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Maria Treuberg

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Beschreibung

Mein Ende und mein Anfang

Nur er kann ihre Träume wahr werden lassen

Von Maria Treuberg

Der bewegende Fall der kleinen Mia und ihrer Mutter, die hilflos einem trunksüchtigen Vater und Ehemann ausgesetzt sind, lässt in der engagierten Kinderärztin Dr. Carlotta Jacobi den Gedanken wach werden, ein Frauenhaus mitzugründen. Doch wohin sie sich auch wendet, um Unterstützung zu finden, stößt sie auf taube Ohren. Am schlimmsten ist für Carlotta der Verrat von Philipp Burkart. Dieser Mann, der ihr mit heißen Worte seine Liebe beteuerte, lässt sie ausgerechnet in einem der schlimmsten Momente im Stich. Wie eine Furie geht sie deshalb auch auf Armin von Brehme los, der als Vertreter der Behörden gegen ihr Projekt ist ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Mein Ende und mein Anfang

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: G-Stock Studio / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8970-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Mein Ende und mein Anfang

Nur er kann ihre Träume wahr werden lassen

Von Maria Treuberg

Der bewegende Fall der kleinen Melina und ihrer Mutter, die hilflos einem trunksüchtigen und gewalttätigen Vater und Ehemann ausgesetzt sind, lässt in der engagierten Kinderärztin Dr. Carlotta Jacobi den Gedanken wach werden, ein Frauenhaus mitzugründen. Doch wohin sie sich auch wendet, um Unterstützung zu finden, stößt sie auf taube Ohren.

Am schlimmsten ist für Carlotta der Verrat von Philipp Burkhardt. Dieser Mann, der ihr mit heißen Worte seine Liebe beteuerte, lässt sie ausgerechnet in einem der schlimmsten Momente ihres Lebens im Stich …

»Warum heulst du denn?« Neugierig sah der siebenjährige Junge auf das schluchzende Mädchen, das tränenüberströmt neben ihm saß. »Hast du solche Angst vor der Frau Doktor?«

Die Kleine sah den Buben an. Für einen Augenblick hörte ihr Schluchzen auf. Doch dann klammerte sie sich umso fester an die Mutter und begann, noch lauter zu weinen.

»Sie hat Bauchweh«, erklärte die Mutter dem Jungen, der anscheinend allein in die Praxis von Frau Dr. Jakobi gekommen war. »Hast du denn keine Schmerzen? Was fehlt dir denn?«

»Och, weiter nichts«, sagte der Junge. »Ich kriege bloß eine Spritze.« Altklug musterte er die jammernde Kleine. »Die hat Fieber. Das sehe ich. Meine Schwester war neulich auch so rot. Ha, und wenn sie außerdem Bauchweh hat, dann ist es der Blinddarm.«

Die Mutter des kranken Mädchens musste unwillkürlich lächeln.

»Du bist ja selber schon ein halber Arzt! Woher weißt du denn das alles?«

»Ich komme dreimal in der Woche her. Da sieht man viel. Und dann habe ich drei Geschwister. Meine Mutter sagt, einer von uns ist immer krank.«

Er reckte den Hals und spähte zum Fenster hinaus.

»Jetzt kommt sie, die Frau Doktor. Sie ist immer superpünktlich.«

Inzwischen waren noch mehr Mütter mit ihren Kindern ins Wartezimmer gekommen. Eine Frau, die die letzte Bemerkung des Buben aufgeschnappt hatte, nickte bestätigend. Sie setzte sich neben die Mutter mit dem jammernden Mädchen.

»Da hat er recht. Frau Dr. Jakobi ist immer pünktlich. Es ist für uns ein wahres Glück, dass sie die Praxis von Dr. Wörth übernommen hat. Der gute Doktor war zwar tüchtig, aber sein Alter machte ihm in letzter Zeit schon zu schaffen. Manchmal war er selber zu krank, um Hausbesuche zu machen. Waren Sie schon mal bei Frau Dr. Jakobi?«

»Nein«, erwiderte die andere Frau. »Wir sind zum ersten Mal hier. Wir wohnen erst seit Kurzem in Herrenstadt.«

»Ach so. Frau Dr. Jakobi ist auch erst hergezogen. Sie hat ein Grundstück geerbt. Ihr Onkel, der frühere Bankdirektor Jakobi, ist gestorben und hat ihr alles hinterlassen.«

Zu weiteren Einzelheiten blieb den beiden Frauen jetzt keine Zeit. Die Tür zum Behandlungszimmer öffnete sich, eine junge Frau mit einem schönen, klaren Gesicht erschien und sagte: »Guten Morgen. Ah, da ist ja auch mein Freund Sven. Du gehst gleich in die Kabine eins. Und wer ist dann an der Reihe?«

Die Frau mit dem weinenden Mädchen stand auf. »Wir!«

Frau Dr. Jakobi beugte sich zu dem Kind und streichelte beruhigend über das schweißnasse Haar.

