Schönes neues Leben - Dalia Isabelle Velt - E-Book

Schönes neues Leben E-Book

Dalia Isabelle Velt

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Beschreibung

Ich wusste nicht, woher die Graue Seuche, die im Jahre 2020 schließlich auch die meisten Bewohner Deutschlands infizierte hatte, kam, aber ich hatte mich dazu entschlossen es herauszufinden und nach einer Lösung zu suchen. Zusammen mit meinen Freunden brach ich aus einem sogenannten Rettungslager aus, auf der Suche nach Antworten und einem besseren Leben.

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Seitenzahl: 237

Veröffentlichungsjahr: 2017

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Schönes neues LebenKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20DanksagungImpressum

Schönes neues Leben

Kapitel 1

Obwohl es in der Sporthalle laut und stickig war, und mein Magen vor Hunger schmerzte, hatte ich keine Probleme dabei, einzuschlafen. Schlaf war das Einzige, was mich die Situation aushalten ließ. Ich konnte in eine bessere, alte Welt flüchten, mich draußen unbeschwert bewegen, die frische Luft einatmen. Ganz anders als in der Halle. Seitdem ich hier war schlief ich ungewöhnlich viel, manchmal tatsächlich zehn oder mehr Stunden am Tag, obwohl das schwer nachzuvollziehen war, seitdem ich keine Uhr mehr besaß. Es war als habe man mir auch den letzten Tropfen Energie geraubt.

Vielleicht werde auch ich bald krank, dachte ich oft. Sie können uns auch nicht hier drinnen vor der Krankheit beschützen. Die Krankheit war vor ungefähr sechs Monaten ausgebrochen. Zuerst hatte ich es im Internet gelesen, irgendein Fall einer unbekannten Krankheit sei in der Nähe von New York City ausgebrochen, aber hier in Europa hat sich nicht wirklich jemand dafür interessiert. Aber dann kam es plötzlich auch täglich in den Abendnachrichten und schon bald darauf waren alle Zeitungen voll mit News und Theorien über das neue Virus gewesen. Eine vollkommen neue, unbekannte Krankheit, die das Wesen der betroffenen Menschen komplett verändert, sie primitiv, dumm und aggressiv macht – Also noch schlimmer, als manche Menschen sowieso schon sind. In Amerika sind von jetzt auf gleich hunderte Menschen erkrankt, und von New York aus hatte sich das Virus über den ganzen Kontinent verbreitet, bis es schließlich auch Deutschland erreicht hatte. Und dann war es plötzlich stündlich in den News gewesen, Fernsehsender hatten ihr normales Programm für die neusten Meldungen unterbrochen und der Notstand wurde in Deutschland ausgerufen. Es herrschte Ausnahmezustand. Manche Leute sprachen vom Weltuntergang, die Supermärkte wurden leergekauft und niemand verließ das Haus ohne Mundschutzmaske. In den Großstädten hatte sich die Krankheit rasend schnell verbreitet, aber irgendwann hatte sie auch die ländlichen Regionen erreicht und die Bundesregierung forderte die Bevölkerung dazu auf, ihre Häuser nicht mehr zu verlassen, bis man wieder alles unter Kontrolle gebracht habe. Politiker auf der ganzen Welt hatten schnell den Überblick verloren. Donald Trump, im Jahre 2020 immer noch Präsident der USA, war samt seiner Familie spurlos verschwunden und auch von vielen deutschen Politikern fehlte plötzlich jede Spur. Und dann hatte eines Morgens eine Gruppe von Soldaten an meine Haustür geklopft um mich mitzunehmen. Wohin wusste ich damals noch nicht, aber ich hatte panische Angst. Bis zum Schluss hatte ich daran geglaubt, dass alles wieder gut werden würde. Schließlich hatte ich EHEC und Ebola überlebt. Aber das hier war anders. Ich hatte zehn Minuten Zeit um meine Tasche zu packen, und nahm nur das Nötigste aus meiner Wohnung mit; Kleidung, Hygieneartikel, etwas zu Essen. Und dann brachten sie mich hier hin, eine kleine Schulsporthalle mitten im Nirgendwo. Das war jetzt ungefähr einen Monat her und die Krankheit war noch immer so gut wie unbekannt.

   Man hatte ihr schließlich den Namen die graue Seuche gegeben, weil sie die Haut der Infizierten gräulich verfärbte. Ich hatte einige Infizierte auf Bildern im Netz und im Fernsehen gesehen, im echten Leben jedoch noch nie, was mir nur recht war. Die Infizierten sahen scheußlich aus. Wie Zombies aus Hollywood-Horrorfilmen. Nur, dass das hier eben kein Film war.

