Sinnliche Nächte am Kamin - Janice Maynard - E-Book
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Sinnliche Nächte am Kamin E-Book

Janice Maynard

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Beschreibung

Im Schein des Kaminfeuers schläft Leo Cavallo, den Oberkörper entblößt und die pure Verlockung. Der Milliardär hatte sich in Phoebes Berghütte eingemietet - und ihr den schönsten Winter ihres Lebens beschert. Gemeinsam haben sie Weihnachten geplant, das Baby ihrer Schwester gehütet, verheißungsvolle Küsse getauscht … Doch der Zauber ihrer Zweisamkeit weckt bittere Erinnerungen an ihr verlorenes Familienglück. Und mit Workaholic Leo kann es kein Neues geben. Oder? Phoebe mustert den Adonis. Es gibt nur einen Weg, das herauszufinden - sie muss es ausprobieren. Und zwar jetzt!

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Seitenzahl: 203

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IMPRESSUM

BACCARA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Thomas BeckmannRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2013 by Janice Maynard Originaltitel: „A Billionaire by Christmas“ erschienen bei: Harlequin Books, Toronto in der Reihe: DESIRE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1897 - 2015 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Victoria Werner

Abbildungen: Harlequin Books S.A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 11/2015 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733721510

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Leo Cavallo hatte Kopfschmerzen. Aber eigentlich tat ihm alles weh. Die Strecke von Atlanta in die Great Smoky Mountains von Tennessee hatte auf der Karte ganz harmlos gewirkt. Er hatte nicht damit gerechnet, dass es so ermüdend war, bei Dunkelheit kurvenreiche Landstraßen zu fahren. Und Anfang Dezember wurde es bereits früh dunkel.

Er warf einen Blick auf die Uhr. Schon nach neun! Und er hatte keine Ahnung, wie weit es noch war bis zu seinem Ziel. Vor zehn Meilen hatte sein Navi aufgegeben und zeigte nur noch Nicht registrierte Strecke an. Dem Thermometer zufolge konnte der Regen, der gegen die Windschutzscheibe prasselte, sich jeden Moment in Eis verwandeln. Und dann hatte er wirklich ein Problem. Ein Jaguar war kein Wagen für schlechtes Wetter.

Er schwitzte unter dem dünnen Pullover. Unwillkürlich griff er nach der Tablettenschachtel im Handschuhfach. Plötzlich glaubte er wieder die Stimme seines Bruders zu hören. Laut und deutlich.

Es ist mein Ernst, Leo. Du musst dein Leben ändern. Himmel, du hast einen Herzinfarkt gehabt!

Und Leos Antwort: Einen leichten Infarkt! Mach kein Dramadraus. Ich bin in hervorragender physischer Verfassung. Du hast gehört, was der Arzt gesagt hat.

Richtig. Er hat gesagt, dein Stress-Level ist jenseits von Gut und Böse. Und er hat dich auf die Familiengeschichte verwiesen. Unser Vater war noch keine zweiundvierzig, als er seinen Infarkt hatte. Wenn du so weitermachst, liegst du bald neben ihm.

Leo zerbiss die Tablette und fluchte, als die Straße plötzlich in eine Schotterpiste überging. Die Räder des Wagens drehten einen Moment durch, bevor sie wieder Halt fanden. Langsam fuhr er weiter und hielt nach irgendwelchen Anzeichen einer menschlichen Behausung Ausschau.

Im Scheinwerferlicht sah er dichte Rhododendronbüsche, die die Straße säumten. Der Eindruck der Enge verursachte ihm Beklemmungen. Er war die hellen Lichter von Atlanta gewohnt. Sein Penthouse bot einen atemberaubenden Blick über die ganze Stadt. Lichter – Tempo – Menschen. Das war sein Alltag gewesen. Gewesen? Wieso um alles in der Welt hatte er sich überreden lassen, sich in diese Einöde zu begeben?

