Secretum - Arno Mieth - E-Book

Secretum E-Book

Arno Mieth

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Beschreibung

Secretum, Das Geheimnis der Palmblattbibliothek Der hinduistische Priesteranwärter Himanshu entdeckt in der Palmblattbibliothek von Haridwar in Indien ein Palmblatt-Dokument, aus dem er Rückschlüsse auf globale, radikale politische Strömungen zieht. Er will dies seinem Lehrer Harminder mitteilen, wird aber noch in der Bibliothek ermordet und das Palmblatt geraubt. Im Todeskampf schafft es seine Seele sich Harminder mitzuteilen, bevor sie in die Zwischenwelt eintritt. Der Mörder nimmt auch den Lehrer ins Visier. Ihm gelingt allerdings die Flucht nach New Delhi und später zu seinen Freunden nach Europa, zur Allianz der Seelenwanderer, beschützt durch einen geheimnisvollen Fremden. Zeitgleich geschehen mysteriöse Angriffe und Morde im Vatikan, die von der Allianz im Zusammenhang mit dem geraubten Palmblatt gesehen werden. Auch ein Angriff auf die bevorstehende Konferenz der Weltreligionen auf amerikanischem Boden wird befürchtet. Wer steckt dahinter? Obwohl die Feinde verborgen sind, sind sie doch gefährlich nah und letztlich auch altbekannt.

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Aus dem Buch

Der hinduistische Priesteranwärter Himanshu entdeckt in der Palmblattbibliothek von Haridwar in Indien ein Palmblatt-Dokument, aus dem er Rückschlüsse auf globale, radikale politische Strömungen zieht. Er will dies seinem Lehrer Harminder mitteilen, wird aber noch in der Bibliothek ermordet und das Palmblatt geraubt. Im Todeskampf schafft es seine Seele sich Harminder mitzuteilen, bevor sie in die Zwischenwelt eintritt.

Der Mörder nimmt auch den Lehrer ins Visier. Ihm gelingt allerdings die Flucht nach New Delhi und später zu seinen Freunden nach Europa, zur Allianz der Seelenwanderer, beschützt durch einen geheimnisvollen Fremden.

Zeitgleich geschehen mysteriöse Angriffe und Morde im Vatikan, die von der Allianz im Zusammenhang mit dem geraubten Palmblatt gesehen werden.

Auch ein Angriff auf die bevorstehende Konferenz der Weltreligionen auf amerikanischem Boden wird befürchtet.

Wer steckt dahinter?

Obwohl die Feinde verborgen sind, sind sie doch gefährlich nah und letztlich auch altbekannt.

Vorwort des Autors

Liebe Leserinnen und Leser,

- Secretum - Das Geheimnis der Palmblattbibliothek - ist das zweite abgeschlossene Buch aus der Seelenwanderer-Reihe. Auch wenn es ohne Kenntnis des Vorgängerbuchs „Die Allianz der Seelenwanderer“ verstanden werden kann, habe ich mich aufgrund von Hinweisen meiner Testleser entschlossen, die Gesamthandlung des Vorgängerbuchs auf den letzten Seiten zu schildern. Eine Neuerung im zweiten Buch ist die am Anfang stehende Namensliste der handelnden Persönlichkeiten. Hilfreich sind die am Ende des Buches erklärten Begriffe, die manchem Leser beim Lesen vielleicht erstmals begegnen.

Auch in diesem Buch könnten wieder die Protagonisten mit lebenden Personen verwechselt werden. Eine festgestellte Ähnlichkeit wäre dann aber nur rein zufällig. Die gesamte Handlung ist wieder eine Fiktion wobei die Grenze zwischen Realität und Phantasie verschwimmt. Die Bibelstelle Matthäus 17: 10-13 fand ich auf Mallorca in einer aufgeschlagenen Bibel auf dem Lesepult der beschriebenen Klosterkapelle. Unter Theologen ist es allerdings umstritten, diese Textstelle als versteckten Hinweis zur Seelenwanderung zu sehen. Das alles wäre nun auch nicht weiter berichtenswert, wenn nicht mein ehemaliger Arbeitskollege, den man im Roman "Die Allianz der Seelenwanderer" mit dem Protagonisten Mike Holste verwechseln könnte, genau diese Textstelle in einer durch einen Windstoß aufgeschlagenen Bibel gefunden hätte, lange bevor wir uns kennenlernten.

Nach hinduistischem Glauben ist Haridwar eine heilige Stadt.

Die geschilderten Riten am Ganges bei Sonnenuntergang sind ein faszinierendes Erlebnis und die religiöse Offenheit gegenüber Reisenden aus dem Westen, die an der Zeremonie als Besucher teilnehmen dürfen, bleibt dann für immer in schöner Erinnerung.

Ich wünsche Ihnen nun viel Spaß und Freude beim Lesen des mystischen Romans

"SECRETUM - Das Geheimnis der Palmblattbibliothek -"

Arno Mieth

Rödermark, im Frühling 2021

Handelnde Personen im Buch

"SECRETUM - Das Geheimnis der Palmblattbibliothek"

In diesem Buch wird der komplette Name nur einmal erwähnt. Nach der Ersterwähnung wird nur noch der Vorname verwendet. Folgende Namensliste hilft bei der schnellen Zuordnung der Protagonisten. Außerdem wird darauf hingewiesen, dass im Buch die Anrede "Du" gegenüber der traditionellen Höflichkeitsform "Sie" überwiegt, auch wenn sich die handelnden Personen vorher noch nie gesehen haben. Dadurch sollen Nähe und Vertrautheit ausgedrückt werden.

Afra Omaheke,

48. Präsident(in) der Vereinigten Staaten von Amerika

Arnold Ritter,

alias Armin Laqua aus Buch 1

Aryan,

Nadi Reader der Palmblattbibliothek von Gurugram

Bartolomeo, Kardinal

Chef der Katholischen Glaubenskongregation, Nachfolger von Kardinal Giovanni

Benedikt, Pater,

Abt des Klosters San Francisco de Asis aus Buch 1

Carlo Luzern

Chef und Kommandant der Schweizergarde

Dani Halevi,

Mossad Agentenführer in USA

Ellen Scholze,

alias Bianca Cicerone aus Buch 1, jetzt Psychologin und Ehefrau von Tobias

Emma

Wirtin in einer Kneipe in Dresden

Ephraim Goldstein,

Mossad Agentenführer in Deutschland

Eva Schmidt

alias Dr. Stefanie Schmidt aus Buch 1, Psychologin

Giovanni, Kardinal,

Chef der Katholischen Glaubenskongregation

Himanshu Singh,

Hindu Schüler des Klosters der Manasa Devi

Hank Milton,

Reinkarnation von Konrad Beste aus Buch 1

Harminder Amanpreet,

Lehrer von Himanshu

Harry Onelli,

Reinkarnation von John F. Kennedy aus Buch 1

Harvey Truth,

Professor für altindische Geschichte

Heiko von Wewel,

der Unbekannte, Retter von Harminder

Henricus, Kardinal

Camerlengo von Papst Sharma

Isser Modekai,

Chef der Mossad-Forschungsabteilung

Isak Eisenstein alias Willi Ollte,

Informant des Mossads in der rechten Szene Dresdens

Jessica,

Telepathin aus Buch 1

Kathleen Ritter,

Arnolds Ehefrau, alias Katharina Laqua aus Buch 1

Ludmilla,

Tochter von Torben und Ellen, Reinkarnation von Ludmilla van Dyke, aus Buch 1

Luke Sutter

Reinkarnation von Charles Foller aus Buch 1

Lukas,

Sohn von Torben und Ellen, Reinkarnation von Pater Lukas Jung aus Buch 1

Max,

reinkarnierter SS-Offizier

Meir Silbereisen,

Mossad Agentenführer in Italien

Melchior, Kardinal

Kardinalstaatsekretär, "Außenminister" des Vatikans

Nachum Chawit,

Mossad Agentenführer im Großraum New Delhi

Neru, Kardinal

Privatsekretär von Papst Sharma

Peter Schill

alias Mike Holste aus Buch 1

Sam Udall,

Reinkarnation von John Mulder aus Buch 1

Sharma

Papst, 2028 gewählt

Tamir Harel,

Botschafter Israels und Mossad Agent in Italien und im Vatikan

Tobias Scholze,

angeblicher Zwillingsbruder von Torben Scholze, aus Buch 1, persönlicher Leibwächter des Papstes

