Scriptum - Raymond Khoury - E-Book

Scriptum E-Book

Raymond Khoury

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Beschreibung

Ein unscheinbares Kästchen - das größte Geheimnis der Christenheit. In New York wird eine Ausstellung eröffnet: die kostbarsten Schätze des Vatikans – aber die vier Reiter, die den Abend in einem Blutbad ertränken, haben es allein auf ein verwittertes Holzkästchen abgesehen. Die zufällig anwesende Tess Chaykin ist elektrisiert: Die Angreifer waren wie mittelalterliche Tempelritter gekleidet. FBI-Agent Sean Reilly merkt schnell, dass die junge Archäologin ihm mit ihrem Wissen von unschätzbarem Wert ist. Welches Geheimnis verbarg sich in dem uralten Verschlüsselungsapparat? Was treibt den unsichtbaren Drahtzieher des Anschlags an? Tess und Reilly folgen ihm um die halbe Welt – am Ende erkennen sie, dass sie selbst die Verfolgten sind.

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

Übersetzung aus dem Amerikanischen von Susanne Goga-Klinkenberg, Anja Schünemann und Ulrike Thiesmeyer

Vollständige E-Book-Ausgabe der im Piper Verlag erschienenen Buchausgabe

1. Auflage 2015

ISBN 978-3-492-97056-3

© 2005 Raymond Khoury Titel der amerikanischen Originalausgabe: »The Last Templar«, Ziji Publishing, London 2005 Deutschsprachige Ausgabe: © Piper Verlag GmbH, München 2015 Alle Rechte an der Übertragung ins Deutsche bei Rowohlt Verlag GmbH, Reinbek bei Hamburg Covergestaltung: FAVORITBUERO, München Covermotiv: © Mark Owen / Trevillion Images Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung, können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Für meine Eltern

Für meine Mädchen:

Mia, Gracie und Suellen

und

Für meinen Freund

Adam B. Wachtel

(1959–2005)

Du hättest bestimmt deine helle Freude hieran gehabt.

Es hat uns reichen Nutzen eingebracht, dieses Märchen von Christus.

PROLOG

Akkon, Lateinisches Königreich Jerusalem, 1291

Das Heilige Land ist verloren.

Dieser eine Gedanke bestürmte Martin de Carmaux unablässig; in seiner brutalen Endgültigkeit war er noch fürchterlicher als die Horden, die durch die Bresche in der Mauer hereindrängten.

Mit aller Macht schob er den Gedanken beiseite.

Jetzt war nicht die Zeit zum Klagen. Er hatte wichtigere Aufgaben.

Er musste töten.

Mit hoch erhobenem Schwert stürmte er vorwärts durch dichte Wolken von Qualm und Staub und stürzte sich in die wogenden Reihen der Feinde. Sie waren überall, hackten und hieben unter gellendem Kampfgeschrei mit Krummsäbeln und Äxten um sich, begleitet vom quälend monotonen Dröhnen der großen Kesselpauken vor den Festungsmauern.

Er ließ sein Schwert mit aller Kraft niedersausen, spaltete einem Mann mit einem einzigen Hieb den Schädel und riss die Klinge sogleich zurück, um sich auf den nächsten Gegner zu stürzen. Zu seiner Rechten erblickte er Aimard de Villiers, der einem anderen Angreifer gerade seine Waffe in die Brust trieb und sich umgehend dem nächsten Feind zuwandte. Ganz benommen vom Schmerz- und Wutgeheul um sich herum, spürte Martin plötzlich, wie jemand seine linke Hand packte. Hastig stieß er den Angreifer mit dem Schwertknauf weg und hieb dann auf ihn ein, spürte, wie seine Klinge durch Muskeln und Knochen drang. Aus dem Augenwinkel nahm er rechts von sich eine drohende Gefahr wahr, er parierte instinktiv mit einem Schwerthieb, der einem weiteren Eindringling auf einen Streich den Arm abtrennte, die Wange aufschlitzte und die Zunge abschnitt.

Seit Stunden war ihm und seinen Gefährten keine Ruhe vergönnt gewesen. Der Ansturm der Sarazenen kannte keine Pause, und er war weitaus heftiger als erwartet. Tagelang waren unablässig Pfeile und Geschosse mit brennendem Pech auf die Stadt niedergeprasselt und hatten mehr Brände verursacht als bekämpft werden konnten; gleichzeitig hatten die Männer des Sultans Löcher unter den mächtigen Mauern gegraben, sie mit trockenem Reisig gefüllt und dieses ebenfalls in Brand gesteckt. An mehreren Stellen waren die Mauern durch die Gluthitze rissig geworden und stürzten jetzt unter dem Beschuss der mächtigen Steinkatapulte ein. Durch schiere Willenskraft war es den Templern und Johannitern gelungen, den Angriff am Antoniustor zurückzuschlagen, das sie zur Deckung ihres Rückzugs am Ende in Brand stecken mussten. Das hatte den rasenden Sarazenen Zugang in die Stadt verschafft, deren Schicksal damit besiegelt war.

Das Todesröcheln seines Gegners ging im allgemeinen Schlachtgetöse unter, als Martin sein Schwert zurückriss und verzweifelt nach irgendeinem Zeichen der Hoffnung Ausschau hielt. Aber es konnte keinen Zweifel geben: Das Heilige Land war verloren. Sie alle würden tot sein, tot, noch ehe die Nacht um war. Sie standen der größten Streitmacht aller Zeiten gegenüber, und trotz des Zorns und der Leidenschaft, die in ihm loderten, waren seine Anstrengungen und die seiner Brüder zum Scheitern verurteilt.

Zu dieser Einsicht gelangten bald auch seine Befehlshaber. Mutlosigkeit befiel ihn, als er das schicksalhafte Hornsignal vernahm, das die überlebenden Tempelritter aufrief, die Verteidigung der Stadt aufzugeben. Seine fieberhaft umherwandernden Blicke trafen sich mit denen von Aimard de Villiers. Er las darin die gleiche Qual, die gleiche Scham, die auch in ihm brannten. Seite an Seite kämpften sie sich durch das brodelnde Schlachtgetümmel hindurch, bis sie sich in die einigermaßen sichere Templerfestung gerettet hatten.

Martin folgte dem älteren Ritter, der sich energisch einen Weg durch das Gedränge verängstigten Volkes bahnte, das Zuflucht hinter den dicken Mauern der Burg gesucht hatte. Der Anblick, der sie in der großen Halle empfing, versetzte ihm einen schlimmeren Schock als das Gemetzel, dem er draußen beigewohnt hatte. Ausgestreckt auf einem groben Refektoriumstisch lag Guillaume de Beaujeu, der Großmeister der Tempelritter. Pierre de Sevrey, der Marschall, stand zusammen mit zwei Mönchen bei ihm. Ihre bekümmerten Mienen sprachen Bände. Als die beiden Ritter herangetreten waren, schlug Beaujeu die Augen auf und hob leicht den Kopf, eine Bewegung, bei der er vor Schmerz unwillkürlich aufstöhnte. Martin starrte ihn erschüttert an. Die Haut des alten Mannes war aschfahl, er hatte blutunterlaufene Augen. Martins Blick wanderte an Beaujeus Körper hinab und blieb an dem gefiederten Pfeil hängen, der seitlich aus seinem Brustkorb hervorstak. Der Großmeister hielt den Schaft mit einer Hand umfasst. Mit der anderen winkte er Aimard heran, der auf ihn zutrat, neben ihm niederkniete und sie mit beiden Händen umschloss.

