Silko Frost - Silko Shark - E-Book

Silko Frost E-Book

Silko Shark

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Beschreibung

Jurastudent trifft auf den charismatischen Psychopathen Silko Frost! Der Trend sich als Clown zu verkleiden und Leute zu erschrecken hat Deutschland erreicht. Allerdings ist einer unter diesen Clowns, dem das Erschrecken nicht reicht. Er begeht Körperverletzungen und Diebstähle. Dabei wird er von Mal zu Mal brutaler und treibt ein Katz- und Mausspiel mit der Polizei, die ihm einfach nicht beikommt. Es dauert nicht lange und es gibt sogar Tote. An jedem Tatort hinterlässt er eine Karte, die ihn als Täter kennzeichnet. "Ich ahne noch nicht, dass die Party zu der ich gehe mein Leben verändert und mich an die Seite eines Psychopathen mit unermesslichem Intellekt gemischt mit einer kräftigen Portion Wahnsinn bringt, der nur allzu gern seine Überlegenheit demonstriert, andere verhöhnt oder demütigt und sein Hochleistungsgehirn damit auslastet Probleme zu knacken, die andere überfordern. Dabei macht er frühzeitig deutlich, dass er eine ganz eigene Auffassung von Strafmaßen für Schwerkriminelle hat, die er auch anwendet, wenn seiner Meinung nach die Gesetzte der Gesellschaft zu lasch sind. Auf unserem ersten Ausflug geraten wir direkt mit der Polizei zusammen wo ich meine Karriere als zukünftigen Juristen den Bach runter gehen sehe. Doch Silko sorgt mit seinem Scharfsinn für Eindruck, als er eine Problemsituation für den zuständigen Beamten mühelos löst und wird bald zu anderen Ermittlungen hinzugezogen. Bis auch er den Joker jagt."

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 306

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Josef Stalin

Silko Shark

Silko Frost

UND DER JOKER

1. Auflage

© 2021 Silko Shark

www.silko-shark.de

Lektorat, Korrektorat: Sara Krause

Umschlagsgestaltung: Michael Gottschalk

Verlag & Druck: tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg

ISBN

 

Paperback

ISBN 978-3-347-27506-5

Hardcover

ISBN 978-3-347-27507-2

e-Book

ISBN 978-3-347-27508-9

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Verlages und des Autors ist unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

DER JOKER

SILKO FROST

DAS KENNENLERNEN

DAS ANGEBOT

EIN SPIEL, EINE STRAFE, EINE FREUNDSCHAFT

BRUTALE GEWALT

AUSGELIEFERT

EINE KLEINE DEMONSTRATION

DER ERSTE KLIENT

DIE SEHNSUCHT NACH ABENTEUERN

WIE SIEHT MARKUS NAUMANN EIGENTLICH AUS?

SILKO ERKLÄRT DIE WELT

DIE INFORMATION AUS DEM VIDEO

ZWEI JÄGER, EIN ZIEL

DAS POLIZEIREVIER

DAS PROFIL DES JOKERS

DIE DROHENDE FRATZE UND DIE BRINGSCHULD

DER CLOWN IN DER KISTE

DER VERRÄTER

DIE JAGD

DER BULLE UND DER DRACHE

TRAUERFEIER, KRANKENBESUCH UND DER GEISTESBLITZ

DAS TAGEBUCH

DIE BAHN

DIE KIRCHE

EIN AKT DER FREUNDSCHAFT

DER JOKER

Es war eine düstere, kühle Nacht. Das Licht einer Laterne flackerte und ein kalter Wind blies durch die Gegend.

„Richtig unheimlich“, flüsterte Miriam, die noch eine Stunde in der Tankstelle absitzen musste, obwohl sie sicher war, dass niemand mehr tanken würde. Denn so war es immer. Sie zog kräftig an ihrer Zigarette und inhalierte tief, dankbar für dieses angenehm wohltuende Gefühl, dass es in ihr auslöste. Dann schnipste sie die Kippe weg.

Sie stellte sich hinter die Ladentheke und klackerte mit den frisch gemachten Nägeln auf der Kasse herum. Bald würde sie den Job wechseln. Das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Sie warf einen trübseligen Blick aus dem Fenster und konnte auf der anderen Straßenseite jemanden erkennen. Da stand eine Person, genau unter der flackernden Laterne, das Gesicht auf den Boden gerichtet.

„Was der wohl um diese Uhrzeit will? Vermutlich hat er den Kürzeren gezogen und wurde von seiner Gruppe zum Schnaps holen verdonnert. Normale Geschäfte haben ja nicht mehr geöffnet“, vermutete sie.

Die Person setzte sich in Bewegung und kam langsam immer näher. Das Flackerlicht der Laterne reichte nicht aus, um viel zu erkennen.

Sie wartete und ließ ihren Blick über die Brötchentheke wandern, wo noch zwei gute Stücke ihren Platz fanden. „Ob ich noch ein belegtes Brötchen esse? Hunger hätte ich schon.“

Das Geräusch der sich öffnenden Tür ließ ihre Aufmerksamkeit wechseln und eben wollte sie einen Abendgruß an den Eintretenden richten, als sich ihr Blick böse verfinsterte.

Der Herr, der eintrat, trug einen Anzug und hatte sein Gesicht zu einer Clownsfratze geschminkt. Die Ähnlichkeit des Schminkstils zu dem Bösewicht aus dem Film „The Dark Knight“, gespielt von Heath Ledger, war mit Sicherheit gewollt. Sie entsann sich so gut an ihn weil es der Lieblingsbösewicht ihres Freundes war und sie den Film schon mehrfach gesehen hatte.

Sie vermutete aber noch einen anderen Zusammenhang. Zurzeit waren nämlich aus irgendwelchen pubertären Gründen das Verkleiden als Clown und das Erschrecken von Bürgern in Mode gekommen. Irgendwelche Idioten setzten Masken auf, bewaffneten sich und zogen los, um aus Gebüschen zu springen oder um Leuten in dunklen Gassen aufzulauern.

