See You - Alicia Lo Martire - E-Book

See You E-Book

Alicia Lo Martire

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Beschreibung

Eine andauernde Wut, zwei verletzte Herzen und ein Ort voller Geheimnisse und Heilung: Grey House. Einst Erzfeinde, treffen Damien und Amara nach Jahren wieder aufeinander und werden von der unnachgiebigen, aber heilenden Präsenz des Ortes gezwungen, sich ihren tiefsten Ängsten zu stellen – Amara ihrer Angst vor dem Alleinsein, Damien seiner Furcht vor Kontrollverlust. Grey House wirkt wie ein Meister, der mit seiner natürlichen Magie alte Wunden aufdeckt und zur Heilung führt. Doch während sie ihre Vergangenheit bewältigen, keimt etwas Unerwartetes: eine zarte Liebe, die sie verändern könnte – wenn sie den Mut finden, ihr zu vertrauen.

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Seitenzahl: 288

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2025 novum publishing gmbh

Rathausgasse 73, A-7311 Neckenmarkt

[email protected]

ISBN Printausgabe: 978-3-99130-687-0

ISBN e-book: 978-3-99130-688-7

Lektorat: Lucas Drebenstedt

Umschlagabbildung: Evgenia Silaeva | Dreamstime.com

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

www.novumverlag.com

Widmung

Für meine Familie, die mich ermutigt hat,

dieses Buch zu veröffentlichen.

See You

Playlist

CHEMTRAILS OVER THE COUNTRY CLUB – Lana Del Rey

IF WE HAVE EACH OTHER – Alec Benjamin

LONELY ONES – LOVA

HERE WITH ME – d4vd

YOUNG, DUMB & BROKE – Khalid

THIS IS WHAT SADNESS FEELS LIKE – JVKE

BLAME’S ON ME – Alexander Stewart

HEAVEN – Julia Michaels

MEMORY LANE – Haley Joelle

OUT OF LOVE – Alessia Cara

WHO – Lauv (feat. BTS)

CHANGES – Lauv

DUMB LOVE – Mimi Webb

WILDEST DREAM – Taylor Swift

DON’T BLAME ME – Taylor Swift

MIDNIGHT RAIN – Taylor Swift

LONELY – Noah Cyrus

WHAT OTHER PEOPLE SAY – Sam Fischer and Demi Lovato

SET FIRE TO THE RAIN – Adele

TRAITOR – Olivia Rodrigo

FALSE CONFIDENCE – Noah Kahan

SLOW DANCING IN A BURNING ROOM – John Mayer

LIGHTS DOWN LOW – MAX

BABY WHY – Sarah Cothran

DANDELIONS – Ruth B.

NIGHTS LIKE THESE – Benson Bone

Prólogo

AMARA O’KELLY – Damien Garcia war einer dieser Jungen im Kindergarten, der von außen wie ein kompletter Schatz wirkte. Mit seinen großen blauen Augen, den dicken Wangen, die eine natürliche Röte hatten, dem lockigen braunen Haar und den kleinen Sommersprossen auf der Nase. Die langen Wimpern, die jede Frau zum Schmelzen brachten, und dann war noch dieses süße Lächeln. Kurz gefasst war unser lieber Damien ein süßer, kleiner, entzückender Engel. Was sie aber nicht wussten, war, dass er der Teufel höchstpersönlich ist. Sie wussten nicht, dass sich seine Persönlichkeit ändern kann und er der Junge wird, der deine Sandburgen kaputtmacht und dich an den Zöpfen zieht. Der Junge, der dich mit Schlamm anwirft und dich dann auslacht, wenn dein neues Kleid schmutzig geworden ist. Die Antwort auf die Frage, warum ich euch das hier erzähle, ist simpel.

Ich war das Mädchen, das er ständig nerven musste.

DAMIEN GARCIA – Amara O’Kelly, das Mädchen, das ich als die nervigste Person der ganzen Welt abgestempelt hatte.

Laut, aufdringlich, nervtötend, besserwisserisch – soll ich weiter aufzählen?

Amara ist alles andere als das Mädchen, das man mag. Sie ist das Mädchen, was man am liebsten zum Mond schießen will. Im Kindergarten war sie der Liebling der Lehrerin, die Eltern fanden sie entzückend mit ihren langen blonden Wellen und den Teddybäraugen. Die Grübchen, die sich bildeten, als sie lachte, und wie sich ihre kleine Stupsnase immer kräuselte, wenn sie lächelte, schufen das Bild des süßen Mädchens.

Sie sahen nicht das böse Funkeln, wenn sie mich wieder mal verpetzte. Noch das hinterlistige Grinsen, wenn sie wieder mal etwas Gutes getan hatte. Sie sahen nicht, wie sie einem immer die Zunge rausstreckte und dann wegrannte. Das, was hinter ihnen geschah, war wie eine versteckte Wahrheit, und so kassierte ich immer die Strafe und sie kam davon. Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich dieses Mädchen verabscheue.

Denn sie ist das Mädchen, für das ich alle Strafen abarbeiten musste.

Capítulo 1

Bienvenidos a la casa gris

AMARA O’KELLY – Mein Leben ist scheiße. Einfach nur scheiße. Diese ganze Masche, die ich hier abziehe, dass ich ein cooles Mädchen wäre, das ihren Eltern nicht beachtet, der Schule egal ist und die sich nur mit den beliebten Leuten abgibt, sind alles nur Fassaden, die sich über die Jahre aufgebaut haben.