»Es ist an der Zeit«, sprach der alte Mann mit vor Schmerz geschwächter, aber klarer Stimme. »Geht jetzt. Und möge Gott mit euch sein.«

Martin nahm die Worte kaum wahr. Seine Aufmerksamkeit galt etwas anderem: Die Zunge des Großmeisters hatte sich schwarz verfärbt. Ein vergifteter Pfeil – Martin schnürte es vor Zorn und Hass die Kehle zu. Dieser begnadete Anführer, dieser Ausnahmemensch, der das Leben des jungen Ritters seit er denken konnte bis in jede kleinste Einzelheit bestimmt hatte, lag im Sterben.

Er sah, wie Beaujeu den Blick zu Sevrey hob und kaum wahrnehmbar nickte. Der Marschall ging ans Tischende, wo er unter einer Samtdecke ein kleines, reich verziertes Kästchen, kaum drei Hände breit, hervorholte. Martin hatte es nie zuvor gesehen. Mit angehaltenem Atem verfolgte er, wie Aimard sich erhob, das Kästchen ernst betrachtete und dann wieder Beaujeu ansah. Der alte Mann erwiderte seinen Blick und schloss dann erschöpft die Augen. Sein Atem ging inzwischen rasselnd, ein böses Zeichen. Aimard trat auf Sevrey zu und umarmte ihn, dann nahm er das Kästchen vom Tisch und schritt, ohne sich noch einmal umzublicken, hinaus. Als er an Martin vorbeikam, sagte er nur ein Wort: »Komm.«

Martin zögerte, sah rasch zu Beaujeu und dem Marschall hin, der nur nickte. Hastig eilte er Aimard nach und merkte erst nach einiger Zeit, dass sie sich nicht auf den Feind zubewegten.

Sie waren unterwegs zum Kai der Festung.

»Wohin gehen wir?«, rief er Aimard nach.

Aimard verlangsamte seinen Schritt nicht. »Die Faucon du Temple erwartet uns. Schnell!«

Martin blieb unvermittelt stehen. Wir fahren fort?

Er kannte Aimard de Villiers seit dem Tod seines eigenen Vaters vor fünfzehn Jahren. Auch der war ein Ritter gewesen; bei seinem Tod hatte Martin kaum fünf Jahre gezählt. Seither war Aimard sein Beschützer gewesen, sein Lehrmeister. Sein Held. In vielen Schlachten hatten sie zusammen gekämpft, und es war nur angemessen, fand Martin, dass sie Seite an Seite stehen und zusammen sterben würden, wenn das Ende kam. Aber das hier, das war etwas anderes. Das war … feige Fahnenflucht.

Aimard blieb ebenfalls stehen, aber nur, um Martin an der Schulter zu packen und vorwärts zu stoßen. »Los, beeil dich.«

»Nein!«, schrie Martin und stieß Aimards Hand fort.

»Doch.« Der Tonfall des Älteren war scharf.

Martin spürte, wie Übelkeit in ihm aufstieg. Sein Gesicht verfinsterte sich, er rang nach Worten. »Ich werde unsere Brüder nicht im Stich lassen«, stammelte er. »Niemals!«

Aimard stieß einen tiefen Seufzer aus und warf einen Blick zurück auf die belagerte Stadt. Flammende Geschosse stiegen am Nachthimmel empor und hagelten von allen Seiten auf sie nieder. Das Kästchen an sich gedrückt, drehte er sich um und trat an Martin heran, so nah, dass ihre Gesichter kaum eine Handbreit voneinander entfernt waren und Martin sehen konnte, dass die Augen des Freundes tränenverhangen waren. »Meinst du, ich will sie im Stich lassen?«, zischte er. »Unseren Meister verlassen? In seiner letzten Stunde? Du solltest mich wirklich besser kennen.«

Martins Verwirrung war grenzenlos. »Aber … warum dann?«

»Was wir tun müssen, ist wichtiger, als ein paar mehr von diesen tollwütigen Hunden umzubringen«, erwiderte Aimard ernst. »Es ist von entscheidender Bedeutung für das Überleben unseres Ordens. Es wird dafür sorgen, dass nicht alles, wofür wir gearbeitet haben, hier zugrunde geht. Wir müssen fort. Jetzt.«

Martin öffnete den Mund, aber Aimards Miene duldete keine Widerrede. Also neigte er knapp, wenn auch widerstrebend, den Kopf und folgte dem Älteren.

Die Faucon du Temple war das letzte im Hafen verbliebene Schiff. Die anderen Galeeren hatte man in Sicherheit gebracht, ehe der Angriff der Sarazenen eine Woche zuvor den Haupthafen der Stadt abgeschnitten hatte. Das Schiff, das bereits erheblichen Tiefgang hatte, wurde von Sklaven, Sergeantbrüdern und Rittern noch immer weiter beladen. Fragen über Fragen schossen Martin durch den Kopf, aber sie zu stellen, war nicht die Zeit. Während sie sich dem Kai näherten, fiel sein Blick auf den Kapitän des Schiffs, einen alten Seebären, den er nur unter dem Namen Hugues kannte und der sich der höchsten Wertschätzung des Großmeisters erfreut hatte. Vom Deck seines Schiffs aus beobachtete der kräftige Mann das fieberhafte Treiben. Martin ließ seinen Blick das Schiff entlangwandern, vom Achterdeck bis zum Bug mit der Galionsfigur, dem bemerkenswert lebensähnlich geschnitzten Abbild eines grimmigen Raubvogels. Es war der Tempelfalke, der dem Schiff den Namen gegeben hatte.

Noch im Laufen wandte Aimard sich mit Donnerstimme an den Kapitän. »Wasser und Vorräte an Bord?«

»Jawohl.«

»Dann lass den Rest hier. Sofort Segel setzen!«

In Windeseile waren die Laufplanken eingezogen und die Festmacher gelöst, und die Faucon du Temple wurde von Ruderern im Beiboot des Schiffes vom Dock weggeschleppt. Wenig später erscholl das Kommando des Aufsehers, auf welches hin die Galeerensklaven im Rumpf ihre Ruder ins dunkle Wasser tauchten. Martin sah zu, wie die Ruderer an Deck kletterten, das Beiboot aus dem Wasser hievten und sicher vertäuten. Unter dem rhythmischen Schlag eines großen Gongs und dem Ächzen von über einhundertfünfzig angeketteten Rudersklaven gewann das Schiff an Fahrt und entfernte sich von der hohen Mauer der Templerfestung.

Als sie das offene Wasser erreichten, ging ein Pfeilregen auf das Schiff nieder, während das Meer um sie herum von mächtigen, zischenden Explosionen weiß schäumte: Die Bogenschützen und Katapulte des Sultans hatten die fliehende Galeere ins Visier genommen. Bald jedoch waren sie außer Reichweite, und Martin stand auf, um einen letzten Blick auf die sich immer weiter entfernende Küstenlinie zu werfen. Ungläubige säumten die Brustwehren der Stadt, heulten und johlten dem Schiff hinterher wie eine Horde wilder Bestien. Hinter ihnen wütete ein Inferno, Schreie von Männern, Frauen und Kindern mischten sich in das unerbittliche Dröhnen der Kriegstrommeln.

Langsam gewann das Schiff im ablandigen Wind an Fahrt, während die Ruderreihen sich hoben und senkten wie Flügel, die über das dunkler werdende Wasser streiften. Fern am Horizont hatte der Himmel sich dräuend verfinstert.

Es war vorbei.