   Kurz bevor ich in den Tiefschlaf fiel, packte mich jemand an der Schulter und für einen Moment hörte mein Herz auf zu schlagen. Ich riss die Augen auf und blickte einem Mann mit dichten, grauen Bart und vielen tiefen Falten um die Augen herum ins Gesicht.

   »Ewald«, sagte ich, fast atemlos. »Du hast mich erstreckt. Was ist denn los?« Er presste die Lippen aufeinander und wartete, bis ich mich in meinem Feldbett aufgesetzt hatte.

   »Als ich vorhin duschen gegangen bin, habe ich gehört, wie zwei Helfer sich leise unterhalten haben«, flüsterte Ewald mir zu und schaute sich besorgt um, doch niemand schien sich für unser Gespräch zu interessieren. »Sie haben darüber geredet, dass die Vorräte langsam knapp werden. Wenn wir Glück haben, reichen sie noch einen Monat, danach ist alles weg. Und es wird keine neuen Lieferungen mehr geben.« Ich runzelte die Stirn.

   »Bist du dir sicher?«, fragte ich. »Die Bundeswehr wollte monatlich vorbeikommen um neue Vorräte vorbeizubringen und - « Ewald unterbrach mich.

   »Die Helfer überlegen, das Lager aufzugeben, Gina.«

   »Dann sollten wir das Ben und Karla erzählen und uns etwas ausdenken«, sagte ich. Ben und Karla waren die einzigen Freunde, die ich neben Ewald in diesem Lager gefunden hatte. Wahrscheinlich war ein Rettungslager auch einfach nicht der beste Ort um neue Freunde zu finden, denn hier herrschte ein ständiger Konkurrenzkampf um den besten Schlafplatz, die leckersten Lebensmittel, das letzte warme Wasser aus den Duschen. Ewald nickte mir nachdenklich zu. Seit einer Woche ernährten wir uns nun hauptsächlich von Knäckebrot und Reiswaffeln, manchmal gab es noch Bohnen oder Sauerkraut aus der Dose dazu. In den ersten zwei Wochen hatten wir auch Erbsen, Essiggurken, Möhren und Obst aus Konserven bekommen, aber das war alles ziemlich schnell aufgebraucht gewesen und nun hatten wir so gut wie nichts mehr.

   »Also, gehen wir zu unseren Freunden und erzählen ihnen davon?«, fragte ich an Ewald gewandt.

   »Ja, ich hatte noch keine Zeit dazu, ihnen davon zu berichten. Ich bin mal gespannt, was sie dazu sagen.« Nicht nur du, dachte ich.

   Die Betten von Ben und Karla befanden sich am anderen Ende der Sporthalle. In der ganzen Halle gab es kaum noch Platz zum Laufen, denn die Feldbetten standen dicht an dicht, meist ohne auch nur zwanzig Zentimeter Abstand zueinander. Die meisten der Anwesenden schliefen, manche lasen auch Bücher oder versuchten sich irgendwie um ihre Kinder zu kümmern indem sie ihnen vorlasen, Geschichten erzählten oder Brettspiele mit ihnen spielten. Ich wusste nicht, für wen die Situation hier schlimmer war; für die Kinder oder ihre Eltern. Wie sollte man seinem Kind erklären, dass man nicht mehr zurück nach Hause gehen konnte, dass es nicht mehr zur Schule gehen durfte oder seine Freunde treffen. Und ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, was mit den Menschen hier passierte, wenn sie erfuhren, dass die Vorräte sich dem Ende zuneigten.

   Karla und Ben saßen zusammen auf einem Feldbett und spielten Karten. Die Liege des Bettes wölbte sich bereits gefährlich nach unten, aber davon ließ keiner der beiden sich stören.

   »Hi! Wollt ihr mitspielen?«, fragte Ben, an mich und Ewald gerichtet. Er war gut drauf, wie eigentlich immer. Mit neunzehn war er der Jüngste unserer Gang, direkt nach mir, und ich musste zugeben, dass ich seinen Mut und sein Durchhaltevermögen wirklich bewunderte. Mit neunzehn hätte ich diese Situation hier vermutlich nicht so gut weggesteckt. Natürlich bestand die Möglichkeit, dass das alles nur Fassade war. Immerhin waren seine Eltern kilometerweit weg, in irgendeinem anderen Lager und Ben wusste nicht einmal, ob sie überhaupt noch gesund oder gar am Leben waren.

   Als Antwort auf Bens Frage schüttelte Ewald nur stumm den Kopf. Dann erzählten wir ihnen von dem Gespräch, das Ewald mitangehört hatte. Auf Karlas Gesicht machte sich sofort Verzweiflung breit.

   »Ich denke, wir müssen das Lager verlassen«, sagte ich schließlich. »Sobald die Vorräte tatsächlich knapp werden wird hier das Chaos ausbrechen.« Menschen wurden zu Einzelkämpfern, wenn es um ihr Überleben ging.

