Schwarzes Canaan - Robert E. Howard - E-Book

Schwarzes Canaan E-Book

Robert E. Howard

4,0

Beschreibung

"Geschichten für schlaflose Nächte" bietet Ihnen die schönsten, gruseligsten, unheimlichsten und atemberaubendsten Kurzgeschichten der okkulten und übernatürlichen Belletristik. Klassiker des Horror-, Geister- und Mystery-Genres erwachen hier zu neuem Leben. Band 6: Schwarzes Canaan Als ihn die mysteriöse Nachricht erreicht, dass es Ärger am Tularoosa Creek gibt, zögert Kirby Buckner keine Sekunde in seine Heimat Canaan zurückzukehren, um dort nach dem Rechten zu sehen. Die schwarze Bevölkerung wird dort mittlerweile von einem Voodoopriester terrorisiert. Dieser möchte von Canaan aus ein neues Reich der Schwarzen errichten und alle Weißen vernichten. Bald muss Kirby erkennen, dass Voodoozauber auch ihn betrifft und dass es auf Erden mehr Kreaturen gibt als Menschen und Tiere .... Ein Meisterstück des okkulten Mystery-Genres!

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Seitenzahl: 68

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Schwarzes Canaan

Robert E. Howard

Inhalt:

Schwarzes Canaan

1. Ruf aus Canaan

2. Der Fremde am Tularoosa

3. Schatten über Canaan

4. Die Bewohner des Sumpfes

Schwarzes Canaan, R. E. Howard

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

ISBN:9783849644734

Übersetzer: Jürgen Beck

www.jazzybee-verlag.de

www.facebook.com/jazzybeeverlag

[email protected]

Cover Design: © Thaut Images - Fotolia.com

Schwarzes Canaan

1. Ruf aus Canaan

“Ärger am Tularoosa Creek!” – Eine Warnung, die jedem Mann, der in diesem isolierten Hinterland namens Canaan aufgewachsen ist, zwischen Tularoosa und dem Black River, kalte Schauer der Angst den Rücken hinunter jagt und ihn so schnell es geht in diese von Sümpfen umgebene Gegend zurückeilen lässt – ganz egal, wo ihn die Warnung erreicht.

Es war nur ein Flüstern, das von den verrunzelten Lippen eines dahin schlurfenden, alten Weibs entwich, das in der Menge verschwand, bevor ich es ergreifen konnte. Ich brauchte keine Bestätigung; auch musste ich nicht herausfinden, auf welchem mysteriösen Weg des schwarzen Volkes die Nachricht zu ihr gelangt war. Und schon gar nicht musste ich wissen, welche obskuren Kräfte diese faltigen Lippen einem Mann vom Black River gegenüber entsiegelt hatten. Es reichte, dass die Warnung weitergegeben – und verstanden – wurde.

Verstanden? Wie konnte jemand, der am Black River aufgewachsen war, diese Warnung missverstehen? Sie hatte nur eine einzige Bedeutung: alter Hass, der im sumpfigen Dschungel auferstanden ist, dunkle Schatten, die durch die Zypressen huschten und ein Blutbad, das in dem schwarzen, geheimnisvollen Dorf an dem mit Moos geschmückten Ufer des düsteren Tularoosa lauerte.

Innerhalb einer Stunde fiel New Orleans immer mehr hinter dem das Wasser aufpeitschenden Schaufelrad zurück. Jeder Mann aus Canaan besitzt diese unsichtbare Verbindung, die ihn jedes Mal in sein Heimatland zurückzieht, wenn dieses wieder mal von dem düsteren Schatten bedroht wird, der seit mehr als einem halben Jahrhundert im vom Dschungel überwachsenen Hinterland herumschleicht.

