Schwarzfeld - Finn Marlot Stinger - E-Book

Schwarzfeld E-Book

Finn Marlot Stinger

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Beschreibung

In der Tiefe geheimer Labore und an verborgenen Militärstützpunkten entsteht etwas, das die Welt, wie wir sie kennen, für immer verändern könnte. In China erhält Oberstleutnant Wei Zhang den Befehl, an einem hochgeheimen Forschungsprojekt zu arbeiten. Sein Ziel: die Entwicklung einer Technologie, die die Grenzen von Raum und Zeit überschreitet – doch schnell erkennt er, dass Kontrolle nur eine Illusion ist. Gleichzeitig kämpft in Russland Feldwebel Alexei Morosow gegen eine unbekannte Bedrohung, die tief unter der Erde lauert und längst erwacht ist. In den Gassen Taipeis versucht der CIA-Agent Luke Bennett verzweifelt, die Welt vor einer unsichtbaren Gefahr zu warnen, während in Nordkorea der junge Soldat Kim Seung-ho erkennt, dass wahrer Gehorsam manchmal bedeutet, nicht alles zu glauben, was ihm befohlen wird. Vier Männer, vier Schicksale, miteinander verwoben durch eine geheimnisvolle Macht, die niemand vollständig versteht. Als die Welt an den Rand eines unsichtbaren Krieges gerät, stellt sich nur eine Frage: Kannst du verhindern, was du nicht sehen kannst? „Schwarzfeld“ – ein packender Thriller über Macht, Geheimnisse und den dünnen Grat zwischen Fortschritt und Wahnsinn.

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Seitenzahl: 158

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Schwarzfeld

Impressum

© 2025 Finn Marlot StingerDruck und Distribution im Auftrag des Autors:tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, DeutschlandDas Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist der Autor verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne seine Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: F. H., Bahnhofstraße 26, 27572 Bremerhaven, Germany.Kontaktadresse nach EU-Produktsicherheitsverordnung: [email protected]

Prolog

1. Februar 2014, Militärstützpunkt Chengdu, Volksrepublik China

Oberstleutnant Wei Zhang schob seine Feldjacke enger um die Schultern. Der Winterregen klatschte hart gegen die blechverkleideten Baracken des Stützpunkts, und der scharfe Wind roch nach verbrannter Kohle und Schweiß.

Wei war spät dran.

Er hatte den Befehl erst vor zwei Stunden erhalten:

Meldung im Sektor 7, Sonderkommando-Bereich. Keine Angaben zum Zweck. Keine Rückfragen erlaubt.

Er kannte diese Art Befehle.

Sie bedeuteten nichts Gutes.

Am Eingang zum Sektor kontrollierte ein Soldat mit schwarzem Barett seine Papiere. Ohne ein Wort deutete er auf ein schmales Betongebäude.

Wei trat ein.

Im Innern war es warm, die Luft abgestanden.

Am Ende eines schmalen Flurs wartete bereits ein Mann in Zivilkleidung – dunkler Anzug, drahtiger Körperbau, Gesicht wie eine Maske.

„Oberstleutnant Zhang. Willkommen“, sagte er tonlos. „Bitte setzen Sie sich.“

Wei blieb stehen.

Der Mann schien das nicht zu stören.

Er legte eine Mappe auf den Tisch. Kein Wappen, kein Siegel. Nur eine rote Linie quer über das Deckblatt.

„Ab sofort sind Sie Teil eines neuen Projekts. Ihre Expertise in fortgeschrittener Waffentechnologie wird benötigt.“

Wei schwieg.

„Sie werden in den nächsten Wochen an einem Standort arbeiten, dessen Existenz offiziell nicht bestätigt wird. Jegliche Kommunikation nach außen ist untersagt. Sie werden mit niemandem, einschließlich Ihrer Familie, über Ihre Arbeit sprechen.“

Wei nickte.

Der Mann musterte ihn eine Sekunde lang.

Dann schob er ihm ein Schreiben über den Tisch.

Wei überflog es schnell.

Deckname: Projekt Tianlong

Standort: Klassifiziert

Ziel: Entwicklung und Erprobung neuartiger militärischer Technologien.

