Schneekinder - Andreas Langer - E-Book

Schneekinder E-Book

Andreas Langer

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Beschreibung

Getrennte Zwillingskinder auf gefährlichen Reisen durch Schnee und Eis – ein Fantasy-Abenteuerroman ab 11 Jahren von beeindruckender literarischer Qualität Die Zwillinge Elin und Kjell leben in Jorland, einem Land der Vulkane und Geysire, in dem die Winter lang und hart sind. Es herrscht Krieg, und in ihrem Dorf wohnen nur noch Kinder und Alte. Auch Kjell wird mit anderen Jungen zum Arbeiten fortgeschickt. Doch dabei öffnet sich eine Felsspalte - und ein namenloser Schrecken erwacht. Im Glauben, dass ihr Bruder das Unglück nicht überlebt hat, muss Elin mit den übrigen Dorfbewohnern fliehen. Auf dem bedrohlichen Weg durch Schnee und Eis wird sie ungewollt zur Anführerin. Aber nicht nur von außen, auch aus den eigenen Reihen droht Gefahr … Atmosphärisch, feinsinnig, spannend – dieser Text geht unter die Haut

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Seitenzahl: 375

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Die Zwillinge Elin und Kjell leben in Jorland, einem Land der Vulkane und Geysire, in dem die Winter lang und hart sind. Es herrscht Krieg, und in ihrem Dorf wohnen nur noch Kinder und Alte. Auch Kjell wird mit anderen Jungen zum Arbeiten fortgeschickt. Doch dabei öffnet sich eine Felsspalte - und ein namenloser Schrecken erwacht.

Im Glauben, dass ihr Bruder das Unglück nicht überlebt hat, muss Elin mit den übrigen Dorfbewohnern fliehen. Auf dem bedrohlichen Weg durch Schnee und Eis wird sie ungewollt zur Anführerin. Aber nicht nur von außen, auch aus den eigenen Reihen droht Gefahr …

Ein packendes Abenteuer in einer mystischen Welt

Inhalt

Personen

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Personen

Die verbliebenen Bewohner Kyrfjalls:

Elin, 14 Jahre alt, Kjells Zwillingsschwester

Runa, 12, Johans jüngere Schwester

Edda, 12

Floki, 11, und sein Bruder Dagur, 10

Smilla, 9

Brandur, 6

Jonna, 5

Einar, viele Winter alt

Solveig, viele, viele Winter alt

Die Jungen vom Berg:

Kjell, 14, Elins Zwillingsbruder

Johan, 14, Runas älterer Bruder

Birger, 15

Henrik, 14

Ville, 15

Gunnar, 14

Erik, 14

Bjarne, 15

Prolog

Es brauchte nur eine Schneeflocke, um Kjell traurig werden zu lassen. Eine einzige, einsame Flocke, die sich auf seine Hand verirrte, in Windeseile dahinschmolz und nichts weiter als einen kleinen, feuchten Fleck hinterließ. Kjell wischte ihn ab, schulterte seinen Sack und stapfte auf den Stollen zu.

Er war der Letzte in einer Kette von Jungen, acht an der Zahl, die wie jeden Tag in den Berg zogen, um ihm mit Hämmern und Meißeln Kohle abzutrotzen. Kohle, mit der die Schmiedeöfen in Sinarvik befeuert wurden, die dem Vernehmen nach Tag und Nacht glühten und wo all die Klingen geschmiedet wurden, die Jorlands König für seinen unseligen Krieg brauchte. Kohle, die Kjell so egal war wie kaum etwas anderes auf der Welt.

Der Stollen, der auf den ersten Metern eben in den Berg hineinführte, war schmal und niedrig, aber Kjell kannte ihn weit besser, als ihm lieb war. Mechanisch setzte er einen Fuß vor den anderen, während seine Gedanken abschweiften: zurück zu jenem Tag, an dem Ragnar nach Kyrfjall gekommen war, um ihn und Johan mitzunehmen.

An jenem Tag war endlich der Schnee geschmolzen. Der Bach, der sich durchs Dorf schlängelte, hatte wieder zu gluckern und zu gurgeln begonnen und Kjells Schwester war mitten in einer Pfütze gestanden, als sie sich hastig voneinander verabschiedet hatten.

Und jetzt – jetzt wurde es schon wieder Winter und Kjell musste sich eingestehen, dass nach Frühling und Sommer nun auch der Herbst an ihm vorübergezogen war. Hilfsdienst in Kriegszeiten, so nannte König Larus das, was Kjell, Johan und die anderen Jungen in diesem Stollen taten. Aber nicht nur hier, in ganz Jorland und selbst im Feindesland leisteten Menschen Hilfsdienst: Ein Los, das alle traf, die alt genug dafür waren und auch einige, für die das nicht galt. Kjell war dreizehn gewesen, als Ragnar ihn mitgenommen hatte. Jetzt war er vierzehn und trotz der ständigen Schinderei fühlte er sich kein bisschen erwachsener.

Er war froh, dass nach seiner Mutter nicht auch noch seine Zwillingsschwester in ein Lazarett im Kriegsgebiet gesteckt worden war – oder in eine Feldküche oder eine Nähstube. Nein, Elin lebte nach wie vor in Kyrfjall und das hatte sie der Tatsache zu verdanken, dass sie geschickt mit Pfeil und Bogen umgehen konnte: Irgendjemand musste ja dafür sorgen, dass der Nachschub an frischem Wildfleisch gewährleistet war. Weniger für die Dorfbewohner, die kümmerten König Larus nicht, vielmehr für Ragnar und seine Aufseher.

Ragnar war der Mann, der das Sagen hatte, hier am Vallan Paik, dem höchsten Berg Jorlands. Was nicht hieß, dass Ragnar selbst Hammer und Meißel schwang. Nein, er kommandierte die ihm untergebenen Jungen lediglich herum und ritt alle paar Tage ins nahe Kyrfjall, um Vorräte zu besorgen – bevorzugt das Fleisch von Hasen, Hirschen und Rehen, die Elin erlegte und von denen nur die minderwertigen Stücke auf den Tellern der Jungen landeten.

Die besten behielten Ragnar und die anderen Aufseher für sich, genau wie sie auch die angenehmen Aufgaben nicht an die Jungen abtraten. Zu gern hätte Kjell einen der Botengänge ins Dorf erledigt, doch nie hatte man es ihm erlaubt. Und so war er kein einziges Mal mehr in Kyrfjall gewesen, seit sich sein Leben ins Innere des Berges verlagert hatte. In diesen verfluchten Stollen, den er und die anderen Jungen lediglich verlassen durften, um draußen geschürfte Kohle aufzutürmen oder nach getaner Arbeit ein karges Abendessen einzunehmen und gerädert ins Stroh ihres Bretterverschlags zu fallen.

