Schluss mit dem Bullshit! - Tobias Hürter - E-Book

Schluss mit dem Bullshit! E-Book

Tobias Hürter

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Beschreibung

Die Menge an Bullshit, die täglich auf uns eindringt, nimmt zu. Die Autoindustrie preist ihre Geländewagen als umweltfreundlich, Politiker sprechen von alternativlosem Handeln, Bäckereien backen Brötchen mit energetisiertem Wasser. Wir hören und sehen inzwischen so viel Bullshit, dass wir ihn oft gar nicht mehr bemerken. Im Selbstversuch erkunden Tobias Hürter und Max Rauner den alltäglichen Blödsinn. Sie absolvieren ein Training zum Eliteverkäufer, machen die Grundausbildung in Chakren-Heilung, besuchen eine Familientherapie und testen ihre eigene Blödsinns-Quote. Sie beschreiben die aktuellen Bullshit-Strömungen und hinterfragen die Ursachen und dahintersteckenden Bedürfnisse. Eine unterhaltsame Lektüre mit Streifzügen durch die philosophische Geschichte des Bullshits. Mit konkreten Tipps, wie man Blödsinn erkennt und vermeidet – und wann es besser ist, selbst zu bullshitten.

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Auf der Website bullshitalarm.de können Sie mit den Autoren diskutieren und eigene Bullshit-Erfahrungen dokumentieren.

In den Kapiteln »Esoterik« und »Psychotherapie« wurden Namen und Details von Betroffenen und Seminarteilnehmern verändert.

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe2. Auflage 2014

ISBN 978-3-492-96806-5© Piper Verlag GmbH, München 2014Litho: Lorenz & Zeller, Inning am AmmerseeCovergestaltung: FAVORITBUERO, MünchenCovermotiv: Shutterstock.com/file404Datenkonvertierung: psb, Berlin

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

In diesem E-Book befinden sich Verlinkungen zu Webseiten Dritter. Wir weisen darauf hin, dass sich der Piper Verlag nicht die Inhalte Dritter zu eigen macht.

»Never tell a lie when you can bullshit your way through it.« ERIC AMBLER

Vorwort

Der Bullshit lauert überall, und meistens bemerkt man ihn zu spät. Diesmal näherte er sich in Gestalt eines stilvoll gekleideten Herrn um die fünfzig, der sich als Christian vorstellte. Der Mann setzte sich mit einem Cappuccino an den Nebentisch und plauderte mit uns über das volle Café, das Münchner Westend, den milden Winter und die globale Erwärmung. Dann wurde es seltsam.

Bis zum Jahr 2040 werde sich die Erde um sechs Grad Celsius erwärmen, sagte Christian, das habe er im Vortrag eines Experten gehört. – Hm, sechs Grad, das liegt jenseits der schlimmsten Szenarien, die von Klimaforschern ernstgenommen werden, aber gut. – Und diese Erwärmung werde die Erde für Menschen so gut wie unbewohnbar machen. – So so. – Doch so weit werde es nicht kommen, fuhr Christian fort, denn das Militär werde, wenn es die Katastrophe kommen sehe, »gentechnisch manipulierte Biowaffen« zum Einsatz bringen. Die würden 90 Prozent der Menschheit töten, damit die restlichen zehn Prozent überleben können. – Wie bitte?

Man hätte jetzt zahlen und gehen können, aber Christian war kein Dummkopf. Er kannte sich aus mit Gentechnik, besser jedenfalls als wir beiden Wissenschaftsjournalisten. Er hatte eine genaue Vorstellung davon, wie man Viren in eine Zellhülle injiziert. Er wusste Bescheid über Mikrochips, Klimaerwärmung und Kampfstoffe. Die gefährlichen Viren bräuchten 20 Tage Inkubationszeit, erklärte er, und das Militär brauche für die eigenen Soldaten einen Impfstoff nur für den Notfall. Denn nach höchstens drei Infektionswellen werde sich das Virus selbst aus der Welt schaffen. Christian hatte auf alles eine Antwort. Ratlos hörten wir ihm weiter zu.