Keine Details. Keine Hinweise.

Nur eine Unterschrift am Ende: Zentralkomitee für Staatssicherheit.

Wei legte das Papier langsam zurück auf den Tisch.

„Wann?“, fragte er knapp.

„Ihr Transport startet morgen um 05:00 Uhr. Packen Sie nur das Nötigste.“

Der Mann lächelte flach, doch es erreichte seine Augen nicht.

„Willkommen an der Front der neuen Welt, Oberstleutnant.“

Wei verließ das Gebäude wieder in den Regen hinaus.

Er wusste nicht, ob er stolz oder beunruhigt sein sollte.

Vielleicht beides.

Vielleicht noch Schlimmeres.

Veränderung kommt nicht mit Kriegstrommeln.

Nicht mit Fahnen.

Nicht mit lauten Stimmen.

Sie kriecht.

Sie flüstert.

Sie ändert zuerst das,

was du nicht sehen willst.

Und wenn du es endlich bemerkst –

bist du schon jemand anderes geworden.

Kapitel 0 – Vor dem Sturm

Der Nachthimmel war schwarz wie getränktes Öl.

Luke lag im Staub,

die Waffe an die Schulter gepresst,

die Augen auf den flimmernden Umriss eines Zielgebäudes gerichtet.

Ein Flüstern im Funk:

„Ziel bestätigt. Zugangspunkt Ost.“

Luke antwortete nicht.

Worte waren Luxus.

Bewegung war alles.

Er stand auf.

Zwei kurze Schritte.

Deckung hinter einer zerschossenen Mauer.

Geruch von verbranntem Gummi und kaltem Eisen.

Seine Haut prickelte.

Nicht vor Angst.

Vor Klarheit.

Jeder Einsatz war eine Entscheidung:

● Gehen oder Bleiben.
● Töten oder Warten.
● Verlieren oder Überleben.

Er erreichte die Eingangstür.

Kein Schloss.

Nur Dunkelheit dahinter.

Er trat ein.

Das Gebäude war leer.

Nur schwach flackernde Lichter,

ein zurückgelassener Rucksack,

eine Pfütze getrockneten Blutes.

Keine Bewegung.

Kein Widerstand.

Nur Stille,

so schwer,

dass sie seine Schritte verschluckte.

Dann sah er es:

An der hinteren Wand:

ein Terminal,

provisorisch aufgebaut,

verkabelt mit fremden Geräten.

Nicht Drogen.

Nicht Waffen.

Informationen.

Und was immer hier gespeichert war –

war nicht für diese Welt bestimmt.

Luke zog eine kleine Festplatte aus seiner Ausrüstung.

Er kopierte die Daten ohne ein Zögern.

Kein Gedanke an Folgen.

Kein Gedanke an Moral.

Nur an Auftrag.

Nur an Überleben.

Als er das Gebäude verließ,

hörte er hinter sich den leisen Knall der Sprengfalle.

Kein Bedauern.

Nur Bewegung.

Nur Vorwärts.

Und irgendwo in der Dunkelheit,

hinter den Grenzen,

hinter den Befehlen,

wuchs langsam der Schatten einer Zukunft,

die er noch nicht begreifen konnte.

(Fokus auf Wei Zhang – Xi’an Institute for Quantum Research, China, 2009)

Die Labore rochen nach frischem Metall und Lösungsmitteln.

Wei stand am Ende eines langen Ganges,

in den Händen einen dünnen Bericht,

der schwerer wog als sein ganzes bisheriges Leben.

Er war jung.

Erfolgreich.

Einer von wenigen Auserwählten,

die direkt am „Projekt Morgenrot“ arbeiten durften.

Die Elite.

Die Hoffnung der Nation.

Er öffnete den Bericht.

Er las die Worte,

die in klinischer Sprache zusammenfassten,

was sie entdeckt hatten:

● Raumkrümmung in kontrollierten Mikrozellen.
● Unabhängige Energiefluktuation ohne externe Quelle.
● Signale innerhalb des Vakuums – nicht menschlicher Herkunft.

Wei senkte den Bericht.

Er spürte ein Kälteband,

das sich um seine Brust zog.

