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Was er sagt, gilt!
Das behauptet Gabe, Kapitän der Jacht, auf der ich mein Sommerpraktikum absolviere. Groß, dunkelhaarig und der heißeste Typ, den ich je gesehen habe. Aber er und ich haben ein Geheimnis: wir hatten einen One-Night-Stand in Las Vegas. Eigentlich dachten wir, dass wir uns nie mehr wiedersehen und jetzt sind wir zusammen auf diesem Schiff in Richtung Alaska. Für vier lange Wochen. Niemand soll von uns wissen. Doch Geheimnisse sind schwer zu bewahren, wenn so viel Leidenschaft im Spiel ist …
Alle Titel der Reihe "Sinfully Rich" können unabhängig voneinander gelesen werden.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
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Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team
Was er sagt, gilt!
Das behauptet Gabe, Kapitän der Jacht, auf der ich mein Sommerpraktikum absolviere. Groß, dunkelhaarig und der heißeste Typ, den ich je gesehen habe. Aber er und ich haben ein Geheimnis: wir hatten einen One-Night-Stand in Las Vegas. Eigentlich dachten wir, dass wir uns nie mehr wiedersehen und jetzt sind wir zusammen auf diesem Schiff in Richtung Alaska. Für vier lange Wochen. Niemand soll von uns wissen.
Doch Geheimnisse sind schwer zu bewahren, wenn so viel Leidenschaft im Spiel ist …
Alle Titel der Reihe »Sinfully Rich« können unabhängig voneinander gelesen werden.
Über Vivian Wood
Vivian Wood ist eine USA Today-, Wall Street Journal- und Amazon Top 20-Bestsellerautorin. Ihre Passion sind Romances über sexy Alphamänner, die von selbstbewussten Frauen gezähmt werden.
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Vivian Wood
Sinful Boss
Liebesroman (Wholesome Romance)
Übersetzt aus dem amerikanischen Englisch von Beate Darius>
Ein großes Dankeschön geht wie immer an meine Testleserinnen – Patricia, Kathy und Kym. Ihr seid so hilfsbereit und motivierend. Und ich bedanke mich bei den Mitgliedern meiner ARC Vixens Group, die dieses Manuskript vor der Abgabe gegengelesen und geprüft haben. Danke, danke, danke!
Inhaltsübersicht
Informationen zum Buch
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Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Impressum
Drei Monate vorher
»Hands up! Alle Chicas auf der Tanzfläche, lasst mich eure Hände sehen!«, überschreit der DJ die Musik, die den Nachtclub komplett zum Kochen bringt. »Ihr seid für eine Nacht in Las Vegas, und ich will, dass ihr es richtig rockt!«
Durch den überfüllten Club geht ein kleiner Aufschrei, der jedoch von dem stampfenden Wummern der Bässe übertönt wird. Discolicht flimmert, LED-Scheinwerfer blitzen auf, um das wilde Treiben in regelmäßigen Abständen in grellbuntes Licht zu tauchen.
Gegen den Bartresen gelehnt, genehmige ich mir noch einen Geburtstags-Shot. Ich habe mich aufgebrezelt und bin hier in Las Vegas für ein Wochenende mit meinen Freunden …
… die sich momentan irgendwie abgeseilt haben. Cate und Harper sind verschwunden, um Gott weiß was mit Gott weiß wem zu tun. Mein Bruder und seine beiden Freunde sind hier auch irgendwo, aber ich …
Keine Ahnung. Mein Geburtstag macht mich immer ein bisschen deprimiert.
Deswegen trinke ich noch einen von der Runde Shots, die ich bestellt habe, und schiebe mich mit rhythmisch wippenden Knien in Richtung der Musik. Dieses Wochenende war meine Idee, also versuche ich mein Bestes, um in Stimmung zu kommen.
Alkohol ist vielleicht nicht die beste Lösung, aber die einfachste. Inzwischen bin ich mehr als leicht angeschickert. Nicht direkt betrunken, doch ich arbeite mich definitiv an diesen Zustand heran.
Am Rand der Tanzfläche bleibe ich stehen. Die Bässe sind so laut, dass ich die Vibration durch die dünnen Tragegriffe meiner Handtasche spüren kann. Mein Blick wandert über die lärmende Menge zu einer Galerie, die sich oberhalb der Tanzfläche befindet. Dort oben steht ein einzelner Typ. Während ich darauf warte, dass der Strahl der Scheinwerfer auf ihn trifft, halte ich intuitiv die Luft an.
Ein grellroter Lichtblitz huscht kurz über sein Gesicht. Ich straffe mich. Er ist attraktiv, mit dunklen Haaren und hohen Wangenknochen.
Doch eigentlich ist es seine melancholische Miene in diesem Meer von Menschen, die total auf Endorphinen sind … die mich neugierig macht.
Er ist in Las Vegas. Wie kann er da traurig sein?
Ohne lange zu überlegen, schlängele ich mich durch die Tanzwütigen in Richtung Treppenaufgang.
Ich kriege bestimmt nicht alles wieder hin.
Aber bei diesem Typen? Ganz gleich, was er hat, ich kann ihn mit Sicherheit trösten, und sei es nur vorübergehend. Außerdem ist er ziemlich heiß, dass ich das Elend nicht mehr mitansehen mag.
Das ist mein Problem.
In Blickrichtung auf den Typen steige ich die Eisentreppe hinauf. Er trägt ein weißes Button-up-Shirt und dunkle, tief sitzende Jeans. Und er umklammert sein Glas, als wäre es das Einzige, was ihn erdet.
Groß, dunkel, attraktiv und nachdenklich? Den muss ich mir definitiv genauer anschauen.
Sobald ich auf der Galerie bin, lege ich eine Hand auf das Geländer und taste mich vorsichtig näher an ihn heran. Er starrt konzentriert nach unten auf die Tanzfläche, dass er mich anfangs gar nicht bemerkt.
Für gewöhnlich stehe ich im Zentrum der Aufmerksamkeit auf den Partys daheim in Seattle. Ich bin hübsch, ich bin blond und ich komme aus einer reichen Familie.
Deswegen ist es vollkommen neu für mich, von einem Mann nicht beachtet zu werden. Ich pirsche mich nah genug an ihn heran, sodass er mich hören muss.
»Was dagegen, wenn ich mich zu dir stelle?«, brülle ich über die Musik hinweg.
Er zuckt kaum merklich zusammen und scheint verblüfft. Dann nickt er bloß. Für einen kurzen Augenblick starre ich sein schönes Gesicht an, dann lege ich den Kopf schief und lächle.
Ich kann nicht anders. Ich strecke eine Hand aus, um sein Gesicht zu berühren.
»Du siehst gut aus. Du bist groß. Du hast ein Gesicht wie ein Model«, erkläre ich ihm.
Stirnrunzelnd dreht er den Kopf weg. »Hör auf damit.«
Ich grinse ihn an. »Nein.«
Er baut sich vor mir auf, um mich mit zusammengekniffenen Augen zu mustern. Sein vernichtender Blick bestärkt mich lediglich in dem Entschluss, nichts unversucht zu lassen, damit er sich ein bisschen amüsiert.
