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Kommissar Franz Breslmaier ist zusammen mit seiner Kollegin Philomena Stöcklgruber in und um Deggendorf auf der Jagd nach einem Mörder, der ihm einen seltsamen Hinweis an der Leiche hinterlassen hat. Um den Oberkörper des Mordopfers sind Schwammerl angeordnet, die eine überraschende Nachricht ergeben. Diese zu entschlüsseln bedarf es neuester, aber auch, alter Techniken. Lassen sie sich überraschen, wie dies den beiden Kommissaren gelingt und welcher Hilfsmitteln sie sich dabei bedienen. Natürlich kommt auch die Stadt Deggendorf und ihre Bewohner dabei nicht zu kurz. Tauchen sie ein in eine Welt mit Mördern, Ermittlern, wunderbaren Landschaften, wie dem Bayrischen Wald, und charakterstarken Personen. Natürlich darf beim Kommissar Breslmaier der kulinarische Aspekt nicht zu kurz kommen. Aber lernen sie auch seine Verwandtschaft kennen, die ihn effektiv und erfolgreich unterstützt. Kommissar Breslmaiers fünfter und sicherlich nicht sein letzter Fall.
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Seitenzahl: 222
Veröffentlichungsjahr: 2025
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1 – das fängt ja schon wieder gut an
2 – neue Erkenntnisse mit neuer Technik
3 – es geht voran
4 – es kommt wie es kommt
angewandte Rezepte
Epilog
Sämtliche Handlungen und Personen sind fiktiv und frei erfunden.
„Es ist besser, Pantoffeln zu tragen, als die
Welt mit Teppichen zu belegen“
(Buddha)
Was für ein Tag. Es ist noch früh am Morgen, die Sonne kommt allmählich durch die dichten Blätter und wärmt mich ein bisschen. Aber der frühe Vogel fängt den Wurm. Der Bayerische Wald ist schon ein Paradies für uns: Wandern, Mountainbiken, Skifahren und und und …. und natürlich ab Ende Juli Schwammerlsuchen. Dafür muss man allerdings wissen, was und wo. Und ich kenne einige Plätze, wo ich sicher sein kann, dass sie dort auf mich warten, und zwar die Richtigen. In meinem Korb sind schon ein Paar Steinpilze, ganz gesund und frisch. Was ist das? ….. Ich sehe deutliche Fußspuren. Das macht mich neugierig. Ein Schwammerl-Wilderer in meinem Revier? Ich muss den Spuren folgen, sie führen mich ein bisschen weg von meinem geplanten, üblichen Pfad.
Der Wald wird dichter. Plötzlich sehe ich jemanden liegen. Ich nähere mich, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist. Es ist ein unbekannter Mann, etwa vierzig Jahre alt, mit braunem Haar und Vollbart, gekleidet in Jeans und Pullover. Er liegt auf dem Rücken, seine Arme leicht ausgebreitet, mit einer blutenden Wunde an der linken Schläfe. Seine offenen Augen starren mich an. Ich taste seinen Puls – nichts, kein Lebenszeichen. Der Mann ist tot. Mir wird ganz anders. Ich habe noch nie einen Toten in Natura gesehen. Mir wird schlecht …… eines fällt mir noch auf: sonderbar, um ihn herum sind lauter Schwammerl angeordnet. Ganz eigenartig. Um den ganzen Oberkörper und an den Armen entlang, an der Außenseite, hat jemand sich die Mühe gemacht und Schwammerl aufgereiht. Helle und dunkle Farben. Alle noch relativ frisch. Verschiedenste Sorten. Sehr komisch. Irgendwie ein sonderbares Muster. Wer macht denn so was und warum? …. Ein Toter hier mitten im Wald und ich muss ihn finden!
Ich sollte sofort die Polizei informieren. Aber hier tief im Wald gibt es natürlich kein Netz! Armes Deutschland.
Ich schnaufe noch ein paar Mal tief durch. Jetzt geht es besser. Nur noch ein paar Fotos mit meinem I-Phone und dann gehe ich genau den Weg zurück, den ich gekommen bin. Na, hoffentlich finde ich ihn später wieder …..