Nicht aus Angst vor dem, was möglich war.

Sondern aus Angst vor dem,

was geschehen würde,

wenn niemand fragte,

ob sie sollten.

Sein Mentor, Professor Han, trat neben ihn.

Ein schmaler, ernster Mann,

dessen Augen müde waren von zu vielen Nächten ohne Schlaf.

„Großartig, nicht wahr?“

Han klopfte ihm auf die Schulter.

„Du wirst einmal Geschichte schreiben, Wei.“

Wei lächelte mechanisch.

Nickte.

Brach keine Regeln.

Stellte keine Fragen.

Aber tief in seinem Inneren,

in einer kleinen, noch leisen Ecke,

begann etwas zu wachsen.

Ein Zweifel.

Eine Ahnung.

Dass manche Entdeckungen

nicht gemacht werden sollten.

Und dass nicht jede Tür,

die sich öffnen ließ,

auch geöffnet werden musste.

(Fokus auf Alexei Morosow – Nordkaukasus, Russland, 2008)

Die Nacht im Gebirge war messerscharf kalt.

Alexei lag flach auf dem Bauch,

eingewickelt in Tarnnetze,

den Blick durch das Zielfernrohr gerichtet.

Unter ihm,

im Tal,

glomm das Licht eines kleinen Außenpostens.

Er war jung.

Frisch ausgebildet.

Ungeduldig.

Stolz auf sein Abzeichen,

auf das Recht, einer Spezialeinheit anzugehören.

Doch heute Nacht lernte er,

dass Stolz eine Last sein konnte.

Im Funk knisterte es:

„Kein Feuerkontakt. Nur Beobachten.“

Alexei spürte die Spannung in seinen Fingern.

Die Kälte brannte in seinen Gelenken,

jeder Atemzug war ein Kampf gegen die Erstarrung.

Dann – Bewegung.

Drei Gestalten,

schwer bewaffnet,

zogen vom Posten weg,

in Richtung der russischen Seite.

Schmuggler?

Kämpfer?

Er wusste es nicht.

Sein Finger zuckte.

Ein einziger Schuss hätte genügt.

Ein Zeichen der Stärke.

Ein Abschluss.

Aber der Befehl war klar.

Beobachten.

Nicht eingreifen.

Er biss die Zähne zusammen.

Er zwang sich zur Ruhe.

Und als die Männer im Dunkeln verschwanden,

hinterließ ihre Abwesenheit eine Narbe in seinem Geist:

Nicht alles, was du verhindern kannst,

musst du verhindern.

Manchmal bedeutet Standhaftigkeit,

nicht zu handeln.

Alexei rollte sich langsam zurück,

Tarnnetz über den Rücken gezogen.

Keine Medaillen für Geduld.

Keine Lieder für Gehorsam.

Nur die stille, schwere Pflicht,

zu sehen –

und zu bleiben.

(Fokus auf Kim Seung-ho – Militärakademie Pjöngjang, Nordkorea, 2007)

Der Trainingshof lag in dichtem Nebel.

Die Luft roch nach nassem Beton und Eisen.

Seung-ho stand stramm,

die Stiefel tief im Schlamm verankert,

den Blick nach vorne gerichtet.

Regungslos.

Vor ihm:

General Ri.

Alt, vernarbt,

die Augen wie zwei scharfe Klingen unter der Schirmmütze.

Ri schritt langsam die Reihe der Kadetten entlang.

Kein Wort.

Nur prüfende Blicke.

Bis er vor Seung-ho stehenblieb.

„Warum kämpfen wir?“, fragte Ri.

Seine Stimme war rau, fast spöttisch.

Seung-ho antwortete sofort,

mechanisch, wie gelernt:

„Für die Ehre unseres Vaterlandes.

Für unseren Marschall.

Für den Sieg unserer großen Idee.“

Ein kurzes Zucken in Ris Gesicht –

kein Lächeln, kein Stirnrunzeln.

Nur ein Schatten.

Er trat näher.

Sein Atem war kalt auf Seung-hos Haut.

„Nein“, sagte Ri leise.