Ich greife nach seiner Hand und sehe ihn mit Unschuldsmiene an. »Tanz mit mir, Fremder.«
An seiner Hand zerrend, ziehe ich ihn zur Treppe. Zu meiner Verblüffung stellt er sein Glas ab und folgt mir.
Ich laufe nach unten, um mich mitten ins Gewühl zu stürzen. Unbekannte Paare bewegen sich zur langsamer gewordenen Musik. Ich kann ihre heißen, eng aneinandergeschmiegten Körper spüren. Und ich rieche ihren Schweiß, vermischt mit Parfüm.
Ich bleibe stehen und drehe mich frontal zu meinem frisch abgeschleppten Tanzpartner, um meine Hände um seinen Nacken zu schlingen. Mit leicht nach hinten geneigtem Kopf beginne ich, mich zu dem leisen Blues-Stück zu bewegen.
Seine Hände legen sich auf die Verlängerung meiner Wirbelsäule, dann drängen seine Hüften näher an meine. Ich drücke mich etwas fester an ihn, um seinen frischen männlichen Duft zu inhalieren.
Er riecht absolut umwerfend.
Dann drückt er sich noch enger an mich, um sich im langsamen Rhythmus der Musik zu bewegen. Lächelnd sehe ich zu ihm hoch.
Seine Brauen sind finster zusammengezogen, seine hohen Wangenknochen so hart, dass ich mich gefühlt daran schneiden könnte. Doch seine Lippen …
Bestimmt sind es seine Lippen, die mich magisch anziehen, rosig und voll, scheinen sie darum zu betteln, geküsst zu werden.
Ich stelle mich auf die Zehenspitzen und brülle an seinem Ohr: »Möchtest du mich küssen?«
Er bleibt abrupt stehen. Als ich ihn anblinzle, steht ihm das Ja ins Gesicht geschrieben. Sein Blick senkt sich auf meinen Mund, und ich benetze unbewusst die Lippen.
Ich möchte von diesem Fremden geküsst werden, jetzt sofort.
Er überrascht mich, indem er mich ein wenig nach hinten biegt und dann mit seinen Lippen meine streift. Sein Mund ist heiß und sein Körper angespannt an meinem, als er mich ein zweites Mal küsst, dieses Mal härter und fordernder.
Meine Hände graben sich in sein kurzes, dunkles Haar. Ich ziehe ihn an mich.
Ich brauche mehr davon.
Ich will mehr von ihm.
Nicht lange und wir sind beide außer Atem. Er hebt mein Knie an, und ich schlinge mein Bein um seine Hüfte. Dann fächert er mit einer Hand durch meine Haare, packt sich eine Faustvoll und zieht meinen Kopf nach hinten.
Er fährt mit seinen Lippen über die weiche Linie meines Halses. Ich stöhne auf.
Weil ich mich nach mehr sehne. Heute Nacht will ich seinen Mund überall auf meinem Körper spüren.
Ich ziehe seinen Kopf an mein Ohr. »Ich habe oben im Hotel ein Zimmer. Komm doch noch mit hoch!«
Er entzieht sich meinem Griff, um mit skeptischer Miene mein Gesicht zu mustern. Für einen Augenblick umarmt er mich fester und scheint mit sich zu kämpfen.
Wenn ich ihn rumkriegen will – und genau das habe ich vor -, dann werde ich ihn zu seinem Glück zwingen müssen.
»Komm mit mir.« Ich sehe ihn eindringlich an, schwenke herum und mache Anstalten, die Tanzfläche zu verlassen. Nach einem kurzen Moment folgt er mir.
Angesäuselt wie ich bin, triumphiere ich über meinen Erfolg. Ich drücke die Tür auf, die vom Nachtclub in die elegante Hotelhalle führt, und grinse ihn an.
»Was?«, fragt er, mich von oben bis unten taxierend.
Ich lasse seine Hand los und laufe zu den Aufzügen, drücke auf den Knopf. Als ich mich umdrehe, stürzt er sich förmlich auf mich, um mich gegen die schwarze Marmorvertäfelung der Wand zu stemmen. Ich erschauere.
Er ist viel, viel größer als ich, selbst mit meinen hohen Hacken bin ich ein Zwerg neben ihm.
»Hast du es immer so eilig?«, flüstert er rau, seinen Mund auf meine Halsbeuge gepresst. Seine Lippen sind so heiß und fest, dass es warm durch meine Brüste rieselt und mein Höschen feucht wird.
»Fast immer.« Ich japse nach Luft. Leise surrend kommt der Aufzug nach unten. Mein Begleiter saugt an dem Puls an meiner Halsschlagader, weswegen ich lustvoll den Kopf hin und her werfe.
»So ein böses Mädchen«, murmelt er. »Ich kann es kaum erwarten, bis du splitternackt vor mir kniest.«
Die Aufzugtüren gleiten auf. Ich kann nicht anders, als über seine obszöne Bemerkung zu kichern.
Ich verpasse ihm einen Schubs. »Dann lass uns schleunigst nach oben fahren.«
Er rührt sich nicht vom Fleck. Stattdessen streichelt er eine meiner Titten und gleitet mit seinem Mund zu meinem Schlüsselbein, um daran zu knabbern. Mit seinen Zähnen zerrt er mein trägerloses Kleid vorn herunter, sodass meine Brüste beinahe herausfallen.
»Hab Geduld«, flüstert er. »Alles zu seiner Zeit …«
Seine Hand wandert weiter, zu meiner Hüfte und von dort zu meinem Schenkel. Begierig streichelt er die Innenseiten meiner Schenkel, woraufhin ich reflexartig die Beine zusammenklemme.
»Nicht hier!«, kreische ich, total verlegen.
Doch während er an meinem Schlüsselbein saugt, gleiten seine Finger zu meiner intimsten Stelle. Nach einem leisen Aufstöhnen versuche ich, mich dagegen zu wehren, andererseits gefällt es mir auch irgendwie.
»Bist du sicher?«, schmunzelt er.
Mit seiner freien Hand umschließt er mein Kinn und dreht meinen Kopf ins Halbprofil, um mein Ohr zu küssen. Mir stockt der Atem, als er seine Zungenspitze direkt in mein Ohr schiebt.
Flatternd schließe ich die Lider. Meine Hände graben sich in sein Hemd. Ich stöhne, leise und lustvoll.
Hand aufs Herz: Solange er nicht aufhört mit seinem krassen Zungenspiel, kann er mich hier und jetzt nehmen. Ich bin mir unsicher, ob ich nicht vielleicht sogar kommen werde, wenn er mein Ohr weiter leckt und neckt …
Und mit Sicherheit werde ich einen Orgasmus kriegen, wenn er bloß meine Titten oder meine Muschi berührt. Als er seine Hand wegnimmt, starre ich ihn entgeistert an und spüre, wie ich vor Verlegenheit rot werde.
»Was wolltest du noch mal von mir?« Fragend zieht er die Augenbrauen hoch.
»Ich …« Ich schlucke, bemüht, meine Gedanken zu sortieren. »Oben.«
Es amüsiert ihn, wie nervös ich bin. Er tritt einen Schritt zurück und zeigt auf den Aufzug. Dessen Türen haben sich längst wieder geschlossen.
