"Schnurzel felidae, fast erleuchtet" - Christiane Rieger - E-Book

"Schnurzel felidae, fast erleuchtet" E-Book

Christiane Rieger

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Beschreibung

Schnurzel, ein kleiner Kater, erobert das Leben. Frech, charmant und voller Ironie wandert er im Zyklus der Jahreszeiten, durchlebt in seinen Erinnerungen noch einmal kleine, aber auch große Augenblicke seines Lebens. Mit beinahe sicherem Kalkül bewundert er die eigenen Stärken, seine Laster werden dagegen nur sehr oberflächlich betrachtet. Menschliche Schwächen inklusive deren häufige Albernheiten entgehen dem Scharfblick des Katers keineswegs. Im Gegenteil, sie werden mit besonderer Aufmerksamkeit spitzfindig kommentiert. Die eigene Macht, persönliche Vorlieben für Leberwurst und Dosenfutter werden nicht umsonst hervorgehoben oder verklärt, denn dieser selbstbewusste "Halunke" sollte es eigentlich wissen ! Schließlich ist er gebildet, weise, großartig und: fast erleuchtet ! Leseprobe: In Maulis Nähe versuche ich in die Rolle des großen Zampano zu schlüpfen, streiche um sie herum, mache mich wichtig, trabe durch den Garten wie ein albern schmachtendes Pferd, tanze wie ein Blödian um sie herum, recke den Kopf in die Höhe, haue ihn mir dabei ganz jämmerlich an Ecken und Kanten an, balanciere, hüpfe, stolziere auf Balken, Steinen und Bäumen, mache mich zum absoluten Narren! Zusätzlich zeige ich ihr alle erlernten Kunststücke, bin rasant, verwegen, lustig, albern, schüchtern, charmant oder einfach umwerfend. Sämtliche Drüsen spielen verrückt! Während dieser Glanzleistungen schiele ich, auf Erfolg hoffend, zur Angebeteten hin! Bislang, so muss ich jedoch gestehen, zeigte mein Einsatz noch keine Wirkung. Mauli sitzt beobachtend in der Sonne, leckt dort in weiblicher Grazie elegant ihre Pfötchen, welche silbrig - weiß in der Sonne schimmern.

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Seitenzahl: 245

Veröffentlichungsjahr: 2016

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„Biografie“ eines Katers, von ihm selbst erzählt

Verlag Barbara Vogeley

DVO digital - visual acuity - optimal

Kiefersfelden

1. Auflage Januar 2017

Copyright © 2017 by Verlag Barbara Vogeley, Kiefersfelden

Umschlaggestaltung Design und Illustrationen: Ulrich Rieger

Technische Umsetzung: DVO Ing.-Büro Dieter Vogeley

ISBN 978-3-946970-00-2

www.dvoverlag.de

Für Dich

„Die Katze ist das einzige vierbeinige Tier,

das dem Menschen eingeredet hat,

er müsse es erhalten,

es brauche aber dafür nichts zu tun.“

Kurt Tucholsky

Inhaltsangabe

Vorwort7

Schnurzels Vorwort10

Frühling13

1. Intrada14

2. Geburt und Start ins Leben24

3. Die große Veränderung30

4. Ankunft40

5. Erziehungsmaßnahmen, oder: wer erzieht hier eigentlich wen?46

6. Kindsein53

7. Äußerlichkeiten61

8. Sturm und Drang68

9. Pace Factum72

Sommer77

1. Intrada78

2. Mauli87

3. Die angenehmste Nebensache der Welt: mein Frauchen92

4. Rituale, die Assistenz des Lebens98

5. Nachbars Hase oder: – soll ich Sportlehrer werden?103

6. Eine urlaubsbedingte Regeneration110

7. Über die Freundschaft123

8. Pace Factum127

Herbst132

1. Intrada133

2. Ich werde ein Yogakater142

3. Mein Lieblingskapitel oder: des Lebens schönster Brocken150

4. Verflixte Diät154

5. Geschichten von Mäusen und Menschen160

6. Meditation und Gedanken zum Sein165

7. Ein Tänzchen gefällig?169

8. Pace Factum176

Winter183

1. Intrada184

2. Hilfe! Menschen im Keller!192

3. Ein Fachbuch entsteht200

4. Schnurzulus - Technikuss209

5. Schneekoller215

6. Weihnachten222

7. Die Liebe und das Glück des Lebens231

8. Pace Factum237

Schnurzels Schlussgedanken245

Danksagung247

Glossar249

Vorwort

Mit dem bühnenreifen Auftritt Schnurzels, welcher so zufrieden und von sich überzeugt in die Wohnung stolzierte, veränderte sich mein Leben vollkommen. Ich würde die Zeit vor Schnurzel (v. Schn.) nicht unbedingt als bewegungs- oder aufregungsarm bezeichnen. Sein Einzug in damals noch meine Wohnung, steigerte jedoch alles um ein Vielfaches, multiplizierte sich in Buntheit, Freude, Glück und Durcheinander. Seit 12 Jahren sind wir 2 nun schon Partner auf einem gemeinsamen ‚menschlich-tierischen’ Lebensweg. Ich bin überzeugt davon viele Aspekte, Falten und Einstellungen seiner typisch schnurzelischen Katerpersönlichkeit zu kennen, glaube auch, jede Mimik, jeden Ton, jede Haltung, interpretieren zu können.