„Nicht für den Sieg.“

„Nicht für den Ruhm.“

„Sondern weil es keine andere Wahl gibt.“

Seung-ho wagte es nicht zu antworten.

Aber etwas in ihm begann zu arbeiten.

Langsam.

Widerwillig.

Ri nickte ihm kaum merklich zu.

Dann schritt er weiter,

seine Stiefel schmatzten im Morast.

Seung-ho blieb stehen,

doch in seinem Inneren

hatte sich eine Tür geöffnet.

Eine Tür zu Gedanken,

die niemals gedacht werden sollten.

Nicht in diesem Land.

Nicht in dieser Uniform.

Kapitel 1 – Der Aufbruch

2. Februar 2014, Chengdu, 04:36 Uhr

Die Kälte biss Wei Zhang ins Gesicht, als er die Baracke verließ. Sein Seesack hing schwer über seiner Schulter.

Der Stützpunkt lag still im Morgengrauen, nur wenige Fenster waren erleuchtet. Irgendwo bellte ein Hund.

Alles war wie immer – und doch nicht.

Er sah noch einmal zurück.

Das Fenster seiner Unterkunft blieb dunkel.

Seine Frau wusste von seinem Einsatz. Aber nicht wohin. Nicht warum.

Sie hatte nicht geweint. Nur genickt, als er es ihr am Abend zuvor gesagt hatte.

„Tu, was du tun musst“, hatte sie gesagt.

Wei hatte keine Antwort gefunden.

Ein schwarzer Militärtransporter wartete am Tor. Kein Nummernschild, keine Abzeichen. Zwei Männer in grauen Uniformen standen reglos daneben.

Ohne ein Wort öffneten sie die Seitentür.

Wei stieg ein.

Die Tür schlug hinter ihm zu.

Der Innenraum roch nach kaltem Gummi und Öl. Kein Fenster, nur blanke Stahlwände. Eine Sitzbank an der Seite.

Wei setzte sich, den Seesack zwischen die Knie geklemmt.

Der Motor sprang an. Dumpfes Vibrieren füllte den Raum.

Er wusste nicht, wohin sie fuhren.

Nur dass er nicht zurückkehren würde, bevor das Projekt abgeschlossen war – oder er selbst.

Die Fahrt dauerte Stunden.

Keine Gespräche. Kein Kontakt zur Außenwelt.

Wei versuchte die Müdigkeit zu unterdrücken, aber irgendwann fielen ihm die Augen zu.

Als er aufwachte, stand der Transporter still.

Die Tür öffnete sich.

Blendendes Sonnenlicht.

Karge Hügel, roter Sand, ein kalter Wind.

Und vor ihm:

Eine unterirdische Anlage, teilweise getarnt, kaum sichtbar zwischen den Felsen.

Schwere Betonmauern, Wachtürme, Stacheldraht.

Wei trat hinaus und sog die trockene Luft ein.

Er wusste:

Dies war kein gewöhnlicher Stützpunkt.

Hier begann etwas, das er nicht mehr aufhalten konnte.

Und tief in seinem Inneren spürte er eine Ahnung.

Etwas war bereits außer Kontrolle geraten.

Noch bevor er überhaupt angekommen war.

Wei Zhang folgte schweigend dem Soldaten, der ihn vom Transporter abgeholt hatte.

Sie gingen einen engen, fensterlosen Gang entlang. Das Licht an der Decke flackerte leicht, der Boden unter ihren Stiefeln war aus blankem Stahl.

Überall Sicherheit: Kameras, Zugangskontrollen, bewaffnete Wachen.

Wei fiel auf, dass niemand hier redete. Kein Gruß, keine Kommandos, nur Bewegungen – präzise, schnell, fast mechanisch.

Nach mehreren Kontrollen, Fingerabdruck- und Iris-Scans, erreichten sie ein schmales Büro.

Ein Schild an der Tür: Sektion 3 – Forschung und Entwicklung.

Der Soldat öffnete wortlos die Tür und ließ Wei eintreten.

Dann schloss er sie von außen.

Drinnen wartete ein Mann mittleren Alters, Uniform der Luftwaffe, Rangabzeichen eines Obersts.