Mit zitternden Händen, das Herz schwer wie Blei, kehrte Martin de Carmaux dem Land, in dem er geboren war, den Rücken. Er blickte nach vorn, dem Sturm entgegen, der sie erwartete.

KAPITEL 1

Zunächst bemerkte niemand die vier Reiter, die aus dem Dunkel des Central Park auftauchten.

Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand nämlich ein Spektakel vier Blocks weiter südlich. Unter Blitzlichtgewitter und im grellen Licht der Fernsehscheinwerfer fuhren vor dem Eingang des Metropolitan Museum of Art dicht gedrängt Nobelkarossen vor, denen Prominente und Normalsterbliche in feiner Abendgarderobe entstiegen.

Es handelte sich um eines jener Großereignisse, die keine andere Stadt so glanzvoll zu zelebrieren verstand wie New York, zumal wenn der Schauplatz auch noch das Metropolitan Museum war. Spektakulär angeleuchtet, während gleichzeitig starke Suchscheinwerfer den schwarzen Aprilhimmel durchkreuzten, glich das imposante Bauwerk einem unwiderstehlichen Leuchtfeuer im Herzen der Stadt, das seine Gäste einlud, durch die strengen Säulen seiner klassizistischen Fassade zu treten, an der ein Banner verkündete:

Schätze des Vatikans

Es war gemunkelt worden, das Ereignis solle verschoben oder sogar ganz abgesagt werden. Wieder einmal hatten jüngste Geheimdiensterkenntnisse die Regierung veranlasst, die nationale Terroralarmstufe auf Orange zu erhöhen. Im gesamten Land hatten staatliche und Bundesbehörden die Sicherheitsmaßnahmen verschärft. In ganz New York bewachten Nationalgardisten U-Bahn-Stationen und Brücken noch intensiver als zuvor, Polizisten arbeiteten in Zwölf-Stunden-Schichten.

Aufgrund ihres Themas galt die Ausstellung als besonders gefährdet. Doch willensstarke Köpfe und der Vorstand des Museums hatten sich durchgesetzt und einmütig entschieden, an dem Vorhaben festzuhalten. Die Ausstellung würde eröffnet wie geplant, ein weiterer Beleg für den unbeugsamen Geist der Stadt.

Eine modisch frisierte junge Frau mit blendend weißen Zähnen stand mit dem Rücken zum Museum da und unternahm einen dritten Anlauf, um ihren Einstieg diesmal richtig hinzubekommen. Weder mit der beflissen kenntnisreichen noch mit der leicht arroganten Variante war sie zufrieden gewesen, also probierte die Reporterin es nun mit einem sachlichen Ton, als sie in die Kamera blickte.

»Ich weiß nicht, wann das Metropolitan Museum das letzte Mal so viele Stars willkommen heißen durfte wie heute. Jedenfalls nicht mehr seit der Maya-Ausstellung, und die ist schon ein paar Jahre her«, fing sie an, als ein wohlbeleibter Mann mittleren Alters mit einer großen, hageren Frau in knapp sitzendem blauem Abendkleid, das entschieden zu jugendlich für sie war, aus einer Limousine stieg. »Und hier kommt der Bürgermeister mit seiner reizenden Gattin«, sprudelte die Reporterin aufgeregt los, »unsere ungekrönte Königsfamilie und selbstverständlich verspätet, wie es sich gehört.«

Dann fuhr sie mit wieder ernster Miene fort. »Viele der hier gezeigten Objekte sind der Öffentlichkeit noch niemals zugänglich gemacht worden, nirgends. Jahrhundertelang waren sie in den Gewölben des Vatikans weggeschlossen und–«

In dem Moment wurde sie durch plötzliche Pfiffe und Zurufe aus der Menschenmenge abgelenkt. Sie brach mitten im Satz ab und blickte irritiert von der Kamera weg zu dem lauter werdenden Tumult hinüber.

Und da sah sie die Reiter.

Es waren prachtvolle Pferde, imposante Grauschimmel und Füchse mit seidigen schwarzen Schweifen und Mähnen. Der eigentliche Grund für die Aufregung der Zuschauermenge aber waren die Reiter.

Die vier Seite an Seite reitenden Männer trugen alle die gleiche mittelalterliche Rüstung: visierbewehrte Helme, Kettenpanzer und gehämmerte Beinschienen über schwarzen Wämsern und gesteppten Beinlingen. Sie sahen aus, als wären sie geradewegs einer Zeitmaschine entsprungen. Erhöht wurde ihr dramatischer Auftritt noch durch lange Schwerter, die ihnen in Scheiden seitlich von der Taille herabhingen. Am auffälligsten aber waren die langen weißen Umhänge, die sie über ihrer Rüstung trugen: Sie zierte ein geschweiftes blutrotes Kreuz.

Die Pferde kamen in ruhigem Trott näher.

Die Menge geriet nun völlig aus dem Häuschen, während die Ritter langsam heranritten, starr nach vorne blickend, den Trubel um sich herum völlig ignorierend.

»Was bekommen wir denn da geboten? Sieht ganz so aus, als würden das Metropolitan Museum und der Vatikan heute Abend wirklich alle Register ziehen! Sagenhaft«, schwärmte die Reporterin, die jetzt vollkommen überwältigt schien. »Hören Sie, wie begeistert die Leute sind!«

Die Pferde erreichten den Rand der Freifläche vor dem Museum, und nun taten sie etwas Merkwürdiges.

Sie blieben dort nicht stehen.

Stattdessen drehten sie sich langsam, bis sie dem Museum frontal gegenüberstanden.

Geschickt brachten die Reiter ihre Tiere dazu, den Schritt hoch auf den Gehsteig zu tun. Langsam ritten die vier Ritter weiter über den gepflasterten Museumsvorplatz.

Feierlich erklommen sie nebeneinander hoch zu Ross die vielen Stufen der Treppe und hielten unbeirrbar auf den Eingang des Museums zu.

KAPITEL 2

»Mama, ich muss wirklich ganz dringend«, bettelte Kim.

Tess Chaykin warf ihrer Tochter einen verärgerten Blick zu. Sie, ihre Mutter Eileen und Kim hatten das Museum gerade erst betreten, und Tess hatte gehofft, sich die umlagerten Ausstellungsstücke noch rasch ansehen zu können, bevor es mit den Ansprachen, dem Smalltalk und all den anderen unvermeidlichen Förmlichkeiten losging. Aber das musste jetzt warten. Kim machte genau das, was jede Neunjährige bei einem derartigen Ereignis machen würde, den denkbar ungünstigsten Zeitpunkt abpassen und dann verkünden, dass sie ein dringendes Bedürfnis verspürte.

»Kim, also wirklich.« In dem großen Vorraum drängten sich die Menschen. Die Vorstellung, sich jetzt mit ihrer Tochter einen Weg durchs Gewühl zur Toilette bahnen zu müssen, gefiel Tess ganz und gar nicht.

Tess' Mutter erbarmte sich, wenn auch sichtlich ohne jede Begeisterung. »Ich begleite sie. Geh du nur schon vor.« Mit vielsagendem Lächeln setzte sie hinzu: »Obwohl ich finde, dass es dir durchaus recht geschehen würde.«

Tess schnitt ihr eine Grimasse, schaute dann ihre Tochter an und schüttelte lächelnd den Kopf. Dem kleinen Fratz mit den strahlend grünen Augen konnte man nie lange böse sein.

