Schwester Janes heimliche Liebe - Maggie Kingsley - E-Book
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Schwester Janes heimliche Liebe E-Book

Maggie Kingsley

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Beschreibung

Als er sich plötzlich um ein kleines Mädchen kümmern muss, bittet Dr. Elliot Mathieson seine gute Freundin Jane bei ihm einzuziehen, um ihm zu helfen. Jane ist hin- und hergerissen. Denn Elliot darf auf gar keinen Fall merken, dass sie seit vielen Jahren schon heimlich in ihn verliebt ist…

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IMPRESSUM

Schwester Janes heimliche Liebe erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2001 by Maggie Kingsley Originaltitel: „Dr Matheson‘s Daughter“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BIARZTBand 55 - 2004 by CORA Verlag GmbH, Hamburg Übersetzung: Sigrid von Voß

Umschlagsmotive: GettyImages_Kiuikson

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733754181

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Elliot Mathieson sah den Rechtsanwalt verdutzt an. „Es tut mir leid, da muss ein Irrtum vorliegen“, sagte er. „Ich habe keine Tochter.“

Der Anwalt blätterte in den Papieren auf seinem Schreibtisch und nahm einen bedruckten Bogen zur Hand. „Wir haben eine Geburtsurkunde mit Ihrem Namen darin, Dr. Mathieson …“

„Aber ich habe keine Tochter. Ich habe überhaupt keine Kinder. Verstehen Sie das doch!“

„Ihre Frau …“

„Meine Exfrau!“

„Ihre Frau bestand in ihrem Testament felsenfest darauf, dass Nicole Ihre Tochter ist“, erklärte der Anwalt in aller Ruhe. „Ich kann, wenn Sie das wollen, ein Gerichtsverfahren einleiten, um Ihre Vaterschaft nachzuweisen, aber …“

Das wäre unnötige Zeitverschwendung, sagte sich Elliot im Stillen. Was immer Donna gewesen war, bestimmt war sie nicht dumm. Sie wusste genau, dass eine Vaterschaft leicht festzustellen war, und das bedeutete, dass er ein Kind hatte. Eine sechs Jahre alte Tochter, von der er nichts gewusst hatte, bis er die Kanzlei des Anwalts betrat. Aber wie war das möglich? Er und Donna waren seit fünf Jahren geschieden. Ja, sie hatten seit jenem unheilvollen Versuch einer Versöhnung vor sieben Jahren in Paris nicht mehr miteinander gesprochen. Einer Versöhnung, die mit hitzigen Worten und ärgerlichen Vorwürfen geendet hatte.

Zu Anfang aber war es sehr schön gewesen. Es waren keine bösen Worte gefallen. Sie waren zusammen essen gegangen und danach auf einen Kaffee in ihre Wohnung. Es kam, wie es kommen musste: Der Abend endete in ihrem breiten Doppelbett, und in dieser Nacht musste es passiert sein.

„Ich kann verstehen, dass es ein Schock für Sie ist, Dr. Mathieson“, sagte der Anwalt voller Sympathie, „doch leider führt kein Weg an der Wahrheit vorbei. Wenn Sie darauf bestehen, dass die Vaterschaft bestimmt werden soll …“

„Natürlich bestehe ich nicht darauf. Ich akzeptiere, dass es mein Kind ist.“

Der Anwalt atmete auf. „Dann kommt Nicole morgen von Paris hierher.“

„Sie kommt her? Was soll das heißen?“, fragte Elliot entsetzt.

„In Frankreich kann sie nicht bleiben, nachdem ihre Mutter gestorben ist, Dr. Mathieson.“

„Was ist mit der Schwester meiner Frau? Sicher kann sie …“

„Leider waren wir nicht einmal in der Lage, Mrs. Bouvier vom Tod ihrer Schwester zu informieren. Sie und ihr Mann befinden sich zurzeit im Iran, wo sie archäologische Ausgrabungen vornehmen und wo sie sehr schwer zu erreichen sind. Und Sie sind der Vater des Kindes, Dr. Mathieson.“

„Aber ich kann mich nicht um ein Kind kümmern“, protestierte Elliot. „Ich habe kürzlich eine neue Stellung im St. Stephens-Krankenhaus angetreten und mache viele Überstunden. Ich weiß nie, wann ich nach Hause komme.“

„Sie können eine Kinderschwester oder eine Haushälterin engagieren oder Nicole in ein Internat geben. Viele berufstätige Leute geben ihre Kinder in Internate.“

Das stimmte, aber er würde sich miserabel fühlen, wenn er ein sechs Jahre altes Mädchen, das gerade seine Mutter verloren hatte, in ein Internat stecken würde. Eine Kinderschwester oder eine Haushälterin wäre schon die richtige Lösung, doch wo um Himmels willen sollte er innerhalb von vierundzwanzig Stunden eine passende Hilfe finden?