   »Du bist doch verrückt, Gina«, antwortete Karla entgeistert. »Draußen sind die Infizierten. Sie werden uns anstecken, und dann kann uns niemand mehr helfen. Vielleicht ist ja sogar schon die ganze Luft verseucht.«

   »Dann wären die Leute hier drinnen auch schon krank«, erklärte ich matt.

   »Es stimmt schon, was Gina sagt«, meinte Ben. »Ich glaube nicht, dass wir hierbleiben können. Zu gefährlich.«

   »Und wenn die Bundeswehr kommt und uns rettet? Wenn wir da draußen sind, verpassen wir diese Chance.«

   »Ich glaube nicht, dass überhaupt irgendwer kommt um uns zu helfen«, sagte Ewald. Karla erwiderte nichts mehr. Meiner Meinung nach war sie trotz ihrer fünfundzwanzig Jahre etwas zu naiv für diese neue Welt und manchmal fiel es mir schwer, nicht sauer auf sie zu sein. Ich wollte sie schütteln und ihr sagen, dass sie endlich erwachsen werden muss, aber wahrscheinlich ging es vielen Leuten so wie Karla, wahrscheinlich auch vielen Älteren. Nur ich bin immer eine Realistin gewesen – Oder vielleicht auch eine Pessimistin.

   »Niemand kommt um uns zu retten«, sagte ich leise, mehr zu mir selbst als zu meinen Freund.

   »Aber die Soldaten, die mich hierhin gebracht haben, meinten, dass sie uns später auch wieder abholen. Wenn alles wieder in Ordnung ist«, erzählte Karla. Sie begann plötzlich unkontrolliert zu zittern und eine ihrer mausbraunen, krausen Haarsträhnen löste sich aus dem Zopf und fiel ihr ins Gesicht. Ich bereute meine rauen Worte und zwang mich zu einem milden Lächeln.

   »Wir schaffen das schon irgendwie«, behauptete ich und bemühte mich möglichst sanft zu klingen.

   »Ich wette, die Helfer, die hier sind, wollen uns unseren Plan sowieso ausreden«, antwortete Ben. »Die werden uns doch wohl nicht einfach so gehen lassen.«

   Vermutlich hatte Ben Recht. In der ganzen Halle gab es vier Helfer vom Roten Kreuz, die die Nahrungsmittelportionen verteilten und sich um kranke, verletzte und allgemein hilfsbedürftige Personen kümmerten oder versuchten bei Streitereien zu schlichten. Sie waren natürlich absolut unterbesetzt.

   »Sie können uns jedenfalls nicht gefangen halten. Wenn sie uns nicht von sich aus gehen lassen, müssen wir uns eben einen anderen Weg suchen. In den Umkleiden und Duschen gibt es einige Fenster. Wir könnten rausklettern«, meinte Ewald.

   »Wir sollten erst mal mit den Helfern sprechen und sie fragen, ob sie uns nicht einfach durch die Vordertür rauslassen können«, schlug ich vor.

   »Und wohin gehen wir, wenn wir draußen sind?«, fragte Karla, die von dem Plan noch immer alles andere als begeistert zu seinen schien.

Kapitel 2

Der Gedanke an die wartende Freiheit draußen löste Euphorie in mir aus. Ich wünschte mir nichts sehnlicher, als endlich wieder frische Luft atmen zu können, Sonnenstrahlen ins Gesicht zu bekommen, Regen auf meiner Haut und Wind in meinen Haaren spüren zu können. Ich wollte diese Sporthalle einfach nur noch verlassen. Aber selbst draußen gab es mehr als genug Probleme. Wo sollten wir hingehen? Was machten wir, wenn wir es nicht bis in die nächste größere Stadt schafften? Wenn wir schließlich die einzigen waren, die da draußen herumliefen, ohne Unterkunft, ohne Nahrungsmittel, ohne fließendes Wasser. Ich wollte eigentlich nur zurück nach Hause, aber ich wusste nicht mal ganz genau, wo wir uns eigentlich befanden. Irgendwo in der Nähe von Wildeshausen, Niedersachsen, ja, das wusste ich, aber ich kannte mich hier nicht unbedingt gut aus. Und plötzlich verschwand meine Euphorie wieder, aber wahrscheinlich war es schon zu spät um jetzt einen Rückzieher zu machen.

   Ewald sprach schon mit den Helfern und ich beschloss meinen wahrscheinlich letzten Tag in der Sporthalle noch mal für etwas Sinnvolles zu verwenden und ging mich duschen. Ich wusste nicht, wie lange es dauern würde, bis ich wieder die Gelegenheit dazu bekam. Und so sehr ich die Sporthalle auch hasste, wenigstens fließendes und manchmal sogar warmes Wasser gab es hier. Seife und Haarshampoo besaß ich nicht mehr, aber wenigstens noch einen Schwamm, und das Beste war, dass das Wasser nicht nur den Dreck, der auf meiner Haut lastete, wegspülte, sondern auch all meine Ängste und Sorgen.