Eine Last an Lügen. Alles, was man sich über die Jahre aufgebaut hat, nur um sich zu schützen. Es stellt sich heraus, dass alles falsch ist.

Wie ich es sagte, alles eine Lüge.

Doch natürlich sah das niemand, denn das Einzige, was den Leuten auffiel, war die Veränderung. Wenn sie sahen, dass man keine von ihnen geworden war, sondern eine gegen sie. Glaubt mir oder glaubt mir auch nicht, könnte ich zurückgehen und einen anderen Weg wählen, würde ich es tun, doch meine Sturheit, dass das der richtige Weg war, den ich ausgesucht hatte, brachte mich nicht weiter, außer in Probleme.

Ich möchte keine von den Normalen sein.

So stellte ich meine Glaubenssätze um, und wenn mich das zu einem weiteren Problemkind machte, dann musste ich das so hinnehmen. Durch meine Kopfhörer dröhnte laute Musik, sodass ich das Gerede meiner Erzieher nicht hören musste. Die Bewegungen meiner Mutter rissen mich jedoch schneller als gewollt aus meiner Trance. Müde schnaufte ich die angespannte Luft aus, die Schuld an meiner mangelnden Konzentration war. Es erstaunte mich immer wieder aufs Neue, wie sehr ich mich zusammenreißen musste, um bei einer kleinen Sache, wie meiner Mutter zuzuhören, nicht komplett zu toben. Das Winken meiner Mutter wurde hektischer und auch an ihrem Hals bildete sich immer mehr von den Stressflecken, die sie bekam. Ein weiteres Zeichen für mich, dass sie sich langsam aufregte. Also riss ich mir meine Kopfhörer aus den Ohren und schaute sie desinteressiert an. „Was?“, antwortete ich, als sie nichts sagte, außer mich anzuschauen. Wieder beobachtete sie mich nur, bis sie ein tiefes Ausatmen von sich gab und anfing zu reden. „Du erinnerst dich noch, über was wir gesprochen haben?“, fragte sie, was mich zum Schnaufen brachte und ich meinen Blick von ihr nahm und wieder aus dem Fenster schaute. „Welchen Part unseres Gesprächs? Der, an dem ich mich benehmen sollte oder der andere Teil, an dem ich mein Handy verlieren würde, wenn ich mich nicht änderte?“ Sie zog scharf die Luft ein, als ich sie anblickte. Ein kleinliches Lächeln bildete sich auf meinen Lippen. „Hört sich für meinen Geschmack beides ziemlich ähnlich an, nicht?“ Die Ironie hinter meiner Stimme war nicht zu überhören.

„Amara, bitte, sei zumindest ein bisschen ernster.“ Sie griff sich mit ihrer Hand an ihre Schläfe, um sie etwas zu massieren. Noch ein Zeichen, dass sie sich von dieser Situation gestresst fühlte. Doch sie wandte sich nicht ganz von dieser Konversation ab. Denn ihr Blick war voller Sicherheit, dass es wirklich eine gute Idee war, mich in ein Camp zu schicken.

„Nimm es positiv hin, es könnte deine Chance sein, dich zu ändern und deine Haltung zu deinem eigenen Leben zu verbessern“, erwiderte sie zuversichtlich, was mich nur zum Brummen brachte. Nichts erwidernd wendete ich mich von ihr ab und lehnte meinen Kopf an das Fenster. Ich konnte ihre Blicke an mir spüren, doch sie blieben nicht lange an mir haften, denn für das Gespräch war Dean, ihr Freund, doch interessanter. Also stopfte ich mir meine Kopfhörer wieder in die Ohren und versuchte dieses Stechen in meiner Brust zu ignorieren, dass meine Mutter mich wirklich nur als Belastung ansah und sie wirklich nicht sah, dass mir diese Situation nicht half, sondern es eher verschlimmerte.

Die Musik war laut genug, um all das, was um mich war, nicht zu hören, doch das Lied selbst hörte sich verschwommen und leise an.

Und doch schrie die Stimme meiner Mutter über diese hinweg.

Deine Chance, dich zu ändern.

Ein Satz, der mich seit gestern Abend verfolgt.

Was war denn meine Chance? Ich sah es nicht ein, weshalb sie versuchte, es mir so einzutrichtern. Wieso sagte sie mir nicht gleich ins Gesicht, dass ich es nicht geschafft hatte, ein normaler Teenager zu werden? Wieso sagte sie mir nicht, dass sie mich in ein Sommercamp schickte, weil sie die Hoffnung aufgegeben hatte?

Sie sagte mir, es sei eine Chance, meinen Weg zu ändern. Was ich aber lernte, war, wenn man sich zu einer schlechten Person entwickelt, ist das eine Entscheidung und kein plötzlicher Wechsel der Laune.

Die Landschaften, an denen wir vorbeifuhren, sahen alle gleich aus.

Und mit jedem weiteren Blick nach draußen überkam mich die Müdigkeit. So sehr ich es auch versuchte, meine Augen offen zu halten, wurden sie immer schwerer, bis ich schlussendlich einschlief. Erst als das Auto anhielt, wachte ich auf und schaute aus dem Fenster.

