Schneeflockenträume - Debbie Macomber - E-Book

Schneeflockenträume E-Book

Debbie Macomber

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Beschreibung

Manchmal findet man die Liebe da, wo man sie am wenigstens erwartet hätte ...

Josie Avery hat ihren großen Traum wahr gemacht: Sie hat einen Job als Köchin in einem von Seattles angesagtesten Restaurants ergattert! Doch zuerst geht sie für eine Saison nach Alaska, um im Örtchen Ponder in einer Lodge zu arbeiten. Dort verliert Josie ihr Herz – an die wilde, schöne Landschaft Alaskas, und auch Palmer, ein Kunstschmied, mit dem sie sich angefreundet hat, schleicht sich immer wieder in ihre Gedanken, und es fällt ihr nicht leicht, Abschied zu nehmen. Trotzdem reist sie schließlich zurück nach Seattle. Gerade in der Weihnachtszeit jedoch merkt sie, dass ihre Entscheidung vielleicht nicht die beste war. Und dann steht Palmer auf einmal vor ihrer Tür …

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Buch

Josie Avery hat ihren großen Traum wahrgemacht: Sie hat einen Job als Köchin in einem von Seattles angesagtesten Restaurants ergattert! Doch zuerst geht sie für eine Saison nach Alaska, um im Örtchen Ponder in einer Lodge zu arbeiten. Dort verliert Josie ihr Herz – an die wilde, schöne Landschaft Alaskas, und auch Palmer, ein Kunstschmied, mit dem sie sich angefreundet hat, schleicht sich immer wieder in ihre Gedanken, und es fällt ihr nicht leicht, Abschied zu nehmen. Trotzdem reist sie schließlich zurück nach Seattle. Gerade in der Weihnachtszeit jedoch merkt sie, dass ihre Entscheidung vielleicht nicht die beste war. Und dann steht Palmer auf einmal vor ihrer Tür …

Autorin

Debbie Macomber begeistert mit ihren Romanen Millionen Leserinnen weltweit und gehört zu den erfolgreichsten Autorinnen überhaupt. Wenn sie nicht gerade schreibt, ist sie eine begeisterte Strickerin und verbringt mit Vorliebe viel Zeit mit ihren Enkelkindern. Sie lebt mit ihrem Mann in Port Orchard, Washington, und im Winter in Florida.

Von Debbie Macomber bereits erschienen

Winterglück · Frühlingsnächte · Sommersterne · Herbstleuchten · Rosenstunden · Leise rieselt das Glück · Das kleine Cottage am Meer

Weitere Informationen unter: www.debbiemacomber.com

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und

www.twitter.com/BlanvaletVerlag

DEBBIE MACOMBER

ROMAN

Deutsch von Nina Bader

Die Originalausgabe erschien 2018 unter dem Titel »Alaskan Holiday« bei Ballantine Books, an Imprint of Random House, a division of Penguin Random House LLC, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright © der Originalausgabe 2018 by Debbie Macomber

This translation published by arrangement with Ballantine Books,

an imprint of Random House,

a division of Penguin Random House LLC.

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2019 by

Blanvalet Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH,

Neumarkter Str. 28, 81673 München

Redaktion: Ulrike Nikel

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Umschlagmotive: © living4media/Gratwicke, Catherine

Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach

KW · Herstellung: sam

ISBN: 978-3-641-24639-6V001

www.blanvalet.de

Liebe Freunde,

Alaska ist zweifellos etwas ganz Besonderes. Diejenigen, die sich dafür entschieden haben, in dem neunundvierzigsten Staat der USA zu leben, sind meist raubeinige Gesellen. Ich habe einmal gelesen, in Alaska seien die Männer Männer und die Frauen ebenfalls. Es heißt außerdem, dass für Singlefrauen die Auswahl groß, die Qualität hingegen gewöhnungsbedürftig sei. Okay, keine Witze mehr.

Nachdem meine erste Weihnachtsgeschichte aus Alaska, Starry Night, so viel Anklang gefunden hat, wurde ich gebeten, eine weitere Story in diesem kalten Land, der Last Frontier, wie es auch genannt wird, spielen zu lassen. Hier ist sie.

Vor etlichen Jahren flogen mein Mann Wayne und ich hoch in den Norden Alaskas über den nördlichen Polarkreis hinaus, um für eine Buchserie zu recherchieren, und verbrachten einen Tag dort, damit ich mir einen Eindruck vom Leben in der Tundra verschaffen konnte. Es war ein Ausflug, an den wir noch gerne zurückdenken. Deshalb spielt die neue Geschichte auch in dieser Gegend, und ich hoffe, dass sie euch gefällt.