Meine Hand zittert, als ich erneut auf den Knopf drücke, um den Lift zurückzuholen. Die Türen öffnen sich, und als ich auf meinen High Heels hineinstöckle, komme ich mir vor, als ob ich ihm in die Falle gegangen wäre.
Ich drücke den Knopf für die oberste Etage. Er ist direkt hinter mir und beäugt mich.
»Wir werden Spaß haben.«
Ich kann nichts erwidern. Da ist zu viel sexuelle Spannung in der Luft. Stattdessen beiße ich mir auf die Unterlippe und nicke stumm.
Sobald sich die Türen schließen, zieht er mich wieder in seine Arme.
Ich habe alles, was ich mir wünsche.
Na ja … fast alles. Ich habe Geld. Ich habe eine Karriere vor mir. Ich habe einen netten Typen am Start, wann immer mir danach ist.
Das reicht doch, oder?
Ich starre auf das glitzernde graue Stoffteil in meiner Hand. Wenig überraschend finde ich dort keine Antwort. Seufzend versuche ich, mich wieder auf die kleine Boutique zu konzentrieren, in der ich gerade mit meinen beiden besten Freundinnen bin.
Wir sind in der Innenstadt von Seattle und wühlen uns durch die Regale und Kleiderständer in dem winzigen Laden. Hinter einem blauen Samtvorhang, der als Umkleidekabine dient, probiert Cate gerade ein paar Sachen an. Sie ist brünett, gertenschlank und bildhübsch.
Harper ist rothaarig, größer als wir beiden anderen und ein bisschen kräftiger gebaut, dennoch ist sie ein absoluter Hingucker, weil sie ihre Pfunde genau an den richtigen Stellen hat und alles tragen kann. Gerade sieht sie sich den Modeschmuck an, der auf einem Tisch ausgebreitet liegt.
Währenddessen nehme ich Kleider vom Ständer, fasse prüfend den Stoff an und hänge sie wenig begeistert wieder zurück.
Mit einem Kleid gehe ich zum Spiegel und halte es mir an. Ich bin blond und zierlich, und um auch so schlank zu bleiben, gehe ich jeden Tag anderthalb Stunden laufen. Das rosa Samtkleid schmeichelt meiner hellen Haut … und der geschlossene Kragen betont mein herzförmiges Gesicht mit den hohen Wangenknochen.
Nach einem kritischen Blick, wie der gedeckte Rosaton zu meinen tief liegenden blauen Augen passt, seufze ich.
Das Kleid ist schön. Richtig toll. Allerdings besitze ich tausend Kleider, die toll sind; ich suche etwas Spektakuläres.
»Ich kann nicht glauben, dass Luca mich beschwatzt hat, mit ihm diese Reise zu machen!«, erklärt Cate hinter dem Vorhang der Umkleidekabine. »Wusstet ihr, dass er sich in Oaxaca unbedingt ansehen will, wie Tequila hergestellt wird?«
»Das ist typisch mein Bruder«, gebe ich schulterzuckend zurück. »So war er schon immer. Wenn du keine Lust auf schräge Abenteuer hast, die irgendwie mit Alkohol zu tun haben, hättest du nicht zufällig einen reichen Clubbesitzer heiraten dürfen. Es gibt Mittel dagegen, allen voran die Scheidung.«
Cate steckt den Kopf durch den Vorhang und errötet. Sie wirft mir einen Blick zu. »Wenn es dir nichts ausmacht, bleibe ich lieber mit ihm zusammen. Herrgott noch mal, weswegen bist du eigentlich so stinkig?«
Stirnrunzelnd dreht Harper sich von dem Schmucktisch zu uns um. »Ja echt, Luna, du bist schon den ganzen Morgen schlecht drauf. Ist irgendwas? Hat es mit der Uni zu tun?«
Ich räuspere mich verlegen. »Entschuldigt. Ich versuche wirklich, mir nichts anmerken zu lassen. Klappt aber offenbar nicht.«
Cate schiebt den Vorhang zurück. Sie hat ein pflaumenblaues Samtkleid an, das mir an ihr richtig gut gefällt, kurz und mit schmalen Trägern. Weil Cate nun mal so ist, wie sie ist, hat sie darunter eine weiße Bluse angezogen. Es sieht stylish aus, aber auch irgendwie brav.
Ich muss grinsen, denn ich bin bestimmt nicht ganz unbeteiligt daran, dass Cate ihre alte Garderobe komplett ausgemustert hat – früher trug sie bloß langweilige graue Klamotten. Nicht zuletzt hat dabei wahrscheinlich auch eine große Rolle gespielt, dass sie meinen Bruder Luca geheiratet hat …
»Was ist denn los?«, will sie wissen.
Nachdem ich das Kleid, das ich mir gerade vorgehalten habe, auf den Ständer zurückgehängt habe, richte ich mich auf und seufze. »Ihr wisst, dass ich in letzter Zeit einen Haufen Vorlesungen verpasst habe, weil meine Gebärmutter mich hasst?«
Harper kommt zu mir geschlendert. Sie greift nach einem Kleid, das ihr ins Auge sticht. Während sie es kritisch begutachtet, unterhält sie sich mit mir. »Ja. Du leidest an Endometriose, nicht wahr? Deswegen ist deine Periode immer sehr schmerzhaft, mit starken Blutungen. Als wäre dein Uterus gefühlt ein Rambo auf Steroiden, der jeden Monat einen Rachefeldzug gegen dich unternimmt.«
Ich muss mir ein Grinsen verkneifen. »So hat mir das zwar noch keiner verklickert, aber es kommt irgendwie hin.«
»Harper bringt die Dinge eben auf den Punkt«, kichert Cate.
Harper kommentiert das mit einem Augenverdrehen, und wir kichern alle.
Ich schüttle den Kopf. »Okay, also … in einer der Vorlesungen, die ich verpasst habe, sind Sommerpraktika angekündigt worden. Die sind nicht ohne. Eine erfolgreiche Teilnahme im Lebenslauf bedeutet grundsätzlich, dass man später als Assistenzärztin die besseren Jobs bekommt.«
Ich halte inne, um sicherzugehen, dass Cate und Harper mir noch folgen können. Als beide nicken, fahre ich fort.
»Da ich an dem Tag nicht in der Uni war, habe ich es logischerweise versäumt, mich in den letzten drei Monaten für so ein Berufspraktikum zu bewerben. Jetzt gibt es nur noch eine freie Stelle bei einem Unternehmen mit dem Namen Aurora Borealis Charters.« Ich ziehe eine Grimasse. »Bei dieser Firma kann man für Exkursionen ein Schiff inklusive Mannschaft chartern, um beispielsweise die Küste von Alaska hinauf zu segeln.«
Sowohl Cate als auch Harper sind sichtlich perplex. Harper erholt sich als Erste von dem Schock.
»Willst du damit sagen, dass du, unsere Märchenprinzessin, die demnächst ihren Doktor macht, tagelang auf einem Schiff hausen musst?« Harper grinst verschlagen. »Wie soll denn deine ganze Garderobe auf so einen Kahn passen? Och, ich weiß. Du könntest es dir locker leisten, ein Beiboot zu chartern, das deinen Kleiderschrank an Bord hat.«
Cate lacht darüber. Ich funkle Harper böse an.