Wir standen vor einem grauen Haus, wo Jugendliche rein- und rausspazierten. „Amara.“ Die Stimme meiner Mutter hörte sich gedämpft an, da ich immer noch meine Kopfhörer in den Ohren hatte. Die Musik war aber schon längst verstummt.

Langsam zog ich sie mir raus, meinen Blick immer noch auf das Haus gerichtet. „Ich weiß, dass du nicht hier sein möchtest, aber es ist deine Chance.“ Ich wandte meinen Blick nun doch zu ihr und funkelte sie böse an, was sie wiederum mit einem sanften Blick kaschierte, was mich nur aufgebrachter machte. Ihre Hand streckte sie nach mir aus und wollte mich am Bein streicheln, doch ich entzog mich ihren Berührungen. Ihre Hand blieb wie erstarrt in der Luft hängen, langsam ließ sie sie wieder runter und schaute zu Dean, der seine Hand auf ihr Knie gelegt hatte. Dieser schüttelte nur seinen Kopf. Meine Augen verdrehte ich und entfernte mich von den beiden. „Wir tun das nur für dich mein Schatz“, versuchte meine Mutter mich zu besänftigen, doch alles, was sie aus mir herausbrachte, war ein entsetztes Geräusch. „Ihr helft mir nicht, ihr gebt mich auf.“ Meine Augen wanderten wieder zu ihr. „Du gibst mich auf.“ Meine Stimme war klein und nicht wie sonst, doch es war mir gleich. Ihre Lippen hatte sie fest aufeinandergepresst, was nur ein weiteres Ziehen in meiner Brust bewirkte und meine Augen zum Brennen brachte.

Also lag ich nicht falsch.

Natürlich nicht. Sieh dich an, du bist ein Versager.

Ich musste raus aus diesem Wagen. Also wandte ich meinen Blick von ihr ab und gab einen Lacher von mir. „Ihr könnt mich mal“, knurrte ich ihnen zu, als ich dann ausstieg und die Türe mit Schwung schloss. Der Schlag der Türe hallte durch den Vorhof und so prallte die Realität auch auf mich ein.

Heftig und ohne Erbarmen.

Sie hat dich aufgegeben, fühlt sich scheiße an, nicht?

Ich blickte nicht zurück, doch das Starten des Autos ließ mich nicht kalt. Krampfhaft unterdrückte ich die Tränen. Ich wollte nicht für Leute weinen, an denen mir nichts lag.

Und trotzdem brach jedes Mal ein weiterer Teil von mir, mit jedem weiteren Schritt, den ich setzte. Denn egal wie sehr ich versuchte, mich zu belügen, ich konnte mit diesem familiären Schmerz einer Ausstoßung nicht klarkommen.

Vor allem nicht, wenn es hieß, dass sie von meiner eigenen Familie kam.

Und dennoch regelte ich es, wie ich es auch sonst tat. Ich erhob meinen Kopf und lief auf das Haus zu. Lief mit den anderen in die Richtung des Hauses, doch ging nicht sofort rein. Vor der Tür blieb ich stehen und las, was auf dem Eingangsschild stand.

Willkommen im Grey House.

Ein Schnaufen entfloh mir.

Mehr willkommen in der Hölle.

Capítulo 2

Bienvenidos a la casa gris pt.2

DAMIEN GARCIA – Die Fahrt war still. Zu still für meinen Geschmack. Mein Dad saß neben mir am Steuersitz und sah stumm nach draußen.

Er redete nicht mit mir.

Schon seit dem Vorfall, bei dem er mich aus der Polizeistation hatte holen müssen und entschieden hatte, mich bei diesem Camp anzumelden, das mir helfen sollte. Ich schaute auf meine Füße und lauschte der Musik im Radio, einer dieser mexikanischen Sänger, die mein Dad gerne hörte.

Mein Dad und ich hatten kein schlechtes Verhältnis zueinander. Ihn störte es nur, dass ich meine unkontrollierten Gefühle nicht mehr unter Kontrolle bekam und meine Probleme regelte, indem ich Mist baute.

Mein Blick wanderte nach draußen, in die Gegend. Man sah nicht viel, es war keine belebte Gegend. Wir fuhren an mehreren Büschen vorbei, die mit einem Mix aus gelben und grünen Blättern geschmückt waren, und das war es auch. Es wirkte nicht ausgestorben, aber auch nicht wie ein Ort, wo man fürs Leben lang bleiben wollte.

Ein perfekter Ort für ein Camp, abgeschnitten vom Rest der Welt.

Von den Feldern und Büchschen glitt mein Blick zum Außenspiegel des Autos und beobachte mein Gesicht. An meiner linken Wange war eine grässliche Narbe zu sehen. Blaue, gelbe und lila Flecken schmückten diese und rundherum war es angeschwollen. Meine Haare waren heller geworden und auch die Sommersprossen wurden deutlicher auf der gebräunten Haut. Für viele Leute wirkte ich sicher wie der größte Draufgänger. Auf eine komische Art hätten die einen vielleicht sogar gesagt, dass es mich attraktiv machte. Doch in Wahrheit war ich einfach verloren.

Ich fühlte mich weder draufgängerisch noch besonders attraktiv. Das Einzige, was ich fühlte, war Leere. Wenn man sagen konnte, dass es ein Gefühl war. Denn von Fühlen war hier nicht die Rede. Man konnte nicht sagen, dass man etwas fühlte, wenn man jeden Tag in den Spiegel schaute und am liebsten einfach nur wegschauen wollte.