Fünf Minuten später – Leo war kurz davor kehrtzumachen – sah er es plötzlich: ein Licht in der Dunkelheit. Seine Erleichterung war nicht zu beschreiben, denn auch die Aussicht umzukehren hatte nichts Verlockendes. Er atmete einmal tief durch, als der Wagen endlich vor einem Haus hielt. Rasch warf er sich die pelzgefütterte Lederjacke über, die auf dem Rücksitz gelegen hatte. Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen, aber die feuchte Kälte war alles andere als angenehm. Er beschloss, seine Sachen zuerst einmal im Wagen zu lassen, solange er nicht wusste, wo sich seine Hütte befand.

Das moderne Holzhaus mit dem warmen Licht auf der Veranda machte einen einladenden Eindruck. Da Leo keine Klingel fand, betätigte er den metallenen Türklopfer. Laut genug, um seinem Frust Ausdruck zu verleihen. Mehrere Lichter im Haus gingen an. Während er ungeduldig von einem Fuß auf den anderen trat, wurde die Gardine hinter der Tür kurz beiseitegeschoben und für einen Moment zeigte sich das Gesicht einer Frau.

„Wer ist da?“, hörte er eine gedämpfte Stimme.

„Leo. Leo Cavallo!“ Er musste sich zwingen, einen halbwegs freundlichen Ton anzuschlagen. „Darf ich hereinkommen?“

Phoebe öffnete die Tür mit einem Gefühl des Unbehagens. Nicht weil sie sich etwa vor dem Mann fürchtete, der auf ihrer Veranda stand. Sie hatte ihn bereits vor Stunden erwartet. Nein, sie fürchtete sich davor, ihm eine unschöne Nachricht überbringen zu müssen.

Mit einem beklommenen Lächeln trat sie beiseite, um ihn hereinzulassen. Seine Größe ließ ihr Haus plötzlich kleiner wirken. Er hatte breite Schultern und die Statur eines Holzfällers. Sie selbst war knapp eins achtzig groß, aber er überragte sie noch um gut zehn Zentimeter. Sein dichtes, gewelltes braunes Haar zeigte im Schein ihres Kaminfeuers einige hellere Strähnen. Der leichte Duft seines Aftershaves vermischte sich mit dem Schwall frischer Winterluft, die er mit ins Haus gebracht hatte.

Hastig vertrieb Phoebe die Intimität des Kaminfeuers, indem sie das etwas nüchternere Deckenlicht einschaltete. Ihr Blick fiel auf seine Füße. „Würden Sie bitte Ihre Schuhe ausziehen? Ich habe heute Morgen den Boden geputzt.“

Er runzelte die Stirn, kam ihrer Bitte aber nach. Dabei ließ er den Blick flüchtig durch den Raum gleiten, bevor er sich wieder ihr zuwandte. Sie registrierte eine kräftige gerade Nase, eine hohe Stirn, ein markantes Kinn und Lippen, die zum Küssen gemacht zu sein schienen.

„Ich bin hundemüde, und ich habe Hunger. Wenn Sie mir meine Hütte zeigen könnten, möchte ich mich gerne für die Nacht einrichten, Mrs …“

„Kemper. Phoebe Kemper. Sie können mich Phoebe nennen.“ Wow! Seine tiefe Stimme war wie Balsam für ihre angespannten Nerven. Aber der unterschwellig nachdrückliche Ton ließ keinen Zweifel daran, dass der Mann es gewohnt war, zu befehlen.

Phoebe rieb sich die feuchten Hände unauffällig an der Hose. „Ich habe einen Eintopf auf dem Herd. Er müsste noch warm sein, weil ich heute erst spät gegessen habe.“ Wie immer in letzter Zeit. „Sie können gerne etwas davon haben. Brot ist auch noch da.“

Seine Miene hellte sich ein wenig auf. „Das klingt ja wunderbar.“

„Das Bad ist gleich dort drüben, die erste Tür am Korridor rechts. Ich decke schon mal den Tisch.“

„Und anschließend zeigen Sie mir meine Hütte?“

„Ähm … ja, natürlich.“ Vielleicht hätte sie nicht darauf bestehen sollen, dass er seine nassen Schuhe auszog. Ein Mann auf Socken hatte irgendwie etwas Intimes.