»Sehr witzig«, murre ich. »Ich gebe zu, es ist nicht unbedingt der ideale Posten für mich. Aber es ist buchstäblich das Einzige, was noch zu haben ist.«
»Wird sicher nicht so schlimm werden«, schaltet Cate sich ein. »Ich meine, andere Leute haben den Job doch auch geschafft, oder?«
»Ja.« Ich nicke bekräftigend. Seufzend trete ich von den Kleiderstangen weg. »Es ist bloß … es ist so was wie eine letzte Chance für mich. Ich hatte dieses Jahr mit meinen Vorlesungen und mit der Diagnose Endometriose zu kämpfen. Inzwischen nehme ich die Pille und es geht mir auch viel besser, aber …« Ich breche ab und hole tief Luft. »Für mich gilt es, diesen Sommer alles zu geben. Doch dafür muss ich die Stelle erst mal haben.«
Harper tritt zu mir und tätschelt meinen Arm. »Die werden dich einstellen. Ich weiß es.«
»Jedes Unternehmen wäre froh, wenn es dich hätte«, klinkt Cate sich ein. »Ernsthaft. Es gibt Gründe, weswegen Harper dich damit aufzieht, dass du wie eine Märchenprinzessin rüberkommst, und das hat nicht nur mit deinen stylishen Klamotten zu tun. Alles, was du anpackst, scheint einfach …« Sie beschreibt mit beiden Händen eine ausgreifende Geste. »Zu gelingen.«
»Danke. Das ist lieb gemeint.« Ich begutachte sie mit einem langen Blick. »Du hast doch sicher vor, dieses Outfit zu nehmen, oder? Weil es supersüß ist.«
Errötend streicht Cate mit den Händen über den Stoff. »Ich denke schon, ja.«
»Gut.« Ich wirbele herum. »Harper, bist du immer noch auf der Suche nach einer Halskette?«
Sie nickt. »Ja, aber ich finde hier nichts, was mir gefällt.«
»Hast du dir mal die Ketten angeschaut, die an der Puppe im Schaufenster dekoriert sind?« Ich zeige dorthin. »Ich finde sie beide sehr edel.«
Ihr Gesicht hellt sich auf. »Nein, noch nicht.« Sie läuft zu der Puppe, um sie leicht zu drehen. »Ah, die hier ist perfekt. Ich brauche nämlich irgendetwas, um mein langes schwarzes Spitzenkleid aufzupeppen.«
»Ach ja?«, erkundige ich mich, mein Augenmerk auf ein pinkes Seidentop mit Spaghettiträgern lenkend. »Was hast du denn geplant? Etwa ein Date?«
Als ich erneut zu Harper spähe, stelle ich fest, dass ihr Gesicht rot angelaufen ist. »Ähm, weißt du, nicht wirklich. Es ist bloß, Smith ist in Seattle …«
»Oh, dann wirst du Smith also endlich sagen, dass du ihn liebst und von ihm ein Kind willst?«, fragt Cate.
Harper funkelt Cate an, doch die duckt sich einfach hinter den blauen Samtvorhang.
»Smith und ich sind nur gute Freunde«, wiegelt Harper ab. Mittlerweile ist ihr Gesicht rot wie eine Tomate, und ich kann nicht anders, als sie noch mehr aufzuziehen.
»Das behauptest du ständig. Aber wahrscheinlich hast du keine Ahnung, was Freundschaft heißt«, veralbere ich sie.
»Wenn du denkst, dass du mich mit dem Gelaber über Smith von deiner eigenen Dating-Situation ablenken kannst, bist du schief gewickelt«, feuert Harper zurück. »Was ist denn aus dem schnuckeligen Collegeprofessor geworden, mit dem du ausgegangen bist? Wie heißt er noch gleich?«
»Carter.« Ich lächle schmallippig. »Der steht nicht zur Debatte. Er ist an der medizinischen Fakultät tätig und direkt verantwortlich für mein Semester.«
Harpers Augenbrauen schießen nach oben. »Ist das nicht trotzdem irgendwie heiß? Eine heimliche Affäre?«
»Das mag sein, wenn er nicht voll auf ein anderes Mädchen abfahren würde«, erwidere ich und zucke die Schultern. »Keine Ahnung, wer die Glückliche ist, aber er ist offensichtlich total verknallt in sie. Schade drum, denn er ist echt heiß.« Schmollend nehme ich den Bügel mit dem pinken Trägertop von der Kleiderstange.
Cate steckt den Kopf aus der Umkleide und zieht eine Grimasse. »Tja, das war ein Reinfall.«
»Stimmt. Wie auch immer, ist sowieso besser, wenn ich mich auf dieses Praktikum konzentriere.«
Ich trage das Top nach vorn zur Kasse. Schweigend tippt die Verkäuferin hinter der Ladentheke die Summe ein, woraufhin ich mit einem smarten Lächeln meine Kreditkarte zücke. Cate ist hinter mir, mit dem Kleid und der Bluse, die sie vorhin anprobiert hat.
»Ich will ja nicht lästern, aber vielleicht solltest du mal versuchen, etwas Längerfristiges zu finden«, schlägt sie sanft vor. »Jemanden, der besser zu dir passt und verständnisvoll ist.«
Harper gesellt sich mit ihrer Halskette zu uns. »Da hat sie nicht ganz unrecht.«
Ich wackle mit den Brauen. »Es ist alles gut. Mädels, ihr wisst, wie ich ticke. Da ich keine Familie haben kann, kann ich mich genauso gut voll in mein Studium stürzen. Nach meiner Facharztausbildung kann ich mich immer noch auf mein Datingleben konzentrieren. In der Zwischenzeit bleibe ich entspannt und amüsiere mich mit dem einen oder anderen Typen, von dem ich ansonsten überhaupt nichts will. Nur ich und er und sein Sixpack.«
Cate und Harper haben das alles schon mal gehört und verdrehen beide die Augen.
»Aber das ist doch langweilig«, jammert Cate. »Ich weiß nicht mal mehr die Namen von den letzten Typen, mit denen du Dates hattest.«
Ich schnappe mir die Einkäufe von Harper und Cate. »Würden Sie diese bitte auch von meiner Karte mit abbuchen? Danke.«
»Luna!«, protestiert Harper.
Cate beißt sich auf die Unterlippe und sieht nicht unbedingt glücklich aus.
»Keine weiteren Fragen zu meinem Liebesleben!«, beende ich das Thema. »Es ist alles gut, wirklich. Ich fühle mich gut.«
»Sobald wir hier raus sind, werde ich erst einmal dafür sorgen, dass wir alle ein Eis bekommen«, verkündet Cate.
Mit einem scharfen Blick zu mir nimmt Harper die Tüte mit ihrer Kette. »Danke.«
Meine Freundinnen mögen es vielleicht nicht, wie ich mit Geld um mich werfe, um ein Gespräch abzuwürgen, das mir unangenehm ist. Dennoch protestieren sie nur halbherzig, besonders Cate. Sie könnte ohnehin Lucas Kreditkarte benutzen; sein vieles Geld und meins stammen mehr oder weniger aus demselben Topf.