Tzwi Pardo,

Mossad, Mathematiker und Experte für Weltreligionen und Grenzgebiete

Vinayak,

ein Freund Himanshus

Willi Ollte alias Isak Eisenstein,

Informant des Mossads in der rechten Szene Dresdens

Inhaltsverzeichnis

2034

Aus dem Tanach, Buch der Sprichwörter

Prolog - 2034 - Schlachtfeld Erde

Juli 2034, Indien, Haridwar, Palmblattbibliothek

Juli 2034, Indien, Haridwar, Abendzeremonie am Ganges

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Friedhof der Namenlosen

Juli 2034, Indien, Haridwar, Palmblattbibliothek der Tempelanlage Manasa Devi

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Norddorf, Café Strunwai

Juli 2034, Indien, New Delhi, Stadtteil Old Delhi

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Nebel

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikanische Audienzhalle

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikan, Kongregation für die Glaubenslehre

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikan, Casa Sanctae Marthae

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikan, Palast der Kongregation für ie Glaubenslehre und Petersdom

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikan, Wohnung von Tobias

Juli 2034, Indien, New Delhi, Stadtteil Old Delhi

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Nebel

Juli 2034, Italien, Rom, Vatikan, Büro von Papst Sharma

Juli 2034, Italien, Rom, Hotel Roma Antica

Juli 2034, USA, Washington, Weißes Haus, Oval Office

Juli 2034, Italien, Rom, Hotel Roma Antica

Juli 2034, USA, Kalifornien und Death Valley

Ende Juli 2034, Israel, Tel Aviv-Jaffa, Mossad-Zentrale

August 2034, Italien, Rom, Vatikan

August 2034, Mallorca, Santanyi

August 2034, Italien, Rom, Vatikan

Anfang August 2034, Deutschland, Dresden

August 2034, Italien, Rom, Vatikan

August 2034, Israel, Haifa

August 2034, Israel, Tel Aviv-Jaffa, Mossad-Zentrale

August 2034, USA, Washington, Weißes Haus, Oval Office

August 2034, Israel, Haifa

August 2034, USA, Mittlerer Westen

August 2034, Italien, Rom, Vatikan

August 2034, USA, Washington, Weißes Haus, Büro von Harry

August 2034, Belgien, Nato Hauptquartier in Brüssel

August 2034, USA, Boston, International Airport

August 2034, Italien, Rom, Vatikan

August 2034, USA, Mittlerer Westen und Europa

September 2034, Italien, Rom, Vatikan, Flug in die Vereinigten Staaten

September 2034, USA, Boston

September 2034, USA, Death Valley, Furnace Creek Well

September 2034, Indien, Gurugram, Palmblattbibliothek

September 2034, Israel, Mossad-Hauptquartier

September 2034, Italien, Vatikan

September 2034, Italien, Castel Gandolfo

Oktober 2034, USA, Dallas – Waco, Italien - Rom

Oktober 2034, USA, Washington, Weißes Haus

November 2034, Italien, Vatikan

November 2034, Israel, Mossad-Hauptquartier

November 2034, Italien, Vatikan

21. November 2034, USA, Boston/Cambridge

21. November 2034, Israel, Mossad Hauptquartier

22. November 2034, USA, Boston/Cambridge

22. November 2034, Israel, Mossad Hauptquartier

23. November 2034, USA, Boston/Cambridge

23. November 2034, Israel, Mossad Hauptquartier

23. November 2034, USA, Boston/Cambridge

23. November 2034, USA, Boston/Cambridge

24. November 2034, USA, Boston/Cambridge

24. November 2034, USA, Texas, Dallas

Dezember 2037, Deutschland, Amrum, Friedhof der Namenlosen

2034

22 Jahre nach den Ereignissen im Death Valley

Für alle,

die es immer noch nicht wissen

und

auch für jene,

die es schon lange besser wissen

Aus dem Tanach, Buch der Sprichwörter

Leitspruch des Mossads

Wo nicht weiser Rat ist, da geht das Volk unter, wo aber viele Ratgeber sind, findet sich Hilfe.

Matthäus 17: 10-13

Über die Wiederkunft des Elija

Da fragten ihn die Jünger: "Warum sagen denn die Schriftgelehrten, zuerst müsse Elija kommen?" Er gab zur Antwort: "Ja Elija kommt und er wird alles wiederherstellen." Ich sage euch aber: "Elija ist schon gekommen, doch sie haben ihn nicht erkannt, sondern mit ihm gemacht, was sie wollten. Ebenso wird auch der Menschensohn durch sie leiden müssen."

Da verstanden die Jünger, dass er zu ihnen von Johannes dem Täufer sprach.

Katharina von Genua, 1457 - 1510

Traktat über das Fegefeuer

„....Wenn sich eine Seele in der Läuterung dem Zustand nähert, in welchem sie ursprünglich von Gott rein und lauter geschaffen worden ist, so wird jener beseligende zu Gott hin gewandte Drang wieder freigelegt und wächst mit solcher Vehemenz und solcher Glut der Liebe, die diese Seele zu ihrem letzten Ziel hinzieht, dass es ihr unerträglich erscheint, noch weiter gehindert sein zu müssen ..."

Prolog 2034 - Schlachtfeld Erde

Im Jahre 2034 schien die Erde in weiten Teilen befriedet.

Die Konflikte im Nahen Osten waren beigelegt und die moslemischen Kämpfer des IS hatten alle Waffen abgeliefert, nachdem man ihnen eine totale Amnestie für alle Kriegsverbrechen zugesichert hatte. Im Friedensvertrag von Gaza hatten alle arabischen Länder den Staat Israel anerkannt, nachdem Israel sich hinter die Grenzlinien von 1967 zurückgezogen hatte. In Indien war man auf einem guten Weg, die Probleme zu lösen, die aufgrund des Kastensystems immer wieder entstanden und der Konflikt mit Pakistan war weitgehendst durch Vermittlung der UNO entschärft worden. Die chinesische Regierung versuchte immer wieder, ihre Bürger mit liberalen Reformen zu beruhigen. Russland trat 2030 in die NATO ein und bildete zusammen mit Westeuropa und den USA eine Macht, die sich verstärkt der Erforschung des Weltalls, der Erschließung neuer Lebensmittelressourcen für die Weltbevölkerung sowie der wirtschaftlichen Entwicklung des afrikanischen Kontinents widmete. Und trotz dieser erfreulichen Gesamtsituation war die Erde nur scheinbar befriedet. Immer wieder kam es zu Auseinandersetzungen mit dem unergründlich "Bösen". Man konnte es immer noch nicht packen, bekam immer nur die Auswirkungen der Taten zu spüren. Immer wieder wurde auf geheimnisvolle Weise versucht, den Frieden zu untergraben. Die großen Tageszeitungen der Erde berichteten von diesen Konflikten, aber es waren keine großen Schlagzeilen, manchmal wurden sie sogar übersehen und doch bargen sie gewaltigen Zündstoff, der den Weltfrieden gefährdete.

The Times of India berichtete zum Kaschmir-Konflikt:

Blutige Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Moslems in der Region Kaschmir. Führer beider Religionen und die indische Regierung sind machtlos. Es deutet sich aber an, dass der Konflikt von Unbekannten angeheizt wird….

The Jerusalem Post schrieb:

Obwohl Israel-Palästina mit dem Vertrag von Gaza befriedet wurde, werden immer wieder in Jerusalem blutige Terrorüberfälle auf Moslems, Juden und Christen verübt. Mossad und arabische Geheimdienste versuchen gemeinsam, das verantwortliche Netzwerk zu ergründen. Beide Geheimdienste verlieren immer wieder ihre Spitzenagenten durch Mordanschläge….

Le Monde:

Die Kathedrale von Notre Dame fällt nach 2019 und der nachfolgenden Restauration erneut einem Brand zum Opfer. Europol ermittelt, jedoch fallen die ermittelnden Staatsanwälte Attentaten zum Opfer….