   Als ich aus den Sanitäranlagen wiederkam, diskutierte Ewald noch immer mit einem der Helfer. Ich beobachtete die beiden Männer von meinem Bett aus, während ich meine Habseligkeiten in meinen Rucksack packte. Er war pink – ursprünglich mal neonpink, jetzt war es eher ein schmutziges, dunkles Pink. Ewald schlurfte auf mich zu und sein Gesichtsausdruck sagte mir ganz eindeutig, dass es wohl doch die Fenster in den Umkleiden werden würden. Er schüttelte ungläubig den Kopf als er vor mir stand.

   »So was blödes«, murmelte er.

   »Warum wollen sie uns denn nicht gehen lassen?«, fragte ich.

   »Das sei verantwortungslos«, erklärte der Rentner.

   »Also bitte, es ist doch wohl verantwortungsloser die Leute hier einzusperren und verhungern zu lassen. Ich verschränkte die Arme vor der Brust. »Bescheuert.«

   »Tja, jetzt sind wir auf die Fenster angewiesen«, warf Ewald ein.

  »Gut. Dann lass uns zu Ben und Karla gehen und ihnen das mitteilen.«

   Nachdem Ewald und ich unseren Freunden von den Worten der Sanitäter berichtet hatten, schien keiner von ihnen mehr so wirklich von unserem Plan überzeugt zu sein.

   »Es ist zu gefährlich draußen«, meinte Karla. »Deswegen lassen sie uns nicht gehen. Ich wusste es. Wir müssen hierbleiben.« Aber ich wollte mir meinen Plan, den ich mir schon so sehr in den Kopf gesetzt hatte, nicht vermiesen lassen. Ich wollte meine Freiheit.

   »Wir können nicht hierbleiben«, sagte ich sofort zu Karla. »Was sollen wir denn hier? Und was machen wir, wenn die Vorräte wirklich ausgehen? Verhungern? Um das letzte Knäckebrot kämpfen? Ernsthaft?«

   »Aber es gibt Wasser hier und wir sind vor den Infizierten geschützt.«

   »Nein, Gina hat schon Recht, wir sollten wirklich gehen«, stimmte Ben mir zu. »Außerdem… Leute, meine Familie ist irgendwo da draußen. Ich glaube zwar nicht, dass ihr etwas passiert ist, aber ich würde sie schon gerne mal wiedersehen. Und ich habe hier lange genug meine Zeit verschwendet.«

   »Ja, genau. Das ist alles, was wir hier tun. Unsere Zeit verschwenden.«

   »Vielleicht solltet ihr beide gehen, Gina. Du und Ben«, kam es von Ewald. »Ich weiß sowieso nicht, ob ich das noch schaffe. Angesichts meines Alters und meines körperlichen Zustandes ist das vielleicht wirklich nicht die beste Idee. Ich könnte mit Karla hierbleiben.«

   »Unsinn«, sagte ich. »Du bist doch erst achtundsechzig. Außerdem lassen wir hier niemanden zurück. Entweder machen wir das alle oder wir lassen es eben bleiben.«

   »Zur Not packen wir dich in einen Bollerwagen und ziehen dich hinter uns her«, meinte Ben und wir lachten gemeinsam und für einen Moment herrschte gute Stimmung, bevor wir zurück zum Thema kamen.

   »Wir sollten das wirklich nicht überstürzen«, sagte Ewald schließlich. »Lasst uns noch mal einen Tag drüber schlafen.« Seine Antwort enttäuschte mich, aber ich ließ mir nichts anmerken und stimmte seinem Vorschlag notgedrungen zu.

   Aus dem einen Tag Bedenkzeit wurden schließlich drei und ich konnte wirklich nicht behaupten, dass ich glücklich darüber war. Nicht nur, dass meine Nerven blank lagen, nein, nun fingen die Vorräte tatsächlich an knapp zu werden, und die Helfer vom Roten Kreuz gerieten in Erklärungsnot.

   »Es tut uns furchtbar leid, aber unsere Vorräte werden von Tag zu Tag knapper. Wir haben leider so gut wie keine Nahrungsmittel mehr«, hörte ich einen von ihnen sagen. Ich glaube, sein Name war Andre. Oder war es Andreas? Alex? Ich war mir da nicht mehr so sicher, aber sein Name interessierte mich auch nicht unbedingt. Ich werde ihn einfach Andre nennen, dachte ich, während ich mir seine Erklärungsversuche mit Sicherheitsabstand von einigen Metern anhörte. 