Sie handelt von Josie und Palmer und ihrer Liebesgeschichte. Dabei hatte Josie sich ihr Leben eigentlich ganz anders vorgestellt, und die große Liebe stand absolut nicht im Vordergrund. Schon gar nicht, wenn es sich dabei um einen Mann handelte, der im hohen Norden lebte. Josies Ziele, Träume und Pläne für die Zukunft ließen sich lediglich in Seattle verwirklichen. Palmer hatte ebenfalls Pläne, doch die bestanden ausgerechnet darin, Josie zu seiner Frau zu machen. Konflikte waren da unausweichlich.

Und dann ist da noch Jack! Ich bin sicher, er wird euch ständig zum Lachen bringen. Stopp, ich greife vor und verderbe euch womöglich den Spaß. Lehnt euch lieber zurück, entspannt euch und vertieft euch in die Geschichte. Ich hoffe, dass ihr beim Lesen an irgendeiner Stelle die Augen schließt und das Knistern der Polarlichter hört.

Wie immer freue ich mich darüber, von meinen Lesern zu hören. Ihr erreicht mich über Facebook, Instagram oder Twitter oder über meine Website debbiemacomber.com. Wenn es euch lieber ist, könnt ihr mir auch an die Adresse P.O. Box 1458, Port Orchard, WA 98366 schreiben.

Mit den herzlichsten Grüßen

Debbie Macomber

Oktober 2018

1. Kapitel

Palmer

»Wirst du Josie einen Heiratsantrag machen oder nicht?«, wollte Alicia wissen.

Ich schloss die Augen. Es kam mir so vor, als würde meine Brust sich zusammenziehen und mein Herz einen Salto schlagen.

»Palmer, hast du mir zugehört?«

»Ich habe dir sogar sehr genau zugehört.«

Es war ein Fehler gewesen war, meine große Schwester anzurufen, ich hatte es geahnt.

Alicia pflegte stets unverblümt ihre Meinung zu sagen. Sie wusste, was ich für Josie empfand, und als meine selbst ernannte Beschützerin gedachte sie es nicht zuzulassen, dass Josie abreiste, ohne dass ich ihr meine Gefühle für sie gestanden hätte.

»Dann beantworte meine Frage. Wirst du Josie sagen, dass du sie liebst?«

Meine Schwester und ich waren in Alaska in einem winzigen Nest oberhalb des nördlichen Polarkreises aufgewachsen. Und da wir mangels Schule zu Hause unterrichtet worden waren, besaß ich nicht viele Erfahrungen in puncto soziale Interaktion, die man anderswo bereits im Kindesalter lernte.

Trotzdem würde ich dieses Leben gegen nichts anderes eintauschen wollen, bedauerte lediglich, dass es mir an gewissen Fähigkeiten mangelte, die man in einer anderen Umgebung ganz selbstverständlich erwarb. Bei Alicia, die mir diesbezüglich einiges voraushatte, da sie inzwischen in Fairbanks lebte, klang alles immer so einfach. Ich hingegen fühlte mich, als sollte ich mein Herz auf einen Hackblock legen, obwohl das Risiko, dass es in Stücke gerissen wurde, sehr groß war.

Mein größtes Problem allerdings bestand darin, dass ich nie auch bloß annähernd das war, was man als romantisch bezeichnen würde. Das überließ ich den Jungs aus der Stadt. Ich war ein Naturbursche, ein Mann aus Alaska, blumige, gefühlvolle Worte waren mir so fremd wie mit Kürbis gewürzter Latte.

Und wenn es darum ging, eine Frau zu erobern, war ich so schwerfällig wie ein Holzklotz, würde also mit absoluter Sicherheit nie der Typ sein, der Gedichte rezitierte. Hinzu kam, dass kaum jemand ein Leben in der Wildnis Alaskas attraktiv fand, erst recht kein hübsches Mädchen. Insofern war die Auswahl an Frauen betrüblicherweise eher sehr mager.

Die meisten kannten nicht mal den Namen des Ortes, in dem ich lebte, denn Ponder war Meilen von dem entfernt, was noch geradeso als Zivilisation durchging, lag nordöstlich von Fairbanks, der zweitgrößten Stadt Alaskas, die mit ihren rund dreißigtausend Einwohnern ebenfalls nicht gerade ein Hit war. Gemessen an Ponder jedoch schon. Dessen Einwohnerzahl stieg in der Saison, wenn die Lodge Wanderer und Naturfreaks anlockte, mit Glück auf dreihundert an. Im Winter blieben ein Haufen abgehärteter Männer und Frauen sowie eine Handvoll Familien zurück. Immerhin gab es zwei Kneipen, die während des langen Winters die einzige Unterhaltung darstellten.

Dass Alicia mich nach dem Motto Jetzt oder nie schwer bedrängte, Josie einen Antrag zu machen, ging mir auf den Geist. Allein bei dem Gedanken, sie zu bitten, in Ponder zu bleiben, brach mir der kalte Schweiß aus. Ich fühlte mich schlimmer als während der Grippe, die mich letztes Jahr übel erwischt hatte.