»Wir treffen uns dann in der Großen Halle wieder.« Sie hob den Finger und sah Kim streng an. »Aber schön bei Oma bleiben. Ich möchte nicht, dass du in dem Trubel hier verloren gehst.«

Kim verdrehte stöhnend die Augen. Tess sah ihnen nach, bis sie im Gewühl verschwunden waren, dann wandte sie sich ab und ging hinein.

Im riesigen Foyer des Museums, der Großen Halle, wimmelte es bereits von grauhaarigen Männern und Schwindel erregend glamourösen Frauen. Beim Anblick der vielen Smokings und Abendkleider überkam Tess leise Unsicherheit. Sie hatte Angst aufzufallen, einmal wegen ihres doch recht schlichten Kleides, aber auch weil sie sich so unwohl dabei fühlte, als Teil der »feinen« Gesellschaft wahrgenommen zu werden, einer Gesellschaft, die sie nicht im Mindesten interessierte.

Wenn Tess Aufsehen erregte – aber darüber war sie sich nicht im Klaren–, lag das allerdings weder an der schlichten Eleganz ihres kleinen Schwarzen, das ihr bis knapp zum Knie reichte, noch daran, dass sie sich bei glanzvollen, aber geistlosen Ereignissen wie diesem so sichtlich unwohl fühlte. Sie war einfach eine Frau, die Aufsehen erregte, und zwar immer schon. Als Erstes fiel den Leuten meist die verschwenderische Lockenpracht auf, die ihre warmen, vor Intelligenz sprühenden grünen Augen umrahmte. Verstärkt wurde der erste positive Eindruck durch ihren gesunden, sechsunddreißigjährigen Körper, der sich mit lässiger Anmut bewegte, und besiegelt schließlich durch den Umstand, dass sie sich ihrer Reize nicht im Geringsten bewusst zu sein schien. Leider war sie immer auf die falschen Männer hereingefallen. Den letzten dieser nichtswürdigen Exemplare hatte sie am Ende sogar geheiratet, ein Fehler, den sie kürzlich allerdings rückgängig gemacht hatte.

Sie betrat den großen Ausstellungssaal. Ein solches Stimmengewirr hallte hier von den Wänden wider, dass es unmöglich war, in dem Getöse auch nur ein einziges Wort auszumachen. An die Akustik hatte man beim Bau des Museums anscheinend keinen Gedanken verschwendet. Fetzen von Kammermusik drangen an ihr Ohr. Das rein weibliche Streichquartett, das abseits in einer Ecke platziert war, führte energisch, aber so gut wie unhörbar die Bogen über seine Instrumente. Sie ging weiter, nickte den lächelnden Gesichtern in der Menge flüchtig zu und kam vorbei an Lila Wallace' unvermeidlichen Blumenarrangements und an der Nische, in der Andrea della Robbias zauberhafte Madonna mit Kind aus blau und weiß glasiertem Terrakotta stand und anmutig über die Menschenmenge wachte. Heute Abend hatte die Skulptur allerdings Gesellschaft bekommen, sie war nur eine von zahlreichen Darstellungen der Jungfrau mit dem Jesuskind, die jetzt das Museum schmückten.

Die Ausstellungsstücke waren fast alle nur in Glasvitrinen zu bewundern, und schon mit einem flüchtigen Blick erkannte man, wie unermesslich wertvoll viele dieser Stücke wohl waren. Sogar auf jemanden wie Tess, die alles andere als religiös war, wirkten sie beeindruckend, ja sogar bewegend, und als sie am großen Treppenaufgang vorbei war und endlich den eigentlichen Ausstellungssaal betrat, hatte sie Herzklopfen vor Aufregung und Vorfreude.

Zu sehen waren Alabaster-Retabeln aus Burgund, reich geschmückt mit Begebenheiten aus dem Leben des heiligen Martin. Dutzende von Kruzifixen, die meisten aus massivem Gold, über und über mit Edelsteinen besetzt; ein Kreuz aus dem zwölften Jahrhundert bestand aus mehr als hundert kleinen Figuren, geschnitzt aus einem einzigen Walross-Stoßzahn. Zu bewundern waren fein gearbeitete Marmorstatuetten und mit Schnitzereien geschmückte hölzerne Reliquienschreine; auch ihrer eigentlichen Bestimmung beraubt, stellten diese Kästchen wundervolle Zeugnisse der meisterhaften Arbeit mittelalterlicher Kunsthandwerker dar. Ein prachtvolles, mit einem Adler verziertes Lesepult aus Messing behauptete sich stolz neben einem beeindruckenden Osterkerzenleuchter aus Spanien, an die zwei Meter hoch und reich bemalt, der sonst in den Gemächern des Papstes aufbewahrt wurde.

Während sie sich die Ausstellungsstücke anschaute, musste Tess immer wieder gegen eine leise Verbitterung ankämpfen, die unwillkürlich in ihr aufstieg. Die gezeigten Objekte waren von einer Qualität, auf die sie in ihren Jahren als Ausgräberin nie zu hoffen gewagt hätte. Gewiss, es waren gute, an Herausforderungen keineswegs arme, in mancher Hinsicht sogar lohnende Jahre gewesen. Sie hatte in der Welt herumreisen und sich mit ganz unterschiedlichen, faszinierenden Kulturen beschäftigen können. Einige der von ihr ausgegrabenen Fundstücke waren in Museen rund um den Globus zu sehen, doch keines davon war bemerkenswert genug, um etwa den Sackler-Flügel mit altägyptischer Kunst oder den Rockefeller-Flügel mit primitiver Kunst zu zieren. Wenn ich … wenn ich vielleicht ein bisschen mehr Ausdauer gehabt hätte. Rasch verscheuchte sie den Gedanken. Mit diesem Leben war für sie jetzt Schluss, zumindest fürs Erste. Sie würde sich damit begnügen müssen, diese großartigen Zeugnisse der Vergangenheit mit dem unbeteiligten Blick einer dankbaren Besucherin zu bewundern.

Und wie wunderbar diese Zeugnisse waren! Dem Museum war mit der Ausstellung wirklich ein sensationeller Coup geglückt, denn die meisten der aus Rom zur Verfügung gestellten Objekte waren nie zuvor öffentlich gezeigt worden.

Aber es gab nicht nur glänzendes Gold und funkelnde Edelsteine zu sehen.

In einer Vitrine vor sich sah sie einen auf den ersten Blick ganz unscheinbaren Gegenstand. Es handelte sich um irgendeine Art mechanisches Gerät, ungefähr so groß wie eine alte Schreibmaschine, kastenartig und aus Kupfer. Auf der Oberseite befanden sich zahlreiche Tasten, während aus den Seiten miteinander verzahnte Rädchen und Hebel herausstanden. Inmitten all der funkelnden Pracht wirkte es seltsam fehl am Platz.

Tess neigte sich vor und strich sich das Haar zurück, um einen genaueren Blick auf das Stück zu werfen. Gerade wollte sie ihren Katalog aufschlagen, als sie über ihrem verschwommenen Spiegelbild im Glas der Vitrine eine zweite Silhouette auftauchen sah. Jemand war hinter sie getreten.

»Falls du immer noch den Heiligen Gral suchst, muss ich dich enttäuschen. Der ist nicht dabei«, sagte eine Reibeisenstimme, die unverkennbar war. Tess hatte sie seit Jahren nicht mehr gehört, erkannte sie aber auf Anhieb wieder.

»Clive.« Sie wandte sich zu ihrem ehemaligen Kollegen um. »Mensch, wie geht's dir? Großartig siehst du aus.« Was nicht ganz der Wahrheit entsprach; Clive Edmondson war zwar erst Anfang fünfzig, wirkte aber erschreckend alt.

