3,99 €
Diese ergreifende, dramatische Liebesgeschichte beschreibt die schicksalhafte Begegnung der jungen Melissa Lindemann mit dem smarten Jayden. Die beiden sind wie Feuer und Wasser, doch sie fühlen sich stark zueinander hingezogen. Melissa hadert mit ihrer Kindheit und auch Jayden macht Vergangenes zu schaffen. Wird die Liebe alte Wunden letztlich heilen und werden die Zwei trotz aller Widrigkeiten zueinander finden? Lesen Sie selbst...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 213
Veröffentlichungsjahr: 2016
Danksagung
Ich möchte meiner Familie für ihre Geduld, meiner Kollegin Katrin B. für ihre Hilfe bei der Durchsicht des Buches und insbesondere meiner Tochter Jessica für ihre Unterstützung bei der Bearbeitung des Buches danken.
Quellenangabe:
Coverbild und Rückseite © Oliver Henze Fotos im Buch © Marina Hahne
ISBN:
Paperback: 978-3-7323-6007-9
Hardcover 978-3-7323-6008-6
E-Book: 978-3-7323-6009-3
Weiter Bücher der Autorin:
Die Liebe trifft das Leben
ISBN Paperback: 978-3-7323-0628-2
So weit mich deine
Liebe trägt
Prolog
Die hier beschriebene Hauptfigur, eine junge Frau namens Melissa Lindemann, ist mir inzwischen so vertraut, dass ich manchmal denke, ich erzähle von mir selbst. Die Handlung mit ihren Personen darin ist jedoch frei erfunden und Ähnlichkeiten sind rein zufällig.
Diese dramatische Liebesgeschichte führt uns in das Jahr 1997, in ein kleines Dorf der Dübener Heide. Dort verbringt Liss ihre Kindheit und Jugend in ruhiger Abgeschiedenheit bis eines Tages eine schicksalhafte Begegnung ihr Leben und ihre Gefühlswelt völlig auf den Kopf stellt.
Ich frage mich, kann ein Gefühl durch das Leben tragen, die Sehnsucht nach Liebe zerstörerisch wirken? Was geschieht, wenn aufkeimende Gedanken oder Gefühle soweit verdrängt werden, dass sie unrealistisch wirken? Melissa Lindemann versucht genau das. Sie verdrängt ein Erlebnis so sehr, dass es ihr schwer fällt, die Realität noch von der Fantasie zu unterscheiden.
Sie fühlt sich stark zu dem selbstbewussten Jayden hingezogen, der in ihr anfangs keine ernst zu nehmende Gefahr für sein scheinbar geordnetes Leben sieht. Noch meint er, sich und alles unter Kontrolle zu haben. Doch schnell wird er eines Besseren belehrt und hadert mit seinem Schicksal. Die beiden jungen Menschen sind wie Feuer und Wasser, scheinen aber dennoch magisch voneinander angezogen zu werden.
Niemand konnte Liss so aus der Bahn werfen, wie der aufgeschlossene Jayden, der wiederum ließ sich von keiner so beeinflussen, wie von dieser aufrechten, sensiblen Frau. Melissa suchte und fand ein Ventil für die Vielfalt an Gefühlen, die von Liebe und Verlangen über Freude und Zuversicht bis hin zu Missgunst und Verachtung verlief. Selbstzweifel waren wohl ihr größtes Problem. Wird die Kraft der Liebe ihr das nötige Selbstvertrauen schenken und alte Wunden letztlich heilen lassen?