„Es geht nicht darum, ob ich meine Tochter zu mir nehmen möchte oder nicht“, erklärte er, wobei er sich mit der Hand durch das dicke blonde Haar fuhr. „Das Problem ist, dass ich nichts von Kinderpflege verstehe.“

„Wer tut das schon“, erwiderte der Anwalt lakonisch.

Der hat gut reden, dachte Elliot, als er kurz darauf die Kanzlei verließ. Wie sollte es nun weitergehen? Er war noch nicht einmal mit seiner Stellung als Oberarzt im St. Stephens-Krankenhaus vertraut, auch nicht mit den beiden neuen Kollegen, die anstelle von Robert Cunningham und Hannah Blake eingestellt worden waren, die geheiratet hatten und jetzt für „Ärzte ohne Grenzen“ tätig waren. Das Letzte, was er jetzt brauchte, war ein Kind, für das er die Verantwortung übernehmen sollte. Was ging ihn dieses Kind überhaupt an? Er wollte kein Kind haben, das ihn an die Ehe mit Donna erinnerte.

So sehr war er in seine Gedanken vertieft, dass er auf dem Weg zum Krankenhaus mit einem Mann zusammenstieß. „He, passen Sie doch auf, Mann!“, raunzte der ihn an. Er hat ja recht, dachte Elliot. Vor ein paar Stunden noch wusste ich genau, wo es langgeht, doch jetzt erwarte ich eine Tochter aus Frankreich, die mich unweigerlich an vergangene Zeiten erinnern wird, Zeiten, die ich seit fünf Jahren zu vergessen versuche.

„Ich dachte, Elliot wollte nur eine Stunde wegbleiben“, sagte Floella Lazear sichtlich verärgert. „Was kann ihn denn so lange aufgehalten haben?“

Jane Halden strich sich eine dicke Strähne ihres schwarzen Haares aus dem Gesicht und steckte sie unter die Haube. Sie hätte auch gern gewusst, wo Elliot so lange steckte. Er hatte den Schwestern vom tödlichen Autounfall seiner Exfrau in Frankreich erzählt, und auch davon, dass sein Londoner Anwalt ihn zu sehen wünschte, und alle hatten angenommen, dass es sich dabei um Donnas letzten Willen handelte. Aber dauerte so ein Gespräch beim Rechtsanwalt zwei Stunden?

„Vielleicht hat seine Exfrau ihm ein Vermögen hinterlassen?“, mutmaßte Charly Gordon, der sich in das Gespräch der Schwestern einschaltete. „Immerhin war sie eine erfolgreiche Modedesignerin. Vielleicht hat sie ihm so viel Geld hinterlassen, dass er in diesem Augenblick schon überlegt, ob er um seine Entlassung bitten soll.“

„Ich wünschte, jemand würde mir ein Vermögen hinterlassen“, meinte Floella seufzend. „Ich würde das erstbeste Reisebüro ansteuern, bevor ihr bis drei gezählt hättet.“

Charlie lachte. „Und was würden Sie tun, wenn jemand Ihnen einen Haufen Geld hinterließe, Jane?“

Ich würde in ein Sanatorium gehen und zwölf Kilo Gewicht verlieren, dachte sie. Ich würde alle kosmetischen Wundermittel ausprobieren, meine billigen Klamotten wegwerfen und nur noch Designermode tragen.

„Ich habe nicht die leiseste Idee“, antwortete sie.

„Dann haben Sie alles, was Sie sich wünschen?“, fragte der Assistenzarzt.

„So könnte man es sagen“, antwortete Jane. Und das stimmte sogar. Sie hatte fast alles, was sie sich wünschte: Einen Job als examinierte Krankenschwester in der Notfallambulanz, eine eigene kleine Wohnung, und wenn es keinen Mann in ihrem Leben gab – nun gut, damit musste sie sich abfinden. „Und Sie, Charlie? Was würden Sie mit einem so unverhofften Glücksfall anfangen?“

„Ich würde eine Flasche Champagner und eine Riesenschachtel Pralinen an meine Freundin nach Shrewsbury schicken. Und das jeden Tag, um sicherzugehen, dass sie mich nicht vergisst.“

„Und in sechs Monaten würde sie Alkoholikerin sein, Sie Dummkopf“, sagte Floella lachend.

Der Assistenzarzt wurde rot vor Verlegenheit, aber Jane kam ihm schnell zur Hilfe. „Ich denke, das ist eine wunderschöne Idee, Charlie“, sagte sie. „Ihre Freundin kann sich glücklich schätzen.“

Und ich auch, dachte Jane, als sie den Assistenzarzt davoneilen sah. Sie alle konnten von Glück sagen, dass sie ihn hatten, diesen offenherzigen und liebenswürdigen Mann, der von Elliot die Assistentenstelle übernommen hatte. Schade nur, dass sie das von dem neuen jungen Arzt im Praktikum nicht sagen konnte. Richard Connery war zwar gescheit und fleißig, aber er war auch arrogant und viel zu selbstbewusst.

„Mein Patient in Nr. 6 hat einen gebrochenen rechten Arm, Schwester Halden. Bitte sorgen Sie dafür, dass er geröntgt wird“, sagte er von oben herab.

Kann er das nicht selber organisieren? fragte sich Jane, als er davonging, ehe sie antworten konnte. Nein, natürlich nicht. Es wäre unter seiner Würde gewesen, jemanden darauf anzusprechen, der so etwas Niedriges tat, wie Transportdienste zu leisten. Deswegen erwartete er von ihr, dass sie alles Nötige in die Wege leitete.

„Er hat kein Recht, so mit dir zu sprechen“, protestierte Floella. „Du bist die leitende Schwester in der Notfallambulanz und hast mindestens sechs Jahre mehr Erfahrung in der Medizin als er …“

„Und wenn du jetzt noch sagst, dass ich alt genug bin, um seine Mutter zu sein, dann gnade dir Gott“, erwiderte Jane, wobei der Schalk in ihren grauen Augen blitzte.

„Du weißt ja, wie ich es gemeint habe“, erklärte Floella. „So eine Tonart steht ihm einfach nicht zu.“

Das stimmte, aber in der Notfallambulanz zu arbeiten, war im Augenblick wirklich schwierig. Elliot war noch nicht richtig eingearbeitet, und Charlie Gordon musste in diesem Fach noch viel dazulernen. Was sie in dieser Situation unbedingt vermeiden mussten, war ein handfester Krach.

„Versuche nachsichtig mit ihm zu sein, Flo. Ich weiß, dass er schwierig ist. Aber er ist erst seit einem Monat bei uns, und wenn er sich manchmal so anmaßend gibt, dann liegt es vielleicht daran, dass die Arbeit bei uns härter ist, als er es sich vorgestellt hatte.“

„Quatsch“, gab Floella zurück. „Er gefällt sich darin, uns wie Dreck zu behandeln.“

Alles, bloß keinen Ärger, dachte Jane, als die Kollegin davonging. Teamwork war auf allen Stationen des Krankenhauses gefragt, aber in der Notfallambulanz war sie lebenswichtig. Ohne Teamwork funktionierte hier gar nichts, und es brauchte leider seine Zeit, um ein neues Team zu bilden. Geduldig ging Jane zu Kabine 6, wo Richards Patient immer noch wartete.

„Mein Arm ist wirklich gebrochen?“, fragte der ältere Mann gequält, als Jane ihm in einen Rollstuhl half. „Der junge Mann, der mich vorhin angesehen hat, meinte, er wäre gebrochen, aber ich war mir nicht sicher, ob er qualifiziert genug ist, um eine Diagnose zu stellen.“

„Dr. Connery war ziemlich sicher, dass Ihr Arm gebrochen ist, aber um ganz sicherzugehen, müssen wir ihn röntgen lassen.“ Als Jane merkte, wie ängstlich der Mann der Untersuchung entgegensah, munterte sie ihn auf und sagte: „Sie werden sehen, wie viel Sympathien Sie von Seiten Ihrer weiblichen Bewunderinnen ernten.“

„Hoffentlich nicht, sonst bricht mir meine Frau noch den anderen Arm“, erwiderte er augenzwinkernd. „Es hätte ja auch schlimmer ausgehen können, aber wenigstens habe ich die Gelegenheit, die Bekanntschaft einer sehr hübschen und charmanten jungen Lady zu machen.“

Jane wusste genau, dass sie nicht hübsch und mit achtundzwanzig Jahren auch nicht ausgesprochen jung war, aber sie freute sich, dass sie ein so nettes Kompliment bekam. Wie gern hätte sie öfter ein paar nette Worte gehört, das würde sie vielleicht in eine bessere Stimmung versetzen und ihr Selbstvertrauen stärken.

Es hat keinen Sinn, über mein Liebesleben nachzudenken. Genauer gesagt: über mein nicht existierendes Liebesleben, dachte sie. Und wessen Schuld ist das, fragte sie sich. Frank war ein mieser Kerl, und du hast zwei Jahre deines Lebens damit vergeudet, dir seine Sprüche von unsterblicher Liebe anzuhören. Und was passierte, als er dich fallen ließ? Du hast dich prompt in Elliot Mathieson verliebt. Einen Mann, der seit seiner Scheidung mehr Freundinnen gehabt hat als andere Männer in der gleichen Zeit kleine Flirts.

„Jane, wir haben Ärger!“, rief die junge Lernschwester.

„Was ist los, Kelly?“, fragte Jane unwillig.

„Der Mann ist zurückgekommen, der glaubt, sein Gehirn ist von fremden Mächten besetzt. Ich habe den Sozialdienst angerufen, aber sie meinten, für den Fall wären wir zuständig.“ In der Tat schob der Sozialdienst psychiatrische Fälle immer gern ab, es sei denn, der Patient musste in Verwahrung genommen werden. Aber Harrys Wahnvorstellungen traten nicht so oft ein, als dass man ihn auf Dauer in eine psychiatrische Klinik hätte einweisen müssen.

„Hat Charlie ihn sich angesehen?“

„Er hat ihm ein Beruhigungsmittel gegeben, und im Augenblick ist er ziemlich friedlich, aber Sie wissen doch, was das letzte Mal passiert ist.“

Oh ja, daran erinnerte sich Jane nur zu gut. Bevor das Beruhigungsmittel wirkte, hatte Harry ein EKG-Gerät kurz und klein geschlagen in der Meinung, die fremden Mächte wollten das so. „O. k., ich kümmere mich um ihn“, sagte sie.

„Der Rettungswagen ist unterwegs“, rief Floella ihr von weitem zu. „Drei Notfälle, zwei davon sehr ernst.“

Muss das gerade jetzt passieren, dachte Jane gereizt. Dr. Mackay, der Chef der Notfallambulanz, war im Urlaub, und Elliot immer noch nicht vom Rechtsanwalt zurück.

„Kelly!“, wandte sie sich an die Lernschwester. „Sei ein liebes Mädchen und setz dich mit einer guten Tasse Tee zu Harry!“ Als kurz darauf Elliot auf der Bildfläche erschien, fiel Jane ein Stein vom Herzen. „Das nenne ich gutes Timing“, sagte sie erleichtert.

„Was wollen Sie damit sagen?“

„Ein Rettungswagen ist auf dem Weg zu uns, und ich fragte mich, was wir mit den Verletzten machen sollen.“ Sie sah Elliot prüfend an. „Ist mit Ihnen alles in Ordnung, Elliot?“, erkundigte sie sich besorgt.

„Ja, ja. Alles o. k.“, antwortete er, aber Jane sah ihm an, dass nichts o. k. war.

Elliot sah bedrückt aus und so, als wäre er mit den Gedanken ganz woanders. Trotzdem war er in ihren Augen der schönste Mann, dem sie je begegnet war. Allein das dicke blonde Haar, die tiefblauen Augen und das umwerfende Lächeln hätten schon genügt, um sich in ihn zu verlieben. Hinzu kam seine Größe, der muskulöse Körper und die breiten Schultern, an die sich jede Frau nur zu gern anlehnen würde. Auch sie täte es gern, aber sie war klug genug, es nicht zu zeigen. Sie hätte ohnehin keine Chancen bei ihm gehabt, denn Elliot liebte große Frauen mit langen Beinen, und sie war klein und dick und hatte ganz gewöhnliche graue Augen. Darüber konnten auch ihre glatten, schulterlangen schwarzen Haare nicht hinwegtäuschen.