Er war drahtig, mit tiefen Falten um die Augen und einer Stimme wie Schmirgelpapier.

„Oberstleutnant Zhang“, sagte er. „Willkommen. Mein Name ist Oberst Liu.”

Er wies auf einen einfachen Stuhl.

Wei setzte sich.

„Sie sind ab sofort Teil des Kernteams“, sagte Liu, ohne Umschweife. „Ihre Aufgabe: Integration und Optimierung der Technologiekomponenten, die derzeit entwickelt werden.“

Wei hob eine Augenbraue.

„Technologiekomponenten?“, fragte er vorsichtig.

Liu verzog keine Miene.

„Alles, was Sie wissen müssen, erfahren Sie zum richtigen Zeitpunkt. Vorläufig beschränken Sie sich auf Ihre zugewiesenen Aufgaben. Keine Fragen.“

Er reichte Wei einen schmalen Aktenordner. Keine digitale Version, nur Papier.

Wei schlug die erste Seite auf:

Schemazeichnungen von fremdartigen Maschinenmodulen, Materialanalysen mit Klassifikationen, die ihm unbekannt waren. Hinweise auf Energiestrukturen, die er nur aus theoretischen Studien kannte – und selbst da waren sie als “unrealistisch” bezeichnet worden.

Er blätterte weiter.

Bei einer Skizze fror seine Hand.

Ein ringförmiges Gerät – kaum größer als ein Mensch – mit kryptischen Anmerkungen in roter Tinte.

● Anomalie bei Raum-Zeit-Verhalten.
● Tests unter absoluter Isolierung erforderlich.
● Risiko: Extrem.

Wei sah auf.

Oberst Liu beobachtete ihn schweigend.

„Ihr Quartier ist Sektor C-17“, sagte Liu schließlich. „Sie haben heute 12 Stunden zur Eingewöhnung. Danach beginnt Ihre Einweisung.“

Wei nickte mechanisch.

Er wusste nicht, worauf er sich eingelassen hatte.

Nur eines war ihm klar:

Es gab kein Zurück mehr.

Als er das Büro verließ und durch die sterile Anlage zu seinem Quartier ging, überkam ihn ein seltsames Gefühl.

Nicht Angst.

Etwas anderes.

Etwas, das noch keinen Namen hatte.

Sektor C-17 lag tief unter der Erde.

Wei folgte den schmalen, grauen Gängen, vorbei an Türen ohne Beschriftung und Kameras, die jede seiner Bewegungen verfolgten.

Sein Quartier war winzig:

Ein Bett, ein kleiner Spind, ein Schreibtisch mit einer fest verankerten Lampe.

Kein Fenster.

Nur ein Lüftungsschacht, aus dem kühle Luft strömte.

An der Tür klebte ein Zettel:

„Antrittsbesprechung – Labor 4 – 18:00 Uhr. Anwesenheit obligatorisch.“

Wei warf seine Tasche auf das Bett und setzte sich.

Er atmete tief durch.

Die Wände waren dünn.

Durch sie hindurch hörte er Schritte auf dem Flur, leises Murmeln, gelegentlich ein dumpfes Poltern.

Ein Gefühl von Enge breitete sich in ihm aus.

Er stand wieder auf und ging hinaus.

Im Gang begegnete er anderen Männern und Frauen in grauen Overalls.

Keine Rangabzeichen, keine Namen.

Die meisten nickten knapp oder sahen ihn gar nicht an.

Einige wirkten angespannt – als würden sie etwas wissen, das Wei noch nicht wusste.

Er hielt kurz vor einer Tür, die einen Spalt offenstand.

Dahinter ein Gemeinschaftsraum: Neonlicht, ein Automat mit Wasserflaschen, ein paar Stühle.

Zwei Männer saßen dort, sprachen leise.

Wei verstand nur Bruchstücke.

„… dritter Vorfall diese Woche …“

„… sie haben ihn einfach verschwinden lassen …“

„… keiner weiß, was das Ding wirklich ist …“

Als Wei den Raum betrat, verstummten sie sofort.

Einer der Männer, ein blasser Techniker mit eingefallenen Wangen, nickte ihm kurz zu.