Berliner Morgenpost schockierte ihre Leser:

Bei einem Giftgasanschlag in der Berliner U-Bahn während der "Rushhour" kommen über 200 Menschen zu Tode. Ein Bekennerbrief einer islamischen Sekte löst Massenproteste mit bürgerkriegsähnlichen Folgen aus. Tage später erweist sich der Bekennerbrief als eine Fälschung. Die Urheber der Fälschung und des Anschlages können nicht ermittelt werden. Das Misstrauen zwischen Moslems und Christen ist gesät….

USA Today berichtete in einer Sonderausgabe detailliert:

Ein Bombenanschlag auf das neue World Trade Center erschüttert die USA. Ein Bekennerbrief einer südamerikanischen Untergrundorganisation namens "Gefolgschaft Moses" löst pogromartige Zustände gegen jüdische Institutionen aus….

Daily Independent Nigeria meldete:

Ein hochmodernes Kraftwerk in Mittelnigeria wird durch Bombenanschläge zerstört. Ein gefälschtes Bekennerschreiben einer Kampfgruppe aus dem Volksstamm der Yoruba erzeugt bürgerkriegsähnliche Zustände in der Hauptstadt Abuja. Die Ölfelder im Süden des Landes werden bestreikt und der Ölpreis steigt….

Tass:

Ein Faschist einer angeblichen Terrorgruppe "Deutsche Arier" ermordet den Metropoliten von Moskau, Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche Russlands. Das Attentat erzeugt Spannungen zwischen Deutschland und Russland. Demonstranten werfen Molotow-Cocktails gegen die deutsche Botschaft in Russland. Es wird ermittelt, dass der Attentäter geistesgestört sei….

Shanghai Daily:

Auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking demonstrieren Studenten jeden Freitag für die Freiheit von Forschung, Lehre und Religion. Die Anzahl der Demonstranten wächst von Woche zu Woche. Überall im Land regt sich Widerstand. Die Armee ist in Alarmbereitschaft gesetzt und es werden Blutbäder erwartet….

*

Ein abgedunkelter Raum auf einer Farm im mittleren Westen der USA.

Draußen schien die Sonne unbarmherzig auf das Flachdach und hatte so die Raumtemperatur steigen lassen. Die Klimaanlage arbeitete mit maximaler Stärke und der Summton der Anlage strapazierte die Ohren der neun Personen am ovalen Konferenztisch in der Mitte des Raumes. Nervös und unbewusst tupften sie sich immer wieder den Schweiß aus dem Gesicht, während sie gebannt auf einen großen Bildschirm blickten, von dem ihr "Anführer" sprach.

"Es wird Zeit, dass diese Erde wieder mehr erschüttert wird. Die letzten Anschläge lassen hoffen, ja es läuft sogar gut für uns. Wir machen es besser als noch vor hundert Jahren. Diesmal werden wir siegen, nachdem wir die Weltreligionen und etablierten Staaten ins Chaos gestürzt und Misstrauen und Angst gesät haben. Danach wird eine reinrassige weiße Elite den Planeten in eine glorreiche Zukunft führen. Alle anderen minderwertigen Rassen werden versklavt werden oder müssen den Weißen dienen. Wer von den Weißen aber nicht für unsere Sache ist, wird auch vernichtet werden. Wir agieren weiter aus dem Untergrund und weisen unsere Handlanger an. Jeder, der uns und unserem Geheimnis zu nahekommt, muss erledigt werden. Es gibt in dieser Hinsicht beunruhigende Nachrichten aus Indien und Rom. Wer kümmert sich darum?"

Zwei Zuhörer schreckten auf und einer presste eine kurze Antwort hervor.

"Einer unserer besten Killer ist schon unterwegs."

Juli 2034, Indien, Haridwar, Palmblattbibliothek

Indien, mystisches Land, Land der Religionen. Die Palmblattbibliothek war der Tempelanlage der Manasa Devi, der Göttin der Schlangen, angegliedert und auf einem Hügel oberhalb der Pilgerstadt Haridwar gelegen, eine der sieben heiligen Städte Indiens. Sie war nicht zu vergleichen mit den billigen Attrappen, die oft in touristisch hoch frequentierten Orten wie Pilze aus dem Boden schossen. Dort wurde den Touristen nämlich für viel Geld systematisch Unsinn verkauft. In den seriösen klösterlichen Bibliotheken ruhte aber das Wissen von Jahrhunderten, sogar von Jahrtausenden. Die Palmblattbibliothek in der Tempelanlage von Haridwar war ein zweistöckiges Gebäude aus Stein. Im Innern stapelten sich einmal abertausende Palmblätter, aber auch modernste Computer, Scanner und Kopiergeräte waren im Einsatz. Jedes Zimmer wurde durchdrungen vom beißenden Geruch eines Malariamücken-Insektizids, was auch im Indien des 21. Jahrhunderts nicht unüblich war.

Gelehrte, Rishis genannt, sollen vor 7000 Jahren die Geschichte und die Zukunft der Menschheit und auch aller Individuen auf Palmblätter niedergeschrieben haben. Alle 500 bis 700 Jahre mussten früher diese Palmblätter in mühevoller Kleinarbeit immer wieder händisch kopiert werden, da der Inhalt sonst unwiederbringlich verlorengegangen wäre. Die Kopierarbeiten hatten damals schriftgelehrte Priester oder auch Priesteranwärter übernommen. Himanshu Singh hatte es im 21. Jahrhundert schon einfacher. Seine gegenwärtige Aufgabe war das Kopieren der Palmblätter. Zwar beherrschte er als Hindu-Schüler und Priesteranwärter das alte Sanskrit der Palmblätter und konnte es folglich auch mühelos auf frische Palmblätter in Schriftform übertragen, aber die Moderne hatte auch schon seit langem Einzug in die Hinduklöster Indiens gehalten. So kopierte und scannte er die Palmblätter nun schon seit geraumer Zeit und vertiefte sich dabei manchmal lesend in sie.

Himanshu gönnte sich eine Pause, schaute träumend aus dem Fenster der Bibliothek und dachte an den Gründungsmythos von Haridwar und seines Klosters, während er eine Kumbh Mela Prozession beobachtete, die sich mühsam durch den Monsunregen zum Ganges hinschlängelte. Die alle 12 Jahre in Haridwar stattfindende Kumbh Mela, das größte und wichtigste Fest im Hinduismus, bedeutete "Fest des Kruges" und erinnerte an die Gründung Haridwars. In vedischen Überlieferungen wurde erzählt, dass Götter und Dämonen durch das sogenannte "Quirlen des Milchozeans" den Nektar der Unsterblichkeit herausfilterten, welcher von Dhanvantari, dem Arzt der Götter, in einem Krug davongetragen wurde. Dabei kam es zu einem Streit und vier Tropfen des Unsterblichkeitsnektars Amrita fielen auf die Erde. An den vier Stellen entstanden die Städte Haridwar, Allahabad, Ujjain und Nashik, in denen fortan abwechselnd alle drei Jahre die Kumbh Mela zelebriert wurde.

Himanshu war ein Lieblingsschüler seines Lehrers Harminder Amanpreet und deshalb auch schon frühzeitig in die bewusste Seelenwanderung eingeweiht worden. Er hatte auch schon lange den posthypnotischen Befehl verinnerlicht, sich zwanzig Jahre nach seiner Wiedergeburt hier im Kloster wieder einzufinden, um der Menschheit und der "Guten Seite" weiter zu dienen. Auch das ging Himanshu in diesen Minuten durch den Kopf.

Plötzlich drückte ein Windstoß ein Fenster auf. Der Monsun zeigte sich von seiner hässlichsten Seite und hämmerte schon stundenlang aufs Dach der Palmblattbibliothek. Die Regenrinnen konnten die Wassermassen nicht mehr fassen, so dass Sturzbäche über das Dach hinausschossen. Ein neuer Windstoß beförderte einen Schwall Regenwasser durch das offene Fenster ins Innere des Kopierraumes und durchnässte einen Stapel Palmblätter. Himanshu begann zu fluchen. Ein Blick auf das nasse Desaster ließ ihn jedoch innehalten.

Er verharrte beinahe regungslos. Nur seine Augen wanderten über die raue Oberfläche eines Originals. Immer wieder schaute er sich die abgebildeten Symbole an, las die Textstellen durch und fragte sich auch immer wieder, ob er sich nicht irrte. Nach mehreren Minuten war er sich sicher, er hatte gefunden, was er schon so lange suchte. Er musste unbedingt seine Entdeckung seinem Lehrer und Förderer Harminder mitteilen.