Immer wieder schaue ich auf mein Handy, um zu sehen, ob schon Empfang ist. Na endlich: jetzt habe ich ein Netz und kann die Polizei informieren. Zwar nur ein bis zwei Striche, das sollte reichen.
Ich kann ihnen nicht sagen, wo der Tote liegt. Sie müssen mich finden, damit ich ihnen den Weg zeigen kann.
________________
Büroarbeit kann so öde sein. Frau Stöcklgruber und ich sind in unsere Arbeit vertieft, als das Telefon klingelt.
„Breslmaier“, melde ich mich gelangweilt, ich kann die Nummer von Frau Unholzer erkennen, „hallo Frau Unholzer, was gibt´s?“
„Herr Breslmaier, ich habe jemand am Telefon, der anscheinend irgendwo auf der Rusel im Wald einen Toten gefunden hat. Soll ich ihn durchstellen? Also nicht den Toten, sondern den Anrufer?“
„Ja bitte“, meinte ich inzwischen interessiert und belustigt, ich setzte mich gerade auf, „stellen sie durch. Da bin ich wirklich gespannt, was der mir zu berichten hat.“
Frau Unholzer stellte den Anrufer durch: „Hauptkommissar Breslmaier, Mordkommission Deggendorf, wie kann ich ihnen helfen?“
„Ja endlich“, meldete sich eine nervöse und ängstliche männliche Stimme „im Wald hier auf der Rusel liegt ein Toter. Bitte kommen sie schnell.“
„Ganz ruhig. Zunächst einmal: wie heißen Sie und wo sind sie genau? Wie kann ich sie finden?“
„Mein Name ist Kurt Reinheimer. Leider habe ich keine Ahnung, wo ich hier genau bin. Ich steh hier mitten im Wald auf der Rusel. Ich bin froh, dass ich überhaupt ein Netz habe.“
„Was für ein Handy benutzen sie gerade?“
„Ein I-Phone.“
„Ah, das ist gut. Ich gebe ihnen jetzt meine Handynummer und dann rufen sie folgende App auf, die heißt: Karten. Die sollte normalerweise auf der Startseite auf ihrem I-Phone zu finden sein. Dort können sie mir ihren Standort mitteilen.“
Ich gab ihm meine Handynummer und er gab sie in sein Handy ein.
„Und jetzt?“ wollte er von mir wissen.
„Jetzt legen sie auf und rufen mich unter der neuen Handynummer zurück. Sie speichern sie dann ab unter ihren Kontakten. Wissen sie, wie das geht?“
„Ja, klar, habe ich schon öfters gemacht.“
Er beendete das Gespräch und auch ich drückte ihn weg. Kurz darauf läutete mein Handy und Herr Reinheimer war dran.
„Na, das hat ja bisher alles gut funktioniert“, meinte ich erleichtert. „Und jetzt teilen sie ihren aktuellen Standort. Auf der App ganz nach unten scrollen und dann mit dem Punkt: Standort teilen, schicken sie mir unter WhatsApp ihren aktuellen Standort.“
Kurz darauf kam auch die WhatsApp von Herrn Reinheimer auf meinem Handy. Ich konnte nun genau anhand der Koordinaten erkennen, wo er sich befand.
Ich rief ihn umgehend zurück und teilte ihm mit, dass wir schon unterwegs wären und er sich auf keinen Fall wegbewegen sollte. Er versprach, sich ruhig zu verhalten und auf uns zu warten.
Ich informierte noch kurz Frau Stöcklgruber und riet ihr, doch andere Schuhe anzuziehen, denn ein Ausflug in den Wald mit Stöckelschuhen, ist sicher nicht unbedingt zu empfehlen. Zum Glück hatte sie immer feste Schuhe in Reserve und so konnten wir in Richtung Rusel starten.
Es war wenig Verkehr und wir kamen gut voran.
„Mina, es ist schon komisch, dass wir immer wieder die Rusel als Tatort haben“, wandte ich mich, während ich zügig weiterfuhr, an meine Kollegin. „Ich frage mich wirklich ernsthaft, ob wir beide das irgendwie beeinflussen. War doch früher nicht. Was meinst du?“
„Ja Franz, ich habe mich das auch schon gefragt. Aber ich habe keine schlüssige Antwort darauf, warum das so ist. Nehmen wir es wie es ist. Ändern können wir das sowieso nicht. Komm, lass uns das Beste daraus machen.“
Ich konzentrierte mich wieder aufs Fahren und hing den Worten von Frau Stöcklgruber nach. Sie hatte natürlich, wie immer, Recht. Schließlich waren wir keine Ursachenforscher, sondern Polizeibeamte bei der Deggendorfer Mordkommission.
