SOLANACEE - Killer Session - Gabriele André - E-Book

SOLANACEE - Killer Session E-Book

Gabriele André

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Beschreibung

Solanacee, eine Luxus-Domina taucht in die verborgene Welt der Macht und Begierde ein. Rasch steigt sie in die höchsten Kreise der internationalen Elite auf. Als ein ominöser Schweizer Finanzberater durch Unachtsamkeit ein brisantes Detail offenlegt, gerät ein Stein ins Rollen, der bis in die gefürchteten höchsten Triaden-Hierarchien reicht. Die argen Ereignisse überschlagen sich, als einer ihrer Klienten einen Verkehrsunfall hat. Eine sehr kompromisslose U.S.-Richterin erkennt die Tragweite des Falls und entwickelt gemeinsam mit einem FBI Special Agent einen riskanten Plan. Plötzlich geraten auch renommierte Wissenschaftler ins Fadenkreuz. Zwischen Loyalität, Angst und moralischen Zwängen müssen sie entscheiden, ob sie schweigen – um zu überleben oder alles riskieren. In einem Strudel aus Intrigen, Verrat und tödlicher Gefahr werden Mut, Vertrauen und Integrität bis an die äußerste Grenze getestet. Der Kampf beginnt. Schon der kleinste Fehler kann tödlich sein. Wie viele Opfer wird dieser Kampf fordern …? Auch als Hörbuch erhältlich. Gesprochen von Thomas F. Matthes.

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MOBI

Seitenzahl: 584

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Gabriele André & Wolfgang André

SOLANACEE

Killer Session

© 2023 Gabriele André & Wolfgang André

© 2023 Coverdesign Wolfgang André

© 2023 Korrektorat & Redigierung Anton Hackner,

Josef Mayrhofer, Werner Schediwy MBA

Verlag und Druck:

Druck und Distribution im Auftrag der Autorin: Gabriele André, über tredition GmbH, Heinz-Beusen-Stieg 5, 22926 Ahrensburg, Deutschland

ISBN

 

Paperback:

978-3-347-69705-8

Hardcover:

978-3-347-69706-5

e-Book:

978-3-347-69707-2

Das Werk einschließlich seiner Teile ist durch die verantwortlichen Autoren Gabriele und Wolfgang André (Österreich) urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne ihrer Zustimmung unzulässig.

Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter: Gabriele André, e. V. WAW-Movie, 2442 Ebreichsdorf, Niederösterreich. Kontakt EU-Produktsicherheitsverordnung via Mail: [email protected]

«SOLANACEE»

KILLER SESSION

BAND - II

Ein Polit- Thriller nach einer Idee von

Gabriele & Wolfgang ANDRÉ

Trilogie

(2021/2025)

BAND – I

OPPORTUNITY – The power of resistance

BAND – II

SOLANACEE – Killer Session

BAND – III

KÉPI BLANC – Bloodtrail

Inhalt

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

«PONIMANIE»

Vorwort

«LAGO DE CHAPALA»

Kapitel 1

«SEAPLANE»

Kapitel 2

«GUSANO DEL MAGUEY»

Kapitel 3

«POLICIA MUNICIPAL»

Kapitel 4

«DONAR COLECCIÓN»

Kapitel 5

«DOWNBURSTS»

Kapitel 6

«DECAPITACIÓN»

Kapitel 7

«MEGALOLAMNA»

Kapitel 8

«SPACE NEEDLE»

Kapitel 9

«PIONEER SQUARE»

Kapitel 10

«MELROSEPLACE LA»

Kapitel 11

«LAKE OKEECHOBEE»

Kapitel 12

«CÓCTEL DE LUJURIA»

Kapitel 13

«FIRST INSIGHTS»

Kapitel 14

«SOLANACEAE»

Kapitel 15

«LOS ZETAS»

Kapitel 16

«ROKLYATYY»

Kapitel 17

«KOSHMAR»

Kapitel 18

«QUE PASÓ»

Kapitel 19

«INVESTIGATION»

Kapitel 20

«LA JOLLA»

Kapitel 21

«MR.SWISS»

Kapitel 22

«MIAMI»

Kapitel 23

«CHOQUE»

Kapitel 24

«ARTEFACT»

Kapitel 25

«SHÍ YĪ»

Kapitel 26

«SAN DIEGO»

Kapitel 27

«ALLAPATTAH»

Kapitel 28

«SHĀSHǑU»

Kapitel 29

«MPD»

Kapitel 30

«ALLIGATOR ALLEY»

Kapitel 31

«PUBLIC PROSECUTOR»

Kapitel 32

«MARCA»

Kapitel 33

«EL FARO»

Kapitel 34

«MEGALODON»

Kapitel 35

«AGUJERO DE TIERRA»

Kapitel 36

«HALLAZGO CRUEL»

Kapitel 37

«DECISION»

Kapitel 38

«V.E.N.O.M.»

Kapitel 39

«INTERROGATION»

Kapitel 40

«ROCK FACE»

Kapitel 41

«TUMBAS DE NIÑOS»

Kapitel 42

«VIGILANTISMUS»

Kapitel 43

«UNIDAD 303»

Kapitel 44

«SOKO-PERCHERON»

Kapitel 45

«LEARJET»

Kapitel 46

«GUARDIAN ANGEL»

Kapitel 47

«GROW LOW»

Kapitel 48

«FLAMETHROWER»

Kapitel 49

«TRIBUTO»

Kapitel 50

«DURA LEX, SED LEX»

Kapitel 51

«US COAST GUARD»

Kapitel 52

«COMPANION»

Kapitel 53

«CASE WALL»

Kapitel 54

«ALONGSIDE TRANSFER»

Kapitel 55

«MASSASSAUGA»

Kapitel 56

«BLACK HAWK»

Kapitel 57

«ALACRANEROS»

Kapitel 58

«FOUR SEASONS»

Kapitel 59

«HOT STUFF»

Kapitel 60

«WĒI XIÀO ZHĚ»

Kapitel 61

«ISELA GUADALUPE»

Kapitel 62

«ENCOURAGE»

Kapitel 63

«KARAKARAS»

Kapitel 64

«SUERTE»

Kapitel 65

«METAL STORM»

Kapitel 66

«RIK RAK»

Kapitel 67

«KǑNGHÈ»

Kapitel 68

«HOSPITAL CELL»

Kapitel 69

«BENZOL»

Kapitel 70

«TO COME CLEAN»

Kapitel 71

«THE REUNION»

Kapitel 72

«DODGE CHARGER»

Kapitel 73

«EXTRACTION»

Kapitel 74

«WESTCHESTER»

Kapitel 75

«SĀNSHÍLIÙ SHÌ»

Kapitel 76

«HOME INVASION»

Kapitel 77

«EMERGENCY CALL 911»

Kapitel 78

«POP UP PARTY»

Kapitel 79

«CLASH OF DESTINY»

Kapitel 80

«SEA VOYAGE»

Kapitel 81

«CON AIR»

Kapitel 82

«DISTRICT COURT»

Kapitel 83

«LITTLE CRAZY MAN»

Kapitel 84

«BAIL APPLICATION»

Kapitel 85

«PRIMA VISTA»

Kapitel 86

«HOLOGRAPHIC»

Kapitel 87

«SILENT WEAPONS»

Kapitel 88

«BRUTAL ESCAPE»

Kapitel 89

«PANDEMONIUM»

Kapitel 90

«FINAL OUT»

Kapitel 90

«WASHINGTON D.C.»

Kapitel 91

«AKT PEREDACHI»

Kapitel 92

«SHAMAN»

Kapitel 93

«PETAK ISLAND PRISON»

Kapitel 94

«ZHELEZNYY TSAR»

Kapitel 95

«CHOICE»

Kapitel 96

«SENTINEL ISLAND»

Kapitel 97

«PORT BLAIR»

Kapitel 98

«JUNK TRUCK»

Kapitel 99

«ALL INDIA RADIO»

Kapitel 100

«LIVESTREAM»

Kapitel 101

«ANDAMAN TRUNK ROAD»

Kapitel 102

«JARAWA»

Kapitel 103

«OPERATION CEBO»

Kapitel 104

«BIG MONEY»

Kapitel 105

«MAYAGUANA»

Kapitel 106

«SHOWDOWN»

Kapitel 107

«HAVANNA»

Kapitel 108

«PIRATES WELL»

Kapitel 109

«ABRAHAM BAY»

Kapitel 110

«FIREFIGHT»

Kapitel 111

SOLANACEE - Killer Session

Cover

Titelblatt

Urheberrechte

«PONIMANIE»

«FIREFIGHT»

SOLANACEE - Killer Session

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«PONIMANIE»

Vorwort

Das Leben kann wunderbar sein, wenn man zufrieden ist. Innerliche Ausgeglichenheit, in der man mit sich selbst klarkommt, indem man nicht anderes verlangt, als das gute Gefühl zufrieden zu sein, ist ein unbezahlbarer Zustand, welcher Geist und Seele beflügelt. Mehr sogar, er verleiht die Kraft des Einverständnisses, glücklich zu sein. Glück und Zufriedenheit stehen meistens oft im selben Kontext und doch sind sie verschieden. Um Zufriedenheit zu erlangen, darf man nicht der fressenden Tyrannei von Druck der Selbstzweifel und bislang noch nicht erreichten Zielen erliegen. Denn Zufriedenheit ist ein konstanterer Zustand als Glück. Es erhöht enorm die Lebensqualität des Daseins. Zuweilen Glück oft nur ein kurz verweilender Zustand ist, welcher uns gerne tückisch in Euphorie versetzt. Rasch streben wir nach Erlangtem gleich wieder nach weiterem Glück. Ab diesem Zeitpunkt ist man dem psychischen Terrorismus des unbedingten Erlangens ausgesetzt und verliert die Orientierung der oftmals verschwimmenden Grenzen von Recht und Unrecht.