Dann standen beide auf und verließen hastig den Raum.

Wei blieb allein zurück.

Er griff sich eine Wasserflasche aus dem Automaten, setzte sich und starrte eine Weile ins Leere.

Er wusste nicht, was die beiden gemeint hatten.

Aber er wusste eines:

Irgendetwas stimmte hier nicht.

Und was immer es war – es war größer als alles, worauf er vorbereitet war.

Um 17:45 Uhr verließ er den Gemeinschaftsraum und machte sich auf den Weg zu Labor 4.

Die Einweisung würde bald beginnen.

Und mit ihr, vielleicht, die Wahrheit.

Labor 4 lag tief im Bauch der Anlage.

Wei spürte, wie der Luftdruck zunahm, je weiter er die Korridore entlangging.

Es war, als würde der ganze Berg über ihm lasten.

Am Ende des Gangs stand eine schwere Stahltür.

Davor zwei Wachen mit Sturmgewehren.

Eine von ihnen prüfte seine Zugangskarte, dann öffnete sich die Tür mit einem Zischen.

Wei trat ein – und erstarrte für einen Moment.

Labor 4 war riesig.

Mehr eine Werkshalle als ein Labor: Über hundert Meter lang, voller Maschinen, Monitore und abgetrennter Testkammern mit dickem Glas.

An der Decke hingen schwere Magnetkräne.

In der Mitte des Raumes stand eine seltsame Struktur: ein ringförmiges Gebilde aus dunklem Metall, etwa drei Meter Durchmesser, übersät mit Kabeln und Sensoren.

Wei spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten.

Das Ding sah falsch aus.

Nicht nur neu oder fremd – sondern falsch, als ob es hier nicht hingehörte.

Er trat näher.

Ein kleiner Kreis von Leuten in grauen Kitteln wartete dort.

Wissenschaftler, Ingenieure, Sicherheitsoffiziere.

Ein älterer Mann mit schütterem Haar und scharfen Augen trat hervor.

„Willkommen, neue Rekruten“, sagte er kühl. „Mein Name ist Professor Liang. Sie sind hier, um an Projekt Tianlong mitzuarbeiten.“

Er machte eine kurze Pause, als würde er prüfen, wer nervös wurde.

„Was Sie hier sehen, ist ein erster Prototyp. Ihre Aufgabe wird es sein, ihn in den nächsten Monaten funktionstüchtig zu machen – unter vollständiger Geheimhaltung.“

Ein Monitor schaltete sich an.

Datenströme flossen über den Bildschirm – Formeln, Diagramme, energetische Berechnungen, die Wei nur teilweise verstand.

„Es geht um die Kontrolle von Energiefluktuationen jenseits unserer bekannten physikalischen Grenzen“, erklärte Liang trocken.

„Oder einfacher gesagt: um die Möglichkeit, Materie zu beeinflussen, ohne direkten Kontakt.“

Wei runzelte die Stirn.

Das klang nach Science-Fiction.

Und doch stand das Gerät hier – real, greifbar.

Professor Liang fuhr fort:

„Sie werden in Schichten arbeiten. Sicherheitsprotokolle sind strikt einzuhalten. Jegliche Abweichung führt zur sofortigen Isolation.“

Einige der Neuen wechselten nervöse Blicke.

Liang ignorierte sie.

„Sollten Sie Zeuge eines unvorhergesehenen Ereignisses werden, verlassen Sie sofort das Labor und melden Sie sich bei der Sicherheitsleitung.

Versuchen Sie unter keinen Umständen, auf eigene Faust einzugreifen.“

Wei hörte die Worte – und spürte die unausgesprochene Warnung darin.

Dann, genau in diesem Moment, passierte es.

Ein alarmierendes Summen vibrierte durch den Raum.

Die Beleuchtung flackerte.

Einer der Monitore zeigte chaotische Daten, rote Warnsymbole flimmerten auf.

Professor Liang rief: „Abschalten! Notprotokoll aktivieren!“

Techniker rannten zu den Kontrollstationen.

Wei trat einen Schritt zurück.

Im Zentrum des Rings begann die Luft zu flimmern – wie heiße Asphaltluft an einem Sommertag.