Er stellte das Palmblatt wieder ins Regal, denn er wollte kein Original mitnehmen. Gerade als er das Licht im Kopierraum löschen wollte, ging es von selbst aus. Auch der Kopierer schaltete sich ab, wie von Geisterhand betätigt. Himanshu hörte den Regen prasseln und den Wind pfeifen, gespenstig und unheimlich. Eine Tür im Hintergrund knarrte und eine Gestalt huschte herein. Himanshu war irritiert, denn er wähnte sich alleine.

"Hallo, wer ist da?"

Eine Stimme antwortete fast unhörbar, zynisch, gepresst.

"Mein Name wird dich nicht größer interessieren. Ich beobachte und lese in deinen Gedanken schon seit längerer Zeit. Du bist neugierig, zu neugierig."

Himanshu konnte nicht sehen, wie der Unbekannte eine Pistole mit Schalldämpfer aus kurzer Entfernung auf ihn richtete.

"Was willst du von mir?"

Die Antwort war kurz, eiskalt.

"Nicht viel. Du sollst deine Entdeckung für dich behalten und deshalb musst du sterben."

Bevor Himanshu erschrecken oder überhaupt etwas erwidern konnte, zog die Gestalt ungerührt den Abzug der Pistole durch. Ein schallgedämpftes "Plopp" war alles, was Himanshu in diesem Leben noch hörte. Er hatte noch nicht einmal Mündungsfeuer gesehen. Das Projektil verließ fast lautlos den Lauf der Pistole, bohrte sich in seinen Brustkorb und zerschmetterte das Brustbein. Knochenfragmente zerfetzten das dahinter liegende Herz. Himanshu fühlte, wie sein Herz außer Takt geriet. Das Atmen fiel ihm schwer, so schwer, als ob ein großes Gewicht auf seiner Brust lastete. Kalter Schweiß brach ihm aus und Todesangst erfasste ihn, obwohl er wusste, dass er wiedergeboren werden würde. Sein Körper sackte zusammen und aus seinem Mund quoll Blut, während seine Augen erschrocken im Dunkeln nach dem Mörder suchten. Der Killer ging zum Regal und suchte nach dem Palmblatt, das Himanshu gerade gelesen hatte. Ob er es schon gefunden hatte, konnte Himanshu im Todeskampf nicht erkennen. Ohne nochmals nach seinem Opfer zu schauen, entfernte sich der Eindringling.

Himanshu bemerkte, wie sich seine Seele langsam vom Körper löste und hinauf zur Decke schwebte. Er sah sich trotz Dunkelheit in einer Blutlache liegen. Seine Seele hatte vor, Harminder über den Fund auf dem Palmblatt zu informieren, bevor sie in den Tunnel zur Zwischenwelt eintauchen würde. Sie durchdrang die Wände der Palmblattbibliothek und entfernte sich hinunter zum Ganges. Sie war noch über ein silbrig glänzendes Band mit dem Körper verbunden. Erst wenn dieses Band sich vom Körper lösen würde, müsste sie in den Tunnel zur Zwischenwelt eintauchen. Himanshus Seele wollte diese Chance nutzen. Unter tausenden Pilgern erkannte die Seele Harminder, wie er gerade in der abendlichen Zeremonie die Sonne verabschiedete und Fackeln rituell um seinen Oberkörper rotieren ließ. Himanshus Seele schmiegte sich immer enger an Harminders Kopf. Sie musste es schaffen, in den Geist Harminders einzudringen und ihm die Entdeckung mitteilen. In dieser letzten Anstrengung sah Himanshu jetzt nicht mehr die vielen, sich andächtig verneigenden Gläubigen, die im Ganges kleine brennende Kerzen auf großen Blättern ins Wasser setzten.

*

Juli 2034, Indien, Haridwar, Abendzeremonie am Ganges

Harminder war vierzig Jahre alt und hatte, wie die meisten Hindu Priester, eine dreißig jährige Studienzeit der heiligen Bücher, der Veden, absolviert. Seine schlanke Figur war ein Produkt der asketischen Lebensweise, die er während seines Studiums verinnerlicht hatte. Dunkle Haut um die Augen ließ erahnen, in welche transzendenten Tiefen er schon meditierend eingetaucht war.

Harminder stand am Ufer des Ganges. Er spürte, dass etwas nicht stimmte, denn er bekam urplötzlich Kopfschmerzen. Die Umgebung veränderte sich und wich einem diffusen hellen Licht. Er sah Himanshu vor sich, wollte ihn begrüßen, doch er konnte ihn nicht anfassen. Seine Hand durchdrang Himanshu, der ihm zuwinkte und den Mund öffnete, so als ob er ihm etwas mitteilen wollte. Da, ein fremder Gedanke in seinem Kopf, der ihn wie ein Hammerschlag auf einen Amboss traf.

"Sei nicht traurig, Harminder. Ich bin in der Palmblattbibliothek erschossen worden. Gerade als ich mich zu dir aufmachen wollte, mit einer umwerfenden Entdeckung. Mein Mörder sagte mir, er hätte mich schon lange beobachtet und in meinen Gedanken gelesen. Er kam zu mir, um mich zu töten, denn meine Entdeckung sollte niemand erfahren. Palmblatt Nr. 34 600..... Hier ist meine Entdeckung…. Ich teile sie mit dir".

Harminder konnte vor seinem geistigen Auge mehrere Swastikas, in Europa Symbole der Nazis, in Indien Symbole des Glücks, erkennen, dann undeutlicher offenbar Namen, ein Horusauge und das Ankh-Henkelkreuz aus der ägyptischen Mythologie. Symbole, die seit Jahrtausenden für ein Leben nach dem Tod standen. Dann folgte Sanskrittext, den er jedoch nicht so schnell entziffern konnte. Das Licht in Harminders Wahrnehmung steigerte sich urplötzlich zu einem blitzenden Inferno.

Harminder bemerkte, wie sich der Geist des Freundes aus ihm zurückzog. Das Palmblatt löste sich auf, war nicht mehr zu erkennen. Er sah nun Himanshu, wie er sich immer schneller und immer weiter zum Horizont entfernte, wo sich ein schwarzer runder Tunnel mit einem Lichtpunkt im Zentrum öffnete. Himanshu verschwand darin, wie ein Schwimmer in einem Wasserstrudel. Der Tunnel mit dem Lichtpunkt schloss sich so schnell, wie er gekommen war und Harminder befand sich wieder mit allen Sinnen am Ganges, mitten unter den Gläubigen in der Abendzeremonie. Er machte sich Sorgen um Himanshu, zog sein Handy hervor und wählte seine Nummer. Nur der Anrufbeantworter antwortete ihm. Harminder wählte die Notrufnummer. Er beschloss, schnellstens nach der Zeremonie nach seinem Schüler in der Palmblattbibliothek zu schauen.

*

Schon von weitem erkannte er, dass die Gegend um die Palmblattbibliothek in rotierendes Blau- und Gelblicht der Einsatzwagen von Polizei, Notarzt, Rettungsdienst und Forensik getaucht war. Er brauchte die Polizisten gar nichts mehr zu fragen. Mit versteinerter Miene sah er, wie zwei Forensiker einen zugedeckten Körper auf einer Bahre aus dem Gebäude trugen. Er bedeutete den beiden anzuhalten. Harminder hob die Leichendecke kurz hoch und blickte in Himanshus starre, tote Augen.

*

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Friedhof der Namenlosen

"Mojn, Arnold."

"Mojn, mojn", grüßte Arnold freundlich zurück, als er von einem Gärtner der Gemeinde Nebel auf dem Friedhof mit dem Vornamen gegrüßt wurde. Das war anfangs nicht so, kurz nach seinem Umzug aus dem Vatikan hierher auf die Insel Amrum, denn er hatte sich damals nur langsam an seine neue Identität 'Arnold Ritter' gewöhnt und reagierte deshalb nicht immer sofort auf den neuen Namen. Heute dachte Arnold kaum noch an seinen ursprünglichen Namen, Armin Laqua, wohl aber an die Umstände und Abenteuer, die er vor gefühlt sehr langer Zeit zu bestehen gehabt hatte. Er zog sich dann oft alleine auf den Friedhof der Namenlosen zurück. Hier fand er Ruhe und ließ seine Gedanken schweifen, nach USA, ins Death Valley, ins "Lost 49er Documentation Center", nach Haridwar in Nordindien, ins Hindu-Kloster der Tempelanlage der Manasa Devi oder auch zu seinen Fluchtgefährten von damals, die alle nach den Ereignissen im Death Valley, mit neuen Namen versehen, untergetaucht waren. Dabei berührte er immer noch den Talisman aus dem Dorf der San, der ihn nun schon 22 Jahre gegen telepathische Angriffe der diabolisch "Bösen Seite" schützte.

Das Hindu-Kloster wurde von Arnolds Freund Harminder geleitet. Arnold konnte sich noch genau daran erinnern, wie die freundschaftlichen Bande geknüpft worden waren. Es war kurz vor seiner Ausreise aus dem Vatikan, als Monsignore Adam, der damalige Chef der "Forschungsgruppe Seelenwanderung" der Glaubenskongregation, zu ihm gekommen war und einen Leserbrief Harminders zeigte, der sich mit der ganzseitigen Trauer-Anzeige in der indischen Tageszeitung "The Times of India" befasste. Darin fragte er, wer sich wohl hinter der "Allianz der Seelenwanderer" verberge, wohl in der Hoffnung, dass eine Kontaktaufnahme irgendwie zustande kommen würde.

Das Echo in Deutschland war damals für Arnold, wie erwartet, gering gewesen. Es meldete sich niemand aufgrund der Anzeige zu Wort. Er hatte diese Reaktion geahnt, kannte er doch seine Landsleute und die Abneigung der meisten, sich mit dem Tod auseinanderzusetzen.

Ganz anders in den USA, die großen Fernsehsender berichteten wochenlang abwechselnd über das Thema Seelenwanderung, versuchten Brücken zu den Weltreligionen zu schlagen und besuchten natürlich auch das Death Valley. Schnell fanden die Reporter die Verbindung Traueranzeige - Grubenunglück - Lost 49er Documentation Center heraus. Hank und Luke hatten damals alle Mühe, keinen Verdacht aufkommen zu lassen, dass das Center Teil der Allianz sei. Als sich der Medienrummel wieder etwas gelegt hatte, tauchten vereinzelt Menschen auf, die von sich behaupteten, reinkarniert zu sein. Vereinzelt stimmte es, aber auch viele

Sonderlinge und Möchtegerns fanden den Weg. Einige überprüfte Seelenwanderer blieben sogar in Furnace Creek Well und verstärkten das Team um Hank und Luke, die 2025 im stolzen Alter von 106 Jahren eines natürlichen Todes in Furnace Creek Well starben.

Harry Onelli und Sam Udall agierten zunächst weiterhin von Sedona aus, hielten aber engen Kontakt mit Pater Benedikt, Abt des Klosters San Francisco de Asis, dem Documentation Center und auch von Zeit zu Zeit mit Arnold. Später wechselten sie in den Beraterstab der US-Präsidentin.

Arnolds Freund Peter Schill, alias Mike Holste, lebte wahrscheinlich nicht mehr. Angeblich fiel er fünf Jahre nach den denkwürdigen Ereignissen im Death Valley einem Attentat der Terrorgruppe Kobo Ramha in Nigeria zum Opfer. Sein Auto war in der Nähe der mittelnigerianischen Stadt Ajaokuta in die Luft gesprengt worden. Er war aber nie für tot erklärt worden, denn seine Leiche blieb unauffindbar. Die örtliche Polizei hatte vermutet, dass er sich verletzt in den Busch geschleppt hatte und dort seinen Verletzungen erlag. Arnold wollte sich der Vermutung der Polizei nicht anschließen und so hoffte er immer noch insgeheim, irgendwann doch noch ein Lebenszeichen von Peter zu erhalten.

Zu Tobias, alias Torben und Ellen, alias Bianca, hatten Arnold und Kathleen, alias Katharina, immer dann Kontakt, wenn sie Rom besuchten. Ihre Kinder, Ludmilla und Lukas, sahen denen in der Borax Mine Umgekommenen nicht nur ähnlich, sie äußerten und bewegten sich auch wie diese. Ellen und Tobias vermuteten seit der Geburt der Kinder, dass beide die Reinkarnationen der Getöteten waren, wollten sie aber nicht durch Andeutungen beeinflussen. Sie fühlten sich wohl im Vatikan, wobei Tobias als persönlicher Leibwächter des Papstes auch tiefe Einblicke in die Probleme der Leitung der römisch-katholischen Kirche bekam, denn er wich auf Wunsch des Papstes so gut wie nie von dessen Seite. Er ging auf in der Aufgabe, den Papst vor allen Angriffen der "Bösen Seite" innerhalb und außerhalb des Vatikans zu schützen.

Arnold und Kathleen reisten öfters nach Mallorca, wenn die Winter auf Amrum zu trübe und kalt waren. In Mallorca trafen sie sich mit Eva, alias Dr. Stefanie Schmidt, selbst 22 Jahre nach den Kämpfen in der Borax Mine immer noch unter Einhaltung größter Vorsichtsmaßnahmen. Die "Böse Seite" sollte auch nicht per Zufall von dieser Verbindung auf Mallorca erfahren. Eva war es in Mallorca sogar gelungen, ein kleines Zentrum für psychologische Hilfe "New Spirit" aufzubauen. In diesem Zentrum fanden sich einige Seelenwanderer aufgrund der Trauerdanksagung aus dem Jahre 2012 ein.

*

Juli 2034, Indien, Haridwar, Palmblattbibliothek der Tempelanlage Manasa Devi

Harminder sah dem Leichenwagen nach, als er von einem Polizisten angesprochen wurde.

"Kannten Sie das Opfer?"

Er schüttelte den Kopf, was in Indien, ein klares "Ja" bedeutet. "Ja, ich kannte ihn sehr gut. Er war einer meiner besten Schüler, neugierig und wissbegierig. Ich habe auch den Notruf gewählt und die Polizei informiert, war da aber noch der Hoffnung, mich geirrt zu haben."

"Sie hatten also den Notruf aufgrund einer Ahnung gewählt?".

Harminder bejahte auch diese Frage des Polizisten, ohne Details der Begegnung mit seinem Schüler auf der Astralebene zu nennen, denn auch im Indien des 21. Jahrhunderts entfernten sich die Menschen immer mehr von der Welt des Übernatürlichen. Der Polizist hakte nach.

"Nach ihren Angaben waren Sie unten am Ganges, als Sie den Notruf sendeten. Waren Sie den ganzen Abend dort oder waren Sie vorher noch in der Bibliothek? Verzeihen Sie, wenn Sie sich nun verdächtigt fühlen, aber ich muss das fragen."

Harminder gab bereitwillig Antwort, war aber mit seinen Gedanken schon wieder bei seinem toten Schüler.

Er dachte an die letzten Wochen, als Himanshu immer wieder, wie besessen, nach den Ursachen des Bösen in der Welt geforscht hatte. Viele Nächte hatten sie zusammengesessen und Neuigkeiten analysiert, die täglich über das weltweite Internet auf die Bildschirme der Computer gesendet wurden. Sie diskutierten über das Rad der Geschichte, das es ja nach Aussagen der Philosophen nicht geben sollte, aber oft genau so empfunden wurde. Was hatte der Freund entdeckt? Warum brachte man ihn zum Schweigen, wer steckte dahinter? Harminder nahm sich vor, gleich am nächsten Tag die Bibliothek aufzusuchen und das Palmblatt Nr. 34 600 zu studieren. Jetzt aber war er zu erschöpft und am Ende. Er wollte nur noch zurück ins Kloster. Auf dem Weg zu seiner Kammer überlegte er, mit wem Himanshu noch über die Ursachen des Bösen diskutiert haben könnte. Ihm fiel nur noch Vinayak ein, ein weiterer Schüler und zugleich Freund Himanshus. Ihn wollte er morgen mit in die Bibliothek nehmen.