Wir fuhren über den Ruselabsatz bergab in Richtung Golfclub. Da tauchte rechter Hand ein großes, neu erbautes Gebäude auf.
„Oh, schau mal, das gibt’s doch nicht“, entfuhr es mir überrascht. „Das ging schnell. Das neue Ruselhotel! Schau mal, wie großartig das geworden ist! Das müssen wir uns unbedingt noch anschauen, wenn wir danach noch Zeit haben, oder?“
„Ja, auf jeden Fall. Ich bin sehr gespannt, wie das geworden ist. Also von außen sieht es schon mal super aus. Und Gäste sind anscheinend auch schon da. Ich habe gar nicht mitbekommen, dass es schon eröffnet ist. Hast du etwas davon gelesen?“
„Nein, keine Zeile. Wenn man den alten Kasten noch in Erinnerung hat, ist das schon ein großer Meilenstein. Ich bin gespannt, wie es innen aussieht. Aber zuerst die Arbeit und dann das Vergnügen.“
Damit beendete ich unser Gespräch und bog links ab in Richtung Deggendorfer Golfclub. Auch hier waren mehrere Baumaschinen zu erkennen. Ich erinnerte mich an die Vorgabe des Investors, dass der Bau des neuen Ruselhotels nur dadurch möglich wird, wenn der Golfclub den Platz von 18 auf 27 Loch erweitert, und anscheinend sind sie gerade dabei, dies umzusetzen.
Ich parkte unser Auto und wir stiegen aus.
„Ahh, diese Luft, “ bemerkte ich in Richtung Frau Stöcklgruber. „Ist halt doch schon Bayerischer Wald.“ Ich atmete tief ein und aus und fuhr fort: „Ich versuche nun den Greenkeeper, Herrn Kreutl, zu erreichen. Der kennt sich doch am besten hier heroben aus und kann uns sicher den kürzesten Weg zum Herrn Reinheimer zeigen.“
„Reinheimer?“
„Ja, der Mann, der die Leiche entdeckt hat, nennt sich Reinheimer.“
„Ach so, alles klar.“
Ich zückte mein Handy und scrollte meine Kontakte, bis ich Herrn Kreutl gefunden hatte. Ich wählte die Nummer und er war sofort am Telefon.
„Hallo Herr Kreutl, Kommissar Breslmaier von der Deggendorfer Mordkommission. Wir kennen uns vom Mordfall Brunner, wenn sie sich erinnern.“
„Ja, ja, natürlich. War schon sehr dubios damals. Hut ab, haben sie schnell gelöst. Wie kann ich ihnen helfen? Was gibt es Neues, Herr Kommissar?“
„Herr Kreutl, können wir uns irgendwo treffen? Ich müsste ihnen etwas zeigen. Wenn es geht, so schnell wie möglich. Wir haben nämlich schon wieder eine Leiche hier auf der Rusel.“
„Das gibt es doch nicht“, gab er überrascht von sich. „Scho wieda a Leich. Ich bin gleich bei ihnen. Wo sind sie gerade?“
„Wir stehen am Parkplatz vor dem Clubhaus. Sie können uns nicht verfehlen.“
„Ich komme sofort.“
Und wirklich. Nur Augenblicke später kam er mit seinem Golfcart angerast. Er begrüßte uns, ohne auszusteigen.
„Hallo Herr Kreutl“, begrüßte ich ihn mit Handschlag. „Danke, dass sie für uns Zeit haben.“
„Grüß Gott Frau Stöcklgruber und Herr Breslmaier. Wie kann ich ihnen helfen? Ich bin nur momentan etwas im Stress. Sie wissen ja, wir erweitern auf 27 Löcher und natürlich gibt es da viel zu tun. Aber es wird und wir freuen uns alle auf die Eröffnung.“
„Wann ist es denn soweit?“, wollte ich von ihm wissen.