Er war schon kurz darauf wieder zurück. Phoebe hatte die Terrine mit der Suppe auf den Tisch gestellt, dazu frisches Brot. „Ich wusste nicht, was Sie dazu trinken möchten.“ Sie sah ihn fragend an.

„Ein koffeinfreier Kaffee wäre schön – falls Sie so etwas haben.“

„Natürlich.“

Während er sich über die Suppe hermachte, brühte sie einen Kaffee auf und schenkte ihm dann eine Tasse ein. Es überraschte sie nicht, dass er ihn schwarz und ohne Zucker trank. Kein Firlefanz!

Ihr Gast schien nicht übertrieben zu haben, was seinen Hunger betraf. Zwei Teller Suppe, drei dicke Scheiben Brot und ein paar Kekse, die sie am Morgen gebacken hatte, hatte er innerhalb kürzester Zeit verputzt.

Phoebe stellte die Kaffeekanne auf den Tisch. „Bitte, bedienen Sie sich.“ Dann verließ sie sich entschuldigend den Raum.

Leos Laune hob sich beträchtlich, während er aß. Seine Hütte sollte zwar mit Lebensmitteln ausgestattet sein, aber er war kein großer Koch. Was auch immer er brauchte, hatte er in Atlanta in der Nähe. Sushi um drei in der Nacht? Kein Problem. Ein ausgewachsenes Frühstück am Morgen? Telefonisch bestellt und schon geliefert.

Nachdem er auch den letzten Krümel der köstlichen Kekse vertilgt hatte, stand er auf und streckte sich. Sein Körper war von der langen Fahrt völlig verspannt. Schuldbewusst dachte er an die Ermahnungen des Arztes, sich zu schonen. Aber er konnte einfach nicht anders. Er ging immer bis an seine Grenzen.

Und nun sollte er sich ändern. Auch wenn die vielen guten Ratschläge der Ärzte, der Freunde und seiner Familie ihn genervt hatten – er begriff, dass sein Infarkt sie alle sehr erschreckt hatte. In einem Moment stand er im Konferenzraum vor einer Gruppe potenzieller Investoren und versuchte, sie von einem neuen Konzept zu überzeugen, und im nächsten Moment lag er am Boden.

An die folgenden Minuten hatte er keine Erinnerung. Er wusste nur, dass er Mühe gehabt hatte zu atmen. Und dass ein großer Druck auf seiner Brust lastete. Irritiert von diesem Gedankengang schaute er sich in dem behaglichen Raum um, der Küche, Essecke und Wohnzimmer zugleich war.

Phoebe Kemper hatte sich hier ein gemütliches Zuhause geschaffen. Der Holzfußboden glänzte. Ein bunter dicker Teppich ergänzte die einladende Sitzecke. Zu beiden Seiten des Kamins standen vollgestellte Bücherregale. Während sein Blick über die Titel der Romane und Sachbücher glitt, wurde ihm bewusst, dass er endlich einmal Zeit haben würde zu lesen.

Ein kleines Geräusch verriet die Rückkehr seiner Gastgeberin. Er drehte sich zu ihr herum – und fand sie einfach umwerfend. Das pechschwarze Haar war zu einem langen dicken Zopf geflochten. Phoebe war groß und schlank. Sie trug verwaschene Jeans und dazu eine geblümte Bluse, deren warme Farben ihren Teint vorteilhaft zur Geltung brachten. Ihre Augen waren dunkel, fast schwarz. Floss vielleicht Indianerblut durch ihre Adern?