Dieser, der sich nun geschminkt hatte, war da die Ausnahme. Doch der Zorn wallte in ihr hoch, denn entweder war dieser Typ gerade auf Erschreckertour oder er wollte sich mit ihr einen Spaß erlauben. Hier würde er aber auf Granit beißen. In Situationen wie diesen wünschte sie sich, dass man unter der Ladentheke eine Waffe aufbewahren dürfte. Dann würde so ein Blödsinn ganz schnell seinen Reiz verlieren. Natürlich wollte sie niemanden töten, aber diese unreifen Jugendlichen ein wenig um ihr Leben betteln zu lassen, könnte nicht schaden.

Ob Waffe oder nicht, sie hatte ihr hitziges Temperament und ein lautes Organ. Und notfalls wusste sie, wo sie hinzutreten hatte. Sie würde diesem Flegel ordentlich Feuer unterm Hintern machen.

Mit großen Schritten lief sie um die Theke und begann den Clown anzuschreien.

„Schämst du dich eigentlich gar nicht?!“

Der Clown zog ein Messer mit dünner Klinge und seine Augen blitzten vor Entschlossenheit. Sie spürte ein Gefühl der Unruhe in sich aufsteigen, wollte ihm diesen Triumph aber auf keinen Fall gönnen. Denn auf ihre Angst hatte er es ja abgesehen. Da er jetzt tatsächlich noch eine Waffe ins Spiel brachte, war sie gewillt keine Gnade zu zeigen. Sie ballte die Hand zu einer Faust und hatte in Gedanken schon die Nase anvisiert, als der Clown blitzschnell einen Schritt auf sie zumachte und die Zeit, die sie zum Ausholen brauchte nutzte, um die Spitze des Messers in ihrer Schulter verschwinden zu lassen.

Sie war völlig perplex. Ihre geballte Faust sank hinunter und sie setzte sich hin, den Blick ungläubig auf die Klinge gerichtet, die in ihrem Fleisch steckte.

Den Schockmomenr, nutzte der Clown. Er ließ sie sitzen und ging hinter die Theke. Dort griff er sich eine Schachtel Zigaretten der Marke JPS und laserte den Code. Dann gab er zehn Euro als Zahlung ein und per Knopfdruck ließ er die Kasse aufgehen. Die Scheinfächer räumte er komplett aus. Die Münzen kümmerten ihn nicht. Nachdem alles gründlich verstaut war, griff er sich noch ein Feuerzeug und kniete sich zu Miriam nieder.

„Ich schätze, du hast noch etwas, das mir gehört.“

Ihre geweiteten Augen schweiften von dem Messer zu seinen Augen. Von ihnen ging ein Funkeln aus.

„Bitte…“, flehte sie.

Mit einem unheimlichen Blick entfernte er sich von ihr und Griff sich das Telefon hinter der Theke. Er wählte und wartete.

„Die Tankstelle am Stadtrand wurde ausgeraubt. Es gibt eine Verletzte.“

Dann legte er wieder auf. Ihr fuhr ein Schauer durch die Glieder, als sie an die kalte, unbetroffene Tonlage seiner Stimme dachte. Dann zückte er eine Karte, die er ihr in die Hand legte.

Sie schaute auf den Aufdruck.

DER JOKER WAR HIER!

Darunter war ein Aufdruck von einer lachenden Jokerfratze.

Ein Schreck durchfuhr sie, als er das Messer aus ihrer Schulter zog und sie spürte, wie ihr warmes Blut aus der Wunde strömte.

Sie hob den Blick und sah den Joker aus dem Laden verschwinden.

SILKO FROST

Über die Jahre, die ich an seiner Seite miterleben durfte, hat mein Freund… Nein, ich glaube nicht, dass er mich als solchen gesehen hat. Und um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, wie man unsere Verbindung nennen würde.

Denn wie bezeichnet man jemanden, der ständig auf Drogen ist, sich nicht um die Gefühle anderer schert und noch dazu einen absolut nazistischen Charakter in höchster Vollendung besitzt? Die einzige Tatsache, die noch unheimlicher an ihm ist, ist die, dass er sich auch keinen Deut um sein eigenes physisches - und wenn ich mir die Menge an bewusstseinserweiternden Substanzen angucke, die er schnieft, einwirft oder raucht - auch nicht um sein psychisches Wohlbefinden schert.

Und darüber hinaus galt es zu wissen, dass man mit ihm kein normales Leben führen konnte. Alles Echte ist unecht, alles Richtige ist falsch und alles was du weißt, ist, dass du praktisch gar nichts weißt und er scheinbar alles. Und obwohl er kein Bösewicht ist, ist er kein Held. Er ist mehr wie ein Dämon, oder ein komplett gestörter Gott! Nach all diesen negativ behafteten Fakten fragt man sich sicherlich, warum ich in Erwägung ziehe, diese Person als meinen Freund zu betrachten.

Die Antwort ist ganz simpel: Mich reizte das Abenteuer. Dem gewöhnlichen Alltagstrott zu entfliehen, war für mich das Größte. Und diese Art von Abenteuer bekam man geboten wenn man mit ihm zusammen unterwegs war.

Kurz, ich rede von Silko Frost.

Ein eher ungewöhnlicher Name. Vor allem in Deutschland. Aber wenn man bedenkt, dass er der Sohn des erfolgreichen Schauspielers Randal Frost ist, ist es nicht mehr ganz so merkwürdig. Sein Vater feierte regelmäßig Erfolge durch amerikanische Filme und hat sich seinen Künstlernamen Frost selbst gegeben, den später Silko übernommen hat und unter dem er auch bald sehr bekannt werden sollte.