Was sollte sie auch hier? Keine Frau wollte hier leben. Und selbst in der Angel- und Jagdlodge, die den ganzen Sommer über ziemlich frequentiert war, gab es überwiegend Männer. Frauen, insbesondere Singles, waren in Ponder dünn gesät. Die einzigen weiblichen Wesen, die ich in den letzten paar Jahren kennengelernt hatte, waren diejenigen, die in der Lodge arbeiteten, oder solche, die mir bei meinen gelegentlichen Abstechern nach Fairbanks über den Weg gelaufen waren. Bei den Lodgemädchen handelte es sich zumeist um Collegestudentinnen, die den Sommer über dort jobbten und für meinen Geschmack noch reichlich unreif und albern waren, sodass ich ihnen keine Beachtung schenkte.

All das änderte sich, als Josie Avery in Ponder eintraf.

Sie war Mitte zwanzig und in der Lodge als Küchenchefin angestellt worden und würde die ganze Saison über, von Mai bis Ende Oktober also, bleiben. Von dem Moment an, als ich sie zum ersten Mal sah, wusste ich, dass sie anders war als die Girlies. Gleich zu Anfang fiel mir auf, dass ihr Handy nicht mit ihrer Hand verwachsen war, sondern dass sie ihre Hände benutzte, um ein Buch zu halten. Und als sie von ihrer Lektüre aufblickte und mich anlächelte, war es um mich geschehen. Ihre Augen strahlten, und ich schwöre, dass ich darin hätte versinken können.

Überhaupt sah sie wunderschön aus.

Das Sonnenlicht war gerade durch die Bäume gebrochen und hatte sich wie flüssiges Gold über sie ergossen und ihre langen schwarzen Haare mit winzigen funkelnden Sternen übersät. Ich weiß nicht, wie ich erklären soll, was bei diesem Anblick mit mir geschah. Erst kam es mir vor, als hätte mich ein Blitz getroffen, denn ich blieb wie erstarrt stehen, dann taumelte ich zurück, als hätte man mir einen heftigen Schlag versetzt.

Von da an war sie die Eine für mich, zumal ich überdies feststellte, dass sie intelligent und praktisch veranlagt war, dass sie über viel Sinn für Humor verfügte und dass ich mich in ihrer Gesellschaft wohlfühlte wie noch mit keiner Frau vor ihr. Mit ihr konnte ich mich so ungezwungen unterhalten wie mit niemandem sonst, nicht einmal mit meiner Schwester.

Um ehrlich zu sein, spielte natürlich ihr Aussehen ebenfalls eine Rolle. Josie war bildhübsch, eine Schönheit mit wundervollen Augen und genau der richtigen Figur, nicht zu üppig, nicht zu mager, sodass ich mich nicht verstellen musste, wenn ich ihr Komplimente machte. Und als Krönung des Ganzen war sie gut in ihrem Job, das Essen in der Lodge war nie besser gewesen, hatte sozusagen einen Quantensprung gemacht. Ein guter Grund für mich, jetzt öfter dort vorbeizuschauen.

Deshalb begann ich Jack Corcoran zu begleiten, einen alten Kauz, der der Caribou Lodge Wild lieferte und sich dort fast jeden Abend zum Essen einfand. Auch den Besitzern der Lodge fiel meine plötzlich häufige Anwesenheit auf, und sie zogen ihre Schlüsse daraus. Mehr noch: Sie erlaubten Josie netterweise, abends früher Schluss zu machen, damit wir mehr Zeit miteinander verbringen konnten und ich ihr die Schönheit der Wildnis Alaskas zeigen konnte.

Mal machten wir dies, mal das.

Da es im Sommer fast vierundzwanzig Stunden lang hell blieb, hatten wir, wenn sie mit ihrer Arbeit fertig war, noch reichlich Gelegenheit, durch die endlose Tundra zu streifen. Wir gingen wandern und pflückten unterwegs Blaubeeren und Cranberrys, aus denen sie eine wundervolle Soße als Beilage zu Elchfleisch zauberte. Oder wir lagen unter dem Sternenhimmel und schauten zu, wie die Polarlichter grün über den Himmel tanzten. Josie hatte angesichts dieses Naturschauspiels nach Luft geschnappt, während ich viel zu sehr von ihr gefesselt gewesen war, um in die Sterne zu schauen. Schließlich war sie für mich der allerschönste Stern.

Wir hatten echt tolle Zeiten miteinander, Josie und ich. Als Ponder im Rahmen der Feiern zum vierten Juli seinen jährlichen Angelwettbewerb veranstaltete, fing Josie, die vorher noch nie geangelt hatte, den Siegerfisch. Anfängerglück, behauptete sie, ich hingegen war sehr stolz auf mein Mädchen.