„In vier Wochen sind wir fertig, wenn hoffentlich das Wetter mitspielt und nichts dazwischenkommt. Es wird ein absoluter Traum. Wir alle können es kaum erwarten, wenn die ersten Bälle fliegen. Und jetzt zu ihnen. Wie kann ich helfen?“
„Also“, sagte ich „wir haben eine Leiche und ich kann ihnen den Standort von Herrn Reinheimer, das ist der Herr, der die Leiche gefunden hat, anhand einer APP zeigen, die er uns geschickt hat. Und niemand anders als sie können uns den kürzesten Weg zu ihm zeigen. Hier schaun sie mal.“
Ich holte mein Handy aus dem Jackett und zeigte ihm den von Herrn Reinheimer zugeschickten Standort.
Er schaute sich das Display an, zoomte es und meinte: „Ja, das ist in der Nähe vom Abschlag der Bahn 18. Kommen sie, ich fahre sie dort hin. Herr Kommissar, sie müssten sich allerdings hinten auf das Cart stellen. Vorne können leider nur zwei Personen sitzen, bitte gut festhalten, dann geht das schon. Ist zwar nicht erlaubt, doch das ist ja ein Ausnahmefall.“
Ich stellte mich hinten auf das Cart, wo normalerweise, wie ich von früher wusste, die Golftaschen, oder wie die heißen, festgemacht werden und hielt mich links und rechts an der Dachkonstruktion fest. Frau Stöcklgruber nahm vorne Platz und schon ging es los. Herr Kreutl gab Gas und wir fuhren am Clubhaus vorbei, leicht bergauf auf dem Fairway der Bahn 16, was ich von früher noch wusste.
Es ruckelte und schaukelte ganz ordentlich und ich hielt mich tapfer fest. Herr Kreutl schaute auch ab und zu mir nach hinten, ob auch alles in Ordnung wäre. Doch es passte und so kamen wir, vorbei am Grün der Bahn 16, zum Abschlag der Bahn 18.
„So Herr Kommissar, wir haben es geschafft. Von hier aus müssen sie leider zu Fuß weitergehen. Die neuen Bahnen gehen leider nicht in ihre Richtung, sondern bergab in Richtung Bahn 15. Das alles kann ich ihnen, wenn sie wollen, gerne auch später erklären und zeigen. Es hat sich durch die Erweiterung einiges verändert. Vor allem der Verlauf der Bahnen ist komplett neu. Wie sie jetzt schon erkennen können, sind wir schon sehr sehr weit, “ gab er sichtlich stolz von sich.
Er deutete nach rechts zu der anscheinend neu verlaufenden Bahn und wirklich, es war schon alles satt grün und wirkte bereits sehr gepflegt.
„Ja Herr Kreutl, da möchte man am liebsten mit dem Golfspielen beginnen, so schön wie es hier aussieht. Und dazu die großartige Aussicht in den Bayrischen Wald und die gute Luft. Vielleicht überlege ich es mir doch noch.“
„Das kann ich ihnen nur empfehlen. Und sie, Frau Stöcklgruber? Kein Interesse?“
„Interesse schon, aber ich denke, da bin ich noch zu jung dafür. Wenn ich mal in Rente bin, dann könnte ich mir das schon vorstellen.“
„Den Spruch kenne ich“, gab Herr Kreutl entrüstet von sich. „Sie werden sich wundern, wie schnell man den Golfvirus eingefangen hat. Man kann nie früh genug mit dem Golfsport beginnen. Später werden sie es bereuen. Denken sie an meine Worte.“
Damit verabschiedete er sich, wendete das Cart, hob noch grüßend den Arm und brauste davon.
„Mina, ich muss mich jetzt erst mal orientieren, wo wir hier sind.“ Ich fischte mein Handy aus meinem Jackett und tippte auf die App, in der der Standort von Herrn Reinheimer gespeichert war.