Der weltbekannte Spruch: «Das Glück ist ein Vogerl» kommt nicht von ungefähr. Der Spruch zeigt auf, dass Glück nicht nur kommt und geht. Nein, Glück ist unvorhersehbar. Wann es einem widerfährt oder sich niederlässt, entscheidet das Glück selbst. Zufriedenheit ist ein länger anhaltender Zustand, der uns innerlich wärmt und sich unterschwellig durch den verlebten Alltag zieht und das bewusste Erleben fördert. Bei Pflege nährt sie positive Gedanken der geklärten Selbsterkenntnis. Um sie beizubehalten, ist ein gesunder Stress-Level notwendig. Der Drang, glücklich zu sein, kann mit zu viel Stress ein gutes Leben schnell anstrengend werden lassen. Auferlegter selbsterzeugter Stress lässt mit einem Mal die Zufriedenheit schwinden. Glück wandelt sich in Unglück und somit nimmt alles weitere seinen Lauf, …

«Schwierige Erfahrungen mehren Weisheit und Erkenntnis!»

Gabriele & Wolfgang André

«LAGO DE CHAPALA»

Kapitel 1

Mexikos größter Süßwassersee, der Lago de Chapala, wird an diesem herrlichen Septembertag schon in den frühen Morgenstunden von den einheimischen Fischern befahren. Brisen der morgendlichen Seewindzirkulation lösen allmählich die an der Wasseroberfläche schwebenden Dunstwolken im pittoresken Sonnenaufgang auf. Langsam fahren die Fischer mit ihren bunten handgefertigten „Lanchas“, wie die mexikanischen Boote der Fischer genannt werden, auf den See hinaus. Das leise Platschen der eintauchenden Ruderschläge sind kaum zu hören. Gemächlich legen die Fischer nach und nach ihre unzähligen Netze inmitten des Sees aus. Lobina, Bagre, Carpa und Charales, beißen in den letzten Wochen der Trockenzeit in dem daliegend ruhigen Gewässer besonders gut. Das liegt vor allem an dem konstanten Klima zu dieser Jahreszeit in der Region. Spät in der Nacht regnet es meist, somit kühlt die Temperatur ab, welche die Luftfeuchtigkeit konstant und niedrig hält. Der Fischgeruch macht sich überall mit einer erfrischenden, mit Petrichor vermengten Brise breit.

Dieser erdige Geruch, oftmals gerne als Götterblut der Steine von den Einwohnern bezeichnet. Er ändert sich in den nächsten Wochen, wenn das alpine Klima in gemäßigtes subtropisches bis tropisches Klima übergeht und der Boden, wie auch die Felsen an den Ufern noch trockener und aufgeheizt werden. In Mexiko hält die Trockenzeit von November bis Mai an, welcher die Regenzeit von Juni bis Oktober folgt. Wegen der recht unterschiedlichen Höhenstufen innerhalb Mexikos und der geografischen Lage zwischen zwei Weltmeeren gibt es keine Jahreszeiten. Mexiko wird generell in drei verschiedene Klimazonen unterteilt. Tierra Caliente, von den Mexikanern im Besonderen als „Heißes Land“ bezeichnet, verläuft in ungefähr 800 m Höhe und ist die tiefste sowie heißeste Zone mit einer durchschnittlichen Temperatur von 25 °C unter hoher Luftfeuchtigkeit. Gefolgt von der kontinuierlichen gemäßigten mittleren Zone, „Terra Templada“. Diese befindet sich zwischen 800 m und 1700 m Höhe und weist Durchschnittstemperaturen von 18 °C bis 25 °C auf.

Angrenzend liegt die höchste und kühlste Zone „Tierra Fría“, welche als „Kühles Land“ bezeichnet wird und sich in der Vegetationsgrenze befindet. Die Temperaturen reichen hier von 12 °C bis maximal 18 °C, man spürt den deutlichen Unterschied zwischen Tages- und Nachttemperaturen. Besonders in der Schnee- und Eiszone, die sogenannte „Tierra Helada“, bekannt als „Kaltes Land“, in welcher die ganzjährig mit Schnee bedeckten höchsten Gipfel des Landes wie der „Pico de Orizaba“, in den Himmel ragen. In Mexiko herrschen starke regionale Klimaunterschiede. Oftmals sogar innerhalb kurzer Entfernungen. In Nordmexiko findet man die Steppen- oder Wüstenklimata, welche das Gebiet vor allem im Sommer extrem heiß und trocken werden lassen. Die Sonora-Wüste zählt zu den heißesten und gefährlichsten Gebieten der Erde. Diese Begebenheiten der Natur mit ihrer wunderbaren Flora zieht jedes Jahr eine Heerschar von Touristen an.

Es ist auch nachvollziehbar, denn das umliegende Gebirge stellt sich im Sommer in einem wunderschön schimmernden Smaragdgrün zur Schau. Gärten sind in ihrer Vielfalt üppig, farbenprächtige Blumen blühen überall und es riecht nach sauberer Seeluft. Man frönt gerne auch der reinen Natur, wenn langsam der Advektionsnebel den ersten kräftigen Sonnenstrahlen weicht. Unter dem kontinuierlichen Klima gedeihen Farne und Palmen stetig. Diese ausgewogene Vegetation kommt auch der blauen Agaven-Pflanze „Asparagaceae“ zugute, aus welcher der weltbekannte „Tequila“ gewonnen wird. Destillierter Tequila-Brand wird ausschließlich in Mexiko produziert und natürlich sind die Mexikaner darauf sehr stolz. Die Spirituose „Tequila“ kennt wirklich jeder.

Für die Einheimischen ist der August die Lieblingszeit des Jahres. Viele Touristen besuchen das kleine verträumte Chapala und genießen ihren Urlaub. Die Mehrzahl schlendert schon früh am Morgen über den Hauptplatz und am Pier entlang. In voller Erwartung auf die noch vor Mittag feilgebotenen Fischfänge der Fischer beobachten sie diese bei der täglichen Ausfahrt mit ihren kleinen handgemachten bunten „Lanchas“. Manchmal nehmen sich die einheimischen Fischer auch ihrer Touristen beim Fischfang ab und zu an. Vor allem Interessierte, welche dem Fischen als Hobby in ihrer Heimat nachgehen.

Diese begleiten die Fischer oftmals gerne zum morgendlichen Fang und folgen ihren meist spannenden Geschichten des Fischerlateins. Touristen sind dann immer besonders von diesem Erlebnis begeistert und machen Hunderte Fotos vom Fang der heimischen Fischer und der Umgebung. Andere Urlaubsgäste spazieren gemächlich in den Kopfsteinpflastergassen, sie bewundern die bunten Häuser und vielen kleinen Tavernen, aus denen die variationsreichen Gerüche der mexikanischen Küche weichen. Im charmanten Stadtzentrum findet man überdies die besten Restaurants in Westmexiko mit den nationalen kulinarischen Köstlichkeiten. Der Sommer verführt auch einige zu entspannenden Ausflügen mit den Lancha-Betreibern, welche gerne vom Pier der Gemeinde aus mit ihren Gästen in See stechen und ihre Passagiere zum nahe gelegenen Scorpion Island bringen. Wegen der südländischen Mentalität, und weil sich die meisten Einwohner ein Leben lang kennen, herrscht in dem kleinen Dorf Harmonie und Hilfsbereitschaft unter den einheimischen Fischern. Jeder kennt einfach jeden. Obgleich sie ihren Lebensunterhalt mit der Vielfalt ihres Fischfangs bestreiten, eine Gaststätte betreiben, Souvenir verkaufen, Taxi fahren, im öffentlichen Dienst arbeiten oder anderweitig tätig sind.

Faszinierend ist die Beobachtung des gedeihlichen Miteinanders. Familien, Freunde, Nachbarn und sogar Gäste helfen manchmal mit, wenn Kinder die schweren Netze und Fischboxen auf den Lanchas verfrachten. Wiederum andere bauen einen Marktstand nach den nächsten auf. Manchmal helfen sogar die freundlichen Touristen mit, wenn sie sehen, dass sich ein mexikanisches Kind mit den schweren Stangen abschleppt. Der Besuch des täglichen Fischmarktes ist schon fast ein eigenes Fest, obgleich der Verkauf nicht länger als drei Stunden wegen der Hitze stattfinden kann. Die Atmosphäre zwischen den Restaurantbetreibern und den Gästen ist mehr als amikal. Gemeinsam verkürzen sich alle die Wartezeit bis zur Markteröffnung, indem sie schon morgens den unterhaltsamen „Mariachi-Bands“, der traditionellen mexikanischen Musik launig lauschen. Chapala bietet wirklich jedem seiner Einwohner und Gäste etwas Besonderes. Diese idyllische Hafenstadt sprüht mit Charme ein besonderes Flair aus. Jeder wäre zufrieden, wenn es da nicht die Minderheit der Unzufriedenen gäbe, …

«SEAPLANE»

Kapitel 2

Die reflektierende Silhouette einer doch schon etwas in die Jahre gekommenen Cessna Caravan C185F schweift über den spiegelglatten Chapala-See im Sonnenaufgang. Das etwas desolat erscheinende Wasserflugzeug nimmt direkt Kurs auf den kleinen verträumten Hafen am Lago de Chapala, wo sich im Moment viele Menschen an den Bootsstegen, wie auch am Marktgelände tummeln. Zurzeit nehmen sie nur peripher Notiz von dem Wasserflugzeug und gehen weiter ihren gewohnten Tätigkeiten nach.