Und dann, für einen winzigen Augenblick, sah Wei etwas.

Etwas Dunkles.

Etwas, das nicht in diese Welt gehörte.

Ein Schlag durchfuhr die Luft – ein Geräusch wie berstendes Eis –

und dann brach alles in sich zusammen.

Die Systeme fielen aus.

Stille.

Nur das flackernde Licht über dem toten Ring blieb.

Professor Liang atmete schwer.

Er richtete sich auf, wischte sich die Stirn.

„Willkommen“, sagte er leise.

„Willkommen im Zeitalter der neuen Kriegsführung.“

Wei Zhang lag auf der schmalen Pritsche seines Quartiers und starrte an die Decke.

Das Licht hatte er längst gelöscht, aber die Dunkelheit brachte keine Ruhe.

Nur die Gedanken blieben.

Das, was er heute gesehen hatte, ging ihm nicht mehr aus dem Kopf.

Nicht die Maschinen.

Nicht die Alarmprotokolle.

Es war dieser Moment – ein Wimpernschlag nur – in dem er durch den schimmernden Ring geblickt hatte.

Etwas hatte ihn angesehen.

Davon war er sicher.

Etwas aus einer anderen Welt, einer anderen Realität.

Er drehte sich auf die Seite.

Die Lüftung rauschte leise, irgendwo klapperte ein entferntes Rohr.

Wei wusste, dass er keine Fragen stellen durfte.

Er wusste, dass in dieser Basis andere Regeln galten.

Aber er wusste auch, dass er sich einen Feind gemacht hatte, den er nicht verstand.

Und dass niemand hier wirklich bereit war, sich ihm zu stellen.

Morgen würde seine Arbeit beginnen.

Schichtdienst, Isolation, Geheimhaltung.

Und vielleicht, irgendwann – die Wahrheit.

Oder das, was davon übrigblieb.

Wei schloss die Augen.

Schwer, müde – aber ohne wirklichen Schlaf.

Und irgendwo tief im Innern wusste er:

Was heute passiert war,

war nur der erste Riss.

Die wirkliche Katastrophe kam noch.

Kapitel 2 – Der Schattenkrieg

1. März 2014, Krim-Halbinsel, Nähe Sewastopol

Feldwebel Alexei Morosow zog den Kragen seiner olivfarbenen Jacke höher und trat aus dem Zelt in die feuchte Morgenluft.

Der Nebel hing schwer zwischen den verkrüppelten Kiefern.

Das Gras unter seinen Stiefeln war hart gefroren.

Kein Abzeichen zierte seine Uniform.

Keine Markierungen, keine Herkunft.

Nur ein Sturmgewehr auf dem Rücken und die Befehle, die inoffiziell über einen kleinen Satellitenempfänger hereinkamen.

„Grüne Männchen“ nannten sie sie bereits – in Kiew, in Brüssel, in Washington.

Unmarkierte, gut ausgerüstete Soldaten, die plötzlich auf der Krim auftauchten, Gebäude einnahmen, Straßensperren errichteten.

Offiziell waren sie niemand.

Inoffiziell waren sie Russland.

Alexei marschierte durch das provisorische Lager.

Zwei Männer saßen an einem umfunktionierten Munitionskasten, rauchten, sprachen leise.

Er grüßte mit einem knappen Nicken.

Sein Trupp hatte den Auftrag, eine verlassene ukrainische Radarstation zu sichern, etwa 15 Kilometer nordwestlich von Sewastopol.

Alte sowjetische Technik, größtenteils ausgeschlachtet.

Kein Kampf zu erwarten.

Nur Präsenz zeigen.

Eigentlich.

Doch seit drei Tagen gab es seltsame Gerüchte.

Ein Patrouillenfahrzeug sei verschwunden.

Ohne Funkspruch, ohne Kampfspuren.

Ein Kontrollposten habe eigenartige Lichtphänomene über den Hügeln gesehen – still, ohne Geräusch.

Und letzte Nacht, so behaupteten einige, hätten sie eine Erschütterung gespürt, als ob etwas schweres Unsichtbares durch die Erde gegangen sei.