»Danke. Und dir?«

»Mir geht's gut«, sagte sie und nickte. »Also, wie laufen die Grabräuber-Geschäfte zurzeit?«

Edmondson streckte ihr beide Hände mit dem Rücken nach oben entgegen. »Ich muss ein Vermögen für Maniküre ausgeben. Ansonsten aber ist alles beim Alten. Im wahrsten Sinne des Wortes«, gluckste er. »Wie ich höre, bist du jetzt beim Manoukian gelandet.«

»Ja.«

»Und?«

»Oh, es ist großartig«, sagte Tess. Was ebenfalls nicht ganz der Wahrheit entsprach. Eine Anstellung beim angesehenen Manoukian Institute zu ergattern war zwar überaus prestigeträchtig, aber was die eigentliche Arbeit dort betraf, sahen die Dinge nicht allzu rosig aus. So etwas behielt man aber besser für sich, zumal in der kleinen Welt der Archäologie, wo Klatsch und Missgunst verblüffend weit verbreitet waren. Betont unverbindlich fuhr sie daher fort: »Weißt du, das fehlt mir richtig, die Buddelei mit euch anderen.«

Sein feines Lächeln verriet ihr, dass er ihr nicht ganz glaubte. »Viel entgeht dir nicht. Schlagzeilen haben wir jedenfalls noch nicht gemacht.«

»Darum geht es mir nicht, es ist nur…« Sie drehte sich um und ließ den Blick über die ausgestellten Schätze gleiten. »Nur eine von den Sachen hier wäre toll gewesen. Nur eine.« Traurig sah sie ihn an. »Wieso haben wir nie etwas ähnlich Bedeutendes gefunden?«

»Na, ich habe ja die Hoffnung noch nicht aufgegeben. Du hast doch die Kamele gegen einen Schreibtisch eingetauscht«, witzelte er. »Ganz zu schweigen von den Fliegen, dem Sand, der Hitze, dem Essen, wenn man es denn so nennen kann…«

»Du meine Güte, das Essen!« Tess lachte. »So gesehen bin ich mir gar nicht mehr so sicher, ob mir das alles wirklich fehlt.«

»Du kannst jederzeit zurückkommen, das weißt du.«

Sie zuckte leicht zurück, denn genau darüber dachte sie häufig nach. »Eher nicht. Jedenfalls vorläufig erst mal nicht.«

Edmondson rang sich ein ziemlich gequältes Lächeln ab. »Bei uns ist immer eine Schaufel für dich reserviert, das weißt du«, beteuerte er, schien sich aber keine großen Hoffnungen zu machen. Befangenes Schweigen breitete sich aus. »Hör mal«, sagte er dann, »drüben im Ägyptischen Saal ist eine Bar aufgebaut, und anscheinend hat man auch jemanden engagiert, der weiß, wie ein anständiger Cocktail gemixt wird. Komm, ich lad dich ein.«

»Geh ruhig schon vor, ich komme später nach«, erwiderte sie. »Ich warte noch auf Kim und meine Mutter.«

»Die sind hier?«

»Ja.«

Er hob die Hände. »Holla. Drei Generationen von Chaykins – das könnte interessant werden.«

»Du bist gewarnt.«

»Ich hab's zur Kenntnis genommen.« Edmondson nickte und wandte sich zum Gehen. »Wir sehen uns dann später. Lauf mir bloß nicht weg.«

Auf dem Museumsvorplatz knisterte die Luft vor Spannung. Der Kameramann bemühte sich um eine möglichst günstige Einstellung, während die Moderationsversuche der Reporterin im lauten Klatschen und Jubeln der begeisterten Menschen untergingen. Der Lärm steigerte sich noch, als die Menge mitbekam, wie ein kleiner, gedrungener Mann in der braunen Uniform eines Sicherheitsbeamten seinen Posten verließ und auf die näher kommenden Reiter zueilte.

Aus dem Augenwinkel hatte der Kameramann den Eindruck, dass hier irgendetwas nicht nach Plan lief. Die entschlossenen Schritte des Sicherheitsbeamten, sein ganzes Verhalten ließen darauf schließen, dass er mit dem, was hier vor sich ging, ganz und gar nicht einverstanden war.

Bei den Pferden angekommen, hob der Beamte die Hände, um sie zu stoppen, und verstellte ihnen den Weg. Die Ritter zügelten ihre Pferde, die schnaubend mit den Hufen stampften. Offenbar behagte es ihnen ganz und gar nicht, mitten auf der Treppe stehen bleiben zu müssen.

Eine Auseinandersetzung schien sich anzubahnen. Eine einseitige allerdings, wie dem Kameramann auffiel, denn die Reiter reagierten in keiner Weise auf das Fuchteln des Uniformierten.

Und dann tat einer von ihnen endlich etwas.

Langsam, wie um die theatralische Wirkung noch zu steigern, zog der Ritter, der dem Sicherheitsbeamten am nächsten war, ein wahrer Koloss, sein Schwert aus der Scheide und hob es hoch über seinen Kopf, was ein weiteres Blitzlichtgewitter und erneuten Beifall auslöste.

Den Blick weiterhin starr geradeaus gerichtet, hielt er das Schwert mit beiden Händen empor. Regungslos.

Der Kameramann hatte zwar ein Auge dicht ans Okular gedrückt, bekam mit dem anderen aber auf einmal mit, dass sich hier irgendetwas Ungewöhnliches abspielte. Hastig zoomte er auf das Gesicht des Sicherheitsbeamten. Was war das für ein Ausdruck? Verlegenheit? Bestürzung?

Dann begriff er, was er dort sah.

Angst.

Die Menge war jetzt außer Rand und Band, sie klatschte und jubelte frenetisch. Instinktiv zoomte der Kameramann ein wenig zurück, um auch den Reiter ins Bild zu bekommen.

Genau da ließ der Ritter sein Schwert unvermittelt in einem weiten Bogen, sodass die Klinge schaurig-schön im grellen Scheinwerferlicht aufblitzte, niedersausen. Er traf den Sicherheitsbeamten direkt unterm Ohr. Der Hieb hatte eine solche Wucht, dass er Fleisch, Knorpel und Knochen glatt durchtrennte.

Die Zuschauer schnappten erst unisono entsetzt nach Luft, dann hallten gellende Schreckensschreie durch die Nacht. Am lautesten kreischte die Reporterin, die panisch den Arm des Kameramanns umklammerte, dem daraufhin kurz das Bild verwackelte. Unwirsch schüttelte er sie ab, um ungestört weiterfilmen zu können.

Der Kopf des Sicherheitsbeamten fiel zu Boden und hüpfte dann, eine Blutspur auf den Stufen hinter sich herziehend, die Treppe hinunter. Und erst nach einer halben Ewigkeit, so schien es, kippte der enthauptete Körper zur Seite und sackte zu Boden, während das Blut in einer Fontäne zum Hals herausspritzte.

Kreischende junge Mädchen versuchten sich panisch in Sicherheit zu bringen, stolperten und stürzten hin, während andere Leute weiter hinten in der Menge nach vorne drängten. Die hinten Stehenden wussten nicht genau, was passierte, aber sie ahnten, dass es unerhört war. Innerhalb kürzester Zeit herrschte ein heilloser Tumult, alles schrie wild durcheinander, teils vor Schmerz, teils aus nackter Angst.