Als wir aus der Boutique kommen, blinzle ich angesichts des hellen Tageslichts. Es ist Mai und ein angenehm warmer Tag, trotzdem bin ich froh, dass ich eine leichte Jacke dabeihabe.
Cate steht zu ihrer Ankündigung von vorhin. Sie zeigt mit dem Finger auf die andere Straßenseite. »Seht mal, da drüben ist ein Salt & Straw. Jetzt besorge ich erst mal für alle ein Eis.«
»Okay, wenn es sein muss«, erkläre ich halbherzig grinsend. Auf Zucker verzichte ich vorzugsweise, was alle wissen.
Kaum dass wir die Straße überqueren, kreischt Harper: »Ob die auch neue Sorten haben? Als ich zuletzt im Oktober da war, hatten sie Eis mit Schoko-Brombeer-Geschmack. Das schmeckte wie ein kleines Stück vom Himmel.«
»Mmhm, klingt gut«, meint Cate.
Wir erreichen die verglaste Eingangstür, und Cate geht voraus. Harper folgt ihr, und ich bilde das Schlusslicht. Abgelenkt von meinem Handy merke ich erst, dass die beiden unvermittelt stehen bleiben, als ich fast über Harpers Beine stolpere.
Kurz aufblickend sehe ich, dass Cate einem dunkelhaarigen kleinen Mädchen in einem lavendelblauen Kleid dabei hilft, seinen Schuh wieder anzuziehen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, denn die Kleine ist so süß. Sie erzählt Cate gerade, welche Eissorte sie probieren wird. Cate strahlt und plaudert höflich mit ihr. Als die Mutter entdeckt, dass ihre Tochter munter drauflos plappernd zurückbleibt, nimmt sie das Mädchen auf den Arm.
Großer Gott, die Kleine ist ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.
Da reicht es mir. Ich drehe mich steifbeinig um und renne aus dem Eissalon. Tränen brennen in meinen Augen.
Ich werde nie, niemals diesen Moment erleben. Ich werde nie Mutter sein. Und es zerreißt mich innerlich, zu wissen, dass ich das Eine, das ich mir so verzweifelt wünsche, nicht haben kann.
Nachdem ich draußen ein-, zweimal tief durchgeatmet habe, wasche ich mir in Gedanken den Kopf.
Du hast sonst alles, was man sich nur wünschen kann.
Das Leben ist nicht immer fair, okay?
Das Leben ist definitiv unfair. Energisch wische ich mir die Augen.
Harper steckt den Kopf durch die Tür. »Luna? Geht’s dir gut, Süße?«
Ohne sie anzusehen, nicke ich und drücke das Rückgrat durch. »Alles gut«, antworte ich mit tränenerstickter Stimme. Es ist bestimmt nicht das erste Mal, dass ich beim Anblick eines süßen Kindes oder Babys in der Öffentlichkeit geweint habe. Meine Freundinnen wissen, dass das etwas ist, womit ich Probleme habe. »Bringt mir ein Eis mit, ja?«
Sie mustert mich kurz, dann nickt sie. »Klar. Willst du inzwischen eine Runde um den Block drehen? Wir treffen uns dann in ein paar Minuten wieder.«
Ich schlucke schwer, um den Kloß in meinem Hals loszuwerden. »Okay.«
Danach schwenke ich nach rechts, um den Bürgersteig hinunterzutraben. Ich kenne die üblichen Standardsprüche von den Leuten.
Auch für dich gibt es Möglichkeiten, ein Kind zu haben.
Hast du schon mal an In-vitro-Fertilisation gedacht?
Was ist mit Adoption?
Das sind zweifellos alles gute Optionen. Keine davon schließe ich für mich aus.
Es ist bloß … als ich ein kleines Mädchen war, habe ich mir dauernd vorgestellt, später einen Mann zu haben, der mich liebt, und ein paar Kinder. Das Bild in meinem Kopf war ganz deutlich. Die Kinder hatten meine weichen blonden Haare und sahen hübsch aus, wie Miniaturausgaben von mir.
Und dann bekam ich plötzlich diese Endometriose-Diagnose … jetzt ist die Zukunft ungewiss. Das Bild, das ich so lange im Kopf hatte, ist unscharf und verzerrt.
Tief durchatmend reiße ich mich zusammen und wiederhole mein Mantra leise für mich.
Ich habe alles, was ich möchte.
Ich habe Geld. Ich habe eine Karriere vor mir. Ich habe Typen.
Mehr kann man sich nicht wünschen.
Mit selbstbewusst gerecktem Kopf laufe ich weiter.
Michelle hätte es besser hinbekommen. Wäre sie hier, wäre diese Yacht bis in den letzten Winkel strahlend sauber.
Unversehens verfinstert sich meine Miene. Michelle hat sich anders entschieden. Ich sollte nicht dauernd an sie denken.
Und dennoch spielt sie noch immer eine große Rolle.
Meine Augen gegen das spätmorgendliche Sonnenlicht beschattend, trete ich vom Rumpf der Yacht zurück, auf der ich gerade arbeite. Die Marina bietet keinen Schutz vor der Sonne; die Holzplanken unter meinen Füßen sind von eisigem Wasser und brütender Hitze verwittert und verzogen.
Aus irgendeinem Grund bin ich heute ungewöhnlich nachdenklich, der Name meiner angehenden Verlobten kreist unablässig durch meine Gedanken.
Michelle hätte es besser hinbekommen.
Hat sie aber nicht, okay? Und selbst wenn sie noch hier wäre, hätte sie Probleme magnetisch angezogen.
Ich balle die Hände zu Fäusten, sodass sich die Fingernägel in meine Handflächen bohren.
Es reicht mit dem Selbstmitleid, rede ich mir gut zu. Du warst lange genug sauer. Nur weil deine angehende Verlobte sich als Lügnerin und Betrügerin entpuppte, musst du nicht die ganze verdammte Zeit über Trübsal blasen.
Trotzdem sitzen Wut, Trauer und Frust über das, was passiert ist, so tief in mir drin … dass ich mir kaum zu helfen weiß. Das Einzige, was ich machen kann, ist, mich abzulenken.
Seufzend begutachte ich den Mast, bevor ich die Scheuerbürste in den Eimer fallen lasse. Der hohe Mast wirft einen langen Schatten gegen das Sonnenlicht. Ich war schon vor Tagesanbruch hier und habe so ziemlich den gesamten Schiffsrumpf auf Hochglanz geschrubbt.
Dennoch ist das bloß ein Anfang.
Es sind nur noch acht Wochen bis zur Harbor Pointe Regatta. Nur noch acht Wochen, bis ich im Rampenlicht stehe, weil ich alles aus diesem Boot herausholen werde, um als Erster über die Ziellinie zu segeln. Allerdings sind noch etliche Reparaturen an der Arctic Light zu erledigen, ehe die Yacht überhaupt seetüchtig ist.
Ich atme tief durch.
Bevor ich sie sehe, höre ich bereits, dass Malkia über das sonnengebleichte Holz der Docks marschiert kommt. Obwohl sie gertenschlank ist, klingen ihre Schritte wie die eines Trampeltiers. Meine Schwester hat einen schweren Gang, womit die Mannschaft sie öfter aufzieht. Zum Glück gibt sie nicht viel darauf, sondern geht pragmatisch damit um, wie mit allem, was sie tut.
