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Maria Treuberg

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Beschreibung

Gestern warst du noch ein Fremder

Eine Frau hört auf ihr Herz

Von Maria Treuberg


Gleißend blendet das Weiß der kleinen Häuser, verbindet sich mit dem flirrenden Glitzern des Meeres. Der zerlumpte Fremde, der Schatten suchend in das Dunkel der Kirche taumelt, schließt die schmerzenden Augen. Hunger wühlt in ihm und brennender Durst.
Ulrich Nonnen stöhnt verzweifelt auf. Gibt es denn hier, auf dieser griechischen Insel, nirgends eine mitleidige Seele, die ihm hilft, ihm glaubt, dass er im wahrsten Sinne unter die Räuber gefallen ist?
Da - ein melodiöses Lachen, eine Stimme, die deutsch spricht! Ulrich taumelt hinaus ins Sonnenlicht. Eine Feengestalt, ein Märchenwesen steht vor ihm. Und dieses wunderbare Wesen wendet sich nicht angewidert ab. Ulrich ist gerettet ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Gestern warst du noch ein Fremder

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Wavebreak / iStockphoto

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8841-1

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Gestern warst du noch ein Fremder

Eine Frau hört auf ihr Herz

Von Maria Treuberg

Gleißend blendet das Weiß der kleinen Häuser, verbindet sich mit dem flirrenden Glitzern des Meeres. Der zerlumpte Fremde, der Schatten suchend in das Dunkel der Kirche taumelt, schließt die schmerzenden Augen. Hunger wühlt in ihm und brennender Durst.

Ulrich Nonnen stöhnt verzweifelt auf. Gibt es denn hier, auf dieser griechischen Insel, nirgends eine mitleidige Seele, die ihm hilft, ihm glaubt, dass er im wahrsten Sinne unter die Räuber gefallen ist?

Da – ein melodiöses Lachen, eine Stimme, die deutsch spricht! Ulrich taumelt hinaus ins Sonnenlicht. Eine Feengestalt, ein Märchenwesen steht vor ihm. Und dieses wunderbare Wesen wendet sich nicht angewidert ab. Ulrich ist gerettet …

Das weiße Schiff nahm sich in dem kleinen Fischerhafen aus wie ein prächtiger Pfau im Hühnerhof. Es lag an der tiefsten Stelle der natürlichen Hafenbucht vor Anker. Während die armseligen Boote leicht hin und her dümpelten, ruhte es majestätisch auf dem dunkelblauen Wasser.

Der Mann, der mit schleppenden Schritten aus einer der winkligen Gassen heraustrat, war sehr verwundert über den Anblick, der sich ihm bot, wohingegen die Fischer, die am Strand ihre Netze flickten oder an den Segeln arbeiteten, die Pracht gar nicht zu bemerken schienen.

Dafür sahen sie dem zerlumpt aussehenden Fremden mit wachsamer Neugier entgegen.

Er ging langsam, mit hängenden Armen auf sie zu. Indem er ihnen die Hände mit der Innenfläche entgegenhob, deutete er an, dass er keine Waffe, kein Messer bei sich hatte und somit nichts Böses im Schilde führte. Trotzdem erhoben sich einige der Fischer mit drohender Gebärde. Dies war ihr Dorf, ihr Strand, ihr ureigenstes Revier, in dem sie keine streunenden Bettler duldeten.

Es dauerte lange, bis ihnen der Fremde klarmachen konnte, dass er Hilfe suchte, und zwar in erster Linie beim Bürgermeister des kleinen Ortes. Da er ein wenig Griechisch sprechen konnte, deutete einer der Befragten auf ein Haus, das größer aussah als alle anderen.

Weil aber in diesem Augenblick ein Boot auf den kleinen Hafen zuhielt, ließen sie den Fremden stehen. Jetzt galt es zuzusehen, welchen Fang der alte, gerissene Leonid ausladen würde. Wenn alle anderen mit leeren Booten heimkehrten – Leonid hatte immer etwas in seinen Netzen.

Der Mann in der abgerissenen Kleidung wollte schon den Weg zum Haus des Bürgermeisters einschlagen, da fiel sein Blick noch einmal auf die Motorjacht. Und was er erst jetzt dort entdeckte, versetzte ihn in eine freudige Unruhe. In Goldlettern stand am Bug der Name »Meerfrau«, und am Heck wehte eine kleine, schwarz-rot-goldene Flagge.