Kapitel 1 – Schicksalhafte Begegnung
Am späten Nachmittag saß die junge Melissa Lindemann aufmerksam vor dem Spiegelschrank in ihrem kleinen Zimmer, welches mit alten, dunklen, schweren Möbeln vor einer weißen Fließtapete eingerichtet war und beäugte sich neugierig. Sie neigte ihr Gesicht zum Spiegel und schärfte den Blick. Sonnenstrahlen glitzerten auf ihrem Haar an diesem herrlichen Tag im August. Die Luft roch durch das offene Fenster nach frischem Gras und die Vögel zwitscherten begeistert. Autos fuhren nicht am Haus vorbei. Keine Menschenseele war zu sehen oder zu hören. Sie war mit sich allein. In einem dieser seltenen Momente nahm Liss sich Zeit, sich intensiver zu betrachten. Ihre Augen wanderten über ihre Konturen. Melissa wollte herausfinden, wer sie war und was sie ausmachte. Dazu begutachtete sie sich ganz besonders kritisch. Wie wirke ich wohl auf andere? Was fällt ihnen zuerst an mir auf und was mag ich an mir, wollte sie herausfinden.
Es waren ihre Augen, welche sie an sich besonders mochte, wie die einer Wildkatze, dunkelgrün mit etwas Erdigem darin. Ihre mittelblonde Mähne lag wallend auf ihren schmalen Schultern. Liss nahm den Kopf etwas zurück und lächelte nur verhalten, denn so kamen ihre verhassten Zähne zum Vorschein. Kerngesund, aber mit erbärmlichem Schiefstand entstellten sie diese doch auf erschreckende Weise. Dem Funkeln der Begeisterung in ihren Augen folgte jenes tränenreicher Schwermut. Wie offen doch die Fenster zur Seele ihren Gemütszustand widerspiegelten. Abrupt richtete sie sich wieder auf. Warum hatte sie nur dieses Gebiss? Solche schiefen Zähne empfand sie als großen Makel, welcher sie wiederum Demut lehrte und ihre Courage abverlangte. Sie war zu einer sensiblen, jungen Frau herangewachsen, die sich nach der Liebe sehnte.
Melissa beugte sich etwas nach links und ihre schlanke Hand tastete zur Schublade der Kommode, darin nach dem Zettel, den sie dort früher abgelegt hatte. Ihre Finger durchstöberten suchend die Ablagefläche. Schließlich fand sie das Papier und nahm es an sich. Um die Gedanken, die sie selbst darauf vermerkt hatte, lesen zu können, wischte sie sich mit einer kurzen Handbewegung die Tränen aus den Augen und las:
Die Augen des Menschen
Die Augen des Menschen verraten dir
was ihm mit Worten nicht gelingt
sie spiegeln die Gefühle wider
die er innerlich zum Schweigen zwingt
Genau so schien es doch zu sein. All den Kummer und die seelischen Schmerzen, die sie so tapfer hatte verbergen wollen, spiegelten sich in ihrem mit Tränen verhangenen Blick. Zumindest sie konnte bis in ihre traurige Seele sehen. Sie senkte den Blick. Doch es war nicht an der Zeit, traurig zu sein. Liss faltete den kleinen Zettel sorgsam zusammen und legte ihn weit nach hinten in die Kommode zurück. Sie erhob sich vom Stuhl, ging zum Kleiderschrank und öffnete ihn. Nun richtete Melissa ihr Augenmerk auf den schönen Sommertag, zog ihren schwarzen Strickrock an und die lindgrüne Bluse aus dem Schrank. Schließlich hatte sie sich zum Dorffest mit einer Freundin verabredet. Ihr Blick wanderte zur großen runden Uhr an der Wand und gab ihrem Gefühl Recht. Zeit, sich zu beeilen. Sie lief zum Spiegelschrank zurück. Hastig zupfte sie an ihren Haaren und besprühte diese mit Haarspray. Nur nicht zu viel, sonst verklebten sie noch. Sie hielt kurz den Atem an und schloss die Augen. Nachdem sie die Lider wieder geöffnet hatte, suchte sie ihren Kajalstift. Vorsichtig umrandete sie ihre Augen, was deren Ausdruck deutlich intensivierte. Ein leichtes Zucken der Augenlider erschwerte ihr das Schminken, bevor die 16jährige erneut einen prüfenden Blick in den Spiegel warf und diesen für gut befand. Ach, was soll’s, es muss und wird reichen, wie es nun einmal ist, zuckte sie mit ihren Schulter. Eine Jacke brauchte sie bei diesen Temperaturen nicht. Es war angenehm, so um die 25 Grad. Dass der BH ein wenig durch die Bluse schimmerte, war ihr recht. Ich kann schließlich zeigen, was ich habe, dachte Melissa. Sie drückte die Schultern durch und stellte sich gerade hin. Sie trug ihren engen Strickrock gern. Es war ihr Lieblingsstück und brachte ihre langen schlanken Beine und den knackigen Hintern zur Geltung. Liss sah an sich herab. Die junge Frau fühlte sich wohl in der Kleidung und komplettierte diese mit flachen schwarzen Schuhen. Schließlich wollte sie heute ausgelassen tanzen und das ging nun einmal mit diesen Schuhen am besten. Jetzt aber los, sonst sind am Ende alle schon gegangen, ehe ich dort aufkreuze. Liss trat hastig aus dem Flur ins Freie. Sie freute sich schon seit Tagen auf diese Feier und hatte mitgeholfen, die Örtlichkeit zu schmücken. Wochenlang hatten sie gebastelt und gewerkelt, um alles noch rechtzeitig fertig zu kriegen. Nun musste nur noch das Wetter mitspielen und Fortuna war ihnen gewogen.