Es war ein hartes und tristes Leben, aber zumindest waren sie weit weg vom Kriegsgeschehen. Sie waren in Sicherheit. Und dafür, das wusste Kjell, hätte sein Vater alles gegeben. Stattdessen musste er in einem Krieg kämpfen, für den er nichts übrighatte, sein Leben aufs Spiel setzen für eine Sache, die ihm nicht das Geringste bedeutete. Und warum hätte es ihn auch kümmern sollen, ob König Larus nur über Jorland oder auch über Fjerig regierte? Für die einfachen Leute machte das keinen Unterschied, denn davon wurden ihre Tage nicht angenehmer und die Winter nicht kürzer. Und trotzdem konnten sie sich nicht verweigern, die Väter und Mütter, und auch nicht ihre Söhne und Töchter, die zwar noch nicht erwachsen, aber auch keine Kinder mehr waren. Wenn die Männer des Königs kamen, gab es für niemanden eine Wahl.

Der Stollen führte nun spürbar in die Tiefe, doch keiner der vor Kjell gehenden Jungen verlangsamte seine Schritte. Sie alle waren diesen Weg schon Hunderte Male gegangen. Ragnar hingegen machte sich schon lange nicht mehr die Mühe, mit ihnen zu kommen. Er hatte ein einfaches, aber höchst wirksames Kontrollsystem entwickelt: Wuchsen die Kohlehaufen vor dem Stollen im Verlauf eines Tages nicht ausreichend in die Höhe, fiel das Abendessen für die Jungen noch kläglicher als sonst aus. Wer von ihnen wie viel Kohle zutage förderte, interessierte Ragnar nicht: Er scherte sie alle über einen Kamm und überließ es ihnen selbst, dafür zu sorgen, dass jeder seinen Teil beisteuerte. Sein System funktionierte. Jeder der Jungen überwachte in gewisser Weise, was die anderen taten, und keiner von ihnen konnte sich vor der Arbeit drücken. Der Einzige, der nicht ganz so viel zum Wachsen ihrer Kohlehaufen beisteuerte, war Birger. Doch Birger war auch so etwas wie ihr Anführer. Einige der Jungen sahen regelrecht zu ihm auf, denn Birger war redegewandt und selbstbewusst. Kjell war weder das eine noch das andere, weshalb er es niemals gewagt hätte, Birger zur Rede zu stellen. Er schwieg. Er schwieg fast immer, im Gegensatz zu Birger. Und im Gegensatz zu Johan.

Aber Johan war auch ein vollwertiges Mitglied der Gruppe und hatte schnell neue Freunde gefunden unter den Jungen, die ihr Schicksal teilten. Es schmerzte Kjell, wie sehr sie sich voneinander entfremdet hatten, und immer wieder fragte er sich, ob sie überhaupt Freunde geworden wären, wenn sie nicht in einem kleinen Dorf aufgewachsen wären. Wenn sie nicht die einzigen Jungen im selben Alter gewesen wären, sondern die Wahl gehabt hätten, mit wem sie sich abgeben wollten. Hier, am Vallan Paik, hatten sie die Wahl. Hier waren sie zum ersten Mal in ihrem Leben mit anderen Jungen in Kontakt gekommen. Und während Johan sich ihnen offen zugewandt hatte, war Kjell schüchtern und zurückhaltend gewesen. Wie sich schnell herausgestellt hatte, lag es ihm nicht, auf andere, ihm fremde Menschen zuzugehen, er war dann nervös und unsicher. Die anderen Jungen wiederum hatten seine Unsicherheit als Desinteresse gewertet und ihn rasch außen vor gelassen. Mehr und mehr war auch Johan ihrem Beispiel gefolgt, während Kjell sich zunehmend in Tagträumen und Erinnerungen verlor.

Er und die anderen Jungen waren nun an der Stelle angelangt, wo der Stollen in eine natürliche Höhle mündete: breiter, höher und allem Anschein nach schon immer Teil des Berges. Heiß und dampfig war es hier und ein Fremder aus Fjerig oder Drendir hätte sich über diesen Umstand womöglich gewundert, doch Kjell und die anderen Jungen kannten ihre Heimat und deren Eigenheiten. Sie wussten, dass Jorlands Untergrund nie wirklich zur Ruhe kam, dass es vielerorts im Land rauchte, blubberte, zischte und brodelte. Es gab Spalten im Fels oder in der Erde, aus denen unaufhörlich Dampf austrat, es gab Vulkane, von denen niemand sicher sagen konnte, ob sie auch wirklich erloschen waren, und es gab etliche heiße Quellen. Manche von ihnen, die Geysire, stießen ihr Wasser in Fontänen aus, andere waren Tümpel mit ruhigem, manchmal angenehm warmem, manchmal aber auch siedend heißem Wasser. Am Rande Kyrfjalls gab es solch einen Tümpel, der sich auch im Winter wunderbar zum Baden eignete. Hier, tief unter dem Vallan Paik, war es eine viel heißere Quelle, die für eine Luft wie in einem Waschhaus sorgte.

Die Talglichter an den Wänden erleuchteten die Höhle nur spärlich, doch es genügte, dass Kjell den Seitengang erkennen konnte, in dem das Wasser stand. Es stand nicht tief, aber es war derart heiß, dass an ein Durchkommen und eine weitere Erkundung nicht zu denken war. Und damit gab es nur einen gangbaren Weg aus der von der Natur geschaffenen Höhle und das war die Fortsetzung des von Menschenhand in den Berg getriebenen Stollens. Eines Tages, vermutlich lange vor Kjells Geburt, waren die Kohlevorkommen in den oberen Lagen des Vallan Paik erschöpft gewesen. Doch die Schmiede in Sinarvik hatten weiterhin eines ausdauernd und heiß glühenden Brennmaterials bedurft und so war der Stollen weitergeführt worden, noch tiefer unter den Berg. Dorthin, wo es nach wie vor Kohle gab.

Kjell stellte sich auf einen weiteren, von schwerer und stumpfsinniger Arbeit erfüllten Tag ein, als ihm auffiel, dass die anderen stehen geblieben waren. Unmittelbar vor dem Übergang in den unteren Stollen hatten sie angehalten und unterhielten sich lebhaft.

»Allerdings«, sagte Birger, »es ist kaum noch auszuhalten!«

Zunächst glaubte Kjell, das Gespräch der Jungen drehe sich wieder einmal um den leidigen, von allen verhassten Hilfsdienst. Aber dann bemerkte er, dass Birgers Füße einen seltsamen Tanz aufführten, und begriff, dass die Jungen gar nicht zum hundertsten Mal ihr beklagenswertes Dasein erörterten. Sie sprachen über das Gestein unter ihnen.

Kjell schob sich nach vorne. Schon vor geraumer Zeit war ihm aufgefallen, dass der Fels an einer Stelle ungewöhnlich warm war. Und in den letzten Tagen hatte er noch eine Zunahme der Temperatur bemerkt, doch die Hitze, die heute unter seinen Stiefeln brannte, war in der Tat unangenehm.

»Hört euch das an!« Johan kniete auf einem der kälteren Steine und beugte sich dicht über den zerklüfteten Untergrund.

In die Jungenschar kam Bewegung. Auch Kjell hielt sein Ohr über den heißen Fels, unter dem ein deutliches Zischen zu vernehmen war.

