbogen.