12,99 €
Herbststurm über einem abgelegenen Château – der dreizehnte Band der Provence-Krimi-Reihe von Bestseller-Autor Pierre Lagrange Herbststürme fegen über die Provence, als Ex-Commissaire Albin Leclerc einen merkwürdigen Brief erhält: Der Industrielle Charles Agnel lädt Albin und seine Frau Veronique zu einem Gourmet-Wochenende in sein abgelegenes Château ein. Erst vor Ort erfährt Albin, warum er hier ist: Einer der anderen Gäste hat vor Jahren Charles' Ehefrau getötet, und Albin soll nun den Mörder entlarven. Am folgenden Morgen hat ein Orkan das Schloss von der Außenwelt abgeschnitten, und als Charles Agnel tot aufgefunden wird, ist Albin bei der Suche nach dem Täter auf sich allein gestellt. Zum Glück ist Mops Tyson wie immer an seiner Seite – denn je näher Albin dem Mörder kommt, in desto größere Gefahr gerät er selbst …
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 366
Veröffentlichungsjahr: 2025
Pierre Lagrange
Ein Fall für Albin Leclerc
Herbststürme fegen über die Provence, als Ex-Commissaire Albin Leclerc einen merkwürdigen Brief erhält: Der Industrielle Charles Agnel lädt Albin und seine Frau Veronique zu einem Gourmet-Wochenende in sein abgelegenes Château d’Aigle ein. Erst vor Ort erfährt Albin, warum er hier ist: Einer der anderen Gäste hat vor Jahren Charles‘ Ehefrau getötet, und Albin soll nun den Mörder entlarven. Am folgenden Morgen hat ein Orkan das Schloss von der Außenwelt abgeschnitten, und als Charles Agnel tot aufgefunden wird, ist Albin bei der Suche nach dem Täter auf sich allein gestellt. Zum Glück ist Mops Tyson wie immer an seiner Seite – denn je näher Albin dem Mörder kommt, in desto größere Gefahr gerät er selbst …
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Pierre Lagrange ist das Pseudonym eines bekannten deutschen Autors, der bereits zahlreiche Krimis und Thriller veröffentlicht hat. In der Gegend von Avignon führte seine Mutter ein kleines Hotel auf einem alten Landgut, das berühmt für seine provenzalische Küche war. Vor dieser malerischen Kulisse lässt der Autor seinen liebenswerten Commissaire Albin Leclerc gemeinsam mit seinem Mops Tyson ermitteln.
Erschienen bei FISCHER E-Books
© 2025 S. Fischer Verlag GmbH, Hedderichstraße 114, 60596 Frankfurt am Main
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Redaktion: Susanne Kiesow
Covergestaltung: www.buerosued.de
Coverabbildung: mauritius images
ISBN 978-3-10-491977-5
Dieses E-Book ist urheberrechtlich geschützt.
Die Nutzung unserer Werke für Text- und Data-Mining im Sinne von § 44b UrhG behalten wir uns explizit vor.
Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
Im Text enthaltene externe Links begründen keine inhaltliche Verantwortung des Verlages, sondern sind allein von dem jeweiligen Dienstanbieter zu verantworten. Der Verlag hat die verlinkten externen Seiten zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung sorgfältig überprüft, mögliche Rechtsverstöße waren zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Auf spätere Veränderungen besteht keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.
Dieses E-Book enthält möglicherweise Abbildungen. Der Verlag kann die korrekte Darstellung auf den unterschiedlichen E-Book-Readern nicht gewährleisten.
Wir empfehlen Ihnen, bei Bedarf das Format Ihres E-Book-Readers von Hoch- auf Querformat zu ändern. So werden insbesondere Abbildungen im Querformat optimal dargestellt.
Anleitungen finden sich i.d.R. auf den Hilfeseiten der Anbieter.
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
30. Kapitel
31. Kapitel
32. Kapitel
33. Kapitel
34. Kapitel
35. Kapitel
36. Kapitel
37. Kapitel
38. Kapitel
39. Kapitel
40. Kapitel
41. Kapitel
42. Kapitel
43. Kapitel
44. Kapitel
Der Orkan dauerte an, und in dieser Herbstnacht schien er seinen Höhepunkt zu erreichen. Er tobte seit Stunden und entlud sich nun mit voller Wucht über dem Luberon. Der Wind toste um das ehrwürdige Château d’Aigle, als wolle er es niederreißen. Regen prasselte wie Gewehrsalven gegen die Fenster. Blitze und Wetterleuchten erhellten die Nacht. Wie nahes Artilleriefeuer, dachte Albin, der den Donner selbst im Gebäude regelrecht spüren konnte.
Der Strom war erneut ausgefallen, weswegen das Zimmer nur von Kerzen beleuchtet wurde. Es war eines von vielen. Albin hatte sie nicht gezählt. Aber Veronique schätzte, dass es mindestens zehn allein für die Gäste dieses merkwürdigen Wochenendes sein müssten. Gerade war sie über den knarzenden Holzfußboden ins Badezimmer gegangen und mit einer Schere in der linken und einer Nagelfeile in der rechten Hand zurückgekehrt. Jetzt saß sie auf der Kante des schweren Himmelbetts mit den verschnörkelten Säulen, unter dem sich Tyson verkrochen hatte. Dem Mops gefiel das Unwetter überhaupt nicht. Abgesehen davon schien er zu spüren, dass Gefahr in der Luft lag.
Veronique hielt ihre Waffen in den Fäusten, als hinge ihr Leben davon ab, und starrte herüber zu Albin. Vielleicht tat es das auch, dachte er. Je nachdem, wie sich die Dinge entwickelten. In jedem Fall gaben ihr die Utensilien das Gefühl von Sicherheit. Auch gut.
Das grelle Licht eines weiteren Blitzes drang durch die von schweren Vorhängen eingefassten Bleiglasfenster, an deren Außenseite das Wasser wie in einer Duschkabine herablief. Das Licht erhellte den Raum, warf Schlagschatten auf die goldenen Bilderrahmen mit impressionistischen Gemälden und die mit Intarsien verzierten Wandpaneele.
Albin blinzelte und gab der antiken Kommode einen letzten Ruck, bevor ein heftiger Donnerschlag die Vasen auf der Fensterbank klirren ließ. Er hatte das Möbelstück vor die Tür geschoben, weil man sie nicht abschließen konnte. Eigentlich ein Unding, aber das hier war ja kein Hotel. Im Zweifel würde Abschließen sowieso nicht viel bringen, dachte Albin. Man konnte eine wurmstichige Tür wie diese jederzeit eintreten. Und in so einer Nacht war mit allem zu rechnen – zum Beispiel mit ungebetenen Gästen, die keine freundlichen Absichten hatten, weil sie ihrerseits mit allem rechnen mussten. Nämlich mit Ex-Commissaire Albin Leclerc, der kurz davorstand, diesen entsetzlichen, mörderischen Fall zu lösen.
Albin drehte sich um und ging zu Veronique. Als es laut rumste und er sie zusammenzucken sah, nahm er zunächst an, es sei ein weiterer Donnerschlag gewesen. Doch das hohle, dumpfe Geräusch war nicht vom Fenster gekommen, sondern aus der anderen Richtung.
Jemand schlug mit der Faust gegen die Tür. Dann ein weiteres Mal.
»Wer ist das …?«
Veronique flüsterte. Ihre Augen hatten die Größe von Untertassen.
Albin drehte sich wieder um zur Tür.
»Wer ist da?«, rief er.
Keine Antwort, nur ein weiteres Rumsen, ein Hämmern. Dann bewegte sich der Türgriff nach unten. Die Kommode ruckte und kratzte über den Holzfußboden.
Veronique sprang auf, umfasste ihre kleinen Waffen wie Küchenmesser, drängte sich rückwärts gegen die Fensterbank. Albin griff instinktiv zum Tisch neben dem Bett. Er fasste nach der Jugendstillampe aus Messing. Sie wog schwer in seiner Rechten. Der verschnörkelte Fuß würde ohne Probleme Knochen brechen und Schädel spalten. Albin riss den Stecker raus und zog den Schirm ab, dann hielt er das antike Stück wie einen Schlagstock in der Hand und stellte sich vor Veronique, um sie zu schützen.
Noch ein Rammstoß gegen die Tür.
Vom Flur aus drückte jemand mit Gewalt dagegen, um in den Raum einzudringen. Die Tür öffnete sich nun einen Spalt. Die schwere Kommode knarzte. Sie stellte kein ernstzunehmendes Hindernis mehr für denjenigen dar, der in das Zimmer der Leclercs eindringen wollte.
Um sie zu töten, wie Albin befürchtete, um nicht als Mörder enttarnt zu werden.
Ein erneuter Ruck – und die Tür öffnete sich noch weiter.
Albin hob die Lampe wie einen Baseballschläger und holte aus – jederzeit bereit, zuzuschlagen. Jemand drang in das Zimmer ein, zwängte sich durch den Spalt. Ein weiterer Blitz erhellte den Raum, warf ein Schlaglicht auf die Wand und den Eindringling. Das Gesicht wirkte wie eine Fratze.
Albin gefror in der Bewegung.
»Sie?«, fragte er.
Zuvor
Der Herbst war längst in der Provence angekommen. Doch an diesem Morgen konnte man ihn erstmals wirklich spüren und riechen, obwohl der Himmel wolkenlos war und man mit kurzen Ärmeln nach draußen gehen konnte. Goldener Oktober, sagte man, und auf diesen Tag traf das zu, denn das Licht war warm und satt. Die Blätter der Platanen hatten sich in unterschiedlichste Braun-, Rot- und Gelbtöne verfärbt und bedeckten die Straßen und Gehwege mit einem bunten Teppich. Die Luft war frisch. Der laue Wind ließ es in den Bäumen rascheln und verwehte den Qualm von Albins Zigarette.
Er stand im Polohemd vor der Haustür und rauchte eine Gitanes – der einzige Ort, an dem seine Frau Veronique es erlaubte. Nur manchmal, wenn er alleine war, rauchte er heimlich eine hinten im kleinen Garten. Er inhalierte tief, stieß den Qualm in die klare Luft, wo er zu einem großen Kringel verwirbelt wurde. Kaum zu glauben, dachte Albin, dass es spätestens zum Wochenende mit dem guten Wetter vorbei sein sollte. Die Meteorologen hatten einen Jahrhundertsturm angekündigt, einen Orkan, der den Namen Rebecca trug. Eigentlich war es sogar ein Zyklon. Oder ein Hurrikan. Albin kannte den Unterschied nicht so genau, aber die Warnungen der Dienste waren sehr eindringlich.
In ganz Frankreich herrschte Alarmbereitschaft, weil noch nicht abzuschätzen war, wo genau der Sturm wie stark auftreffen würde. Nach bisherigen Prognosen dürfte es in jedem Fall den Süden schwer erwischen. Albin hatte in den Nachrichten gesehen, dass derartige Orkane und Zyklone vor allem im Herbst und im Winter entstanden, wenn zwischen tropischen und polaren Gebieten große Temperaturunterschiede herrschten. Und was Rebecca anging, hatten die Nachrichten in einer Graphik dargestellt, wie eine Schneise über Gibraltar mit voller Wucht einen Stream über Westeuropa einschleuste, der sich dann über Großbritannien und den Pyrenäen wie zu einem Schneckenhaus verwirbelte. Es sah erschreckend aus. Der Süden Frankreichs, das war auf dem Schaubild deutlich zu erkennen, würde es von allen Seiten abbekommen.
Die Wetterfrösche warnten vor den schlimmsten Unwettern der letzten Jahre. Sie hatten Bilder von katastrophalen Überschwemmungen gezeigt, die Zahlen von Todesopfern aus der Vergangenheit und die Höhe von Schäden genannt. Die Medien erklärten, wie man sich vorbereiten und die Häuser sichern konnte. Sie empfahlen, dass man schnell noch eine Police bei der Versicherung abschließen, Nahrungsmittel hamstern und sich Notstromaggregate besorgen solle, Medikamente bunkern …
Kein Wunder, dass allen ganz bang wurde. Aber damit verdienten die Medien zunehmend ihr Geld: hauptsächlich mit der Angst der Menschen.
Abgesehen davon waren derartige Unwetter nichts Neues mehr. Sie wurden seit einigen Jahren heftiger und häufiger, was auch für die extrem hohen Temperaturen im Sommer galt. Auf trockene Perioden folgte schlimmster Regen, den die Böden nicht mehr aufnehmen konnten und der Bäche in reißende Ströme verwandelte, die wie Tsunamis über die Ortschaften hereinbrachen. Es rächte sich zunehmend, auf welche Art und Weise sich die Menschen die Natur untertan gemacht und sie geformt, Flüsse begradigt, Auen planiert, Wälder gerodet und zu nah an Ufern und Hängen gebaut hatten.
Sein eigenes Haus war zumindest sicher, dachte Albin, und hörte durch die halb offenstehende Haustür Veronique, die sich gerade für die Arbeit fertig machte und ihre Sachen einsammelte. Sie würde gleich abrauschen, um ihr Blumengeschäft in Carpentras zu öffnen, und ihm vermutlich noch einige Aufgaben für den Tag erteilen. Denn im Gegensatz zu seiner Ehefrau hatte Albin, der Commissaire im Ruhestand war, den ganzen Tag lang nicht viel zu tun. Eigentlich gar nichts, und genau das war das Grauenhafte: Albin wurde es sehr schnell sehr langweilig.
Er nahm an, dass sie ihn zum Einkaufen schicken und ihm eine Liste mit Dingen in die Hand drücken würde, die er im Supermarkt besorgen sollte. Vorher würde er natürlich mit Tyson eine Gassirunde drehen und dann bei Matteo im Café du Midi einen weiteren Kaffee trinken. Mit etwas Glück würde dort ein Streifenwagen halten und sich die Besatzung einen Kaffee zum Mitnehmen besorgen. Bei der Gelegenheit könnte Albin einen Schwatz mit den Polizisten halten und sich erkundigen, ob und was es Neues gab.
Ansonsten blieb ihm nichts anderes übrig, als den Tag auf sich zukommen zu lassen – so wie jemand, der sich einfach an den Strand setzte und abwartete, was die Flut anspülen würde.
Er zog gerade ein weiteres Mal an der Zigarette, als Fabrice, der Postbote, auf seinem gelben Fahrrad um die Ecke bog und Albin mit erhobener Hand begrüßte. Fabrice war hager wie eine Bohnenstange, braun gebrannt und trug heute zu seinem dunkelblauen Polohemd mit dem Logo von La Poste Shorts. Er verlangsamte sein Tempo und stoppte unmittelbar vor Albin.
»Was für ein wundervoller Morgen, Monsieur le Commissaire«, sagte er, kramte in dem am Lenker befestigten Korb und zog einen Umschlag hervor.
»Einer der besten«, erwiderte Albin. »Und das zu dieser Jahreszeit.«
»Afrika rückt immer näher, oder? Hier, bitte, für Sie.«
Fabrice reichte Albin den Umschlag, nickte ihm zu und trat dann wieder in die Pedale. »Einen schönen Tag noch!«, rief er und war im nächsten Moment bereits weiter.
Albin klemmte sich die Zigarette zwischen die Lippen und betrachtete den Umschlag von allen Seiten. Das Couvert war aus hochwertigem, festem Papier, exzellente Qualität. Knochenweiß. Kein Umschlag, in dem man einen normalen Brief versenden würde. Er wirkte, als stecke eine Karte darin. Albins Adresse war mit schwarzer Tinte in geschwungenen Buchstaben von Hand auf den Umschlag geschrieben worden: Commissaire Albin Leclerc. Der Aufdruck einer automatischen Frankiermaschine stand im Gegensatz zu dem eleganten Stil, der sich wiederum im handgeschriebenen Absender zeigte: Charles Agnel, Château d’Aigle, Chemin de la Forêt 28, 84480 Bonnieux.
Albin inhalierte, stieß den Zigarettenrauch durch die Nasenlöcher wieder aus. Er griff in die Hosentasche, zog den Schlüsselbund hervor, der schwer in seiner Hand wog. Daran war, außer der Fernbedienung fürs Auto und dem Schlüssel für die Haustür, auch ein Dietrich zum Öffnen von Schlössern sowie ein Schweizer Taschenmesser in Miniatur befestigt. Veronique machte sich häufig darüber lustig, was er alles mit sich herumschleppte.
Er klappte gerade die Schneide heraus, um das Couvert zu öffnen, als Veronique herauskam. Sie war deutlich kleiner als Albin, der über eins neunzig groß war. Sie trug heute ein geblümtes Sommerkleid und weiße Turnschuhe. Die hatte sie oft an, weil sie so lange im Laden stehen musste und die Sneaker sehr bequem waren. Über die Schultern hatte sie eine dünne Strickjacke geworfen, die Sonnenbrille ins schwarze Haar gesteckt. Sie war nur leicht geschminkt und duftete betörend nach einem neuen Parfüm, dessen Namen Albin vergessen hatte. Wieder einmal dachte Albin, was er doch für ein Glückspilz war, mit dieser Frau gesegnet zu sein, die mit Mitte sechzig und als Großmutter immer noch für Anfang fünfzig durchging. Gute Gene, wie sie häufig scherzte. Sie nahm ihn so, wie er war, und wollte ihn nicht verändern. Sie wusste, dass das zwecklos wäre.
Tyson, der beigefarbene Mops, folgte ihr und hockte sich hin, als Veronique stehen blieb und auf das starrte, was Albin in den Händen hielt. Sie selbst hielt ihre Tasche in der linken und einen Zettel in der rechten Hand – wie Albin schon vermutet hatte: eine Liste mit Einkäufen.
»Oh«, sagte sie, »was ist denn das?«
Noch bevor Albin reagieren konnte, hatte sie sich schon die Tasche unter den Arm geklemmt, den Umschlag aus Albins Fingern gezupft und ihn gegen die Einkaufsliste ausgetauscht.
Sie betrachtete das Couvert ebenfalls von allen Seiten und sagte: »Der ist ja an dich adressiert. Commissaire Leclerc – da will dir wohl jemand schmeicheln, nicht? Ist das eine Einladung? Charles Agnel? Wer ist das denn? In Bonnieux? Château d’Aigle? Noch nie gehört. Klingt in jedem Fall sehr schick, oder?«
Albin wollte gerade erwidern, dass er den Brief ja noch nicht geöffnet und daher keine Ahnung habe und dass Charles Agnel ihm ebenfalls so wenig sagte wie das Château d’Aigle, da ritzte Veronique den Umschlag bereits mit dem Fingernagel auf.
»Der Brief«, sagte Albin und kniff ein Auge gegen den Zigarettenrauch zu, »ist, wie du schon sagst, an mich adressiert, und …«
Veronique ging, wie üblich, darüber hinweg und zog eine Einladungskarte zum Aufklappen hervor, die aus schwerem, kostbar wirkendem Papier in der Farbe des Couverts bestand. Veronique überflog die Zeilen, zog dann scharf die Luft ein und legte die freie Hand vor ihre Lippen.
»O mein Gott, es ist wirklich eine Einladung. Und zwar für … O mein Gott, das ist ja ein Ding, wie kommst du denn daran?«
Albin stopfte die Einkaufsliste in die Hosentasche und ließ den Schlüsselbund folgen.
»Ich könnte es vielleicht erklären«, erwiderte er, »wenn ich wüsste, was in meiner Einladungskarte aus dem an mich adressierten Umschlag geschrieben steht.«
»Es ist unsere Einladung. Etwas kurzfristig, aber für ein solches Event lässt man doch alles stehen und liegen: Gastgeber Charles Agnel lädt zu einem festlichen Wochenende mit Diner des berühmten Edmond Paladin inklusive Übernachtungen im Château d’Aigle. Edmond Paladin, du meine Güte.«
Albin rauchte. Er sagte: »Ich weiß weder, wer der eine, noch, wer der andere ist.«
Veronique drückte ihm die Karte in die Hand. »Da steht noch eine persönliche Notiz an dich.«
Albin überflog die Einladung, die an Monsieur und Madame Albin Leclerc gerichtet war. Der Text war gedruckt. Und dieser Edmond Paladin war offenbar ein ehemaliger Sternekoch. Merkwürdig, dachte Albin, es wurde nicht um Bestätigung gebeten. Zudem schon an diesem Wochenende … Er las die handschriftliche Mitteilung auf der Rückseite.
Verehrter Monsieur le Commissaire,
bitte entschuldigen Sie diesen Überfall. Es geht um eine sehr dringliche, persönliche Angelegenheit. Ich freue mich sehr, wenn Sie die Teilnahme ermöglichen. Es wird nicht zu Ihrem Schaden sein. Ein Zimmer ist für Sie und Ihre Gattin vorbereitet. Alles Weitere vor Ort.
Es grüßt Sie
Charles Agnel
Albin zog ein letztes Mal an der Zigarette.
Veronique hatte in der Zwischenzeit ihr Handy gezogen und tippte darauf herum. »O mein Gott«, flüsterte sie, »das ist der Charles Agnel. Von dem Unternehmen Agnel. Alter Geldadel, Albin, eine Dynastie, er ist sozusagen der Citizen Kane der Reifenindustrie.«
»Ach. Der ist das.«
Natürlich war ihm Agnel ein Begriff. Aber er hatte nicht ansatzweise einen Zusammenhang zwischen diesem Mogul, sich selbst und der Einladungskarte vermutet. Wie sollte der Mann denn auf Albin kommen? Nach seinem Wissen war das Unternehmen Agnel außerdem in Marseille ansässig und nicht im Luberon.
Veronique zeigte Albin auf dem Handy ein Foto von Charles Agnel, das sie gerade im Internet gefunden hatte. Er musste deutlich über siebzig sein, vielleicht sogar schon über achtzig. Auf dem Bild trug er einen Dreiteiler. Er wirkte schlank. Seine Haare waren grau und nach hinten gekämmt. Das von Falten durchzogene Gesicht wirkte aristokratisch, und der Blick aus den etwas trüben Augen über den ausgeprägten Tränensäcken war wach, aber gleichzeitig ein wenig traurig und gelangweilt.
»Seine Frau war deutlich jünger als er«, fuhr Veronique fort. »Sie starb vor einigen Jahren bei einem Autounfall. Es ging überall durch die Medien. Hier.«
Sie zeigte Albin ein weiteres Foto. Camille Agnel wirkte darauf, als posiere sie für das Cover der Vogue – mit dem Unterschied, dass ihr freundliches, warmherziges Lächeln nicht mit dem coolen Blick eines professionellen Models zu vergleichen war. Sie trug ein hellgrünes Kostüm, das hervorragend mit ihrer Augenfarbe korrespondierte. Die dunklen Haare waren halblang geschnitten, die Zähne ebenso wie das Make-up perfekt, und es sah nicht danach aus, als habe hier jemand mit einem Bearbeitungsprogramm nachgeholfen. Albin schätzte die Frau auf Mitte vierzig – und auf Anhieb konnte er sich nicht erklären, was jemand wie sie an einem alten Knacker wie Charles Agnel finden sollte. Natürlich gab es einige, die auf den Ruhm und den Reichtum aus waren. Camille Agnel erschien ihm allerdings nicht wie eine Frau, der es allein ums Geld ging, soweit man das vom Foto her beurteilen konnte. Albins Menschenkenntnis war nicht schlecht – er hatte jahrzehntelanges Training darin.
Als Nächstes zeigte ihm Veronique auf dem Handy ein Foto vom Château d’Aigle.
»Und das ist sein Xanadu«, erklärte Veronique.
In der Tat, dachte Albin, ein stattliches Anwesen, das vielleicht aus dem 18. Jahrhundert stammte und an ein kleines Jagd- oder Lustschloss erinnerte. Es war hell gestrichen, hatte drei Geschosse mit jeweils sieben Fenstern – drei im rechten, drei im linken Flügel und ein stattlich dekoriertes in der Mitte über dem Eingangsportal, zu dem eine geschwungene Treppe hinaufführte. An den Seiten des Gebäudes gab es außerdem zwei kleine Türmchen – eines mit einem spitzen, das andere mit einem Kuppeldach. Das Château war ausgezeichnet in Schuss und verfügte dem Anschein nach über einen weitläufigen Park mit einem Teich und einem Rasen, auf dem man sicherlich Golf spielen konnte.
Albin wunderte sich einen Moment, dass er dieses Anwesen nicht kannte. Das Schlösschen musste wirklich mitten im Nirgendwo liegen, sonst hätte Albin es schon einmal gesehen. Bereits seine Erbauer mussten äußerste Abgeschiedenheit im Luberon gesucht haben, und auch die Superreichen von heute schotteten sich gut von der Öffentlichkeit ab, um ihre Ruhe zu haben. Châteaus von diesem Kaliber, zudem mit Besitzern wie Charles Agnel, wären gewiss umzäunt, und man käme nur mit Einladung dorthin.
»Albin«, sagte Veronique und gab ihm einen Kuss. Ihre Wangen glühten etwas. Sie war aufgeregt und entzückt zugleich. »Das ist fürchterlich aufregend, oder?«, redete sie weiter. »Was meint er nur mit dringende, persönliche Angelegenheit und dass es nicht zu deinem Schaden sei? Will er dich für etwas engagieren? Na, egal, wir werden es erfahren. Zudem wird Edmond Paladin kochen. Edmond Paladin! Der Mann ist ein Meister. Er hatte sogar mal einen Michelinstern. Und wir übernachten in einem Schloss! Ein Festdiner – wer wird wohl noch da sein? Was soll ich nur anziehen? Aber ich muss jetzt wirklich los.« Sie küsste Albin ein weiteres Mal und schwirrte dann ab – nicht ohne ihm zuzurufen: »Und vergiss nicht die Einkäufe!«
»Werde ich nicht!«, rief Albin ihr hinterher. »Ich kümmere mich sofort darum!«
»Sofort« war ein dehnbarer Begriff. Er bedeutete in der Regel »sobald es möglich ist«. Aber ohne seinen zweiten Kaffee am Morgen war Albin nicht zu gebrauchen.
Wie geplant nahm er ihn an seinem Stammplatz im Café du Midi ein – in seinem »Büro«, wie er es manchmal nannte. Dabei handelte es sich um einen simplen Bistrotisch mit einfachen Stühlen. Sie standen neben anderen auf der Kiesfläche vor dem Gebäude, dessen Eingang von einer verblichenen Markise geschützt wurde, die einmal rot gewesen sein musste. An das Café grenzte eine Pétanquebahn. Die Hauptstraße führte direkt daran vorbei, und schräg gegenüber lag Veroniques Blumengeschäft, vor dem gerade ein Lkw hielt und neue Ware auslieferte.
Und nun stand er vor Albin, dampfend und heiß, stark, aber nicht zu stark – der beste Kaffee, den man bekommen konnte. Matteo stellte ihn in einer Maschine her, die dem Motor eines U-Bootes glich und unzählige Hebel und Anzeigen mit Zeigern hatte, deren Funktion sich Albin nicht erschloss. Er hatte es probiert, als Matteo wegen seiner Prostata einmal ins Krankenhaus musste, aber angesichts der gewaltigen Maschinerie rasch aufgegeben. Zum Glück war Albins Tochter Manon eingesprungen, die sich mit derartigen Geräten auskannte. Aktuell plante sie mit ihrer Tochter, Albins Enkelin Clara, und ihrem neuen Freund eine Reise in den Herbstferien. Sie wollten auf die Kanarischen Inseln fliegen, und Clara redete seit Tagen von nichts anderem als von Stränden und Sandburgen und Krebsen und Fischen, nachdem Manons neuer Freund Christian ihr Fotos von Fuerteventura gezeigt hatte. Der Mann war Architekt, und Albin hatte sich längst damit abgefunden, dass es einen neuen Mann in Manons Leben gab. Gut, er könnte einen anderen Nachnamen haben als ausgerechnet Papillon, Schmetterling, aber er war ein anständiger Kerl. Bald stand ein abschließender Gerichtstermin wegen Manons Scheidung und einem Sorgerechtsstreit mit ihrem Ex-Mann Gilles an, der in Paris lebte und dort ein Autohaus führte – ein Psychopath, der Manon physisch und psychisch misshandelt hatte. Unter dieses Kapitel würde nun der finale Strich gezogen, und Albin drückte die Daumen, dass alles gut ausging.
Er sah einem gelben Blatt hinterher, das von einer der großen Platanen vor dem Café du Midi hinabsegelte und auf seinem Tisch landete. Darauf stand neben der dickwandigen Kaffeetasse ein gelber Aschenbecher mit dem Aufdruck des Pastis-Herstellers Ricard. Tyson lag unter dem Bistrotisch und lupfte abwechselnd die Augenbrauen, während er den morgendlichen Verkehr beobachtete.
Albin lupfte ebenfalls eine Augenbraue, als er aus dem Inneren des Cafés Scheppern und das Splittern von Glas hörte, woran sich ein lautes Schimpfen anschloss. Er blickte zum Eingang, konnte aber nichts erkennen – drinnen herrschte meist ein dämmeriges Halbdunkel. Die Tapeten an den Wänden der Mischung aus Bar Tabac und Bistro waren verblichen und das letzte Mal wohl im letzten Jahrtausend gestrichen worden. An den Wänden hingen gerahmte Bilder von der Tour de France und Zeitungsausschnitte sowie Schwarz-Weiß-Fotos von Boxkämpfen. In früheren Jahren war Matteo ein akzeptabler Amateurboxer gewesen. Hinter dem Tresen aus dunklem Holz hing außerdem ein gerahmtes Foto von Marine le Pen. Sie hatte das Bild eigens für Matteo signiert, und es war sein ganzer Stolz. Er sympathisierte seit Jahren mit dem Rassemblement National wie so viele hier in Frankreichs Süden und hatte sich sogar einmal mit dem Gedanken getragen, für die Partei zu kandidieren, um im Stadtrat für Ordnung zu sorgen. Der Rahmen war der einzige, dessen Glas er regelmäßig putzte.
Albin hörte Matteo aus dem Inneren fluchen. Schließlich tauchte er in der Eingangstür auf, schlug mit der Faust gegen den Rahmen und fuhr sich anschließend mit der Hand über die nur noch von schütterem Haar bedeckte Halbglatze. Er trug die Jeans, die er immer trug – möglicherweise bereits seit den Achtzigern –, und ein etwas zu kurzes Polohemd, das vom vielen Waschen eingelaufen war und seinen Bauch wie ein Thrombosestrumpf einfasste. In der anderen Hand hielt er den löchrigen Putzlappen, der meist in der Gesäßtasche seiner in der Regel deutlich zu tief sitzenden Hose steckte.
Er watschelte schließlich in Albins Richtung, schimpfte vor sich hin und stoppte dann neben ihm. Noch im Sitzen war Albin fast so groß wie Matteo im Stehen, der nun bockig den Kies wegkickte. Albin nahm die Gitanes aus dem Aschenbecher und zog daran, ohne ein Wort zu sagen. Matteo würde sich schon noch erklären.
»Diese verdammten Linken«, zischte er. »Stecken allesamt mit den Chinesen unter einer Decke und demontieren unsere geliebte Nation, aber niemand tut etwas dagegen. Es ist verflucht nochmal Zeit, Albin, dass wir aufstehen und sagen: Schluss damit!« Er machte eine Geste mit Daumen und Zeigefinger, um damit eine sehr geringe Distanz zu verdeutlichen. »So knapp war es bei den letzten Wahlen, und ich versichere dir, dass wir es beim nächsten Mal schaffen. Dann ist ein für alle Mal Schluss mit dem Herumgepfusche!«
Albin paffte, trank dann einen Schluck Kaffee und lehnte sich im Stuhl zurück. »Achte auf deinen Kreislauf«, sagte er. »Dein Kopf leuchtet wie eine rote Ampel.«
»Das ist ja das Ziel dieser Terroristen! Sie untergraben uns, wollen uns einen nach dem anderen erledigen und denken, wir merken es nicht! Aber das tun wir, verdammt nochmal!«
»Matteo?«
»Was?!«
»Ist alles in Ordnung?«
»Pfff«, machte Matteo, fuhr beiläufig mit dem Putzlappen über Albins Tisch und verscheuchte eine Fliege. »Da will ich eben Marine putzen wie jeden Morgen, stelle mich auf die Trittleiter – und der verdammte Nagel löst sich aus der Wand, der Rahmen kracht runter, alles kaputt. Zum Glück ist dem Foto nichts geschehen, nicht auszudenken …«
»Deswegen regst du dich so auf?«
»Ich rege mich nicht auf, verflucht!«
»Kauf einen neuen Rahmen, schlag einen neuen Nagel in die Wand – fertig.«
Matteo beugte sich über den Tisch und blickte Albin direkt in die Augen. »Nichts ist fertig, mein Lieber! Wo sind die Zeiten, in denen Nägel in den Wänden noch vernünftig gehalten haben? Ich habe das Glas kaum mit dem Lappen berührt, denn ich bin stets sehr vorsichtig, wenn ich Marine abwische, geradezu zärtlich, ich putze sie mit Respekt. Wie kann denn da gleich der Nagel aus der Wand brechen, meine Güte? Als wir die Nägel noch in Frankreich hergestellt haben, da war das anders. Stürzen die Gemälde in unseren Schlössern ab? Nein, Monsieur. Die halten seit Jahrhunderten! Aber seitdem wir sie aus China importieren – alles Schund. Und so arbeiten diese Kommunisten, Albin, wie soll diese Nation noch halten, wenn selbst die Nägel es nicht mehr tun? Es ist doch kein Zufall, dass die Chinesen ausgerechnet ein Foto unserer künftigen Präsidentin abstürzen lassen. Das hat eine nicht zu tolerierende Symbolwirkung.«
Albin paffte an der Gitanes und fragte: »Und jetzt sollen wir in Peking einmarschieren, bloß weil bei Monsieur Matteo ein Bild von der Wand gefallen ist?«
Matteo richtete sich wieder auf, stopfte den Lappen in die Gesäßtasche, dachte nach und machte eine abschätzende Geste.
»Nun«, erwiderte er, »wir müssen ja nicht gleich dort einmarschieren. Wozu haben wir denn unsere Interkontinentalraketen?«
Albin lachte auf. Er wusste, dass dieses Foto heilig für Matteo war. Er stand auf Marine le Pen und war natürlich ein Anhänger ihrer Politik. Er hatte Albin einmal einen begeisterten Vortrag darüber gehalten, wie clever und gnadenlos sie sogar gegenüber ihrem eigenen Vater gehandelt und ihn aus der Partei geworfen hatte, um sie für die bürgerliche Mitte wählbar zu machen. Albin hatte es unbewegt zur Kenntnis genommen. Ihm war Politik egal. Tendenziell wäre ihm aber lieber gewesen, die Rechten wären als Wölfe erkennbar geblieben, statt sich in einen Schafspelz zu kleiden.
»Albin«, sagte Matteo, »es ist Ernst. Was stammt denn nicht aus China? Unsere gesamte Elektronik wird dort hergestellt. Was ist, wenn sie überall kleine Chips oder Programme eingebaut haben – dann drückt einer in Peking auf den roten Knopf, und alles fällt auf einmal aus? Dann sind wir geliefert. Und was, wenn sie von heute auf morgen beschließen, ihre Containerschiffe nicht mehr zu uns zu schicken? Wir hängen an deren Nadel, und die Linken haben das zugelassen. Der Nagel in meiner Wand ist nur eine Kleinigkeit, ja, aber du musst das große Ganze sehen, mein Freund. Sogar dein Auto stammt aus Asien, und du weißt, dass ich es dir persönlich übelnehme, dass du keinen Franzosen gekauft hast.«
»Als ob die nicht ebenfalls voller Technik aus China stecken.«
»Das stimmt. Und daran siehst du, wie weit es mit uns gekommen ist.«
»Bis auf die Reifen. Die sind von Agnel.«
»Na immerhin. Guter Mann, dieser Agnel. Alte Familientradition. So französisch wie die Zwiebelsuppe. Aber als Mensch – grauenvoll.«
»Du kennst Charles Agnel?«
»Kennen wäre zu viel gesagt. Ich weiß, dass er zurückgezogen im Luberon lebt und in seinem Unternehmen immer noch alle Zügel in der Hand hält, wenngleich er schon um die achtzig sein muss. Er ist ein Unternehmer vom alten Schlag, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen lässt, allerdings auch ein ziemlicher Drecksack. Der Winzer, an dessen Weingut ich Anteile halte, ist sein Haus- und Hoflieferant, daher weiß ich so dies und das. Außerdem hatte Agnel einmal vor, in die Politik zu gehen. Er wollte sich vor einigen Jahren für unsere Partei als Spitzenkandidat aufstellen lassen und hatte seine Absicht mit Spenden untermauert. Dann aber ließen sie ihn abblitzen, und was macht Agnel? Tritt sofort aus und unterstützt die Sozialisten. Mit dem Mann ist nicht zu spaßen.«
»Er hat mich eingeladen.«
»Was? Wer?«
»Charles Agnel hat mich und Veronique am Wochenende zu einem Diner auf Château d’Aigle nach Bonnieux eingeladen. Es war heute in der Post.«
»Unglaublich! Wie kommst du denn dazu?«
Albin rauchte und zuckte mit den Schultern. »Ich habe das Gefühl, dass er etwas von mir will.«
»Von dir als Ex-Polizist? Will er dich als Privatermittler anheuern?«
»Wie kommst du darauf?«
»Was soll er schon sonst von dir wollen? Du bist in der Region bekannt wie ein bunter Hund. Gerade erst kürzlich fragte mich jemand nach dir und deinem Kontakt.«
»Hmm.«
Hatte Agnel jemanden zu Matteo geschickt, um Albins Adresse zu besorgen? Der Mann hatte doch sicherlich andere Quellen.
»Ich habe ihm dieses Kärtchen von dir gegeben.«
Albin nickte. Capitaine Caterine Castel und Capitaine Alain Theroux von der Police National hatten ihm die Visitenkärtchen zum Geburtstag geschenkt. Sie hatten Staatsanwalt Luc Bonnieux überredet, Albin als polizeilichen Berater zu akzeptieren. Bonnieux hatte die bittere Pille widerwillig geschluckt, da ihn und Albin eine leidenschaftliche Abneigung verband. Doch wenn Albin als Privatier ständig an Tatorten herumlief und sich in Ermittlungen einmischte, war das juristisch bedenklich. Rechtsanwälte könnten den Behörden einen Strick daraus drehen. Als offizieller polizeilicher Berater hingegen stand Albin auf solideren Beinen, die Polizei und die Staatsanwaltschaft ebenfalls.
»Château d’Aigle, Charles Agnel, Festdiner«, sagte Matteo und schnalzte mit der Zunge. »Mein Winzer sagt, dass es sich um ein beeindruckendes Anwesen handelt. Ziemlich abgeschieden mitten im Luberon. Am Wochenende, sagst du? Da soll doch der Orkan kommen.«
Albin zuckte erneut mit den Schultern. »Der Wind wird mich nicht beim Essen stören.«
»Du wirst schon sehen, was für ein Hund dieser Agnel ist – wie gesagt: guter Mann, großer Franzose, aber ein Despot und Eigenbrötler. Damit soll es noch schlimmer geworden sein, nachdem seine Frau gestorben ist.«
»Mein Beileid.«
»Camille Agnel soll ein wahrer Engel gewesen sein, deutlich jünger als der alte Sack, Mitte vierzig. Eine Mischung aus Lady Diana und Grace Kelly – und dann kommt sie vor ein paar Jahren ausgerechnet wie die beiden bei einem Autounfall ums Leben. Sie war sozial sehr engagiert, spendete Geld für Kindergärten und Heime, da ihre Ehe kinderlos geblieben war. Sie hatte außerdem ein sehr erfolgreiches Kochblog geführt.«
»Du kennst dich gut aus, Matteo.«
»Wie gesagt: Mein Geschäftspartner beliefert Agnel, und in der Gastrobranche hört man so oder so eine Menge, in der Partei erst recht.«
»Ein Kochblog – tja, da ist es wohl kein Wunder, dass dieses Diner am Wochenende von Edmond Paladin ausgerichtet wird.«
»Dem Sternekoch?«
Albin nickte. »Veronique ist schon ganz aus dem Häuschen. Ich werde es mir schmecken lassen.«
»Es wird sicherlich ein großartiges Wochenende werden. Meine Gratulation.«
»Danke«, sagte Albin und zog ein letztes Mal an der Zigarette, bevor er sie im Aschenbecher ausdrückte.
Einige Tage später kam Rebecca.
Der Himmel glühte orangerot auf. Ein letztes Zucken der Sonne, bevor die schwarzen Wolken sie verschlangen, die wie jagende Hunde über den Himmel hetzten. In den Medien zeigten Aufnahmen aus dem Weltraum einen riesigen Wirbel über Frankreich. Er würde sich ein wenig bewegen, hieß es, auch Spanien treffen, in Ausläufern Deutschland, und die Bezeichnung Jahrhundertsturm war inzwischen zum festen Begriff geworden. In einigen Teilen des Landes hatte der Orkan bereits gravierende Schäden angerichtet, und in der Normandie und der Bretagne hatte er für Sturmfluten gesorgt. Dabei hatte das Spektakel noch nicht einmal richtig begonnen, und wie die Prognosen vorausgesagt hatten, würde es den Süden Frankreichs hart treffen, und das schon in dieser Nacht.