Traditionell fahren auch die Kinder der heimischen Familien auf den See hinaus, um ihren Eltern die frisch gefischte Ware rechtzeitig für den Verkauf am Marktplatz im Stadtzentrum von Chapala zu liefern. Beim Erwerb des Lebensunterhalts hilft die gesamte Familie mit, so auch die aufgeweckte achtjährige Maria mit ihrem um drei Jahre älteren Bruder Martinez Tottóres. Die beiden haben an jenem Tag schon einen beachtlichen Fang gemacht. Die Freude ist groß. Martinez ist sehr stolz auf die Ausbeute. Sorgfältig holt er bereits die Netze ein, während die zierliche Maria noch Wasser aus dem See in die Fangbehälter schüttet und ihren Bruder anlächelt:

«Eres el más grande (Du bist der Größte)!»

Maria und Martinez sind ein herzzerreißendes Geschwisterpaar und bereits ein gut eingespieltes Team, obwohl es für Maria erst die vierte Ausfahrt ist. Der elfjährige Martinez liebt seine kleine Schwester über alles. Stolz erfüllt er seine Führungsrolle mit dem entgegengebrachten Vertrauen seiner Eltern.

Mutter Coanita und Vater Cánzo übten in ihrer Kindheit ebenso den Fischfang am Lago de Chapala aus. Schon in frühen Jahren lernten sie sich kennen und lieben. Aus deren Liebe fruchteten die beiden bezaubernden Geschwister. Der ganze Stolz der Familie. Die bekannte wie ebenso beliebte Familie führt ein ausgeglichen ruhiges, bescheidenes Leben in Harmonie und Zufriedenheit.

Cánzo wurde spät Vater. Cánzo ist in den Sommermonaten auch als Touristenführer unterwegs. Er möchte, dass seine Kinder einmal auf eine höhere Schule gehen. Jetzt ist er schon 63 Jahre alt und nimmt noch gerne einige Strapazen auf sich. Es ist einfach sein Traum, dass seine beiden Kinder eine gute Ausbildung absolvieren, um einen gut bezahlten Beruf zu erlernen, um etwas mehr von der Welt zu sehen. Jahr für Jahr gestaltet er unvergessliche Touren. Seine Adresse wurde im Laufe der Zeit zu einem regelrechten Geheimtipp. Die Touristen werden nicht enttäuscht, vertrauen ihm und sind begeistert. Dies schlägt sich natürlich auch in den Trinkgeldern nieder. Cánzo gaukelt eben seiner Kundschaft nichts vor, was die Urlauber zu schätzen wissen.

Einstweilen Martinez den morgendlichen Fischfang weiter versorgt, macht sich die kleine Maria an die Ruder. Mühevoll paddelt sie, um ihren Bruder zu unterstützen. Eifrig versucht sie die Ruder in den synchronen Gleichschlag zu bringen. Mehr schlecht als recht schlängelt sich das kleine blaue Fischerboot langsam und etwas unkoordiniert in Richtung Chapala-Ufer, an den vereinzelt lavierenden Lanchas vorbei, um am heutigen Tag als Erstes am Pier anzulegen. Martinez verzurrt die letzte Fisch-Box, dann steigt er zu seiner Schwester hinüber, hebt sie hoch und gibt ihr mit einem verschmitzten Lächeln einen kurzen Kuss auf die Stirn:

«Un buen día (Ein guter Tag),

Vater und Mutter werden staunen, meine kleine Prinzessin.

Komm … lass mich rudern, es geht schneller!»

Maria reicht ihm lächelnd die Ruder und setzt sich zu den Fisch-Boxen, dabei himmelt sie stolz ihren Bruder an:

«Gerne! So sind wir heute die Ersten am Pier.

Bis die anderen kommen, haben wir bereits ein Dutzend Fische verkauft, da bin ich mir sicher. Dann gehen wir spielen.

Eres el más grande (Du bist der Größte)!

Mamá y papá (Mama und Papa) werden stolz sein.»

Beharrlich rudert Martinez die halbe Meile in Richtung Pier. Mit dem kleinen Lancha zieht er zielstrebig stolz an den übrigen Fischern vorbei. Er weiß, dieses Mal wird es ein ertragreicher Verkauf und die Eltern werden stolz sein. Während er wie besessen rudert, winken und gratulieren einige der älteren Fischer mit motivierenden Zurufen:

«Felicidades, buena pesca (Gratuliere, guter Fang)!

Derweilen zählt Maria die bis oben hin gefüllten Fischboxen:

«Uno, dos, tres, cuatro, cinco, seis, siete,

ocho, nueve, diez, once, doce (1-12).

Alle sind randvoll! Ein Wahnsinn, so ein großer Fang.

Zwei ganze Boxen mit Charales, unglaublich?!

Da wird sich Papa besonders freuen.»

Martinez legt sich mächtig ins Zeug. Es kommt nicht alle Tage vor, dass er nach so kurzer Angelzeit einen derart ergiebigen Fang an Land bringen kann. Angestrengt, aber zügig, rudert er dem Pier von Chapala weiter entgegen. Phasenweise kommt ihm dabei ein Lächeln aus. Da an diesem Tag der See ruhig da liegt, erleichtert dies das Rudern. Nur die steigende Temperatur macht sich schon ein wenig bemerkbar. Heute soll es besonders heiß werden. Während er zielstrebig weiter rudert, macht sich über dem Lago de Chapala das dröhnende Motorgeräusch der näherkommenden Cessna Caravan C185F bemerkbar. Kurz geht sie in den Sinkflug, dreht ab und fliegt eine weitere Runde um den See. Mit vorgehaltener Hand vor ihrem Gesicht versucht Maria im Gegenlicht der Sonne das Wasserflugzeug aufgrund der Nummer zu erkennen.

«Flüge sind doch um diese Jahreszeit über dem See verboten?

Die vertreiben doch die ganzen Fische!», ruft Maria aufgeregt mit schüttelndem Kopf ihrem Bruder entgegen.

«Du hast recht!

Doch wer kümmert sich schon um uns Fischer?

Wenn der Bürgermeister wieder ein paar Pesos

für sich einstecken kann, bricht er gerne die Gesetze.

Politiker sind eben korrupt und käuflich.», erklärt Martinez seiner Schwester, die verwundert wie auch verärgert dem kreisenden Wasserflugzeug nachsieht.

Nur noch knapp hundert Meter bis zum ersehnten Ufer, weiß Martinez und legt sich abermals mächtig ins Zeug. Langsam bilden sich in seinen Handflächen schon kleine Blasen. Nach einigen Ruderschlägen kühlt er seine Hände im Wasser ab. Trinkt einen kleinen Schluck Wasser und blickt in den Himmel. Auch er ist etwas irritiert über die seltsame Flugweise des Wasserflugzeuges.

Unbeirrt greift er nach kurzer Erfrischung seine Ruder und rudert entschlossen weiter. Seine leichten Qualen verbirgt er gekonnt vor seiner kleinen Schwester, die er über alles liebt. Besonders froh ist er, wenn er den glücklichen Glanz der Freude und Zufriedenheit in ihren großen mandelbraunen Augen sieht. Das blaue Lancha mit seiner heutigen gesamten Fischausbeute kommt dem Pier von Chapala immer näher. Die letzten hundert Meter verlangen Martinez schon noch einiges ab, unter der zunehmend stechenden Sonne legt er sich nochmals mächtig ins Zeug. Er rudert, rudert und rudert …

«GUSANO DEL MAGUEY»

Kapitel 3

Fünfhundert Meter hoch über dem Lago de Chapala, entfacht zwischen dem deutschen, hageren, degoutanten Piloten Henrik, der in seiner Gesamterscheinung als echt grindig einzustufen ist und seinem neuen, zwanzigjährigen, zugeteilten mexikanischen Kompagnon, dem inhumanen bulligen Paolo, eine mehr als unstimmige derbe Debatte über den Tequila-Wurm.

Henrik, welcher von seinen zweiundfünfzig Lebensjahren weit mehr als die Hälfte in südamerikanischen Gefängnissen verlebte, den man durchaus als extrem unerträglich und widerwärtig einstufen kann, greift sich während des Fluges eine der vor ihm am Boden liegenden Tequila Flaschen. Mit seinen gelben, teils fauligen Schneidezähnen beißt er in den Flaschenstoppel, zieht ihn heraus und spuckt ihn Paolo ins Gesicht. Überrascht erschrocken zuckt Paolo zurück, dabei schlägt er sich den Kopf am Cockpit-Fenster an. Mit lautem Gelächter macht sich Henrik über diese Aktion lustig, schüttet sich etwas Tequila über den Kopf und verschmiert den Alkohol mit der rechten Hand in seinem schütteren fettigen Haar. Mit einem Teil seines löchrig verdreckten Leinenhemds wischt er sich den schweißgetränkten Tequila aus dem Gesicht. Ungeniert lächelt er Paolo dabei mokant an:

«Schisser! So einen Schisser haben sie mir zugeteilt?!

Machst Dir ja jetzt schon in die Hosen, du Lusche!»