„Fühlen Sie sich jetzt besser?“ Sie blickte ihn lächelnd an. „Zumindest sehen Sie nicht mehr so aus, als hegten Sie Mordgelüste.“

Er lachte verlegen. „Tut mir leid. Es war ein schrecklicher Tag.“

Phoebes Lächeln verlosch. „Und ich fürchte, er ist noch nicht zu Ende. Es gibt ein Problem mit Ihrer Reservierung.“

„Unmöglich“, widersprach er. „Meine Schwägerin hat sich um alles gekümmert. Und ich habe die Buchungsbestätigung dabei.“

„Ich habe den ganzen Tag versucht, Sie zu erreichen.“

„Tut mir leid. Meine Nichte hat das Handy in die Badewanne fallen lassen. Aber ich bin ja nun hier.“

Phoebe seufzte. „In der vergangenen Nacht ist hier ein schweres Unwetter niedergegangen. Dabei wurde Ihre Hütte beschädigt.“

„Ach, ich bin sicher, ich komme zurecht.“

Sie schüttelte den Kopf. „Ich werde Ihnen den Schaden zeigen. Bitte, kommen Sie mit.“

„Sollte ich den Wagen näher heranfahren?“, fragte er, während er sich die Schuhe anzog.

„Nicht nötig.“ Sie warf sich eine Jacke über, die seiner sehr ähnlich war. Dabei steckte sie etwas ein, das wie eine Digitalkamera aussah, und nahm dann eine große Taschenlampe von dem Tisch neben der Haustür.

Schweigend folgte er ihr die Schotterstraße hinunter. Gereizt bemerkte er, dass es kein Problem gewesen wäre, mit dem Wagen zu fahren. In dem Moment blieb Phoebe so abrupt stehen, dass er fast auf sie geprallt wäre. „Wir sind da“, hörte er sie sagen. „Vor sich sehen Sie, was das Unwetter mit Ihrer Hütte angerichtet hat.“

Verblüfft folgte er dem Schein der Taschenlampe und traute seinen Augen kaum: Ein riesiger Baum hatte sich quer über das kleine Haus gelegt. Sein Gewicht hatte das Dach vollkommen eingedrückt.

„Großer Gott!“ Leo schaute unwillkürlich zurück zu Phoebes Hütte. Es hätte auch sie treffen können. „Sie müssen ja Todesängste ausgestanden haben.“

„Ich habe schon angenehmere Nächte gehabt, das stimmt. Gegen drei bin ich von dem Krachen aufgewacht. Heute Morgen habe ich dann feststellen können, was passiert ist.“

„Haben Sie nicht versucht, das Dach abzudecken?“

Sie lachte auf. „Sehe ich aus wie Super-Woman? Ich kenne meine Grenzen, Mr Cavallo. Ich habe meine Versicherung angerufen, aber natürlich haben sie im Moment alle Hände voll zu tun. Wahrscheinlich kommt morgen Nachmittag jemand vorbei, aber das glaube ich erst, wenn er vor mir steht. Es lässt sich ohnehin nichts mehr ändern. Da es so stark geregnet hat, dürfte alles im Haus hin sein.“

Damit konnte sie wohl recht haben. Blieb die Frage, wo er wohnen sollte. Auch wenn er sich ursprünglich sehr gegen diese Zwangspause gesträubt hatte, war die Vorstellung, hier eine Weile kürzerzutreten, inzwischen nicht mehr ganz so abschreckend.

Phoebe berührte ihn am Arm. „Wenn Sie wollen, können Sie heute Nacht in meinem Haus bleiben.“

Schweigend gingen sie zurück.