Wirklich?

Nun gut! Absolut sicher bin ich mir allerdings, dass es umgekehrt ganz bestimmt so ist!

Ich bin keine Katzenspezialistin!

Aber, ich bin Spezialistin für Schnurzel!

Vor unserer Begegnung (v. Schn.) war mein pädagogisches Denken darauf gerichtet jedem Geschöpf, also auch Katzentieren, erzieherisch begegnen zu können. Mit Beginn der Ära Schnurzel musste ich jedoch diesbezüglich entsprechend große Rückschläge, auch Niederlagen, hinnehmen, meine Katzenpädagogik sackte gnadenlos in sich zusammen.

Die Realität sah ganz anders aus!

Schnurzel erzog – und zwar mich! Hierbei ging er so subtil vor, dass selbst die größten Pädagogen noch von ihm lernen, - ja sogar die gesamte pädagogische Literatur umgearbeitet werden könnte.

Natürlich lässt sich Schnurzel erziehen, dass heißt immer dann, wenn es ihm selbst gerade in den Kram passt! Ist dem nicht so, dreht er den Spieß einfach um!

Seite 7

Das bedeutet, ich verlasse entweder vollkommen entwaffnet den Raum, erliege seinem Charme oder ergebe mich lachend. Alles andere hat keinen Wert, denn sonst setzt Schnurzel noch eines drauf und wälzt sich dabei genüsslich in dickster Häme!

Meine Erlebnisse mit diesem Burschen erzählte ich mit Begeisterung zunächst allen die es hören wollten oder auch nicht, welche mir zufällig vor die Füße stolperten oder jenen, die den Raum nicht verlassen konnten ohne unhöflich zu wirken.

Später verbreitete ich unaufgefordert die Abenteuer mit meinem Katertier selbst in Briefen an Freunde und Bekannte.

Zu meinem größten Erstaunen wurden diese Berichte nicht freundlich gelangweilt verweigert, im Gegenteil, die Nachfrage nach

„schnurzelischen“ Episoden ließ nicht nach. Ja meine „Opfer“ animierten mich sogar, alles in einem Buch einzufangen.

Zuerst wehrte ich mich gegen diese Vorstellung, aber wie es mit Gedanken immer so ist, sie krallten sich fest, wie Schnurzel in mein Bein!

Anfangs begann ich nur ganz zum Spaß die Begebenheiten in meinen Computer zu ‚bannen’, doch das Ganze verselbständigte sich und die vorliegende „Biografie“ wurde geboren!

Ich erinnere mich noch gut an Carola Müllers Warnung kurz vor Schnurzels Erscheinen. Du sprachst von der Raffinesse der ‚Sorte Felidae’, meintest auch: „Ein solches Tier in deinem Haus hat das uneingeschränkte Sagen. Vielleicht gestattet es dir sogar, dass du bei ihm mit wohnen darfst! Überlege dir gut die Konsequenzen!“

Wie recht du hattest!

Schnurzel und ich, wir haben uns aber mittlerweile arrangiert und in aller Freundschaft friedlich geeinigt!

Seite 8

Seine Selbständigkeit, die selbstverständliche Nutzung aller Freiheiten, alle Frechheiten, das Abenteurertum, die ausgeglichene Ruhe und fröhliche Begeisterung, seine Anmut, Schönheit und Cleverness, der Mut, die hilfreiche, zärtliche Aufmerksamkeit lässt mich Einblick erhalten in ein Wesen, welches ich vor unserer Begegnung nicht für möglich gehalten hätte.

Ich lerne täglich von ihm, erkenne zunehmend wie wichtig es ist nicht so vermessen zu sein und zu glauben, der Mensch alleine sei die Krönung der Schöpfung.

Oh nein!

Wer das behauptet ist Schnurzel, oder einem Kumpel von ihm, noch nie begegnet!

Alles ist Meisterwerk göttlichen Seins!

Mittlerweile bin ich sogar bereit selbst das scheinbar Unmögliche zu akzeptieren!

Durch Schnurzel konnte ich viel erfahren. Über ihn, über mich, über die Natur mit seinen großartigen Geschöpfen. Ich durfte begreifen wie bereichernd für uns Menschen der Kontakt mit dem Tier sein kann, wenn er in Liebe und Achtung erfolgt. Das was ich erhalten habe, auch immer noch bekomme, sind so einzigartige Geschenke wie ich sie mir nie habe erträumen können!

Danke geliebter Weggefährte!

Ich wünsche uns beiden noch unermesslich viel Spaß, gemeinsame Zeit und Euch, liebe Leserinnen und Leser, erholsame, vergnügliche Stunden!

Seite 9

Schnurzels Vorwort

Wer glaubt, die Gattung der Felidae sei in ihrem Wissen vollkommen unterbelichtet, – geistig – meine ich, dem kann nur milde lächelnd ein mangelhaftes Verständnis, ja vollkommene Ignoranz attestiert werden!

Seit dem historischen Moment, in welchem wir uns einverstanden erklärten eine nützlich sinnvolle Partnerschaft mit der Gattung Homo sapiens einzugehen, war meine Rasse stets bemüht sich laufend zu adaptieren. Dies meine ich nicht nur bezogen auf Kontinente, Länder, klimatische Bedingungen oder menschliche Lebensgewohnheiten, inklusive ihrer individuellen Besonderheiten, Schrullen, blödsinnigen Angewohnheiten und hervorragenden Erfindungen (wie z.B. die Dose)!