Mit zusammengekniffenen Augen beobachte ich, wie sie auf mich zukommt, um sich neben mich zu stellen. Sie hat eine Tube Sunblocker mitgebracht und streicht gerade etwas von der cremig weißen Lotion auf ihre zimtfarbene Haut.
»Gabe, es ist heiß draußen«, sagt sie schlicht. Sie hat eine erstaunlich tiefe Stimme und einen leichten Akzent, weil sie in Tansania aufgewachsen ist. Sie gibt mir die Sonnenmilch und setzt eine dunkle Sonnenbrille auf.
»Danke.« Ich drücke einen ordentlichen Klecks in meine Hand. Dann beginne ich, meine sonnengebräunten Unterarme einzuschmieren, und betrachte dabei Malkia.
Optisch könnten wir nicht unterschiedlicher sein. Sie hat eine Baseballmütze auf, darunter kräuselt sich ihr Haar eng um den Kopf. Meine dunkle Mähne ist an den Seiten kurz geschnitten und am Oberkopf etwas länger, mit einer ganz leichten Naturwelle. Wie üblich trägt sie eine weite weiße Baumwollhose und darüber eine passende Schlabberbluse.
Eins haben Malkia und ich gemeinsam: hohe Wangenknochen und einen wie eingemeißelten brütenden Ausdruck auf dem Gesicht … Allerdings lacht Mal erheblich mehr als ich, ihr strahlendes Lächeln erhellt jeden Raum.
Ich schätze, ihre Eltern, wo immer sie jetzt auch sein mögen, hatten in dieser Hinsicht gute Gene.
Mein Markenzeichen sind ein eng geschnittenes weißes T-Shirt und auf den Hüften sitzende Jeans. Ich besitze fünf solcher Outfits und noch fünf dunkelgraue T-Shirts. Mehr brauche ich nicht zum Anziehen, wenn ich nicht in meiner Funktion als Kapitän auf der Yacht arbeite.
Mein Blick wandert über die Marina.
Hinter uns liegt ein weiteres Schiff vor Anker, das meiner Familie gehört. Allerdings ist es groß genug, um zwanzig Leute zu beherbergen. Die High Hopes ist eine riesige Luxusyacht für Ausflüge und Exkursionen; die Arctic Light ist schlicht und ergreifend ein Rennsegler.
»Schätze mal, die neue Takelage macht sich gut auf der High Hopes.«
Nach einem zustimmenden Nicken blickt Malkia über ihre Schulter zu der Megayacht. Für Sekundenbruchteile ist ihr Profil in Schatten getaucht. »Ja, das sehe ich genauso. Nächste Woche sollten wir so weit sein, nach Alaska rauf zu segeln. Ich kontrolliere noch mal alles, damit wir auf der sicheren Seite sind.«
Seufzend drehe ich mich zu dem kleineren Schiff. »Gut. Seitdem wir die High Hopes instand gesetzt aus dem Trockendock zurückhaben, mache ich mir Sorgen um das Schiff. Ich will hundertprozentig sichergehen, dass sie seetüchtig ist. Unsere Charterfirma kann sich keinen weiteren Mastbruch leisten.«
Sie nickt erneut. »Schon klar. Zur Sicherheit werde ich alles doppelt und dreifach überprüfen. Auf dem offenen Meer zu sein, mit einer vollen Passagierliste, und dann SOS funken zu müssen, war nicht gerade das Beste, was uns passieren konnte. Zwar gibt es Schlimmeres, dennoch hat es uns fast zwei Monate außer Gefecht gesetzt.«
Ich lege die Stirn in Falten. »Stimmt. Für eine Firma, die ihr Geld mit Chartertouren nach Alaska verdient, war das definitiv ein schwerer Schlag. Immerhin mussten wir einen Haufen Geld in die Instandsetzung investieren. Ich bin echt froh, wenn alles wieder normal läuft.«
Schulterzuckend rückt Malkia ihre Baseballmütze zurecht. »Es wird alles gut. Du machst dir viel zu viel Sorgen.« Sie zieht ihr Handy aus der Hosentasche, um nach der Uhrzeit zu sehen.
»Lass uns runter zum Harborside Yacht Club fahren. Dann kannst du deine Teilnahmegebühr loswerden und ich kann mit den hübschen Kellnerinnen vom Restaurant flirten. Was hältst du davon?«
Eigentlich habe ich andere Sorgen, doch ich wische meine Bedenken beiseite. »Einverstanden. Für heute habe ich genug geschrubbt. Mehr ist da sowieso nicht zu machen.«
Ein durchtriebenes Grinsen erhellt ihr Gesicht. »Ich bin dran mit Fahren. Ich kann es kaum erwarten, wie diese reichen Ärsche gucken werden, wenn ich in die Auffahrt von ihrem Schickimicki-Club einbiege.«
»Lass mich eben noch das Putzzeug wegstellen.« Ich schnappe mir den Eimer mit der Scheuerbürste. »Wir treffen uns am Auto.«
Gut gelaunt trottet sie über den Kai. Obwohl sie zweiundzwanzig ist, hat sie erst vor Kurzem den Führerschein gemacht. Als ich zu unserem Wagen komme, einem alten grünen Land Rover mit jeder Menge Beulen, bin ich kein bisschen überrascht, dass sie wie irre grinsend auf dem Fahrersitz thront.
Ich klettere auf den Beifahrersitz und schnalle mich vorsichtshalber an. Zumal Malkia grauenvoll fährt, und das ist noch vorsichtig ausgedrückt.
»Bist du startklar?«, ruft sie aus. Bevor ich überhaupt einen Ton herausbringe, drückt sie aufs Gas, und wir setzen uns ruckartig in Bewegung.
»Fahr nicht so schnell«, ermahne ich sie, als sie auf die Straße schießt.
»Ach Mann, stell dich nicht so an!«, meint sie, meine Bedenken mit einem Wedeln ihrer Hand beiseitewischend. »Ich kriege das schon hin.«
Ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als zu protestieren. Malkia ist erwachsen und nicht mehr das kleine dunkelhäutige Mädchen, das früher, an den öffentlichen Schulen in Seattle, auffiel wie ein bunter Hund. Ich möchte ihr Mut machen und sie nicht wegen jeder Kleinigkeit runterziehen.
Lächelnd betrachte ich sie ‑ sie ist so glücklich, dass sie fahren darf. »Sobald du besser fährst, kannst du mal darüber nachdenken, dich abzunabeln. Mom und Dad wird es bestimmt nicht recht sein, wenn du von zu Hause ausziehen willst, deswegen werden wir dir erst mal ein kleines Apartment besorgen. In der Nähe von ihnen.«
Malkia schüttelt den Kopf. »Das könnte dir so passen, Gabe. Soll ich dir mal was sagen?« Sie droht mir mit dem Finger. »Wenn ich ausziehe, hast du bessere Chancen, ihre Herzen zurückzuerobern.« Sie kichert.