*

Harminder wachte lange nach Mitternacht auf. Ein ungewöhnliches Geräusch hatte ihn geweckt. Da, eine zerbrechende Fensterscheibe und ein Grollen aus den Nachbarräumen. Stöhnen und Schreie. Feuermelder heulten los. Harminder stolperte wie elektrisiert aus dem Bett. Sein Atem ging schwer und seine Brust schnürte sich zusammen. Er wollte das Licht anschalten, aber die elektrischen Leitungen führten keinen Strom mehr. Er schaute aus dem Fenster in den Hof. Flammen schossen aus allen umliegenden Gebäuden, auch die Palmblattbibliothek brannte lichterloh. Verzweifelte Menschen versuchten, sich aus den Fenstern abzuseilen. "Schnell raus hier", war sein verzweifelter Gedanke.

Eine Feuer- und Qualmwand hinderte ihn jedoch daran über den Flur zu entkommen. Er rannte ins Bad und hielt ein Badetuch unter den Wasserstrahl der Dusche, warf es über den Kopf, packte seine Umhängetasche samt Handy, Ausweis, Kreditkarte und etwas Bargeld und stürmte aus dem Zimmer, ins flammende Inferno des langen Flurs. In einem der Nachbarzimmer sah er Vinayak durch die offenstehende Tür bewegungslos in einer riesigen Blutlache auf dem Boden liegen. Harminder rannte in das Zimmer. Er drehte ihn um und blickte in tote Augen. Der Kopf stand so grotesk ab, dass der Genickbruch nicht zu übersehen war. Neben dem Kopf lag ein blutiges Stück Fleisch. Als er erkannte, dass der Mörder Vinayak die Zunge herausgeschnitten hatte, begann er zu würgen. Den Brechreiz unterdrückend schloss er dem Toten die Augen, sprang auf und hetzte dem Notausgang entgegen. Er wähnte sich schon in Sicherheit, als er mit voller Wucht gegen den Notausgang prallte, dieser sich aber nicht öffnete. Verzweiflung packte ihn. Gerade als er aufgeben wollte, öffnete sich die Notausgangstür doch noch. Vor ihm stand ein Fremder, mit einem hellen nassen Umhang, das Gesicht nicht zu erkennen. Harminder wurde ins Freie gezogen, geschüttelt und angeschrien, um nicht das Bewusstsein zu verlieren.

"Du musst untertauchen. Die Tore der Hölle haben sich geöffnet. Ein Killer tötet alle, die hinter das Geheimnis des Palmblattes kommen. Er tötet auch alle, die über die Existenz des Palmblatts Bescheid wissen."

Gerade als Harminder etwas fragen wollte, peitschten Schüsse auf. Der Fremde warf sich schützend auf ihn.

"Verschwinde, ich bleibe hier und halte dir den Rücken frei. Vergiss nicht, die Tore der Hölle sind offen. Warne alle Seelenwanderer."

Harminder rappelte sich auf und rannte hinunter in die Altstadt Haridwars.

*

Wie vom Teufel gehetzt rannte er durch die Altstadt in Richtung Ufer des heiligen Ganges. Er wollte am nächsten Morgen mit einem Flusstaxi über die südliche Stadtgrenze hinaus, um sich über Land entlang der Verbindungsstraße nach New Delhi durchzuschlagen und seine Freunde weltweit zu informieren. Am Flussufer angekommen, mischte er sich unter die vielen Pilger und Händler, die am Ufer campierten oder laut feilschend Geschäfte machten. Bäume und dichtes Buschwerk säumten den Uferstreifen und so konnte er in der Nähe einer Anlegestelle für Flusstaxis gut versteckt zur Ruhe kommen.

Bei Sonnenaufgang wurde Harminder vom Lärm der euphorisierten Pilger um ihn herum geweckt. Sie befanden sich in Aufbruchstimmung und würden bald den Heimweg zu ihren Familien antreten. Es dauerte einige Zeit, bis er ganz wach war. Der beginnende Tag verhieß wieder große Hitze und auch erneute Monsunregenfälle. Harminder wollte deshalb bis zum Abend New Delhi erreicht haben, um dort alle Spuren, die zu ihm führen könnten, zu verwischen. Nach kurzer Suche fand er einen freien Platz in einem Flusstaxi, auf dem Tee und Kaffee von einem fliegenden Händler vor dem Ablegen angeboten wurden. Nur kurze Zeit später war es dann soweit und nach einer Stunde Fahrtzeit flussabwärts verließ er das Taxi in der Nähe der Stadt Balawali, direkt am Lord Krishna Tempel. Die Stufen zum Eingang des Tempels ragten in den Ganges hinein und waren überfüllt von Menschen, die ihre Seele durch ein Bad im Ganges reinigen wollten. Nicht weit entfernt vom Tempel war der Busbahnhof. Harminder löste ein Ticket nach New Delhi. Wie alle Fernbusse war auch dieser überfüllt. Er zwängte sich hinein. Es war stickig und es roch nach Schweiß. Im Bus waren Menschen bei über 30 Grad und nahezu 100% Luftfeuchtigkeit auf engsten Raum eingepfercht. Die Gefahr der letzten Nacht ließ ihm keinen Sinn für die vorbeiziehende Umgebung, in der ein entspannter Betrachter die mystische Tiefe Indiens hätte erkennen können. Er wollte nur schnellstens nach New Delhi. Da an diesem Tag der Monsunregen nicht so stark wie am Vortag fiel, war die Fahrt bereits nach fünf Stunden zu Ende. Er erreichte den Busbahnhof am Kashmiri Gate "Old Delhis", wie die Engländer den ältesten Stadtteil von New Delhi genannt hatten.

Er kannte sich in New Delhi, speziell in "Old Delhi", gut aus und wusste, dass er die Umgebung des "Roten Forts" wegen religiöser Konflikte mit Moslems meiden musste. In den verwinkelten engen Gassen von "Old Delhi" fühlte er sich in der Menge sicher und ging, entgegen seiner asketischen Gewohnheiten, ins neu eröffnete Hard Rock Café. Er vermutete, dass ihn dort keiner der eventuellen Verfolger suchen würde, denn Hindu Priester hielten sich von solchen Orten normalerweise fern. Im Café war es laut und seine jüngeren Landsleute standen und saßen dicht gedrängt mit Touristen zusammen. Man konnte förmlich die Lebensfreude spüren. Das Café hatte zwei Ebenen. Die untere Ebene war für Besucher, die nur Drinks bevorzugten und sich unterhalten wollten. Sie wurde von einer ungefähr zwanzig Meter langen Theke dominiert, hinter der emsige Barkeeper flink und gekonnt die Drinks zu den in Zweierreihen wartenden Besuchern über den Tresen reichten. Die obere Ebene war für jene, die auch speisen wollten. Der Innenarchitekt hatte es geschickt verstanden, viele kleine Tischinseln unterzubringen, ohne dass sich die Gäste untereinander störten. Harminder bevorzugte die erste Ebene. Er wusste, dass es in diesem Gebäude unmöglich war, ihn telepathisch zu orten, denn zu viele unterschiedliche Gedankenströme durchfluteten das Café. Trotzdem begann er, in seinem Gehirn eine Gedankenblockade aufzubauen. Diese Blockadetechnik beherrschte er schon seit sehr langer Zeit. Er wollte keine weiteren Risiken eingehen. Aufgrund der Geschehnisse des vergangenen Abends und der Nacht, sowie der Gespräche der letzten Wochen mit Himanshu war Harminder überzeugt, dass die "Böse Seite" hinter den Morden und dem Feueranschlag stecken musste. Er zog sich in eine ruhigere Ecke des Cafés zurück und wählte die Nummer seines Freundes in Europa, Norddeutschland. Für Notfälle oder Angriffe dieser Feinde hatten die organisierten Seelenwanderer weltweit Codesätze formuliert, die in eventuell abgehörten Telefonaten kein Aufsehen erregen würden.

*

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Norddorf, Café Strunwai

Arnold saß an diesem sonnigen Sommernachmittag auf der Terrasse des Cafés Strunwai in Norddorf und hatte sich Reisbrei mit Apfel und Zimt bestellt. Das war eines seiner Lieblingsgerichte. Selbst nach 22 Jahren hatte er immer noch nicht das Geheimnis der Inselbewohner ergründet, Reisbrei mit dieser gut schmeckenden Konsistenz zu kochen. Er trank dazu voller Genuss einen Cappuccino mit viel braunem Zucker. Den Gedanken an seinen Cholesterinspiegel verdrängte er.