Nein!

Felidae war stets an der Seite der Menschen, kraftvoll, vielseitig, intelligent, aber auch umsichtig! Jeden wesentlichen Entwicklungsschritt haben wir begleitet und überlebt, selbst wenn er noch so dusselig, ja auch abwegig war!

Philosophisch gesehen gehört meine Spezies schon seit Urzeiten zu den TOP Ten! Hierbei natürlich selbstverständlich auf Platz 2!

Platz 1 ist Gottvater selbst und seinen überirdischen Helfern vorbe-halten, danach kommen schon wir!

Nicht umsonst hatten früher Hexen, aber auch weise Frauen Katzen auf der Schulter!

Achtung, an dieser Stelle enthülle ich nun ein großes Geheimnis, welches in der Geschichte der Partnerschaft zwischen Mensch und Tier einmalig ist! Der Grund, dass wir auf der Schulter der sogenannten Weisen saßen war der, dass wir, ganz dicht an das jeweilig ungebildete Ohr geschmiegt, unser umfangreiches Wissen leise zuflüsterten! Die eigentliche Weisheit der Menschen bestand nur darin uns zuzuhören, unsere Kenntnis als vollkommen zu akzeptieren!

Seite 10

Später wurde dieser Umstand einfach geleugnet, der Homo sapiens erdichtete sich eine eigene Intelligenz. Natürlich ist das völliger Schwachsinn wie man an der menschlichen Entwicklung unschwer erkennen kann.

Nun, selbst diese tumpe Narretei und Untreue wurde von unserer Rasse gleichmütig zur Kenntnis genommen, ja sogar großmütig erduldet. Nicht umsonst vergötterte man Katzentiere im Pharao-nischen Reich!

Was historisch gesehen aber auch so alles los war!

Dürre, Hochwasser, Hungerperioden? - Felidae packte das locker!

Verbrannt, gefoltert in mittelalterlich dunkler Zeit? - Wir überlebten!

Menschliche Dummheit? - Wurde lässig verschlafen!

Von der Diktatur zur Demokratie? - War uns stets schnuppe!

Vom Frischfleisch zur Dose? - Wir ertrugen fast alles!

Noch immer wandle ich gerne mit historischem Sachverstand auf den geschichtlichen Pfaden der meisterhaften Felidaegattung, bedenke die Zusammenhänge und pflege ihre Traditionen.

Mein ‚ich’ beherbergt alle wichtigen Eigenschaften meiner Väter und Vorväter welche seit Generationen auf mich übertragen und in meiner Person quasi als das Beste herausdestilliert wurden.

Aber nicht alleine das Vermächtnis meiner Vorfahren macht mich zu dem Meisterwerk welches ich nun mal bin, sondern mein Wissen, jegliche Erkenntnis, entstand auch durch sehr viel eigene Erfahrung.

Gelebt oder erlebt, geschultert und gebuckelt, alles was ich bislang präsentierte wird nun in mein aktuell schnurzelisches Denken und Handeln eingebracht.

Seite 11

Ich lerne weiter, studiere die Wissenschaften, gebe nicht auf, befinde mich im innigen Verbund mit großartiger Literatur, brillanten Gedanken und bemerkenswerten Kapazitäten.

Damit schließt sich der Kreis meiner Betrachtung, das heißt: Felidae ist wirklich keine simple Gattung!

Nein!

Wir sind nicht nur Mäusevernichter, schlafende Salonlöwen, Schmusekatzen und Vertilger diverser Doseninhalte!

Natürlich sind wir das auch, - aber doch so vieles mehr!

Wenn Glorienscheine sichtbar wären, so müsste unsere Gattung herrlich vielfarbig leuchten!

Vor allem natürlich auch:

Ich !

Schnurzel !

Der Weisheit größter Quell und Tiefe !

Seite 12

Frühling

Seite 13

1. Intrada

Hurrah!

Frühling!

Die Sonne scheint!

Ich stürme hinaus!

Es ist wirklich herrlich! Ich finde, der Frühling hat’s so richtig in sich!

Da steigen die Säfte und Kräfte!

Sie locken, zucken derart intensiv durch meinen Körper, dass ich mich nach ausführlich lustvollem Strecken und Gebuckel energiegeladen nach draußen in die sehnsuchtsvolle Freiheit begebe.

Hach, wie gut es nach Frühling riecht!

Mit all meinen Sinnen spüre ich hinein in die laue Luft, jedes einzelne Schnurrhaar zittert erwartungsfroh.

Die Frühlingswalze rollt auf mich zu!

Immer stärker!

Sie kommt näher und näher!

Ich fühle das Rollen der Erde unter meinen Tatzen, das Zittern der Blumen welche wachsen, sich erheben zum Kreislaufs ihrer stetigen Erfüllung. Bäume recken sich, die in ihnen aufsteigenden Säfte murmeln. Herrlichste Vogelhappen jubilieren zwischen Knospen und Blättern in der Hoffnung, von mir gefressen zu werden!

Ich blinzle in die Sonne, - so ist das Paradies auf Erden!

Nun ist sie da diese Walze, überflutet und reißt mich mit sich!

Seite 14

Urplötzlich mit allen vier Pfoten gleichzeitig hochspringend, purzle ich ins Gras, überschlage mich mehrfach, flitze, sause, drehe mich um mich selbst, maunze dabei lautstark vor Freude und Lebenslust!