Ein deutsches Schiff! Wenn ihm jemand helfen konnte, dann der Besitzer dieses deutschen Schiffes!

Aber es war nicht leicht, an Bord zu gelangen, wenn man aussah wie der letzte Abschaum der Menschheit. Der Mann musste seine ganze Beredsamkeit aufwenden, um dem Wachhabenden klarzumachen, dass er kein Bettler, aber auch kein entsprungener Häftling war. Schließlich packten ihn auf einen Wink des Wachhabenden harte Fäuste links und rechts und schleppten ihn förmlich über das Deck zu der vom Land abgewandten Seite.

Dort war es jetzt noch schattig und kühl. In einem Liegestuhl lag ein braun gebrannter, grauhaariger Mann. Er las in einem Aktenstück, das vermutlich keine angenehme Lektüre war, denn die Augenbrauen waren unwillig gerunzelt. Ärgerlich über die Störung wandte er den Kopf der kleinen Gruppe zu.

»Wen bringt ihr denn da an? Seid ihr noch bei Trost? Weg mit dem Kerl! Oder wollt ihr Flöhe, Läuse und anderes Ungeziefer an Bord haben?«

»Er ist Deutscher«, sagte einer der Bewacher wie zur Entschuldigung. »Was er erzählt hat, klingt gar nicht so unglaublich.«

»Los, fang an«, forderte der Schiffseigner sein zweifelhaftes Gegenüber auf. »Erzähl mir dein Märchen! Wenn es gut ist, spendiere ich ein paar Euro.«

»Mein Name ist Ulrich Nonnen. Ich wohne in Lößlingen im Rheingau. Auf einer Fahrt über die Insel bin ich von Banditen ausgeraubt worden. Sie haben mich bis aufs Hemd ausgezogen. Diese Sachen hier gab mir ein mitleidiger Ziegenhirt.«

»Du willst mir weismachen, dass der arme Ziegenhirt zwei Gewänder besaß, von denen er dir eins schenkte? Du lügst schlecht, mein Lieber. Und ein Märchen ist das auch nicht. Hau ab und lass dich nie mehr blicken.« Er gab den Bewachern ein Zeichen mit der Hand.

»Aber … ich …« Der Mann, der sich Ulrich Nonnen nannte, stemmte sich vergeblich gegen die Fäuste der kräftigen Kerle an. Sie gingen nicht gerade sanft mit ihm um, sodass er schließlich jede Gegenwehr aufgab. Zum Schluss erhielt er noch einen derben Stoß. Er landete auf dem Bauch anstatt auf den Füßen, was von den Fischern mit hämischem Grinsen bedacht wurde.

Ulrich Nonnen fluchte vor sich hin und betrachtete seine vom Ufersand zerschundenen Handflächen.

»So ein Schuft! Nicht mal zu Ende hat er mich reden lassen. Herrgott, wie soll ich denn beweisen, dass ich Ulrich Nonnen bin?«

Als zwei, drei Fischer drohend die Fäuste schwangen, schleppte er sich in den Schatten eines halb zerfallenen Schuppens. Dort hielt er es aber auch nicht aus. Ein übler Geruch, der aus dem Inneren drang, vertrieb ihn wieder. Es blieb ihm jetzt nur noch der Weg zum Bürgermeister, obwohl er sich davon auch nicht viel mehr versprach.

Er sollte insoweit recht haben, als der Bürgermeister nicht im Hause war. Eine alte, runzlige Frau schlug ihm die Tür vor der Nase zu, nachdem sie mit einer weitschweifenden Armbewegung deutlich gemacht hatte, dass ihr Sohn sich irgendwo in dem weitläufigen, felsig ansteigenden Gelände befand.

Es war Ulrich Nonnen schwergefallen, sich verständlich zu machen und die Erklärung der Alten mit dem zahnlosen Mund zu verstehen. So gab er es auf, einen erneuten Versuch zu wagen. Dagegen lockte ihn jetzt der niedrige Turm der Kirche, wo er ein wenig Kühle zu finden hoffte. Es war trotz der vormittäglichen Stunde bereits brütend heiß.

Die Kirche war von einem Gräberfeld umgeben. Es fehlte jeglicher Blumenschmuck. Vereinzelt lagen staubige Papierblumen da, zwischen den Gräberreihen war die spärliche, den Felsen bedeckende Erde vor Trockenheit rissig.