Es war ein heißer Sommertag, an dem ich Silko kennenlernen sollte. Mein Freund Mirko hatte ihn auf einer Geburtstagsfeier vergangenes Wochenende zum ersten Mal getroffen. Und da eine weitere anstrengende Woche Studium hinter mir lag, folgte ich der Verheißung, ihn auf eine Party zu begleiten, wie ich sie noch nie erlebt haben sollte.

Wir erreichten das Gebäude, in dem die Party stattfinden sollte. Von außen machte es keinen besonderen Eindruck. Und noch ahnte ich nicht, dass die Zeit, in der ich darauf achtete, was ich meinem Körper zuführte, mit dem Überqueren der Türschwelle für immer vorbei sein sollte. Und dass sich damit ein vollkommen neues Kapitel meines Lebens auftat, mit dem ich niemals gerechnet hätte.

Wir näherten uns der Klingel. Es ließ sich vermuten, dass es einen Gartenbereich gab, der wohl für den Bewohner da war, der auch das Erdgeschoss bewohnte.

Mirko drückte auf die Klingel, auf der „Frost“ stand.

„Ich weiß nicht warum, aber obwohl der Typ megaintelligent ist, schart er andauernd Massen von hirnlosen Idioten um sich“, erklärte Mirko.

Ich runzelte die Stirn. Noch konnte ich mit dieser Information nichts anfangen.

Hinter der Haustür befand sich ein Flur, mit einer Treppe zu höheren Stockwerken anderer Bewohner und die Eingangstür zu der Wohnung, in die wir wollten. Mit einem Spion. Und die Tür wirkte deutlich massiver als man es von Wohnungstüren kennt.

„Zum Gucken, wegen den Bullen“, erklärte Mirko. „Silko hat wohl mächtig viel Geld ausgegeben. Die ganze Bude hat er schalldicht isolieren lassen, die Fenster durch Sicherheitsglas ersetzt und eine Tür, durch die nicht einmal ein Panzer kommt.“

Die Tür summte und wir konnten sie aufdrücken und eintreten. Als die Wohnungstür aufging, wäre ich beinahe aus den Latschen gekippt. Es knallte und dröhnte so heftig, dass ich sehr überrascht war, zuvor nicht einen Muchs vernommen zu haben.

Ein merkwürdiges Subjekt hatte geöffnet. Anders möchte ich diesen Kerl nicht beschreiben.

„‘S läuft Leude?“, fragte er und winkte uns rein.

Seine Pupillen waren so groß, dass die Iris daneben kaum mehr zu erkennen war.

Mir war etwas unbehaglich zumute, aber ich ließ mich nicht zweimal bitten und folgte Mirko in die Wohnung, die ausschließlich von flackerndem Licht erfüllt war. Kaum dass wir den Flur verlassen hatten und in das Wohnzimmer traten, spürte ich, wie mein Verstand den Gegebenheiten nicht ganz folgen konnte, die sich hier vor meinen Augen abspielten. In einem bestimmt 50 Quadratmeter großen Wohnzimmer hopsten und tanzten, wenn man es so nennen konnte, die Partygäste zu dieser… Aneinanderreihung von schrillen und rumsenden Tönen. Die Rollos waren allesamt herrunter gefahren. Von innen. Damit sie niemand von außen hochschieben konnte. Mir fiel auf, dass es eine Maisonettenwohnung war. Eine, die auf zwei Stockwerke verteilt ist. Eine Wendeltreppe führte etwa vier Meter nach oben und verschwand in der Decke. Eine Sofaecke stand um einen Glastisch, an dem mehrere Personen saßen und sich weißes Pulver in mal größere, mal kleinere Bahnen legten.

Auch die Luft hier drin war unerträglich und zum Durchschneiden. Nicht nur dass hier akuter Sauerstoffmangel herrschte, nein, die Luft wurde auch von Zigarettenqualm verpestet, der aus bestimmt zwanzig Glimmstängeln gleichzeitig emporstieg, von den Gästen, die Kette rauchten. Dazu kam der starke Geruch nach Marihuana, gemeinhin bekannt als Gras. Dieser musste von den drei Subjekten kommen, die mir gerade ins Auge fielen, als sie die Bongs von ihren Mündern absetzten und eine große Wolke ausbliesen.

Mirko und ich waren etwas verloren, da der Einlasser bereits wieder in der Menge verschwunden war und niemand weiter auf uns achtete.

Gerade wollte ich vorschlagen wieder zu verschwinden, da gab mir Mirko eine Dose Bier von unserem Mitbringsel aus dem Rucksack und prostete mir zu, ehe er davonmarschierte und mich einfach stehen ließ.

Von dem Wohnzimmer kam man in drei weitere Räume. Der eine ließ ein Badezimmer vermuten, das mit schwarzen Fliesen ausgelegt war. Die andere Tür war verschlossen und was dahinter lag, schien niemanden zu interessieren. Die letzte Räumlichkeit war die Küche, in der wenig Betrieb herrschte. Es wurden Eimer mit Eis herausgeholt, die sehr schnell in Beschlag genommen wurden und Cocktails wurden gemixt.

Eine der Damen, die Eis holten, war eine ausgesprochen verzückende Schönheit. Ihr ebenholzschwarzes Haar mit den blauen Strähnen schmeichelte ihrem Gesicht mit den russischen Zügen und auch der sich aufgrund von eingenommenen Drogen bewegende Kiefer sah mehr anmutig als merkwürdig aus.

Sie bemerkte meinen forschenden Blick. Ertappt wie ich mich fühlte wandte ich das Gesicht ab, doch es war zu spät. Sie reichte jemandem den Eimer, wobei etwas Gebieterisches in ihrer Art lag. Dann kam sie auf mich zu.