Als sie am Dorfplatz von Krembach ankam, herrschte eine ausgelassene Stimmung. Die vielen kleinen Buden für das leibliche Wohl, der Bereich um die selbstgebaute Kegelbahn und natürlich der Getränkestand waren bereits gut besucht. Wartende traten von einem Bein auf das andere und mussten sich in Geduld üben. Der Festplatz war am Waldrand gelegen an einer wenig befahrenen Straße. Eine betonierte Tanzfläche durfte natürlich nicht fehlen. Die Band spielte Musik aus den Neunzigern und einige Gäste tanzten. Auch Liss liebte es, ihre Hüften kreisen zu lassen. Genau genommen liebte sie Musik. Sie konnte gar nicht genug davon bekommen. Den ganzen Tag über lief bei ihr Zuhause das Radio und Melissa sang fleißig mit. Beim Putzen tanzte die junge Frau oft wild durch die Wohnung zum Sound. Es kam häufig vor, dass sie bei langsamer Musik ins Träumen gerät oder gar zu schluchzen begann. Ruhige Klänge berührten ihre zarte Mädchenseele zutiefst. Überhaupt war sie sehr in sich gekehrt, hing oft ihren Gedanken nach und ging in ihrer Fantasie spazieren. Doch heute wollte sie feiern.
Ihre Freundin Gina hatte sie auf dem Platz gleich entdeckt. Aufgeregt liefen die beiden einander entgegen: „Da bist du ja, wollen wir tanzen gehen?“, hob Melissa fragend die Stimme. Die beiden Mädels kannten sich schon Jahre lang und gingen zusammen zur Schule. Gina, etwas kleiner als Liss, nur um die 1,65 Meter, hatte dunkle kurze Haare und haselnussbraune Augen. Sie trug eine dunkelblaue Jeans und ein schwarzes T-Shirt mit goldener Glitzerschrift. Beides stand ihr hervorragend, wie Liss feststellte. Sie lächelte ihre Freundin bestätigend an und diese ließ sich nicht lang bitten. Arm in Arm schlenderten die Mädchen in Richtung Tanzfläche. Es war einfach wunderbar, sich unter freiem Himmel, getragen vom Wind, zu bewegen. Rhythmisch zogen die beiden ihre Schultern hoch und taktsicher setzten sie ihre Schritte. Ausgelassen feierten die Zwei das Leben. Liss nutzte die Gelegenheit, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen. Sie war ganz in ihrem Element. Die Umwelt und die Blicke der Gäste, all das nahm sie nicht mehr wahr. Für einen Moment schloss sie die Augen, bis sie durch Ginas Stimme herausgerissen wurde: „Ich gehe etwas zu trinken holen, kommst du?“ Melissa schüttelte den Kopf: „Nein danke, ich bleibe noch.“ - „Gut, du weißt ja, wo du mich findest“, erwiderte Gina und verließ die Tanzfläche.