Zwischen Cappuccino und Reisbrei las er die Tageszeitung "Neues Heimatblatt Amrum". An den Nachbartischen unterhielten sich Einheimische und Touristen unüberhörbar. An einem Tisch wurde derb und wild über das letzte Fußballspiel gegen den FC Föhr gewettert, an einem anderen saßen offensichtlich Gäste aus Nordrhein-Westfalen, die sich über die Politik der USA lustig machten.

Arnold dachte zurück. Vierzehn Jahre war es jetzt schon her, dass die dortigen Demokraten die Republikaner mit einem erdrutschartigen Sieg aus der Regierungsverantwortung gefegt hatten. Der demokratische Präsident hatte es zunächst schwer, international wieder Anschluss zu gewinnen. Die vergangene Doktrin "America First" hatte die USA international isoliert. In der UN Vollversammlung hatte China die Rolle der USA als "Weltpolizist" übernommen und Russland hatte seine Beziehungen zu Europa und den Schwellenländern so gut ausgebaut, dass niemand den alten republikanischen "America First-Politikern" eine Träne nachweinte.

Arnold erinnerte sich in dieser Zeit oft an seine Erlebnisse im Death Valley und an die Auseinandersetzung zwischen der "Guten Seite" und der "Bösen Seite". Er ertappte sich öfters dabei, wie er sich zufrieden zurücklehnte. Er war der Meinung, dass es gut war, dass die USA unter Führung der Republikaner in die Bedeutungslosigkeit gefallen waren. Der ehemalige republikanische Präsident hatte bei ihm sogar im Verdacht gestanden, ein Vertreter der "Bösen Seite" zu sein.

Die USA versuchten unter der neuen demokratischen Regierung wieder auf die politische Weltbühne zurückzukehren. Das kostete Zeit. Die neue demokratische Präsidentin, die 2032 gewählt worden war, hatte afrikanische Wurzeln, die tief in die Zeiten des Amerikanischen Bürgerkrieges zurückreichten. Sie war im ersten Jahr ihrer Amtszeit nur knapp einem Attentat entkommen. Arnold wunderte sich nicht, dass man die Täter nie gefasst hatte. Er erinnerte sich noch zu genau an die Aussagen der "Guten Seite", dass sie zu spät gekommen waren, um 1963 Präsident Kennedy zu schützen, beziehungsweise, dass die Täter damals deshalb verschwinden konnten, weil sie von der "Bösen Seite" protegiert wurden. Er vermutete, dass hinter dem Attentat auf die Präsidentin auch wieder diese Seite gesteckt hatte.

Arnold hörte jetzt wieder den Gesprächen an den Nachbartischen zu, nippte weiter an seinem Cappuccino und versteckte sich hinter der Tageszeitung. Seine Gedanken kreisten allerdings um seine Freunde Harry und Sam. Vermutlich hatte die Präsidentin nur deswegen das Attentat überlebt, weil Harry und Sam über sie gewacht hatten. Seine Tischnachbarn machten sich über den Plan der Präsidentin lustig, eine Konferenz der Weltreligionen in den USA zu organisieren. Ein weiterer Tischnachbar, dem Aussehen nach gleich alt wie er, schüttelte den Kopf.

"Also, früher hätte ich diese Einladung dem Papst oder Dalai Lama zugeordnet. Na ja, wenn die USA glauben, danach wieder mehr gehört zu werden, mir soll es recht sein."

Eine kecke junge Bedienung, eine jobbende Studentin, duzte Arnold, so wie jeden Stammgast des Strunwais.

"Arni, noch einen Cappu?"

"Ja, bitte, mach nur", nickte er lächelnd, und blickte prüfend von der Terrasse den Strunwai entlang nach Westen in Richtung Meer. Am Horizont zogen dunkle Sommergewitterwolken auf und ein leichter Wind kündigte einen Wetterumschwung an. Er wollte sich nach diesem zweiten Cappuccino, noch vor dem Gewitter, mit dem Fahrrad durch den kleinen Waldweg Tanenwai auf den Heimweg nach Nebel machen. Kathleen und er hatten sich vor 22 Jahren ein kleines Haus in Nebel, direkt am Strunwai, gekauft, dort, wo sich Tanenwai und Strunwai kreuzten.

Kathleen hatte viel Liebe und viel Energie in den Umbau des kleinen Hauses gesteckt. Sie war mit der großen Aufgabe des Hausumbaus so sehr beschäftigt, dass sie die schlimmen Ereignisse im Death Valley, in der Borax Mine, vergessen konnte. Arnold kannte ihre Abneigung gegen die Themen aus dem übernatürlichen Bereich. Er wusste, dass sie kein zweites Mal eine Konfrontation mit der "Bösen Seite" seelisch überstehen würde. So war es auch wie eine stille Übereinkunft zwischen ihnen, das Thema Seelenwanderung oder Konfrontation mit der "Bösen Seite" ruhen zu lassen oder höchstens im Notfall darüber zu reden.

*

Arnold wurde zwischen Norddorf und Nebel im Wald vom Gewitter überrascht. Ein Blitz schlug 30 m vor ihm krachend in eine Tanne ein. Holzsplitter und Äste flogen durch die Umgebung. Blitz und infernalischer Donnerschlag kamen fast zeitgleich und ließen Arnold schreckensbleich vom Fahrrad absteigen. Er beeilte sich, in einer Hecke mit geschlossenen Beinen, zusammengekauert in einer Mulde, Schutz vor den Blitzen zu suchen. Zwar wurde er klatschnass, aber wenigstens bot er in der geduckten Haltung den Blitzen wenig Angriffsfläche und die von Fußgängern gefürchtete Schrittspannung bei Blitzeinschlägen wurde so auch minimiert. Das Gewitter wurde immer stärker und die Bäume um ihn herum wankten im Gewittersturm, wie von Geisterhand überspannt.

Arnold hörte kaum sein Handy klingeln. Er dachte an Kathleen, die ihn wahrscheinlich vermisste. Umständlich kramte er sein Handy aus der Hosentasche. Ein Blick aufs Display erstaunte ihn und ließ ihn für kurze Zeit das Unwetter um ihn herum vergessen. Schon sehr lange hatte er keine Telefonate mehr aus Indien bekommen. Fröstelnd vor Nässe hielt er das Handy an sein Ohr. Er konnte Harminder kaum verstehen, so heftig tobte das Gewitter jetzt über seinem Zufluchtsort.

"Code Omega. Hell Fire within Center. Recall 8 p.m."

Die Verbindung wurde abrupt unterbrochen. Das Telefonat wurde kurzgehalten, um einem Gegner eine Ortung des Empfängers unmöglich zu machen. Arnold begann zu zittern. Er kannte den Code Omega. Omega bedeutete innerhalb der Allianz, dass eine Seelenwanderer-Basis von der "Bösen Seite" angegriffen worden war. Hell Fire signalisierte, dass es Tote oder Verletzte gab. Recall 8. p.m. zeigte dem Empfänger an, dass um 20 Uhr Ortszeit des Empfängers das nächste Telefonat folgen sollte. Der Anruf ließ seinen Puls in die Höhe schnellen. Seine Atmung ging unregelmäßig. Er hatte so sehr gehofft, nie mehr mit so einer Gefahrensituation konfrontiert zu werden und dann dieser Anruf. Bisher waren indische Seelenwanderer hinduistischen Glaubens in Ruhe gelassen worden. Irgendetwas hatte die "Böse Seite" zum Angriff gereizt. Er hielt es nicht mehr aus in seiner Deckung. Trotz heftigen Gewitters setzte er sich wieder auf sein Fahrrad und fuhr, wie von Furien gehetzt heim. Er wusste noch nicht, wie er Kathleen den Anruf erklären sollte.

*

Arnold kam erschöpft zu Hause an. Er stellte sein Fahrrad in die Garage und verschloss sie sorgfältig. Nervös griff seine Hand nach dem Talisman der San. Kathleen bemerkte sofort seine Nervosität.

"Was ist los? Hoffentlich nichts Schlimmes?"

Arnold gab sich einen Ruck. Irgendwann musste er ja seine Frau einweihen und so erzählte er von Harminders Notruf.