Man könnte es sich leicht machen und Christian als paranoiden Verschwörungstheoretiker abqualifizieren. Aber wäre das fair? Vielleicht liegen wir ja mit unserem hausbackenen Weltbild falsch, und er liegt mit seinem richtig. Hat nicht der NSA-Skandal eindrücklich bewiesen, dass Verschwörungstheoretiker manchmal doch recht haben? Man könnte sich also in Toleranz üben: Na gut, er sieht es halt so, und wir sehen es anders. Doch es bleibt die Ahnung, dass Christian sich in einen Wahn verrannt hat.

Nach ein paar Minuten fragten wir ihn: »Unter welchen Umständen wärst du bereit einzuräumen, dass du dich geirrt hast mit dem, was du uns gerade erzählt hast?« – »Unter gar keinen Umständen«, erwiderte er. »Diese Logik ist völlig zwingend.«

Das war die Schlüsselstelle in diesem merkwürdigen Gespräch. Christian hat es sich mit seiner Theorie bequem gemacht. Er hat sich festgelegt und lässt keinen Widerspruch zu. Er kann sich darauf beschränken, nach Hinweisen zu suchen, die seine Theorie stützen – und Hinweise ignorieren, die sie schwächen. Diese Bequemlichkeit hat ihren Preis: Christian redet Bullshit. So nennen Philosophen – und auch Laien – grammatisch wohlgeformte Sätze, die zwar an der Oberfläche in Ordnung sind, aber keinen fundierten Gedanken ausdrücken. Der »Bulle« darin komme vom französischen boul für Täuschung, vermuten Sprachforscher. Bullshit ist Gerede, bei dem der Redner sich nicht darum schert, ob es stimmt, was er redet. Im Unterschied zum Lügner versucht der Bullshitter nicht, anderen gezielt eine Unwahrheit einzureden. Wahr oder unwahr, das kümmert ihn nicht. Laut dem amerikanischen Philosophen Harry G. Frankfurt richtet Bullshit noch mehr Schaden an als Lügen. Schon weil es so viel davon gibt.

Christians Gerede beim Cappuccino ist nicht deshalb bemerkenswert, weil es so außergewöhnlich wäre. Im Gegenteil. Es ist Ausdruck der allgemeinen Bullshit-Epidemie. Wer einmal für das Phänomen Bullshit sensibilisiert ist, wird staunen, wie viel es davon gibt. Die Heilpraktikerin verzapft Blödsinn über Heilmagnetismus; der Autoverkäufer verzapft Blödsinn über den vermeintlich umweltfreundlichen Geländewagen; andere verzapfen Blödsinn über Familienaufstellung, Chiropraktik, probiotische Joghurts oder Hirnforschung. Das ist manchmal lustig, oft nervig und insgesamt schädlich. Denn Bullshitten untergräbt die Grundlagen unserer sprachlichen Verständigung, die nur dann funktioniert, wenn die Gesprächspartner im Großen und Ganzen wahrhaftig sind. Bullshit korrumpiert das Denken. Und die Gesellschaft.

Viele Menschen reden Blödsinn, weil sie andere manipulieren wollen. Manche reden Blödsinn, weil sie unkritisch wiederkäuen, was jemand ihnen vorgekaut hat. Man könnte sich angesichts der Flut von Bullshit genervt abwenden. Doch dafür ist das Phänomen zu wichtig. Besser ist es, sich ihm zu stellen. Woran erkennt man Bullshit? Was unterscheidet harmlosen Bullshit von schädlichem? Wie geht man damit um, und wie vermeidet man, selbst zu viel davon zu produzieren? Und wie produziert man Bullshit, wenn man doch mal welchen braucht? Um diese Fragen geht es in diesem Buch. Ausgangspunkt war eine Titelgeschichte von Tobias Hürter in der Philosophie-Zeitschrift Hohe Luft, die das philosophische Fundament des Themas legte und klärte, was Bullshit überhaupt ist. Aber beim Philosophieren sollte es nicht bleiben. Wir haben uns mit Forschungsfälschern und Esoterik-Gurus getroffen, ein Seminar für Eliteverkäufer besucht und den Grundkurs in Prana-Heilung absolviert. Wir haben uns anderthalb Jahre so intensiv mit Bullshit beschäftigt, dass wir glauben, uns jetzt Bullshit-Experten nennen zu dürfen. Zunächst unternehmen wir eine Rundreise in die Vielfalt des Bullshit und erläutern die philosophische Basis. Danach geht es hinaus in die Welt, wir begeben uns auf die Suche nach dem alltäglichen Bullshit: Wir untersuchen den Bullshit in Werbung und Politik, in Wissenschaft und Medizin, testen gefährliche Psychotherapien und ergründen die Anziehungskraft der Esoterik. Wir geben Tipps zur Früherkennung und Vermeidung von Bullshit. Zum Schluss erörtern wir, welche Haltung zum Phänomen Bullshit grundsätzlich sinnvoll und praktikabel ist. Und wir diskutieren, unter welchen Umständen es legitim sein kann, auch selbst einmal zu bullshitten.