Zwei Lieder später, die Band legte gerade eine Pause ein, bemerkte Liss, dass sie allein auf der Tanzfläche war und von drei fremden jungen Männern intensiv beäugt wurde. Ihr Unbehagen darüber wuchs zusehends. Sie wirkte ein wenig verloren. Normalerweise machte es ihr nichts aus, doch hörte sie den Einen der Drei lautstark sagen: „Schaut mal, die will mit sich selbst tanzen!“ Liss stellte den rechten Fuß vor und stemmte die Hände in die Hüfte, warf ihm einen wütenden Blick zu und meinte nur: „Du kannst ja mittanzen, wenn du dich traust“. Der braunhaarige Lockenkopf, schmal, aber groß gewachsen, schaute sich hilfesuchend um. „Na, geh schon!“, meinte der etwas stämmigere Blondschopf neben ihm: „Wir bleiben ja in deiner Nähe“ und schob den Lockenkopf in Richtung Tanzfläche. Die Drei hatte Mel, wie sie von ihrer Freundin Gina liebevoll genannt wurde, hier noch nie gesehen. Der Dritte im Bunde zündete sich gerade seelenruhig eine Zigarette an. Er beugte seinen Kopf zu seinen Händen und richtete sich anschließend wieder gerade auf. Er war ziemlich groß, braun gebrannt, hatte rabenschwarzes, leicht gewelltes Haar, trug dunkelblaue Jeans zu Turnschuhen und ein legeres schwarzes T-Shirt. Melissa drehte den Kopf, zwang sich, den Blick wieder abzuwenden. Ihr Herz begann in ihrer Brust wild zu schlagen. Sie wollte gerade gehen, als der Lockenkopf schlendernden Schrittes neben ihr erschien. „Hallo, ich bin Michael“, ließ er verlauten, sah sie freundlich mit seinen hellbraunen Augen an und nahm Melissas Hand. Sie zog die Mundwinkel zu einem schmalen Lächeln, entgegnete aber nichts. Die Musik erklang und weitere Gäste stürmten das „Parkett“. Es war ein langsamer Song und Michael zog die junge Liss unter den neugierigen Blicken seiner Freunde zu sich heran. Jeder Muskel in ihrem Körper war angespannt. Sie senkte den Kopf und richtete ihre Augen auf den Boden, in den sie am liebsten versunken wäre. Melissa hatte Angst, Michael könnte ihren Herzschlag spüren und das falsch verstehen. Sie bewegte sich nur wenig. Er schien wirklich nett zu sein, denn er nahm auch jenen falschen Schritt von Liss nicht krumm, mit dem sie ihm versehentlich auf den Fuß trat. Sofort zog die 16jährige das Bein zurück. „Entschuldigung“, flüsterte sie hastig, den Kopf noch immer zum Boden gesenkt. Sie war es schließlich nicht gewohnt, mit einem Mann so eng zusammen zu tanzen. Micha hob das Kinn etwas, blickte sie aufmerksam an und lächelte versöhnlich. Melissa fing dieses Lächeln mit einem scheuen Blick ihrerseits ein und schaute sich fragend um. Gina winkte ihr aufgeregt aus der Ferne zu und schien, das Treiben amüsiert zu verfolgen.