„Du hast einen wundervollen Sinn für Humor, Jane“, hatte ihre Mutter zu ihr gesagt, als sie noch ein junges Mädchen war. „Männer mögen das.“

Sicher, Mutter. Aber warum hat dann Franks Bewunderung für meinen Sinn für Humor nur so lange vorgehalten, bis ein rothaariges Dummchen in sein Blickfeld geriet und er auf und davon war?

Was ist heute nur mit mir los? fragte sich Jane, als sie in der Ferne die Sirene des Rettungswagens vernahm. Was soll all dieses Selbstmitleid? Sie liebte Elliot Mathieson, seit er vor zwei Jahren ins St. Stephens-Krankenhaus gekommen war, aber diese Liebe würde er nie erwidern. Für ihn war und blieb sie die gute, alte Janey, und es war höchste Zeit, dass sie dies akzeptierte.

„Was haben Sie für uns?“, fragte Elliot, als die Türen zum Behandlungsraum aufsprangen und die Sanitäter mit den Verletzten erschienen.

„Einen Erwachsenen, einen siebzehnjährigen Jungen und ein fünfzehnjähriges Mädchen. Die jungen Leute hat es am schlimmsten getroffen. Sie saßen auf dem Rücksitz und waren nicht angeschnallt.“

„Sind sie miteinander verwandt?“, erkundigte sich Elliot.

„Der Erwachsene ist der Vater. Er hat ein gebrochenes Handgelenk, einen gebrochenen Knöchel und Schnittwunden.“

„Richard und Kelly, Sie übernehmen den Erwachsenen!“

„Und was wird mit dem Mann mit den Wahnvorstellungen?“, fragte Kelly.

„Oh Gott, ist der wieder da?“, brummte Elliot. „Hat jemand ihm ein Beruhigungsmittel gegeben?“

„Ja, ich“, sagte Charlie Gordon.

„Dann schnappen Sie sich einen Pfleger und lassen Sie den Mann zum Sozialdienst bringen.“

„Elliot, die bekommen einen Schock, wenn wir Harry dort abliefern“, protestierte Jane.

„Und wenn schon“, erwiderte Elliot. „Dann bekommen sie wenigstens eine Chance zu erfahren, dass Pflege in der Gemeinschaft mehr bringt, als psychisch Kranke sich selbst zu überlassen. Charlie, Sie und Flo übernehmen den Jungen, und Jane, Ihre Hilfe brauche ich bei dem Mädchen.“

Den Teenager hatte es schwer getroffen. Zahlreiche Schnitt- und Risswunden im Gesicht und an den Armen, Brüche am rechten und linken Schienbein und Wadenbein machten es erforderlich, dass sowohl die Orthopäden als auch die plastischen Chirurgen herangezogen werden mussten. Doch am beunruhigendsten war die mühsame, krächzende Atmung. Wenn dem Mädchen nicht schnell genug geholfen wurde, könnte es in große Not geraten.

Gemeinsam gelang es Elliot und Jane, der Patientin die nötigen Infusionen zu geben, um vorübergehend den Blutverlust auszugleichen. Dennoch sank der Blutdruck beängstigend, und das Herz schlug in ungleichmäßigem Rhythmus.

Da auf der linken Seite der Brust keine Atemgeräusche zu hören waren, vermutete Elliot, dass das Mädchen bei dem Unfall gegen den Vordersitz geprallt und die linke Lungenseite kollabiert war, und dadurch Blut und Luft in die Brusthöhle gelangte.

Schnell entschlossen legte Elliot einen Schnitt in die obere rechte Brustseite, damit er vorsichtig einen Schlauch direkt in die Brusthöhle einführen konnte, so dass sich der Überschuss an Blut und Luft absaugen ließ, woraufhin sich der Zustand des Mädchens langsam stabilisierte.

„Soll ich jetzt Blutkonserven kommen lassen und veranlassen, dass Brust, Arme und Beine geröntgt werden?“, fragte Jane.

„Das ist ja wirklich beängstigend“, sagte Elliot mit einem vieldeutigen Lächeln. „Anscheinend haben Sie die Fähigkeit, meine Gedanken zu lesen.“

Solange Sie nicht meine lesen, dachte Jane. „Immerhin arbeite ich schon zwei Jahre mit Ihnen“, sagte sie.

Elliot war überrascht. „So lange schon?“ Tatsächlich schien Jane immer zur Stelle gewesen zu sein, seit er hier war. Erfahren, einfallsreich und instinktiv wissend, was er brauchte, und wann er es brauchte. Aber selbst sie konnte ihm nicht aus der misslichen Lage heraushelfen, in der er sich gegenwärtig befand.