Und das tat ich. Jedes Mal, wenn ich mich ansah, kam nichts an Gefühlen hoch. Es war, als würde ich ein schwarzes Loch sehen, irgendwo in diesem Loch war das Ende, aber es wirkte einfach nur, als wäre es bodenlos.

Also schaute ich weg, schloss meine Augen und ließ mich umhüllen vom Gefühl der dunklen Taubheit.

***

Das Auto kam zum Stehen und signalisierte mir, dass wir angekommen waren.

Schluckend wendete ich meinen Blick nach draußen. Ein graues Haus stand da, es war nicht riesig, aber groß genug, um ein Sommercamp daraus zu machen.

Es wirkte einladend, doch nichts in mir wollte aus diesem Auto aussteigen. Dennoch zwang mich die Stille im Auto, aus dieser unangenehmen Situation zu verschwinden. Ich wagte es nicht mal, auf meinen Dad zu schauen. Auch nicht, als er sich räusperte und die Musik etwas ruhiger stellte. „Hijo“, fing er an, doch stoppte gleich wieder. Ich knabberte etwas auf meiner Lippe, das trockene Fleisch darauf fiel immer mehr ab. „Es war keine einfache Entscheidung, Damien. Wir haben lange diskutiert, ob wir dich hierherschicken sollen, aber so geht es nicht mehr weiter.“ Seine rauchige Stimme wurde etwas dunkler und der Akzent war nicht zu überhören. Aber es war nicht das, was mich versteifen ließ. Nein, sondern die volle Ernsthaftigkeit dahinter gab mir eine Gänsehaut. Ich wusste, dass sie das taten, um mir zu helfen. Aber verdammt, es wäre mir lieber gewesen, ich hätte es einfach selbst machen können.

Ich sah ihn immer noch nicht an und nickte nur. Was sollte ich schon sagen, ich wusste, dass ich es vermasselt hatte, deswegen blieb mir keine andere Wahl, als zu nicken und nichts zu sagen. „Te queremos, hijo (wir lieben dich, Sohn). Vergiss das nicht“, sagte er und griff mit seiner Hand meinen Nacken, drückte diesen etwas und ließ ihn dann los. Die Stimme in meinem Kopf schrie förmlich danach, etwas zu erwidern, doch mein Mund blieb verschlossen. „Ich hoffe sehr, du nimmst diese Gelegenheit an dich, Damien. Lass sie dir nicht entgehen.“ Danach sagte er nichts mehr und drehte sich wieder nach vorne. Ich schaute auf meinen Schoß und drückte all diese aufkommenden Emotionen in mich hinein und stieg dann aus dem Auto. Als ich meine Tasche um die Schulter warf und dann in dieser brütenden Hitze stand, wurde mir klar, wie ernst es nun sein würde. Ich sah zu, wie mein Vater wegfuhr. Auch Minuten danach, als das Auto schon längst nicht mehr dort stand, sah ich auf die gleiche Stelle. Bis ich die Tasche an meiner Schulter schwerer wurde und ich sie ein weiteres Mal schulterte und mich abwendete. Trotz der Hitze draußen fühlte ich mich kalt. Nicht mal dann fühlte ich eine Wärme, als ich vor der Türe des Hauses stand und auf ein Schild sah, auf der in einer einladenden Schrift stand: „Willkommen im Grey House.“

Capítulo 3

El chico con la sonrisa permanente

AMARA O’KELLY – Ich vermisste mein Zimmer. Das dachte ich, b dem Moment, als ich mein neues Zimmer für die nächsten fünf Wochen sah. Die Wände waren in einem Cremeton gestrichen worden und alles, was hier drinnen war, schrie nach Mädchenzimmer aus den Achtzigern. Ich verzog meine Lippen zu einer schmalen Linie und lief auf das einzige freie Bett zu. Meine Tasche ließ ich darauf sinken und gesellte mich schließlich zu dieser. Mein Blick fiel von den Wänden zum Bett, das von jemandem ergattert wurde. Prasselnd wurde mir bewusst, dass ich nicht mehr allein ein Zimmer haben würde, sondern es mit jemand Wildfremdem teilen würde. Meine Augen fielen müde zu und ich ließ mich nach hinten fallen.

Dieser Tag wurde von Minute zu Minute schlimmer.

Wie ein Haufen Bilder wanderte er durch meinen Kopf. Der Tag war nicht mal zu Ende und ich hatte jetzt schon das Bedürfnis, ihn einfach zu verarbeiten. All diese Emotionen, die Informationen, die ich neu bekommen hatte. Alles passte nicht mehr zueinander. Sie hinterließen nur eine gewaltige Spalte zwischen der Realität, die ich hatte, und der, die andere von mir hatten. Und ein weiteres Mal fragte ich mich, wie sehr daneben meine eigene Wahrnehmung sein konnte. Die aufkommenden Tränen waren einfach da, als ich meine Augen wieder öffnete. Das Schlimmste dabei, es sah nicht danach aus, als würden sie weggehen wollen. Deswegen setzte ich mich wieder auf und schaute mich um, um etwas zu finden, was mich beruhigen konnte. Das Erste, was mir zu Augen kam, war das Fenster, das zu einer kleinen Terrasse nach draußen führte. Meine Füße führten mich dorthin und meine Hände rissen die Fenstertüren praktisch auf. Die warme Luft knallte mir entgegen und ließen mich Luft holen. Mein Puls raste und mein Herz klopfte.