Ja, freue du dich nur, das besprechen wir noch, mein Fräulein, dachte sich Liss. Nachdenklich schaute sie nun zu ihrem Tanzpartner. Wie alt mochte dieser Michael sein? Zumindest älter als sie vielleicht so um die Zwanzig. Er konnte auf jeden Fall gut tanzen, dass musste sie ihm zugestehen. Der Song verklang. Michael suchte Melissas Blick. „Komm, wir gehen zu den anderen!“, meinte er und bahnte ihr den Weg. Zögerlich begleitete sie ihn. „Wie war noch einmal dein Name?“ Michael wollte sie den beiden schließlich vorstellen. Die junge Frau haderte kurz mit sich: „Wie würdest du mich denn nennen?“, fragte sie mit unsicherer Stimme und merklich nervös begann sie, an ihrer Kleidung herumzuzerren. Schließlich würde sie dem unbekannten Schönling gleich gegenüberstehen. Die Gedanken kreisten in ihrem Kopf: Er kann und wird keinen guten Charakter haben. Wunder, wer er ist, wird er denken und sich ihr gegenüber so verhalten, davon war sie überzeugt. Sie erschrak ein wenig und trat einen Schritt zurück, als eine Stimme sagte: „Da seid ihr ja endlich. Wir dachten schon, ihr würdet euch auf der Tanzfläche verschlingen.“ Dieser Klang ging ihr durch und durch. Es war eine tiefe und sehr männliche Stimme, die ihren Puls in Raserei versetzte. Liss hatte das Gefühl, ihr Gesicht glühte in allen Farben. Doch sie wollte sich nichts anmerken lassen. Nur keinen Blickkontakt aufnehmen. Sie murmelte vor sich hin: „Manchen bekommt das Denken nicht, dazu müssten sie ihr erbsengroßes Gehirn anstrengen.“ Schließlich war sie nicht auf den Mund gefallen und auf Anspielungen reagierte sie schlagfertig. Die Situation war angespannt. Für einen Moment sagte keiner ein Wort. „Ich hole dann mal Bier, hilfst du mir, Sven?“, wandte sich Michael an den etwas stämmigen Blondschopf neben ihm und hob die Augenbrauen. Ohne auf eine Antwort zu warten, zog er ihn mit sich fort. Da war sie nun, allein mit diesem aufregenden Typ. Sekunden wurden zur Ewigkeit. Sie hob keck das Kinn und wandte sich direkt an ihr Gegenüber: „Und, was denkst du?“, brach sie damit das Schweigen. Jayden, so war der Name des jungen Mannes, stellte sich breitbeinig hin, lächelte süffisant und meinte dann: „Was ich jetzt denke, Baby, da kommst du nie drauf!“ Melissa legte verärgert über so viel vermeintliche Arroganz die Stirn in Falten und reagierte prompt mit klarer Stimme: „Worauf ich komme, kannst du dir in deinen kühnsten Träumen nicht vorstellen!“ Das klang derart zweideutig, dass Liss, erschrocken über sich selbst, nun feuerrot anlief. Sie sank leicht in sich zusammen und löste den Blickkontakt. Jayden war völlig entspannt: „Ach, Kleines, da musst du doch nicht gleich rot werden. Ich habe mich gerade gefragt, wie du wohl nackt aussiehst.“ Blitzschnell fuhr der Kopf des Mädchens herum, ihre Augen funkelten bedrohlich, als wollten sie sagen, bis hier her und nicht weiter. Jayden nahm es mit ihren wütenden Blicken auf und sein jetzt laszives Lächeln, konnte nur wenig zur Entspannung beitragen. Wieder herrschte diese laute Stille zwischen ihnen. Doch nun war es geschehen. Sie hatte direkt in seine tiefblauen Augen geschaut und blinzelte verwirrt. Die Anspannung war greifbar. Jayden sah sie interessiert an: „Was ist mit deinen Zähnen?