Wir waren, so sah es zumindest aus, nicht weit von ihm entfernt. Sollte also kein Problem sein, ihn zu finden. Wir machten uns auch umgehend in die vermutete Richtung auf. Es war nicht so einfach, da der Wald doch stellenweise sehr dicht und der Untergrund zum Teil morastig und sumpfig war. Nach etwa 15 Minuten sahen wir unseren gesuchten Mann, Herrn Reinheimer, ein etwa 60-jähriger, drahtiger Mann, mit einem 3-Tagesbart und einem auffälligen, schwarzen Cap mit einem Emblem der Band Greenfeets. Dazu musste ich ihn unbedingt später noch fragen. Er hatte blaue Jeans, einen Trachtenjanker und derbe Schuhe an, was zum Schwammerlsuchen sicher das richtige Gewand war. Er empfing uns erfreut und irgendwie erleichtert und wir stellten uns ihm vor. Anschließend gingen wir hinter ihm im Gänsemarsch zum Fundort. Es ging langsam voran, da Herr Reinheimer sich immer wieder vergewissern musste, ob die Richtung, die er eingeschlagen hatte, auch stimmte. Nach etwa 15 Minuten erreichten wir endlich unseren Zielort.
Es sah schon komisch aus, wie der Mann dort lag, wie aufgebahrt. Seine Hände auf der Brust verschränkt, um ihn herum bunte Schwammerl aufgereiht und seine Augen weit geöffnet, als ob er uns anschauen würde. An seiner linken Schläfe konnte man eine große Wunde erkennen, wahrscheinlich die Stelle, die für seinen Tod verantwortlich war. Das alles waren nur Spekulationen. Das sollte Frau Doktor Krankl genauer feststellen. Irgendwie kam er mir bekannt vor, aber ich konnte ihn noch nicht zuordnen. In meinem Kopf war ein Zahnrad noch nicht eingerastet und das konnte dauern.
Ich fragte Frau Stöcklgruber, ob ihr das Opfer nicht bekannt vorkam, doch sie verneinte nur. „Nein, keine Ahnung. Komisch schaut das alles hier schon aus. Wie ein Altar auf dem ein Toter aufgebahrt ist. Und dann diese Umrandung mit den Pilzen …..“
„Schwammerl“, unterbrach ich sie besserwisserisch, „sagt man bei uns, nicht Pilze. … Ähhhh“, ich kratzte mich an der Nase, was ich immer tat, wenn ich überlegen oder nachdenken musste. „Ich würde zu dem Fall gerne einen Schwammerlexperten mit dazu ziehen. Vielleicht kann uns der weiterhelfen. Denn irgendwie muss dieser ganze Auftritt doch eine Bedeutung haben. Oder was meinst du?“
„Ja, wenn du einen kennst, dann wäre es sicher nicht verkehrt. Vielleicht kann uns der weiterhelfen. Wer weiß. Kennst du denn einen Experten?“
„Ja, den kenne ich: den Karl Ziegenheimer. Ein guter Freund oder auch Bekannter von mir. Wir treffen uns im Jahr so zwei- bis dreimal zum Wandern oder zum Ratschen. Meine Frau Claudia geht mit seiner Frau in dieselbe Turngruppe und du weißt ja, Frauen haben sich immer etwas zu erzählen, oder?“
Anscheinend hatte ich da einen wunden Punkt bei ihr getroffen, denn sie antwortete vehement: „Also Franz, als wenn sich Männer nichts zu erzählen hätten: Fußball, Fußball und nochmal Fußball, na ja, vielleicht auch mal Eishockey oder Handball. Aber wann reden sie schon mal über Kinder oder Urlaub oder, oder? Als wenn sie das den Damen überlassen würden. Es ist halt so. Und unsere Frauenthemen sind eben unerschöpflich. Und wenn die einen Themen erledigt sind, dann haben wir immer noch neue Kochrezepte oder Kindererziehung oder die Männer. Eben alles sehr wichtige Anliegen, die auch oft euch Männer betreffen. Verstehst du?“
Ich verstand und wollte das Gespräch nicht weiter vertiefen, denn im Grunde hatte sie ja recht, wie immer.
„Wie gehen wir jetzt weiter vor? Hast du eine Idee?“ wollte ich von ihr wissen.