Schluss mit dem Bullshit! Das ist ein frommer Wunsch. Aber mit diesem Buch erhalten Sie das Rüstzeug für den täglichen Kampf gegen sinnloses Gerede. Für die Christians dieser Welt.

Tobias Hürter und Max Rauner

Ronald Pofalla beendet Dinge

Im Sommer 2013, als die Deutschen wegen der NSA-Affäre allmählich richtig sauer auf Amerika wurden, hatte der Bullshit mal wieder einen großen Moment. Seit Wochen waren neue Details über die massenhafte Überwachung durch den US-Geheimdienst NSA bekannt geworden, enthüllt durch den Whistleblower Edward Snowden. Die NSA unterhalte in der Nähe von Darmstadt eine Spezialeinheit für Kryptografie, berichtete der Spiegel im August, und die Bild-Zeitung fragte: »Warum eiert die Regierung in der Späh-Affäre so rum?« Dann trat am Nachmittag des 12. August ein sichtlich genervter Kanzleramtsminister vor die Kameras: Ronald Pofalla hatte gerade die Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums hinter sich gebracht. Er sagte: »Die NSA und der britische Geheimdienst haben erklärt, dass sie sich in Deutschland an deutsches Recht halten.« Er sagte noch ein paar solcher Sätze, und machte dann das, wofür sein Auftritt berühmt wurde: Er erklärte die NSA-Affäre für beendet: »Der Vorwurf der vermeintlichen Totalausspähung in Deutschland ist nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch. Es gibt in Deutschland keine millionenfache Grundrechtsverletzung.«

Kein Satz davon war falsch, alles keine Lügen. Aber auch nicht gerade eine clevere Darstellung der Tatsachen. Ronald Pofalla bewegte sich in der Grauzone zwischen Wahrheit und Lüge. Was er an jenem heißen Sommertag in die Mikrofone sprach, war Bullshit, zu Deutsch: Blödsinn, Bockmist, Humbug. Man könnte auch sagen, aus Pofallas Mund kam an jenem Sommertag nichts als »heiße Luft«.

Blödsinn gedeiht im Niemandsland zwischen Wahrheit, Unwahrheit und Meinung. Jeder hat ein Recht auf eine eigene Meinung. Aber nicht auf eigene Fakten. Wo die Grenze zwischen Meinung und Fakten verschwimmt oder gezielt verwischt wird, kommt Bullshit heraus. Es gibt Bullshit in der Partnerschaft, im Smalltalk, im Gespräch mit dem Chef, beim Einkaufen, beim Arzt, in der Psychotherapie, eigentlich überall dort, wo Menschen reden. Also auch und gerade in der Politik.

Pofalla beugte die Wahrheit allein durch geschicktes Bullshitten. Mag sein, dass die NSA sich auf deutschem Boden an deutsches Recht hält (was damals keineswegs klar war). Aber bei der ganzen Aufregung ging es um Internet-Spionage. Von welchem geografischen Ort aus man sie betreibt, wo genau die ausspionierten Server stehen, wo die angezapften Datenleitungen verlaufen – für den Ausspionierten ist das ziemlich egal. Das Internet ist global. Für die Lektüre deutscher Mails brauchen die Spione der NSA sich nicht aus ihren Sesseln in der Zentrale in Maryland zu erheben, geschweige denn deutschen Boden zu betreten. Und dass die Vorwürfe »nach den Angaben der NSA, des britischen Dienstes und unserer Nachrichtendienste vom Tisch« sind, wird kaum jemanden überraschen, aber auch kaum jemanden davon überzeugen, dass sie wirklich ausgeräumt sind.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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