Schwarze Asche - Liselotte Roll - E-Book

Schwarze Asche E-Book

Liselotte Roll

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Beschreibung

Ein junger Mann wird brutal ermordet an einem See gefunden. Neben der Leiche liegen Hunderte tote Vögel - die Flügel an den Körper geschmiegt, so als würden sie schlafen. Die Profilerin Linn Kalo und ihr Mann, Kommissar Magnus, nehmen die Ermittlungen auf und geraten schon bald in ein Netz aus Lügen, das sich immer enger zuzieht.

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

Widmung

Prolog

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Die Autorin

Die Romane von Liselotte Roll bei LYX

Impressum

LISELOTTE ROLL

Schwarze Asche

Kalo ermittelt

Roman

Ins Deutsche übertragen von

Ulrike Brauns

Zu diesem Buch

Sie würde sterben, er würde sterben, alle würden sterben, und daran ließ sich nichts mehr ändern …

Die Leiche eines jungen Mannes wird an einem idyllischen Seeufer im Wald gefunden. Er wurde brutal mit einer Axt enthauptet, und um ihn herum liegen Dutzende tote Vögel. Kommissar Magnus Kalo übernimmt die Ermittlungen. Mit Anders Levander steht der Täter schnell fest, aber er ist stark traumatisiert und muss in ein Krankenhaus gebracht werden. Während sich die Profilerin Linn Kalo um ihn kümmert, erkennt sie bald, dass der Mann selbst Todesangst hat und ein entsetzliches Geheimnis verbirgt. Bevor sie mehr über sein Motiv erfahren kann, überwältigt er Linn und entkommt der Polizei. Kurze Zeit später wird auch Anders auf grausame Weise ums Leben gebracht. Obwohl Magnus vermutet, dass die Morde in Zusammenhang stehen, lässt sich keine Verbindung zwischen den Opfern herstellen. Der Fall wird noch undurchsichtiger, als sich herausstellt, dass die Frau und der Sohn des Täters seit Monaten wie vom Erdboden verschluckt sind. Hat er die beiden ebenfalls umgebracht, oder sind sie auf der Flucht? Nicht ahnend, dass dies erst der Anfang eines mörderischen Racheakts ist, versuchen Magnus und Linn das grausame Rätsel zu entwirren – und geraten dabei in tödliche Gefahr …

Für Lo Roll

1939–2013

Erzähl mir etwas über dich, das niemand sonst weiß, erzähl mir ein Geheimnis. Es könnte unser kleines Geheimnis werden, deins und meins, ein Geheimnis, das nur uns gehört, das wir vor dem Rest der Welt verbergen, sagte sie. Und er konnte nicht widerstehen. Er wollte es so gern loswerden.

 

PROLOG

Es war kurz nach Mitternacht, als die ersten Vögel vom Himmel fielen. Zunächst landeten nur vereinzelte sanft wie Federn auf dem Boden, dann immer mehr. In der Dunkelheit sahen ihre fallenden Körper wie Schatten aus, und schon bald lagen ein paar Dutzend kleiner schwarzer Vögel auf dem Kiesweg. Sie bildeten einen starken Kontrast zu den weiß blühenden Schlehdornbüschen, und obwohl die Vögel kopfüber in den Tod gestürzt waren, lagen die meisten auf dem Rücken, die Flügel an den Körper geschmiegt, als würden sie einfach nur selig schlummern.

Der Mann, der mitten auf dem Weg stand, wirkte wie erstarrt. Im schwachen Licht des Mondes war er kaum zu erkennen. Wenn ihn jemand gesehen hätte, wäre ihm aufgefallen, dass er sich die Hand vor den Mund hielt, um nicht laut zu schreien. Aber er war allein, und bis auf den Frühlingswind, der die Blätter der umstehenden Bäume rascheln ließ, war kein Geräusch zu hören.

Langsam hob er den Blick zum Himmel. Die Vögel hatten etwas von fallenden Blättern an einem schönen Herbsttag. Aber es waren keine fallenden Blätter, und Herbst würde es auch nie wieder werden, zumindest nicht für ihn, nicht nach dem, was er getan hatte. Er war kein Mensch mehr. Was an ihm einmal menschlich gewesen war, gab es nicht mehr. Seine Finger fühlten sich taub an, als ihm die blutige Axt aus der Hand glitt.

Das Knallen von Feuerwerkskörpern mischte sich mit den Stimmen eines Chors, der in der Ferne sang. Willkommen, lieber schöner Mai.

MONTAG, 30. APRIL

1

Sie würden sterben, er würde sterben, alle würden sterben, und daran ließ sich nichts ändern.

Friedrich Steuer beobachtete verstohlen die Frau vor sich in der Schlange. Sie legte ihre Handtasche in eine der großen grauen Plastikschalen, nahm aber noch Handy und Schlüssel heraus, um sie in einer separaten, kleineren Kiste zu deponieren. Bevor sie auf der anderen Seite der Sicherheitskontrolle alles wieder einpackte, lächelte sie Friedrich kurz an. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, jetzt war er an der Reihe. Er setzte eine, wie er hoffte, gelassene Miene auf und bearbeitete weiter das Kaugummi. Jetzt konnte er am wenigsten irgendwelche Fragen gebrauchen, die ihn aus dem Konzept brachten.

»Haben Sie Flüssigkeiten oder scharfe Gegenstände bei sich?«

Der rothaarige Mann vom Sicherheitspersonal betrachtete ihn herablassend.

»Nein.«

Es stimmte, er hatte nichts bei sich, alles wartete in Schweden auf ihn. Er war nur Teil einer todbringenden Maschine, ein unfreiwilliges Werkzeug, das ein simpler Röntgenscanner nicht erfassen konnte. Selbst wenn sie seine Tasche komplett auf den Kopf stellten, würden sie nichts anderes als ein paar Unterhosen und T-Shirts finden.

»Sicher?«

»Ganz sicher.« Friedrich kaute wie verrückt auf seinem Kaugummi herum und konzentrierte sich auf den Minzgeschmack, um nicht doch noch mit einem Blick Misstrauen zu wecken. Scheitern war keine Option. Er verdrängte die aufkommenden Gedanken an seine Frau Katharina und ihren Sohn Sascha.

»Machen Sie Urlaub?«

»Ja, so in der Art. Ich treffe ein paar Freunde.«

Der rothaarige Mann zuckte mit den Schultern und widmete sich wieder dem Bildschirm.

»Schöne Reise«, murmelte er noch.

Friedrich Steuer wusste nur zu gut, dass an dieser Reise nichts schön sein würde. Nichts war mehr schön und leicht seit jenem schicksalsträchtigen Tag, an dem er sich in ein Kölner Internetcafé begeben hatte. Warum war er nur so ein Idiot? So ein unglaublicher Vollidiot? Die Antwort war einfach. Es war dieses Verlangen, das ihn trieb, das Verlangen nach Anerkennung. Und als es erst einmal richtig angefangen hatte, konnte er sich von dem Internetportal fast nicht mehr fernhalten. Schon bald war das, was als harmloser Chat mit einem Mädchen aus Schweden begonnen hatte, zu einem Albtraum geworden. Er erinnerte sich noch genau an die ersten Worte, die auf dem Bildschirm aufgetaucht waren: Siehst du gut aus?

Er hatte selbstverständlich mit Ja geantwortet, obwohl er sich darüber im Klaren war, dass die wenigsten ihn so beschreiben würden. Sein kantiges Gesicht war weder schön noch ansprechend. Die schiefen Mundwinkel verliehen ihm einen mürrischen Ausdruck, außerdem waren die Wangen ein kleines bisschen eingesunken. Auf den ersten Blick machte er einen harten Eindruck. Nur wer sich die Mühe machte, ihm tief in die schmalen Augen zu schauen, konnte ahnen, dass er nichts mehr fürchtete, als kritisiert oder gar abgewiesen zu werden. Doch niemand kannte den Grund dafür, nicht einmal Katharina oder Sascha. Nur die schwedische Frau aus dem Internet wusste nun alles über ihn. Sie war so weit weg gewesen, eine anonyme Stimme in einem anderen Land, fast ein Fantasieprodukt. Nie hätte er gedacht, dass sie je so real werden würde.

Er schob das Handgepäck in den Stauraum über seinem Platz und sank auf den Sitz. Gott sei Dank war das Flugzeug nur halb voll, immerhin würde er so um den elenden Small Talk mit irgendeinem Fremden herumkommen.

Das wäre auch ein äußerst absurdes Gespräch geworden: »Ja also, ich heiße Friedrich Steuer und bin auf dem Weg nach Schweden, um dort ein paar Menschen umzubringen … Nein, ehrlich gesagt, weiß ich selbst nicht so genau, wen …«

Er hatte kurz darüber nachgedacht, Katharina einen Abschiedsbrief zu hinterlassen, immerhin hatten sie die vergangenen zwölf Jahre miteinander verbracht, aber ihm war nichts eingefallen, was er hätte schreiben können.

Außerdem würde sie ihm ohnehin nicht vergeben.

 

2

Die Tür eines roten Backsteinhauses im Bussardweg in Köln wurde geöffnet. Katharina Steuer trat heraus und schaute sich um. Zum elften Mal in Folge tat sie das nun, und diesmal war sie sich hundertprozentig sicher, draußen Schritte gehört zu haben. Sie blinzelte in die Dunkelheit und konnte dennoch unmöglich bis ans Ende der Straße sehen.