„Gehen Sie doch schon rein und wärmen sich auf“, bat Phoebe. „Ihre Schwägerin erzählte, Sie seien im Krankenhaus gewesen. Ich bringe Ihr Gepäck, wenn Sie mir sagen, was Sie brauchen.“

Leo wand sich innerlich vor Frust und Verlegenheit. Hattie und ihr Mutterinstinkt! „Ich kann meine Sachen selbst tragen“, beschied er Phoebe knapp. „Aber vielen Dank für das Angebot“, fügte er widerstrebend hinzu. Gerade von einer so attraktiven Frau wie Phoebe wollte er als vollwertiger Mann betrachtet werden und nicht als jemand, für den sie den Babysitter spielen musste.

In dem Moment glaubte er, ganz deutlich das Schreien eines Babys gehört zu haben. Verblüfft schaute er sich um. Aber Phoebe und er waren allein. Gab es hier vielleicht irgendwelche Tiere, die solche Geräusche machten? Ehe er noch weiter darüber nachdenken konnte, war das Schreien erneut zu hören.

Phoebe drückte ihm die Taschenlampe in die Hand. „Hier, behalten Sie sie. Ich muss ins Haus.“

Er grinste unwillkürlich. „Und lassen mich allein mit den wilden Tieren?“

„Wie meinen Sie das?“

„War das nicht der Schrei von irgendeinem Tier?“

Phoebe lachte leise. „Sie haben ja eine lebhafte Fantasie!“ Dabei zog sie das kleine Ding aus der Tasche, das er für eine Digitalkamera gehalten hatte. Es war ein Babyfon. „Das Geräusch, das Sie gehört haben, kam von einem Baby. Und ich sollte jetzt schnell reingehen, bevor die Hölle losbricht.“

2. KAPITEL

Leo sah Phoebe fassungslos nach. Erst als er merkte, dass er langsam zum Eiszapfen erstarrte, holte er den Laptop und einen kleinen Koffer aus dem Wagen und ging ins Haus. Abrupt blieb er stehen, als er Phoebe mit einem Baby auf dem Arm am Kamin stehen sah. Sie rieb dem Kind mit leichten Bewegungen den Rücken. Leo war wie benommen. Die Szene hatte etwas unglaublich Anrührendes. Seine Schwägerin Hattie hatte denselben Gesichtsausdruck, wenn sie sich um ihren Sohn kümmerte.

Aber ein Baby bedeutete auch, dass es irgendwo einen Vater dazu gab. Obwohl Leo diese Madonna und ihr Kind gerade erst kennengelernt hatte, war er irgendwie enttäuscht. Phoebe trug keinen Ring, aber er erkannte eine Ähnlichkeit zwischen ihr und dem Kind. Sie hatten die gleiche Nase.

Phoebe sah lächelnd zu ihm auf. „Das ist Teddy. Sein richtiger Name ist Theodore, aber mit gerade mal sechs Monaten ist er noch zu klein dafür.“

Zum zweiten Mal an diesem Abend zog Leo seine Schuhe aus und stellte das Gepäck ab. Er zwang sich zu einem Lächeln. „Er ist niedlich.“

„Um drei Uhr morgens findet man ihn nicht mehr ganz so niedlich.“ Phoebes Miene verriet, dass sie dem Baby dafür keinen Vorwurf machte. Im Gegenteil, ihr Gesicht strahlte vor Liebe.

„Schläft er nicht gut durch?“

Phoebe runzelte die Stirn über einen Unterton, den sie als Kritik deuten mochte. „Er schläft gut für sein Alter. Stimmt’s, mein Süßer?“ Das Baby hatte sich beruhigt und schob sich eine kleine Faust in den Mund. Phoebe hauchte ihm einen Kuss auf den Nacken. „Meist schläft er von zehn Uhr abends bis sechs oder sieben morgens durch. Im Moment scheint er zu zahnen.“

„Das ist sicher kein Vergnügen.“

Phoebe nahm das Baby auf den anderen Arm. „Kommen Sie, ich zeige Ihnen das Gästezimmer. Ich glaube nicht, dass wir Sie stören werden, auch wenn ich heute Nacht noch einmal aufstehen muss.“

Er folgte ihr den kleinen Flur hinunter. Kalte Luft schlug ihnen entgegen, als Phoebe die Tür öffnete.

„Tut mir leid“, sagte sie, „aber es wird schnell warm werden.“

Er schaute sich neugierig um. „Sehr hübsch.“ Der Raum wurde von einem riesigen Bett dominiert, das aus rohem Holz gezimmert schien, passend zum Charakter der Hütte. Grüne Vorhänge verbargen ein offenbar großes Fenster. Auf dem Holzfußboden lagen geschmackvolle moderne Teppiche. Im angrenzenden Bad gab es neben einem Jacuzzi-Becken eine geräumige Duschkabine.

„Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause“, bat Phoebe. Das Baby in ihrem Arm war inzwischen eingeschlafen. „Falls Sie in der Gegend bleiben möchten, kann ich Ihnen morgen früh helfen, ein paar Telefonate zu führen.“

Leo runzelte die Stirn. „Ich habe eine stattliche Anzahlung geleistet. Ich möchte nicht irgendwo anders unterkommen.“

„Selbstverständlich erhalten Sie Ihr Geld zurück. Aber Sie haben die Hütte gesehen. Selbst wenn die Versicherung den Schaden schnell regulieren sollte, dürfte es eine Weile dauern, bis dort wieder jemand wohnen kann.“

Leo war gegen seinen Willen hier. Das Unwetter und die Schäden, die es angerichtet hatte, wären der ideale Vorwand, sofort nach Atlanta zurückzukehren. Er brauchte Luc und Hattie nur zu sagen, die Umstände hätten sich gegen ihn verschworen.

Aber irgendwie widerstrebte ihm diese Vorstellung. „Wo ist denn Mr Kemper bei alledem? Sollte er sich nicht darum kümmern, dass die Hütte wieder instand gesetzt wird?“

Phoebe sah ihn einen Moment verständnislos an. „Mr Kemper?“ Plötzlich lachte sie laut auf. „Ich bin nicht verheiratet, Mr Cavallo.“

„Und das Baby?“

Sie hob die Augenbrauen. „Halten Sie es nicht für möglich, dass eine Frau ihr Kind allein großzieht?“

Leo zuckte mit den Schultern. „Ich finde, Kinder haben ein Recht auf beide Elternteile. Aber davon mal abgesehen, glaube ich, dass Frauen grundsätzlich alles können, was sie wollen. Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass eine Frau wie Sie es nötig hat, ihr Kind allein großzuziehen.“

Phoebes Augen blitzten. „Eine Frau wie ich? Was soll das denn heißen?“

Er lehnte sich gegen einen Bettpfosten und verschränkte die Arme vor der Brust. Nun, da er wusste, dass sie nicht verheiratet war, war das Spiel wieder offen. „Sie sind eine atemberaubende Frau. Sind die Männer in Tennessee denn alle blind?“

Sie verdrehte die Augen. „Das ist doch wohl die älteste Anmache der Welt!“

„Sie leben hier in der Einöde. Mit Ihrem kleinen Sohn. Ohne dazugehörigen Daddy. Da dürfen einem Mann doch wohl Fragen kommen, oder?“

Phoebe starrte ihn eine ganze Weile durchdringend an. Leo ließ es geduldig über sich ergehen. Er stand in einer langen Reihe italienischer Vorfahren, die alle an die Macht von Schicksal und Liebe glaubten. Und plötzlich verspürte er Lust, der Faszination auf den Grund zu gehen, die diese Frau auf ihn ausübte.