«Bastardo (Dreckschwein)! Ekelhaft, echt ekelhaft!

Du bist ein derart widerlicher Typ, sodass ich Dich

am liebsten umlegen würde!», reagiert Paolo angewidert.

Spontan zieht Paolo seine Desert Eagle. Wütend, mit gespanntem Hahn und dem Finger am Abzug, drückt er den Lauf fest gegen Henriks Schläfe. Starr herausfordernd lässt Henrik in diesem Augenblick die Steuerung unerwartet los, sodass die Cessna sofort unter laut aufheulendem Motor in den Sinkflug abschmiert.

Der plötzlich instabile Flug unter heulendem Motorgeräusch bleibt von den Fischern am Lago de Chapala nicht unbemerkt. Sogar unter einigen Touristen erregt das Szenario mit Blicken in den Himmel reges Aufsehen.

Henrik grinst dem perplex verunsicherten Paolo überlegen provokant entgegen:

«Die Eier hast du nicht, Amigo!

Los drück ab, Du Schisser. Drück ab!

Vielleicht hast Du ja gar keine Eier?!

Du kannst ja den Vogel steuern, wenn Du willst?!»

Paolo blickt mit aufgerissenen Augen auf den herannahenden See. Er hält inne und entspannt den Hahn der Desert Eagle. Angespannt kopfschüttelnd steckt er die Waffe zögerlich in den Hosenbund. Grinsend überlegen greift Henrik zum Steuer, er bringt den Flieger wieder in die stabile Fluglage. Paolo atmet erleichtert aus. Henrik hingegen kann es nicht lassen, Paolo weiterhin zu provozieren und runterzumachen:

«Schisser, ich habe noch eine besondere

Draufgabe für Dich! Disfruta tu comida, mi amigo!

(Guten Appetit, mein Freund)!»

Provokant greift sich Henrik aus der Brusttasche des abgetragenen Leinenhemds eine grüne lebende Maguey-Raupe. Vor Paolos Augen führt er die zuckende Maguey-Raupe mit seinen schmutzigen Fingern genüsslich langsam zum Mund. Dabei streckt er seine Zunge der Raupe entgegen und leckt sie mehrmals ab. Betulich grinsend klemmt er die Raupe zwischen seine gelben Schneidezähne. Hektisch kreisend bewegt die grün behaarte Raupe ihr Hinterteil um seine trockenen, spröden Lippen. Paolo ekelt sich, ihm wird übel, mehrmals würgt es ihn. Luftschnappend öffnet er hektisch das Cockpit-Fenster. Darauffolgend übergibt er sich.

Angewidert wendet er seinen Blick von Henrik ab und blickt beim Cockpit-Fenster hinaus:

«Totalmente enfermo (total krank), dieser Typ!»

Henrik zerbeißt die Raupe, unterdessen er fortwährend Paolo ansieht. Der zähflüssige gelbe Lebenssaft der Raupe trieft aus seinem Mund, rinnt über sein Kinn und tropft auf sein Leinenhemd. Mit der Zunge leckt er genussvoll über seine Lippen. Im derartigen Ekel würgt es Paolo so zwingend, dass er sich schlussendlich im Cockpit übergeben muss. Er hustet und spuckt. Was für eine Sauerei. Spöttisch laut lachend kriegt sich Henrik kaum ein.

«Selten habe ich so ein Arschloch getroffen!

Du bist ein unappetitlicher Drecksack!

Eine ekelhafte Sau! Krank, Du bist richtig krank!

Totalmente enfermo (total krank)! Totalmente!

Wer hat Dich Schwein bloß angeheuert?!», spricht Paolo nach geplagten Würgekrämpfen mit errötetem Kopf aus.

Endlich hat Henrik die Raupe zerkaut und geschluckt. Jetzt richtet er sein Augenmerk auf die Fischerboote im Lago de Chapala:

«Okay, Amigo (Freund) beruhige Dich!

Auf zum Fischen, Petri Heil!»

Abrupt steuert Henrik die Maschine in den Sinkflug. Paolo kann sich kaum halten. Henrik lacht mit einem diabolischen Unterton. Wie ein Pfeil vom Himmel stürzt die Cessna auf das blaue kleine Fischerboot von Martinez und Maria herab. Geschockt blicken die beiden Kinder in den Himmel. Den umliegenden Fischern entgeht die plötzliche Situation ebenso nicht. Überrascht beobachten die Fischer die im Zielflug herannähernde Cessna Caravan.

Alles passiert im Moment mit einem Mal extrem schnell. Knapp vor der Wasseroberfläche zieht Henrik die Cessna gerade so hoch, dass er rasant auf dem Wasser landet. Unmittelbar darauf greift er in seine Brusttasche. Er holt eine schon etwas ramponierte Zigarre hervor, grinst und steckt sie an:

«It´s your stage Amigo (Deine Bühne mein Freund)!

Dann zeig mal Daddy, was Du so draufhast!

Du Schisser! Vielleicht hast Du ja doch Eier!»

Gezielt unter lautem Motorgeräusch lenkt Henrik das Wasserflugzeug am Lago de Chapala in Richtung des kleinen blauen Fischerbootes von Martinez und Maria, welches bereits vom Wellenschlag des Wasserflugzeuges eingeholt wurde. Das kleine Boot schwankt. Die Kinder kämpfen mit dem Gleichgewicht, um nicht zu kentern. Aussichtslos, die Wellen nehmen zu. Die verzurrten Fischfangboxen schwappen über, der gesamte Fang breitet sich im Boot aus. Maria versucht noch das Gröbste zu verhindern. Zu spät, die Schlagwellen werden stärker, das Boot kentert. Im letzten Augenblick hechtet Martinez zu seiner Schwester, er hält sie fest. Gemeinsam gehen sie über Bord. Leere Fischboxen treiben um sie herum. Der gesamte Fang ist verloren. Maria beginnt bitterlich zu weinen. Mit aller Kraft versucht Martinez seine Schwester zum gekenterten Boot zu bringen. Das Wasserflugzeug kommt näher. Paolo steht bereits auf der Kufe und greift sich blitzschnell Martinez, der seine Schwester weiterhin fest im Griff hat. Mit einem kräftigen Ruck zieht der bullige Paolo die beiden auf die Kufe. Brutal zieht er Maria am Arm hoch und stößt sie unsanft in den geöffneten Laderaum der Maschine. Martinez schreit, dabei schlägt er wie von Sinnen auf Paolo ein.

Brachial zerrt Paolo den wild um sich schlagenden Martinez in den Laderaum, er versetzt ihm dabei einen Schlag ins Gesicht. Hektisch schließt Paolo die Flugzeugtür, drängt die beiden aufgebrachten Kinder in das Heck der Maschine und wirft sie unsanft in eine bereitgestellte Holzkiste, welche er darauffolgend verschließt. Geschafft begibt er sich total durchnässt ins Cockpit.

Henrik gibt sofort Vollgas. Er zieht die Maschine nach oben. Die Cessna fliegt über den «Lanchas» der Fischer in einem waghalsigen Winkel. Henrik greift wiederum zum Tequila. Nach einem kräftigen Schluck merkt er erst, dass er zu nahe am Pier ist. Im letzten Moment zieht er die Maschine gerade noch rechtzeitig vor dem Pier steil nach oben. Henrik lacht. Abfällig winkt er aus dem Cockpitfenster der versammelten Menschenmenge am Ufer von Chapala zu.

In seiner herablassenden Euphorie stößt er mit seinem linken Handgelenk am Plexiglas des Cockpits an, sodass sich der Verschluss seiner sündteuren gelbgoldenen Rolex Sky-Dweller öffnet. Sofort rutscht sie über sein dünnes Handgelenk. Sie fällt vom Himmel direkt neben dem Pier ins Wasser. Ein Fischerjunge beobachte dies, sofort springt er vor den Augen seines Vaters in den See, um nach dieser Uhr zu tauchen.

«Carajo (verdammte Scheiße)!

Fuck, …fuck!», brüllt Henrik, während er zornig auf die Steuerung schlägt und wiederum nach der Tequila Flasche greift.

Die Cessna Caravan C185F steigt im Gegenlicht der Sonne dem Horizont entgegen. Sie fliegt höher und höher, … bis sie langsam in den kleinen Dunstwolken über dem Lago de Chapala ganz verschwindet …

«POLICIA MUNICIPAL»

Kapitel 4

Die versammelten Einheimischen haben das Nachsehen, wie versteinert verharren sie perplex am Pier von Chapala. Eine Armada von Fischerbooten nähert sich dem Pier. Alle Fischer haben das Fischen eingestellt, der Vorfall verbreitete sich am See wie auch an Land, wie ein Lauffeuer. Zwei der alteingesessenen Fischer haben das blaue kleine Fischerboot mit den leeren Fisch-Boxen und dem beschädigten Fischernetz der Familie Coanita und Cánzo Tottóres im Schlepptau. Im Fischerhafen verheften sie das blaue Lancha. Sofort suchen sie nach der Familie Tottóres.

Einstweilen konnte der sechsjährige Pepitto die wertvolle Rolex Sky-Dweller, bevor sie im Hafenschlamm versinkt, hoch tauchen. Pepitto übergibt seinen Vater Fernando die offensichtlich wertvolle Uhr. Dieser erkennt sofort, dass sie echt und teuer ist.

Aufgeregt winkt er dem herannahenden Streifenwagen der Policia Municipal zu stoppen. Die Beamten halten sofort an. Sie wurden im Rahmen ihrer Streife bereits auf die dichte Menschenansammlung am Pier aufmerksam.