Wenn Ulrich gehofft hatte, hier ein kühles Wasser spendenden Brunnen zu finden, so sah er sich getäuscht. Es gab zwar einen Brunnen, aber der war trocken.

Müde stolperte Ulrich in die Kirche, die einen genauso kargen, fast trostlosen Eindruck machte wie die ganze Umgebung. Und doch – als er aus einem der kleinen Fenster blickte, breitete sich das Meer wie ein blauer Teppich vor seinen Augen aus. Die Küste war vom hellen Sonnenlicht überstrahlt, golden schienen die Felsen zu glänzen, das Spiel von Licht und Schatten zauberte bizarre Bilder. Herrlich war dieses Land, herrlich, und für einen Geschlagenen, wie er es war, grausam.

Da hörte Ulrich in seine plötzlich aufkommende Verzweiflung hinein eine weibliche Stimme.

Das war es aber nicht allein. Die Stimme sprach Deutsch!

So schnell es seine müden, wunden Füße erlaubten, stürzte Ulrich ins Freie. Er sah gerade noch eine hellgekleidete weibliche Gestalt durch das Tor treten. Neben ihr ging ein kräftiger Mann mit breiten Schultern und schmalen Hüften.

Ulrich überlegte nicht lange. Er rannte hinterher und rief verzweifelt: »Hallo, Sie! Bitte warten Sie! Helfen Sie mir! Es muss doch einen Menschen geben, der einem Landsmann in Not beistehen will. Ihn wenigstens anhören will!«

Die beiden Menschen blieben stehen. Der Mann sah Ulrich wachsam entgegen. Die junge Frau zeigte eher Verwunderung, sogar ein wenig Mitleid war auf ihrem Gesicht abzulesen. Ihre Stimme erschien Ulrich wie die eines Engels, als sie fragte: »Was wollen Sie, wer sind Sie?«

Schlagartig wurde Ulrich klar, dass diese schöne Frau zu dem Schiff gehören musste. Wenn sie genauso abweisend war wie der Besitzer der Luxusjacht, dann …

Trotzdem versuchte er noch einmal zu erklären, was und wie es ihn hierher verschlagen hatte.

»Mein Name ist Ulrich Nonnen. Ich wohne in Lößlingen im Rheingau. Bei einer Fahrt über die Insel bin ich von Banditen überfallen und ausgeraubt worden. Man hat mich bis aufs Hemd ausgezogen. Diese Fetzen hat mir ein Ziegenhirte geschenkt. Sie haben vorher als Schlafplatz für seinen Hund gedient. Ja, so tief bin ich gesunken. Und jeder, dem ich versuche, mein Elend klarzumachen, wendet sich angewidert ab, ohne sich die Mühe zu machen, über meine traurigen Erlebnisse nachzudenken. Irgendjemand könnte doch wenigstens in Betracht ziehen, dass dies durchaus möglich ist, überfallen und beraubt zu werden. Es kann schließlich jedem passieren. Warum glaubt man mir nicht? Ich war schon auf diesem deutschen Schiff, habe gehofft, dass man einem Landsmann helfen würde. Man hat mich fortgejagt wie einen räudigen Hund.«

Die junge Dame, sehr elegant in einen zitronengelben, reinseidenen Hosenanzug, schlug vor: »Wenden Sie sich doch an die deutsche Botschaft in Athen.«

Ulrich lachte höhnisch. »Herzlich gern. Aber bitte, verraten Sie mir, wie ich dorthin komme? Zu Fuß? Ohne Geld, ohne Essen und Trinken? Mit diesem zerrissenen, heruntergekommenen Aussehen? Spätestens im nächsten Dorf sperrt man mich doch ein.«

Die junge Frau sah ihren Begleiter fragend an, was er wohl dazu meinte. Dieser schüttelte ablehnend den Kopf. Er war offensichtlich ebenfalls dagegen, sich mit diesem zweifelhaften Individuum weiter abzugeben.

Da trat Ulrich einen Schritt auf die junge Frau zu. Seine Nerven gingen mit ihm durch. Flehend hob er die Hände.

Das verstand der muskulöse Mann falsch. Er sah seine Gefährtin bedroht. Seine Faust schoss vor und traf Ulrich am Kinn. Lautlos sackte er zusammen. Er hörte nicht, wie der andere lachend zählte: »Eins, zwei, drei …« Als hätte soeben ein Boxturnier stattgefunden, bei dem der Gegner durch k.o. zu Boden ging.