Ich muss grinsen. »Das glaubst auch nur du, Schwesterherz. Was das anbelangt, habe ich schon vor vielen Jahren kapituliert. Damals dachte ich, unsere Eltern würden eine Reise machen, und dann kamen sie mit dir zurück. Ich brauchte dich bloß einmal anzusehen – sechs Jahre alt und mit dem süßesten Lächeln auf der ganzen Welt – und hatte sofort verloren.«
»Ich war niedlich, oder?«
»Du warst echt süß. Mom und Dad haben dich vom Fleck weg ins Herz geschlossen.« Ich verdrehe die Augen. »Und daran hat sich nichts geändert.«
»Eine kluge Entscheidung, wenn du mich fragst.«
»Mhm.« Ich blicke aus dem Fenster zum Meer, wo der Strand an dieser Stelle lediglich ein schmaler Streifen aus dunklem Sand ist. Der Pazifik, der ungewöhnlich ruhig ist, sieht aus wie trübes, dunkles Glas. Malkia lenkt den Land Rover über die zerklüftete, zweispurige Landstraße, immer haarscharf entlang der Uferböschung.
»Michelle liebte es, wenn das Meer so ruhig war wie jetzt.« Die Worte sind raus, bevor ich wirklich nachgedacht habe.
Stirnrunzelnd spähe ich zu Malkia.
Ihr Lächeln wird schmal. »Ach ja?«
Sie mag es nicht, wenn ich von Michelle anfange. Keiner mag das. Sobald das Thema auf meine tote Freundin kommt, gerät jede Unterhaltung ins Stocken.
Als ich nicht reagiere, wartet Malkia einige Herzschläge lang, ehe sie weiterspricht.
»Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich wiederhole, aber du hast keine Schuld an Michelles Tod.« Mit ernstem Gesicht dreht sie sich halb zu mir. »Alles, was du nach ihrem Tod herausgefunden hast … das mit ihren Schulden, ihrer Untreue, ihrer heimlichen Vergangenheit … nichts davon hatte irgendetwas mit dir zu tun.«
Nachdenklich durch die Windschutzscheibe spähend, trifft es mich wie ein Schlag in die Magengrube. Mehrere Herzschläge lang schnappe ich nach Luft.
Nur Malkia steht mir nahe genug, um schonungslos ehrlich zu mir zu sein. Sie sagt mir immer, was sie denkt, auch wenn die Wahrheit schmerzt. Unbehaglich rutsche ich auf dem Sitz herum und muss mich beherrschen, sie deswegen nicht blöd anzupflaumen.
Normalerweise schätze ich Malkias Geradlinigkeit. Diesmal räuspere ich mich und wechsele das Thema. »Apropos Michelle, ich will die Regatta dieses Jahr endlich mal gewinnen. Die letzten vier Jahre konnten wir uns nicht mal platzieren.«
Eine Erinnerung wallt unvermittelt in mir auf. Für einen kurzen Moment bin ich an Bord der Arctic Light, um den Mast aufzuriggen. Michelle steht lachend neben mir, ihre lange kupferrote Mähne bauscht sich im Wind.
Sie mag seit einigen Monaten tot sein, doch bisweilen fühlt es sich an, als wäre seitdem erst ein flüchtiger Moment vergangen. Trauer und Wut brodeln unter der Oberfläche, um mich innerlich zu zerreißen, und ich atme mehrmals tief durch, um mich zu sammeln.
Dafür ist jetzt keine Zeit.
Ihren Fuß vom Gas nehmend, lenkt Malkia in eine Rechtskurve. Unvermittelt taucht vor uns der Harborside Yacht Club auf, wie ein schimmernder Palast, der zwischen einem Gewirr aus Docks und Booten aufragt. Das strahlend weiße Hauptgebäude sieht aus, als wäre es heute Morgen noch auf Hochglanz geschrubbt worden.
»Ich denke, dieses Jahr haben wir gute Chancen zu gewinnen.« Malkia streift mich mit einem Blick. »Immerhin segelst du das erste Mal auf der neuen, generalüberholten Arctic Light. Außerdem hast du mich als deinen Ersten Maat dabei.« Sie tätschelt mein Knie. »Weißt du, ich bringe dir Glück.«
Sie biegt auf den Parkplatz vom Yachtclub und passiert die vorderen Reihen voller glänzender Mercedes-Limousinen und brandneuer Audis.
»Das kann nicht schaden, Mal«, seufze ich.
Ich öffne das Handschuhfach und angle Anmeldebogen und Scheck heraus. Den darauf hingekritzelten Dollarbetrag geflissentlich ignorierend, schwinge ich mich aus dem Jeep.
Die tausend Dollar Teilnahmegebühr kommen aus meinen Ersparnissen, und nach zwei Monaten ohne Jobs ist mein Sparkonto ziemlich geplündert.
Heimlich gebe ich mir selbst ein Versprechen. Ich werde mich in diesem Jahr unter den Ersten platzieren. Nein, noch besser, ich werde die Regatta gewinnen.
Der Sieger bekommt dreißigtausend Dollar, und nicht zuletzt einen der begehrten Exklusivverträge, um ganz oben auf der Liste des Yachtclubs zu stehen, wann immer teure Exkursionen und lukrative Urlaubsreisen angefragt werden.
Deshalb nehmen auch noch viele andere Hafenbeschäftigte an dieser Regatta teil. Um bei den Ersten dabei zu sein, wenn der Yachtclub einen Charter zu vergeben hat.
Malkia und ich schlendern zur Eingangstür des Yachtclubs. »Du willst noch auf einen Sprung ins Restaurant?«
Grinsend nickt sie. »Genau das habe ich vor. Als ich vor zwei Wochen hier war, habe ich ein bisschen rumgeflirtet. Mal sehen, ob sich von den Mädels, die hier arbeiten, noch jemand an mich erinnert.«
Als ich Anstalten mache, die schwere Eichentür aufzudrücken, schwingt sie unvermittelt auf. Reflexartig zucke ich zurück, und als ich erkenne, wer uns entgegenkommt, kneife ich die Augen zusammen.
Fletcher Montgomery. Er ist ungefähr in meinem Alter und sieht aus, als wäre er Premiumkunde bei Patagonia. Mit Bootsschuhen, khakifarbenen Shorts, kurzärmeligem hellblauem Leinenhemd und schwarzer Daunenweste. Nicht ein blondes Haar auf seinem Kopf ist zerzaust, was mich irgendwie ärgert.
Mir fällt die Kinnlade herunter. »Fletcher.«
Er quittiert das mit einem beknackten Grinsen. »Hey, sieh einer an, wer da an Land geschwemmt worden ist. Der alte Mistkerl Gabe und seine treue Seele, die kleine Waise aus Afrika.«
Ohne lange zu überlegen, feuert Malkia zurück. »Du bist ziemlich phantasielos. Tut echt weh, sich den Mist anzuhören, der aus deinem Mund kommt, Fletcher Montgomery. Verpiss dich.«
Völlig unbekümmert rauscht sie an ihm vorbei. Ich bleibe noch kurz stehen und sehe, wie Fletchers Wangen vor Zorn rot anlaufen. Mit einem höhnischen Grinsen überspielt er das.