Bedächtig, skeptisch verhalten, steigen die beiden Constable aus dem Fahrzeug. Fernando schildert den Beamten aufgeregt den Vorfall, dabei reicht er einem der Constable die teure gelbgoldene Rolex Sky-Dweller. Die Constables sehen sich im Staunen an. Vorerst können sie den Schilderungen der Anwesenden kaum Glauben schenken. Ihnen selbst ist dieser Vorfall komplett entgangen. Sie haben auch kein Flugzeug gesehen. Inzwischen haben einige Fischer Coanita und Cánzo Tottóres vom Markt geholt und sie über das schreckliche Ereignis informiert. Sprachlos bricht Cánzo am Pier vor den Constables zusammen. Er wird ohnmächtig. Coanita beginnt fürchterlich zu weinen, sie fleht um Hilfe. Hektik macht sich breit. Die beiden Constable der Verkehrspolizei sind mit dem Fall sichtlich komplett überfordert. Unverzüglich fordern sie eine Ambulanz an.

Kurz nach der Sachverhaltsaufnahme erbitten sie via Funk von der Einsatzzentrale um Unterstützung der Spezialisten der Policia Federal Ministerial, da es sich eindeutig um ein Schwerverbrechen von Kindesentführung handelt.

Eindeutig ein Fall für die Sonderabteilung der mexikanischen Kriminalpolizei. Während immer mehr Menschen am Pier zusammenlaufen, sind auch schon aus der Ferne die Sirenen der Einsatzfahrzeuge zu hören. Reifenquietschend treffen sie an der Einsatzörtlichkeit ein. Unterdessen sich die Besatzung der Ambulanz um Coanita und Cánzo Tottóres kümmert, bekommt Comisario Juan Carlos Dorro einen Situationsbericht von einem der Constable.

Nach Abklärung der Lage übernimmt die Ermittlungsabteilung der División de Investigación sofort den Fall. Der leitende Beamte, Comisario Juan Carlos Dorro, veranlasst, dass Cánzo Tottóres im Beisein seiner Ehefrau Coanita ins Spital gebracht wird und stellt die erfahrene Psychologin Beatrix Larósa des Krisenzentrums zur Verfügung. Die Ermittlungen beginnen …

Das Team der División de Investigación und die Constables unter dem Kommando von Comisario Juan Carlos Dorro beginnen mit den Aufnahmen der Beobachtungen der noch schockierten Augenzeugen. Die spektakuläre Entführung hat sich in Chapala schnell herumgesprochen. Betroffenheit macht sich weithin breit. Eltern weichen keinen Moment von ihren Kindern. Mütter weinen, Väter sprechen energisch mit ihren großen Söhnen, gefolgt von deutlichen Anweisungen, um die kleineren und jüngeren Geschwister zu schützen. In diesen Stunden fühlt sich keine Familie mehr sicher. Verdächtigungen, Mutmaßungen und Spekulationen machen sich wie ein Lauffeuer breit.

Auch Misstrauen wächst unter denen, welche sich ohnehin niemals vertrauten und verstanden. Argwöhnisch beobachtet man einander. Comisario Juan Carlos Dorro beobachtet aus der Entfernung das Geschehen im Bereich des Hafens. Er setzt sich am Pier auf die Hafenmauer und starrt auf den See. Für Comisario Dorro ist es fast schon Routine, doch er weiß, jeder einzelne Fall hinterlässt meist einzigartige Indizien und diese versucht er jetzt zu finden.

In seiner mehr als dreißigjährigen Diensterfahrung konnte er einige dieser brisant abscheulichen Verbrechen lösen. Ruhig zündet er sich ein Zigarillo an, hebt die Hand und winkt einen der Constable zu sich. Einer kommt dem sofort nach:

«Comisario (Kommissar)!

Was kann ich für Sie tun?»

«Constable, bringen Sie mir den Bürgermeister her!

Besorgen Sie mir auch gleich eine Flasche kaltes Wasser!», befiehlt Comisario Dorro.

«Entendido (verstanden), wird sofort erledigt», antwortet der Constable und steigt in seinen Streifenwagen.

Während Comisario Dorro wartet, begutachtet er die teure gelbgoldene Rolex Sky-Dweller. Er wird einfach nicht schlau daraus, dass jemand, der eine etwa rund fünfzigtausend Dollar teure Uhr trägt, mit einer derart abgefuckten Cessna fliegt. Auf die Entführung kann er sich auch noch keinen Reim machen.

Angespannt versucht er das Motiv zu erkennen, da in dieser Gegend keine besonders reichen Leute leben. Je mehr er nachdenkt, desto mehr Fragen wirft der Fall für ihn auf, … Comisario Dorro grübelt weiter …

«DONAR COLECCIÓN»

Kapitel 5

Mittlerweile sind einige Stunden vergangen. Der Fischmarkt ist an diesem Tag aufgrund des unbegreiflichen Ereignisses nur spärlich besetzt. Die Sonne steht hoch. Zunehmend wird es heißer. Der Vorhersage hingegen sollte es eigentlich regnen.

Die Fischer haben ihre Fänge zusammengetragen. Unmengen an Eisbottichen werden zusammengestellt und in einem riesigen Quadrat am Marktplatz platziert. Einige lassen ihre eigenen Marktstände geschlossen. Mit dem heutigen Ertrag wollen sie der Familie Tottóres helfen, um genügend Mittel für eine gezielte Suche nach ihren Kindern zu finanzieren. Die Einheimischen wissen, dass sich ihre Polizei nur ins Zeug legt, wenn sie dementsprechend geschmiert wird.

Aufgrund dessen sind sich die Fischer einig und führen eine spontane Donar Colección, eine Art der Spendensammlung am Fischmarkt durch. Fischer und Freunde legen sich mächtig ins Zeug. Lauthals wird die frische Ware am Marktplatz feilgeboten. Das Feilbieten gleicht schon fast einer inszenierten Show, alle erdenklichen Register, Verkaufstaktiken und Tricks werden zur Schau gestellt. Die Fische werden regelrecht versteigert. Noch nie zuvor war die Ware des Fischmarktes in so enorm kurzer Zeit ausverkauft. Der Verkaufsertrag kann sich wahrlich sehen lassen, etwas mehr als 800.000 Pesos, knapp über $ 40.000 Dollar, wurden von den Fischern von Chapala ad hoc erwirtschaftet.

Inzwischen trifft El alcalde Joséf Laratté, der Bürgermeister von Chapala am Pier ein. Der Constable geleitet ihn zu Comisario Dorro, welcher sich mit prüfendem Blick den Bürgermeister zuwendet:

«Buenos días El alcalde (Guten Tag, Bürgermeister)!

Lassen Sie uns ein wenig spazieren.»

Comisario Dorro negiert die entgegengestreckte Hand des Bürgermeisters. Verlegen und etwas vor den Kopf gestoßen, folgt Laratté dem Comisario ein wenig verunsichert:

«Buenos días Comisario (Guten Tag, Kommissar)!

Mir ist bekannt, dass Sie meiner Politik nichts abgewinnen, lassen wir also die profanen Höflichkeiten.

Was kann ich für Sie tun, Comisario?»

Voller Argwohn bleibt Comisario Dorro stehen, legt seine Hand kraftvoll auf die Schulter des Bürgermeisters und blickt ihm dabei eindringlich streng in die Augen:

«Nicht die politische Linie ist es, was ich an

Ihnen nicht mag. Es sind die undurchsichtigen

Machenschaften, Ihr käufliches Verhalten, Ihre

offensichtlich gelebte Korruption, mein Guter!»

Nach einem kurzen derben Kniff in die Schulter lässt der Comisario von der Schulter des Bürgermeisters ab. Dieser richtet sich etwas, echauffiert das Hemd:

«Mejilla (Frechheit)! Deswegen beorderten Sie

mich hier her? Sind Sie wahnsinnig? Wollen Sie mich

beleidigen? Oder gar herausfordern?»

«Nein!», antwortet Comisario Dorro knapp.

«Was wollen Sie dann?» fragt Laratté schnippisch.

Comisario Dorro blickt den Bürgermeister abschätzig an. Nach einem ungläubigen Kopfschütteln zieht er von der Zigarillo.

«Sagen Sie mir, wer hinter der Entführung der beiden Kinder steht? Antworten Sie noch nicht! Ich meine, es kann sich doch nicht um einen Zufall handeln, dass Chapala mit so einem abscheulichen Verbrechen konfrontiert wird.

Ich bin in Kenntnis über Ihre Verbindungen zum

Cartel de Jalisco Nueva Generación, welches von

Nemesio Oseguera Cervantes alias „El Mencho“,

dem inzwischen meistgesuchten Drogenboss der Welt

geführt wird. Überlegen Sie gut, was Sie mir

antworten Bürgermeister. Es wäre mir fast schon ein

Bedürfnis, Sie persönlich in den gefürchteten

Hochsicherheitstrakt von El Hongo zu überstellen.

Entendido (verstanden)?», verdeutlicht Comisario Dorro eindringlich, der sein Zigarillo mit stechendem Blick zwischen den Beinen des El alcalde langsam austritt.