»Mein Kleines, ich glaube, du hast arge Schmerzen. Wirst du mir genau zeigen, wo es wehtut? Du brauchst keine Angst zu haben. Ich will dafür sorgen, dass deine Schmerzen ganz schnell aufhören. Seit wann hast du denn Beschwerden?«

Die sanfte Stimme wirkte sofort beruhigend auf das Kind. Vertrauensvoll hob es die tränennassen Augen zu der Ärztin auf. Mit dem Zeigefinger zeigte es auf den Bauchnabel.

»Der ganze Bauch tut weh. Es sticht … aua! Jetzt hat es gerade wieder gestochen!«

Als sich die Tür hinter den drei Personen schloss, war es einen Augenblick still im Wartezimmer. Die hübsche Schwarzwälder Uhr holte zum Schlagen aus. Und dann sprang die Tür über dem Zifferblatt auf, und neunmal rief der Kuckuck die volle Stunde aus. Gleich darauf kamen noch mehr kleine Patienten herein. Die meisten waren wohl schon öfter da gewesen. Sie zeigten keinerlei Furcht.

Zwei Kinder begannen sich um die weiße Kreide zu streiten, mit der man auf die Wandtafel malen konnte. In einer Ecke waren Bauklötze in einem großen Kasten zu finden. Auf einem Regal lagen Bilderbücher. Es gab sogar eine Holzeisenbahn, Lastwagen und jede Menge Tierfiguren aus Holz.

Dr. Carlotta Jakobi hatte mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen die Sachen ausgesucht, um ihren Kindern die Angst vor der Untersuchung zu nehmen. Sie trug auch keinen weißen Kittel, sondern Kleider in hellen, freundlichen Farben. Carlotta erinnerte sich an ihre Kindheit. Sie hatte sich immer vor dem Mann in dem weißen Kittel gefürchtet.

Das schmerzgeplagte Mädchen blieb längere Zeit im Behandlungszimmer. Dr. Jakobi musste eine gründlichere Untersuchung vornehmen und kam zu demselben Ergebnis, das der kleine Neunmalklug Sven schon vorausgesagt hatte: Blinddarmentzündung. Das Kind wurde ins Krankenhaus überwiesen.

Nach zwei Stunden war der größte Ansturm vorüber. Carlotta Jakobi durfte sich Zeit für eine Tasse Kaffee nehmen. Ihre Sprechstundenhilfe verschwand in der Teeküche, während Carlotta ans Fenster trat und in den dahinter liegenden Garten hinausschaute.

Dr. Wörth, dem das Haus gehörte und von dem sie die Praxisräume gemietet hatte, betätigte sich jetzt als Hobbygärtner. Er genoss es sichtlich, seinen Pflanzen und Blumen viel Zeit widmen zu können. Carlotta hatte selbst ihre Freude an den bunten Rabatten. Sogar einen Teich hatte Dr. Wörth angelegt.

Carlotta dachte an das von ihrem Onkel geerbte Grundstück. Dort sah es augenblicklich noch ziemlich wüst aus. Das Haus war riesengroß, ebenso der parkähnliche Garten, in dem viele hohe und alte Bäume standen. In ihrem Schatten wollten die bunten Blumen nicht recht gedeihen. Aber um sich eine Fläche für Beete oder Rondells zu schaffen, müssten etliche Bäume fallen. Und das war nicht ohne Genehmigung der Behörde möglich.

Allerdings hatte Philipp ihr versprochen, sich um die Sache zu kümmern. Er war Architekt und besaß eine Baufirma. Philipp war den Umgang mit der Behörde gewöhnt. Er hatte schon manchen Kampf ausgefochten und sogar gewonnen.