Ich genoss ihre Gesellschaft immer mehr. So sehr, dass ich bald zu überlegen begann, wie schön es wäre, wenn sie sich in Ponder häuslich niederlassen würde. Mit mir natürlich, denn ich war fest davon überzeugt, dass wir bestens miteinander auskommen würden. Und eine Frau im Haus zu haben würde das Leben leichter machen, wenn im Winter die Temperaturen unter null sanken und man weniger nach draußen ging. Dann konnte sich ein Mann manchmal recht einsam fühlen. Immerhin näherte ich mich meinem dreißigsten Geburtstag. Da wurde es, wie Alicia wiederholt betonte, sowieso Zeit für mich, an Heirat und die Gründung einer Familie zu denken.

Jack mochte Josie ebenfalls. Er war ein knorriges Urgestein, das inzwischen zu einem Teil der Landschaft geworden war. Kerle wie ihn traf man in Alaska häufig an. Er sah aus wie die alten Goldsucher und versuchte hin und wieder noch mal sein Glück, aber bislang erfolglos. Dafür war er ein begehrter Jagdführer und ging mit Touristengruppen zwei oder drei Tage lang in der Wildnis zelten, um ihnen zu einem echten Alaskafeeling zu verhelfen.

Josie hatte das mit der Goldsuche gereizt und mich überredet, mit Jack mal loszuziehen. Ein ganzer Tag war für eine völlig sinnlose Suche draufgegangen. Egal. Zwar hatte ich keine Nuggets gefunden, dafür mit ihr meinen allergrößten Schatz.

Jerry Brewster, der zusammen mit seiner Frau Marianne die Lodge betrieb, hatte sich auf das Angeln auf dem See spezialisiert, einem Nebenarm des Copper River, wo einer der besten Lachse der Welt gefangen wurde. Während des Sommers war er dort ständig mit Sportanglern anzutreffen, die sein Fachwissen schätzten und bereit waren, eine stattliche Summe für das Privileg hinzublättern, mit ihm fischen zu gehen.

Die meisten Touristen kamen übrigens mit der Fähre, der einzigen Möglichkeit, nach Ponder zu gelangen, außer man leistete sich ein Wasserflugzeug. Bevor der See zufror, mussten alle, die den Winter nicht in der kleinen Siedlung verbringen wollten, mit der letzten Fähre abreisen. Danach stellte ein Kufenflugzeug, das bei Bedarf angemietet werden konnte, die einzige Verbindung zur Außenwelt dar. Mit allem, was man den langen Winter über brauchte, musste man sich rechtzeitig eindecken. Dennoch liebte ich das friedliche und ruhige Leben, das ich mir an dem idyllischen Caribou Lake aufgebaut hatte.

»Hast du irgendetwas von dem mitbekommen, was ich gesagt habe?«, unterbrach Alicia meine Gedanken.

»Äh …«

»Das habe ich mir gedacht. Falls du es vergessen hast: Josie reist morgen in aller Herrgottsfrühe ab.«

Als ob ich das vergessen könnte. Ich hatte in den letzten paar Tagen ein Dutzend Mal oder mehr den Versuch unternommen, sie auf eine Heirat anzusprechen, aber nie die passenden Worte herausgebracht. Jetzt hatte ich nur noch diesen Abend und stand gewaltig unter Druck, musste quasi in der letzten Minute handeln.

»Weiß ich«, erwiderte ich unwirsch und spürte, wie sich eine unangenehme Anspannung in mir aufbaute.

»Hast du etwa ernsthaft vor, sie gehen zu lassen?«, fing meine Schwester erneut an.

Sosehr ich Alicia einschließlich ihrer beiden Kids liebte – ich brauchte sie nicht, um daran erinnert zu werden, dass die Uhr für Josie und mich ablief. Ich wusste selbst allzu gut, dass ich endlich etwas unternehmen musste, nachdem ich die Sache auf die lange Bank geschoben hatte. Wofür es jedoch einen triftigen Grund gab: Ich hatte eine Höllenangst, mir einen Korb einzuhandeln. Weil Josie ganz andere Pläne verfolgte.

Immerhin hatte sie in Seattle Familie und Freunde und zudem bereits einen Job, den sie nach ihrer Rückkehr antreten würde. Nein, mit dieser quirligen, attraktiven Metropole konnte Ponder wirklich nicht konkurrieren. Deshalb fürchtete ich, Josie würde mich auslachen, wenn ich sie fragte, ob sie bei mir in der Wildnis zu leben bereit sei.

Im Übrigen hatte ich nicht zu früh das Thema ansprechen wollen, weil im Fall einer Ablehnung, mit der ich ja rechnete, der Rest der Zeit für uns peinlich geworden wäre, denn in einem Nest wie Ponder war es so gut wie unmöglich, sich aus dem Weg zu gehen. Damals war mir das sinnvoll erschienen. Allerdings hatte ich mir nicht klargemacht, unter was für einen Druck ich mich damit setzte, wenn ich die Sache bis zur letzten Minute aufschob. Vermutlich hatte ich insgeheim gehofft, sie würde sich bis über beide Ohren in mich verlieben, sodass sie von sich aus gar nicht mehr wegwollte. Dann hätte ich mit meinem Antrag gewissermaßen offene Türen eingerannt.