   »Was soll das heißen, wir haben nichts mehr?«, fragte einer der Anwesenden, ein Mann, groß und kräftig gebaut.

   »Mein Sohn hat Hunger!«, rief irgendwo eine Frau. »Er ist erst vier!«

   »Ich weiß, und mir tut das alles auch schrecklich leid, aber wir können euch nicht mehr geben. Wir warten schon seit Tagen auf die Lebensmittellieferung der Bundeswehr, aber sie kommt einfach nicht«, erklärte Andre.

   »Dann müsst ihr halt selber rausgehen und die Vorräte zusammensuchen«, schlug jemand vor und die Verzweiflung in Andres Gesicht wuchs. Seine Stirn glänzte vor Schweiß und er ließ den Blick durch das Lager wandern, in der Hoffnung seinen Kollegen irgendwo zu entdecken.

   »Das können wir nicht tun. Wir wissen immer noch nicht, was da draußen ist, ob es sicher ist«, sagte Andre. Mittlerweile hatte sich eine gigantische Menschentraube um ihn gebildet und ich hatte schon Mitleid mit ihm. Schließlich war das hier nicht seine Schuld. Vielleicht war es falsch von mir, aber anstatt ihm zu helfen drängte ich mich durch die Menge und lief zu dem Haupteingang der Sporthalle. Die Tür war aus Glas, vor ihr lag ein gepflasterter Weg mit ein paar Büschen drum herum und einige hundert Meter weiter konnte ich die dazugehörige Schule sehen. Ich rüttelte an der Türklinke, aber nichts geschah.

   Ich lief zurück und eilte zu den Schlafplätzen von Ben und Karla, wir mussten sofort handeln. Die Stimmung in der Sporthalle spannte sich immer mehr an.

   »Gut, dass du hier bist, Gina«, sagte Ben, als er mich sah. »Wir sollten wirklich verschwinden. Am besten jetzt sofort.« Mittlerweile war es in der Halle so laut, dass ich mir am liebsten die Ohren zugehalten hätte. Selbst Ben, der direkt vor mir stand, war nur schwer zu verstehen. Kinder weinten und schrien, Männer und Frauen brüllten unverständliche Dinge in den Raum.

   »Die Eingangstür ist abgeschlossen, wir müssen durch die Fenster fliehen!«, erklärte ich meinen Freunden.

   »Lass uns die Tür einschlagen, die ist doch nur aus Glas«, antwortete Ben.

   »Was? Bist du verrückt? Das wird nicht funktionieren! Komm, geh mit Karla vor, ich suche Ewald.«

   Ich war unglaublich erleichtert, als ich Ewald bei seinem eigenen Bett vorfand. Er band sich gerade die Schnürsenkel seines rechten Schuhes zu, der Rucksack, der neben ihm auf dem Bett lag, platzte bereits aus allen Nähten.

   »Mein Gott, Gina, wir hätten wirklich früher abhauen sollten«, sagte er. »Ich hoffe, wir schaffen es hier noch raus bevor die Leute anfangen sich gegenseitig umzubringen.« Ich gab es zwar nicht gerne zu, aber auch ich hatte etwas Angst. Ich griff nach meinem Rucksack und machte mich zusammen mit Ewald auf den Weg in die Umkleide. Zu unserer Überraschung warteten Karla und Ben dort noch auf uns, während die Situation in der Sporthalle völlig eskalierte. Ich konnte Hilfe-Rufe hören, aber ich wusste nicht, was ich machen sollte. Hingehen um demjenigen wirklich zu helfen? Ja, das wäre vermutlich das Richtige gewesen. Aber allzu scharf war ich da nicht gerade drauf. Während Ben bereits ein Fenster öffnete und schon halb dabei war, hinauszuklettern, stand ich wie angewurzelt da und lauschte den Schreien der vermeintlich Hilflosen.

   »Gina, alles in Ordnung?«, hörte ich Ewald fragen.

   »J-Ja«, antwortete ich stotternd. »Alles okay.« Ich drehte mich zu meinen Freunden um und folgte Ben aus dem Fenster. Wir halfen Ewald und auch Karla beim Rausklettern und dann waren wir endlich alle gemeinsam draußen. In Freiheit!

   Hier draußen war es kalt, aber schließlich war es auch gerade erst Februar (soweit ich wusste) und ich genoss die kühle, frische Luft. So oft hatte ich geglaubt, in der Sporthalle ersticken zu müssen, dass ich jetzt am liebsten vor Freude geheult hätte. Wegen etwas frischer Luft! Aber es war einfach unglaublich und in diesem Moment schwor ich mir selbst, mich niemals wieder in irgendeiner Halle einsperren zu lassen.