Sie gingen in das nächste Zimmer, und er schaute zu, wie Phoebe das schlafende Baby behutsam auf das Bett legte. Der kleine Junge rollte sich auf die Seite und schlief weiter. Phoebe richtete sich wieder auf und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Erstens: Wir sind hier nicht in der Einöde. Bis Gatlinburg sind es grade mal zehn Meilen. Pigeon Forge liegt noch näher. Wir haben Geschäfte und alles, was man zum Leben braucht. Ich mag es hier. Es ist friedlich.“

„Ich nehme Ihr Wort dafür.“

„Zweitens: Teddy ist mein Neffe, nicht mein Sohn.“

„Und wieso ist er hier?“

„Meine Schwester und ihr Mann sind für sechs Wochen in Portugal, um den Nachlass seines Vaters zu regeln. Und da die Reise für ein so kleines Baby zu anstrengend ist, habe ich mich bereit erklärt, es solange zu mir zu nehmen.“

„Sie müssen Kinder sehr mögen.“

Ein Schatten glitt über ihre Züge. „Ich mag meinen Neffen.“ Sie räusperte sich. „Aber das Wichtigste ist doch, dass ich Ihnen die Hütte in diesem Zustand nicht vermieten kann. Sie müssen sich etwas anderes suchen.“

„Ich habe schon etwas gefunden.“ Er ließ seinen ganzen Charme spielen. „Wie wäre es mit Ihrem Gästezimmer?“

Phoebe musste zugeben, dass Leo an Hartnäckigkeit nicht zu überbieten war. Seine dunkelbraunen Augen hatten etwas Magisches. Man glaubte förmlich in ihren Tiefen zu versinken. Falls er krank gewesen war, merkte man es ihm nicht mehr an.

„Das ist hier kein Bed and Breakfast“, erklärte sie. „Ich habe eine Hütte, die ich vermiete. Und diese Hütte ist im Moment nicht verfügbar, also ist der Vertrag hinfällig.“

„Sie sollten Ihre Entscheidung nicht übereilt treffen“, warnte er lächelnd. „Ich bin stubenrein. Und ich bin sehr nützlich, wenn es darum geht, Glühbirnen auszuwechseln und Spinnen und andere unliebsame Mitbewohner zu beseitigen.“

„Glühbirnen kann ich selbst wechseln, und für Ungeziefer hole ich den Kammerjäger.“

„Sich um ein Baby zu kümmern kostet viel Zeit. Sie könnten es genießen, Unterstützung zu haben.“

„Sie machen nicht den Eindruck, als würden Sie gerne Windeln wechseln.“

„Touché!“

Würde er jetzt aufgeben?

„Ich schlage Ihnen einen Deal vor.“ Noch während sie es sagte, fragte sie sich, ob sie den Verstand verloren hatte. „Sie erzählen mir, wieso Sie unbedingt hierbleiben wollen, und ich werde meine Entscheidung noch mal überdenken.“

Zum ersten Mal bemerkte sie eine Spur des Unbehagens auf Leos Zügen. Eine Spur von Verletzlichkeit. „Was hat meine Schwägerin gesagt, als sie die Reservierung gemacht hat?“

Eine alte Taktik. Eine Frage mit einer Gegenfrage beantworten. „Sie hat erzählt, Sie seien krank gewesen. Mehr nicht. Aber um ehrlich zu sein, sehen Sie nicht aus wie ein Mann, der an Grabes Rand steht.“

Leo lächelte ironisch. „Vielen Dank für die Blumen.“

„Wenn ich es recht bedenke“ – sie betrachtete ihn mit gerunzelter Stirn –, „wirken Sie auch nicht wie ein Mann, der sich eine zweimonatige Auszeit nimmt. Aus welchem Grund auch immer.“

Leo mied ihren Blick. „Ich brauchte eine Pause“, erwiderte er. „Ist das nicht Grund genug?“

Irgendetwas an seinem Ton rührte sie. In diesem Moment fühlte sie sich ihm merkwürdig verbunden. „Okay.“ Sie kapitulierte. „Sie können bleiben. Aber falls Sie mir auf die Nerven gehen, habe ich das Recht, Sie vor die Tür zu setzen.“

Er grinste erleichtert. „Klingt fair.“

„Und es kostet tausend Dollar die Woche zusätzlich, falls Sie auch noch bei mir essen wollen.“