Wenn seine Mutter nicht gerade nach Kanada geflogen wäre, um seiner Schwester Annie in den letzten drei Monaten ihrer schwierigen Schwangerschaft beizustehen, dann hätte sie natürlich Nicole zu sich genommen. Oder wenn wenigstens die Agenturen, die er angerufen hatte, ihm eine Kinderschwester oder Haushälterin in Aussicht gestellt hätten, dann wäre er erst einmal aus dem Dilemma heraus gewesen. Aber keine Agentur sah sich in der Lage, ihm sofort jemanden zur Verfügung zu stellen. Frühestens im April, hatte man ihm gesagt. Doch vom April waren sie noch einen Monat entfernt.

Wie hatte Donna ihm das antun können? Sie wusste doch, wie viele Stunden am Tag er arbeitete und wie sein Dienstplan durcheinander geriet, wenn so ein Unfall wie dieser dazwischenkam. Was hatte sie sich dabei gedacht, als sie Nicole ihm überantwortete? Was sollte er mit dem Kind nach der Schule oder am Wochenende anfangen?

Darüber hat sie sich überhaupt keine Gedanken gemacht, dachte er verbittert. Heute ist heute – das war immer Donnas Devise gewesen. Nur nicht an morgen denken.

Aber gerade das war es gewesen, was ihn an ihr fasziniert hatte. Ihre Vitalität, ihre Lust am Leben, ihr rauer französischer Akzent und ihre unwiderstehliche weibliche Anziehungskraft hatten ihm die Sinne verwirrt. Nur hatte das nicht lange vorgehalten. Innerhalb von drei kurzen Jahren war die Ehe gescheitert, und Donna hatte ihn verbittert und desillusioniert zurückgelassen. Und jetzt war Donna tot, und er hatte eine Tochter, die morgen ankam. Nicht die leiseste Idee hatte er, wie er mit dieser Situation fertig werden sollte.

„Elliot, sind Sie ganz sicher, dass Sie o. k. sind?“, fragte Jane noch einmal, als der Teenager auf dem Weg in den Operationssaal war. Die Röntgenaufnahmen hatten bestätigt, dass das Mädchen komplizierte Brüche, aber keinen lebensbedrohenden Schaden davongetragen hatte. „Sie wirken heute Nachmittag, als wären Sie mit Ihren Gedanken gar nicht hier, sondern ganz woanders.“

Elliot rang sich ein Lächeln ab und meinte, er hätte über vieles nachzudenken. Eilig ging er in den Behandlungsraum zurück, um sich die anderen Verletzten anzusehen. Er wollte nicht über sein Problem reden, er wollte nicht einmal daran denken. Alles, was er sich im Augenblick wünschte, war, sich in die Arbeit zu vergraben und seine Tochter darüber zu vergessen. Das gelang ihm auch, bis am Nachmittag das Geschrei von Kindern seine Aufmerksamkeit erregte.

„Was ist denn in Kabine 8 los, Flo?“, fragte er neugierig. „Es klingt, als würde dort jemand ermordet.“

„Die Polizei hat uns drei vernachlässigte Kinder gebracht. Zwei Mädchen und einen Jungen im Alter von ein bis vier Jahren. Der Vater scheint im Gefängnis zu sein, die Mutter ist wer weiß wo. Eine Nachbarin hat die Polizei verständigt, nachdem sie die Kinder ungefähr eine Woche lang nicht gesehen hatte.“

„Und wie ist ihr Gesundheitszustand?“, fragte Elliot.

„Ausgezeichnet, wenn man bedenkt, dass sie in einer ungeheizten Wohnung gehaust und zwei Tage nichts zu essen bekommen haben, wie uns das älteste Kind berichtete.“ Flo seufzte und meinte, dass einige Leute keine Kinder haben sollten.

Wie ich zum Beispiel, entschied Elliot, aber es war zu spät, um jene Nacht in einem Pariser Hotel zu bedauern. „Wer ist bei ihnen?“, fragte er.

„Jane. Charlie hat sich die Kinder angesehen und beschlossen, dass wir nichts für sie tun können, außer sie zu waschen und ihnen etwas zu essen zu geben. Das ist immerhin besser als gar nichts.“

Elliot fand Jane und die Kinder einträchtig beieinander. Das jüngste hielt Jane in den Armen. „Brauchen Sie Hilfe?“, fragte er.