   Die Sonne schien schwach am wolkenlosen Himmel, ein bisschen Schnee lag auch noch in der Gegend herum und es herrschte eine angenehme Stille, ganz anders als in der Halle. Ewald, Ben und Karla standen schweigend neben mir und sie schienen die neugewonnene Freiheit genauso sehr zu genießen wie ich es gerade tat. Es war wundervoll – Und so wie es aussah, sogar sicher. Keine schlürfenden Infizierten, keine mutierten Monster oder sonst irgendetwas Gefährliches. Nur meine Freunde und ich.

   »Es gibt vielleicht gar keine Kranken mehr«, sagte Ben plötzlich. »Zumindest gibt es hier keine. Vielleicht ist die Krankheit ja schon besiegt.«

Er könnte Recht haben, dachte ich, aber die Sporthalle lag so ländlich, dass es in der näheren Umgebung keine Wohnhäuser gab und das nächste Krankenhaus war kilometerweitweg, also war es schwer zu sagen, wie schlimm es tatsächlich noch war.

   Weiter nördlich von uns befand sich die zugehörige Schule zu der Sporthalle und eine kleine Kapelle, und Bahnschienen führten durch den kleinen Ort, aber ich bezweifelte stark, dass in nächster Zeit irgendein Zug fahren würde.

Kapitel 3

Die Türen der Schule waren verschlossen. Natürlich waren sie das – Wer ließ auch schon eine Schule offen stehen? Frustrierend war es dennoch. Allerdings gab es für jedes Problem auch immer eine Lösung und während Ewald und ich noch darüber diskutierten wie man die Tür am besten aufbrechen konnte, warf Ben einfach eins der Fenster im Erdgeschoss mit einem Stein ein.

   Es war dunkel im Inneren der Schule, denn natürlich funktionierte das Licht nicht mehr. Aber zumindest hatte ich das Gefühl, dass es etwas wärmer war als draußen.

   »Hier gibt es bestimmt irgendwo eine Cafeteria. Das wäre ein guter Ort um etwas zu essen und vielleicht auch um dort zu schlafen«, meinte Ben. Ben trug trotz der Kälte nur eine einfache Jeans, ein Shirt und einen Kapuzenhoodie und ich war mir ziemlich sicher, dass er noch erfrieren würde. Wenigstens hatte ich beim Verlassen meiner Wohnung an meine Winterjacke gedacht, eine schwarze Wellensteyn, die für dieses Wetter einfach perfekt war. Auch Karla und Ewald trugen wetterfeste Winterjacken.

   »Gute Idee, langsam bekomme ich Hunger«, antwortete ich. Vielleicht finden wir ja irgendwo noch eine Jacke für Ben, fügte ich in Gedanken hinzu. Trotzdem musste ich gestehen, dass mir essen gerade wichtiger war. Mein Magen schmerzte schon seit Tagen vor Hunger. Manchmal schaffte ich es ganz gut, den Hunger auszublenden oder zu ignorieren, aber er kam immer wieder. Für ein Stück Fleisch oder etwas frisches Gemüse hätte ich vermutlich alles getan, aber mir war bewusst, dass ich das in der Schulkantine vermutlich nicht finden würde.

    Ich musste zugeben, dass mir etwas mulmig zumute war, als ich mit meinen Freunden den dunklen Schulkorridor entlang schlich. Zwar schien das Gebäude auf den ersten Blick vollkommen leer zu sein und wahrscheinlich waren bis auf uns sowieso alle anderen Menschen in ganz Deutschland noch in irgendwelchen Rettungslagern, aber dennoch hatte ich das Gefühl, die Protagonistin eines Horrorfilms zu sein. Hinter jeder Ecke konnte ein schreckliches Monster lauern, das nur darauf wartete mich zu fressen – Zumindest hatte ich das Gefühl. Mein Herz schlug laut und wild, und bei jedem noch so leisem Geräusch zuckte ich unwillkürlich zusammen. Aber es gab nichts, das ich hätte tun können. Ich hatte keine Taschenlampe um für Licht zu sorgen, keine Waffe um mich gegen Angreifer zu wehren und falls ich wegrennen wollte, würden meine Beine wohl plötzlich vor Angst versagen.

   In großen, schwarzen Druckbuchstaben war das Wort Cafeteria auf das Schild über der Tür gedruckt. Die schrecklichsten Szenarien spielten sich in meinem Kopf ab. Was verbarg sich nur hinter der Tür? Dutzende, untote Schülerinnen und Schüler? Nein… Ben öffnete die Tür und zum Vorschein kam ein menschenleerer Raum, zehn Tische mit jeweils sechs Stühlen, alle in verschiedenen Farben, und jeder einzelne von ihnen bedeckt mit einer millimeterhohen Staubschicht. Die Theke für die Essensausgabe war leer, aber der Kiosk glänzte förmlich in den bunten Farben der Schokoladenriegelpapiere.