Es war nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Es war keine Panikattacke, aber es war etwas und dieses Etwas zwang mich dazu, immer etwas zu machen, als nur rumzustehen und es über mich ergehen zu lassen. Erschöpft schloss ich meine Augen und merkte, wie sich meine Schultern immer mehr beruhigten, und stückweise tat es auch mein ganzer Körper.

Und als es endlich nachließ, schlug ich meine Augen wieder auf und schaute nach draußen. Die Ortschaft war sehr ländlich. Von Weitem konnte man eine große Wiese sehen, die mit einem saftigen Grün geschmückt war. Es hatte etwas Erholendes. Die Wiese war weit und von überall kamen kleinere Lacher, die zu den Jugendlichen gehörten, die dort rumlungerten. Der Himmel war geschmückt in einem feinen Rosa und kleinere Wolken bemalten ihn. Nicht weit weg vom Haus lag ein Baum. Er war ziemlich abseits und nicht besonders groß. Er passte auf eine sehr komische Weise dorthin. Er schmückte diese sonst leere Stelle und ich konnte mir diesen Ort nicht ohne ihn vorstellen.

Doch das war nicht nur der einzige Grund, der mich an diesem Baum festhielt. Nein, ich wusste, dass es auch ein guter Rückzugsort war.

Nicht nur gut, ein perfekter Rückzugsort.

Mit einem zufriedenen Lächeln entfernte ich mich vom Fenster und legte mich wieder aufs Bett. Saugte die letzten paar Minuten Stille in mich hinein, da ich nicht wusste, wann diese gebrochen werden würde. Wenn man nicht vom Teufel sprach, sprang die Türe in diesem Moment auf.

Eine Mähne an wilden blonden Locken stand dort. Ihre Haare spiegelten die pure Wildheit wider, doch sie selbst war das Ebenbild der Schüchternheit und Unschuld.

Klein, zierlich und extrem feminin.

Verdammt, sie würde nicht mal einer Fliege etwas antun.

Als sie mich bemerkte, breitete sich ein großes Lächeln auf ihren Lippen aus. Zögernd, ob sie etwas sagen würde, entfernte ich meinen Blick von ihr und drehte mich weg. Meine Konzentration war wieder meiner Tasche gewidmet, die wie ein allein gelassener Kartoffelsack auf meinem Bett lag.

Als ich mich wieder zurückdrehte, um meine Sachen in den Schrank zu bringen, hatte sie ein Notizbuch in der Hand und kritzelte etwas darauf. Ich runzelte meine Augenbrauen und beobachtete sie halbherzig.

Sie ließ sich davon nicht beirren und führte ihr Tun weiter. Als sie fertig war, mit was auch immer sie da tat, blitzen ihre freudigen Augen auf und steckten mir das Notizbuch hin.

Perplex schaute ich sie an.

Einmal zu ihr, dann wieder zum Notizbuch.

Dieses Spiel führte ich einige Male durch, bis mein Blick dann auf dem Notizbuch hängen blieb. Was ich erwartet hatte, konnte ich nicht deuten. Aber auf jeden Fall hätte ich nicht gedacht, dass sie mir etwas aufgeschrieben hatte.

Hallo, mein Name ist Delia, du musst meine neue Mitbewohnerin sein, es ist schön, dich kennenzulernen!, stand darauf. Eine Augenbraue glitt in die Höhe. Wieder schaute ich sie an.

Dachte sie, ich wäre taub?

Das Lächeln auf ihren Lippen verschwand nach und nach immer mehr, bis sie sich etwas auf die Lippen biss und wieder ins Notizbuch kritzelte.

Bist du auch stumm?

In mir breitete sich komplette Verwirrung aus. Was las ich hier? Fragte sie mich gerade, ob ich wirklich stumm sei? In was für einer Klapsmühle war ich hier bitte gelandet?

Mit einem Schnaufen entfernte ich mich ein weiteres Mal von ihr. „Nein, stumm bin ich auf jeden Fall nicht.“ Meine Stimme hörte sich kratzig an. Mit einem Seufzer ließ ich mich auf mein Bett fallen. Den Haufen an Kleidern, der vom Wackeln herunterfiel, beachtete ich gar nicht.

Die Fremde schaute etwas umher, ließ das Notizbuch seitlich herunterbaumeln. Meinen Kopf legte ich in die Schräge und beobachtete sie dabei.

Mit einem Augenrollen wendete ich mich dann wieder ab. Langsam hatte ich das Gefühl, dass sie sich über mich lustig machte.

„Schau, ich weiß nicht, was du von mir willst, aber du gehst mir auf die Nerven mit diesem Aufschreiben oder dumm in die Gegend schauen. Wenn du etwas wissen willst, dann frag einfach.“ Sie zuckte etwas auf bei der Kälte meiner Stimme. Es tat mir fast schon leid, doch meine Nettigkeitskapazität war schon seit langer Zeit verbraucht worden.

Wie heißt du?