Jetzt, als alle Nachbarn schliefen, wirkten die kleinen Grundstücke auf bedrückende Weise verlassen. Eine schwarze Katze spazierte lässig über die niedrige Mauer zum Nachbarsgarten. Obwohl Katharinas Nerven bis aufs Äußerste gespannt waren, hörte sie nicht, wie die weichen Ballen sich über die dunklen Steine bewegten. Es war fast unwirklich still.

Friedrich war seit gestern spurlos verschwunden, und Katharinas Gefühle pendelten zwischen extremer Sorge und reiner Wut. Um Punkt zweiundzwanzig Uhr hatte sie ihn als vermisst gemeldet, genau neun Stunden nachdem sie zusammen in der Personalkantine zu Mittag gegessen hatten.

Da war ihr nichts Ungewöhnliches an ihm aufgefallen. Vielleicht hatte er noch ein wenig verschlossener gewirkt als sonst, aber so war er nun einmal, still und introvertiert. Nur gelegentlich zeigte sich ein Funkeln in seinen Augen, in der Regel dachte er dann gerade an Sex. Er war absolut fantastisch im Bett, der beste Liebhaber, den sie je gehabt hatte, und sie hatte viele gehabt.

Seine Zurückhaltung war es, die sie scharf machte. Sie wollte ihn besiegen, ihn zur endlosen Ekstase treiben, und doch war meist sie es, die diese erreichte.

Wie merkwürdig, dass ihr ausgerechnet jetzt etwas so Unwichtiges wie Sex durch den Kopf ging. Denn das hier war schließlich eine handfeste Krise, eine Lebenskrise sozusagen.

Sie schlang das rosafarbene Nachthemd enger um sich und starrte weiter in die Nacht hinaus.

Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er sie freiwillig verlassen würde. Friedrich hatte sie immer als Trophäe gesehen, und ein kurzer Blick in den Spiegel reichte, um zu wissen warum. Mit ihren Lachfältchen, den dunklen Locken und der perfekten Figur bot sie mehr, als die meisten Männer sich zu träumen wagten. Noch dazu war Friedrich zehn Jahre älter als sie und weder wirklich attraktiv noch sonderlich begabt im Umgang mit anderen Menschen. Aber er war intelligent. Ihr Vater hatte einmal angedeutet, dass Friedrich sie bevormundete, doch das hatte sie selbst nie so gesehen. Sie vertraute Friedrich, weil er es einfach besser wusste. Und genau aus diesem Grund machte sie auch, was er sagte.

In einem Fenster ein Stück die Straße hinunter ging das Licht an. Hastig ging Katharina wieder ins Haus und schloss die Tür hinter sich.

Der Flur war nicht gut beleuchtet, und die Wandverkleidung aus dunkler Eiche verschmolz mit dem gleichfarbigen Boden aus Eichenholz. Sie hatten renovieren wollen, und dann war doch nichts daraus geworden. Wobei es mittlerweile auch keine Notwendigkeit mehr dazu gab, schließlich empfingen sie keine Gäste mehr. Früher hatte Katharina Partys und Feste geliebt, war wie eine Prinzessin gewesen, die immer einen Schwarm Männer hinter sich herzog. Nun gab es nur noch sie und ihn. Oder womöglich nur noch sie?

Nervös biss sie an der Nagelhaut ihrer Finger herum.

Wie konnte er sie nur ohne ein Wort verlassen?

Was, wenn er doch eine andere kennengelernt hatte? Eine, der es gelungen war, seine graue Fassade zu durchdringen?

Dahinter lag ein blauer Himmel, dessen war sie sich sicher. Und der Gedanke, dass es jemand anderem gelungen war, das freizulegen, was sie seit über einem Jahrzehnt bei ihm gesucht hatte, bereitete ihr Magenschmerzen.

Sie lief weiter in die Küche, wo sie sich auf die Spüle stützte. Der Gestank von altem Fisch schlug ihr entgegen. Sie hatte, seit Friedrich verschwunden war, nicht für Ordnung gesorgt und begann nun umständlich, fast schlafwandlerisch, die Spülmaschine einzuräumen, während sie den Brechreiz mühsam unterdrückte.

Zum Glück war Sascha gerade bei ihren Eltern und würde erst in ein paar Tagen nach Hause kommen, wenn Friedrich hoffentlich auch wieder da war. Was sollte sie ihrem Sohn sonst sagen? Mit seinen knapp zehn Jahren vergötterte er seinen Vater. Er würde eine Erklärung erwarten, und sie konnte ihm nur erzählen, dass sie Friedrich zum Mittagessen getroffen hatte, wo er erwähnt hatte, er müsse noch etwas besorgen, und dann nicht nach Hause gekommen war. Das ging einfach nicht.

Sie musste etwas tun.

DIENSTAG, 1. MAI

3

Die verstreuten Leichenteile und die toten Vögel boten einen grotesken Anblick.

Kriminalkommissar Magnus Kalo ging in die Hocke und erschauderte. Was für ein Albtraum. Trotzdem konnte er den Blick nicht von den Dutzenden toter Vögel abwenden, die vor ihm auf dem Boden lagen. Sie sahen so friedlich aus, so unversehrt, als könnten sie sich jederzeit schütteln und fortfliegen. Es war kurz nach acht am Morgen, und Magnus ließ den Blick schnell über den Kiesweg wandern.

Erst als er richtig nah gewesen war, hatte er die menschlichen Überreste gesehen. Den Kopf, der bis an den Wegrand gerollt war, und den übel zugerichteten Körper, der halb von Buschwerk verborgen im Graben lag.

Obwohl er auf den unschönen Anblick vorbereitet gewesen war, merkte er, wie sich ihm der Magen zusammenzog.

Ein Stück den Weg hinauf stand ein ausgebrannter Pkw. Der beißende Geruch von geschmolzenem Gummi lag in der sonst so frischen Frühlingsluft. Vor dem sprießenden Grün wirkte die schwarze Karosserie wie ein großes Skelett.

Was für ein Kontrast. Diese bestialische Szene ließ sich nicht mit der Stille des Waldes und dem fröhlichen Vogelgezwitscher in Einklang bringen.

Magnus zwang sich, zum Badeplatz zu schauen, der durch die Bäume schimmerte. Dort lag ein schöner kleiner Strand, so klein, dass es schon eng wurde, wenn sich zwei Familien gleichzeitig dort aufhielten. Das Schilf bot guten Schutz vor dem Wind, das wusste Magnus, weil er im letzten Frühjahr, als sie gerade nach Åkersberga gezogen waren, mit Linn und den Mädchen hier gegrillt hatte.

Langsam richtete er sich auf, und wie immer sträubten sich seine Beine ein wenig. Dann lief er die paar Schritte zum See hinunter und schirmte mit der Hand die Sonnenstrahlen ab. Von hier konnte er fast den ganzen See überblicken, der vollständig von Wald umgeben und so klein war, dass ein guter Schwimmer ihn problemlos einmal durchqueren konnte. Das eine oder andere Haus verbarg sich diskret hinter den Fichten, ansonsten gab es keine Anzeichen von Zivilisation.

Magnus drehte sich wieder zu der makabren Szene um. Bis eben war das noch ein beschaulicher Ort gewesen, doch jetzt war die Idylle dahin. Bald würde es hier nur so von Kriminaltechnikern und Polizisten wimmeln. Der Valsjön würde nie mehr so sein wie früher, zumindest nicht für Magnus.

Er ging ein paar Schritte auf den Kopf zu. Es war schwer zu sagen, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelte, die Insekten waren allerdings deutlich zu erkennen. Sie bewegten sich wie schwarze Punkte in dem dunkler werdenden Blut, und Magnus nahm an, dass sie bereits eifrig Eier legten.

Schwach drangen die Rufe der Polizisten zu ihm, die ein paar Hundert Meter entfernt an der Straße standen. Sie schienen sich schon wieder auf den Rückweg zur Wache im Zentrum von Åkersberga zu machen.

Magnus registrierte mit einem schnellen Blick, dass alles ausreichend gesichert war, bevor er sich den Kopf erneut genauer ansah.

Die ganze Sache war äußerst makaber, und er fragte sich, ob ihm jetzt wieder einer dieser seltsamen Krämpfe in der Hand drohte, die ihn neuerdings heimsuchten. Aus irgendeinem Grund schienen die Krämpfe immer dann zu kommen, wenn er besonders gestresst war.

Er spreizte die Finger, hörte aber sofort auf, als Roger Ekmans Wagen langsam den Hügel hinuntergerollt kam. Der etwas füllige Kollege winkte ihm durch die Scheibe zu, sein winterblasses Gesicht leuchtete weiß im Fahrzeug.

Als er kurz darauf aus dem Wagen stieg, verschwand sein heiterer Gesichtsausdruck wie von Zauberhand. Er starrte fassungslos zum Tatort.