Dann liege ich ganz still auf der Lauer, nur der Schwanz peitscht vor Erregung! Nach eifriger Beobachtung von Ameisen, welche in mustergültiger Ordnung einen Bau errichten, stürme ich blitzartig an diversen Bäumen im Garten hoch, hänge dort (Frauchen meint

‚albern’) über Ästen, hopse und kralle nach Vögeln die aber im Moment leider noch nicht für meinen Magen bereit sein wollen.

Hinter Blumen versteckt jage ich geschwind Bienen und Schmetterlingen hinterher, tapse beglückt auf Käfern herum, kontrolliere, verfolge, entzücke mich an allem was krabbelt, sause manchmal aber auch zu Frauchen die gerade auf der Terrasse Blumen pflanzt, um sie zum Spiel zu animieren.

Ach ja, übrigens!

Mein Name ist Schnurzel!

Bin Kater der Gattung ‚Felidae germanikuss turbulenzus fidibus’!

Frauchen sagt, ich wäre der schönste Kater der Welt!

Ich meine, wenn sie Recht hat, hat sie Recht!

Frauchen bewundert mein glattes, seidiges Fell, nennt es grau mit einem herrlich schwarzen, fast tigerähnlichen Streifenmuster. Der Kopf hätte besonders hübsche Ohren welche am Ende kleine Haarbüschel aufweisen, als Erinnerung an meine großartigen Vorfahren, die wilden Verwandten! Sie sagt auch, meine riesigen Augen wären schwarz umrandet. Durch die lang auslaufenden Striche würde ich wie ein erhabener Pharao wirken, wenn dieser geschminkt war! Auf meiner Nase befinden sich zwei kleine Punkte wie Sommersprossen. Eine weiße Schnauze und eine ebensolche Kehle runden dieses grandiose Kunstwerk harmonisch ab! Vier weiße Pfoten, aber auch ein rot – weiß gemusterter Bauch deuten auf einen Glückskater hin!

Seite 15

Ich niese bestätigend.

Und nun bin ich hier!

Und ich lebe!

Und wie ich lebe!

Wo?

Vorrangig mit meinem Frauchen zusammen in einer großen Wohnung auf dem Land, mit Terrasse und allem, was selbstverständlich so dazugehört.

Bezüglich frühlingshaften Spielgenüssen, aber auch dringend notwendigem Futtererwerb, laufe ich tänzelnd leicht durch den Garten.

Das ganze Grundstück wird von einem Holzzaun umgeben. Einer seiner Pfosten ist mein täglicher, sonnenumfluteter Sitzplatz direkt an der Straße, bestens zu nutzen für regelmäßige Allgemein-informationen.

Auf dem Hochstand angekommen, brennt mir die Sonne warm auf das Fell. Hier, in dieser luftigen Höhe, erkenne ich immer wieder meine einzigartige Individualität. Während Pflanzen vor neugierigen Blicken schützen, ermöglicht der Standort dennoch einen Blick über die gesamte Umgebung, ich kann alles sehen, aber nur sehr aufmerksame Beobachter entdecken mich in diesem Versteck.

Menschen, Tiere, Sensationen, alles zieht an meinem Platz vorbei: langsam, gemächlich oder eilig, gehetzt, jedes nach seiner Art und Notwendigkeit.

Hunde zum Beispiel sehen mich überhaupt nicht oder erst dann, wenn ich selbst das Kapitel der vielfältigsten Handlungs-möglichkeiten vollständig ausgeschöpft, ja bereits gelangweilt abgeschlossen habe! Hunde besitzen Beobachtung gleich Null.

Seite 16

Sie führen ihre Nasen nur auf dem Boden der eigenen Tatsachen und verpassen damit häufig den echten Nerv des Lebens!

Ich gähne gelangweilt.

Ach schau an! Da hinten ist ja der alte Mann auf seinem alltäglichen Rundweg! Präzise wie ein Uhrwerk, immer die gleiche Zeit!

Mal sehen. -

Meist steuert er die kleine Bank gegenüber an, ich meine die welche dort unter dem Apfelbaum steht. Der alte Mann kommt näher. Direkt vor meinem Pfosten wendet er sich nach kurzer Verschnaufpause der anderen Straßenseite zu, um sich dort kraftlos auf die Bank fallen zu lassen. Sein Atem rasselt tief und laut, er hustet.

Na siehste!

Natürlich habe ich mal wieder recht!

Alles läuft wie vorhergesagt.

Kenne doch meine Pappenheimer!

Eigentlich müsste nun bald Kater Rumpel erscheinen. - Rumpel ähnelt in Verhalten und äußerem Erscheinungsbild dem Alten dort auf der Pritsche.

Genau! Da kommt der betagte Halunke schon um die Ecke! Wie auf Bestellung! Rumpel schaut zunächst sein befreundetes Pendant von unten an, springt dann aber rasch zu ihm auf die Bank. Der Alte betrachtet schmunzelnd seinen Kameraden und beginnt ihn zitternd zu streicheln, voller Zuneigung, ganz sacht. Rumpel wanzt sich während dieser Zeremonie auffallend gefühlvoll an den warmen Körper des Mannes an. Von solch maunzender Zuneigung ermuntert, berichtet der Alte dem Giernickel murmelnd einige Abschnitte seines Lebens. Rumpel hört dabei entspannt schnurrend zu. Schade, der Inhalt wird zu leise berichtet – aber, das ist mir eigentlich auch schnuppe.