    »Das ist besser als Weihnachten«, konnte ich Karla hören sagen. Regale voller Schokoriegel und süßen Getränken grinsten uns an. Wir nährten uns dem Schlaraffenland und ich griff nach dem erstbesten Riegel – ein oranges Balisto. Es hätte alles sein können, selbst das von mir gehasste Milky Way, ich hätte es trotzdem sofort gegessen. Ich packte meinen Schokoriegel aufgeregt aus und nahm einen Bissen. Es war das Beste, was ich seit Langem gegessen hatte – klebrig, schokoladig und süß.

   Ewald ließ ein paar Müsliriegel in seine Tasche verschwinden, Ben nahm sich eine Flasche Orangenlimonade und Karla öffnete mit zittrigen Fingern ungeschickt eine Packung Bonbons, von der die Hälfte auf dem Boden landete.

   »Zwar kein richtiges Essen, aber es tut wirklich gut, mal wieder etwas Süßes zu essen«, meinte Ewald und biss von einem seiner Müsliriegel ab.

   »Ich habe mich noch nie in meinem Leben so sehr über eine Limo gefreut«, sagte Ben. Ich hatte keinen von ihnen je so glücklich gesehen wie in diesem Moment. Und ich konnte mich auch nicht mal mehr daran erinnern, vor was ich eigentlich so schreckliche Angst gehabt hatte. Es gab hier gar nichts, das besonders angsteinflößend war.

   »Ich bin ja froh, dass wir hier sind, aber meint ihr, dass wir hier übernachten können?«, fragte Karla. »Ich meine, hier gibt es gar keine Betten.«

   »Ich glaube auch nicht, dass wir in einer Schule irgendwo Betten finden«, antwortete Ewald.

   »Vielleicht doch«, warf ich ein. »In meiner Schule damals gab es ein Krankenzimmer, wo sich verletzte Schüler ausruhen konnten. Das waren zwar keine richtigen Betten, sondern nur einfache Liegen, aber das ist mit Sicherheit bequemer als auf dem Boden zu schlafen.«

   »Stimmt, das hatten wir auch«, sagte Ben.

   »Na, dann sollten wir so ein Krankenzimmer mal suchen gehen«, schlug Ewald vor.

   Die Schule hatte tatsächlich ein eigenes Krankenzimmer, das sich im ersten Obergeschoss befand. Es gab drei Liegen, die durch eine Trennwand voneinander abgeschirmt waren, und eine Holzbank, die von oben bis unten mit Obszönitäten vollgekritzelt war.

   »Ich schlafe auf der Bank«, sagte ich. Mir machte das nicht wirklich was aus, auch wenn die Bank natürlich um einiges unbequemer sein würde als die Liegen.

   »Ach, lass das doch, Gina«, erwiderte Ben. »Leg du dich auf die Liege, ich nehme die Bank.«

   »Bist du dir sicher?«

   »Klar. Ist vollkommen in Ordnung für mich.« Ich beschloss Ben zumindest die Wolldecke zu geben, die eigentlich für meine Liege bestimmt war. Ich nahm meinen Rucksack als Kopfkissen und meine Jacke als eigene Decke für mich. Aber gerade als ich mich hingelegt hatte, fiel mir der kleine, rote Wandschrank in Auge. Ich stand wieder auf, öffnete den Schrank und lächelte zufrieden. Pflaster, Wund-Desinfektionsmittel und Dexpanthenol-Salbe.  Noch war niemand von uns verletzt, aber sicher ist sicher. Ich räumte den Schrank leer und packte alles in meinen Rucksack.

   Außerdem befand sich unter dem Erste-Hilfe-Schränkchen ein schlichtes Waschbecken, dessen Wasserhahn an einigen Stellen schon voller Kalk war. Trotzdem funktionierte das gute Stück noch und ich nutzte das eiskalte Wasser um mir die Zähne zu putzen und mein Gesicht wenigstens grob waschen zu können.

   »Sagt mal, wohin gehen wir jetzt eigentlich?«, fragte Karla leise, die bereits in ihrem Bett lag. Sie war in die dünne Wolldecke eingewickelt und starrte fast schon resigniert an die Zimmerdecke.

   »Wir sollten nach Bremen«, meinte Ewald. »Das ist die nächstgrößere Stadt von hier aus. Ich schätze, wir brauchen zu Fuß zwar ein paar Stunden, wenn nicht sogar Tage, schließlich bin ich ja nicht mehr so schnell, aber ich denke, dass wir in Bremen höhere Überlebenschancen haben. Vielleicht gibt es dort ein größeres Lager, mehr Überlebende, Essen, vielleicht noch einen Stützpunkt der Bundeswehr.«

   »Was ist mit Oldenburg?«, fragte ich. »Das ist ungefähr genauso weit weg.« Mein Verlangen nach Oldenburg hatte persönliche Gründe. Ich war in der Stadt aufgewachsen, bis meine Familie und ich in die nahgelegene Gemeinde Wadenburg zogen als ich siebzehn war. Aber Oldenburg war nicht mal eine Stunde von Wadenburg entfernt gewesen und ich hatte dort fast jedes Wochenende mit meinen Freundinnen verbracht.