»Hmm«, machte Birger und sofort wurde ihm die Aufmerksamkeit der Jungen zuteil. »Im Grunde ist das nichts Besonderes. Hier scheint eine neue Dampfspalte aufzubrechen, aber das geschieht andauernd in Jorland.«

»Ja, genau!«, stimmte Henrik eilfertig zu.

»Aber«, sagte Birger gedehnt, »vielleicht können wir uns diese Dampfspalte zunutze machen.«

»Wie meinst du das?«, entgegnete Erik.

»Nun, mal angenommen hier tritt Dampf aus, der so heiß ist wie das Wasser dort drüben«, Birger nickte in Richtung des unpassierbaren Ganges, »dann könnte niemand mehr hier durch, ohne dass er sich übelste Verbrennungen zuzieht. Und das wiederum hieße …« Birger überließ es den anderen, seinen Gedanken zu Ende zu führen.

»Dass wir nicht mehr in den unteren Stollen können!«, stieß Johan aus.

»Und wenn wir nicht mehr in den unteren Stollen können, hat das Steineklopfen endlich ein Ende!«, entfuhr es Gunnar.

Jubelgeschrei brandete auf. Lediglich Kjell stimmte nicht mit ein. Er hasste die Arbeit im Bergwerk, aber er gab sich keinen Illusionen hin. Solange der Krieg zwischen Jorland und Fjerig andauerte, würden Jungen wie sie Hilfsdienst leisten müssen. Wenn nicht hier, dann irgendwo anders, weiter weg von zu Hause, näher am Kriegsgeschehen.

»Aber was ist, wenn der Dampf nur aus einem kleinen Loch kommt und man einfach daran vorbeigehen kann?«, wandte Bjarne auf einmal ein.

»Und was, wenn es noch Wochen dauert, bis die Spalte aufbricht?«, schob Ville hinterher.

Birger nickte. »Beides ist natürlich denkbar. Doch vielleicht können wir ein wenig nachhelfen.« Er langte an die Seite seines Gürtels und zog seinen Schlaghammer heraus. Dann griff er an die andere Seite und löste seinen Meißel. Beide Werkzeuge in die Höhe haltend, fixierte er die Jungen. »Wir haben schließlich die hier.«

Eine Weile war es so still, dass Kjell auch im Stehen hörte, wie es im Untergrund unter ihnen zischte. Birgers schlichter Satz hatte seine Wirkung nicht verfehlt. Henrik warf ihrem Wortführer einen bewundernden Blick zu. Johan nickte voller Tatendrang, Erik machte sich bereits an seinem eigenen Gürtel zu schaffen und aus Gunnar platzte es förmlich heraus: »Verdammt noch mal, Birger hat recht! Wir sorgen schon dafür, dass hier genug Dampf ausströmt, nicht wahr, Jungs?«

Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen sah Birger zu, wie einer nach dem anderen Hammer und Meißel hervorholte und auf den heißen Fels zu ihren Füßen einhieb. Nur Kjell stand da und tat nichts. Erst als er Birgers missbilligenden Blick auf sich spürte, ließ er seinen Sack fallen und griff nach seinem Werkzeug. Er tat, was Birger ungesagt von ihm verlangte, doch er tat es nicht aus Überzeugung.

Unerbittlich fuhren die Schlaghämmer auf die Meißel herab und erfüllten die Höhle mit einem misstönenden Lied. Während die anderen mit Feuereifer bei der Sache waren, ging Kjell verhalten ans Werk. Was sie hier taten, fühlte sich nicht richtig an und aus irgendeinem Grund musste er an Solveig denken, die alte Frau aus dem Dorf, die so viel über die Natur und über Kräuter wusste und die so viele Geschichten kannte, Überlieferungen und Legenden. Hätte sie gutgeheißen, was sie hier taten?

Ein lautes Zischen ließ Kjell hochfahren. Im selben Augenblick, in dem er von seinem Meißel aufsah, kippte Gunnar wie ein Sack Mehl nach hinten. Einen Wimpernschlag später ging der Junge links von Gunnar zu Boden. Es war Erik und auch sein Gesicht war feuerrot. Und da klappte auch schon Bjarne, der Junge rechts von Gunnar, zusammen.

»Zurück! Zurück mit euch!« Birgers Stimme drang wie aus weiter Ferne ans Kjells Ohr. Sein Blick war gefangen von dem, was sie entfesselt hatten. Aus einem Loch im Boden wallten nebelgleiche, schwarze Schwaden auf. Sie brachten Hitze mit sich, doch anders als Dampf verzogen sie sich nicht und lösten sich auch nicht auf. Stattdessen pulsierten sie gleichsam, ballten sich zusammen und breiteten sich wirbelnd und wogend aus, so als führten sie ein Eigenleben. Als würden sie tanzen vor Freude über ihre Freiheit und vor Freude darüber, dass da noch viel mehr von ihnen waren, die wie sie aus dem Loch im Boden drängten.

Kjell hatte keinen Schimmer, womit sie es hier zu tun hatten. Doch den schwarzen Schwaden zuzusehen war ebenso faszinierend wie furchterregend.

Endlich löste er sich von dem schaurig-schönen Schauspiel, blickte auf die reglosen Körper am Boden und rappelte sich auf. Er ließ Hammer und Meißel fallen und stolperte rückwärts in die Höhle, wohin sich auch die anderen Jungen hastig zurückgezogen hatten.

»Sind sie … tot?« Henriks Stimme ging beinahe unter, so laut zischte es aus dem Loch im Boden.

Keiner der anderen machte Anstalten, etwas zu unternehmen. Kjell war über sich selbst überrascht, aber eine Anwandlung von Entschlossenheit überkam ihn. Vorsichtig näherte er sich Gunnars hintenübergekippten Körper und packte sein feuerrotes Handgelenk. Der Anblick verursachte ihm Übelkeit, weshalb er schnell wegsah, während er Gunnars Puls fühlte. Doch da war kein Puls. Kjell probierte es ein Stück weiter oben, ein Stück weiter unten, in der Hoffnung, dass er die richtige Stelle nur noch nicht gefunden hatte. Doch so verzweifelt er seine Finger auch hin- und herschob, da war einfach kein Puls.

Zwei Hände packten ihn, rissen ihn zurück. Erst jetzt begriff Kjell, wie nah ihm die schwarzen Schwaden bereits gekommen waren. Ein, zwei Sekunden später und es wäre ihm wie Gunnar ergangen. Kjell spürte, wie sich ihm der Magen umstülpte.

Johan ließ ihn los und er wankte in die Sicherheit der Höhle zurück, wo ihn die fragenden Blicke der anderen empfingen. Kjell schüttelte den Kopf, taumelte an ihnen vorbei und übergab sich auf den Felsboden.

Als er wieder auf die Beine kam und zu den anderen zurückwankte, kauerte Henrik auf dem Boden, vergrub sein Gesicht in den Händen und wiegte sich unablässig vor und zurück.