„Also zunächst brauchen wir Frau Doktor Krankl von der KTU und dann sollten wir auch die gesamte Mannschaft der Spurensicherung organisieren, denn ich glaube, dass hier in der Umgebung noch einiges an Spuren vorhanden ist, das uns weiterbringt. Das Problem ist nur, wie bekommen wir die Leute hier her. Kein Netz, mitten im Wald und auch kein Weg.“
„Genau! Wir, oder einer von uns beiden, muss zurück an den Punkt, wo uns Herr Reinheimer getroffen hat. Von dort telefoniere ich, also ich übernehme gerne den Job, mit Frau Doktor Krankl und Frau Unholzer. Sie muss den Rest organisieren. Dann ruf ich noch den Herrn Ziegenheimer an, dass er, sofern er Zeit hat, zu uns stößt. Das Problem ist nur, wie gabeln wir die Leute auf? Bis zum Golfclub ist es sicher kein Problem. Und dann?“
„Also ich schlage vor, dass Herr Reinheimer zu dem Punkt im Wald geht, wo wir uns mit ihm getroffen haben. Du, Franz, gehst zur Bahn 18 und wartest auf die Ankömmlinge und bringst sie zu Herrn Reinheimer. Gib bitte auch Herrn Kreutl vom Golfclub Bescheid, dass er die Personen zu dir hochfährt. Das wird er schon machen, wenn du ihn freundlich darum bittest. Ist alles etwas kompliziert. Aber was solls. Also treffen sich unsere Leute am Clubhaus vom Golfclub. Ich bleibe hier bei der Leiche und versuche mich still zu halten, damit ich keine Spuren verwische, die uns vielleicht weiterhelfen können. Was hälst du von meinem Vorschlag?“
„Alles klar, machen wir so.“
Ich machte mit meinem Handy noch ein paar Fotos von dem Toten. Man konnte nie wissen, wozu man sie brauchen könnte.
Herr Reinheimer und ich machten uns auf den Rückweg und sobald wir Netz hatten, rief ich zuerst Frau Doktor Krankl und anschließend Frau Unholzer an. Herrn Ziegenheimer erwischte ich beim Einkaufen. Ich erklärte ihm kurz mein Anliegen und er war sofort Feuer und Flamme, und er wollte sich so bald als möglich auf den Weg zu uns machen. Letztendlich rief ich noch Herrn Kreutl an, der sich nach einigem Hin und Her, doch dazu bereit erklärte, uns zu helfen. Mehr konnte ich momentan nicht tun. Ich verabschiedete mich von Herrn Reinheimer und machte mich auf den Weg zum Ausgang des Waldes.
Ich folgte den Fußspuren, die Frau Stöcklgruber und ich hinterlassen hatten. Im Groben wusste ich ja, welche Richtung ich einschlagen musste. Es dauerte auch nicht lange, bis ich den Wald hinter mir hatte und den Abschlag der Bahn 18 erreichte. Ich musste unbedingt Herrn Kreutl noch erreichen, um ihm zu sagen, dass er den Spielbetrieb auf den Bahnen 16 bis 18 sperren sollte, da dort jetzt bald mehrere Menschen unterwegs sein würden und es für die sehr gefährlich werden könnte.
Ich erreichte ihn auch umgehend und er hatte schon daran gedacht und entsprechende Schilder aufgestellt. Der Mann ist gut! Ich sollte ihm nur Bescheid geben, wenn die ganze Aktion abgeschlossen sein würde, um die Schilder dann wieder zu entfernen. Ich bat ihn abschließend noch, ob es nicht die Möglichkeit gab, dass er uns einige Golfcarts zur Verfügung stellen könnte, dann könnten wir uns unabhängig von seiner Hilfe, entsprechend bewegen. Er willigte ein und versprach einige Carts am Clubhaus bereit zu stellen. Ich bedankte mich und ich machte mich auf den Weg zum Clubhaus, um die Carts in Empfang zu nehmen.
In Gedanken verloren ging ich den Abhang der Bahn 16 hinunter in Richtung Clubhaus. Ich dachte nochmal an den Toten, doch ich konnte ihn bisher noch zu keiner Person zuordnen. Irgendwann sollte er mir schon einfallen, da war ich mir ganz sicher. Das Zahnrädchen machte noch nicht klick.