Sie blieb vor mir stehen und schob ihren Kiefer nach vorne, um das Kauen zu unterbinden. Das verlieh ihr ein durchaus ernstes Aussehen und mir war keinesfalls nach einem Scherz zumute, weil ich unmöglich erraten konnte, wie sie reagieren würde. Also verharrte ich und sah ihr in die mit schwarzer Schminke umrandeten Augen. Mit den ebenfalls stark erweiterten Pupillen.

„Du wirkst etwas verloren“, stellte sie fest und klang dabei überraschend herzlich.

Meine Überraschung amüsierte sie wohl, denn sie schenkte mir ein schelmisches Lächeln. Dann sah sie mich auf eine Weise an, die von ihrer unschuldig wirkenden Körpersprache untermauert wurde. Einem konnte bei diesem Anblick das Herz aufgehen, wäre da nicht dieser Ausdruck in den Augen, der mir schwach auffiel. Dieser signalisierte deutlich, dass sie keinesfalls so hilflos war, wie sie wirkte, und darauf wartete, dass ich den nächsten Schritt unserer Konversation machte.

„So offensichtlich?“, sagte ich und hätte mich für diese geistlose Frage ohrfeigen können.

Auch sie ließ mich spüren, dass sie mehr erwartet hatte, indem sie mich mit einer demütigenden Antwort strafte.

„Deine steife und schlaffe Art zeichnet dich noch deutlicher als Außenseiter aus als deine normalen Pupillen.“

Herausfordernd sah sie mich an. Es war, als würde sie mir noch eine Chance geben, ehe sie mich als Versager abstempeln würde.

„Wie wäre es mit einem Spiel?“

Ich meinte, einen Anflug von Neugier in ihren Augen zu erkennen. „Ein Spiel mit drei verschiedenen Aufgabenbereichen. Einer Pflicht, einer Frage und einer Mutprobe.“

„Uh, eine Mutprobe. Und der Umfang?“

„Es darf etwas anspruchsvoller sein, aber sollte bis Mitternacht erledigt werden können.“

Sie sah nicht vollkommen überzeugt aus. Ich schien in ihrer Wertung knapp an dem Bereich ausreichend gekommen zu sein. Alles Weitere würde von der Spannung abhängen, die ich ihr während des Spiels liefern würde.

„Lass uns lieber drei Mutproben machen. Unterhalten können wir uns, wenn du mich beeindruckt hast.“

Ich konnte jetzt keinen Rückzieher machen, wie stünde ich denn da? Und darüber hinaus findet man sehr viel über sein Gegenüber heraus, wenn man so ein Spiel spielt.

Sie sah aus, als würde sie in sich gekehrt sein und etwas überlegen. Ich war gespannt, was es war.

„Ich fange an“, sagte sie. „Beweis dich.“

Ich sah sie verdutzt an.

„Mich beweisen?“, fragte ich. „Wie denn das?“

Sie lächelte mich an. Allerdings mit einem Lächeln, dass nichts Gutes verhieß.

„Ich stelle dich unserem Gastgeber vor. Wenn er dich akzeptiert, sehen wir weiter.“

Ich sah mich ein wenig selbstsicher um.

„Wenn ich mir die Gästeliste angucke, sollte das nicht allzu schwer werden.“

Sie sah mich mit aller Klugheit an, zu der Frauen fähig sind. Und einer Spur Überlegenheit. Dann trat sie ganz dicht an mich heran. „Hier zu sein, hat nichts damit zu tun, dass du akzeptierst wirst. Hier akzeptiert zu werden, heißt akzeptiert zu werden!“

Diese Aussage weckte ein Gefühl in mir, dass mich an ein Vorstellungsgespräch erinnerte.

Sie bedeutete mir, ihr zu folgen. Stellt euch mein Erstaunen vor, als wir auf einmal die Treppe hochstiegen. Sogar einige der Partygäste sah ich auf mich zeigen und in übertriebener Ausführung gestikulieren - vermutlich zurückzuführen auf die Drogen - während sie in ihren Gruppen Mitteilungen von sich gaben, die ich nicht verstehen konnte.

Ich schüttelte für mich selbst den Kopf. Was sollte schon auf mich zukommen? Ich würde mich überraschen lassen. Kurzzeitig hatte ich das Gefühl, dass es klüger wäre, nicht nach oben zu gehen. Aber wie das so ist, hat man als Mann seine Ehre zu verteidigen und schließlich konnte ich ja nicht bei der ersten Mutprobe kneifen. Und sich dieser Schönheit zu beweisen, reizte mich obendrein.

Als wir die letzte Stufe hochstiegen, erreichten wir einen Platz, der mit einem Geländer geziert war und Ähnlichkeit zu einem kleinen Podium hatte. Von hier aus konnte man auf die Gäste hinabblicken und diese sahen einen genau. Ich, der eine nicht unerhebliche Bildung genossen hatte, konnte den Charakter des Wohnungsbesitzers langsam einschätzen. Zumindest einen Teil seines Charakters.

Dieser stellte sich offensichtlich gern über andere Menschen. Die Wahl der Wohnung und der Tatsache, dass es offensichtlich ein Privileg war, hier oben zu sein, sprachen Bände.

Sie öffnete die Tür und ließ mich eintreten. Und was mich darin erwartete, verschlug mir fürs erste die Sprache.

In dem Zimmer befand sich eine Couch, die das Wort bequem geradezu zu rufen schien und für gewöhnlich in Villen von Firmenbossen auf Mallorca zu finden war. Eine gigantische Leinwand gegenüber, bestimmt fünf Meter breit, zog sich von einer Wand bis zur anderen. Darauf lief allerdings kein Film sondern nur eine Mischung und Veränderung aus Farben, die in voller Pracht leuchteten. Nebenbei spielte eine Melodie, die so beruhigend und schön war, dass ich mich für einen kurzen Moment in den Farben verlor. Ich kam erst wieder ins Hier und Jetzt zurück, als ich knapp bremsen konnte, um dem Mädel nicht in die Hacken zu rennen, als diese stehen blieb.