Seite 17

Ich konzentriere mich lieber auf die warme Sonne, genieße hier ungeniert meine eigene jugendliche Kraft.

Wie immer entsteht auf der Bank nach einer Weile Schweigen, beide Gestalten wenden ihre Blicke einvernehmlich immer mehr nach innen, die Ereignisse des Lebens finden nun zurückgezogen in Kopf und Seele statt. Es ist ein Bild einträchtiger Symbiose zwischen Mensch und Tier. -

Schau mal an!

Da kommt nun ein wirklich interessantes Exemplar daher!

Ein Vogelhappen!

Total lebendig, ganz beweglich hüpft der Kerl doch tatsächlich unter mir herum, sucht anscheinend fieberhaft nach Körnern und Käfern.

Das der mich nicht sieht! Tztztztz! Gut das mein Bauch prall mit Doseninhalt gefüllt wurde! Hätte dem Burschen mehr Vorsicht zugetraut! Wahrscheinlich hat er Junge!

Die triezen, piepsen und meckern je älter sie werden in einem solchen Ausmaß, dass den Eltern irgendwann der Hut hoch geht!

Als Ergebnis verläuft die Futtersuche derart gestresst und unaufmerksam, dass einem auf diese Weise die besten Happen sozusagen direkt vors Maul fliegen.

Genauso dämlich benehmen sie sich, wenn das andere Geschlecht lockt! Grinsend lecke ich mir über die Öffnung welche meine gefährlichen Zähne umschließt, innerlich noch einmal vergangenen Genüssen nachschmeckend.

Im Garten hinter dem Zaun naht von links eine Igelfamilie!

Mutter, dann dahinter drei ebensolche Winzlinge! Die drei müssen machen was Mutter sagt – sonst piekts!

Ich kichere, drehe dabei meine rechte Seite schön breit in die Bruzzelsonne.

Seite 18

Ah sieh mal da!

Eine Menschenfrau nähert sich. Sie schiebt einen Kinderwagen und neben ihr läuft ein kleines Kind. Na, so richtig entspannt wirkt diese Dame auch nicht gerade!

Meine ganze Aufmerksamkeit fokussiert sich auf die Personen-gruppe.

Hups! Der Kleine fliegt über einen Stein, fällt hin, brüllt. Großes Palaver, aus Mitleid schreit der Säugling gleich mit. Während des ganzen Gezeters sucht die Mutter mit irrem Blick nach Ablenkung, um Junior zu beruhigen. Die Blumen um mich herum scheinen ein gutes Medium zu sein, doch das bedeutet eine stetige Annäherung hin zu meinem Versteck. Gerade will ich elegant den Beobachtungs-posten verlassen, als die Menschenfrau auf mich zeigt und sagt:

“Uiii schau mal Schätzelchen! - Ein Katzili!“

Oh je! – Ich, Schnurzel felidae, werde nun innerhalb von Sekunden zum Katzili degradiert!

Das lässt mein Stolz nicht zu!

Also bleibe ich verbissen auf meinem Pfosten, demonstriere sofort erhabene Katerwürde! - Die Sonne bringt das Fell zum Leuchten, meine vier weißen Pfoten strahlen fast schon silbern und ich bin das Abbild, das Monument einer gelungen männlichen Kreatur.

Hat sich was mit Katzili!

In Windeseile wird gütigste, von Weisheit durchdrungene Mimik präsentiert. Standort, aber auch Haltung ermöglichen mir die drei Personen dort unten von höchster Warte aus zu betrachten. Mein Blick auf das am Boden liegende, einfältig menschliche Handeln verändert die eigene Sicht der Dinge ganz enorm. Dimensionen wandeln sich, das zu Betrachtende kann locker leicht von den verschiedensten Standpunkten aus erkundet und als überaus simpel erkannt werden. Die eigene Einstellung erhält Abstand, wird entspannter, beschwingter, großzügiger!

Seite 19

Also gut, so sei es!

Da mir heute Bewunderung beschieden ist, nehme ich diese Bestimmung mit Demut an, werde mich also in Ruhe anstarren lassen.

Zuerst kommt Modell „Sphinx“ an die Reihe. Aufrecht, beherrscht, sitze ich ergeben, aber gleichzeitig auch stolz in erhabener Höhe, blicke unverwandt über die drei Menschen hinweg. Mein Blick verliert sich in weite Ferne, bin da, gleichzeitig jedoch weit, sehr weit weg. Nichts kann meine Welt oder mich selbst erschüttern! (An dieser Pose könnten sich gestresste Menschen wahrlich ein Beispiel nehmen!)

Alle drei Personen unten auf der Straße blicken überrascht zu mir hoch.

Genau! So soll es sein!

Nun folgt Variation „elegante Katze“. Auf

zweieinhalb bis drei Beinen balanciere ich auf dem recht schmalen Holzpfosten hin und her,

gebe dabei an wie ein Gockel im Zirkus bei

seiner schwierigsten Nummer.