»Man sollte sie dahin zurückschicken, wo sie herkommt«, giftet er. »Weswegen seid ihr zwei überhaupt hier? Du ziehst das durchschnittliche Einkommensniveau im Club mindestens um ein paar Millionen runter.«
Sein Grinsen erwidernd, wedele ich mit meinem Anmeldebogen. »Ich bin hier, um mich für die Regatta anzumelden.«
»Du machst wohl Witze oder was?«, prustet er los. »Ohne deine Hauptakteurin hast du keine Chance zu gewinnen.«
Ich habe einen Kloß im Hals. Er meint Michelle, die mich vor fünf Jahren in den Yachtclub eingeführt hat und mit der ich später Regattarennen gefahren bin.
»Lass meine Verlobte aus dem Spiel«, knurre ich.
»Inzwischen hast du sicher geschnallt, dass ich über Michelles geheimes Doppelleben weitaus besser Bescheid weiß als du. Du hast nämlich keine Ahnung. Ich meine, ich habe die ganze Zeit weiter mit ihr gefickt, während ihr zwei anscheinend schwer verliebt wart –«
Unversehens packe ich ihn an der Gurgel. Ich bin verdammt groß, mindestens einen halben Kopf größer als Fletcher, und ich habe kein Problem damit, ihn mit meiner Statur einzuschüchtern. »Verflucht, lern erst mal ein bisschen Anstand, du verdammter Idiot. Man spricht nicht schlecht über die Toten, besonders nicht über meine Verlobte. Und schon gar nicht vor mir.«
Er läuft rot an im Gesicht, und ich schiebe ihn gewaltsam beiseite, bevor er zu husten anfängt.
Fletcher keines weiteren Blickes würdigend, betrete ich den Club. Innerlich aufgewühlt, da Wut, Trauer und tiefe Traurigkeit in mir hochpeitschen. Die Hände habe ich zu Fäusten geballt, und meine Kinnpartie ist dermaßen angespannt, dass es sich anfühlt, als könnten die Sehnen in meinem Kiefer jeden Moment reißen.
Den Anmeldebogen mit einer Hand umklammernd, laufe ich durch die mit edlem Holz vertäfelte Halle und könnte mich ohrfeigen, dass ich Idiot mich von Fletcher provozieren lasse.
Ich schlucke nervös, als ich die Stufen zu dem unscheinbaren kleinen Bürogebäude hochlaufe. Vor der Eingangstür aus dunklem Holz bleibe ich stehen. Meine Arzttasche unter einen Arm klemmend, streiche ich mit der anderen Hand meinen dunkelgrauen Rock glatt.
»Alles gut, du packst das«, rede ich mir gut zu. Schweiß sammelt sich in meinen Achselhöhlen. Normalerweise würde ich so ein konservatives dunkles Outfit nicht tragen, besonders nicht an diesem warmen Tag in Seattle.
Aber heute habe ich ein Vorstellungsgespräch.
Nein, nicht irgendein Vorstellungsgespräch. Das Vorstellungsgespräch. Ich brauche diese Doktorandenstelle dringend, um über den Sommer meine Dissertation zu schreiben, damit ich nach der Uni mit meiner Facharztausbildung anfangen kann. Soweit ich gehört habe, ist es immens wichtig, von den leitenden Ärzten eine gute Beurteilung zu bekommen.
Natürlich akzeptiert meine Hochschule nur einige wenige Forschungsinstitute für Doktoranden … das habe ich jedoch erst vor zwei Tagen entdeckt. Und das jetzt ist die einzige Stelle, die noch frei ist.
Unschlüssig von einem Bein auf das andere tretend, lasse ich den Blick erneut über die Fassade gleiten.
Aurora Borealis Charters steht auf einem Hinweisschild neben dem Eingang.
Nach einem tiefen Atemzug drücke ich die Tür auf. Ein Schwall kühle Luft schlägt mir ins Gesicht, als ich meinen Kopf vorsichtig in die triste Eingangshalle stecke. Alles hier drinnen ist in Brauntönen gehalten. Der abgetretene Teppichboden, die fadenscheinigen Vorhänge, die abgestoßenen Möbel.
Ich schlucke erneut. Wie kann man an so einem Ort arbeiten und Geld verdienen?
Am Empfang sitzt eine junge Frau. Sie blickt von einem Uralt-PC zu mir hoch.
»Kann ich Ihnen helfen?«, erkundigt sie sich verwundert.
Ich setze einen Schritt in den Raum und schließe die Tür hinter mir. »Ja. Ich habe einen Termin mit Daniel Byrne.«
Die Rezeptionistin zieht die Augenbrauen hoch. »In welcher Angelegenheit?«
Mit einem dumpfen Schmatzen stelle ich meine schwere Arzttasche auf den Boden. »Es geht um ein Vorstellungsgespräch. Sie suchen doch noch jemanden mit medizinischer Erfahrung, oder?«
»Ach das.« Sie drückt sich aus ihrem Bürostuhl hoch und kommt auf die Füße. »Verzeihen Sie. Sie sehen viel zu jung aus, um ausgebildete Krankenschwester zu sein.«
»Offen gestanden bin ich gerade mit meinem Medizinstudium fertig geworden«, gebe ich missmutig zurück und bemühe mich um einen gleichmütigen Ton.
»Ups!« Sie wird rot im Gesicht. »Entschuldigen Sie mich kurz. Ich werde ihm sagen, dass Sie da sind.«
Ich senke den Kopf. »Gern. Danke.«
Sie verschwindet durch die einzige weitere Tür, die sie nur halb hinter sich zuzieht. »Daniel! Die medizinische Assistentin ist da!«
Ich spiele an meinen Armbändern herum. Es sind Silberarmreife von Tiffany’s, mit viel Liebe ausgesucht. Einer für jedes Collegejahr.
Ich habe das College mit meinen zwei besten Freundinnen abgeschlossen, Cate und Harper, und wollte etwas haben, um an diese Zeit zu erinnern.
Deswegen habe ich uns allen die gleichen Armreife gekauft. Es mag bescheuert sein, aber es baut mich wirklich auf, wenn ich an so einem Tag wie heute an ihre tiefere Bedeutung denke.
Die Rezeptionistin steckt den Kopf durch die Tür. »Kommen Sie. Mr. Byrne hat jetzt Zeit für Sie.«
Scheißfreundlich lächelnd nehme ich meine Arzttasche und folge ihr.
Sie scheucht mich durch einen kurzen Gang zu einem winzig kleinen Büro, in dem ein ausgesprochen attraktiver Mann hinter seinem mit Aktenbergen bedeckten Schreibtisch sitzt. Er trägt bequeme Chinos und ein Hawaiihemd, sein grau meliertes Haar ist kurz geschnitten. Er steht auf, um mir die Hand zu schütteln, und ich stelle fest, dass er ziemlich groß und durchtrainiert ist.
Ich werde ganz verlegen, als sich unsere Handflächen berühren.
»Daniel Byrne«, stellt er sich vor.
»Angenehm. Ich bin Luna Leone«, antworte ich. Unter seinem taxierenden Blick beginnen meine Wangen zu glühen.
Ich frage mich, was er sieht, wenn er mich anschaut.
Ein reiches kleines Mädchen?
Ende der Leseprobe