Die anderen drei Pferde stampften nun ungeduldig mit den Hufen und tänzelten unruhig auf den Treppenstufen umher. Dann brüllte einer der Ritter: »Los, los, los!«

Der Ritter, der den Wachmann geköpft hatte, hieb seinem Pferd die Sporen in die Seite und preschte auf den weit offenen Museumseingang los. Die anderen setzten sich ebenfalls in Bewegung und folgten ihm dichtauf.

KAPITEL 3

Tess hörte in der Großen Halle die gellenden Schreie von draußen und wusste sofort, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Sie fuhr herum und sah, wie das erste Pferd in einem Hagel von klirrendem Glas und berstendem Holz in die Halle gesprengt kam, wo sofort Chaos ausbrach. Die kultivierte, elegante, gepflegte Versammlung verwandelte sich im Nu in eine Horde, die nur noch primitiven Instinkten gehorchte; schreiende Männer und Frauen stießen und drängten einander rücksichtslos zur Seite, um sich vor den heranstürmenden Pferden in Sicherheit zu bringen.

Drei der Reiter ritten ungerührt durch die panische Menge, ließen ihre Schwerter in die Vitrinen krachen, trampelten über Glasscherben und Holzsplitter, beschädigte und zerstörte Ausstellungsstücke hinweg.

Tess wurde beiseite gestoßen, während Scharen von Gästen verzweifelt durch die Türen ins Freie zu entkommen versuchten. Hektisch sah sie sich in der Halle um. Kim – Mutter – wo waren sie? Sie blickte suchend umher, konnte sie aber nirgends entdecken. Weiter rechts von ihr drehten und wendeten sich die Pferde, wobei weitere Schätze zu Bruch gingen, die ihnen im Weg standen. Besucher wurden in Vitrinen und gegen die Wände geschleudert, die riesige Halle war von Schmerzensschreien und Gekreisch erfüllt. Mittendrin entdeckte Tess auch Clive Edmondson, der brutal zur Seite gestoßen wurde, als eins der Pferde sich plötzlich wild aufbäumte.

Die Pferde schnaubten laut mit aufgerissenen Nüstern, Schaum troff ihnen aus den Mäulern an den Trensen vorbei. Ihre Reiter langten nach unten in die zerbrochenen Vitrinen, rafften funkelnde Ausstellungsstücke an sich und stopften sie in Säcke, die an den Sätteln befestigt waren. An den Türen versperrten die ins Freie drängenden Menschen der Polizei den Weg ins Innere, die gegen den Ansturm der panischen Menge machtlos war.

Als eins der Pferde sich hektisch umdrehte, stieß es mit der Flanke gegen eine Statue der Jungfrau Maria, die zu Boden kippte und zerschellte. Das Pferd trampelte auf den Scherben herum, zerstampfte mit seinen Hufen die betenden Hände der Madonna. Ein prachtvoller Gobelin, den Gäste in ihrer wilden Flucht von seinem Gestell gerissen hatten, wurde von Menschen und Pferden zertrampelt. Innerhalb von Sekunden waren Tausende sorgsam ausgeführter Stiche unwiederbringlich zerfetzt. Eine Vitrine kippte um, ihr Glas ging klirrend in Stücke, und eine weiß-goldene Mitra fiel heraus, die in dem wilden Aufruhr achtlos mit Füßen getreten wurde. Der dazugehörige Umhang segelte kurz wie ein fliegender Teppich durch die Luft, bevor er das gleiche Schicksal erlitt.

Tess lief los, um den Pferden nicht in die Quere zu kommen, und spähte den Gang hinunter, wo sie auf halber Höhe den vierten Reiter entdeckte. Ganz hinten am Ende des Ganges versuchten viele Menschen in andere Teile des Museums zu entkommen. Verzweifelt hielt sie Ausschau nach ihrer Mutter und Tochter. Wo zum Teufel sind sie nur? Geht es ihnen gut? Angestrengt suchte sie ihre Gesichter in der Menschenmenge, vermochte sie aber nirgendwo zu entdecken.

Ein lauter Befehlston ließ Tess herumfahren. Sie sah, dass es der Polizei endlich gelungen war, an der flüchtenden Menge vorbei in das Museum zu gelangen. Mit gezogenen Waffen, laut brüllend, um den Tumult zu übertönen, stürmten die Beamten auf einen der drei Reiter zu, der unter seinen Umhang griff und eine kleine, besonders gefährlich aussehende Pistole zog. Tess kauerte sich blitzschnell hin und hielt sich schützend die Arme über den Kopf, bekam jedoch noch mit, wie der Mann zu feuern begann und den ganzen Saal mit einem wahren Kugelhagel überzog. Zahlreiche Personen stürzten oder warfen sich zu Boden, darunter alle Polizisten. Die Glasscherben und zertrümmerten Vitrinen waren jetzt mit Blut bespritzt.

Tess hockte mit wild hämmerndem Herzen da und versuchte, sich ganz still zu verhalten, obwohl eine innere Stimme ihr gebieterisch wegzulaufen befahl. Auch die beiden anderen Reiter begannen jetzt, mit den gleichen automatischen Waffen wie ihr mörderischer Komplize herumzuballern. Von den Museumswänden abprallende Kugeln steigerten den Lärm und die allgemeine Panik noch. Eins der Pferde bäumte sich unversehens auf, und in der Verwirrung jagte sein Reiter eine Salve von Schüssen hinauf in eine Wand und in die Decke. Sofort prasselten Teile der Stuckverzierung auf die Köpfe der am Boden kauernden schreienden Gäste nieder.

Tess wagte einen Blick hinter ihrer Vitrine hervor und überlegte fieberhaft, welchen Fluchtweg sie nehmen sollte. Drei Vitrinenreihen rechts von ihr entdeckte sie einen Durchgang in eine andere Galerie. Sie nahm all ihren Mut zusammen und hastete darauf zu.

An der zweiten Reihe angelangt, sah sie, wie der vierte Ritter direkt auf sie zukam. Sofort ging sie hinter einer Vitrine in Deckung, behielt ihn aber genau im Auge. Scheinbar völlig unbeteiligt und ohne Notiz von dem Chaos zu nehmen, das seine drei Begleiter anrichteten, führte er sein Pferd zwischen den Reihen noch unversehrter Vitrinen hindurch.

Kaum zwei Meter von ihr entfernt, sie meinte den warmen Atem seines schnaubenden Pferdes beinahe zu spüren, machte der Ritter unvermittelt Halt. Tess duckte sich noch tiefer, klammerte sich wie eine Ertrinkende an der Vitrine fest und versuchte, ihr wild hämmerndes Herz zu beruhigen. Sie hob den Blick und sah den Ritter, Ehrfurcht gebietend in seinem Kettenpanzer und dem weißen Umhang, der sich in den Glasscheiben um sie herum spiegelte. Er musterte eine ganz bestimmte Vitrine.

Es war die, die Tess sich angeschaut hatte, bevor Clive Edmondson sie ansprach.

Voller Entsetzen verfolgte Tess, wie der Ritter sein Schwert zog, hoch emporschwang und auf die Vitrine niederkrachen ließ, die klirrend zerbarst. Hunderte von Glassplittern regneten neben Tess herab. Gelassen schob er das Schwert zurück in die Scheide, bückte sich ein wenig und nahm das eigenartige Gerät, den mit Tasten, Rädchen und Hebeln versehenen Kasten, aus der Vitrine. Dann hielt er ihn mit beiden Händen vor sich empor.