Nervös greift Bürgermeister Laratté nach seinem Erfrischungstuch, wischt seinen Schweiß von der Stirn und beginnt fahrig dem Comisario zu antworten:

«Sí, si (Ja, ja) Comisario, Sie haben recht,

ich hatte mich vor Jahren mit diesen Leuten

eingelassen. Es war eine unüberlegte politische

Fehlentscheidung, glauben Sie mir. Ich weiß selbst,

ich hätte dem Cartel die Grundstücke rund um El

Hongo nicht verkaufen dürfen. Aber ich tat es zum

Wohle unserer Gemeinde. Ein Fehler, welcher mich

immer wieder einholt, indem auch meine politische

Karriere hier begraben ist.»

Der Bürgermeister wirkt etwas angeschlagen, er fährt fort:

«Das war der Preis für mein achtloses Handeln.

Glaubens Sie mir bitte …!

Lo juro por Dios (Ich schwöre bei Gott) Comisario, ich habe mit dem Cartel nichts mehr zu tun.

Selbst ich bin schockiert über diesen Vorfall.

Ich werde Sie mit allen mir zur Verfügung stehenden

Mitteln unterstützen, die Kinder zu finden.»

Zurückhaltend blickt Comisario Dorro den Bürgermeister an. Stumm gehen die beiden nebeneinander einige Schritte. Comisario Dorro greift in seine Hosentasche, holt die wertvolle gelbgoldene Rolex Sky-Dweller heraus und hält diese ihm vor:

«Nun gut, El alcalde Laratté! Ich bin versucht Ihnen zu glauben. Sollten Sie mich dennoch hinters Licht führen, gilt meine Option. Können Sie mir einige Namen des Cartel nennen, welche zu den Trägern dieser Uhr passen würden? Diese hat der Pilot laut Zeugenaussagen abgeworfen oder verloren. Der Sicherheitsverschluss ist offen.»

Laratté begutachtet die wertvolle Rolex genauer:

«Comisario, Namen kann ich Ihnen gerne nennen.

Jedoch bedenken Sie, dass Cartel ist in keiner

Weise zimperlich. Wird Ihnen ja sehr wohl bekannt sein. Simple Bandidos (einfache Banditen) tragen solche Luxusgüter nicht, sie würden nicht lange leben. Bandidos bringen sich für weniger um.»

Comisario Dorro runzelt nachdenklich die Stirn, nachdem ihm der Bürgermeister die Rolex reicht.

«Comisario, die Bürger sammeln für die Familie.

Auch die la comuna (Gemeinde Kommune)

wird der Familie zur Seite stehen und ich werde Sie

bei Ihren Ermittlungen unterstützen. Aber wir müssen einander vertrauen und vorsichtig sein. Ich bin auf Ihrer Seite, lassen Sie uns die Vergangenheit begraben. Ich bereite für morgen alle erforderlichen Dokumente vor und gebe Ihnen

die Namen. Vielleicht findet sich eine Spur?», führt der Bürgermeister aus und streckt dem Comisario Dorro in freundschaftlicher Geste die Hand entgegen.

«Vertrauen Sie mir, por mi honor y creer en dios (bei meiner Ehre und den Glauben an Gott).

Ich bin es der Familie als El alcalde (Bürgermeister)

schuldig!», fügt er hinzu, während er noch immer Dorro die Hand entgegenstreckt.

«Ein Versuch ist es allemal wert, schon allein den Kindern und Eltern wegen. La fuerza está en la verdad (In der Wahrheit liegt die Kraft).

La mentira te debilitará (Die Lüge wird dich

schwächen)!» sagt der Comisario eingängig im bestimmten Ton und schüttelt den Bürgermeister doch die Hand.

«Ein gutes Zitat. Von wem stammt es?», äußert der Bürgermeister überrascht.

«Von mir.», antwortet Comisario Dorro noch etwas unzugänglich, sieht dabei den Bürgermeister an und macht sich so seine Gedanken.

So schnell vertraut er nicht und bleibt seiner gewohnten, eher zurückhaltenden Linie treu. Er selbst weiß, dass er nicht gerade der charmanteste Eisbrecher ist. Doch an seinem vertrauten Motto: «Vertrauen muss man sich verdienen», hält er immer eisern fest.

Prüfend beobachtet er sein Gegenüber. Seiner Erfahrung nach steckt man schneller in der Scheiße, als man selbst denkt, wenn man sich mit gewissen Typen vereinigt. Abstand bewahrt ihm sein objektives Wahrnehmungsvermögen. Vor allem in einem Land, dessen Ruf fortwährend durch Verbrecherorganisationen in Misskritik steht. Die staatlichen Einrichtungen kommen selten gut weg, da zu viele korrupte Strukturen aufgrund der durchwachsenen schlechten Sozialpolitik in den letzten Jahrzehnten aufgebaut wurden. Der Berufsstand der Policia und der Sondereinheit Infantería de Marina Mexicana, in welcher Comisario Dorro selbst in jungen Jahren diente, verfügt ebenso nicht über ein besonders vertrauenswürdiges Image. Das Problem ist, die Syndikate haben überall ihre Leute sitzen und zu viele halten die Hand auf. Dieses Netzwerk ist so undurchsichtig, sodass es schon etwas sicherer ist, wenn man allein arbeitet. Zumindest sollte man gewonnene Erkenntnisse vorerst für sich behalten, ist der Comisario überzeugt. Routiniert schmiedet er einen Plan. Natürlich hat jeder eine zweite Chance verdient, um sich zu bewähren. Skepsis und wenig Emotion sind in dieser Situation ein guter Selbstschutz. Comisario Dorro möchte unter allen Umständen den Fall lösen. Ihm ist bewusst, es wird viele Kontakte brauchen, um auf eine verwertbare Spur zu kommen, darum spielt auch er sein Spiel:

«El alcalde, ich nehme Ihre Aussagen im Moment als gegeben hin. Jedenfalls werden wir den Fall intra muros (nicht öffentlich) behandeln.

Wer weiß, was noch kommt? Estoy contando con …

(Ich verlasse mich darauf)! Ich melde mich bei Ihnen!»

Bürgermeister Joséf Laratté nickt, wendet sich ab. Er geht in Richtung Marktplatz, nochmals dreht er sich nach Comisario Dorro um und hebt die Hand zum Gruß. Comisario Dorro erwidert die Geste, er blickt noch kurz auf die Uhr, bevor er zu seinem Team geht. Der Constable kommt ihm entgegen und fragt:

«Comisario, brauchen Sie noch etwas?»

«Nein, danke! Ich fahre in mein Büro!», antwortet Dorro.

Nach einigen Stunden am Einsatzort steigt er unter einem letzten Rundblick in seinen zivilen Streifenwagen. In der blau getönten Windschutzscheibe spiegelt sich die Mittagssonne. Er richtet sich den Rückspiegel, um den Bürgermeister noch ein wenig zu beobachten, dabei blickt er abwechselnd auf die Rolex, bis er diese in einem Plastikbeutel zur Indiziensammlung versorgt.

Unzufrieden, nachdenklich raucht er sich ein Zigarillo an. Nach einigen Zügen verlässt er mit dem Streifenwagen langsam den Tatort. Seine Blicke streifen durch die Menschenmenge, bis er den Lago de Chapala hinter sich lässt.

«DOWNBURSTS»

Kapitel 6

Über die hochstehende schimmernde Sonne schiebt sich eine breite schwarze Wolkenfront am Atlantik. Die desolat wirkende Cessna Caravan C185F befindet sich bereits wenige Meilen südlich von Miami Beach. Pilot Henrik steuert die Maschine laut den Koordinaten auf Key Biscayne zu, unterdessen betäubt er seine innere Anspannung weiterhin mit Tequila. Aus der Luft ist der 113 Meilen lange Overseas-Highway schon zu sehen.

Die Inselstadt liegt auf der Barriere Insel gegenüber dem Rickenbacker Causeway im Miami-Dade County, auf welcher sich die Biscayne Bay der subtropischen Lagune im US-Bundesstaat Florida erstreckt. In Key Biscayne herrscht ein tropisches Savannenklima mit feuchten heißen Sommern und warmen trockenen Wintern. Gelegentlich wird die Insel auch von Hurrikans oder Downbursts in Verbindung mit trockenen oder nassen Gewittern bedroht. Key Largo im Monroe-County im US-Bundesstaat Florida ist dafür ebenso bestens bekannt.

Um unauffällig unter dem Radar zu bleiben, steuert Henrik das Flugzeug unter 300 m Mindesthöhe der international vorgeschriebenen Instrumentenflugregel. Die ersten thermischen Luftströmungen, stark abwärtsgerichtete Abwinde, sogenannte Downbursts machen sich bereits bemerkbar. Kurze Fallböen erschweren Henrik bereits den unauffälligen stabilen Geradeausflug. Oftmals wird die Maschine regelrecht durchgebeutelt. Starke spontane Downbursts machen ihm das stabile Manövrieren zeitweilen fast unmöglich. Sehr zum Missfallen von Paolo, welcher schon mehrmals im Frachtraum zu Boden ging und sich dabei verletzte:

«Wie viele Leben hat eigentlich so ein verfickter

Bastardo (Dreckschwein), wie Du?

Flieg die Maschine normal und sauf weniger!

Du wirst uns noch alle umbringen!

Verfickter hirnverbrannter Vollidiot!»

Zornig rafft er sich mühsam auf. Gequält schreit er:

«Du bist ein verdammter Psycho!

Ein echt erbärmliches Arschloch!

Wir werden ja sehen, was die Bosse mit Dir machen, wenn Sie erfahren, dass Du mit Deiner Rolex eine Spur hinterlassen hast! Du steckst tief in der Scheiße, mein Junge!