Das schnellste Boot, das ich ergattern konnte, erschien noch unerträglich langsam für dieses Rennen den großen Strom hinauf und weiter durch den kleineren, unruhigeren Fluss. Ich brannte vor Ungeduld, als ich am Anlegeplatz von Sharpsville festmachte, fünfzehn Meilen meiner Reise noch vor mir. Es war schon nach Mitternacht, aber ich eilte hinauf zum Mietstall, wo sich Tag und Nacht, gemäß einer über fünfzig Jahren alten Tradition, immer ein Buckner-Pferd befand.

Ein schläfriger, schwarzer Junge befestigte den Sattelgurt, als ich Joe Lafely sah, den Eigentümer des Stalls, der in einer Ecke eine Laterne hochhielt, gähnte und sich streckte. Ich wandte mich zu ihm und sagte: „Es gibt Gerüchte über Ärger am Tularoosa?“

Er wurde bleich im Licht der Laterne.

„Ich weiß nicht. Ich habe aber davon gehört. Ihr Leute aus Canaan seid ein verschwiegenes Völkchen. Niemand außerhalb weiß, was drinnen vor sich geht.“

Die Nacht verschluckte seine Laterne und sein stammelndes Geschwätz, als ich über den Kamm des Hügels nach Westen preschte.

Der Mond stand rot zwischen den schwarzen Kiefern. In den Wäldern waren Eulenschreie zu vernehmen und irgendwo heulte ein Hund sein uraltes Klagelied der Nacht entgegen. In der Dunkelheit, die der Dämmerung vorangeht, überquerte ich Nigger Head Creek, eine schimmernde, schwarze Ader, die von einer Wand schier undurchdringbarer Schatten umhüllt war. Die Hufe meines Pferds ließen das seichte Wasser aufspritzen und klirrten bestürzend laut an den nassen Steinen. Hinter dem Nigger Head Creek begann das, was der Landsmann als Canaan bezeichnete.

Der Nigger Head, der demselben, ein paar Meilen nördlich gelegenen Sumpf entspringt, der auch den Tularoosa speist, fließt genau nach Süden, wo er etwas westlich von Sharpsville auf den Black River trifft, während der Tularoosa nach Westen fließt, um etwas weiter nördlich in denselben Fluss zu münden. Der Black River fließt von Nordwesten nach Südosten und bildet so mit den erstgenannten Flüssen das unregelmäßige Dreieck, das als Canaan bekannt ist.

In Canaan leben die Söhne und Töchter der weißen Grenzbewohner, die diesen Landstrich zuerst besiedelt hatten, sowie die Söhne und Töchter deren Sklaven. Joe Lafely hatte Recht; wir waren eine isolierte, verschlossene Gattung Mensch. Autark und immer auf unsere Abgeschiedenheit und Unabhängigkeit bedacht.

Hinter dem Nigger Head wurden die Wälder dichter und der Weg schmaler. Er führte nun durch Wälder voller Kiefern, hin und wieder von Virginia-Eichen und Zypressen durchsetzt. Außer dem sanften Getrappel der Hufen und dem Quietschen des Sattels war nichts zu hören. Dann ertönte ein heiseres Lachen in den Schatten.

Ich ritt zur Seite und spähte in die Bäume. Der Mond war untergegangen, aber die Dämmerung noch nicht zu sehen. In den Bäumen lag ein schwaches Glühen, in dem ich eine verschwommene Gestalt unter einigen mit Moos bewachsenen Ästen ausmachen konnte. Instinktiv suchte meine Hand den Kolben einer der beiden Duellpistolen, die ich trug, was wiederum ein weiteres, tiefes, musikalisches Lachen auslöste, verhöhnend und doch verführerisch. Ich gewahrte ein braunes Gesicht, ein Paar funkelnde Augen und weiße Zähne, die ein unschuldiges Lächeln präsentierten.

„Wer, zum Teufel, bist du?“, erkundigte ich mich.