Tess wagte kaum zu atmen. Allen Überlebensinstinkten zum Trotz spürte sie das brennende Bedürfnis zu sehen, was genau hier vor sich ging. Schließlich konnte sie sich nicht länger beherrschen und neigte sich ein wenig vor, um knapp am Rand der Vitrine vorbeizuschauen.

Der Mann betrachtete den Kasten eine kurze Weile, ehrfürchtig, wie es schien, und murmelte dann halblaut etwas vor sich hin.

»Veritas vos libera–«

Hingerissen verfolgte Tess dieses offenbar äußerst private Ritual, als eine weitere Salve von Schüssen sie und den Ritter jäh aus der Verzauberung aufschreckte, die sie beide umfangen hielt.

Er riss sein Pferd herum, und obwohl das Helmvisier seine Augen halb verdeckte, spürte Tess, wie sein Blick einen Moment lang auf ihr ruhte. Ihr stockte das Herz, während sie wie erstarrt vor ihm kauerte. Das Pferd kam näher, direkt auf sie zu–

– und streifte knapp an ihr vorbei. Gleichzeitig hörte sie, wie der Mann den anderen Reitern zubrüllte: »Los, hauen wir ab!«

Tess richtete sich auf und sah, wie der hünenhafte Reiter, der als Erster geschossen hatte, in einer Ecke am großen Treppenaufgang eine kleine Schar Menschen in Schach hielt. Sie erkannte den Erzbischof von New York, außerdem den Bürgermeister und seine Gattin. Auf ein kurzes Nicken des Anführers hin trieb der Hüne sein Pferd mitten in die Traube verängstigter Gäste, packte die sich wild wehrende Frau des Bürgermeisters und hob sie auf sein Pferd. Als er ihr den Lauf seiner Pistole an die Schläfe drückte, hielt sie sofort still. Ihr Mund war zu einem lautlosen Schrei aufgerissen.

Hilflos, wütend und voller Angst beobachtete Tess, wie die vier Reiter sich in Richtung Ausgang entfernten. Der Anführer der Ritter, der Einzige, wie ihr auffiel, ohne Pistole, war auch der Einzige, von dessen Sattelknauf kein prall gefüllter Sack baumelte. Während die Reiter durch die Museumsgalerien davonsprengten, stand Tess auf und hastete durch die Trümmerlandschaft, um ihre Mutter und ihre kleine Tochter zu suchen.

Die Ritter kamen durch die Museumstüren ins Freie gestürmt, hinein ins grelle Licht der Fernsehscheinwerfer. Schlagartig wurde es stiller, obwohl weiter das Schluchzen und Stöhnen traumatisierter und verletzter Menschen zu hören war. Rings um den Museumseingang erhoben sich laute Stimmen, hauptsächlich von Polizisten, die einander warnend zuriefen: »…Feuer nicht eröffnen!«, »…eine Geisel!«, »…nicht schießen!«

Dann jagten die vier Reiter die Treppe hinunter und entfernten sich in Richtung Fifth Avenue, wobei der Ritter mit der Geisel die schützende Nachhut bildete. Zügig, aber ohne übertriebene Hast ritten sie davon, ohne sich von den näher kommenden Polizeisirenen erkennbar aus der Ruhe bringen zu lassen. Wenig später waren sie verschwunden, gleichsam verschluckt von der schwarzen Finsternis des Central Park.

KAPITEL 4

Sean Reilly stand am Rand der Museumstreppe, gerade außerhalb der schwarz-gelben Plastikbänder, mit denen der Tatort abgesperrt war. Er fuhr sich mit der Hand durch das kurze braune Haar und schaute auf die Kreidesilhouette hinab. Hier hatte der enthauptete Körper gelegen. Dann ließ er den Blick wandern und folgte der Spur von Blutspritzern die Treppe hinunter bis zu der basketballgroßen Markierung, die den Fundort des Kopfes bezeichnete.

Nick Aparo kam herüber und warf einen Blick über die Schulter seines Kollegen. Er war zehn Jahre älter als Reilly, der achtunddreißig war, hatte ein rundes Gesicht und eine Halbglatze, war mittelgroß und von mittlerer Statur, ein richtiger Durchschnittstyp. Man konnte ganz vergessen, wie er aussah, noch während man mit ihm redete. Für einen Kriminalbeamten ein nützliches Plus, das er sich in den Jahren, die Reilly ihn jetzt schon kannte, äußerst erfolgreich zunutze gemacht hatte. Wie Reilly trug er über seinem schwarzen Anzug eine locker sitzende dunkelblaue Windjacke, auf der hinten die großen weißen Buchstaben FBI prangten. Angewidert verzog er den Mund.

»Schätze, das dürfte dem Leichenbeschauer keine allzu großen Rätsel aufgeben«, bemerkte er.

Reilly nickte. Er vermochte nicht den Blick von der Markierung loszureißen, wo der Kopf gelegen hatte. Die Blutlache daneben hatte sich inzwischen schwärzlich verfärbt. Wie kam es, dass erschossen oder erstochen zu werden einem nicht ganz so schlimm vorkam, wie geköpft zu werden? In einigen Gegenden der Welt, fiel ihm ein, war die Todesstrafe durch Enthauptung noch gängige Praxis. Genau in den Gegenden, die viele der Terroristen hervorgebracht hatten, die das Land mit ihren finsteren Absichten im Würgegriff permanent erhöhter Alarmbereitschaft hielten; Terroristen, deren Verfolgung ihn tagtäglich und oft sogar nachts in Atem hielt.

Er wandte sich zu Aparo um. »Was gibt's Neues von der Frau des Bürgermeisters?« Sie war mitten im Park, zusammen mit den Pferden, kurzerhand sich selbst überlassen worden.

»Sie ist mit dem Schrecken davongekommen«, antwortete Aparo. »Ihr Ego dürfte mehr Schrammen abgekriegt haben als ihr Allerwertester.«

»Wie gut, dass bald Wahlen stattfinden. Wäre doch ein Jammer, wenn die Dame das für nichts und wieder nichts durchgemacht hätte.« Reilly sah sich um. Es fiel ihm noch immer schwer zu glauben, was sich genau hier, an diesem Ort, Grässliches ereignet hatte. »Noch nichts von den Kontrollpunkten?«

In einem Radius von zehn Straßenblocks sowie an allen Brücken und Tunneln, die aus Manhattan hinausführten, waren Straßensperren errichtet worden.

»Nein. Die Kerle wussten, was sie taten. Die haben bestimmt nicht auf ein Taxi gewartet.«

Reilly nickte. Profis. Gut organisiert.

Na toll.

Als könnten Amateure heutzutage nicht genauso viel Schaden anrichten. Es genügten schon ein paar Flugstunden oder ein Lastwagen voller Kunstdünger, zusammen mit einer selbstmörderischen, krankhaften Gemütsverfassung – und daran herrschte wahrlich kein Mangel.

Ruhig ließ er den Schauplatz des Verbrechens auf sich wirken. Er spürte, wie tiefe Frustration und Wut in ihm aufstiegen. Die Wahllosigkeit dieser tödlichen Wahnsinnsakte, deren perfide Eigenart es war, jeden und alle völlig unvorbereitet zu treffen, machte ihn immer wieder aufs Neue sprachlos. Aber irgendetwas an diesem speziellen Tatort wirkte merkwürdig und deplatziert. Er empfand eine merkwürdige Distanz. Der Vorfall hier schien zu abwegig, zu abstrus, nach all den schrecklichen Katastrophenszenarien, die er und seine Kollegen in den letzten Jahren durchgespielt hatten. Er wurde das Gefühl nicht los, durch eine absurde Nebenhandlung vom Hauptgeschehen abgelenkt zu werden. Und doch ertappte er sich dabei, dass er insgeheim sogar dankbar war für diese Ablenkung.