„Warte hier“, sagte sie gebieterisch. „Ich hole ihn.“

„Mit „ihm“ meinst du doch sicher Silko, oder?“

„Ganz recht“, erwiderte sie, als sie direkt auf der anderen Seite des Zimmers noch eine Treppe hoch ging, die in ein weiteres Zimmer führte, dass sich noch eine halbe Etage höher befand. Aber in direkter Verbindung mit diesem Raum.

Nachdem sie verschwunden war, nutze ich die Zeit, um mich etwas genauer umzusehen. Dabei fiel mir auf, dass es noch eine komplett verspiegelte Wand gab, die direkt hinter dem Sofa zu finden war. Jeder Spiegel, von denen es insgesamt zehn Stück gab, hatte auf halber Höhe zwei künstliche Diamantengriffe, jeweils rechts und links. Vermutlich um einen weiteren Pluspunkt auf die Eleganz der Einrichtung zu setzten.

Die Tür oben ging wieder auf und die schöne Unbekannte trat heraus. Sie hopste in ausgesprochen ansehnlicher Weise die einzelnen Stufen hinunter, während sie mich herausfordernd ansah.

„Was nun?“, fragte ich.

An einer dünnen Säule, ähnlich wie in Stripclubs, herumdrehend, sagte sie verspielt: „Jetzt kannst du zeigen, wie ernst es dir ist.“

Ich bemerkte, dass es fünf ähnliche Löcher in der Decke gab, wo anscheinend solche Stangen herausgefahren werden konnten. Denn synchron gab es eine herausgefahrene Stange auf der gegenüberliegenden Seite. Der Seite, auf der ich mich befand.

Mein Blick folgte neugierig dem Mädel, das sich auf das Sofa fallen ließ und auf dem Glastisch davor begann, mit Plastikkarte eine dünne Line weißen Pulvers in Formation zu bringen.

Als ich den Tisch genauer fixierte, stellte ich unschwer fest, dass das weiße Pulver in dem durchsichtigen Sack, aus dem sie schöpfte mit Sicherheit einen Gesamtwert über zehn Riesen hatte!

Für mich ein weiterer Hinweis, dass Bescheidenheit keine Tugend unseres Gastgebers war, er andererseits auch die Einsamkeit schätzte, wenn er hier oben für sich allein seine Arten eines Rausches auslebte - möglicherweise in Gesellschaft heißer Tänzerinnen, die diese Stangen für sich einzusetzen wussten.

Die Tür oben ging auf und jemand trat heraus. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob es sich um unseren Gastgeber handelte. Ich muss gestehen, dass ich ihn mir zu dieser Zeit noch vollkommen anders vorgestellt hatte. Denn die Person, die da heraus trat, war schlank, was sich fraglos auf den Kokainkonsum zurückführen ließ und trotzdem stabil gebaut. Das Hemd, dass er trug, war bis unter die Brust aufgeknöpft und an den Seiten war ein stabiles, auf Muskeln hinweisendendes V zu erkennen, das seine Lattmuskeln preisgab. Eine silberne Kette in Form eines Kreuzes, eher dezent als protzig, baumelte auf Höhe seiner Brust und eine silberne, aber deutlich erkennbar teure Uhr, zierte sein linkes Handgelenk. Die Hose wurde von einem äußerst beachtlichen Gürtel gehalten und passte ideal zu den teuren Lackschuhen, zum Hemd; seine Bekleidung schrie „Partyleben“ und machte den Eindruck, als wäre er nicht erst einen Tag unterwegs. Das Gesicht war markant und die Augen von einer schwarzen Sonnenbrille verdeckt. Sein Kopf war kurzgeschoren und sein Kiefer gab offensichtlich unwillkürliche Bewegungen von sich, die er aber weitestgehend im Griff zu haben schien.

Ich ließ meinen Blick kurz zu der Dame schweifen, die mich hier hoch gebracht hatte. Eigentlich um mich vorzubereiten auf das, was mich erwartete, doch da musste ich die Hingezogenheit in ihrem Blick erkennen. Einen Ausdruck, der verriet, dass sie diesen Typen verehrte.

Vielleicht war es nicht einmal das, aber ihr Blick zeigte ein überdeutliches Interesse.

Ich bemerkte, dass der Kerl eine Zigarette aus seiner Schachtel in seinen Mund beförderte, indem er einmal gegen die Unterseite seiner Schachtel schnipste und die Kippe, die am weitesten herausschaute mit den Lippen herauszog. Er entzündete sie mit einem originalen Zippo und blies den Rauch aus einem Loch, das er auf der rechten Seite seiner Lippen formte. Eigentlich hätte ich erwartet, dass er mir den Rauch mitten ins Gesicht pusten würde. Eine Aktion, die in Filmen gern verwendet wird, damit die Bosse ihren Standpunkt verdeutlichen. Aber er nicht. Dieser Kerl blieb in angemessenem Abstand stehen und sah mir in die Augen. Wenn er es auch durch eine Sonnenbrille tat.

Es ist für mich schwer das Gefühl zu beschreiben, aber jeder, der schon Mal in eine Schlägerei verwickelt war, beziehungsweise in die Situation kam, in der er wusste, dass gleich die Fäuste fliegen und es keinen Ausweg gibt, der kann sich in meinen Standpunkt hineinversetzten.

Ich weiß nicht wie ich es beschreiben soll. Vielleicht lag es auch an meiner erweiterten Bildung, welcher ich verdankte, aus Verhaltensweisen Schlüsse zu ziehen und auch aus Belanglosigkeiten Ergebnisse erzielen zu können. Und nicht zu vergessen, Verhaltensweisen zu deuten, die mir dieses ungute Gefühl bescherten. Aber etwas an diesem Typen, an seinem Auftreten, an seiner Art unsere verbale Konversation zu eröffnen, jagte mir einen kalten Schauer über den Rücken.