Ich betrat das Clubhaus, um mir einen Cappuccino zu gönnen, bis die ersten Personen eintreffen sollten. Die Wirtin, ich kannte sie ja von einem meiner zurückliegenden Fälle, dem Mord an Herrn Brunner. Ich erinnerte mich sogar noch an ihren Namen: Frau Steiner. Mein Gedächtnis ließ mich hier nicht im Stich!
Sie begrüßte mich herzlich mit den Worten: „Hallo Herr Kommissar. Schön sie wieder zu sehen. Hat sie das Golf-Virus jetzt doch angesteckt?“
„Grüße sie, Frau Steiner. Nein, ich bin leider beruflich wieder hier. Doch wer weiß, vielleicht packt es mich doch noch irgendwann.“
„Beruflich?“ erwiderte sie interessiert. „Ist denn schon wieder etwas passiert, was ich wissen sollte?“
„Ja, leider“, bemerkte ich mit trauriger Stimme „an der Rusel muss irgendetwas dran sein, dass sich in letzter Zeit diese Fälle derartig häufen. Schon komisch, oder finden sie nicht?“
„Na ja, komisch ist das schon. Doch wir als Golfclub können da sicher nichts dafür, oder? Hat denn der neue Fall etwas mit uns zu tun?“
„Das wissen wir noch nicht. Auf jeden Fall haben wir wieder einen Toten. Ich würde ihnen gerne ein Bild von ihm zeigen. Vielleicht kennen sie ihn ja. Ich kenne ihn auch irgendwie, aber ich kann ihn noch nicht zuordnen.“
Ich holte mein Handy aus der Tasche und öffnete meine gespeicherten Fotos. Ich klickte das entsprechende Bild an und zeigte Frau Steiner das aufgenommene Bild des Mordopfers.
„Oh, “ sagte sie überrascht „das ist Herr Thalhofer, den kenne ich. Sein Sohn ist mit meiner Tochter ins Gymnasium gegangen. Er sitzt im Deggendorfer Stadtrat bei den Grünen. Er war auch ab und zu bei uns zum Kaffeetrinken. Und den hat jemand umgebracht? Unglaublich, was für Menschen bei uns herumlaufen.“
„Ui, das nenne ich Glück. Jetzt haben sie mir wirklich sehr geholfen! Ein grüner Stadtrat wird Mordopfer! Unglaublich. Haben sie sonst noch Informationen für mich? Hat er ihnen vielleicht erzählt, warum er hier auf der Rusel unterwegs war?“
„Ja natürlich haben wir uns darüber auch unterhalten. Er ist, ach Gott, er war passionierter Schwammerlsucher. Außerdem hat er die Bauarbeiten für die neuen neun Löcher des Golfclubs sehr genau verfolgt. Das hat ihm so gar nicht gepasst. Umweltzerstörung, hat er mir immer wieder vorgehalten. Ich kann doch da am wenigsten dafür. Ich leite das Restaurant für den Golfclub. Was die da bauen und planen, das geht mich auch nichts an. Das ist der Club!“
„Da haben sie recht“, bekräftigte ich ihre Aussage. „Ich sage es gerne nochmal: sie haben uns wirklich sehr viel weitergeholfen und wir werden uns sicher noch einmal mit ihnen unterhalten, dann ist auch bestimmt meine Kollegin, die Kommissarin Stöcklgruber mit dabei, die kennen sie ja auch, natürlich bei einem ihrer tollen Cappuccinos. Ach übrigens, könnte ich jetzt gut einen brauchen.“
„Sehr gerne Herr Kommissar, kommt sofort.“ Sie drehte sich um und entschwebte in Richtung der großen, silbernen Kaffeemaschine im Hintergrund. Ich setzte mich an einen freien Tisch und checkte mein Handy. Der Schwammerlpapst, Herr Ziegenheimer, meldete mir, dass er schon unterwegs auf die Rusel ist. Sollte daher bald da sein. Ich schrieb ihm zurück, dass, sobald er da ist, mich anrufen sollte.
Frau Steiner kam mit der Tasse Cappuccino und er roch nicht nur verlockend, sondern sah auch noch verlockend aus: auf dem Milchschaum waren ein Herz und Sterne künstlerisch aufgesprüht. Der erste Schluck war himmlisch! Genau wie ich ihn mochte. Doch leider musste ich das Kunstwerk zerstören. Was solls …
Ich wollte gerade mein Handy in die Hand nehmen, als es klingelte.