»Du hast einer Frau eine Menge zu bieten, Palmer«, löcherte Alicia mich weiter. »Du weißt ja gar nicht, ob Josie nicht längst ungeduldig darauf wartet, dass du etwas sagst.«

»Ich wünschte, es wäre so.«

»Wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Tu es einfach. Du liebst sie schließlich, oder? Wage den entscheidenden Schritt.«

Meine Schwester war eine echte Lachnummer. Wer sie hörte, konnte glauben, Josie und ich seien so richtig zur Sache gegangen. Dabei war das Äußerste, was wir getan hatten, Händchen zu halten und uns mit einer Intensität zu küssen, als stünde das Ende des Universums bevor. Immerhin hatten diese Küsse meine Welt aus den Angeln gehoben, so heiß waren sie gewesen. Glühend heiß. Und ich ging davon aus, dass sie dasselbe empfunden hatte, weil sie wie ich den Abenden entgegengefiebert hatte. Wenngleich ich ja kein Gedankenleser sein mochte, was Frauen betraf, war mir das Leuchten in Josies Augen, wenn wir zusammen waren, nicht entgangen.

Und was mich betraf: Während der letzten sechs Monate, in denen wir viele Stunden gemeinsam verbrachten, hatte ich begonnen, diese Frau so sehr zu lieben, dass ich mir das Leben ohne sie kaum mehr vorzustellen vermochte. Ich war sogar bereit gewesen, Opfer für sie zu bringen. Als Josie einmal behauptete, mein Bart würde an ihren Lippen kitzeln, hatte ich ihr angeboten, ihn für sie abzurasieren, was sie zu meiner Erleichterung ablehnte. Wie auch immer, ich hätte es getan. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass sie meine Gefühle erwiderte.

»Wir gehen nach dem Abendessen spazieren, und dann werde ich sie fragen«, sagte ich und betete stumm, dass Alicia endlich Ruhe gab.

Dabei war ich keineswegs besonders zuversichtlich. Was nicht zuletzt daran lag, dass Josie in den letzten Wochen immerzu von ihrem Leben in Seattle geredet hatte und von dem Job, der dort auf sie wartete. Dadurch war bei mir der Eindruck entstanden, als könnte sie es kaum erwarten, Ponder den Rücken zu kehren. Diese Unterhaltungen waren für mich alles andere als ermutigend gewesen, und jedes Mal, wenn Josie Seattle erwähnte, hatte sich mein Magen zusammengezogen.

»Versprich mir, dass du mich anrufst, sobald du sie gefragt hast.«

»Vielleicht, mal sehen.«

Ich dachte gar nicht daran, Alicia so ein Versprechen zu geben. Alles hing davon ab, wie es mit Josie lief. Wenn sie mir eine Abfuhr erteilte, würde ich kaum in der Stimmung sein, mit irgendwem zu sprechen, erst recht nicht mit meiner penetranten Schwester.

Nach dem Gespräch mit ihr nahm ich mir die Zeit, die ganze Geschichte noch einmal gründlich zu überdenken.

Ich arbeitete als Schwertschmied, fertigte also Schwerter und andere Waffen aus Metall an. Ein Handwerk, das ich seit meinem sechzehnten Lebensjahr ausübte. Seit ich meinen Highschoolabschluss in der Tasche hatte, den ich extern ablegen musste. Danach auf ein College zu gehen interessierte mich nicht. Es war nie meine Sache gewesen, ausschließlich mit dem Kopf zu arbeiten, ich wollte etwas unter meinen Händen entstehen sehen.

Wie etwa die Nachbildung eines Schwertes aus dem Bürgerkrieg, ein ebenso interessanter wie lukrativer Auftrag. Der Job brachte mir mehr Geld ein als jedes meiner anderen Projekte. Anders ausgedrückt: Ich hatte das Glück, von der Arbeit, die ich liebte, leben zu können. Inzwischen hatte ich mir gerade mit so speziellen Dingen einen guten Ruf erworben. Große Ansprüche stellte ich darüber hinaus nicht. Ich war zufrieden, meine Tage mit Hammer und Amboss an der Esse in meiner Werkstatt zu verbringen.

Aber würde ein solches Leben Josie genügen?

Da dieser Abend meine letzte Chance war, durfte ich keinen Fehler machen. Um auf Nummer sicher zu gehen, hielt ich es für das Beste, alles aufzuschreiben, was ich sagen wollte. Am Küchentisch sitzend, mit Hobo, meinem alaskischen Husky, zu meinen Füßen, begann ich eine Liste zu erstellen. Ich war halb damit fertig, als Jack bei mir reinschneite. Wie immer machte er sich nicht die Mühe anzuklopfen.