In seiner zuversichtlichen Art hatte er lachend erklärt: »Das schaffe ich mit Leichtigkeit, Liebes. Als Grund geben wir an, dass dir die vielen Bäume Licht und Sonne rauben. Es kann keiner verlangen, dass du von früh bis spät im Haus das elektrische Licht einschalten musst. Ich weiß gar nicht, wie dein Onkel das ausgehalten hat.«

»Vergiss nicht, dass Onkel Julius augenleidend war. Er konnte kein helles Licht vertragen. Wenn er mal sein Haus verließ, musste er eine dunkle Spezialbrille tragen. Ihn hat es also nicht gestört, dass die Bäume zu viel Schatten warfen«, hatte Carlotta ihm die Vorliebe des Onkels für Dämmerlicht erklärt.

»Und deswegen werden wir auch mit Sicherheit die Genehmigung zum Fällen einiger Bäume bekommen.«

Im Grunde genommen tat es Carlotta leid, die alten Eichen und Linden zu dezimieren. Aber nicht einmal der starke Kaffee, den ihr die Strechstundenhilfe Erika brachte, verhalf ihr zu einer Idee. Er munterte sie zwar ein wenig auf, aber das reichte nicht zum Lösen dieses Problems.

»Es sind wieder Patienten da«, rief Erika die nachdenkliche junge Ärztin in die Realität zurück.

Carlotta sah auf die Armbanduhr. Schon elf! Noch eine Stunde, dann war der Vormittag geschafft. Am Nachmittag standen ein paar Hausbesuche auf dem Programm, und ab fünf Uhr war sie noch einmal in der Praxis zu erreichen. Dann allerdings nur für vorbestellte Termine.

Kurz vor zwölf Uhr, als Carlotta eigentlich keine Patienten mehr erwartete, betrat eine Frau mit einem schon recht großen Mädchen die Praxis. Sie wurde an der Anmeldung in die Kartei aufgenommen und ins Wartezimmer geschickt.

Als Carlotta die beiden später ins Sprechzimmer bat, bemerkte sie sofort den schlechten Allgemeinzustand des Mädchens. Es war für seine Größe überaus mager. Unter den Augen lagen dunkle Ringe. Das Haar war glanzlos. Apathisch ließ sich das Kind von der Mutter führen.

Dr. Jakobi nahm die Aufnahmekarte in die Hand.

»Du heißt Melina? Wie alt bist du denn schon?«

»Neun«, flüsterte Melina kaum hörbar.

»Hast du noch eine Schwester oder einen Bruder?«

»Nein.«

»Aber du hast ganz bestimmt eine beste Freundin.«

»Nein.«

Carlotta sah die Mutter des Mädchens fragend an. Doch diese senkte den Kopf. Carlotta hatte immer mehr das Gefühl, dass hier irgendetwas nicht stimmte.

»Du fühlst dich nicht wohl, Melina, das sehe ich dir direkt an. Wo hast du denn Schmerzen?«

»Im Hals. Ich kann nicht richtig schlucken.«

»Dann will ich dir jetzt mal in den Hals hineinschauen. Wahrscheinlich hast du dich erkältet.«

Melina riss bereitwillig den Mund auf, sagte »Aaa« und befolgte alle Anweisungen der Ärztin gehorsam, die noch die Lunge und das Herz abhörte. Fieber hatte Melina nicht.

»Der Hals ist stark gerötet. Ich glaube gern, dass dir das Schlucken sehr wehtut. Ich schreibe dir etwas zum Gurgeln auf, und zwischendurch lutschst du eine von den Tabletten, die ich dir ebenfalls aufschreibe. Wenn es nicht besser wird, kommst du noch mal her, ja?« Zur Mutter gewandt, sagte Carlotta: »Melina ist für ihre Größe viel zu dünn. Hat sie denn keinen Appetit?«

»Es ist genug zu essen da«, gab die Mutter zur Antwort.

»Melina«, versuchte es Carlotta noch einmal bei dem Kind, »sei mal ehrlich: Schmeckt es dir im Augenblick nicht? Ich meine, wenn du keine Halsschmerzen hast. Die Halsschmerzen kannst du nicht länger als zwei, drei Tage haben. Aber du hast schon vorher nicht ordentlich gegessen. Man kann ja auf deinen Rippen Klavier spielen«, scherzte Carlotta.

Aber Melina verzog keine Miene.

Carlotta hakte deshalb noch mal nach: »Magst du nicht essen?«

»Nein.«

»Wird dir nach dem Essen übel?«

»Nein.«

»Gibt es etwas, wovor du Angst hast, dass dir der Appetit vergeht?«

Melina warf einen fragenden Blick auf die Mutter. Carlotta Jakobi bemerkte sehr wohl, dass Melina gern mehr gesagt hätte, dass sie aber ohne Erlaubnis der Mutter nicht reden würde.