Im letzten Licht der Abendsonne fuhr ein silberner SUV über die Straßen, an denen sich die Pinien im Wind bogen wie sonst nur an den Küsten. Darin saßen eine Frau, die ein schickes, schwarzes Kostüm trug, ein beigefarbener Mops im Kofferraum zwischen zwei Weekendern und am Steuer ein großer Mann mit fast schlohweißem Haar in einem blauen Anzug mit hellblauem, offenem Hemd. Er hielt das Lenkrad fest umschlossen und starrte auf den vor ihm liegenden Chemin de la Forêt, der von der Route Départementale 36 von Bonnieux aus tief in den Luberon führte, mit jedem Meter schlechter und immer steiler wurde. Kein Wunder: An der höchsten Stelle war der rund sechzig Kilometer lange und dicht bewaldete Gebirgszug zwischen Cavaillon und Manosque über tausend Meter hoch. Zahlreiche Bäche mündeten von dort oben aus in Flüsse wie den Coulon, über den sich die alte Römerbrücke Pont Julien spannte, die aus dem 3. Jahrhundert vor Christus stammte und bis 2005 sogar noch für den Straßenverkehr genutzt wurde. Albin wusste, dass sich diese kleinen Rinnsale im Nullkommanichts in reißende Ströme verwandeln konnten, und so würde es sicherlich kommen, wenn Rebecca bald zeigen würde, was wirklich in ihr steckte. Zum Glück hielt sie sich noch zurück, und bis das Wochenende auf dem Château d’Aigle vorbei wäre, hätte sich auch Rebecca wieder verzogen.
Vorausgesetzt, Albin würde das Château finden, denn er hatte nicht die geringste Ahnung, wo genau es liegen sollte. Nirgends standen Gebäude, an denen man Hausnummern ablesen konnte, und das Navigationssystem des SUV half auch nicht viel. Deswegen hatte Veronique auf ihrem Handy Google Maps geöffnet und auf die Satellitenansicht geschaltet, auf der sich Häuser ausmachen ließen. Danach navigierte sie Albin nun an den Trockenmauern aus Bruchstein vorbei über die mit Schlaglöchern gepflasterte Straße bis zu einer Abbiegung, wo er nach rechts fahren sollte und kurz darauf erneut nach rechts in eine Einfahrt, die zunächst nur einem Feldweg glich. Aber plötzlich wurde die Straße sehr viel besser, wirkte sogar nagelneu, und die Bäume links und rechts waren zurückgeschnitten. Man musste keine Angst mehr haben, dass einem ein Ast die Windschutzscheibe zertrümmern würde.
Schließlich erreichten sie eine Schranke zwischen zwei Betonpfeilern, an die ein hoher Maschendrahtzaun angrenzte, der oben mit Stacheldraht bewehrt war. Es wirkte beinahe wie bei einer militärischen Einrichtung. Albin wollte gerade langsamer fahren, da öffnete sich die Schranke automatisch. Vermutlich waren sie von der Sicherheitsanlage im Sockel gescannt worden. Dort sah Albin eine kleine Kamera. Manche Parkhäuser verfügten über ähnliche Systeme, die sich die Autokennzeichen merkten und auf diese Weise die Ein- und Ausfahrt regelten. Aus datenschutzrechtlichen Gründen war das bedenklich, denn es bedeutete, dass Charles Agnel das Kennzeichen von Albins SUV kennen musste, und Albin konnte sich nicht daran erinnern, dass er es ihm verraten hätte.
Wenige Minuten später bogen sie um eine Kurve – und sahen nun das Château d’Aigle mit seiner hellen Fassade unmittelbar vor sich liegen, über dem sich ein dramatischer Himmel spannte. Zwischen den schwarzen Wolken glühte das Sonnenlicht wie Lava und strahlte auf das Dach des kleinen Schlosses und seine beiden Türmchen.
Es wurde von einem parkähnlich gestalteten Grüngürtel eingefasst, der mit alten Bäumen und akkurat geschnittenen Hecken und Büschen bewachsen war. Der Asphalt der Zufahrtsstraße ging über in hellen Kies, der unter den Reifen knirschte, als Albin den SUV neben einigen anderen Autos zum Stehen brachte. Sie gehörten sicherlich weiteren Gästen – ein Geländewagen von BMW, ein knallroter Ferrari, eine wuchtige Luxuslimousine von Mercedes, ein Zweisitzer-Oldtimer von MG aus den Sechzigern mit silbernen Speichenfelgen und einem Cabrioverdeck aus Stoff sowie ein schwarzer Kastenwagen von Peugeot, der mit dem goldfarbenen Aufdruck »Paladin Catering« versehen war.
»Was für ein Fuhrpark. Und dann wir mit unserem Asiaten dazwischen«, murmelte Albin und schaltete den Motor aus.
»Es kommt immer auf den Inhalt an, mein Lieber«, erwiderte Veronique und stieg aus.
Albin folgte ihr und spürte sofort den kräftigen Wind. Er ging um den Wagen herum, öffnete den Kofferraum und nahm die beiden Taschen, während Veronique sich Tyson schnappte und ihn heraushob.
Albin schloss die Heckklappe, während Veronique sich umsah und vergeblich versuchte, ihr Haar zu bändigen, das von den Böen verweht wurde.
»Kein Bediensteter«, wunderte sie sich, »der einem das Gepäck abnimmt oder die Tür öffnet?«
»Kommt vielleicht noch«, murmelte Albin und blickte am Château hinauf. Er betrachtete die fein gearbeiteten Friese im oberen Geschoss. Im Giebel war ein Adler zu sehen – sicherlich der Namenspatron des Anwesens: Aigle, Adler. Vielleicht, dachte er, hatten die Angestellten freibekommen. Aber Veronique hatte durchaus recht: Bei einem Anwesen dieses Schlages sollte man annehmen, dass sich Angestellte um die Gäste kümmerten. Es musste jedenfalls welche geben, denn die Parkanlage war so penibel gepflegt wie das Gebäude selbst. Mittleres bis spätes 18. Jahrhundert, tippte Albin und ging zu der Treppe aus Stein, die mit ihren geschwungenen Handläufen zu einer wuchtigen Pforte aus dunklem Holz mit vergittertem Glas führte. Links und rechts daneben standen große Pflanzkübel, in denen Palmen wuchsen. Wenigstens befanden sie sich hier im Windschatten, dachte Albin, stellte die Taschen ab und wollte gerade den Klingelknopf aus Messing drücken, als sich die massive Tür öffnete.
Albin blickte in das Gesicht von Charles Agnel, das in Realität noch verknitterter wirkte als auf den Fotos, die Veronique ihm gezeigt hatte. Gleichzeitig wirkte Agnel in seinem Dreiteiler aus Tweed durch und durch wie ein Landadeliger mit den besten Genen: Trotz aller Falten und auch wenn er schon an die achtzig Jahre sein musste, strahlte Agnel Energie und Vitalität aus. Ihn umgab außerdem eine Aura der Macht, von altem Geld. Er musterte Albin einen Moment lang, Veronique und Tyson ebenfalls, dann erhellten sich seine trüben Augen, und seinen Mund umspielte ein Lächeln.