Als ich meinen Blick davon nahm und ihr in die Augen sah, stockte mein Atem. In ihrem Blick lag ein Schimmern. Etwas, was ich schon seit langer Zeit verloren hatte. Die Art, wie sie mich ansah und darauf hoffte, dass ich sie in Obhut nahm, machte mich wütend. Sie sollte mich nicht so ansehen, sie sollte mich nur in Ruhe lassen. Wieder hatte ich Mühe mit dem Atmen und versuchte mich von ihr wegzuwenden, doch sie griff nach meinem Handgelenk, was mich noch verrückter machte. Ich entriss mich ihrem Griff und funkelte sie böse an. „Fass mich nicht an!“, knurrte ich ihr entgegen. Die plötzliche Wut sammelte sich in meinem Brustkorb und umhüllte mich vollkommen. Meine Hände fingen an zu zittern, sodass ich sie zu einer Faust ballen musste. Als ich meinen Blick wieder zu ihr wandte, schreckte sie etwas zurück, was mich dazu brachte, meine Fingernägel mehr in die Haut meiner Hand zu drängen. „Ich weiß nicht, was du dir unter uns vorgestellt hast, doch ich werde es dir einmal sagen und dann möchte ich dich nie wieder in meiner Nähe haben“, knurrte ich sie an, was sie zum Zusammenzucken brachte. „Wir sind keine besten Freunde, noch werden wir das werden. Wenn du mich siehst, gehst du weiter, als würdest du mich nicht kennen und das Gleiche werde ich bei dir machen. Versanden?“ Ich wartete nicht auf eine Antwort und drehte mich wieder zu meinen Sachen um.

Ein- und ausatmen.

Lange hörte ich nichts, bis sich Schritte von mir entfernten und ich hörte, dass die Tür sich öffnete und dann wieder schloss und ich wieder komplett allein in diesem Raum war. Das Brennen in meinen Augen ließ nach und den fetten Kloß konnte ich endlich runterschlucken und merkte, wie sich meine Finger entspannten und ich meine Faust öffnen konnte. Der Abdruck meiner Fingernägel war tief in meiner Haut versunken und spiegelte all die Emotionen wider, die ich gerade fühlte.

Unterdrückung, Wut und Frustration.

Erschlagen ließ ich mich auf das Bett fallen und schaute auf die nackte Wand.

Nackt und kahl, so sah sie aus.

Ich biss mir fest auf die Unterlippe, ließ diese Gefühle auf mich sinken, die wie ein Sturm auf mich zurasten. Meine Haut prickelte, sodass ich mich selbst umarmen musste und realisierte, dass ich mich nicht anders fühlte als diese Wand.

Komplett nackt und kahl.

***

Ein permanentes Klopfen ließ mich aus meinem Schlaf erwachen. Mein Kopf dröhnte und mein Hals war trocken. Das ungewohnte Zimmer ließ mich erst zurückschrecken, doch schnell war ich mir wieder bewusst, wo ich mich befand. Schwankend setzte ich mich aufrecht hin, als ein erneutes Klopfen an der Türe ertönte. Mit einem kurzen Blick zum Spiegel sah ich, wie unordentlich ich in diesem Moment aussah, doch mir blieb keine Zeit, um mich zurechtzufinden, da klopfte es erneut. „Ich komme“, kläffte ich entgegen. Als ich die Türe aufmachte, begegnete ich einem Kerl, der mich mit einem breiten Grinsen anschaute. „Ich könnte schwören, diesen Satz habe ich irgendwo gestern Abend gehört“, sagte der Fremde. Ich zog eine Augenbraue nach oben und musterte ihn ein bisschen. „Kann ich dir behilflich sein? Soweit ich weiß, ist das hier die Mädchenetage“, sagte ich knapp, gab mir nicht groß Mühe, auf seinen merkwürdigen Spruch von vorher zu reagieren. Der fremde Junge beließ das spitzbübische Lächeln auf seinen Lippen, wenn nicht, wurde es breiter und um seine Augen entstanden kleine Lachfalten.

„Mylady, Sie wurden aufgefordert, den Lektionen der Sprechstunde beizutreten“, sagte er und machte eine dramatische Handbewegung, was mich etwas stutzen ließ. Doch es war nicht seine komische Art, die mich stutzen ließ, sondern das, was er sagte. „Lektionen für die … Sprechstunde?“, hinterfragte ich. Der Fremde legte seinen Kopf in die Schräge und runzelte etwas seine Stirn, wodurch sein Grinsen seinen Lippen entfloh, doch es war schnell wieder darauf und dieses Mal intensiver, sodass sich Grübchen an seinen Wangen bildeten. „Oh Mann, dich hat man ja überhaupt nicht aufgeklärt, was?“ Er lachte, was mir einen Tritt in den Magen verpasste. „Über was aufgeklärt?“ Meine Schultern verspannten sich, als ich ihn das fragte, noch unklar, wie sehr ich es eigentlich wissen wollte, was das hier für ein Camp war. Der Fremde lachte wieder. „Du bist dir bewusst, dass du in einem Sommercamp bist, das spezifisch für Sozialfälle wie uns ist?“, stellte er mir eine Frage. Als er das sagte, fiel in meinem Magen etwas und hinterließ eine komplette Explosion.

Ein Sommercamp für Sozialfälle, wie wir.