»Frau Koller«, wandte sich die Ärztin jetzt an die Mutter, »wenn es etwas gibt, was Melina bedrückt, dann sagen Sie es mir bitte. Auch wenn es über meine rein ärztliche Pflicht hinausgeht, bin ich gern bereit …«

Frau Koller sprang hastig auf.

»Geben Sie uns das Rezept. Wir müssen gehen.« Sie zerrte Melina hinter sich her, kaum, dass ihr Carlotta das Rezept gereicht hatte.

Das Mädchen drehte noch einmal den Kopf zurück. Es lag eine solche Trauer in den übergroßen, umschatteten Augen, dass es Carlotta in tiefster Seele leidtat.

Arme Melina, dachte sie, wer weiß, was du mit dir herumträgst. Ich wünschte, ich könnte dir helfen.

♥♥♥

Diese Begegnung, die Carlotta menschlich sehr angerührt hatte, ging ihr trotz des anstrengenden Tages nicht aus dem Kopf.

Um neunzehn Uhr erst stand Carlotta von ihrem Schreibtisch auf. Sie merkte, wie abgespannt sie war. Ihre Assistentin räumte gerade das Labor auf, und Susanne, die am Aufnahmeschalter saß, zog sich bereits die Jacke an.

»Ach, halt, noch einen Augenblick!«, rief Carlotta Jakobi hinter ihr her. »Susanne, Sie sind doch von hier, nicht wahr? Herrenstadt ist nicht allzu groß. Sie kennen sicher eine Menge Leute. Ist Ihnen die Familie Koller näher bekannt?«

»Sie meinen Greta Koller, die heute früh mit Melina da war? Bekannt ist wohl zu viel gesagt. Der Name ist mir geläufig. Es gibt zwei Familien Koller in Herrenstadt. Der eine ist Inhaber einer Bauschreinerei in der Kaulbachstraße. Ein sehr fleißiger Mann mit einer ebenso tüchtigen Frau und drei gut geratenen Kindern. Bei denen ist selten mal eins krank gewesen. Herbert Koller hat einen jüngeren Bruder. Ich nehme an, dass Greta Koller dessen Frau ist. Von Uwe hat man schon früher nicht viel Gutes gehört. Ich wette, dass Frau und Kind kein gutes Leben bei ihm haben. Angeblich trinkt er.«

Das passte genau in das Bild, das sich Carlotta gemacht hatte.

»Melina wirkte total verängstigt. Wenn ich das Kind nur zum Reden bringen könnte!«

»Mischen Sie sich da lieber nicht ein, Frau Doktor. Der Kerl ist bestimmt brutal gegen jedermann.«

»Susanne, Sie wissen mehr, als Sie mir verraten!«

»Nein, ganz bestimmt nicht, Frau Doktor. Ich plappere nur nach, was ich von anderen gehört habe. Aus eigener Anschauung weiß ich wirklich nichts. Sie wissen selbst, wie viel man auf das Gerede der Leute geben kann. Will man sie als Zeugen für irgendeinen Vorfall heranziehen, dann haben sie plötzlich nichts gehört und nichts gesehen, und man steht am Ende als Verleumder da. Nein, Frau Doktor, da ist es besser, das Privatleben der Patienten nicht zu beachten.«

Carlotta Jakobi seufzte. Wenn sie das nur könnte! Sie war ja nicht von ungefähr Ärztin geworden. Aus Idealismus hatte sie diesen Beruf ergriffen, weil sie von dem Wunsch beseelt war, anderen zu helfen. Und gerade Kindern musste man sich mit größter Liebe zuwenden, denn Kinder waren oft in der Wohlstandsgesellschaft benachteiligt. Nicht an materiellen Gütern, sondern an Zuwendung und Verständnis.

Durfte sie also stillschweigend über das hinweggehen, was sie mit eigenen Augen gesehen und soeben gehört hatte?

Carlotta stand unschlüssig im Flur. Sie war im Begriff, die Praxistür abzuschließen, nachdem ihre Helferinnen gegangen waren. Während sie langsam den Schlüssel zweimal herumdrehte und zusätzlich das Zahlenschloss neu einstellte, warf sie einen Blick die Treppe hinauf, und dann entschied sie sich, mit Dr. Wörth über ihre Beobachtung zu sprechen.