Magnus ging zu ihm. »Ganz schön gruselig, findest du nicht?«

»Hm … sind die Kriminaltechniker unterwegs?«

»Sie sind zeitgleich mit dir losgefahren, sie müssten also jede Minute eintreffen. Ich habe ihnen gesagt, sie sollen oben an der Straße halten, damit sie keine Spuren verwischen.«

Roger schielte ein wenig beschämt zu seinem Wagen, der nur wenige Meter entfernt auf dem Waldweg stand.

»Das Wasser soll eine ganz angenehme Temperatur haben«, sagte Magnus und deutete zu dem kleinen Strand. »Eigentlich wollte ich im Sommer mal zum Baden herkommen.«

»Nicht mehr so verlockend, was?« Roger holte ein Taschentuch aus seiner Hose und schnäuzte sich.

»Letzte Nacht ist ein Notruf eingegangen von einem Mann, der am anderen Ufer wohnt, irgendwo da drüben.« Magnus nickte Richtung See. »Er hat einen Knall gehört, einen gewaltigen Knall.«

»Und wann?« Roger stopfte das Taschentuch zurück in die hintere Hosentasche.

»So gegen Mitternacht. Aber von all dem dort wusste er nichts, sagen die Kollegen.« Magnus nickte Richtung Straße. »Er hat nur gesehen, dass Rauch aufgestiegen ist, was in einer Walpurgisnacht ja nicht unbedingt ungewöhnlich ist, wenn überall Lagerfeuer brennen. Deshalb hat es mich auch gewundert, dass er überhaupt die Polizei verständigt hat.«

Roger dehnte sich den Nacken.

»Wieso statten wir ihm nicht gleich einen Besuch ab und reden mit ihm? Es klingt nämlich ganz so, als wären die Kriminaltechniker angekommen, die verjagen uns vermutlich sowieso erst mal.«

»Gute Idee, das machen wir«, sagte Magnus, augenscheinlich erleichtert, diesen Ort verlassen zu können. Er hörte, wie oben an der Straße mehrere Autotüren zugeschlagen wurden.

»Alles in Ordnung? Du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen«, fragte Roger, während sie zum Wasser hinuntergingen.

»Ja, alles okay, danke.« Die Worte klangen steif und selbst in Magnus’ Ohren falsch. Seit dem Arztbesuch gestern waren seine Nerven aufs Äußerste gespannt. Einen ganzen Monat musste er auf die Testergebnisse warten, dann würde er endlich erfahren, warum seine Beine nachts immer zuckten und er im ganzen Körper Krämpfe hatte. Ein Monat voller Ungewissheit. Obwohl er es sich selbst nicht eingestehen mochte, hatte er eine höllische Angst. Nicht nur um sich, sondern auch um seine beiden Mädchen, Moa und Elin. Wie würden die beiden es verkraften, wenn er plötzlich ernsthaft krank war? Der Arzt hatte ihn nicht gerade beruhigt, im Gegenteil. Er hatte ihm eine Liste von möglichen Diagnosen präsentiert, eine schlimmer als die andere. Parkinson, MS, Schädigungen des Nervensystems. Und dann die schlimmste von allen: Hirntumor. Das Wort schwirrte ihm mit solcher Vehemenz durch den Kopf, dass ihm richtig schwindlig wurde.

 

4

Vor Bosse Brovalls rotem Backsteinhaus stand eine ansehnliche Sammlung weißer Volvo 240. Obwohl bei einigen die Reifen fehlten, waren die Autos blank geputzt und sehr gepflegt. Magnus schaute sich mit ziemlicher Begeisterung um, bis er hinter einem der Fenster des Wohnhauses ein schmutziges Gesicht bemerkte, das sogleich wieder verschwand. Kurz darauf trat ein Mann auf die Veranda. Er trug eine blaue Latzhose, die bedenklich über dem dicken Bauch spannte. Er war von grober Statur und hatte kräftige Hände. Unter der Lippe zeichnete sich eine Portion Kautabak ab.

»Hallo!«, rief er. »Sind Sie von der Polizei? Da war doch vorhin schon jemand da.«

Magnus und Roger stellten sich auf die Treppe, ein paar Stufen unterhalb von ihm.

»Das waren die Kollegen von der hiesigen Wache, wir sind vom Landeskriminalamt.« Magnus hielt dem Mann automatisch seinen Dienstausweis hin.

Dieser beugte sich vor und sah ihn sich genauer an.

»Ja, reden Sie denn nicht miteinander? Oder sind Sie so etwas wie die Chefs der Chefs, die den Fall übernehmen?« Er lachte in sich hinein, wobei er eine gelbe Zahnreihe entblößte. Offenbar gefiel ihm die Aufmerksamkeit, die ihm vonseiten der Polizei entgegengebracht wurde.

»So ungefähr«, sagte Magnus lächelnd.

Roger sah nicht ganz so amüsiert aus.

»Sind Sie Bosse Brovall?«

Der Mann nickte.

»Sie haben vergangene Nacht einen Knall gehört, wann war das?«

»Ein paar Minuten nach Mitternacht. Es war ja Walpurgisnacht, deshalb war ich noch auf und habe ferngesehen. Man kann ja sowieso nicht schlafen, so wie heutzutage herumgeböllert wird. Als wäre das nicht schon an Silvester genug. Der Hund hatte solche Angst, der hat sich auf dem Klo versteckt und ist die ganze Nacht hinter der Schüssel hocken geblieben. Die denken ja nicht an die Tiere. Ich verstehe nicht, was daran so lustig sein soll …«

Magnus fiel ihm ins Wort:

»Was haben Sie dann gemacht?«

»Wann? Nach dem Knall?« Brovall zeigte zum Wald. »Das war ein Wahnsinnskrach, das können Sie mir glauben. Deshalb bin ich hier auf den Hügel gestiegen, damit ich etwas sehen konnte. Und das habe ich dann auch, da drüben hat es höllisch gequalmt. Aber mehr habe ich nicht gesehen, nur den Rauch … nichts von dem anderen. Dass jemand umgekommen ist, haben mir die Polizisten erst heute Morgen erzählt, als sie hier waren.« Er schüttelte den Kopf. »Schreckliche Sache.«

Roger runzelte die Stirn.

»Das heißt, es war erst heute Morgen jemand am Tatort und dann bei Ihnen?«

»Ja … Also, das weiß ich nicht. Ich habe sie so verstanden, dass sie in der Stadt genug mit all den Betrunkenen zu tun hatten. Die haben sicher gedacht, das war nur Rauch von einem Feuerwerk.«

»Ist Ihnen in der Nacht sonst noch etwas aufgefallen?«, wollte Roger wissen.

Der Mann fuhr sich gedankenverloren mit der Zunge über die Lippen.

»Nein, ich habe mir gedacht, dass das ein paar von diesen Jugendlichen waren, die hier sonst mit ihren Mopeds herumknattern. Die lassen sich ja immer irgendeinen Mist einfallen. Deshalb habe ich ja die Polizei überhaupt nur verständigt.«

Magnus fuhr sich mit der Hand durch die Haare. Der abgetrennte Kopf im Gras, die seltsamen Vögel. Dahinter steckten ganz sicher keine Jugendlichen.

»Was machen Sie beruflich? Arbeiten Sie mit Tieren?«, fragte er.

»Ich habe ein paar Schafe, aber hauptsächlich repariere ich Autos. Schafe kosten mittlerweile viel mehr, als sie einbringen. Ganz besonders seit sich diese verdammten Wölfe hier rumtreiben.«

»Haben Sie etwa Wölfe gesehen?« Magnus hielt die Luft an, als die kühle Morgenbrise plötzlich den Gestank von Tierdung herantrug.

»Nein, das nicht. Aber ich musste die Zäune verstärken«, sagte Brovall. »Letztes Jahr haben sich die Wölfe einen Hund geschnappt, hier in Åkersberga. Von dem waren nur die Gedärme übrig! Und einer der Bauern oben in Norrtälje hat zweiunddreißig Schafe verloren. Zweiunddreißig! Diese verdammten Mistviecher sollte man auf der Stelle abknallen.«

Auf Rogers kurzem Hals zeigten sich plötzlich rote Flecken.

Magnus schielte verstohlen zu Roger. Am besten brachte er das sofort zu Ende, ein Plädoyer für wilde Wölfe würde er an diesem Morgen nicht auch noch ertragen.

»Vielen Dank erst mal für Ihre Hilfe. Komm, Roger«, sagte er streng, als würde er einem Hund das Bellen verbieten.

Roger nickte verdrossen.

Magnus gab dem Mann seine Visitenkarte.

»Melden Sie sich bitte, falls Ihnen noch etwas einfallen sollte.«

»Mache ich.«

Kaum waren die beiden die Treppe hinuntergegangen, als sie noch einmal Bosse Brovalls raue Stimme hinter sich hörten.

»Waren Sie eigentlich gestern schon mal hier?«

Roger drehte sich um.

»Ich? … Nein, wieso?«

»Na, dann habe ich mich wohl getäuscht. Dann muss das wohl jemand gewesen sein, der Ihnen ähnlich sieht.«

»Das heißt, Sie haben gestern jemanden hier im Wald bemerkt?«

»Ja, jemand ist über den Hügel hinter meinem Haus spaziert, ein kleiner Mann.«

»Und der sah so aus wie ich?«, fragte Roger.

»Ja, genau.«

»Inwiefern?«

»Die Haare. Und die Größe.«

»Grauhaarig, klein und untersetzt also?«, seufzte Roger.