„Warum bist du so spät noch unterwegs, Kirby Buckner?“ Spöttisches Lachen gurgelte in der Stimme. Der Akzent war fremd und ungewohnt; da war ein schwaches, negroides Näseln, aber sonst war die Stimme so sinnlich und wohlgeformt wie der Körper ihrer Besitzerin. In dem glänzenden Gewirr dunkler Haare schimmerte eine weiße Blüte blass in der Dunkelheit.

„Was tust du hier?“, wollte ich wissen. „Du bist weit weg von jeder Bimbo-Hütte. Und du bist mir fremd.“

„Ich kam nach Canaan, nachdem du weg gegangen bist“, antwortete sie. „Meine Hütte steht am Tularoosa. Aber nun habe ich mich verlaufen. Und mein armer Bruder hat sich am Bein verletzt und kann nicht laufen.“

„Wo ist dein Bruder?“, fragte ich unruhig. Ihr perfektes Englisch irritierte mich, war ich doch den Dialekt des schwarzen Volkes gewohnt.

„Hinten im Wald, dort – weit hinten!“ Mit einem dreisten Grinsen deutete sie in die schwarzen Tiefen des Waldes. Dazu benutzte sie mehr ihren geschmeidigen Körper als ihre Hände.

Ich wusste, dass es keinen verletzten Bruder gab, und sie wusste, dass ich es wusste und lachte mich an. In mir erhob sich ein seltsamer Tumult verschiedenster Gefühle. Ich hatte noch nie vorher ein schwarzes oder braunes Mädchen beachtet. Aber dieses Mischlingsmädchen war anders als alle, die ich vorher gesehen hatte. Ihr Aussehen entsprach dem einer weißen Frau und ihre Sprache war nicht die eines gemeinen Frauenzimmers. Und doch war sie barbarisch in der offenen Verlockung ihres Lächelns, dem Glimmen in ihren Augen und dem schamlosen Posieren ihres wohlgeformten Körpers. Jede Geste, jede Bewegung, die sie machte, unterschied sie von einer ordinären Frau; ihre Schönheit war ungezähmt und gesetzlos, darauf ausgerichtet zu betören statt zu besänftigen, einen Mann blind und schwindlig zu machen und in ihm die ungebändigte Leidenschaft zu wecken, die er von seinen tierischen Vorfahren vererbt bekommen hat.

Ich kann mich kaum daran erinnern, wie ich abstieg und mein Pferd festband. Mein Blut pochte in den engen Venen meiner Schläfen, als ich sie argwöhnisch und doch fasziniert anstarrte.

„Woher kennst du meinen Namen? Wer bist du?“

Mit einem provokativen Lachen nahm sie meine Hand und zog mich tiefer in die Schatten hinein. Das Leuchten ihrer Augen faszinierte mich dermaßen, dass ich ihre Handlungen kaum bemerkte.

„Wer kennt nicht Kirby Buckner?“, lachte sie. „Alle Leute in Canaan sprechen von Ihnen, schwarze und weiße. Kommen Sie! Mein armer Bruder verlangt nach Ihnen!“ Und sie lachte bösartig und triumphierend.

Diese dreiste Unverfrorenheit brachte mich zur Räson. Ihr zynischer Hohn hatte den hypnotischen Bann, in den ich gefallen war, gebrochen.

Ich hielt an, schüttelte ihre Hand ab und knurrte: „Was für ein teuflisches Spiel ist das hier, Hexe?“

In diesem Moment verwandelte sich die lächelnde Sirene in eine blutrünstige Dschungelkatze. Ihre Augen flammten auf vor Mordlust und ihre roten Lippen formten sich zu einem schrillen Schrei, als sie zurück sprang. Das Geräusch von heraneilenden, nackten Füßen beantwortete ihren Ruf. Das erste, noch schwache Licht der Dämmerung brach nun durch das Geäst und enthüllte die Angreifer, drei finstere, schwarze Riesen. Ich sah das glitzernde Weiß ihrer gebleckten, leuchtenden Zähne und den Schein von blankem Stahl in ihren Händen.