Auf zwei (na gut ...) drei Beinen stehend wird jetzt in eleganter Manier eine Pfote zusätzlich hoch erhoben, um sie ganz konzentriert sauber zu lecken. Ein unbemerkt kurzer, fragender Blick zum Schätzelchen beweist dessen hingebungsvolle Bewunderung, denn ein nasser Finger rutscht aus dem Mund, welcher offen stehen bleibt. Schätzelchen sabbert seinen Speichel über den Umweg des Pullovers auf die Straße. Während die Frau in ihrer Tasche nach einem Tuch kramt um die Quelle des Tropfes umständlich abzuwischen, reagiert Schätzelchen sauer, reißt sich los, rennt auf mich zu und will mich fangen.

Nun folgt Teil 3 der heutigen Darbietung, nämlich Abschnitt „außerordentlich gefährlicher Tiger“!

Seite 20

Mit hingebungsvoller Begeisterung hebe ich demonstrativ eine Pfote, fahre dann, in der Hoffnung einer aufregend gefährlichen Wirkung, alle Krallen zielsicher ein und aus. Schätzelchen kommt näher. Scheinbar wütend, bedrohlich langsam aufstehend, kommt nun der Buckel zur Geltung. Hochgestellte Haare mahnen, gefletschte Zähne drohen, das Ganze wird zusätzlich musikalisch kreativ mit Knurren und Fauchen untermalt, – ich bin stolz auf mich!

Die Menschenfrau äußert sich warnend: „Schätzelchen, pass auf!“

Jawohl! Pass auf Schätzelchen!

Bald jedoch fällt ein imaginärer Vorhang, das dargestellte Theater erscheint mir langweilig. Also springe ich elegant vom Podest der geschickten Künste in Richtung häuslichem Futternapf.

Ein letzter Blick geht zurück zu einem erhofften Publikum.

Gibt es sonst noch jemanden, der mich beobachtet hat?

Zollt irgendwer ausgiebigen Beifall?

Die Bank ist leer. Der alte Mann und Rumpel sind fort, weiter-gegangen auf dem Weg in die jeweilige Alltäglichkeit. Der Vogel stresst wahrscheinlich auch schon wieder bei seinen Jungen und selbst die Igelfamilie scheint weitergereist zu sein.

Schade, kein Applaus oder gar Ovationen.

Nach diesen anstrengenden Darbietungen mundet zunächst ein Häppchen Futter ganz vorzüglich. Anschließend lege ich mich im Garten geradewegs mitten in die Blumen, welche Frauchen so ganz besonders liebt. Ihr baldiger Kommentar tangiert mich im Moment noch recht peripher. Die Blüten müssen nun mal meiner Person weichen, da ich mich zuerst mehrfach um die eigene Achse drehe um gleich danach einfach umzufallen.

Es ist in den abgeknickten Blüten wirklich urgemütlich.

Seite 21

Körper und Geist mögen noch nicht schlafen, deshalb denke ich über die heutigen Erlebnisse nach. Alle Betrachtungen geben Hinweise auf den ständigen Kreislauf des Lebens, beginnend bei der Geburt bis hin zu Tod und Neubeginn.

Was da alles so dazwischen liegt!

Kindheit, Jugend, Alter, Liebe, Anstrengungen, Genuss, Stress, Gepiekse, aber auch Gefahren!

Jetzt in dieser Jahreszeit beschäftigt sich alles mit Neubeginn und Fortsetzung des Lebens! Blumen, Vögel, Igel, das ganze Gekribbel und Gekrabbel, selbst die hochentwickelte Spezies Felidae kann sich der Frühlingsgefühle nicht erwehren! Das die Katzendamen in dieser Jahreszeit aber auch derart gut riechen müssen!

Selbst mein Frauchen kann sich dem Frühling nicht entziehen!

Soeben fortgefahren, will sie sich schon wieder neue Schuhe kaufen!

Ich sagte es ja bereits, hier ist der Beweis! Jedes Jahr erliegt sie den antreibend lockenden Botschaften! (Hoffentlich werden es nicht zu viele Schuhe, sonst muss wieder die Qualität meines Dosenfutters leiden!)

Der Frühling als Symbol des Jahres ist gleichsam der Abmarsch in das Leben, Start für Zukunft und Neubeginn!

Anpfiff! Auf los geht’s los!

Ab zur Geburt!

Vom Auftakt kindlichen Lernens hin zum Auftritt hormoneller Zwangsmaßnahmen!

Ach ja, wie war das eigentlich bei mir?

Gab es einen ganz speziellen ‚Schnurzel - Frühling’?

In Erinnerungen versunken drehe ich mich auf die andere Seite, dabei knicken einige weitere Frühlingsblumen beleidigt um.

Seite 22

Frauchen erscheint kurz als waberndes Geistwesen mit hoch erhobenem Zeigefinger vor meinem inneren Auge, ihr Gesichtsausdruck mahnt ernst zur Vorsicht. Ja, ja! Ich pass schon auf! Die Blüten sind unverwüstlich! Kauf du nur in Ruhe deine Schuhe!

Der Nebel verweht, meine Gedanken fokussieren sich erneut auf die eigene Frühlingszeit.

Erinnerungen klopfen an, machen sich bemerkbar, wollen aufsteigen, fordern ihr Recht und ihren Platz.

Welche Erlebnisse stehen eigentlich in mir zur Betrachtung bereit?