“, fragte er wie aus dem Nichts. Das war zu viel für die junge Frau und sie hatte Mühe, sich zu beherrschen. Mussten denn alle darauf zu sprechen kommen? „Sie sind schief!“, harschte sie ihn an und schaute demonstrativ in eine andere Richtung. Jayden war geduldig. „Das sehe ich, und warum sind sie das?“ Seinen Tonfall, nun sachlich, nicht spöttisch oder gar angriffslustig, wusste Liss zu schätzen und entspannte sich wieder ein wenig. Es war wirklich reines Interesse von ihm kein sich lustig machen. „Komm, wir gehen ein Stück“ schlug Jayden ihr vor, als er merkte, wie sie diese Frage beschäftigte. Sein Blick zeigte in Richtung Wald. Melissa ging vor ihm zum Birkenwäldchen. „Und die anderen?“, fragte sie. Jayden meinte lässig: „Die kommen prima ohne uns klar.“ Als er sich von hinten näherte und seine Hand ihre Schulter berührte, zuckte Liss merklich zusammen: „Keine Angst, ich habe schon gefrühstückt“, blickte er sie jetzt von der Seite an und grinste amüsiert. Sie fand momentan alles an ihm beeindruckend, nicht nur seine kräftige, sehr männliche Statur, vor allem seine tiefe Stimme klang wie Musik in ihren Ohren. Sie wandte den Kopf und ihre Blicke trafen sich erneut. Melissa schien, in seinen dunkelblauen Augen zu versinken. „Du hast wirklich wunderschöne Augen“ hörte sie sich sagen. Jayden schien genervt. Er war es leid auf sein Äußeres reduziert zu werden und entgegnete, ohne den Blick abzuwenden: „Ich wünschte, ich könnte das auch sagen.“ Melissa trafen diese Worte. Weshalb verhielt er sich so feindselig? Er sah ihr tief in die Augen. Es war, als würde er direkt in ihre Seele schauen, bevor sein Blick an ihrem Mund hängen blieb: „Was ist nun mit deinen Zähnen?“ Liss schaute sich hilfesuchend um, doch sie waren bereits im Wald und vom Festplatz einige Meter entfernt. Warm streifte sie der Sommerwind. Der Waldboden war weich unter ihren Füßen, oder waren es ihre Knie, die sie kaum noch spürte? Melissa biss sich etwas verlegen auf die Unterlippe. Schließlich brach es aus ihr heraus: „Die Zähne sind schief, schon immer, und eine Zahnspange hilft da nicht.“ Sie holte tief Luft: „Eine Operation machen sie nicht, weil mein Kiefer noch nicht ausgewachsen ist. Bist du jetzt zufrieden, Mister Perfekt?“ Er nickte verständnisvoll: „Du kannst mich Jayden nennen, Kleines, oder Jay, so nennen mich meine Freunde.“ – „Für mich dann also Jayden“, meinte Melissa abgeklärt. Dessen Blick wanderte nun an sich herunter. Er zog eine Schachtel aus der Hosentasche, nahm eine Zigarette und fragte: „Willst du auch eine?“ Liss verdrehte empört die Augen und schüttelte energisch den Kopf. „Rauchen ist ungesund, solltest du lieber lassen“, belehrte sie Jayden. Zustimmend nickte er und zog genüsslich an dem Glimmstängel. Sein maskuliner Brustkorb hob sich und senkte sich beim Ausatmen wieder: „Wie ist dein Name, Kleines? Bist du von hier?“ Das waren Fragen über Fragen. Sie wusste nicht, ob sie sich über das ewige „Kleines“ ärgern oder angenehm berührt sein sollte. Aus einem bestimmten Grund wollte sie ihm ihren richtigen Namen verschweigen. Schnell dachte sie sich einen anderen Namen aus: „Ich heiße Sabrina, und nein, ich bin hier Gast“, log sie ihn an.