Selbstredend war ich klug genug, mir das nicht anmerken zu lassen, sondern einfach auf die Taktik der Weicheier umzusteigen. Nämlich zu verharren und auf den nächsten Zug meines Gegenübers zu warten. Falls sich jetzt der Eine oder Andere angesprochen fühlt: Ja, das ist die Taktik von Weicheiern! Die Typen, die keine Angst oder den Mut haben, eine Entscheidung zu treffen, das sind die wahren Macker!

Sein Mundwinkel formte sich zu einem Lächeln, denn ohne ein einziges Wort zu sagen, ließ er mich erkennen, dass er meine Gedanken genau erkannt hatte und ich ihm signalisiert hatte, dass meine Meinung keine Rolle spielt.

Er wandte sich ab und setzte sich auf das Sofa. Dabei lehnte er sich zurück, schlug die Beine übereinander und mit einer Geste der Hand, in der er die Zigarette hielt, bedeutete er mir, das Wort zu haben.

Schon fies. Er saß ganz gemütlich da, hatte mich nicht aufgefordert Platz zu nehmen und nun sahen mich die beiden an, während ich spürte, dass jeder Versuch eine autoritäre Haltung einzunehmen misslang.

„Tja, ich muss gestehen, dass mir so eine Situation neu ist und ich mit den Gepflogenheiten nicht vertraut bin. Dein Name ist mir bekannt und wenn ich mich hier so umsehe und dein Verhalten berücksichtige, machst du auf mich den Eindruck, als ob du starke nazistische Tendenzen hast. Dazu kommt noch die Tatsache, dass du eine Menge Personen um dich scharst, die weder dein Charisma noch deine Ausstrahlung und keinesfalls die Menge an Geld teilen, über die du zweifelsfrei verfügst. Dass du voll aufgeputscht bist und seit mehreren Tagen wach, lassen dein Verhalten, die zerknitterten Sachen und deine Kieferbewegungen erkennen, die du zwar weitestgehend kontrollierst, aber nicht ganz unterlassen kannst.“

Silko zog an seiner Kippe, atmete den Rauch tief ein und schürzte einen Moment die Lippen, ehe er diesen wieder ausblies.

„Schwach“, sagte er kurz und knapp. Dann sah er mich mit schief gelegtem Kopf an. Er nahm die Karaffe, die auf dem Tisch stand und mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit gefüllt war. Dann schenkte er sich in eines der fünf, um die Karaffe in Form eines Sterns positionierten Gläser und erhob sich, um sich an mir vorbei zu bewegen.

„Alles, was dir aufgefallen ist, ist so offensichtlich, dass es keinerlei Achtung verdient. Aber dein Ansatz gefällt mir.“

Er nahm einen großen Hieb aus dem Glas.

„Das ist so, als würde ich dir sagen, dass du ein Stino bist.“

Ich öffnete den Mund, unsicher nach der Bedeutung zu fragen.

Mit schwenkender Handbewegung und einem Hauch einer Verbeugung klärte er den Begriff auf, nachdem er einmal um die Stange gelaufen war.

„Jemand, der keine Drogen nimmt.“

Er lehnte sich an die Stange und zog an der Zigarette.

„Und wenn ich dir das sage…“, er schlackerte mit dem Whiskyglas in meine Richtung und verzog das Gesicht wie bei einem ironischen „Autsch“. „…dann ist das nichts Besonderes. Unter all den Leuten da unten stichst du heraus wie ein dickes Kind unter lauter Bulimikern.“

Ich schürzte etwas entgeistert die Lippen. Silko stellte derweil ganz gelassen sein Glas auf dem Tisch ab und bewegte sich an mir vorbei.

„Sag mir doch, was dir zu Valeria hier einfällt. Groß unterhalten habt ihr euch sicher noch nicht. Und du bist hier nicht bei ihr zu Hause. Wie viel kannst du tatsächlich erkennen?“

Mein Blick richtete sich auf sie, die einen interessierten Gesichtsausdruck zeigte und mein Schädel arbeitete. Ich machte mir so sehr Gedanken, was ich zu ihr sagen könnte, dass ich für einige wenige Momente komplett in meinem Geist feststeckte, ohne meine Umgebung wahrzunehmen.

„Nun, sie ist hier Stammgast. Schließlich scheint das hier ein VIP-Bereich zu sein und sie hat sehr sicher gewirkt, als sie mit mir hier hochkam. Gar nicht so wie jemand, der sich Sorgen macht, weil er gegen die Hausregeln verstößt. Außerdem kennt sie dich näher, sonst wäre sie nicht einfach in dein Zimmer gekommen. Sie nimmt auch Drogen, was offensichtlich ist, verfügt über das Talent mit Gestik und Mimik zu spielen und zwar sehr gekonnt. Und dann wäre da noch ihr dominanter Charakter, den sie mit verspielten und kindlichem Verhalten versteckt, um Vollidioten oder Personen, die sie nicht als würdig erachtet, auszumustern.“

Als Bestätigung lächelte sie mir zu und ihre Augen zeigten diesmal Anerkennung. Ich meinte aber auch einen Anflug von List erkennen zu können.

Ich drehte mich zu Silko, der mir den Rücken zuwand und sich ein paar Schritte entfernte, um sich an die Wand zu lehnen.

„Es lässt sich nicht leugnen. Allem Anschein nach besitzt du nicht nur die Fähigkeit, Dinge zu sehen sondern sie auch wahrzunehmen. Hast du das auf der Steinberger Leistungsuniversität gelernt, die du zurzeit besuchst, die fünf Minuten mit dem Zug von hier entfernt ist?“

Mir verschlug es die Sprache.