»Wir hätten das nicht tun dürfen«, wimmerte er. »Wir hätten das nicht tun dürfen. Wir hätten das ni–«

»Reiß’ dich zusammen!«, herrschte Birger ihn an und verpasste ihm einen Tritt mit der Stiefelspitze.

»Hat jemand von euch schon einmal so etwas gesehen?« Villes Stimme zitterte. »Das ist nicht einfach heißer Dampf, oder?«

»Nein«, sagte Johan. »Dieses Zeug … Diese Schwaden … Sie haben Gunnar, Erik und Bjarne die Haut verbrannt, aber –«

Johan hielt inne und Kjell erahnte, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben musste, die Namen der toten Kameraden auszusprechen. Schlagartig wurde ihm bewusst, dass er eben zum ersten Mal in seinem Leben zugesehen hatte, wie jemand gestorben war. Niemand aus seiner Familie, niemand, den er liebte oder der ihm nahestand, aber doch drei Menschen, die er gut gekannt hatte.

»Aber sie können nicht an ihren Verbrennungen gestorben sein«, fuhr Johan fort, »denn dann …«

»Hätten sie geschrien«, sagte Kjell.

Birger warf ihm einen Blick zu, überrascht, dass er, der stille Junge, etwas gesagt hatte.

»Ja.« Johan schluckte. »Dieser schwarze Dunst – oder was immer es ist – muss giftig sein. Tödlich giftig.«

Sie schwiegen, nachdenklich und betroffen, bis Ville irgendwann aufschrie und in Richtung des Lochs im Boden zeigte. Doch es war nicht mehr nur ein Loch. Die Steindecke war aufgeplatzt und nun klaffte eine Spalte im Fels, die sich rasch auszudehnen schien und aus der immer mehr der schwarzen Schwaden strömten. Wie verzerrte, dunkle Wolken breiteten sie sich in alle Richtungen aus, während der Untergrund immer weiter aufbrach.

»Weg hier! Nichts wie weg hier!«, schrie Birger. Von Panik ergriffen rannte er los, genau wie Ville, Henrik und Johan. Auch Kjell löste sich aus seiner Starre und stürzte vorwärts. Er hatte gerade mal ein paar Schritte getan, als sein linker Fuß auf etwas Feuchtem wegrutschte. Er knickte um, stöhnte auf und ging zu Boden.

Für einen kurzen Moment vergaß er die nahende Bedrohung. Was für ein Tölpel er doch war, in seinem eigenen Erbrochenen auszurutschen. Ein heftiger Schmerz flammte in seinem Knöchel auf und als er dort hinfasste, spürte er, dass das Gelenk bereits anschwoll.

»Du musst aufstehen, Kjell. JETZT!« Johan streckte ihm die Hand entgegen. Kjell ergriff sie und ließ sich von ihm hochziehen.

»Kannst du gehen?« Johans Blick flog zwischen Kjells Fuß und seinen Augen hin und her.

Kjell machte einen vorsichtigen Schritt und verzog das Gesicht. Er konnte nicht sagen, was mit seinem Fuß war, aber ihn zu belasten, schmerzte ungemein.

Johan zögerte einen Moment, dann schlang er sich Kjells Arm um die Schulter und stützte ihn. Kjell wagte einen Blick zu den schwarzen Schwaden, die ihnen viel zu nahe gekommen waren, dann humpelte er an Johans Seite tiefer in die Höhle. Von Birger, Henrik und Ville war nichts mehr zu sehen. Sie waren alle weg. Alle bis auf Johan. Kjell warf ihm einen verstohlenen Blick zu. Egal, wie sehr Johan sich in letzter Zeit von ihm zurückgezogen hatte – jetzt, da es darauf ankam, war er da. Er, Kjell, hatte sich getäuscht. Sie waren doch richtige, echte Freunde.

Schweigend humpelte er neben ihm durch die Höhle, vorbei an dem Seitengang, in dem das heiße Wasser stand, immer auf den oberen Stollen zu. Von dort ging es bergauf und es stand außer Frage, dass sie noch langsamer werden würden. Zumindest konnte er sich weiter auf Johan stützen: Seite an Seite passten sie gerade so in den schmalen Gang. Ihre Schultern schrammten zwar an den Steinwänden entlang, doch Kjell achtete kaum darauf.

Ein unerwartetes Geräusch ließ Johan und ihn herumfahren. Sie hörten es beide, doch das ließ das Geräusch nicht weniger merkwürdig klingen. Es kam aus einiger Entfernung und drang lediglich gedämpft zu ihnen, aber Kjell glaubte dennoch, es eindeutig benennen zu können. Es hörte sich an, als ob jemand durch Wasser watete.

Aber das war natürlich ganz und gar unmöglich. Seine Ohren spielten ihm einen Streich, es konnte nicht anders sein. Kjell lauschte abermals – und nun waren aus der anderen Richtung, irgendwo über ihnen, deutlich Schritte zu vernehmen. Immer lauter wurden sie, vermischten sich mit Wortfetzen, die gleichfalls immer deutlicher an sein Ohr drangen. Kjell hatte keine Mühe, die Stimmen zu erkennen – es waren Ragnar und seine beiden Aufseher. Doch waren da nicht auch neue Geräusche hinter ihnen? Es klang beinahe so, als würde dort jemand langsam, aber unaufhörlich Steine aufeinanderschlagen. Viele Steine.

Kjell hatte immer wieder mal Geräusche wie diese gehört, wenn er und die anderen Jungen ihre Hämmer und Meißel für ein paar Minuten beiseite legten. Stets hatte er die Geräusche für den Nachhall ihrer eigenen, ohrenbetäubenden Arbeit gehalten. Aber nun war er sich da plötzlich nicht mehr so sicher.

»Wollt ihr mir denselben Schwachsinn erzählen?« Auf einmal war Ragnar bei ihnen und packte sie an den Kitteln. »Giftiger Dampf, der aus einer Felsspalte strömt!?«

»Nein, kein Dampf«, antwortete Johan, »etwas viel Gefährlicheres!«

»Ich warne euch!« Ragnars bärtige, schwitzende Fratze kam ihnen viel zu nahe. »Wenn ihr mir einen Bären aufbindet …« Er funkelte sie bedrohlich an, dann ließ er ihre Kittel los. »Weiter!«, wandte er sich an die beiden Aufseher. »Ich will mich mit eigenen Augen überzeugen!« Er schob Kjell und Johan unsanft aus dem Weg und zwängte sich an ihnen vorbei, seine Aufseher im Schlepptau.

An die Felswand gedrängt, schaute Kjell einen Moment lang zu, wie die drei bergab liefen, den schwarzen Schwaden entgegen, von denen hier oben noch nichts zu sehen war. Dann nahm Johan erneut seinen Arm, legte ihn sich um die Schulter und sie gingen weiter. Ein Schrei ertönte, aber Kjell erschrak nur kurz. Ragnar musste bemerkt haben, dass sie ihm keinen Bären aufgebunden hatten. Und den rasch lauter werdenden Schritten nach zu urteilen, waren er und seine Spießgesellen schlau genug, kehrtzumachen und die Beine in die Hand zu nehmen.