Brovall lachte verlegen.

»Wann war das ungefähr?«, wollte Magnus wissen.

»Keine Ahnung. So gegen Mittag schätze ich.«

»Wohnen hier viele in der Gegend? Auf dieser Seite des Sees?«

»Na ja, rechts von der Straße oben wohnt das ganze Reihenhauspack, das sind sicher so an die hundert, da müssten Sie eigentlich auf dem Weg hierher vorbeigekommen sein.«

»Und sonst?«

»Noch das eine oder andere Sommerhaus. Ganz in der Nähe vom Strand wohnt ein junges Paar in einem gelben Holzhaus. Wenn Sie von der Badestelle aus am Ufer entlanggehen, können Sie es gar nicht verfehlen.«

Magnus und Roger verabschiedeten sich und ließen Bosse Brovall und die Volvos hinter sich. Schweigend gingen sie nebeneinander her. Es war ein schöner Tag, mild und windstill. Er hätte perfekt sein können.

 

5

Der Mann riss sich die Jacke vom Leib. Erst jetzt fiel ihm das ganze Blut auf, das darauf getrocknet war. Angst zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. Er saß auf dem Boden, den Rücken gegen einen kalten Stein gelehnt, sonst hätte er sich nicht aufrecht halten können. Er hatte das Gefühl, keine Wirbelsäule mehr zu haben, und lauschte seinen Atemzügen, die kurz und schnell kamen. Er war weit gelaufen, hatte sich von den Straßen ferngehalten, obwohl ihm klar war, dass es so nicht weitergehen konnte. Er musste zurück, zurück zum Haus, denn sie brauchten ihn, würden ohne ihn nicht zurechtkommen.

Plötzlich schnürte es ihm die Kehle zu, und er hatte das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, was ihm panische Angst einjagte. Aber als er nach Hilfe rufen wollte, kam kaum mehr als ein Flüstern über seine Lippen. Er kippte nach vorn, landete mit dem Gesicht auf der Erde. Sein Körper krampfte, während ihm der Geruch von feuchtem Laub in die weit geöffneten Nasenlöcher stieg.

Die Gedanken schwirrten ihm wirr durch den Kopf, als würde er im Rausch Karussell fahren. Alles prasselte auf ihn ein: der Mann, der sich im Wald versteckt hatte, die Angst, die Axt, die in seiner Hand geglänzt hatte. Und seine eigene rasende Wut, die alles andere überlagert hatte.

Was hatte er getan?

Er keuchte. Alles verschwamm. Er musste an den ersten Brief denken, der vor ein paar Monaten gekommen war und alles verändert hatte: Ihr werdet sterben hatte dort ganz sachlich gestanden.

Im ersten Moment war er verwundert gewesen, dann hatte ihn die Panik gepackt, und er hatte den ersten Brief eilig in den Müll geworfen. Für eine Weile war dies die einzige Nachricht geblieben, doch dann kamen plötzlich weitere, eine wahre Flut. Fast jeden Tag ein neuer Brief: noch neunzig Tage, noch neunundachtzig Tage, noch achtundachtzig … bald ist es so weit …

Mit Mühe gelang es ihm, sich wieder hochzustemmen. Der kalte Schweiß hatte sich mit Erde gemischt, er wischte ihn mit dem Ärmel vom Gesicht. Weit oben über seinem Kopf wiegten die Kronen der Fichten im Wind. Erst jetzt bemerkte er den pochenden Schmerz in der Wade. Er legte sich auf die Seite und zog sich umständlich das Hosenbein hoch. Die Wunde war so tief, dass er das Wadenbein weiß schimmern sehen konnte. Ein kräftiger Eisengeschmack stieg ihm in den Mund. Blutverlust. Sein Kopf dröhnte, und er betrachtete seine Fingernägel. Sie waren blau. Unter großer Kraftanstrengung rollte er sich auf den Rücken. Er wusste, was er tun musste, um den Kreislauf in Schwung zu bringen, und wollte die Beine in die Luft strecken. Er schaffte es, sie vielleicht zwanzig Zentimeter hochzuheben, dann wurde alles um ihn herum schwarz.

 

6

»Ich würde Sie sofort rumkriegen, wenn ich wollte.«

Mattias Carlén lächelte breit und selbstgefällig.

Linn Kalo schob das Protokoll weg und sah den gut gekleideten jungen Mann müde an. Er musterte sie provozierend, wartete auf eine Reaktion.

Linn seufzte schwach, sie fühlte sich erschöpft. Sie brauchte Ruhe. Ruhe in und um sich. Keine anstrengenden Menschen, die versuchten, ihr unter die Haut zu gehen.

In Wahrheit hatte sie sich nie richtig von den Geschehnissen erholt, in die sie durch eine von Magnus’ polizeilichen Ermittlungen verwickelt worden war. Sie hatte einen Menschen töten müssen. Und obwohl sie wusste, dass der psychisch gestörte Mann, ohne zu zögern, sie und ihre gesamte Familie ausgelöscht hätte, wenn es ihm möglich gewesen wäre, bekam sie ihre Schuldgefühle noch immer nicht in den Griff. Sie hoffte nur, dass ihre fünfjährigen Töchter, Moa und Elin, nicht mitbekamen, wie schlecht es ihr wirklich ging, doch die beiden hatten ziemlich feine Antennen, da brauchte sie sich eigentlich nichts vorzumachen.

Der junge Mann richtete seine Krawatte. Er hatte einen lüsternen Zug um den Mund und sein Blick wanderte zu Linns Brüsten, die sich schwach unter ihrer weißen Bluse abzeichneten. Sie verschränkte diskret die Arme. Es gehörte zu ihrem Job als Therapeutin, nicht reflexartig auf unangebrachtes Verhalten zu reagieren, selbst wenn das schwerfiel.

Sie schaute ihm in die jetzt leicht trüben Augen. Er wirkte abwesend, als wäre er in Gedanken ganz woanders, und sie konnte sich nur zu gut vorstellen, woran er gerade dachte. Sie zweifelte keine Sekunde an der Richtigkeit der Diagnose, die ihre Kollegin Lena Ek bereits gestellt hatte. Linn warf einen Seitenblick auf Lenas Zusammenfassung im Protokoll:

Hypersexualität, selbstverletzendes Verhalten mit Gefahr für die eigene Gesundheit, übersteigertes und wachsendes Bedürfnis nach sexuellen Dienstleistungen.

Die Frage, ob Mattias Carlén für eine Therapie momentan überhaupt zugänglich genug war, blieb offen. Sein Verhalten ließ sie daran zweifeln. Aber er war hier, das war zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

»Irgendetwas muss bei der Terminvergabe schiefgelaufen sein, heute ist schließlich Feiertag«, sagte er. »Eventuell war Frau Ek ein wenig verwirrt, als sie mir diesen Termin gab. Aber ich bin sehr froh, dass Sie trotzdem nicht abgesagt haben.«

»Das ist gar kein Problem.« Linn sah ihn nachdenklich an. Sie hatte einem neuen Patienten nicht in letzter Minute absagen wollen, und Magnus war ohnehin beruflich am Valsjön.

»Trotzdem vielen Dank.«

Linn nickte nur und schob die Gedanken an Moa und Elin beiseite, die im Moment bei ihrer neuen Nachbarin waren, einer älteren Dame namens Monika.

»Und? Wollen Sie?«, fragte Carlén unerwartet und warf Linn einen lüsternen Blick zu.

Sie ignorierte seine Frage.

»Wie viel Ihrer Zeit investieren Sie in Sex und Pornografie?«, fragte sie ihn stattdessen.

»Für Sie finde ich bestimmt noch eine Lücke. Sie werden wimmern vor Lust, das wissen Sie schon, oder?«, säuselte er.

In Linn kochte langsam die Wut hoch.

»Sie sind aus freien Stücken hier, um Hilfe zu bekommen, oder etwa nicht? Was halten Sie also davon, wenn wir diesen Mist einfach lassen?«

Carlén fuhr sich fast zwanghaft mit den Fingern durch das blonde Haar.

»Wenn ich Sie richtig verstanden habe, haben Sie Probleme mit Beziehungen?«, fuhr Linn in eisigem Tonfall fort.

Er ließ die Hand sinken und schaute plötzlich unsicher an Linn vorbei aus dem Fenster. Für einen Augenblick wirkte er wie ein zurechtgewiesenes Kind und nicht wie ein siebenundzwanzigjähriger Banker. Linn erkannte diesen Moment der Schwäche und lehnte sich zu ihm. Sie hatte nicht vor, jetzt lockerzulassen.

»Ich habe Ihre Akte gelesen, Herr Carlén. Ihr ganzes Gehalt geben Sie aus, um Ihre sexuellen Bedürfnisse zu befriedigen, und gleichzeitig haben Sie fürchterliche Angst, dass Ihre Arbeitskollegen von Ihrer Sucht erfahren«, sagte sie ihm auf den Kopf zu.

Carlén war blass geworden. Er schien mit sich zu ringen. Er tat ihr fast leid, trotzdem wartete sie seine Reaktion ab. Die anhaltende Stille zog sich eine gefühlte Ewigkeit hin. Schließlich öffnete er den Mund und murmelte:

»Ja, okay. Ich habe ein Problem. Ich weiß nicht, was ich tun soll.«

Linn lehnte sich zurück. Jetzt konnten sie endlich anfangen.