„Hey Franz, das ging ja flott“, begrüßte mich Herr Ziegenheimer.
„Hallo Karl, “ meldete ich mich „schön, dass du Zeit für uns hast.“
„Ja nehme ich mir für dich gerne. Wir sehen uns zwar nicht so oft, aber unsere Ladies sind doch sehr verbandelt. Das sollten wir in Zukunft ändern, oder? …. Ich stehe vor dem Clubhaus. Wo bist du?“
„Ich sitze hier im Clubhaus bei einem himmlischen Cappuccino. Komm rein, wir müssen ja noch auf die anderen warten. Die kommen alle aus Straubing und das kann noch ein bisschen dauern. Ich lade dich natürlich ein.“
„Bin schon unterwegs“, hörte ich noch und schon ging die Eingangstüre vom Clubhaus auf und Herr Ziegenheimer kam mit großen Schritten auf mich zu.
Ich hob die Hand und winkte ihn zu mir an den Tisch.
Karl Ziegenheimer, knapp über 70, sportlich, schlank und immer einen verschmitzten Blick auf Lager. Einen Friseur hatte er nicht mehr nötig, was er mir in der Vergangenheit immer wieder als großen Vorteil geschildert hatte: was er dadurch an Geld einsparte! Doch das war jetzt nicht das Thema. Wir begrüßten uns herzlich und ich bestellte bei Frau Steiner noch einen zusätzlichen Cappucino.
„Karl“, begann ich das Gespräch, „schön, dass du gleich kommen konntest.“
„Also, wenn die Mordkommission ruft, dann muss etwas Besonderes passiert sein, oder?“
„Da hast du natürlich recht. Wir haben einen Toten im Wald und wir tappen noch im Dunklen. Zumindest weiß ich inzwischen, wer der Tote ist. Ein grüner Deggendorfer Stadtrat! Unglaublich.“
„Und warum und wozu brauchst du dann mich?“ wollte er neugierig wissen.
„Na ja, wenn sich einer mit Schwammerl auskennt, dann bist es doch du, oder?“
„Das kannst du annehmen“, antwortete er sichtlich geschmeichelt. „Ein Toter und Schwammerl? Wie passt das denn zusammen?“
„Na, das wirst du schon noch sehen. Wir warten jetzt nur noch auf das Team aus Straubing und dann machen wir uns auf den Weg in Richtung des Fundorts. Hast du schon einmal einen Toten gesehen?“ wollte ich noch von ihm wissen.
„Eigentlich nicht. Ich bin hart im Nehmen und ich denke, das haut mich nicht um. Bin jetzt bestens darauf vorbereitet. Ich bin gespannt, was mich da erwartet. Übrigens, hast du nicht auch eine Kollegin, mit der du zusammenarbeitest?“
„Ja natürlich, nur die musste ich bei der Leiche zurücklassen, damit hier nichts passiert, was wir später vielleicht bereuen, oder nicht mehr rückgängig machen können. Ich denke da an Wildtiere oder ähnliches. Man weiß nie, was im Wald so alles herumläuft.“
Damit gab er sich zufrieden und wir genossen unseren Cappucino.
Mein Handy machte sich bemerkbar. Frau Doktor Krankl aus Straubing.
„Hallo Frau Doktor Krankl, schön, dass es so schnell geklappt hat“, begrüßte ich sie. „wo sind sie jetzt?“
„Ich stehe vor dem Clubhaus.“
„Wir kommen gleich zu ihnen. Einen Moment.“ Wir tranken hastig unseren Cappucino aus. Ich zog meinen Geldbeutel aus meinem Sakko.
„Geht aufs Haus“, kam mir Frau Steiner zuvor. Wir bedankten uns, verabschiedeten uns freundlich von ihr und machten uns auf den Weg.
Frau Doktor Krankl wartete schon auf uns. Ich begrüßte sie und stellte ihr Herrn Ziegenheimer als Schwammerlexperten vor.
„Ah, ein Schwammerlexperte, sehr interessant. Warum sind sie denn jetzt bei dem Fall mit dabei? Geht es denn hier und heute um Schwammerl? Ich dachte ich bin wegen einem Toten hier?“