„Ich würde sogar noch weiter gehen und behaupten, dass du dich im dritten Semester befindest. In der Klasse von Frau Zinnberger. Dein Interesse für Rechtswissenschaften ist wirklich beachtlich. Allerdings glaube ich, dass du dieses Studium machst, obwohl du deine Zukunft gar nicht als Jurist siehst. Vielmehr denke ich, dass du dir einen Platz als Detektiv oder Ermittler wünschst. Doch da deine Versuche dort hineinzukommen nicht geglückt sind, was sich unschwer daran festmachen lässt, dass du zweiundzwanzig bist und erst das dritte Semester besuchst, wo andere schon viel weiter sind, zeigt, dass du mehrere Jahre andere Wege gegangen bist. Recht erfolglos, wie man sieht. Und weil dir aufgefallen ist, dass du nicht jünger wirst, hast du dich für Rechtswissenschaften entschieden, da das vom Nervenkitzel doch am ehesten deinem Wunsch nahe kommt. Außerdem bist du ein Einzelkind.

Dann wäre da noch dein Nebenjob als Bedienung, den du ausübst, um dir deine Einzimmerwohnung leisten zu können.“

Mein Staunen wuchs immer weiter, denn alles, was er sagte, stimmte. Doch das konnte er unmöglich wissen. Ob Mirko ihm das gesteckt hatte? Doch in welcher Situation? Schließlich würden die beiden auf einer Party mit Alkohol, Frauen und Drogen andere Gesprächsthemen haben als mich. Man stelle sich das Mal vor. Gerade haben sie eine Line gezogen und dann fängt Mirko an von mir zu erzählen, als gäbe es kein anderes Thema auf der Welt. Nein, nein. Das wird es wohl nicht sein. Aber sonst habe ich hier niemandem davon erzählt und selbst wenn, ist nur Valeria kurz bei ihm gewesen und dieser Zeitraum hätte wohl kaum ausgereicht, um all das weiter zu geben.

„Die Einzimmerwohnung ist logisch, denn als Kellner verdient man sicher nicht so viel, dass es für mehr reicht.“

Diese Worte spottete er auf eine fiese Weise.

„Du bist der Brave und Ehrliche, der eingetrichtert bekommen hat, dass man sich durch Wissen und Können Respekt und Achtung verdient, weshalb du immer wieder überrascht wirst. Übrigens kannst du das nächste Mal eine Diavolopizza mitbringen, denn auf scharfe Gerichte stehe ich am meisten. Und Valeria auch, falls du Punkte bei ihr sammeln willst. Und was könnte sonst dein Anliegen sein, da du ihr wie ein Hund gefolgt bist.“

Ich war peinlich berührt, da sein Argument, wenn auch sehr erniedrigend ausgedrückt, nahe an die Wahrheit kam. Und dass er es so offen vor ihr rausposaunte, als wäre es für alle so offensichtlich wie für ihn, brachte mich auch nicht auf ein gutes Gegenargument, dass mich in ein anderes Licht rückte, ohne sie zu erniedrigen oder dieses Interesse voll und ganz zu leugnen.

Seine Asche fiel auf den Boden, als er sich von der Wand abdrückte und auf mich zukam.

„Siehst du? Sowas schafft Faszination. Sowas ist geil!“, er untermauert seine Aussage mit dem Ballen einer Faust, die er aber gegen niemanden richtete.

Am Tisch angekommen drückte er seine Zigarette im Aschenbecher aus und trank den Rest aus seinem Whiskyglas.

„Leg was Valeria! Ich werde Lexi bezahlen ehe ich mich zu den Affen geselle.“

Er stand auf und ging in das Zimmer zurück, aus dem er gekommen war, während Valeria begann drei Lines zu legen, die ich als sehr lang erachtete.

Ihr entging mein forschender Blick nicht und verspielt sagte sie: „Eine davon ist für dich.“

Mit einem zweideutigen Zwinkern fügte sie hinzu: „Sieh es als zweite Mutprobe.“

„Nein danke.“

Mein Tonfall war leicht bockig, leicht beschämt. Sie schien das zu amüsieren, denn sie kicherte.

„Du hast dich doch gut geschlagen.“

„Trotzdem werde ich nichts in meine Nase befördern!“, protestierte ich.

Silkos Zimmertür öffnete sich wieder und als er heraus trat, sich auf das Treppengeländer stützte und von oben auf mich herabsah, entging mir der strafende Ausdruck in seinem Gesicht nicht. Dieser rief in mir eine Ahnung hervor, dass ich ihn erst noch kennen lernen würde.

DAS KENNENLERNEN

„Jetzt mach mir den Eindruck, den ich von dir habe, nicht kaputt! Schließlich hast du den Stoff bezahlt.“

„Wie meinst du das? Ich habe gar nichts bezahlt“, sagte ich ziemlich verwirrt.

Dieser Zustand legte sich allerdings sehr schnell, als er mir meine Geldbörse zuwarf. Ich begann augenblicklich zu begreifen. Meinen Namen, mein Alter, der Ort, wo ich studierte, und die ganzen weiteren Dinge, die er mir sagen konnte, wusste er aus dem Inhalt meines Portmonees. Ein Blick ins Innere genügte und ich erkannte, dass zweihundert Euro fehlten. Dabei ratterte mein Geirn und mir wurde klar, dass er den Moment, in dem er gefordert hatte, dass ich etwas über Valeria schlussfolgern sollte, dazu genutzt hatte, mir die Geldbörse aus der Tasche zu ziehen. Neben meiner Wut ließ sich das Gefühl der Bewunderung über diesen cleveren Trick nicht unterdrücken. Er hatte mich tief in Gedanken versinken lassen, schließlich stand ich unter dem Druck mich zu beweisen, sodass er mir völlig unbemerkt in die Tasche greifen konnte. Und mit diesem Manöver war es ihm möglich, eine ganze Latte an Fakten aufzuzählen, von denen er vorher keine Ahnung hatte. Schon beachtlich. Trotzdem änderte es nichts daran, dass er mich bestohlen hatte. Und dabei handelte es sich sogar um eine ganz schöne Stange Geld. Jedenfalls für mich!