Sehr tief! Ganz tief! Darauf kannst Du einen lassen!»

Henrik stabilisiert das Wasserflugzeug. Er greift nochmals zum Tequila, er denkt nach. Paolo hat ihn verunsichert, er denkt daran, dass die Uhr vielleicht gefunden wird. Ebenso, dass Paolo ihn ans Messer liefern wird. Wieder nimmt Henrik einen Schluck Tequila. Er schüttet sich abermals ein wenig über den Kopf, dann verwischt er den Alkohol grunzend in seinem Gesicht.

«Shit, Fuck! Okay, okay denk nach, denk nach Henrik.

Du hast es so gewollt el puerco (Schwein, Sau).

Du hast keine Ahnung, keine Ahnung, mit wem Du es

zu tun hast. Du hast es so gewollt, mein Freund.», murmelt Henrik im Cockpit vor sich her, während sich Paolo im Frachtraum befindet und abkämpft einen festen Stand zu finden.

Grinsend überkommt ihn spontan ein niederträchtiger Gedanke. Abermals greift er sich die Tequila Flasche und trinkt. Indessen hat Paolo die Frachtkiste geöffnet. Verängstigt hält Martinez seine Schwester schützend im Arm. Sie sieht furchtsam in die Augen von Paolo. Maria weint bitterlich. Bruder Martinez versucht sich nichts anmerken zu lassen, er schreit Paolo mit zittriger Stimme entgegen:

«Wo bringen Sie uns hin? Man wird uns finden!

Lassen Sie uns frei! Wir haben Durst und Hunger!

Geben Sie uns wenigstens Wasser!»

Perplex schließt Paolo den Deckel der hölzernen Frachtkiste. In den Feldtaschen stöbert er zwischen Tequila Flaschen nach Wasserflaschen. Irgendwie ist er überfordert. Ungeduldig wühlt er weiter. Alles nervt ihn. Was für ein beschissener Tag - denkt er.

«Erst muss ich mit dem schmierigen Säufer fliegen.

Dann diese verfickten Turbulenzen und jetzt nerven

mich die blöden Gören. What fucking Day!», flucht Paolo vor sich ungestüm her, während er hektisch entnervt weiterhin die abgewetzten Feldtaschen durchstöbert.

Hastig greift sich Martinez aus seiner Jeans-Shorts seinen kleinen Lederbeutel, in dem er die verschiedensten Angelhaken aufbewahrt. Nervös kramt er einen Limerick Drilling mit Loch hervor. Dieser Angelhaken besteht aus drei stabilen Haken. Er ist mit scharfen Widerhaken versehen, er wird überwiegend zum Fang größerer Fische verwendet. Martinez biegt zwei der Haken mit aller Kraft am Holzboden der Frachtkiste gerade. Maria wischt sich die tränenden Augen aus. Sie sieht ihrem Bruder angstvoll zu. Martinez hält Maria seine Hand vor den Mund, er flüstert:

«Pssst… leise, … hab keine Angst.»

«Wo bringen sie uns hin …? Was macht dieser

Mann mit uns …?», fragt Maria verängstigt.

«Ich weiß es nicht. Hab keine Angst, ich bin bei

Dir und passe auf Dich auf. Wir müssen leise

sein.», flüstert Martinez seiner Schwester zu und rückt sie sanft in die Ecke der Frachtkiste.

Angespannt warten sie. Martinez hält den präparierten Angelhaken fest in seiner rechten Hand. Unbedarft öffnet Paolo den schweren Deckel der hölzernen Frachtkiste. Konfus reicht er den beiden Kindern eine Wasserflasche ins Innere.

Entschlossen, blitzartig, brachial mit aller Kraft sticht Martinez den zurechtgebogenen scharfen Limerick Drilling Paolo direkt ins Gesicht. Zwei der scharfen Hakenspitzen bohren sich tief in seine linke Wange, direkt unter dem Auge. Paolo schlägt geschockt den Deckel der Frachtkiste zu. Blutüberströmt, gepeinigt vom Schmerz schreit er laut auf:

«Ahhhhh …!!!

Dieser verschissene Drecksack!!!

Ahhhhh …!!!»

Instinktiv greift sich Paolo das Ende des Angelhakens, dabei versucht er ihn schreiend aus seiner Wange zu ziehen. Aussichtslos. Die scharfen Widerhaken sitzen derart fest, dass sich Paolo vor Schmerz kaum halten, geschweige orientieren kann. Brüllend in Rage gestikulierend, geht er mehrmals orientierungslos zu Boden. Fortwährend tritt er wie von Sinnen im peinigenden Schmerz mit den Füßen auf die Frachtkiste ein:

«Ich bringe diesen kleinen Drecksack um!

Ich … ich, …ich bringe diese Gören um!»

Stöhnend kniet Paolo mit blutverschmiertem Gesicht und gezogener Desert Eagle vor der Frachtkiste. Im Zeter und Mordio Geschreie fuchtelt er wild mit der Waffe vor sich herum. Vom durchdringenden Schmerz der beiden tief im Fleisch steckenden Limerick Angelhaken geplagt, bringt er grunzend, kurzatmig und speicheltriefend seine Waffe mit zittriger Hand in Anschlag. Verbissen unkontrolliert versucht er sein Ziel anzuvisieren. Im Augenblick, als Paolo mit seinem Finger den Abzug betätigen will, greift Henrik in seinem enthemmten Rauschzustand den Arm von Paolo. Im heftigen Gerangel in Folge eines Schreiduells schmiert das Flugzeug für einen Augenblick aufgrund heftiger Fallböen ab. Als der Autopilot den Flieger wieder in die stabile Flugbahn steuert, greift Henrik nach der Desert Eagle, um diese Paolo zu entreißen.

Unvermittelt fällt ein Schuss. Dumpf schlägt die blutverschmierte Desert Eagle auf dem Frachtboden auf. Erschrocken starrt Henrik mit großen Augen auf das Einschussloch neben seinem linken Fuß am Boden. Kreidebleich schwankt er vor Paolo hin und her, bis er zu Boden geht und laut aufschreit:

«Ahhhhh …! Du verdammter Idiot!

Du hast mir die Zehen weggeschossen!

Ich bring Dich um Du Hurensohn!

Ahhhhh …, meine Zehen! Ich werde bewusstlos!

Ich bring Dich um! Meine Zehen, ahhhhh …!»

«Fuck! Du wirst nicht bewusstlos! Atme, atme …!

Die Kugel war nicht für Dich gedacht!», brüllt Paolo lauthals.

Schmerzgeplagt zeigt er seine aufgerissene, blutende, bereits stark angeschwollene Wange. Henrik beginnt unter Schmerzen entgeistert laut zu lachen, aggressiv brüllt er dabei Paolo entgegen:

«Nicht einmal mit kleinen Gören kommt der hirnlose

Honk zurecht! Ahhhhh …, hilf mir wenigstens auf,

Du verschissener Bastardo! Ich brauche Tequila …!»

Wimmernd windet Henrik sich unterdessen am Boden. Alles ist blutverschmiert. Keuchend robbt er in der Blutlache nach der am Boden liegenden Desert Eagle. Paolo kommt ihm zuvor, er steigt mit dem Fuß auf die Waffe, dann hebt er sie grinsend auf und versorgt sie in seinem Hosenbund. Henrik grunzt scharf. Jammernd vom Schmerz gequält, kriecht Henrik auf allen vieren zu seinem Pilotensitz in das Cockpit zurück. Dabei hinterlässt er eine mächtige blutige Sauerei. Der Boden des Flugzeuges ist derart blutverschmiert, sodass auch Paolo mehrmals ausrutscht. Zu diesem Zeitpunkt ahnt keiner der beiden, dass sich ein Fragment des Projektils in die Hydraulikleitung der Steuerungseinheit gebohrt hat.

«DECAPITACIÓN»

Kapitel 7

Gestresst vom Schmerz zerrt sich Henrik unter sporadisch wirkenden Downbursts in seinen Pilotensitz zurück. Paolo kämpft derweilen immer noch, sich auf den Beinen zu halten. Verkrampft hält er sich am Boden liegend mit der rechten Hand an einer Gurtschlaufe im Frachtraum fest. Seine linke Hand hält er schützend über den im Gesicht steckenden Angelhaken. Mit jeder Bewegung bohrt sich der Limerick Drilling tiefer in seine linke Wange, welche von Minute zu Minute mehr und mehr anschwillt. Er kann kaum noch seinen Mund schließen, geschweige sprechen. Gepeinigt vor Schmerzen, stöhnt und grunzt er nur mehr vor sich her.

Fieberhaft nach Sauerstoff ringend, versucht Henrik seine äußerst prekäre Lage in den Griff zu bekommen. Speicheltriefend unter Schnappatmung schafft er es endlich den Pilotenplatz wieder einzunehmen. Sein linkes Bein ist ihm dabei keineswegs eine Hilfe. Schmerzen plagen ihn immens. Bebend reißt Henrik sein schmutziges, verlodertes Leinenhemd in Streifen. Malträtiert bindet er zaghaft seinen linken Fuß oberhalb des Knöchels ab, um die Blutung zu stoppen. Immer noch quillt Blut durch den Schuh. Angeschlagen greift er nervös nach einer der am Boden herumliegenden Tequila-Flaschen.