Er sah aus, als hätte er seinen besten Freund verloren.

»Bist du okay?«

»Nein.« Jack zog sich einen Stuhl heran und setzte sich mir gegenüber. »Die Lodge schließt.«

»Natürlich tut sie das, sie schließt jedes Jahr, das ist ja kaum etwas Neues.«

Sein von Wind und Wetter gegerbtes Gesicht verzog sich betrübt.

»Josie reist ebenfalls ab. Eine Schande, die beste Köchin, die wir je hatten. Sie hat das beste Elchstroganoff aller Zeiten gemacht.«

Ich nickte. Für mich bedeutete Josies Abreise allerdings weit mehr als den Verzicht auf ihre überragenden Kochkünste.

»Sie hat mir zum Abschied einen Blaubeerkuchen gebacken – aus den restlichen Beeren, die sie eingefroren hatte. Erst als ich den ganzen Kuchen bereits aufgegessen hatte, ist mir aufgegangen, dass es lange Zeit keinen Nachschub mehr geben wird.«

Missmutig starrte ich ihn an. Immerhin war ich es gewesen, der die Blaubeeren mit Josie gepflückt hatte. Und er hatte den letzten Kuchen vertilgt, ohne mir ein kleines Stück davon abzugeben.

»Du wirst sie auch vermissen, stimmt’s?«, fragte mich Jack.

»Ja, ich denke, das werde ich«, räumte ich ein, mehr mochte ich nicht preisgeben, solange alles noch in der Schwebe war.

Jack runzelte die Stirn und schien krampfhaft über eine Lösung seines Problems nachzudenken.

»Mir ist gerade was eingefallen: Wie wäre es, wenn du Josie heiraten würdest? Dann müsste sie für immer hierbleiben und könnte für uns kochen.«

»Für uns?«

Sosehr ich Jack als Freund mochte, die Vorstellung, er könnte zu den Mahlzeiten einfach so vorbeikommen und in meiner Küche sitzen, wann immer er in der Stimmung dazu war, missfiel mir ausnehmend. Okay, so war Jack nun einmal. Gute Umgangsformen waren ein Fremdwort für ihn. Und deshalb würde er sich leider nichts dabei denken, tagtäglich zu den Essenszeiten vor der Tür zu stehen, darauf würde ich mein letztes Hemd verwetten.

»Nun ja«, konterte er. »Es käme mir nur richtig vor, wenn du mich einladen würdest.«

Ich schnaubte vernehmlich. »Kommt überhaupt nicht infrage.«

Meine Zurückweisung schien ihn zu kränken.

»Habe ich neulich dieses Elchfleisch mit dir geteilt oder nicht?«

»Ein einziger Braten ist kein Ausgleich für lebenslange Gratismahlzeiten.«

»Und mein Weizensauerteig, den ihr alle für eure Brote nehmt? Das Rezept dafür ist über hundertfünfzig Jahre alt, wenn ich dich daran erinnern darf, und ich habe es euch verraten«, schob er nach.

»Stimmt.«

Ich war bereit zuzugeben, dass ich den Teig sehr schätzte und ihn regelmäßig verwendete. Dank Jack aß ich fast jeden Morgen Sauerteigpfannkuchen.

»Dann beweise ein bisschen Dankbarkeit, Sohn.«

Es war vielleicht unhöflich, die Augen zu verdrehen, doch ich kam nicht dagegen an.

»Lass es sein, mit mir zu streiten, Jack. Aller Wahrscheinlichkeit nach reist Josie morgen früh zusammen mit dem Rest des Lodgepersonals ab.«

Ich hasste es, pessimistisch zu sein, aber so langsam wie meine Liste wuchs, gelangte ich mehr und mehr zu der Erkenntnis, dass ich wahrhaftig so gut wie nichts anzubieten hatte, womit ich sie zum Bleiben überreden konnte. Welch ein Schwachsinn, sich je einzubilden, mit Ponder ließe sich die Option eines Jobs in Seattle ausstechen!

Jack hingegen schüttelte den Kopf, setzte sich kerzengerade hin und schien bereit, die Probleme dieser Welt mit einem einzigen Geniestreich zu lösen.

»Palmer, ich habe es ernst gemeint. Du solltest sie bitten, dich zu heiraten.«

Ich schwieg, dachte nicht im Entferntesten daran, Jack auf die Nase zu binden, dass ich genau das heute Abend vorhatte.