Kjell und Johan drückten sich an die Wand. Die Männer eilten an ihnen vorbei, Entsetzen in die Gesichter geschrieben.

»Lauft, Jungs!«, keuchte Ragnar ohne anzuhalten. »Der Tod ist uns auf den Fersen!« Er und seine Männer stürzten vorwärts und verschwanden hinter einer Biegung des Stollens.

Kjell hatte nicht eine Sekunde lang daran geglaubt, dass Ragnar ihnen helfen würde, aus dem Stollen zu gelangen. Doch zumindest hatte er ihnen eine Warnung mit auf den Weg gegeben. Eine zugegebenermaßen überflüssige Warnung, aber dennoch – der Anblick der schwarzen Schwaden musste Ragnar mehr geängstigt haben, als Kjell es erwartet hatte. Oder war es etwas anderes gewesen, das Ragnar solch einen Schrecken eingejagt hatte? Je mehr die Schritte von ihm und seinen Begleitern verklangen, umso lauter wurden die Geräusche in Kjells Rücken. Immer deutlicher wurde die knirschende Melodie von Stein, der auf Stein traf, immer im selben Takt, lauter und lauter.

Und da war noch ein Geräusch, das ebenfalls anschwoll. Es klang, als würde jemand summen. Nein, nicht jemand. Viele.

Auch Johan wurde immer nervöser, während Kjell an seiner Seite weiterhumpelte. Immer wieder blickten sie sich um, und dann, beim wer weiß wievielten Mal, sah Kjell den Tod, der ihnen auf den Fersen war.

Er war grau wie Asche, breit wie der Stollen und so groß, dass er gebückt gehen musste. Doch dann hob er seinen Kopf und einen Moment lang glaubte Kjell, dass er einen Helm trug. Aber es war gar kein Helm, sondern ein steinernes Gesicht, so steinern wie der Rest der Kreatur, seltsam und schrecklich, ohne Mund und Nase, aber mit runden, violetten Augen, die über keine Lider verfügten und keinerlei Gefühlsregung erkennen ließen.

Kjell gefror das Blut in den Adern. Und wenn er sie auch nicht sehen konnte, so hörte und wusste er dennoch, dass hinter dem grauen Riesen noch viele weitere seiner Art kamen und er ihnen mit seinem verletzten Fuß unmöglich entrinnen konnte.

Er würde sterben, hier in diesem Stollen, genau wie Gunnar, Erik und Bjarne. Doch es würden nicht die giftigen Schwaden sein, die ihm den Tod brachten, sondern etwas noch Unglaublicheres und ungemein Entsetzlicheres.

1

Elin lag auf dem Rücken, das Rehfell bis unters Kinn gezogen, und blickte zu den Spinnennetzen, die sich zwischen rußigen Dachbalken spannten. Vielleicht, dachte sie und richtete sich leise gähnend auf, vielleicht war es mal wieder an der Zeit, ein wenig sauber zu machen.

Aufräumen jedoch würde sie, wenn überhaupt, nur ihre eigenen Dinge. Gewiss nicht die aus einem Schafknochen gefertigte Flöte, den an der Wand lehnenden Bogen aus Eschenholz und das von einer Truhe gefallene Haarband, grün wie Birkenblätter im Frühling. Elin war von ihrer Familie nichts geblieben außer Gegenständen und Kleidungsstücken: Ein erbärmlicher Ersatz für die Menschen, die sie vermisste, aber zumindest sorgten die Flöte ihres Bruders, der Bogen ihres Vaters und das Haarband ihrer Mutter dafür, dass Elin sich an sie erinnerte.

Das Langhaus ihrer Familie war alles andere als groß und doch fühlte sich Elin verloren darin. Sie war froh, dass sie hin und wieder Gesellschaft hatte, so wie am gestrigen Abend und in der Nacht. Jonna und Brandur schliefen noch, das kleine Mädchen zu ihrer Linken, der nicht viel ältere Junge zu ihrer Rechten. Elin hatte sich bewusst zwischen sie gelegt, denn auch sie konnte etwas Nähe und Wärme vertragen. Bedacht darauf, die beiden nicht zu wecken, schälte sie sich aus den Fellen, stieg aus dem Bett und umkurvte die auf dem Lehmboden verteilten Holzmurmeln. Jonna und Brandur hatten sie liegen gelassen, als sie ihres Spiels überdrüssig geworden waren, und Elin hatte sie nicht zum Aufräumen angehalten. Es gefiel ihr, dass Leben im Haus war und das Haus auch nach Leben aussah. Und es gefiel ihr, dass wieder jemand Murmeln gegen Truhen und Töpfe scheppern ließ, genau wie Kjell, Johan und sie es früher getan hatten. Ihre Eltern hätten ihnen niemals erlaubt, nach dem Spielen alles stehen und liegen zu lassen. Aber Elin war nicht Jonnas und Brandurs Mutter. Sie war noch nicht einmal ihre große Schwester, auch wenn sie sich manchmal durchaus so fühlte.

Sie blickte auf Jonnas struppigen roten Haarschopf, der unter einem gegerbten Hirschfell hervorspitzelte und den jemand ungleichmäßig und laienhaft geschnitten hatte. Dieser Jemand war sie. Sie hatte sich nicht darum gerissen, sie schnitt ja noch nicht einmal ihr eigenes wildes Haar, aber Jonna hatte tagelang gebettelt und am gestrigen Nachmittag hatte Elin endlich nachgegeben.

Auf der anderen Seite des mit einem Strohsack gefüllten Betts schlief mit offenem Mund Brandur und zeigte die Zahnlücken, auf die er so stolz und die jüngere Jonna so neidisch war.

In Kyrfjall war noch nie ein Kalender geführt worden, weswegen niemand im Dorf mit Bestimmtheit sagen konnte, wann ein Jahr endete und ein neues begann. Und so konnte auch niemand den Tag nennen, an dem er oder sie das Licht der Welt erblickt hatte. Alles, was sie wussten, war, in welcher Jahreszeit sie geboren waren: Elin und Kjell während der Birkenblüte, Brandur in den Tagen der Herbstwinde, Jonna zur Zeit der Schneeschmelze. Sie musste sich noch einige Monde gedulden, bis sie ihrem besten Freund an Jahren gleichkam. Doch was sie noch viel mehr fuchste: In ihrem Mund wackelte bislang rein gar nichts.

Im Haus war es kühl und so war auch das Wasser in der tönernen Kanne eiskalt. Elin trank es in kleinen Schlucken, kleidete sich rasch an und steckte sich ein Stück altes, hart gewordenes Brot in die Tasche. Am Nachmittag würden sie frisches backen, aber erst einmal hatte Elin anderes zu erledigen. Sie nahm ihren Bogen, leichter und kleiner als der ihres Vaters, aus entrindetem Haselnussholz geschnitzt und mit einer Sehne aus Leinenfasern, hängte den Köcher über die Schulter und trat aus dem Haus.