»Das war gemein, Alexis.«

»Er wollte dir an die Gurgel.«

»Unsinn. Dazu ist er ja viel zu schwach. Er hat mich anbetteln wollen. Komischerweise bin ich mir nicht sicher, ob er nicht doch die Wahrheit gesagt hat.«

»Nikola, die Welt ist voller Lügen. So mancher schwindelt das Blaue vom Himmel herunter, um sich Vorteile zu verschaffen. Ich halte ihn für einen gerissenen Gauner. Und wenn er zehnmal ein gewähltes Hochdeutsch spricht.«

»Mir tut er leid. Ich gehe nicht eher weg von hier, bis er zu sich gekommen ist. Dann soll er mir alles erzählen, von Anfang an. Wir können nachher immer noch entscheiden, ob wir ihm irgendwie aus der misslichen Lage heraushelfen.«

♥♥♥

Ulrich Nonnen brauchte lange, bis er die Augen wieder aufschlug. Stöhnend griff er sich ans Kinn. Es war geschwollen und fing an, blau anzulaufen. Seine Zunge klebte am Gaumen.

Mit krächzender Stimme sagte er: »Gibt es denn in diesem schrecklichen Dorf keinen einzigen Tropfen Wasser?«

Nikola wandte sich an ihren Partner: »Alexis, bitte hole einen Krug Wasser bei Georgis. Der Mann ist ja völlig ausgedörrt.«

»Ich lasse dich nicht mit ihm allein, Nikola.«

»Sei nicht albern. Du siehst doch, dass er sich kaum rühren kann.«

»Das kann alles Theater sein.«

»Gut, dann hole ich das Wasser, und du bleibst hier.«

»Nein, niemals lasse ich dich den schweren Krug den Berg heraufschleppen. «

»Sollen wir den Mann etwa zu Georgis tragen?«, regte sich Nikola jetzt ernstlich auf. »Du gehst und damit basta.«

Ulrich Nonnen wunderte sich, dass der mit Alexis Angeredete jetzt widerspruchslos davonging. Er hatte gedacht, dass er und Nikola ein Paar wären, nun sah es eher danach aus, als wäre er weiter nichts als ein Angestellter. Ähnlich wie die Leibwächter des Schiffeigners.

Nikola fragte besorgt: »Fühlen Sie sich besser? Dann können wir uns in den Schatten setzen. Auf der Rückseite der Kirche ist eine Steinbank. Werden Sie es schaffen bis dorthin?«

Ulrich taten alle Knochen weh, als er sich mühsam aufrappelte. Mit zusammengebissenen Zähnen humpelte er hinter Nikola her.

Sie ging zielsicher, als wären ihr dieser Friedhof und die Kirche bestens vertraut, über eine eingesunkene Gräberreihe hinweg und bog durch eine Lücke in wildem Dornengestrüpp um die Ecke.

Hier war es schattig. Wind wehte vom Meer herauf. Eine Steinbank auf antiken Säulenstümpfen lud zum Verweilen ein.

Direkt gegenüber dieser Bank befand sich ein Grab, das sich von allen anderen Gräbern in auffälliger Weise abhob. Es war aus weißem Marmor. Eine ebensolche Marmorfigur ruhte in Lebensgröße wie schlafend auf der Platte. Auf einer Tafel war in Gold der Name eingraviert: Maria Großmann. Viel kleiner darunter Geburts- und Todesdatum. Und der Satz: Unsere Liebe zu dir wird niemals sterben.

Als Nikola und Ulrich nebeneinander auf der Bank saßen – Ulrich war bis ans äußerste Ende gerückt, damit sie seine in Lumpen gehüllte Gestalt nicht etwa aus Versehen berührte –, sagte sie leise: »Das ist das Grab meiner Mutter.«

Was sollte Ulrich darauf sagen? Tut mir leid – oder: wie traurig? Das klang unehrlich, denn er hatte die Tote nicht gekannt, er konnte die Trauer der Tochter nicht nachvollziehen.

Daher fragte er nur: »Wie ist sie in dem fremden Land gestorben?«

»Es war ein Autounfall. Wissen Sie, Herr Nonnen, ich kann meinen Vater eigentlich nicht verstehen. Er müsste Ihnen glauben, denn was Sie erlebt haben, hat er doch vor zehn Jahren in ähnlicher Form erlebt. Aber erzählen Sie erst, wie es zu dem Überfall kam.«