Als leitender Special Agent, dem die lokale Einheit des FBI für den Bereich Terrorismus unterstand, hatte er noch während des Anrufs vermutet, dass der Raubüberfall in seine Zuständigkeit fallen würde. Nicht, dass ihn die Aufgabe schreckte, die Arbeit Dutzender von Agenten und Polizeibeamten zu koordinieren, wie auch die der Spurensicherer, Labortechniker, Psychologen, Fotografen und zahlloser anderer. Genau diese Art Arbeit hatte er sich immer gewünscht.

Er hatte immer schon gespürt, dass er die Dinge zum Besseren ändern könnte.

Nein. Er hatte immer gewusst, dass er die Dinge zum Besseren ändern würde.

Das Gefühl hatte sich während seines Jurastudiums an der Notre-Dame-Universität herauskristallisiert. Reilly hatte den Eindruck, dass vieles auf der Welt nicht zum Besten stand – ein schmerzlicher Beleg dafür war der Tod seines Vaters, als er gerade zehn gewesen war–, und er wollte dazu beitragen, sie positiv zu verändern; wenn schon nicht für sich selbst, dann wenigstens für andere. Ein Erlebnis verankerte das Gefühl endgültig in ihm. Als er einmal ein Referat über einen Fall schrieb, in dem es um ein rassistisch motiviertes Verbrechen ging, nahm er an einer Versammlung weißer Rassisten in Terre Haute teil. Was er dort erlebte, hatte ihn tief schockiert. Es kam ihm vor, als sei er dem Bösen selbst begegnet. Um es bekämpfen zu können, das spürte er, musste er es besser verstehen lernen.

Sein erster Plan ging allerdings nicht ganz so auf wie erhofft. In einem Anfall von jugendlichem Idealismus hatte er beschlossen, Pilot bei der Navy zu werden. Die Vorstellung, vom Cockpit eines silbernen Kampfjets aus mitzuhelfen, die Welt vom Bösen zu befreien, erschien ihm äußerst verlockend. Zum Glück war er genau die Sorte Rekrut, auf die die Navy aus war. Leider aber hatte man andere Pläne mit ihm. Bewerber, die Tom Cruise in Top Gun nacheifern wollten, hatte man mehr als genug. Was man brauchte, waren Juristen. Die Rekrutierungsoffiziere gaben sich alle Mühe, ihm eine Zukunft als Angehöriger des Militärjustiz-Corps schmackhaft zu machen. Reilly liebäugelte eine Zeit lang mit der Idee, entschied sich aber letzten Endes doch dagegen und konzentrierte sich wieder darauf, auf sein Anwaltsexamen hinzuarbeiten.

Schließlich wendete eine Zufallsbegegnung das Blatt erneut für ihn, diesmal endgültig. In einem Antiquariat lernte er einen pensionierten FBI-Agenten kennen, der ihm mit Vergnügen Rede und Antwort über die Bundespolizei stand und ihn ermunterte, sich dort zu bewerben. Und genau das tat er auch, sobald er sein Examen in der Tasche hatte. Seine Mutter war zwar alles andere als begeistert von der Vorstellung, dass er nach siebenjährigem Studium als »besserer Bulle«, wie sie es nannte, endete, aber Reilly wusste: Es war genau das Richtige für ihn.

Sein erstes Jahr beim FBI in Chicago, wo er im Streifendienst Erfahrungen bei der Bekämpfung von Raubkriminalität und Drogenhandel sammelte, war noch nicht ganz um, als der 26.Februar 1993 alles veränderte. An jenem Tag ereignete sich in der Tiefgarage des World Trade Center eine Bombenexplosion. Sechs Menschen kamen dabei ums Leben, über eintausend wurden verletzt. Ursprünglich hatten die Drahtzieher sogar geplant, einen Turm auf den anderen stürzen zu lassen, wobei gleichzeitig eine Cyanidgaswolke freigesetzt werden sollte. Dieses Ziel hatten sie allein aus finanziellen Gründen nicht erreicht; ihnen war einfach das Geld ausgegangen. So besaßen sie nicht genügend Benzinkanister für die Bombe, die nicht nur zu kümmerlich war, um ihren niederträchtigen Zweck zu erfüllen, sondern noch dazu neben einer Säule platziert wurde, die für die Gebäudestatik zum Glück nicht von entscheidender Bedeutung war.

Der Anschlag war zwar fehlgeschlagen, aber er war dennoch ein ernst zu nehmender Weckruf gewesen. Er führte drastisch vor Augen, dass ein Grüppchen nicht sonderlich raffinierter Terroristen mit äußerst begrenzten finanziellen und organisatorischen Mitteln gigantische Schäden anrichten konnte. Um dieser neuen Bedrohung zu begegnen, nahmen die Geheimdienste umgehend interne Umstrukturierungen vor.

Und so kam es, dass Reilly nach kaum einem Jahr im Dienst in die FBI-Zweigstelle in New York versetzt wurde. Dem New Yorker Büro eilte der Ruf voraus, die schlechtesten Arbeitsbedingungen überhaupt zu bieten; da waren die hohen Lebenshaltungskosten, die Verkehrsprobleme und der missliche Umstand, dass man, wenn man nicht gerade mit einer Besenkammer vorlieb nehmen wollte, sich eine Bleibe ziemlich weit außerhalb der Stadt suchen musste. Da aber New York nun einmal den unumstrittenen Brennpunkt der Geschehnisse im Land bildete, träumten die meisten neuen, noch blauäugigen Special Agents von einer Versetzung dorthin. Genau so ein Agent war Reilly, als er nach New York versetzt wurde.

Inzwischen war er längst nicht mehr neu, geschweige denn blauäugig.

Während Reilly sich am Tatort umschaute, hegte er nicht den leisesten Zweifel daran, dass ihn das Chaos hier für die nächste Zeit rund um die Uhr auf Trab halten würde. Er durfte nicht vergessen, am nächsten Morgen Pater Bragg anzurufen und ihm mitzuteilen, dass er das Softball-Training leider ausfallen lassen musste. Kurz bekam er ein schlechtes Gewissen deswegen; er enttäuschte die Kleinen wirklich ungern, und wenn es eine Sache gab, die er sich von seiner Arbeit möglichst nicht beeinträchtigen ließ, dann waren es diese Sonntage im Park. Zwar würde er sich vermutlich auch an diesem Sonntag im Park aufhalten, aber aus anderen, weit weniger erfreulichen Gründen.

»Wollen wir uns mal drinnen umsehen?«, fragte Aparo.

»Warum nicht.« Reilly zuckte die Achseln und ließ die unwirkliche Szenerie hinter sich.

KAPITEL 5

Reilly gewann einen ersten Eindruck von der Verwüstung im Museum, als er und Aparo sich behutsam einen Weg durch die herumliegenden Trümmer bahnten.

Raritäten von unschätzbarem Wert lagen überall am Boden verstreut, die meisten davon unwiederbringlich zerstört. Absperrungen gab es hier nicht, das gesamte Museum war ein einziger Tatort, der Boden der Großen Halle ein unschönes Stillleben der Zerstörung: Marmorsplitter, Glasscherben, Blutspuren, ein gefundenes Fressen für die Beamten von der Spurensicherung. Alles hier konnte einen Fingerzeig liefern – oder genauso gut keinen einzigen verdammten Rückschluss zulassen.

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