Ringend nach Sauerstoff, versucht er schnappatmend die Flasche mit seinen Zähnen zu öffnen. Kraftlos zornerfüllt schlägt er den Flaschenhals an der Sitzlehne des Co-Pilotensitzes ab. Letztendlich fallen einige Glassplitter zu Boden, welche sich am schmierig glatten blutgetränkten Cockpit-Boden verlieren. Hastig schüttet Henrik Tequila über seine schmerzende Wunde. Der unerträgliche Wundschmerz zwingt ihn zu einem lauten Aufschrei, unterdes er die zerbrochene Tequila-Flasche so fest in seiner Hand drückt, dass diese gänzlich zerbirst und er sich obendrein einen tiefen Schnitt an der linken Handfläche zufügt. Wiederum heult er vor Schmerz laut auf. Wimmernd schlägt er wie von Sinnen gegen die Steuerung, bis er entkräftet den Autopiloten ausschaltet. Verkrampft und schnaufend hält er die Steuerung fest.

Endlich, als die unkontrollierbaren Fallböen nachlassen, findet auch Paolo wieder Stand. Stöhnend nimmt er seine Position am Co-Pilotensitz ein. Enerviert kramt Henrik derweilen nach den Flugnavigationskarten in seiner Pilotentasche. Er greift nach einem kleinen schwarzen Buch, welches er Paolo reicht:

«Hier! Sag mir die Koordinaten an!

Lake Okeechobee ist schon zu sehen.

Nimm einen Schluck Tequila und reiß Dich zusammen!

Wir können uns jetzt keinen Fehler erlauben!»

Zerschlagen kommt Paolo der Aufforderung nach. Nachdem Henrik die Daten der Streckennavigation für den geheimen Treffpunkt der Frachtübergabe für den Instrumentenflug eingegeben hat, greift auch Paolo nach einer der am Boden liegenden Tequila-Flaschen. Unter mäßigem Gegrunze nimmt er einem kräftigen Schluck. Mit schmerzverzerrtem Blick reicht er die Flasche Henrik.

«Paolo, den Scheiß behalten wir für uns.

Wir sagen, es war ein Unfall, sonst nichts.

Mit den Jungs ist nicht zu spaßen. Verstanden?

Wir übergeben die Fracht und verschwinden.

Ich kenne einen Arzt in Arizona. Dort fliegen wir hin.

Entendido, …verstanden?», mahnt Henrik unter Versuch, Paolo auf das Bevorstehende einzustimmen.

«Okay, … Deal! Jedoch, nachdem uns der Doktor

zusammengeflickt hat, bringe ich Dich um!», äußert Paolo schmerzgeplagt unterdessen er vorsichtig seine geschwollene, mit dem Limerick Drilling gespickte Wange im Spiegel der Sonnenblende begutachtet.

Fassungslos entsetzt schnauft er geplagt mehrmals kurz durch.

Henrik schüttelt nur den Kopf. Direkt über Key Biscayne steuert er die Cessna in einem langen Linksbogen zum Treffpunkt nach Lake-Okeechobee. Fortwährend grunzt Henrik unter Schmerzen vor sich her. Aus der Luft ist der vereinbarte geheime Treffpunkt schon auszumachen. Mittlerweile hat Henrik das Boot am Übergabeort nächst dem Ufer am Lake-Okeechobee entdeckt. Nur noch einige Minuten, bis Henrik zur Landung am Lake-Okeechobee, dem größten Süßwassersee im Bundesstaat Florida, ansetzen kann. Er weiß, jetzt darf er sich keinen Fehler leisten, da es von Alligatoren in diesem Abschnitt nur so wimmelt. Kurzzeitig betäubt die innere Anspannung sogar seine Schmerzen.

«Gib mir nochmals den Tequila!», fordert Henrik Paolo angespannt auf, während er konzentriert in den Sinkflug geht.

Diese naturbelassene Region der tropischen Feuchtgebiete im südlichen Teil des US-Bundesstaates Florida bildet ein einzigartiges Ökosystem, welches nirgendwo sonst auf der Erde in dieser Form zu finden ist. Reichhaltig an Flora und Fauna, jedoch extrem gefährlich. Lake Okeechobee umfasst 730 Quadratmeilen und ist in die Countys Glades, Okeechobee, Martin, Palm Beach und Hendry aufgeteilt. Für einen See dieser Größe ist er recht flach. Seine durchschnittliche Tiefe beträgt maximal drei Meter. Aufgrund dessen und Verfügbarkeit seiner Größe ist er der geeignetste Lebensraum der größten Alligatoren und beheimatet daher die meisten seiner Art in der Region. Ein Ort, welcher viele Gefahren birgt. Unerfahrene und unkundige Besucher setzen sich in diesem mächtigen Naturparadies oftmals enormen Risiken aus.

Langsam taucht die betagte Cessna durch die Wolkendecke in den Sinkflug und wirft ihren Schatten über den See. Minuten darauf richtet Henrik die Maschine zu Wasserlandung auf den ruhig vor ihm liegenden Gewässer aus. Kurz darauf setzt das Wasserflugzeug auf. Die Wellen der schlanken Schwimmkufen treiben die Schar der Alligatoren auseinander. Einige flüchten aus dem Rudel ans lehmige Ufer, andere wiederum tauchen blitzschnell ab. Augenscheinlich vermindert sich sofort die Anzahl der gefräßigen Prädatoren. Doch der Schein trügt, …

Jadoo und Amar, zwei gebürtige Inder aus der Region Kerala, dem weitaus überbevölkerten indischen Bundesstaat im Südwesten des Landes, deren Hauptstadt Thiruvananthapuram ist, erwarten bereits die Cessna mit der heiklen Fracht. Beide sind um die dreißig nicht gerade besonders auffällige Erscheinungen, jedoch eilt ihnen ein Ruf von besonderer Brutalität voraus. Ihren Bossen gegenüber sind sie mehr als loyal. Amar steht am Bug des Holzschiffes. Mit langsamem, synchronem seitlichem Heben und Senken der Arme gibt er sich zu erkennen. Henrik drosselt den Motor der eben gelandeten Maschine und steuert langsam auf das Holzboot zu. Inzwischen hat auch Paolo die beiden Männer erblickt.

«Ich kenne diese Männer!

Die beiden haben einen besonderen Stellenwert!

Sie werden als Cleaner eingesetzt. Wieso schickt

die Organisation diese Männer zu uns Catcher?», fragt Paolo merklich verunsichert und blickt zu Henrik.

Henrik kann sich ebenso keinen Reim darauf machen, warum bezeichnete Cleaner der Organisation die heikle Fracht übernehmen. Ahnungslos zuckt er mit den Schultern:

«Keine Ahnung!

Lass es uns einfach hinter uns bringen und schnell verschwinden!»

Auch Henrik weiß nur zu gut, dass eine Überzahl der Mitglieder direkt aus Thiruvananthapuram rekrutiert werden. Der Staat mit seinen knapp 32 Millionen Einwohnern ist ein absolut unbeschreiblicher Schmelztiegel des organisierten Verbrechens. An allen Ecken herrscht Brutalität, Korruption und Verrat. Faire Chancen auf einen regulären Arbeitsplatz in dieser überbevölkerten Region stehen bei fast gleich null. Jeder kämpft ums nackte Überleben und jeder möchte vom anderen profitieren. Besonders die Mächtigen.

Für die mächtigen und korrupten Reichen ist die andauernde gegenwärtige Armut der Menschen ein mehr als gefundenes Fressen. Deren Situation wird perfide ausgenützt. Die Kontraste zwischen Arm und Reich sind mehr als eklatant. Neben der Prostitution und dem Drogenhandel ist eines der lukrativsten Geschäfte die unfreiwillige Organspende und Kindesentführung. Ein Menschleben ist nichts wert, … überhaupt nichts. Vorwiegend die politische Korruption nährt die verbrecherischen Organisationen. Besonders die Nachfrage des pädophilen Kreises ist auffällig groß. Für Nachschub und der Erfüllbarkeit von speziellen abnormen Wünschen dient eine Art Orderliste auf der Basis eines Kataloges im Darknet. Das Kundenpotenzial ist dermaßen groß, dass für deren Erhaltung in allen Ländern der Erde unter allen Variationen gesorgt wird. Kein noch so zu verachtender, barbarisch abscheulicher Wunsch dieser kranken Personen bleibt unerfüllt. Koste es, was es wolle, … Geld regiert eben auch das Verbrechen.

Die beiden kaltblütigen Inder Jadoo und Amar sind eiskalte, äußerst brutale Typen ohne jegliche Empathie. In der Organisation als wahre Sadisten gefürchtet, welche man keinesfalls herausfordern sollte. Doch der Schein trügt. Aufgrund ihrer künstlich überschwänglichen Freundlichkeit versuchen sie das Vertrauen ihrer Opfer zu erlangen, um sich deren Schwächen zunutze zu machen. Sie sind wahre Meister der Manipulation und gleichfalls bekannt dafür.

Henrik durchfährt ein flaues Gefühl, er denkt an seine verlorene Rolex. Seine Unsicherheit, vielleicht eine Spur durch den Verlust der teuren Uhr gelegt zu haben, lässt kurzfristig seine Schmerzen schwinden. Vom geplagten Gedanken, einen Fehler begangen zu haben, steuert er das Wasserflugzeug langsam an das Holzboot heran. Endlich geschafft. Als freundliche Geste hebt er lächelnd die Hand, um den beiden Indern aus dem Cockpit zu winken.

«Lass uns schnell machen, …damit wir hier schleunigst verschwinden können!», wirkt er eindringlich auf Paolo ein.