Dreißig Minuten später, nachdem Mattias Carlén sich leicht eingeschüchtert in seinen hellblauen Mercedes gesetzt hatte und abgefahren war, beugte sie sich tief über ihren Schreibtisch und schrieb:

Unkontrolliertes, selbstverletzendes Verhalten, das sich in den letzten Jahren kontinuierlich verstärkt hat. Interessiert sich hauptsächlich für Sex und Pornos, onaniert sogar auf der Arbeit. Sexfantasien als primäre Schutzfunktion. Selbstdestruktiv. Zeigt den Wunsch, dieses Verhalten abzulegen, das von ihm als sehr beschämend empfunden wird, steht sich jedoch durch ein dichtes Netz aus Lügen und Selbstbetrug im Weg.

Vermutlich eine gestörte Beziehung zu den Eltern.

Linn wippte mit dem Stuhl und legte dann die Füße auf den Schreibtisch. Sie war sich ziemlich sicher, dass sie Mattias Carlén helfen oder zumindest erreichen konnte, dass es ihm besser ging. Das würde vielleicht Zeit brauchen, aber war vermutlich kein Problem. Die Behandlung konnte bei Bedarf jederzeit verlängert werden.

Sie legte die Hände in den Nacken. Es war ein guter Entschluss gewesen, den Job im Krankenhaus von Huddinge an den Nagel zu hängen. Die Täbyklinik war nicht nur sehr viel besser zu erreichen, das Arbeitstempo war auch viel angenehmer. Sie hatte nur halb so viele Patienten, was ihr die Möglichkeit bot, sich sehr viel mehr zu engagieren, selbst bei weniger akuten Fällen wie dem von Mattias Carlén.

 

7

Die Fichten standen ungewöhnlich dicht am Ufer des Valsjön. Durch den Mangel an Sonnenlicht und Nährstoffen gab es kaum Unterholz, der Boden bestand aus nichts als verrotteten Nadeln.

Ein schmaler Weg führte durch den schattigen, braunen Wald, hier und da wurde die Idylle durch herumliegende Bierdosen oder anderen Müll gestört, was sicher Jugendliche verursacht hatten, nachdem sie am Strand gefeiert und sich dann aus dem einen oder anderen Grund in die Dunkelheit zurückgezogen hatten.

Roger wich ärgerlich einem Ast aus, der ihm ins Gesicht zu schlagen drohte.

»Wie groß ist diese Reihenhaussiedlung auf der anderen Seite der Straße eigentlich?«, rief er.

Magnus drehte sich im Gehen zu ihm um.

»Riesig, glaube ich. Eben so eine typische Karnickelsiedlung aus den Sechzigern oder Siebzigern.«

»Die habe ich nie gemocht, diese immer gleichen Häuser nebeneinander«, murmelte Roger hinter Magnus.

»Die mag doch niemand, oder? Aber für Kinder sind sie toll, weil es so viele Nachbarskinder gibt … Moa und Elin würde das richtig gut gefallen.«

»Wohnt ihr nicht auch in einem Reihenhaus?«

»Schon, obwohl eine traditionelle Holzhausreihe mit fünf Häusern noch mal etwas anderes ist. Und außerdem wohnen um uns herum nur Rentner. Ich habe, seit wir nach Österskär gezogen sind, kein einziges Kind in der Gegend spielen sehen. Linn auch nicht, glaube ich.«

Roger schnaubte laut.

»Das wundert mich nicht, die Zeiten haben sich eben geändert. Heutzutage gibt es schließlich Irre, die Äpfel mit Rasierklingen verschenken und dergleichen.«

»Rasierklingen in Äpfeln?« Magnus blieb stehen und schaute Roger an.

»Ach, das habe ich letztens im Fernsehen gesehen. In den USA sind ein paar Kinder, die Halloween unterwegs waren, mit Äpfeln zurückgekommen, in denen Rasierklingen steckten. Die Eltern dort trauen sich fast nicht mehr, die Kinder überhaupt vor die Tür zu lassen.«

»Ja, da drüben gibt’s sicher ein paar mehr Irre.« Magnus setzte sich wieder in Bewegung.

»Weißt du, was die noch erzählt haben?«, fragte Roger. »An manchen Orten in den USA öffnen die Kirchen an Halloween ihre Türen für die Pädophilen, damit sie dort sitzen können, solange die Kinder draußen unterwegs sind und Süßes sammeln.«

»Das ist vielleicht keine so schlechte Idee.« Magnus hätte liebend gern die Unterhaltung an dieser Stelle beendet, doch Roger fuhr unbeirrt fort. »Ein Glück, dass ich keine Kinder habe. Die Zeiten haben sich echt geändert, ich selbst konnte raus, wann immer ich wollte.«

»Hm.«

»Wie wollt ihr das denn handhaben, Linn und du? Wenn Moa und Elin alt genug sind, dürfen die dann hin, wo und wann sie wollen?«

Magnus wurde schneller. Seit den Vorkommnissen im letzten Jahr, als die Familie von einem Verrückten verfolgt und bedroht worden war, schlief er immer noch schlecht und die Sorge um seine Töchter war nicht weniger geworden.

»Mit der Zeit müssen wir das wohl lockerer sehen«, murmelte Magnus und trat nach einem kleinen Stein. »Aber bevor wir uns darüber Gedanken machen müssen, haben wir ja noch ein paar Jahre.«

»Äpfel mit Rasierklingen«, mahnte Roger hinter ihm.

Magnus stolperte, die vermaledeiten Beine gaben schon wieder nach.

Die Landschaft änderte sich, die Bäume standen weniger dicht und der Wald war gemischt. Die Stille der Natur beruhigte Magnus – was ihn gleichzeitig fast besorgte, schließlich hatte er vor weniger als einer Stunde einen abgetrennten Kopf gesehen. Wie abgestumpft musste er sein, wenn ihn das nach so kurzer Zeit schon fast kaltließ?

Seine Lippen wurden schmal. Niemand schien wirklich zu verstehen, was diesen Job ausmachte, wie sehr alles an einem zehrte. Magnus machte einen großen Schritt über einen moosbewachsenen Baumstamm, während Roger ihn schnaufend überholte, die Lederjacke unter den Arm geklemmt. Roger verstand es natürlich, und dennoch war Magnus nie richtig schlau aus ihm geworden. Ließ ihn das mittlerweile auch alles kalt?

Magnus atmete die feuchte Waldluft tief ein. Jetzt konnte er das gelbe Holzhäuschen erkennen, von dem Brovall gesprochen hatte. Es lag wunderschön auf einer kleinen Lichtung, nur einen Steinwurf vom Ufer entfernt. Aus dem Schornstein stieg grauweißer Rauch, der durch die Baumkronen hinaufkräuselte und sich dann im blauen Frühlingshimmel auflöste. Schon bald tauchte eine füllige junge Frau mit schwarz gefärbten Haaren in seinem Blickfeld auf, die vor dem Häuschen stand und Holz hackte. Sie schaute verwundert auf, als Magnus und Roger aus dem Wald auf sie zukamen. Offenbar waren sie auch in der Hütte bemerkt worden, denn kaum hatten sie den leichten Hügel erklommen, ging die Tür auf und ein schlaksiger, leichenblasser junger Mann trat in die Sonne hinaus.

Die Frau lächelte sie fragend an, während sich der picklige Jüngling neben sie stellte.

»Hallo, ich bin Magnus Kalo. Wir sind vom Landeskriminalamt.«

»Oskar Wallgren«, sagte der junge Mann. »Und das hier ist Jossan.« Er nickte zu der Frau, die eigentlich mehr an ein kleines Mädchen erinnerte. Magnus schätzte sie auf achtzehn, maximal neunzehn.

»Vergangene Nacht wurde hier ganz in der Nähe ein Verbrechen begangen. Und wir fragen uns, ob Sie vielleicht etwas Ungewöhnliches beobachtet haben«, sagte Magnus.

»Was ist denn passiert?«, wollte die Frau wissen.

»Ein Mensch ist umgekommen«, antwortete Roger.

Sie stöhnte unerwartet auf und riss die Hand zum Mund. Ihr Freund sah ähnlich erschrocken aus.

»Wissen Sie etwas darüber?« Magnus schaute die beiden erstaunt an.

»Wir … wir haben jemanden gesehen, letzte Nacht«, sagte die Frau.

»Jemanden?« Magnus’ Stimme klang plötzlich scharf.

Der junge Mann stammelte nervös.

»Äh … Ja, also … Ganz sicher können wir nichts sagen, aber hier ist ein komischer Kerl rumgeschlichen.«

Magnus hob die Augenbrauen.

»Das war nach Mitternacht, glaube ich. Wir haben gefeiert, Jossans kleine Schwester war mit ihrem Freund zu Besuch und dann noch ein Kumpel von mir. Wir wollten anbaden, aber weil das Wasser so schweinekalt war, sind wir wieder zurück zum Haus gegangen – und da war jemand hier. Der lag so halb auf den Stufen.«

»Wie sah er aus?«

»Recht klein. Kleiner als ich jedenfalls. Und um die vierzig, schätze ich. So richtig kann ich das nicht sagen, der ist in den Wald abgehauen, als er uns kommen sah.«

Roger schaute Magnus an, dann wieder den jungen Mann.