Genussvoll drehe ich mich auf den Rücken, dabei nörgeln erneut diverse Blüten an meiner Haltung herum. Na ja, jetzt ist es auch schon Wurst und Pastete, das waren sowieso die letzten in dieser Blumenrabatte. Frauchens nahendes Donnerwetter lohnt sich nun wenigstens.

Die Sonne trifft mich in vollster Breitseite. Ich schließe die Augen, horche in mich hinein, öffne behaglich alle Erinnerungspforten um die Etappen meines eigenen Frühlings hineinzulassen..

ja, da sind viele Szenarien!

Bilder tauchen auf aus dem Dunstfeld der Vergangenheit. Zunächst noch trüb verschwommen, werden sie durch willentliche Nachforschungen deutlicher, treten hervor, gewähren Einblicke, weisen hin zu Freude und Leid.

Wo begann mein Leben?

Natürlich bei meiner Geburt!

Seite 23

2. Geburt und Start ins Leben

Begonnen?

Hat es wirklich jemals begonnen?

Ja und nein!

Wie alles bin ich ein Teil des Ganzen.

Ein Wanderer zwischen hier und dort, gestern und morgen!

Führen lassen, gleiten von Sein zu Sein!

Bewusstsein in vielen Arten und Prägungen!

Ich genieße, leide, lerne, von Mal zu Mal, von Farbe zu Form, von leicht zu schwer, - ohne Anfang oder Ende – hin zu einem neuen Anfang und Ende!

Ein Schaukeln, ein Wiegen im Rhythmus der Zeiten!

Plötzlich naht Schwere, Konzentration, Führung und Hilfe hin zu einem konzentrischen Punkt!

Wo geht es hin?

Dichter! Intensiver! Ein Ziehen und Drängen!

Schwärze! Ohnmacht!

Die Schwere nimmt zu!

Unerwartetes, gleißendes Licht! Verändertes Licht! Nicht die liebende Wärme des glückseligen Seins! Obwohl noch vorhanden, –

hier besteht sie in gröberer, härterer Form!

Verwischt!

Wo? Was?

Ich versuche mich zu spüren, zu finden!

Seite 24

Was bin ich? Wo bin ich?

Vier Pfoten, nasses Fell, - eine raue Zunge die mich streichelnd leckt,

- Liebe, Geborgenheit, aber auch eine veränderte Ordnung zum vorherigen Sein – ... Ordnung? Sein?

Ach was soll’s!

Ich kuschle mich an ein großes weiches, trockenes Fell, erlebe die Sehnsucht, mich wieder dem Ursprünglichen hinzugeben, suche das Wiegen des Alles und Nichts!

Doch, da ist noch etwas Neues in mir, dem ich Beachtung schenke

....! – Kühl, ganz lebendig, füllt es mich aus!

Ich spüre wie ich dieses Etwas, - diese Luft -, gierig in mich hineinsaugen will, erlebe auch wie es mir zunehmend gelingt!

Angenehm frisch, erfüllt vom wärmenden Geruch der Mutter, strömt der Atem in mich ein, ist neu, aber auch gleichzeitig vertraut.

Lebensspendende Glückseligkeit des Hier und Jetzt. Ein bisschen feucht ...! -

Feucht?

Ein unangenehmes Grummeln tief in dem neuen Körper wischt sofort alles bisherige Erleben aus meinen Betrachtungen fort!

Hunger!

Oh da ist es! Eine dumpfe Erinnerung an längst Vergangenes tritt an die Oberfläche, bleibt verwischt, scheint unfassbar, ist weit, weit entfernt! Ich versuche es zu fassen, zu finden! Bilder tauchen kurz auf, verwehen wieder.

Das einzig Greifbare ist dieses verlangende Grummeln, ein zerrendes Ziehen in meiner Körpermitte!

Das bleibt!

Mist!

Seite 25

Was kann mich so beherrschen?

Hunger!

Ich krabble über andere maunzende Fellbündel zu einer verlockend duftenden Quelle, werfe mich im ersten, fast bewussten Lebens-kampf hin zu dieser Hoffnung!

Weg da!

Jetzt kommt schließlich meine Wenigkeit!

Ha! - Ich stupse, stoße, verlange und fordere!

Endlich ist die Nahrungsquelle erobert!

Wie ich liegen die Geschwister ermattet am Bauch der Mutter, saugen an ihren Zitzen. Dieser Kampf war erfolgreich, ich habe es geschafft!

Der erste, bedeutende Sieg.

Ist Kampf und Sieg ein wichtiges Prinzip meines neuen Daseins?

Dieser Frage muss ich unbedingt nachsinnen – aber bitte nicht jetzt, sondern später!

Mich erfüllt der süße Geschmack, die Köstlichkeit der Milch und ich ziehe, sauge, hole alles in mich hinein was gerade kommt oder fließt!

Irgendwann – was ist Zeit – kann ich einfach nicht mehr, muss dieses Labsal verlassen, sonst läuft mir die ganze Soße genau dort wieder heraus wo sie soeben hineingeflossen ist. Das wäre wirklich zu schade!

Deswegen suche ich mir nun einen Platz, ganz dicht, ganz warm und geborgen an der wohltuend gut riechenden Mutter.

Mutter!

Dieses Wort hat einen besonderen Klang! Eine große Bedeutung!

Seite 26

Es beinhaltet Geborgenheit, Angenommensein, Schutz so wie Liebe in seiner elementarsten, reinsten und unnachahmlichsten Form. Ich lasse diese Muttermusik in meinem Kopf entstehen, finde dabei das Wiegen, den ursprünglichen Rhythmus vorgeburtlicher Beständigkeiten wieder. Aus den Tiefen meines Seins treten Bilder hervor!