»Soll ich sie vielleicht für dich fragen?«, bot Jack sich eifrig an und meinte es sichtlich ernst, denn sein Gesicht glühte vor Begeisterung. »Ich würde sie ja selbst gerne nehmen, doch schließlich bist du derjenige, mit dem sie meistens die Abende verbracht hat. Versteh mich nicht falsch. Wenn ich du wäre, würde ich sie ganz schnell heiraten.«

»Äh …«

»Keine Sorge, ich frage sie für dich.«

»Was?«, versetzte ich. »Hör zu, du alter Gauner, wenn hier jemand fragt, dann ich. Ich brauche weder dich noch sonst jemanden, der das für mich übernimmt.«

Mit einem Mal wirkte Jack verloren und niedergeschlagen. Er ließ die Schultern hängen und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

»Wahrscheinlich würde ich es ohnehin vermasseln. Hab schon mal eine Frau gebeten, mich zu heiraten, und es ist nicht so ausgegangen, wie ich gehofft hatte.«

Sein Geständnis weckte mein Interesse. Vielleicht würde mir Jacks missglückter Heiratsantrag ja zumindest ein paar Hinweise liefern, was ich unter keinen Umständen tun und sagen durfte.

»Erzähl mal.«

»Yup, wenn du es wirklich hören willst. Ich war so nervös wie ein Biber in der Tundra, als ich meinen Antrag vorbrachte. Aber sie hörte gar nicht hin, schien überhaupt nicht interessiert zu sein. Ich muss etwas gesagt haben, das sie mir übel genommen hat.«

»Was genau ist passiert?«

Jack wirkte verlegen, schüttelte den Kopf, als wollte er sich von der Erinnerung befreien, und rieb sich über seinen Bart.

»Fällt dir vielleicht schwer, das zu glauben, doch ich war früher ein gut aussehender Bursche. Damals war ich um die dreißig, also in deinem Alter, und dachte mir, wenn ich eine Familie gründen will, sollte ich besser so schnell wie möglich loslegen.«

Genau dieselben Gedanken hegte ich derzeit, was ich Jack gegenüber allerdings nicht zu erwähnen gedachte. Weil dann der ganze Ort Bescheid wüsste.

»Hat sie dir einen Grund genannt, warum sie deinen Antrag nicht angenommen hat?«

»Im Grunde genommen hat sie danach überhaupt nicht mehr viel gesagt«, sagte er, und ein nachdenklicher, kummervoller Ausdruck trat auf sein Gesicht.

»Tut mir leid.«

»Dabei hat es mich nicht mal gestört, dass sie keine Erfahrung mit dem Zubereiten von Wild hatte. Vielmehr war ich bereit, über viele ihrer Fehler hinwegzusehen, was ich ihr sogar gesagt habe. Ich dachte, sie würde meine Großzügigkeit zu schätzen wissen.«

Unwillkürlich musste ich lachen. »Offenbar hat es nicht funktioniert.«

Erneut strich er sich über seinen Bart. »Sie war beleidigt. Hab nie wirklich verstanden, wieso. Es war ja nicht so, als würden die Männer ihr die Tür einrennen. Ich dachte, sie müsste glücklich sein, dass ich sie heiraten wollte.«

»War sie wenigstens eine gute Köchin?«

»Leidlich. Dass ich mich manchmal kritisch geäußert habe, scheint ihr ziemlich sauer aufgestoßen zu sein. Frauen sind in dieser Hinsicht komisch. Wahrscheinlich hätte ich ihre Kochkünste über den grünen Klee loben sollen, selbst wenn es eine Lüge gewesen wäre.«

»Hast du ihr andere Komplimente gemacht, ihr gesagt, dass du sie hübsch findest?«

»Nee, dann hätte ich ja lügen müssen. Ehrlich gesagt, war sie nicht unbedingt eine Augenweide. Was mir aber nichts ausgemacht hat.«

Ich unterdrückte ein Grinsen. »Das hast du ihr hoffentlich nicht gesagt, oder?«

»O nein. So dumm bin ich nun wieder nicht. Frauen müssen glauben, dass sie das Licht im Leben eines Mannes sind.«

»Was hast du sonst noch gesagt?«, erkundigte ich mich, zum Glück konnte Jack ja nicht ahnen, dass ich mir im Geist Notizen machte.

Er tippte mit dem Finger gegen seine Lippen. »Das ist jetzt zwanzig Jahre her, an die genauen Worte erinnere ich mich nicht mehr. Große Erwartungen hatte ich nie, ich wusste ja, dass es hier in der Wildnis schwer ist, eine passende Frau zu finden. Ich erinnere mich nur noch, dass ich ihr gesagt habe, sie sei das Beste, was ich hier bekommen konnte.«

O Gott, ich durfte mir nicht vorstellen, wie die arme Frau diese Bemerkung aufgenommen hatte.

Jack schien seinen Fauxpas nach wie vor nicht anzufechten.