Die Bäume waren mit Raureif geschmückt und der Bach, der sich mitten durchs Dorf schlängelte, fror bereits von den Rändern her zu. Elin sprang auf die andere Seite und blickte zum Berg, der in einen wolkenverhangenen Himmel aufragte: Auf dem Vallan Paik fiel vermutlich schon der erste Schnee des Winters und auch hier unten, im Tal, würde er nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Es war nicht besonders früh am Morgen, doch außer Elin schienen nur die Hühner wach zu sein – und Solveig und Einar, aus deren Häusern Rauch aufstieg. Die Kinder hingegen kamen, seit ihre Väter und Mütter nicht mehr in Kyrfjall lebten, morgens immer erst spät aus den Betten, was natürlich damit zusammenhing, dass sie abends erst spät in sie hineinstiegen: Einer der wenigen Vorzüge, die ein Leben ohne Eltern mit sich brachte.

Etwa anderthalb Jahre dauerte der Krieg zwischen Jorland und Fjerig nun schon an. Und so lange war es auch her, dass König Larus die Väter holen lassen hatte. Vor etwas mehr als einem Jahr waren dann die Mütter zum Hilfsdienst eingezogen worden und zum Ende des vergangenen Winters hatte es schließlich auch Kjell und Johan erwischt. Elin vermisste sie. So gern sie Jonna, Brandur und die meisten der Kinder Kyrfjalls mochte – sie sehnte sich nach Gesprächspartnern ihres Alters. Genau genommen war Kjell zwar nie besonders gesprächig gewesen, aber sie hatten sich stets auch ohne viele Worte verstanden.

Laut ihren Eltern waren sie beide mit hellblonden Haaren zur Welt gekommen: Erst Elin, kurz darauf Kjell – und in Wollwindeln gepackt seien sie nicht auseinanderzuhalten gewesen. Mit der Zeit war ihrer beider Haar immer dunkler geworden und mittlerweile war es längst braun, so braun wie ihre Augen, und Elin fand, dass Kjell und sie sich kaum mehr ähnlich sahen. Aber natürlich war da das Muttermal, ihrer beider Muttermal. Reflexartig strich Elin über den Leberfleck unweit ihres Mundes, gleich neben der Unterlippe. Sie mochte diesen Fleck nicht, fand, dass er wie ein brauner Pickel aussah und ihr Gesicht verunstaltete. Kjell hatte dasselbe Muttermal, an beinahe derselben Stelle, nur einen Fingerbreit tiefer: Eine Laune der Natur. Ein seltsamer Zufall. Oder, wie Solveig sagte, ein Zeichen ihrer Verbundenheit. Elin wünschte sich, dass die Dorfälteste recht hatte. Tatsächlich waren Kjell und sie sich stets nahegestanden, von klein auf bis zu ihrer plötzlichen Trennung an dem Tag, an dem der Schnee geschmolzen war.

Elin ließ das Dorf hinter sich und erreichte einen ihrer Lieblingsorte. Noch umrandete grünes Gras die heiße Quelle, von der wie eh und je weißer Dampf aufstieg. Doch selbst der bald zu erwartende Schnee würde respektvollen Abstand halten zu dem herrlich warmen Wasser, in dem Elin erst gestern gebadet hatte. Ihre Haare, die schon lange keinen Kamm mehr gesehen hatten, rochen noch nach dem Schwefel des Tümpels – und sie würden beständig so riechen, jetzt, da es kälter und kälter wurde und Elin Wärme immer dringender nötig hatte.

Sie hielt auf das Gerstenfeld zu, von dem so spät im Jahr nicht mehr als eine Stoppelwiese übrig war. Ein Gerstenfeld nur mit einer kleinen Schar Halbwüchsiger abzuernten, war fraglos einer der vielen Nachteile, die ein Alltag ohne Eltern mit sich brachte. Aber das war nun mal ihr Los, denn die einzig verbliebenen Erwachsenen im Dorf, Solveig und Einar, waren zu alt für anstrengende, körperliche Arbeit. Elin bückte sich, befühlte einen der kurzen, schmutzig gelben Halme. Er war steifgefroren, ein weiteres Zeichen, dass der Herbst endgültig vorbei war.

Entschlossen lenkte sie ihre Schritte in Richtung Waldrand. Der Ertrag des Gerstenfeldes würde die verbliebenen Bewohner Kyrfjalls durch den Winter bringen und ihnen ermöglichen, ausreichend Brot zu backen. Doch natürlich brauchten die Mädchen und Jungen eine ausgewogene Ernährung und zu der gehörte auch Fleisch, hin und wieder zumindest. Es war Elin, die welches besorgte, nicht nur für die Kinder, vor allem auch für Ragnar, der in regelmäßigen Abständen nach Kyrfjall kam und sich mit Vorräten eindeckte.

Elin mochte den Mann nicht, unter dessen Fuchtel Kjell und Johan standen, aber sie verstand, dass sie ihm gehorchen musste. Tat sie es nicht, würde Ragnar sie rasch zum Hilfsdienst verdammen und wer weiß wohin schicken – mit ihren vierzehn Jahren musste sie jederzeit damit rechnen. Sie war die Älteste in Kyrfjall, abgesehen von Solveig und Einar, und das konnte sie nur bleiben, wenn sie tat, was Ragnar von ihr erwartete. Elin war nicht stolz darauf, doch sie hatte stets besser mit dem Bogen umgehen können als Kjell oder Johan.

Ihre Augen suchten den Berg. Obwohl sich der Stollen nicht weit vom Dorf befand, war es Kjell und Johan nicht ein einziges Mal erlaubt worden, Kyrfjall einen Besuch abzustatten. Elin hatte sie nicht mehr gesehen seit dem Tag, an dem der Frühling Einzug gehalten hatte. Im Sommer hatte sie allein den Weg zum Waldsee auf sich genommen. Sie hatte allein Kaulquappen gefangen und allein zugesehen, wie sie in ihren mit Wasser gefüllten Händen schwammen. Und sie war allein von der Schaukel gesprungen, die sie an einer alten Birke aufgehängt hatten, an einem weit übers Wasser ragenden Ast, von dem sich die Rinde ringelte. Aber all das hatte allein viel weniger Spaß gemacht als mit Kjell und Johan. Einmal war sie mit Jonna und Brandur gegangen, ein anderes Mal mit Johans Schwester Runa und deren Freundin Edda. Doch Jonna und Brandur hatten ob des langen Marsches gequengelt und Edda war weder ein Freund körperlicher Anstrengung noch von Unternehmungen zu dritt.

