Schneestill - Anna Stern - E-Book

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Anna Stern

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Beschreibung

Im winterlichen Paris begegnet der Student Roel in einer Bar der geheimnisvollen Théa, deren melancholische Erscheinung ihn nicht mehr loslässt. Kurz darauf erkennt er Théas Gesicht in einem Zeitungsartikel über eine eben aus dem Gefängnis entlassene Kindsmörderin wieder. Da ihm die Geschichte nicht mehr aus dem Kopf geht und er an der Schuld der jungen Frau zweifelt, will er der Wahrheit nachgehen. Roels Suche durch die schneebedeckten Straßen von Paris führt ihn zu einem herrschaftlichen Haus, wo er Théa auch tatsächlich wiedertrifft. Im Laufe eines kalten Winterabends gewinnt Roel schließlich Théas Vertrauen und erfährt ihre Version der Geschehnisse. Doch erzählt ihm Théa auch wirklich die Wahrheit? Handelt es sich bei diesem Mordfall um einen Justizirrtum oder versucht die junge Frau, mit einer faszinierenden Geschichte Roel für sich zu gewinnen?

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Seitenzahl: 220

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Anna Stern

SCHNEESTILL

INHALT

TEIL I

TEIL II

TEIL III

ANNA STERN

Geh nicht nach Hause,

geh nicht zurück,

dreh dich im Kreis

und verlier dich im Glück.

Doch das Gesagte dürfte genügen, darauf hinzuweisen, dass schon beim Gesunden die mannigfaltigsten Mischformen von Lüge und Irrthum vorkommen können, dass aber dieses Symptom in einzelnen Fällen eine durchaus pathologische Höhe erreichen kann, wo man dann eher von einer Mischform von Lüge und Wahnidee oder Erinnerungsfälschung sprechen würde.

Anton Delbrück, Die pathologische Lüge

und die psychisch abnormen Schwindler, 1891

TEIL I

Schon seit Stunden saß Roel Kalman an dieser Bar, in einem kleinen, verkommenen Bistro, irgendwo in einer der dunklen Gassen, von denen es am Fuß des Montmartre so viele gibt. Es war ein Montag, später Nachmittag zuerst, früher Abend dann, der Tag ging unaufhaltsam der Nacht entgegen. Er trug keine Uhr, hatte noch nie eine getragen. Weshalb, wusste er nicht.

Er hatte Urlaub. Manchmal dehnte sich die Zeit und manchmal schrumpfte sie, doch immer gehörte sie ihm ganz allein.

Vor den Fenstern schneite es in dichten Flocken, doch noch war von dem Wintersturm, der vorhergesagt worden war, nichts zu sehen. Im Bistro war es warm, vielleicht der schweren Vorhänge vor Fenstern und Türen wegen, die neben der Kälte wohl auch alle anderen Unannehmlichkeiten der Außenwelt auf Abstand halten sollten. Für die wenigen Gäste, wortkarge, einsame Männer, die alle Roels Großväter hätten sein können, schien abgesehen von den Kreisen, die sie mit ihren Gläsern auf die Tische zeichneten, jedoch ohnehin nichts zu existieren. Nur der glatzköpfige Wirt bewegte sich in diesem Lokal, wiegte sich auf seinen müden, vom langen Stehen angeschwollenen Beinen schwerfällig hin und her, wenn er nicht gerade einem Gast die Bestellung an den Tisch brachte. Jetzt stellte er ein weiteres Glas Bier vor Roel auf den Tresen und begann dann, in roboterhafter Manier mit einem schmutzigen Lappen über die Zapfhähne zu wischen.

Roel beobachtete ihn einen Moment, folgte den langsamen, bedächtigen Bewegungen und registrierte die schlierigen Schatten, die der Lappen auf dem Chromstahl zurückließ. Als hätte er den Blick gespürt, sah der Wirt von seiner Arbeit auf und Roel direkt in die Augen. Verlegen strich sich dieser das Haar aus der Stirn, blätterte schnell wieder in dem alten Canard enchaîné, der vor ihm lag, und überließ sich, wie die anderen Männer auch, dem Treiben seiner Gedanken, die alles wie feuchter Nebel umgaben.

Wie gerne hätte er sich mit jemandem unterhalten. Blöde Sprüche geklopft oder über Witze gelacht. Aber da war niemand, und je länger er hier saß, umso mehr verkümmerte die Welt um ihn herum, und bald gab es nichts mehr außer dem Glas, das er zwischen seinen Fingern hin- und herdrehte, und den Lichtern, die sich im Spiegel hinter der Bar vervielfachten. Das Bedürfnis, sich im warmen Gelb des Biers zu ertränken, wuchs mit jedem Schluck. Vielleicht wäre er besser direkt nach Hause gegangen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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