Erinnerung
Meinen Namen
du konntest ihn nicht vergessen
denn ich sagte ihn dir nicht
Ich wollte
dass du dich an die Liebe erinnerst
und nicht an mich
„Sabrina, ein wirklich schöner Name für ein nettes Mädchen“, sagte er mit seiner angenehmen Stimme. Melissa kniff die Augen leicht zusammen und betrachtete ihn argwöhnisch. War das jetzt ein ehrliches Kompliment? Jaydens Blick wurde nachdenklich: „Du siehst aus, wie meine Oma.“ Liss rang erschrocken und entsetzt um Atem. Er sah es und meinte beschwichtigend: „Was denn? Ich mag meine Oma.“ Melissa legte das Kinn schräg: „Findest du deine Oma attraktiv, ja?!“, fragte die 16jährige ihn. Er zuckte mit den Schultern und pustete einen Schwall Zigarettenqualm direkt in ihr Gesicht. Sie hustete und fuchtelte wild mit den Händen vor ihrer Nase herum. „Musst du das machen, du Idiot, wie alt bist du eigentlich? Zwölf?“ Jayden antwortete: „Nein, ich bin gerade Zwanzig, Kleines.“ Liss winkte ab und drehte den Kopf in die entgegengesetzte Richtung. Durch das grüne Blätterdach schimmerten vereinzelt Sonnenstrahlen auf den sandigen Untergrund. Wie schön es hier war, ist ihr früher so direkt nicht aufgefallen. Schon als Kind war sie viel und gern in der Heide und im Wald unterwegs, sei es zum Schlitten fahren im Winter oder zum Pilze suchen im Herbst oder einfach zu Spaziergängen. Der Sommer hatte natürlich seinen besonderen Reiz. An lauen Abenden wie diesen hatte sie als Kind manchmal den Jäger auf dessen Hochsitz begleitet, um die Tiere zu beobachten. Heute ließen sich keine blicken. Wie auch, wenn die Zwei sich so eifrig und lautstark unterhielten. Als könne er Gedanken lesen, schwieg Jayden jetzt und sie gingen nebeneinander her den schmalen Waldweg entlang. Lila Heidekraut säumte den Wegrand und breitete sich außerhalb des Waldes zu einem prächtig anzusehenden Teppich aus. Liss liebte diese Pflanzen, die zu dieser Jahreszeit in der Blüte standen. „Ist das nicht wunderschön?“, fragte sie schwärmerisch und ging weiter. „Hmhm, wirklich reizend“, bestätigte Jayden und sah sie von der Seite an. Die beiden waren an dem Waldsee angekommen und die Musik war nicht mehr zu vernehmen. Das Wasser glitzerte in der Sonne und der Wind rauschte in den Bäumen. Ein wirklich idyllisches Plätzchen.
Sie suchen uns sicher schon, kam Melissa plötzlich in den Sinn. Doch sie wollte den Moment genießen und noch nicht zum Fest zurückkehren. Melissa fühlte sich das erste Mal als Frau wahrgenommen und hatte Interesse an ihrem Gesprächspartner. Dieser hielt auf einmal inne, musterte sie von oben bis unten und gab ihr dann unmissverständlich zu verstehen, dass sie jetzt zur Sache kommen könnten. Jayden baute sich direkt vor ihr auf. „Willst du dich ausziehen, oder soll ich das machen?“ Sein vielsagender Blick verriet alles. Melissas Augen weiteten sich. Sie war so verblüfft, dass ihr die Worte fehlten. Scheinbar war es für ihn normal, dass die Frauen Sex von ihm wollten. Sicher, doch daran hatte die junge Frau bisher noch keinen Gedanken verschwendet. Liss blinzelte, denn sie war den Tränen der Enttäuschung nahe. Sie hatte gerade begonnen, ihn zu mögen und das Bild, welches sie von ihm anfangs hatte, zu revidieren. „Du bist wirklich ein Vollidiot. Wenn es nur das ist, was du willst, dann gehst du jetzt besser! Ich werde ganz sicher nicht mit dir…“, hier brach ihre Stimme. Wie hatte sie sich nur so in ihm täuschen können, also kein ehrliches Interesse an ihr als Person, sondern ein von vorn herein abgekartetes Spiel. Sie fühlte sich klein und schlecht. Jay suchte derweil nach einer Entschuldigung, denn die Kleine hier schien die Ausnahme von der Regel zu sein. Etwas verlegen schaute er erst zu Boden und dann wieder zu Melissa. Die Weiber, die er bisher kennengelernt hatte, wollten vielleicht kurz reden, doch im Grunde nur das Eine von ihm. Er hatte die Andeutung von vorhin völlig falsch ausgelegt. „Ist ja gut, ich will ja gar nichts von dir“, ruderte er zurück. Liss dachte angespannt: Wieder so ein Satz von ihm. Natürlich wollte er nichts von der Kleinen mit den schiefen Zähnen, warum auch? Sie holte tief Luft, stemmte die Arme in die Seiten und begann, ihn wüst zu beschimpfen: „Typisch Mann, nur eines im Schädel, das hätte ich mir bei dir gleich denken können. Du Mistkerl meinst wohl, du kannst jede haben, was?!