Es war einfach ein Versuch, ihn davon abzubringen. Aber Leo nickte nur. „Ganz wie Sie meinen.“ Dann wurde er ernst. „Vielen Dank, Phoebe. Ich weiß Ihre Gastfreundschaft zu schätzen.“

Das Baby drehte sich auf den Rücken und durchbrach damit die Atmosphäre der Intimität, die plötzlich zwischen den beiden entstanden war. Phoebe nahm den Kleinen auf den Arm und drückte ihn an sich. Sie brauchte eine Barriere zwischen sich und dem charismatischen Leo Cavallo. „Dann also Gute Nacht.“

Leo nickte. „Schlafen Sie gut. Und falls Sie mich heute Nacht herumgehen hören, haben Sie keine Angst. Ich leide in letzter Zeit oft an Schlaflosigkeit.“

„Ich könnte Ihnen eine warme Milch machen“, erbot sie sich.

„Nein, danke. Wir sehen uns dann morgen früh.“

Leo hatte Gewissensbisse, weil er Phoebe gegen ihren Willen dazu gebracht hatte, ihn hier wohnen zu lassen. Dennoch wollte er bleiben. In Atlanta behandelten ihn alle wie ein rohes Ei. Obwohl Luc, sein Bruder, versuchte, sich nichts anmerken zu lassen, war klar, dass er und Hattie sich Sorgen um ihn machten. Und so gern Leo die beiden hatte – im Moment brauchte er Zeit, um mit sich und seiner Situation ins Reine zu kommen.

Sein erster Instinkt war gewesen, sich wieder in die Arbeit zu stürzen. Aber der Arzt hatte sich schlicht geweigert, ihm dafür die Erlaubnis zu geben. Diese Auszeit in den Bergen war eine Art Kompromiss. Ihm war nichts anderes übrig geblieben, als zuzustimmen.

Leo gähnte und reckte sich. Er war erschöpft. Vielleicht zahlte er jetzt die Zeche dafür, dass er sich jahrelang zu viel zugemutet hatte. Aus welchem Grund auch immer – er war hundemüde und mehr als bereit, in dieses große einladende Bett zu steigen.

Zu schade, dass er allein schlafen würde. Der Gedanke an Phoebe ließ seinen Körper reagieren, wie nicht anders zu erwarten. Vielleicht war es gerade ihr Understatement, das sie so anziehend machte. Obwohl der Arzt sexuelle Aktivitäten erlaubt hatte, war dies ein wunder Punkt für Leo. Er zwang sich, seine Erregung zu ignorieren …

Teddy rührte sich nicht, als Phoebe ihn wieder in die Wiege legte. Sie betrachtete ihn mit einem versonnenen Lächeln. Sie wusste zwar, wie sehr ihre Schwester den Kleinen vermisste. Doch sie freute sich auch, dass sie Weihnachten nicht allein sein musste.

Ihr Herz machte einen kleinen Satz, als ihr einfiel, dass Leo vielleicht auch da sein würde. Aber nein. Sicher fuhr er an den Feiertagen zu seiner Familie und würde dann im Januar für die letzten Wochen seines Aufenthaltes zurückkommen.

Nach der Anfrage seiner Schwägerin hatte sie Leo Cavallo bei Google aufgerufen. Sie wusste, dass er ledig war und der Geschäftsführer eines weltweit operierenden Textilkonzerns, den sein Großvater in Italien gegründet hatte. Sie wusste auch, dass er diverse Wohltätigkeitsorganisationen unterstützte, nicht nur mit Geld, sondern auch mit seiner Arbeit. Dabei musste er nicht mehr arbeiten. Er hatte mehr Geld, als ein Mann in einem Leben je ausgeben konnte. Aber sie verstand Männer wie Leo. Sie brauchten die Herausforderung. Mussten sich an Konkurrenten messen, sowohl geschäftlich als auch privat.