"Ich werde ihn um 20 Uhr über meinen Laptop zurückrufen, aber vorher das Verschlüsselungstool aktivieren."

Das Verschlüsselungstool war die neueste Sicherheitssoftware der IT Spezialisten aus dem Death Valley, die Harry der weltweiten Allianz der Seelenwanderer hatte zukommen lassen. Kathleen, die Harminder nur vom Namen kannte, reagierte erschrocken und zugleich mitfühlend.

"Verdammt, so lange war Ruhe. Können wir ihm helfen?"

Arnold zuckte die Schultern.

" Um 20 Uhr sehen wir weiter, wenn wir mehr Informationen bekommen haben."

*

Juli 2034, Indien, New Delhi, Stadtteil Old Delhi

Harminder beendete das Telefonat mit seinem Freund. In vier Stunden würde er wieder mit Arnold sprechen. Er hatte also noch genügend Zeit, einen zweiten Kaffee zu bestellen und eine Unterkunft zu suchen. Gerade als er seinen Kaffee süßen wollte, wurde er von einem Gast aus einer Tischecke direkt hinter ihm angesprochen.

"Dreh dich nicht um. Ich habe deinen Weg von Haridwar bis hierher verfolgt. Gestern Nacht hattest du dein Leben mir zu verdanken. Ohne mich wärst du zu Asche verbrannt oder zumindest erstickt. Ich habe über dich und einige deiner Freunde und Priesterkollegen Nachforschungen angestellt. Ihr befasst euch intensiv mit der Seelenwanderung."

Harminder verkrampfte und stieß einen unterdrückten Seufzer aus.

"Kennst du Hindus, die sich nicht mit der Seelenwanderung beschäftigen?"

Harminder drehte sich noch immer nicht nach dem Fremden um, als dieser antwortete.

"Sei nicht so zynisch. Ich spreche natürlich, von der gezielten und bewussten Seelenwanderung. Ich hatte lange gesucht, bis ich eine Spur von euch fand. Leider kam ich zu spät, um den Tod von Himanshu und Vinayak zu verhindern und fast hätte der Auftragsmörder auch bei dir Erfolg gehabt. Harminder zog die vor ihm liegende Zeitung vors Gesicht und tat so, als ob er lesen würde. Eine optimale Tarnung und seine Umgebung bemerkte nichts von der Konversation. "Wer bist du? Welche Spuren hast du denn entdeckt? Warum hast du mich gerettet? Warum soll ich mich nicht umdrehen?" Der Fremde antwortete zunächst nicht. Nach einer Pause jedoch begann er zu erzählen.

"Es begann vor 22 Jahren mit einer Traueranzeige in einer großen Tageszeitung für acht Menschen, unterschrieben von einer "Allianz der Seelenwanderer". Ich las die Anzeige immer wieder. Mir wurde beim Interpretieren des Textes klar, dass meine schlimmen Alpträume, die ich immer öfter hatte, mit meinem Vorleben zusammenhängen könnten. Über das Internet fand ich deinen Leserbrief und damit die Spur zu dir. Deinen Freund Arnold fand ich auch, weil einige seiner Arbeitskollegen im Zuge meiner Nachforschungen erwähnten, dass er sich früher, vor seinem "Tod", gerne in Amrum oder auch in Mallorca aufgehalten hatte. Der Rest war einfach. Amrum ist nicht so groß und Übersiedler vom Festland gibt es auch nicht so viele wie Sandkörner im Kniepsand der Westküste. So hatte ich vor einiger Zeit herausgefunden, dass er vollkommen zurückgezogen in der Ortschaft Nebel auf Amrum lebt. Er ist sehr vorsichtig, vorsichtiger als du, oder als es Himanshu und Vinayak je gewesen waren. Vielleicht auch deshalb, weil er schon direkt mit der "Bösen Seite" konfrontiert worden war. Ich ließ ihn aber in Ruhe und hatte nie ein Treffen beabsichtigt." Harminder bemerkte mit Genugtuung, dass sein Gesprächspartner offensichtlich Evas Tarnung nicht entdeckt hatte, denn er erwähnte sie mit keiner Silbe.

"In den vergangenen 22 Jahren bin ich auch Spuren nachgegangen, die mich in die USA, ins Death Valley führten. Ich muss schon sagen, die Tarnorganisation "The Lost 49er Documentation Center" ist perfekt organisiert. Nichts dringt von ihrer verborgenen Tätigkeit an die Öffentlichkeit. Deine Frage, warum ich dich gerettet habe, ist einfach zu beantworten. Nach all den Jahren der Nachforschungen, der Zweifel an mir selbst und über meinen zukünftigen Weg weiß ich nun, wo ich hingehöre. Irgendwann bin ich auf die Palmblattbibliothek in Haridwar aufmerksam geworden. Es war Zufall, vielleicht auch gelenkt von einer höheren Macht, dass Himanshu, genau wie ich, auf derselben Spur war. Auf diesem Palmblatt muss auch etwas über meine Vergangenheit stehen. Dieses Palmblatt ist der Schlüssel zu meinen Alpträumen." Gerade als sich Harminder umdrehen und seinen Gesprächspartner ansehen wollte, wurde er von einem Touristen angerempelt und mit Bier überschüttet.

"Sorry, Sir. Can I help you?"

Sofort war eine Bedienung da und die aufkommende Unruhe nutzte der Fremde, um unerkannt zu verschwinden. Als sich die Aufregung gelegt hatte, bückte sich die Bedienung, hob ein Kuvert vom Boden auf und reichte es Harminder.

"Das müssen sie verloren haben!"

Harminder nahm das Kuvert wortlos entgegen, obwohl es ihm gar nicht gehörte. Er öffnete es trotzdem:

"Wir sehen uns bald wieder. Du bist so leicht einzuschätzen und zu bewegen. Der Rempler war von mir organisiert, denn ich ahnte, dass du dich nach meinem letzten Satz umdrehen würdest. Bis bald ..... und nicht vergessen, die Tore der Hölle haben sich geöffnet, passe besser auf dich auf!"

Harminder zerriss das Papier in viele kleine Stücke, ging zur Toilette und spülte die Fetzen hinunter. Dann zahlte er und verließ das Hard Rock Café. Er drehte sich immer wieder um. Niemand schien ihm folgen. Die Worte des Fremden verunsicherten ihn. War er wirklich so leicht auszurechnen? Vertraute er zu sehr auf seine Gedankenblockade?

Er blieb nachdenklich stehen.

"Wenn meine Gedankenblockade steht, kann der Fremde nur dann meine nächsten Schritte erahnen, wenn er meine Körpersprache mitbekommt, also in Sichtkontakt mit mir steht oder wenn er Spionagetools einsetzt. Vielleicht macht er beides?"

Momentan war es ihm aber gleich, ob der Fremde seine nächsten Schritte herausfinden würde, denn er war ja zumindest kein Feind. Um seine Glaubensbrüder nicht in Gefahr zu bringen, verzichtete er kurz darauf, sich in einem Hindu Kloster Old Delhis, Mathas genannt, einzuquartieren. Er wich auf eine kleinere Pension aus, in der er sich für die nächsten Tage ein Zimmer mietete.

*

Juli 2034, Deutschland, Amrum, Nebel

Arnold lud die Verschlüsselungssoftware auf seinen Laptop. Nach einem Neustart wählte er um exakt 20 Uhr Ortszeit Harminders Handynummer. Jetzt zeigte sich, wie fortschrittlich die Verschlüsselungssoftware aus den USA war. Das Handy von Harminder benötigte keinen passenden "Schlüssel". Harminder konnte Arnold hören, denn Arnold autorisierte nur den Empfänger bereits mit dem Anwählen der Handynummer. Ein fremder Hacker konnte sich also unmöglich einwählen oder das Gespräch verfolgen, da die Verschlüsselungssoftware ihn sofort als nichtautorisiert eingestuft hätte. Arnold war beruhigt, Harminder wohlauf zu hören.

"Hallo Harminder, wir können in Ruhe reden. Ich habe die neueste Verschlüsselungssoftware unserer amerikanischen Freunde aufgespielt. Wir müssen uns nicht beeilen, man kann uns weder orten, noch können wir gehackt werden. Heute Mittag hattest du mich hier mitten in einem Gewitter