Als es in mich sackte, was er gesagt hatte, fühlte es sich an, als wäre mir der Boden weggezogen worden und ich fiele ins Nichts.

„Nein, ich bin in einem normalen Sommercamp. Du hast die falsche Türe erwischt, Freund“, versuchte ich es zu verweigern, doch als ich die Türe zumachen wollte, hielt er sie auf und zückte einen Zettel. „Amara O’Kelly?“, las er. Ich spürte, wie die ganze Farbe aus meinem Gesicht verschwand. Der Typ schmunzelte wieder und steckte sich den Zettel zurück in die Hosentasche.

„Ich schätze mal, dass dich jemand mies verarscht hat, O’Kelly“, erwiderte er und verschwand aus meiner Sichtweite.

Capítulo 4

Amara O’Kelly

DAMIEN GARCIA – Mein Mitbewohner hatte nicht ganz alle Tassen im Schrank. Er war laut, lachte über sich selbst und hatte ein Dauergrinsen auf seinen Lippen, was mich hinterfragen ließ, ob er nicht in Dauerschleife high war. Ich legte meinen Arm über meine geschlossenen Augen, versuchte verkrampft, etwas an Schlaf zu gewinnen, doch immer wieder hörte ich ein Rascheln und ein Murmeln, was mich nur genervt ausatmen ließ. Als mein Zimmernachbar mir nicht etwas Ruhe geben wollte, nahm ich meinen Arm von meinen Augen und setzte mich auf. „Kennst du so etwas wie Ruhezeit?“, fragte ich ihn. Doch viel half es auch nicht, da er kein Interesse daran hatte, wie ich mich fühlte, und was auch immer er gerade tat, weitermachte. Es ging so weiter, bis er ein lautes Geräusch von sich gab und dann triumphierend eine Zigarettenschachtel hochhielt. „Ich dachte schon, die Alten haben es gefunden. Ohne die könnte ich nicht den Alltag überstehen“, sagte er grinsend und ließ sich auf das Bett fallen, zog sich dabei eine Zigarette aus der Schachtel und steckte sie zwischen seine Lippen.

Ich schluckte etwas beim Anblick der Zigarette, was er wohl bemerkt hatte, denn er fing wieder an zu grinsen. Mit einem gezielten Wurf warf er sie zu mir rüber und zwinkerte mir zu. „Du kannst mir später danken.“ Dann ging er zum Fenster, öffnete es und zündete sich den Teil an.

Ich sollte nicht.

Ich sollte nicht, und dennoch spielten meine Finger mit den Rundungen der Zigarette. Doch auch nach vielem Überlegen legte ich sie zur Seite und widmete mich meinen Sachen. „Ich habe mich gar nicht vorgestellt. Mein Name ist Aidan“, hörte ich meinen Zimmernachbar sagen. Knapp drehte ich mich zu ihm und nickte ihm zu. „Damien“, antwortete ich und konzentrierte mich wieder auf meine Sachen. Der Geruch der Zigarette umhüllte den Raum und verspannte mich. Der Muskel in meinem Kiefer zuckte angestrengt, als ich meine Kleider nahm und sie eher aggressiv in den Schrank warf. Als ich mich wieder umdrehte und noch mal einen Haufen Kleider nahm, machte Aiden die Zigarette aus. Es war schon peinlich, wie sehr es mich dann beruhigte, als der Geruch nur noch dezent im Zimmer herumschwebte. Meine Hand fuhr über mein Gesicht, ich schnaufte müde. „Krasse Narbe, Mann, ist das der Grund, weshalb du hier bist?“, wurde ich mit einer nächsten Frage bombardiert. Nur dieses Mal traf er einen Punkt. Dieser Punkt machte es mir schwer, den Kloß runterschlucken. Am liebsten wäre ich in diesem Moment weggerannt, doch das konnte ich nicht.

Ich war hier wegen meiner eigenen Dummheit.

Meine eigene Enttäuschung.

Deswegen warf ich ihm einen Blick zu, der ihm sagen sollte, dass er seine Klappe halten sollte und nicht in der Scheiße anderer wühlen sollte. Aidan legt seinen Kopf schräg und erinnerte mich in diesem Moment immer mehr an die Grinsekatze von Alice im Wunderland. Die Art, wie er einen neckte und es ihm gefiel, dass man genervt war. „Was war dein Grund?“ Meine Stimme hörte sich verspannt an. Zwanghaft versuchte ich, mich zurückzuhalten, bevor ich etwas Dummes anstellte, doch dann war es zu spät. „Haben deine Eltern keinen Bock mehr auf dich gehabt?“ Ein bitterer Geschmack entstand in meinen Mund, als ich Aidans Gesichtsausdruck sah und das Dauergrinsen verschwand.

Ich hatte wohl den Punkt getroffen.

„Hey Mann, tut mir leid –“, versuchte ich mich zu entschuldigen, doch er schüttelte es nur ab. Ein Grinsen hatte sich wieder auf seine Lippen gelegt, nur dieses Mal war es gezwungen. „Lass es stecken, du hast nicht unrecht.“ Gegen Schluss seiner Aussage wurde seine Stimme immer schwächer. Doch er schüttelte sich nur und grinste wieder etwas breiter. „Komm mit, Neuling, es wird Zeit, dass du den Rest unserer bekloppten Gruppe kennenlernst“, sagte er frech, doch dahinter lag auch eine gewisse Ernsthaftigkeit, was mir eine Gänsehaut gab.