»Sah er so ähnlich aus wie ich?«

»Keine Ahnung. Vielleicht.«

»Was hat er denn bei Ihnen gewollt?«

»Dem ging es wohl nicht so gut. Der lag so zusammengekauert, als hätte er Schmerzen oder so.«

»Und dann ist er einfach aufgesprungen und davongerannt?«, fragte Roger.

Der junge Mann wirkte verlegen.

»Na ja, aufgesprungen schon, aber nicht gerannt, mehr so gehumpelt.«

Roger räusperte sich. »Und in welche Richtung genau?«

»Dorthin.« Der Mann nickte zum Wald hinter dem Holzhaus.

»Wohin kommt man, wenn man in die Richtung weiterläuft?«

»Nach Skärgårdsstad, ein ziemlich großes Neubaugebiet«, mischte Magnus sich ein. »Sind ein paar Kilometer bis dahin, das schließt aber direkt an den Wald an.« Dann wandte er sich noch einmal an das Paar.

»Was haben Sie gemacht, nachdem der Mann verschwunden war?«

Jossan schaute ihn beschämt an.

»Nichts. Nichts haben wir gemacht. Hätten wir denn etwas tun sollen?«

 

8

Als Magnus einige Stunden später nach Hause kam, fegte eine eisige Brise durch die Bäume gegenüber dem rosafarbenen Reihenhaus. Er öffnete die Haustür und trat in den dunklen Flur. Leise schloss er sie hinter sich und hängte seine Jacke an die Garderobe, ohne sich damit aufzuhalten, das Licht einzuschalten.

Obwohl sie an unzählige Türen geklopft und das Gebiet um den Valsjön intensiv abgesucht hatten, gab es kaum Hinweise, denen es nachzugehen lohnte, ehe die technische Untersuchung abgeschlossen war. Magnus setzte große Hoffnung in den ausgebrannten Wagen und die blutverschmierte Axt, die die Kriminaltechniker auf dem Kiesweg gefunden hatten. Die Aussagen von Bosse Brovall und dem jungen Paar waren auch nicht uninteressant, besonders weil sie offenbar denselben Mann in der Gegend gesehen hatten.

Andererseits verwunderte es ihn schon, dass es so wenige Zeugen gab. In der Walpurgisnacht waren schließlich normalerweise viele Menschen draußen und feierten, aber vielleicht hatten die sich ja alle um die warmen Maifeuer gedrängt oder waren in den gut beleuchteten Siedlungen geblieben?

Magnus überkam ein Gefühl des Ekels. Natürlich hatte er schon mit dem ein oder anderen Axtmord zu tun gehabt, aber ein abgeschlagener Kopf? Das war doch grotesk. Da musste ein vollkommen Verrückter am Werk sein.

Er drehte sich um, als Linn sich mit leisen Schritten näherte.

»Hallo Liebling.«

Sie legte die Arme um ihn und ihre sanfte Berührung riss ihn aus den Gedanken.

»Wie ist es am Valsjön gelaufen? Alles so weit in Ordnung?«

»Es geht. Wir haben bisher nicht viele Anhaltspunkte.« Er gab ihr einen Kuss. »Sitzt du im Dunkeln und starrst Löcher in die Luft?«

»Nein, nein, im Wohnzimmer brennt Licht. Ich hab gerade die Nachrichten geschaut.«

»Wann sind Moa und Elin eingeschlafen?«

»Die schlafen noch gar nicht. Sie sitzen in Moas Bett und malen. Sie dürfen heute ein bisschen länger aufbleiben.«

Magnus sah den schwachen Lichtschimmer unter der Tür zu Moas Zimmer, ging hin und öffnete sie. Die Mädchen hockten zusammen in einer Ecke des Bettes, ganz versunken in einer besseren Welt.

»Hallo Papa.« Elin schielte verwundert durch ihren schwarzen Pony, widmete sich aber sofort wieder ihrer Zeichnung.

Moa winkte ihm gedankenverloren zu.

»Was malt ihr denn Schönes?«

Beide murmelten etwas vom Star-Wars-Falken, bevor sie mit Hingabe weiterzeichneten, weshalb Magnus ins Wohnzimmer ging und sich neben Linn auf das Sofa fallen ließ.

Sie lehnte den Kopf an seine Schulter.

»Das war kein schöner Anblick heute«, sagte er leise. »Die reinste Schlachthofszene und dann auch noch garniert mit toten Amseln, die wie Streusel über dem Ganzen lagen. So was habe ich noch nie gesehen.«

Linn schaute ihn verwundert an.

»Amseln? Woran sind die denn gestorben?«

Magnus zuckte mit den Schultern.

»Keine Ahnung. Die werden im Labor untersucht, auf das Ergebnis bin ich auch schon sehr gespannt. Genau wie auf die Ergebnisse der Kriminaltechniker. Die werden ganz sicher etwas finden, schließlich kann man nicht einfach wie ein Berserker mit einer Axt herumwüten, ohne Spuren zu hinterlassen.«

Linn machte den Fernseher leiser.

»Mit einer Axt? Tatsächlich?«

»So sieht es zumindest aus. Wir haben eine Axt sichergestellt. Außerdem steht da ein ausgebranntes Fahrzeug, aber die Kennzeichen sind nicht mehr zu erkennen.«

Linn wirkte interessiert.

»Und wer ist der Tote?«

»Das wissen wir auch noch nicht. Ein junges Paar, das in der Nähe wohnt, hat am Abend einen Mann gesehen, einen kleingewachsenen Typ in den Vierzigern. Kann gut sein, dass das der Täter war. Er war nämlich verletzt, kann also sein, dass es einen Streit gab.«

Magnus stand schwungvoll auf.

»Ich habe ganz vergessen, dass ich noch in meine Mails gucken wollte.«

Linn schaute ihn besorgt an.

»Übernimm dich aber nicht, du weißt, wie schnell das geht.«

Magnus machte eine abwehrende Geste.

»Mach dir keine Sorgen, Linn. Ich bin da doch vorsichtig geworden.«

Linn stellte den Fernseher wieder lauter.

»Sicher«, murmelte sie.

Magnus verließ das Wohnzimmer und ging in die Küche.

Zwei Stunden später, nachdem Magnus sich die Zeugenaussagen angesehen hatte, die schon ins System eingegeben worden waren, lag er hellwach im Bett. Er fühlte sich, als hätte er fünf Tassen Kaffee getrunken. Mittlerweile kribbelte es nicht mehr nur in den Beinen, sondern auch in den Armen. Linn war längst eingeschlafen, ihr Brustkorb hob und senkte sich sanft im Rhythmus ihrer Atemzüge. Magnus presste die Nase an ihren Oberarm und atmete tief Linns Geruch ein, doch selbst das half nicht. Dabei lag es diesmal nicht an dem Kribbeln, dass er nicht einschlafen konnte. Jedes Mal, wenn er die Augen schloss, tauchten der Kopf, der an den Wegesrand gerollt war, und die vielen toten Vögel vor seinem inneren Auge auf. Woran waren die Amseln gestorben? Hatten die Feuerwerkskörper sie zu Tode erschreckt? Er hatte mal so etwas in der Zeitung gelesen. »Den mysteriösen Vogeltod« hatten sie es damals genannt, aber das waren Krähen gewesen, wenn er sich richtig erinnerte.

Wie lange würde es dauern, bis dieser spektakuläre Fall an die Öffentlichkeit gelangte? Geköpfter umringt von toten Vögeln aufgefunden. Er konnte sich lebhaft vorstellen, zu welchen Spekulationen das führen würde.

Aber noch etwas anderes störte ihn, schließlich hatten die Vögel unverletzt ausgesehen. Mindestens zwanzig hatten dort auf dem Kiesweg gelegen, und Magnus hatte bei keinem einzigen Blut entdecken können.

Allmählich sank er in eine Art Halbschlaf, die Gedanken wurden immer traumähnlicher. Eine Dokumentation über Frösche, die vom Himmel gefallen waren, kam ihm in den Sinn. Dann stand er plötzlich am Ufer des Valsjöns und beobachtete, wie der See zu blubbern und rauschen anfing wie kochendes Wasser in einem schwarzen Topf. Das sind die Frösche, dachte er, das sind die Frösche.

Er träumte den Rest der Nacht von komischen Dingen. Von Kriechtieren, Vögeln und von Krebszellen, die im Körper wuchsen – und er hatte Angst. Mehrfach wachte er schweißgebadet auf, und es half auch nicht, dass er Linns warmen Rücken an seiner Brust spürte.

MITTWOCH, 2. MAI

9

Friedrich Steuer hatte immer davon geträumt, einmal eine Familie zu haben. Trotzdem war er nach wie vor überrascht, dass er überhaupt eine Frau gefunden hatte. Er war zurückhaltend und besaß außerdem seit seinem zwanzigsten Lebensjahr einen eher graugelben Hautton, der sicher auf das viele Rauchen zurückzuführen war. Seine Vorstellung von Romantik erschöpfte sich mit einer Rose zum Valentinstag, und das Einzige, wofür er sich wirklich mit Leib und Seele engagierte, war seine Arbeit. Er war nicht gerade das, was man als guten Fang bezeichnen würde.