Dazu kam noch, dass er das Geld, von dem er selbst genug besaß, benutzt hatte, um seine Prostituierte zu bezahlen, die soeben aus seinem Zimmer kam. Ein Frau Mitte zwanzig, deren anatomische Vorzüge nicht zu verleugnen waren.

„Hör zu! Das geht gar nicht!“, sagte ich erbost und sein fieses Lächeln machte mich noch wütender. „Gib mir mein Geld sofort wieder!“

Er sah mich mit einem selbstsicheren Gesichtsausdruck an, der vor Hohn nur so schrie.

„Das hat jetzt sie. Vielleicht gibt sie es dir zurück, wenn du lieb fragst.“

Ich sah die Escortdame an und wollte das erste Wort sagen, als sie mich aus ihren blauen Augen anfunkelte, die deutlich verrieten, dass sie mir eher zwischen die Beine treten als mir das Geld geben würde.

Nun fühlte ich mich hilflos und erniedrigt. Sie schritt an mir vorbei und in mir regte sich das Gefühl, dass ich mich der Lächerlichkeit preisgegeben hatte. Auf ganzer Linie. Das tat weh. Dieses Gefühl der Machtlosigkeit war erdrückend. Doch einfach gehen wollte ich nicht. Schließlich ging es hier um eine halbe Monatsmiete!

Silko war inzwischen an den Tisch getreten und zog sich das Kokain rein. Die eine Hälfte in das eine Nasenloch, die andere in das andere. Dann hielt er Valeria das Röhrchen hin, die es ihm gleichtat. Als es an mich weiter gehen sollte, verfinsterte sich meine Miene. Selbstredend verweigerte ich.

„Du wirst mein Spielchen mitspielen müssen, ob du willst oder nicht. Stell dir vor, du stehst als Anwalt vor Gericht und dein Gegner ist so viel gerissener. Dann heißt es, das erst zu erkennen und die große bittere Pille zu schlucken. Und schlucken, wirst du sie auf jeden Fall.“

Mein hasserfüllter Blick richtete sich auf seine Sonnenbrille.

„Siehst du?“, sagte Silko mit gespielten Mitgefühl. „Jetzt bist du wieder überrascht, obwohl du der Kluge, Brave bist.“

Mir war klar, dass ich mein Geld vergessen konnte, wenn ich verweigerte. Sein Spot, die Kränkung meiner Ehre und die Zwangslage, in der ich mich befand, ließen mich immer mehr erkennen, wie machtlos ich eigentlich war. Und je mehr ich mich weigerte, desto schlimmer wurde es. Zeitweise überlegte ich, ob er das alles so plante, oder ob er es einfach so nahm, wie es kam. Ich meine, es gehört schon Talent dazu, Situationen beim Improvisieren so zu beeinflussen, dass sie zu Gunsten eines selbst ausgehen.

Eigentlich egal. Man sollte erkennen, wenn man verloren hat. In Filmen wird der Leidensweg, den Personen in der Opferrolle gehen, gern übersprungen oder nur teilweise gezeigt, um zu demonstrieren, wie hart diese Kerle doch sind. Aber ich habe mir in vielen dieser Situationen gedacht, wenn man jemandem das Knie zerschmettert oder beginnt ihm Gliedmaßen abzuschneiden, dass es nichts anderes als Fiktion ist. Es gibt einfach den Moment, in dem man keine andere Wahl hat. Sicher, ich könnte zur Polizei gehen. Aber was sagen? Da ist einer, der mich beklaut hat, um eine Nutte zu bezahlen? Nicht sehr überzeugend. Noch dazu ohne Zeugen. Und wenn ich sie hierher schicke bin ich das Gespött und gelte als Verräter. Nicht, dass ich großartig dazu neige Straftaten zu begehen, aber jemand, der Leute bei der Polizei anschwärzt, ist auf keiner Feier oder einem gesellschaftlichen Anlass, ausgenommen bei Familienfeiern, gern gesehen. Dazu kommt, dass sich der Freundeskreis dramatisch reduziert. Denn irgendwie bleibt sowas nie geheim. Lange Rede, kurzer Sinn. Letzten Endes habe ich meine Situation akzeptiert und mich unterwürfig gezeigt. Wie man es von mir erwartete.

Ich nahm ihr das Röhrchen ab und zog die gigantische weiße Linie soweit ich konnte. Ich schaffte sie gar nicht. Meine Nase war so voll, dass ich nicht einmal mehr dadurch atmen konnte.

Augenblicklich war ich wach. So wach, als würde ich das Gefühl der Müdigkeit nicht kennen. Eine Energie durchströmte mich und augenblicklich fühlte ich mich gut. Ich spürte wie die Droge nach und nach durch meine Nase rutschte und diese Schnodder produzierte, um die Trockenheit zu bekämpfen. Ich war gezwungen hochzuziehen und im nächsten Augenblick war ein großer Teil Ladung in meinem Rachen, wo sie einen ekelerregenden Geschmack hinterließ. Lange hielt dieses Gefühl aber nicht an, denn mein Mund und mein Rachen begannen taub zu werden. Dabei gab ich merkwürdige Schluck- und Würggeräusche von mir. Kurze Zeit später fühlte ich mich wie beim Zahnarzt, wenn er die Betäubung gespritzt hatte. Nur fühlte es sich so an, als hätte er sie in meinem ganzen Mund verteilt. Ich gab ein paar klackernde Geräusche mit dem Kiefer von mir. Das ungewohnte Gefühl in meinem Mund war sehr gewöhnungsbedürftig. Ich sah mich leicht panisch um. Schließlich war es das erste Mal, dass ich Kontakt mit solch einer Substanz hatte.