»Ehrlich gesagt weiß ich immer noch nicht, warum sie meinen Antrag nicht angenommen hat.«

»Was hat sie denn überhaupt gesagt?«

»Ein dickes fettes Nein war alles, was ich mir eingehandelt habe«, schnaubte Jack. »Wahrscheinlich habe ich sie falsch eingeschätzt. Ich hätte schwören können, dass sie ein Auge auf mich geworfen hatte.«

»Hast du irgendwann einer anderen Frau einen Antrag gemacht?«

»Nein. Einmal hat mir gereicht. Ein Mann kann bloß ein gewisses Maß an Zurückweisung ertragen, und ich hatte mein Fett weg.«

Ich vermochte gut nachzuempfinden, dass Jack keinen zweiten Versuch unternommen hatte. Offen gestanden wäre es für mich im Moment ebenfalls undenkbar, eine andere Frau als Josie heiraten zu wollen. Und wenn sie meinen Antrag nicht annahm, fürchtete ich, dass ich genau wie Jack jahrelang zurückschauen und darüber nachgrübeln würde, was ich falsch gemacht hatte.

Bekümmert stieß Jack den Atem aus. »Letztendlich war es vermutlich das Beste, dass Sally mich nicht genommen hat. Weiß nicht, ob ich der Typ zum Heiraten bin. Du und ich, wir sind uns sehr ähnlich, weißt du.«

Das war keine ermutigende Feststellung.

Mein Blick wanderte zu der Liste vor mir, und mein Herz wurde schwer. Ich hatte das unbestimmte Gefühl, dass es eines Wunders biblischen Ausmaßes bedurfte, damit Josie mich erhörte.

2. Kapitel

Josie

Die Caribou Lake Lodge schloss über den Winter, und nach sechs Monaten in Ponder tat es mir leid, den Ort verlassen zu müssen. So lange war ich nie zuvor von Seattle fort gewesen, der Stadt, in der ich geboren worden und aufgewachsen war. Anfangs war mir die Trennung nicht leichtgefallen, zumal ich bis dahin immer mit meiner Mutter zusammengewohnt hatte, aber irgendwann merkte ich, dass das Alleinleben mich wertvolle Lektionen gelehrt hatte, wichtige Dinge über mich selbst, die mir hoffentlich zunutze kommen würden, wenn ich meinen ersten richtigen Job antrat.

Künftig würde ich als Souschef Hand in Hand mit einem berühmten Koch arbeiten und von ihm in die Geheimnisse der Spitzengastronomie eingeführt werden. Es war die Chance meines Lebens und der Traum schlechthin, dass Douglas Anton, ein renommierter und weit über die Grenzen Seattles hinaus bekannter Starkoch, mich für sein neues Restaurant eingestellt hatte. Einen solchen Karriereschub erlebte man nicht alle Tage.

Ich war von der Kochschule, die ich gerade absolviert hatte, empfohlen worden. Dieser Vertrauensbeweis war mehr, als ich mir je erhofft hatte. Der einzige Haken bei der Sache war gewesen, dass ich nach dem Ende meiner Ausbildung sechs Monate warten musste, weil das neue Restaurant noch nicht fertig war. Aus diesem Grund, um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, hatte es mich nach Alaska verschlagen. Außerdem liebte ich es, mir auf lokalen Zutaten basierende Rezepte auszudenken oder bestehende zu verfeinern.

Jetzt war es Ende Oktober und Zeit, nach Hause zurückzukehren und in meinem Job zu starten. Am nächsten Morgen würde ich mit den Brewsters und dem noch verbliebenen Personal auf der letzten Fähre die Fahrt über den See in die Halbzivilisation antreten, um dann in ein kleines Flugzeug nach Fairbanks umzusteigen und von dort nach Seattle weiterzureisen.

Ich war überrascht, wie gut ich mich an Alaska und den Mangel an Annehmlichkeiten gewöhnt hatte, wenn man berücksichtigte, dass ich in einer Stadt aufgewachsen war, wo sich nahezu alles in erreichbarer Nähe befand. In Ponder hingegen gab es weder ein Einkaufszentrum noch einen Starbucks und erst recht keine schicken Läden. Zum Glück hatte man seit ein paar Jahren Zugang zum Internet, wodurch sich die Einwohner nicht mehr völlig von der Welt abgeschnitten fühlten.

Davon abgesehen, fand ich Alaska wunderschön. Zu den Dingen, die ich am meisten liebte, gehörte es, die Adler zu beobachten, die im See nach Fischen tauchten, und Jerry Brewsters zahllosen schnurrigen Geschichten zu lauschen. Einmal hatte er einen Lachs am Haken gehabt und wollte ihn gerade ins Boot ziehen, als ein Adler herabstieß, den Fisch packte und damit davonflog. Da der Fisch noch immer an der Angel hing, versuchte Jerry ihn einzuholen und kämpfte mit dem Adler um den Lachs. Angeblich gewann er den Kampf sogar, was ihm jedoch nicht alle glaubten.

Erstaunlicherweise gewöhnte ich mich schnell daran, in einer so kleinen Gemeinde zu leben, obwohl der Kontrast zu Seattle oder irgendeiner anderen