Es war Zeit, jetzt gab es kein Zurück mehr.

Aidan lief weiter zur Türe und achtete nicht groß darauf, ob ich ihm folgte. Das wäre meine Chance zum Verschwinden gewesen, es wäre einfach gewesen, ich hätte einfach packen und rauslaufen müssen.

Trotzdem stand ich auf und folgte der Menge der anderen Jugendlichen, die sich in die Richtung begaben, wo diese sogenannten Sprechlektionen stattfanden.

***

Die Gruppe war um einiges kleiner, als ich gedacht hatte. Es befanden sich insgesamt fünf Leute, die alle zwischen siebzehn und zwanzig Jahre alt waren, darin. Ich schaute mich etwas um, beobachtete die Leute, wodurch mein Blick an einer Gruppe Jungen hängen blieb. Sie saßen alle auf dem Tisch, grinsten breit, rissen unangebrachte Witze und taten alles dafür, um großartig zu wirken. Ich kannte dieses Gefühl, ich kannte dieses Funkeln in ihren Augen. Es war mir so bekannt, dass sich eine Gänsehaut über meine Haut zog. Die Erinnerungen an diese Tage, wo ich mich zurückgezogen hatte, die Schule geschwänzt, nur um dann Stunden lang high hinter der Schule zu sitzen mit Leuten, denen ich vollkommen egal war. Das falsche Lachen, das durch den Raum hallte, ließ meine Wut durch die Adern fließen. Sie redeten alle miteinander, als ginge es ihnen wirklich gut, doch die Sache war, dass es uns nicht gut ging. Wir logen, damit andere uns gerne hatten, wir versteckten das Verletzte, damit uns andere nicht wegwarfen. Wir warfen die Wahrheit in das Nichts, denn der Schmerz, den wir gelernt hatten zu verstecken, war dreimal so groß wie es diese armselige Welt verstand und nicht mal dann, wenn man dachte, dass die anderen dich verstanden, taten sie es. Sie stempelten dich ab, sie sahen nur das Schlechte in dir. Ohne dass man es richtig bemerkte, wurde man zum Rebellen. Man wurde zum Bösewicht, ohne richtige Stimme. Man wurde abgegrenzt von allem und jedem und das Schlimmste war, man konnte sich nicht mal rechtfertigen, weil alles, was man sagte, keinen Wert mehr hatte. Man lebte in einer kompletten Lüge, in die man sich selbst reingeritten hatte. Auf meinen Lippen bildete sich ein verkrampftes Lächeln und ich merkte, wie in mir die Lust wieder aufkam, mich zu betrinken. Der Realität einfach zu entfliehen. Meine Gedanken wurden unterbrochen, als die Leiterin des Camps laut in die Hände klatschte. „Hallo, meine Lieben, es freut mich sehr, so viele neue Gesichter zu sehen, aber noch schöner ist es, viele bekannte Gesichter zu sehen“, sprach sie freudig und ich fragte mich automatisch, wie sie diese Ansage gestern Abend vor dem Spiegel geübt hatte. „Wie ihr bereits gesehen habt, haben wir einen neuen Gast in unserer Runde“, sagte sie. Ich wollte im Erdboden versinken, als sie in meine Richtung sah. „Bitte begrüßt alle miteinander Damien Garcia“, stellte sie mich vor und fing an zu klatschen. Der Rest der Gruppe tat es ihr gleich, was dazu führte, dass sich mein Kiefer verspannte. „Herzlich Willkommen, Damien, ich heiße Katy und ich werde deine Ansprechperson sein für die restlichen fünf Wochen“, sagte sie. Da ich meiner Stimme nicht vertraute, konnte ich nur nicken. Doch als ich dachte, dass der schlimmste Teil vorbei wäre, wurde es nur noch schlimmer. „Erzähl uns etwas von dir, Damien, wir wollen dich kennenlernen“, ergänzte sie zu meiner Blamage. In mir verzog sich etwas, wie sollte ich mich vorstellen, wenn ich mich nicht mal selbst kannte. Der Muskel in meinem Kiefer zuckte, als ich mich etwas aufrichtete und in die Runde sah. Niemand wirkte interessiert, niemand wollte mich kennenlernen, ich konnte sagen, was ich wollte, und niemand würde darauf reagieren. Die Stimme meines Vaters tauchte in meinem Kopf auf und ließ mich schwer schlucken. Nimm diese Gelegenheit an dich, Damien.

Also atmete ich etwas aus und fing an zu sprechen.„Mein Name ist Damien Garcia, ich bin siebzehn Jahre alt und ich bin hier.“ Ich schluckte, doch ich reckte mein Kinn in die Höhe und sprach weiter. „Ich bin hier, um mich zu verbessern.“ Ich bemühte mich, meine Stimme kräftig zu halten, wirklich daran zu glauben, dass es stimmte, was ich hier vortrug. Wie erwartet tat ich es nicht. „Das ist doch super! Hast du irgendwelche Vorlieben, Damien?“, sagte sie und grinste breit in meine Richtung, doch ich schüttelte nur meinen Kopf und schaute sie nicht weiter an. Mein Blick wanderte auf meinen Schoß. Meine Locken verdeckten mir die Sicht, wodurch ich etwas ausatmen konnte,