Und so ging Elin seitdem nur noch allein in den Wald, und fast nur noch, um zu jagen. Meist ging sie in der Dämmerung – jedenfalls, wenn sie ein Reh oder einen Hirsch zu schießen gedachte. Doch wie Ragnar bei seinem letzten Besuch deutlich gemacht hatte, stand ihm der Sinn nun nach Hasenfleisch und Hasen schoss man, wie Elin wusste, am besten bei Tage, auf Feldern oder am Waldrand. Ihr Vater war Kyrfjalls bester Jäger gewesen, hatte sie und Kjell unzählige Male zur Jagd mitgenommen. Er hatte ihnen beigebracht, Bögen zu bauen, Tierspuren zu lesen, sich anzupirschen und zu schießen. Auch wie man erlegte Tiere ausnahm und häutete, wie man Fleisch haltbar machte, Felle reinigte und gerbte, wusste Elin von ihm. Ihre Mutter hatte sie nicht weniger wichtige Dinge gelehrt: Schafe zu scheren, Wolle zu spinnen, Kleidung zu stricken, Mehl zu mahlen, Brot zu backen und vieles, vieles mehr. Damals hatte Elin geschimpft ob all der Dinge, die ihre Eltern sie und Kjell lernen ließen. Mittlerweile war sie dankbar für deren Beharrlichkeit. Denn mittlerweile, ohne Eltern, waren all diese Fertigkeiten überlebenswichtig geworden.

Aus dem Graben neben dem Gerstenfeld hoppelte ein stattlicher Hase. Elin nahm den Bogen von der Schulter, legte einen Pfeil auf die Sehne, spannte und wartete, dass der Hase innehielt. Dann schoss sie. Es tat ihr leid um den Hasen. Es tat ihr leid um jedes Tier, das sie erlegte. Aber, wie ihr Vater zu sagen pflegte: Im Zweifel stand das Wohl von Menschen über dem von Tieren.

Das Blut des Hasen färbte die Getreidestoppeln bereits rot. Elin zog den Pfeil aus dem toten Tier und schulterte es. Eine Schneeflocke fiel auf ihren Handrücken. Eine weitere landete sanft auf ihren Wimpern. Elin schloss die Augen, legte den Kopf in den Nacken und machte den Mund auf. Es dauerte nicht lange und sie schmeckte Schnee auf der Zunge.

Der Winter war da – und anders als in ihrem Mund würde der Schnee in Jorland lange nicht schmelzen.

Als Elin zum zweiten Mal an diesem Tag über den Bach sprang, war Kyrfjall zum Leben erwacht. Der erste Schnee des Winters hatte die Kinder aus den Häusern getrieben. Durchs Kreuzfeuer der Schneebälle huschten zwei ältere Mädchen, kicherten und schirmten ihre Gesichter mit zusammengerollten Wolltüchern ab. Sie konnten sie nur aus einem Grund mit sich tragen.

»Guten Morgen, Elin.« Runa lächelte.

»Guten Morgen. Seid ihr auf dem Weg zur heißen Quelle? Ausgerechnet jetzt, während der ersten Schneeballschlacht des Winters?«

Edda, die eben noch gekichert hatte, verzog nun verächtlich den Mund. »Schneebälle werfen ist was für kleine Kinder.«

»Ach ja? Letzten Winter hast du das noch nicht gedacht.« Elin erinnerte sich gut an das erbitterte und von viel Lachen begleitete Gefecht. Nicht nur sie selbst, Kjell und Johan waren mit Feuereifer dabei gewesen, sondern auch Runa und Edda. Doch jetzt, etwa ein Jahr später, zuckte Edda nur mit den Schultern und blies eine honigfarbene Haarsträhne aus dem Gesicht. Ihr Atemwölkchen hing einen Moment lang zwischen ihnen.

»Und du, Elin? Machst du mit?« Runa klang hoffnungsvoll. So als brauchte sie nur einen Anstoß. Jemanden, dessen Beispiel sie folgen konnte.

Elin fühlte sich keineswegs zu alt, um Schneebälle zu werfen. Aber Ragnar würde bald ins Dorf kommen und er würde Fleisch erwarten.

»Ich kann nicht. Ich muss diesen Hasen häuten und ausnehmen.«

Runa wirkte enttäuscht. »Brauchst du Hilfe?«

»Ich bin mir sicher, Elin kommt zurecht. Nicht wahr, Elin?« Edda lächelte, aber Elin ließ sich nicht täuschen. Sie wusste, was dieses Lächeln bedeutete. Runa ist meine Freundin. Meine. Und nur weil du, Elin, keine Freunde mehr hast, brauchst du nicht auf die Idee kommen, mir meine Freundin wegzunehmen.

Einen Moment lang hatte Elin Lust, Edda vor den Kopf zu stoßen und Runas Angebot anzunehmen. Sie mochte Johans Schwester und das nicht nur wegen ihrer Hilfsbereitschaft. Runa hatte es nicht leicht gehabt, auch nicht zu den Zeiten, als sie noch Eltern um sich gewusst hatten. Lange Zeit war sie kränklich gewesen, womöglich weil sie zu früh zur Welt gekommen war, zur Zeit der Gerstenernte, anstatt, wie von ihren Eltern erwartet, an den Tagen, an denen die ersten Blätter fielen. Elin konnte sich nicht an Runas Geburt erinnern, dafür war der Altersunterschied zwischen ihnen zu gering. Aber sie erinnerte sich, dass Runa nur selten an ihren Spielen beteiligt gewesen war. Dass sie das Bett hatte hüten müssen, sogar im Frühling und Sommer, wenn Johan, Kjell und sie barfuß durch die Wiesen gelaufen waren.

Mittlerweile war Runa zwölf und nicht häufiger krank als die anderen Kinder Kyrfjalls. Doch sie war noch immer schmächtig, fast schon hager und das auch an Stellen, an denen Mädchen irgendwann nicht mehr hager sein wollten. Vor allem, wenn sie jemanden wie Edda zur Freundin hatten.

Edda war ein halbes Jahr vor Runa geboren, im Winter, zur Zeit der Rauhnächte, und körperlich war sie Runa weit voraus. Wahrscheinlich ließ Edda das ihre Freundin auch spüren, denn sie war noch nie durch Bescheidenheit aufgefallen. In früheren Jahren war sie stolz darauf gewesen, dass ihre Mutter Kyrfjalls Skeldr war, das von den Bewohnern auserkorene Dorfoberhaupt. Doch nicht einmal der Titel des Skeldr hatte Eddas Mutter vor dem Hilfsdienst bewahrt und seitdem bildete Edda sich nichts mehr auf ihre Stellung, sondern nur noch auf ihr Äußeres ein. Mit ihren tiefblauen Augen und dem honigfarben glänzenden Haar war sie schon als kleines Kind hübsch anzusehen gewesen. Nun, da ihre Figur nicht länger die eines Kindes war, schien ihr Selbstbewusstsein noch einmal sprunghaft gestiegen zu sein. Für Elins Geschmack gab in der Freundschaft zwischen Runa und Edda zu oft das ältere, körperlich weitere Mädchen den Ton an. Und zu oft steckte das unscheinbarere, geistig reifere Mädchen zurück. Dennoch war nicht zu leugnen, dass die beiden eine enge Freundschaft verband. Elin beneidete sie darum. Vermutlich wussten Runa und Edda gar nicht, wie kostbar es war, jemanden im selben Alter zu haben, dem man sich anvertrauen und mit dem man über alles reden konnte. Und auch wenn es Elin missfiel, dass Edda ihre Freundin ein Stück weit als ihr Eigentum zu betrachten schien, so wollte sie sich tatsächlich nicht zwischen die beiden drängen.