Als Professor für Archäologie an der Universität Köln genoss er einen ziemlichen Respekt, und dort hatte er auch seine zukünftige Ehefrau Katharina kennengelernt. Wenn sie nicht so eng zusammengearbeitet hätten, wäre ihm vermutlich sogar entgangen, dass sie Interesse an ihm hatte. Noch immer verstand er nicht, dass eine so attraktive Frau wie Katharina sich von einem dermaßen trockenen Knochen wie ihm überhaupt angesprochen gefühlt hatte. Eine Frau, die buchstäblich jeden hätte haben können, mit ihrem sinnlichen Lächeln und ihrer üppigen Oberweite. Und dann hatte er die Ehe nicht mal richtig genießen können, denn jedes Mal, wenn sie nur mit einem anderen Mann gesprochen hatte, war er fürchterlich eifersüchtig geworden. Er hatte praktisch jeden Tag damit gerechnet, dass ihr auffiel, was für eine Witzfigur er eigentlich war. Ein Schwindler, der von nichts anderem getrieben wurde als dem Bedürfnis, wahrgenommen zu werden. Ohne jeden seelischen Tiefgang. Er hatte sich einfach darauf eingestellt, irgendwann von ihr verlassen zu werden.

Schon bald war sie ihn jedoch ohnehin los. Für immer. Dann war sie frei und konnte ihre Arme um einen anderen Mann schlingen, der ein größeres Selbstbewusstsein hatte und vermutlich auch besser aussah. Sein Kiefer spannte sich an. Er opferte sich für sie, doch das würde sie nie verstehen, sich gar nicht erst bemühen, es zu verstehen, oder gar zu schätzen wissen.

Er streifte sich die Schuhe ab und ließ sich der Länge nach auf das Bett fallen. Unter normalen Umständen wäre er jetzt in Selbstmitleid versunken, hätte sich an dieses vertraute Gefühl geklammert wie an eine Schmusedecke, aber jetzt war er einfach nur müde. Als er den schwedischen Zoll passiert hatte, war es ihm gelungen, jedes Gefühl zu unterdrücken. Nun galt es, Ruhe zu bewahren. Das Richtige tun. Er würde die öffentliche Erniedrigung von Katharina und Sascha verhindern. Sie sollten ihn weiter lieben und verehren können.

Er schloss die graublauen Augen. Die letzten zwanzig Jahre hatte er am Erfolg des Friedrich Steuer gearbeitet – und er wollte nicht zulassen, dass die ganze Mühe vergebens gewesen war.

Im Laufe des Tages sollte er das Paket bekommen, so war es abgesprochen. Darin würde sich eine Waffe befinden. Allein bei dem Gedanken verkrampften sich seine Arme. Er öffnete die Augen und starrte angespannt zur Tür, während er ein Stoßgebet zum Himmel schickte. Bitte, bitte, lass es um Himmels willen eine Pistole oder ein Gewehr sein und kein Messer. Er wollte denen, die er umbringen sollte, nicht zu nahe kommen. Er wollte am liebsten nicht einmal daran denken. Dennoch würde er ungeachtet der Waffe tun, was von ihm verlangt wurde. Die Alternative war einfach undenkbar. Die absolute Demütigung. Die absolute Erniedrigung. Er musste es einfach durchziehen, sauber und nach Plan, wie jede andere Aufgabe auch.

Tränen brannten ihm in den Augen, doch er kämpfte sie zurück. Er hatte so viele Jahre nicht geweint, damit würde er jetzt auch nicht mehr anfangen. Nicht in diesem heruntergekommenen Hotel in der Nähe von Stockholms Hauptbahnhof.

Er war von Anfang an ein schlechtes Saatkorn gewesen, und nun hatte ihn das Schlechte eingeholt. Genau wie sein Vater ihm immer prophezeit hatte. Nun würde er so unwürdig sterben, wie es sich für einen unwürdigen Menschen gehörte, und das Traurige daran war, dass es nicht einmal zu Unrecht geschah. Er drehte sich um und presste das Gesicht ins Kissen. Bald schon würde es an der Tür klopfen.

Tick, tack, tick, tack. Das Paket war unterwegs. Wurde bereits von unbekannten Händen zu ihm befördert, während er reglos in dem Hotelbett lag wie ein lebendiger Toter.

Mit einem Ruck fuhr er hoch. Wie hatte er überhaupt einschlafen können? Das energische Klopfen an der Tür war ihm durch Mark und Bein gegangen. Es klopfte erneut, das Geräusch hallte spürbar in ihm nach. Er setzte nacheinander die beiden knochigen Füße auf den Boden und starrte ängstlich die Klinke an. Ein weiteres Klopfen. Er kam auf die Beine und hielt auf die Tür zu. Zwischen jedem Schritt schienen Stunden zu vergehen. Mit einer ruckartigen Bewegung richtete er die Krawatte, als könnte diese alte Angewohnheit ihn irgendwie beschützen. Dann öffnete er die Tür langsam einen Spalt und spähte hinaus.

»Friedrich Steuer?« Eine Frau mittleren Alters, die er noch nie gesehen hatte, stand vor ihm.

Er bejahte.

»Sie haben ein Geschenk bekommen«, sagte sie in tadellosem Deutsch.

Sie lächelte ihn freundlich an und reichte ihm ein längliches Paket, das in blaues Papier eingeschlagen war. Er nahm es unsicher entgegen.

»Das ist doch schön«, sagte sie, als sie seinen versteinerten Gesichtsausdruck sah.

»Ja … Ja …«, stotterte er und versuchte, ihren Namen von dem Schild abzulesen, das an ihrer rechten Brust angebracht war. Leider wurde es zum Teil von ihrem langen Haar verborgen, weshalb er nur sehen konnte, dass ihr Name mit »K« anfing.

»Ich nehme an, Sie haben Geburtstag. Also, herzlichen Glückwunsch!«

Er starrte noch immer wie hypnotisiert auf ihr Namensschild.

»Heute ist nicht mein Geburtstag«, murmelte er.

»Das macht ja nichts. Trotzdem alles Gute«, sagte sie und entfernte sich dann schnell. Das konnte er ihr nicht mal übel nehmen, schließlich musste er fürchterlich aussehen. Die Angst, die ihn immer fester im Griff hatte, ließ sich sicher allmählich nicht mehr verbergen. Nervös fuhr er sich mit der Hand über die Bartstoppeln, schloss die Tür und ging zurück zum Bett.

Das Paket war nicht groß genug für ein Gewehr, auf das er gehofft hatte. Jetzt fragte er sich, ob es vielleicht wenigstens eine Pistole sein könnte. Mit schwitzigen Händen legte er das blaue Paket aufs Bett und entknotete das Geschenkband, das mehrmals um die ovale Schachtel gewickelt worden war. Sein Mund war ganz trocken, als er den Deckel abhob.

Schockiert starrte Friedrich auf den Inhalt. Sollte er die Leute im Ernst mit einem Schraubendreher ermorden? Er legte sich aufs Bett, unsicher, ob er lachen oder weinen sollte. War das ein grausamer Scherz oder was? Nun suchten die Tränen sich doch ihren Weg über sein faltiges Gesicht, rollten ihm teils in die Ohren, teils weiter auf das weiße Bettlaken. Dann schnäuzte er sich laut ins Kissen und entdeckte noch etwas anderes. Einen gefalteten Zettel, der beim Öffnen der Schachtel auf die Bettdecke gefallen sein musste. Er streckte sich danach und faltete ihn auseinander. Sofort erkannte er die krakelige Handschrift.

Den wirst du brauchen, um die Verkleidung von der Klimaanlage hinter dem Bett zu schrauben. Dann wartest du. Du weißt schließlich, um welchen Tag es geht.

Friedrich starrte dämlich auf die Notiz, als würde dort noch mehr stehen, versteckt zwischen den Zeilen. Er fragte sich, wie diese Netzschlampe wohl aussah. Die Fotos, die sie ihm geschickt hatte, waren ganz sicher falsch gewesen, genau wie die freundlichen Worte, mit denen sie ihn eingewickelt hatte. Worte, die Liebe versprachen. Liebe, Sex und Bewunderung. Aber wie konnte das Böse schon aussehen? Das Einzige, was er mit Sicherheit wusste, war, dass er seither nachts von Albträumen geplagt wurde. Bilder von Brunnen quälten ihn, tiefe, schwarze Löcher, in denen sein Leben enden würde, sobald er seinen Auftrag ausgeführt hatte. Wenn er den letzten Rest seiner Würde verloren hatte.

Der Schraubendreher glitt vom Bett und landete mit einem dumpfen Geräusch auf dem Boden, trotzdem zuckte Friedrich zusammen.

Er hob ihn auf und hielt ihn in der Hand. Stellte sich vor, wie der Metallteil in den Körper eines Menschen eindrang, mitten in alles Böse, das sich dann in weißen Rauch auflöste. Er umklammerte das Werkzeug so fest, dass ihm die Finger wehtaten. Dann warf er es neben sich auf das Bett. Er musste sich auf das Wesentliche konzentrieren, nur so war er bis hierher gekommen, und nur so konnte es weitergehen. Es gab keinen anderen Weg.