Bilder denen ich nun in Ruhe folgen kann. Sie berichten mir von früheren Erfahrungen, Lernwegen, Glückseligkeiten, Schmerzen, von Leben und Tod! Ohne Emotionen, Furcht oder Freude – nur ein Einblick in das was war, was vielleicht sein wird!

Ich betrachte, folge Bildern, Erlebnissen und Versprechen.

Nebel, warmer, weicher Nebel hüllt mich ein!

Wiegen, Wärme, ein vertrauter Geruch, sanftes mütterliches Schnurren, leises Maunzen der Geschwister, Kuscheln ...

meine Augen fallen zu.

Was soll die ganze Betrachtung, mal sehen was die Zukunft bringt!

Schwere, Nebel, Schlaf!

Wieder zieht es mich in die ursprünglichen Gefilde, ich sinke tiefer und tiefer in unbewusste Schichten, lasse mich mitnehmen, tragen, steige hinauf in die Nähe des Ursprungs.

Das Wunder der Geburt wurde vollzogen, die Seele kehrte in Raum und Zeit zurück! Habe ich das so gewollt? War es wirklich mein Entschluss?

Nun gut, so sei es!

Hallo Welt!

Hier bin ich!

Ich!

Dem Wort „ich“ nachspürend, kann ich es

kaum fassen oder begreifen. Wirklich ich?

Eingebettet in einen Körper, voller Gefühle, gebunden, aber auch verbunden.

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Diese sichere, ursprüngliche Verbundenheit gibt mir Kraft, Neugier, Mut und Freude dem entgegenzublicken, was kommt.

Wird es ein gutes, schönes Leben?

Ich bin überzeugt davon! Ist das nicht herrlich!

Ist es herrlich?

Die Schwere des Seins nimmt mich in ihre unerbittlichen Arme und ich lerne die Auswirkungen von Materie kennen. Da ist die Erdanziehungskraft. Sie holt mich ständig auf den Boden der Tatsachen zurück denn ich stolpere, knicke ein und falle nach meinen Versuchen zu laufen oder zu klettern buchstäblich immer wieder nach unten. Die ersten Ahnungen von Schmerz werden früh gelegt! Sie kommen angeflogen wenn ich irgendwo unsanft lande oder ein Geschwister mich kräftig tritt. Auch meine Psyche leidet, wird die Wärme der Mutter einmal zu lange entbehrt.

Die Zeit vergeht.

Der Wille zu leben lässt mich kämpfen! Immer wieder muss ich den Weg hin zur beschützenden Mutter bewältigen. Dort angekommen wird ganz dicht an sie herangedrängelt und mit sattem Magen anschließend zufrieden gekuschelt. Ich genieße die Wärme ihres Körpers, aber auch das Vibrieren, welches durch Mutters Schnurren entstehen. Diese Schwingungen sind unendlich, vollkommen, geboren aus dem Urgrund, dem Urton der alles beinhaltet, nie endet.

Jedes Molekül meines Seins wird erfasst und eingestimmt.

Vollkommen verankert beginnt nun auch mein Körper, meine gesamte Existenz zu klingen. Ich lasse mich fallen, mehr und mehr, tiefer und tiefer, bin bereit für eine großartige Symphonie!

Auf einmal erhebt sich von ganz innen die eigene Vibration, durchläuft mich wie eine Welle, drängt heraus! Gemeinsam mit der Mutter schwinge ich nun in einem grandiosen Zusammenspiel, schnurre, vibriere das es eine Lust ist, erlebe, genieße diese einzigartige Vollkommenheit und Harmonie.

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Meine Geschwister kommen dazu, klinken sich ein in dieses gigantische Spiel! Unsere Körper verschmelzen, es gibt keinen Unterschied mehr, kein ich und du! Die Umgebung, der Boden, alles schwingt, verbindet sich mit dem den einen, allumfassenden Ton.

Alles ist eins!

Ich liege, schwinge und bin!

Nichts anderes ist notwendig, um Glück in seiner Vollendung zu erfahren.

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3. Die große Veränderung

Das Glück in seiner Vollendung.

Ist Glück Vollendung?

Gibt es wirklich diese Momente?

Wenn ja wann und wie lange halten sie an?

Möglicherweise werden sie geboren aus den kleinen aber doch so großen Einladungen, wie einem verstehenden Blick, dem innigen Streicheln, der Vereinigung zweier Seelen oder Körper, aber auch in der Entdeckung einer Riesenschleckerei im Futternapf!

Vielleicht entfalten sie sich auch durch die großen Begebenheiten, die Erfolge, die persönlichen Besteigungen des eigenen, individuellen Mount Everest.

Möglicherweise auch durch die Verbindung aller Erfahrungen?

Wenn ich meinem Leben nachspüre, so kann ich mit Fug und Recht behaupten Glück schon mehrfach erlebt zu haben.

Entweder begann das Gefühl als kleiner, köstlicher Lichtpunkt in den Tiefen meiner selbst, wuchs, schwoll an, breitete sich wellen-artig aus, hüllte mich in unermessliche Virtuosität, um endlich in einer Verschmelzung mit der gesamten Unendlichkeit zu gipfeln!