“ – „Sehe ich aus, als hätte ich Probleme eine Frau zu finden?“, entgegnete Jayden erbost. „Nein, du siehst aus, als hättest du Probleme, eine Frau zu halten.“ Er drehte sich um und ging ein paar Schritte. Liss legte nach: „Mit deiner Art Frauen gegenüber wirst du es schwer haben, die Richtige zu finden. Die nehmen doch alle Reißaus, wenn sie dich erst kennenlernen.“ Er blieb wie angewurzelt stehen und wandte sich ihr zu: „Wenn du nicht augenblicklich aufhörst, mich zu beleidigen, vergesse ich mich, ich warne dich!“ Seine tiefblauen Augen blitzen wütend. Er hatte Mühe, die Beherrschung zu bewahren. Doch Melissa war bereits fern ab von Gut und Böse und konnte nicht länger an sich halten. All die Wut und die Enttäuschung der letzten Jahre schrie sie aus sich heraus. Die angestauten belastenden Gefühle fanden das gesuchte Ventil. „Du bist ein Schlappschwanz und ein Versager, du spuckst doch hier nur große Töne und in Wirklichkeit kannst du gar nichts“, entfuhr es ihr. Er hätte einfach gehen sollen. Wie hätte er auch ahnen können, dass sein Handeln ihn später noch stärker belasten würde, als er ohnehin schon war. Jayden kämpfte mit sich. Auch in ihm drohte sich die angestaute Energie nun vollends zu entladen. All die Kindheitserinnerungen und die Anmache der Weiber auf so plumpe Weise forderten nun ihren Tribut, denn im Grunde wollte er nur als der wahrgenommen werden, der er war, ein junger Mann mit dem Bedürfnis nach Wertschätzung für sein Wesen und nicht nur für sein gutes Aussehen. Mit schnellen Schritten kam er direkt auf Liss zu, packte sie und fauchte angespannt: „Gut, wenn es das ist, was du von mir denkst, beweise ich es dir.“ Er warf sich mit seinem ganzen Gewicht auf sie.
Im Rausch
Einem Todesurteil gleich
warf er sie zu Boden
legte all seinen Schmerz ins Gewicht
Männerhände umschlossen zarte Brüste
federnd nur noch ihr Atem
im Rausch der Gefühle nur mit ihm
Melissa kam rücklings auf dem Boden zum Liegen. Schwer und drängend spürte sie seinen Körper. „Na, jetzt bist du wohl nicht mehr so mutig, was Kleine?“ Nach kurzer Zeit der Besinnung begann Liss, ihn heftig abzuwehren. Die junge Frau presste mit Leibeskräften ihre Hände gegen seine breiten Schultern. „Nein, lass mich, bitte nicht!“, hörte er Liss schluchzen. Jayden hielt inne, denn seine Rage wich der Erregung und mit weichen Händen begann er, sie einfühlsam zu streicheln. Er wusste, wie er sie berühren musste und, wo er sie berühren musste. „Du brauchst keine Angst haben, ich werde dir nicht wehtun.“ Melissa drehte den Kopf weg. „Schau mich an“, bat er sie leise, denn sie hatte die Augen fest geschlossen. Sanft sagte er zu ihr: „Ich werde nichts tun, was du nicht auch willst.“ Vorsichtig blinzelnd öffnete sie ihre Augen und suchte die seinen. Liss wollte in ihnen lesen, seine Seele ergründen. Ihre warmen Lippen berührten sich zärtlich und sie war wehrlos. Er wollte sich gerade erheben, als Liss ihn mit beiden Armen fest umschlungen hielt, zu sich zog und sagte: „Bitte, geh nicht!“
Jayden lächelte und begann, sie am ganzen Körper zu berühren. Anfangs wagte sie nicht, sich zu bewegen, doch dann bog sie sich ihm sehnsuchtsvoll entgegen. Das ermutigte Jayden, weiter zu machen. Vorsichtig drang er in sie ein. Das anfängliche kurze Ziehen im Unterleib hatte sie