Seine Familie würde nichts erfahren, sie sollten ihn als guten Vater in Erinnerung behalten. Ihn lieben. Dafür wollte er sorgen und alles richtig machen. Jetzt galt es, alles unter Kontrolle, die Gefühle im Zaum zu halten.

Friedrich stand auf, um das Bett von der Wand wegzuziehen. Es hatte ihn viel Überwindung gekostet, das Paket aufzumachen, jetzt war er gezwungen, noch einmal all seinen Mut zusammenzunehmen.

Reiß dich zusammen, mahnte er sich. Trotzdem spürte er deutlich, dass es nicht mehr lange dauern konnte. Viel mehr würde er nicht ertragen, bis er die Beherrschung verlor und komplett durchdrehte.

 

10

Brigitta Johanssen legte dem Schäferhund das grüne Halsband um, der bereits erwartungsfroh mit dem Schwanz wedelte. Er war viel zu groß – und vielleicht auch schon viel zu alt –, um sich wie ein Welpe zu verhalten, aber er wusste schließlich, was jetzt kam.

Er winselte aufgeregt, weshalb sie ihn beruhigend hinter dem Ohr kraulte.

»Ja, Elvis, wir gehen jetzt raus.«

Unabhängig vom Wetter ging Brigitta jeden Vormittag eine Stunde lang im Wald spazieren. Im Herbst sammelte sie Pilze und im Frühling Buschwindröschen. Danach kehrten sie und Elvis gewöhnlich in das ausgebaute Sommerhaus zurück, um sich zusammen unter einer grauen Wolldecke auf dem Sofa auszuruhen. Manchmal kam es ihr so vor, als hätte sie mehr Umgang mit ihrem Hund als mit ihrem Mann Claes, den sie kaum noch sah. Wenn er nicht gerade mit dem Lastwagen unterwegs war, saß er im Keller und bastelte an irgendetwas. An was genau, wusste sie nicht, aber er gab ein Heidengeld für neue Maschinen, Werkzeuge und Ähnliches aus. Seit die Kinder ausgezogen waren, lebten sie nebeneinander her. Und irgendwie machte ihr das nicht mal viel aus. Sie mussten sich nicht mehr über unnötige Dinge auseinandersetzen und stritten nicht mehr. Sie verbrachte die Zeit mit Weben und er mit … Ja, was immer er da unten im Keller mit diesen Maschinen auch anstellte.

Elvis hechelte ungeduldig vor der Haustür.

»So, kleiner Mann, eine Sekunde noch …« Sie setzte sich eine Strickmütze auf. »Ich muss erst noch die Stiefel anziehen, das weißt du doch.«

Der Hund fixierte die Türklinke.

»Elvis, du warst doch schon mal im Wald. Da ist bestimmt nichts Neues.« Sie stieg in die grünen Gummistiefel. »Absolut nichts.«

Sie trat auf die Veranda hinaus und stellte enttäuscht fest, dass die Wolkendecke dichter geworden war. Das Thermometer an der Wand zeigte knapp zwölf Grad, und sie zog den Reißverschluss ihrer Jacke hoch bis zum Kinn.

Elvis trabte zielstrebig über die Wiese zum Waldrand. Sie passierten das Vogelhäuschen, liefen über die verstreuten Körner, über die sich die Wühlmäuse noch freuen würden, und bogen wie üblich hinter dem kleinen Bretterverschlag auf den kleinen Waldweg. Alles sah aus wie immer, und doch war an diesem Tag etwas anders. Es gab trotz allem etwas Neues im Wald.

 

11

Katharina saß eine gefühlte Ewigkeit zusammengesunken auf einer Bank, bis sie sich endlich aufrichtete. Sie war in den Rheinpark gefahren, um dort ein wenig allein sein zu können, aber selbst an diesem Werktag waren ziemlich viele Menschen unterwegs. Ein junger Mann in Radlerhose joggte an ihr vorbei. Sie kramte ein selbstgeschmiertes Brot aus der Tasche, damit sich ihre Blicke nicht trafen. Das Brot war nicht mehr wirklich frisch, aber sie zwang sich, ein paarmal hineinzubeißen, während ihre Gedanken um Friedrich kreisten. Das konnte einfach nicht wahr sein. Er konnte unmöglich eine andere haben. Natürlich hatte es zwischendurch Phasen gegeben, in denen sie sich fast fremd geworden waren, aber er würde trotzdem nicht ohne ein einziges Wort abhauen. Und selbst wenn er sich von ihr trennen wollte, gab es da immer noch Sascha, den er niemals zurücklassen würde. Die beiden verbrachten so viel Zeit miteinander, bauten Modelle oder recherchierten Dinge im Internet. Sascha war ihm wichtiger als sie, das war ihr durchaus bewusst, aber es störte sie nicht. Für ihren Sohn trat sie gern einen Schritt beiseite.

Sie wickelte das Brot wieder in die Frischhaltefolie und legte es neben sich. Auf der Wache hatte man ihr gesagt, sie hätten eine Fahndung eingeleitet, aber übermäßig engagiert waren ihr die Polizeibeamten nicht vorgekommen.

Ihre Kiefermuskulatur spannte. Wie konnte Friedrich ihr das nur antun? Er sollte dankbar sein, dass er sie überhaupt hatte. Wenn er nicht einsah, was für ein unfassbares Glück er gehabt hatte, stimmte ganz gehörig etwas nicht mit ihm.

Die paar Male, die er sie abgewiesen hatte, wenn sie ihm nachts näherkommen wollte, durchstachen ihre Grübeleien wie zornige Bienen. Genau wie die Küsse, die er ihr väterlich auf die Stirn gegeben hatte und die nichts anderes heißen sollten als: Nein danke, Liebling, jetzt nicht. Sie hatte stoisch akzeptiert, dass er nicht immer Lust hatte. Nie hatte sie es als Zeichen dafür gesehen, dass er darüber nachdachte, sie zu verlassen. Sie hatte einen fast perfekten Körper, mit dem sie die Männer wahnsinnig machen konnte, und sie hielt es einfach nicht länger aus, wie eine Leprakranke behandelt zu werden. Was wollte er denn eigentlich? Liebte er sie nicht mehr, war es das? War er deshalb verschwunden? Friedrich, du Scheißkerl! Du verdammter Scheißkerl.

Sie holte das Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Polizeiwache.

»Hallo, hier ist noch einmal Katharina Steuer. Ich wollte nachhören, ob Sie schon etwas über meinen Mann Friedrich herausgefunden haben.«

Nach einer kurzen Pause antwortete die helle Männerstimme, von der Katharina wusste, dass sie Helmuth Schenke gehörte.

»Nein, Frau Steuer. Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass es noch keine Spur von Ihrem Mann gibt.«

»Wie gehen Sie denn vor? Wie genau und wo suchen Sie?«

Katharina hörte selbst die Verzweiflung in ihrer Stimme, sie klang fast hysterisch.

»Wir tun, was wir können. Aber wir werden versuchen, sein Handy zu orten.«

»Das haben Sie noch gar nicht getan?«

»Ähm … Nein. Das machen wir aber jetzt. Lassen Sie Ihr Handy an und achten Sie darauf, dass der Akku geladen ist, damit Ihr Mann Sie auch erreichen kann.«

»Aber er meldet sich doch nicht bei mir. Er geht ja nicht mal ans Telefon, wenn ich ihn anrufe«, schrie sie.

»Sie hören von uns, sobald wir mehr wissen. Bewahren Sie bis dahin einfach Ruhe.«

Dann beendete er das Gespräch.

Ruhe bewahren?

Ihr Mann war seit zwei Tagen verschwunden und die wollten, dass sie Ruhe bewahrte?

Sie stand auf und schleuderte mit aller Kraft das Brot ins Gebüsch. Von wegen Ruhe bewahren. Dann stürmte sie mit hochrotem Kopf aus dem Park.

 

12

»Der Kopf wurde mit einer Axt abgetrennt, ganz wie du vermutet hast, Magnus. Vermutlich sogar mit der Axt, die in der Nähe des Tatorts gefunden wurde. Wenn die Laboranalyse vom SKL fertig ist, wissen wir mehr.«

Die Rechtsmedizinerin Eva Zimmer legte den latexbekleideten Zeigefinger an das, was vom Hals des Opfers noch übrig war.

Normalerweise war sie eine fröhliche Person, doch heute wirkte sie nicht nur müde, sondern auch betroffen.

»Was hältst du davon, Eva?«, fragte Magnus, der hinter ihr stand.

»Schwer zu sagen … Eine Affekthandlung, schätze ich, nichts Geplantes. Der Hieb traf eher zufällig so präzise.«

»Aber …«, setzte Magnus an. »Ein gewisses Maß an Planung ist doch schon anzunehmen, wenn jemand mitten in der Nacht mit einer Axt zum See geht, oder?«

Eva drehte sich zu ihm um, sie atmete schwer.

»Na, das musst du herausfinden. Für mich sieht das so aus, als wäre jemand wie wild auf diesen Typen losgegangen. Wirkt alles in allem eher wie Totschlag und nicht wie ein geplanter Mord.«

Magnus starrte unfreiwillig in den Mund des Opfers, der weit geöffnet war.

»Wann weißt du, um wen es sich handelt?«