»Madame und Monsieur le Commissaire«, sagte er mit einer Stimme, die sich hinter der von Al Pacino nicht verstecken musste, »willkommen auf Château d’Aigle. Wie schön, dass Sie es einrichten konnten. Bitte kommen Sie doch herein.«
Agnel öffnete die Tür weit. Er begrüßte Veronique mit einem angedeuteten Handkuss, was seine Wirkung nicht verfehlte, und Albin mit dem festen Handschlag eines Geschäftsmannes, der es gewohnt war, auf diese Art und Weise seine Deals abzuschließen. Albin ließ Veronique den Vortritt, schnappte sich die Weekender und folgte ihr dann ins Foyer, während Agnel sich dafür entschuldigte, dass kein Angestellter vor Ort sei, da er allen für das Wochenende freigegeben habe. Wie Albin es vermutet hatte. Dennoch bemerkenswert: ein Château, ein steinreicher Gastgeber, ein Diner mit diversen Gästen, die dem Fuhrpark nach gut betucht sein mussten, und keine Bediensteten …
Veroniques Absätze klapperten auf den Steinfliesen, die in einem strengen Mosaik verlegt worden waren. Ähnliche, aber farbige und kleinere Fliesen schmückten den größten Teil der Wände des Foyers in noch komplexeren Mustern. Dazwischen gab es schlanke Säulen mit fein ziselierten Kapitellen aus dunklerem Marmor, außerdem kunstvolle Friese über schweren Eichentüren, die in andere Räume führten. Weitere Wände waren mit Holzvertäfelungen mit Intarsien und Stofftapeten verkleidet. Daran hingen Gemälde in Goldrahmen, die zumeist Landschaftsansichten und Jagdszenen zeigten, und große Spiegel. Die Decke war nicht minder schmuck gestaltet und aus Holz mit goldumrandeten Fachungen und Balken gearbeitet. Alles sehr prachtvoll und irgendwo zwischen frühem Klassizismus und den letzten Zuckungen des Spätbarock zu verorten.
Agnel stoppte vor einer halbkreisförmigen, weißen Marmortreppe, die in das obere Geschoss führte und deren Stufen mit schwerem, weinrotem Teppich belegt waren.
»Ich zeige Ihnen zunächst Ihr Zimmer«, sagte er dann und ging hinauf, »vielleicht mögen Sie erst Ihr Gepäck verstauen und sich etwas erfrischen. In einer Stunde beginnen ein kleiner Empfang und dann das Essen. Monsieur Paladin hat etwas Besonderes vorbereitet. Die übrigen Gäste sind bereits da. Ich werde sie Ihnen noch vorstellen.«
»Das ist ein prächtiges Anwesen, Monsieur Agnel«, erwiderte Veronique, »aber Sie müssen uns doch nicht persönlich zum Zimmer …«
»Doch, doch«, antwortete Agnel und winkte ab, »es gibt hier zahlreiche Zimmer, und sie sind nicht nummeriert wie in einem Hotel. Die anderen Gäste kennen sich aus. Sie aber nicht, von daher.« Er lachte leise. »Und es ist meine eigene Schuld, denn ich habe ja allen Angestellten für dieses Wochenende freigegeben.«
»Warum haben Sie das gemacht?«, fragte Albin beim Treppensteigen.
»Weil es ein sehr intimes und familiäres Diner werden wird.«
Sie gelangten in den Flur des ersten Geschosses. Dunkelrote Tapeten, der Holzfußboden mit Teppichen belegt, an den Seiten antike Kommoden mit Lampen, Vasen und Statuetten dekoriert, Gemälde in Goldrahmen und eine Reihe von Türen. Agnel ging etwa bis zur Hälfte des Ganges und öffnete schließlich eine davon, hielt sie auf und machte eine einladende Geste. Veronique nickte lächelnd, betrat das Zimmer, ließ Tyson herunter – und Albin hörte sie nach Luft schnappen, noch bevor er selbst eintrat.
Der Boden des Zimmers war mit Eichendielen und Perserteppichen belegt. Unter der mit Stuck verzierten, weißen Decke hing ein Kronleuchter. Die Wände waren weinrot gestrichen. Die mit französischen Lilien bedruckten Vorhänge hatten dieselbe Farbe, die Stühle und Sessel sowie die Tagesdecke auf dem Doppelbett und sein Rückenpolster hatten einen Stoffbezug, dessen Muster und Farbton dem der Vorhänge entsprach. Eine Tür neben dem Bett führte ins Bad. Auf der gegenüberliegenden Seite gab es einen kleinen Kamin, auf dessen goldenem Sims ein großer Spiegel und eine elegant ornamentierte Jugendstilleuchte mit schwerem Metallfuß standen – die gleiche Lampe wie auch auf den Nachttischen aus Nussbaum.
Alles war äußerst geschmackvoll, klassisch und elegant, das musste man schon sagen. Wie in einem Fünf-Sterne-Schlosshotel, dachte Albin, ging zum Fenster und stellte die Reisetaschen auf einer Chaiselongue ab, während Veronique das in Mintgrün gehaltene Badezimmer inspizierte und Tyson überall herumschnüffelte.
»Ich hoffe«, sagte Agnel, der an der Tür stehen geblieben war, »das Zimmer sagt Madame zu?«
»Es ist phan-tas-tisch!«, rief Veronique.
Albin blickte aus dem Fenster in den Park, der hinter dem Château lag. Dort gab es einen größeren Teich, auf dem man in kalten Wintern sicherlich Schlittschuh laufen könnte. In der Mitte befand sich ein Wasserspiel, das allerdings abgeschaltet war. Er sah scharf geschnittene Buchsbäume, die in einer labyrinthischen Form angeordnet waren, und Zypressen, die sich im Wind bogen. Hinter dem Teich gab es ein kleines Gartenhaus im Stil des Châteaus und einen mit Efeu und wildem Wein bewachsenen Jugendstilpavillon aus Eisen.
»Ein sympathischer Mops übrigens«, hörte Albin Agnel sagen. »Ich werde Paladin bitten, dass er für Ihr Tier etwas zubereitet.«
Albin drehte sich um und erwiderte: »Das ist sehr freundlich, Monsieur Agnel.«
»Wie ist sein Name?«
»Tyson. Wie der Boxer Mike Tyson.«
»Oh?«
»Meine Kollegen haben ihn mir zum Ruhestand geschenkt, damit ich etwas zu tun habe und ihnen nicht auf die Nerven falle.«
»Es fällt schwer, loszulassen. Ich weiß genau, was Sie meinen.«
»Darf ich Sie etwas fragen?«
»Natürlich.«
»Was tue ich hier? Wenn es ein intimes und familiäres Diner ist, warum sind wir dann dazu eingeladen?«