»Danke, Runa, aber geh ruhig mit Edda zur heißen Quelle«, sagte sie also. »Ich komme zurecht.«

Edda lächelte hübsch, nahm Runa bei der Hand und zog sie mit sich. Elin blickte ihnen einen Moment hinterher, ehe ihre Aufmerksamkeit von den krakeelenden Kindern gefangen genommen wurde. Vor allem von dem Mädchen, das den wenigen Schnee auf dem Boden mit bloßen, roten Fingern zusammenkratzte. Jonna trug weder Handschuhe noch Mütze oder Schal. Unvermittelt klatschte ein Schneeball gegen ihren verschnitten aussehenden Hinterkopf und rutschte von dort in den Spalt zwischen Mantelkragen und Nacken. Jonna heulte auf. Das Grinsen des Jungen, der den Schneeball geworfen hatte, wurde breiter. Elin seufzte. Sie hasste Momente wie diesen, wenn sie eines der Kinder Kyrfjalls ermahnen musste. Aber vor allem hasste sie es, Floki zu ermahnen. Sie hatte es schon viel zu oft getan. Und fast nie zeigte es Wirkung.

»Floki! Wenn du schon auf Jonna wirfst, dann ziel’ zumindest tiefer. Und hör auf zu grinsen! Entschuldige dich lieber!«

»Dann musst du dich aber auch bei ihr entschuldigen. Dafür, was du mit ihren Haaren gemacht hast.«

Elin hätte am liebsten in den Schnee gegriffen und Floki eingerieben. Ihm das Grinsen aus dem Gesicht gewischt. Aber natürlich durfte sie das nicht. Natürlich musste sie sich beherrschen. Ein gutes Vorbild abgeben. Den Kindern vorleben, dass man Konflikte anders löste. Ohne Gewalt und ohne jemanden mit Schnee einzureiben. Elin war nicht gern die Älteste unter den Mädchen und Jungen Kyrfjalls. Die Vernünftige. Das Vorbild, das sie laut Solveig sein musste und das die ihrer Eltern beraubten Kinder so dringend nötig hatten. Elin hätte viel dafür gegeben, diese Rolle abzutreten. Und sie hätte manches dafür gegeben, eine Antwort auf Flokis patzige Erwiderung parat zu haben.

Brandur hatte sie. Ausgerechnet Brandur, der nicht einmal halb so alt war wie sie.

»Elin sollte dir mal die Haare schneiden!«, schleuderte er Floki entgegen. »Dann siehst du vielleicht endlich nicht mehr wie ein Mädchen aus!«

Das war nicht die Art Worte, die Solveig von Elin erwartet hätte, aber sie blieben nicht ohne Wirkung. Sie wischten das Grinsen aus dem Gesicht des Jungen, der für seine elf Jahre eher klein gewachsen war und sein aschblondes Haar so lang trug, dass es ihm bis über die Schultern fiel. Wie ein Mädchen sah Floki dennoch nicht aus, dafür war sein Kinn zu kantig, sein Blick zu stechend und seine Arme zu kräftig. Dennoch schien Brandur einen wunden Punkt getroffen zu haben, denn vermutlich war auch Floki nicht frei von Selbstzweifeln – genau wie alle anderen Heranwachsenden, die Elin kannte, von Edda einmal abgesehen.

Zornig funkelte Floki Brandur an. Der kleine Junge würde für seine Erwiderung büßen müssen, war sich Elin sicher, und das nicht unbedingt nur mit Worten. Floki ging immer wieder grob mit den jüngeren Kindern um, trieb sie in die Ecke und machte sich einen Spaß daraus, ihnen Angst einzujagen. Seit er täglich Holz hacken musste, waren seine Arme stark und muskulös geworden. Seine fiese Ader hatte er hingegen schon früher entwickelt, bald nachdem sein Vater an einer schweren Lungenentzündung gestorben war. Elin glaubte, dass Flokis Gemeinheiten auch ein Ausdruck seiner Wut und seines Schmerzes waren, denn sie hatten weiter zugenommen, als seine Mutter zum Hilfsdienst eingezogen worden war. Von seiner Familie war Floki nur sein jüngerer Bruder Dagur geblieben, der ihm zumindest äußerlich sehr ähnlich war. Die beiden steckten ununterbrochen zusammen, auch jetzt, während des ersten Schnees des Winters. Doch während Dagur Schneebälle gegen Birkenstämme warf, feuerte Floki Unheil verheißende Blicke ab.

Brandur bemerkte sie nicht. Er wischte Jonna die Tränen von den Wangen, verschmierte Rotz und Schnee auf ihnen. Der Eltern beraubt, war Jonna Brandurs ein und alles. Und wenngleich sich die beiden mitunter leidenschaftlich kabbelten und zankten, waren sie beide felsenfest überzeugt, dass sie später einmal heiraten würden. Elin konnte sich vorstellen, dass es tatsächlich so kommen würde. Sie kniete sich neben die beiden, fischte Jonna den Schnee aus dem Nacken und knöpfte ihre Jacke bis oben hin zu.

»Es ist jetzt Winter«, sagte sie, bemüht, nicht vorwurfsvoll zu klingen. »Da muss man sich entsprechend anziehen. Mütze, Schal, Handschuhe.«

»Floki hat auch keine Mütze auf«, antwortete Brandur an Jonnas Stelle.

Ja, aber Floki sollte nicht euer Vorbild sein, dachte Elin. »Wenn ihr krank werdet«, sagte sie stattdessen, »habt ihr nichts vom Schnee. Also zieh dich entsprechend an, Jonna.« Elin zog sie vom Boden hoch und schubste sie sanft in Richtung ihres Langhauses. Brandur begleitete sie und Elin winkte Solveig, die auf ihren Stock gestützt neben der Holzbeuge vor ihrem Haus stand. Solveig winkte nicht zurück. Vielleicht brauchte sie ihre freie Hand, um sich festzuhalten, vielleicht hatte sie Elins Gruß auch gar nicht bemerkt, denn ihre Augen waren nicht mehr die besten. Noch schlechter war es um ihre Beine bestellt und selbst ihre Hände hatte Solveig manchmal nicht mehr richtig im Griff. Trotzdem kochte, backte, strickte und nähte sie meist von früh bis spät, erpicht darauf, ihren Teil dazu beizutragen, dass der klägliche Rest Kyrfjalls über die Runden kam. Gerade mal zehn Menschen lebten noch im Dorf. Bevor der Krieg begonnen hatte, waren es mehr als doppelt so viele gewesen.

Elin ging zu dem frei stehenden, aus Buchenholz gezimmerten Arbeitstisch, legte Bogen und Köcher ab und fing an, dem erlegten Hasen das Fell abzuziehen. Es würde sich gut als Pelzfutter machen und davon konnte man nie genug haben in einem Dorf voller Kinder, die die lästige Angewohnheit hatten, ihrer Winterkleidung mir nichts, dir nichts zu entwachsen – Elin selbst war in dieser Hinsicht keine Ausnahme.