   »Wir müssen nach Bremen«, meinte Ben. »Soweit ich weiß, sind meine Eltern in eins der Rettungslager dort gekommen. Ich weiß leider nicht ganz genau, in welches, aber da sie im Zentrum der Stadt gelebt haben, müssten sie doch da irgendwo sein.« Es schockierte mich zu hören, dass Ben seine Eltern suchte. Ich hatte die letzten Wochen jeden Tag mit ihm verbracht und er hatte das Thema nicht ein einziges Mal angesprochen. War es ihm unangenehm? Oder war es einfach nur zu schmerzhaft, darüber zu sprechen? Ich konnte ihn schon irgendwo verstehen, auch wenn ich wünschte, er hätte uns früher davon erzählt. Das Leben im Rettungslager war nichts als reine Zeitverschwendung gewesen.

   »Dann müssen wir auf jeden Fall nach Bremen«, sagte ich und lächelte mild. Bens Familie war deutlich wichtiger als meine verblassten Erinnerungen.

   »Ja, wir werden wir auf jeden Fall helfen, Ben! Und wenn wir deine Eltern gefunden haben, sehen wir weiter. Vielleicht können wir dann ja alle gemeinsam nach Oldenburg, wenn das für Gina so wichtig ist«, antwortete Ewald.

   »Es ist unwichtig«, sagte ich schnell. Natürlich gab es Personen, die ich gerne wiedergetroffen hätte – Aber genauso gut gab es auch Leute, die ich niemals wiedersehen wollte. Meine eigene Familie zum Beispiel… Ich dachte nur sehr ungerne an dieses Thema. Im Gegensatz zu Ben wollte ich meine Familie nie wieder sehen.

   Ich legte mich zurück auf meine Krankenliege und schloss die Augen. Ich wünschte, ich hätte eine funktionierende Uhr

Kapitel 4

Ben redete ununterbrochen nur noch von seiner Familie. Er war Einzelkind, seine Eltern waren ihm wichtig, denn es war alles, was er an Familie noch hatte. Ich hatte ehrlich gesagt gar nicht erst angefangen ihm zuzuhören. Jedes Mal, wenn er die Wörter Eltern, Mutter oder Vater benutzte, dachte ich angestrengt über etwas anderes nach oder versuchte Smalltalk mit Ewald oder Karla zu führen. Ja, natürlich wollte ich ihm noch immer helfen und es war mir auch wichtig, dass er seine Eltern fand, aber das Thema hatte etwas Schmerzhaftes für mich. Nie im Leben hätte ich versucht meine Eltern zu finden! Ich hoffte sogar, so weit weg wie nur irgendwie möglich von ihnen zu sein. Meinen Großvater, ja, den hätte ich tatsächlich gesucht, so energisch wie Ben seine Eltern nun suchte, aber mein Großvater war seit langer Zeit tot und musste diese Katastrophe glücklicherweise nicht mehr miterleben.

   Nach ungefähr einer Stunde Fußmarsch machten wir dann eine kurze Pause am Straßenrand, aßen und tranken etwas, um uns zu stärken, bis Ewald eine Person auffiel, die mitten auf der Straße lief, alleine und ganz offensichtlich auch verletzt.

   »Schaut euch den mal an!«, sagte Ben und zeigte mit dem Finger auf die Person am Horizont.

   »Der sieht aus, als würde er Hilfe brauchen«, meinte Ewald besorgt.

   »Der ist bestimmt verseucht! Wir sollten uns von ihm fernhalten.« Karla verzog das Gesicht.

   »Wir müssen ihm helfen. Wir sollten es wenigstens versuchen. Kommt, wir gehen zu ihm«, sagte ich und erhob mich vom Boden. Ich hatte auf einer Strickjacke von mir gesessen, die ich noch in meinem Rucksack gehabt hatte, denn der Boden war gefroren. Die Strickjacke war jetzt zwar nicht mehr tragbar, aber wenigstens blieb mir die Blasenentzündung erspart. Außerdem war ich mir fast sicher, dass ich irgendwo mal wieder die Gelegenheit dazu haben würde, die Jacke zu waschen. Ich lief auf die Person zu, Ewald und Ben folgten mir, während Karla noch zögerte. Sie blieb einen Moment auf der Stelle stehen, bevor sie sich langsam vorwärts bewegte.