Sonette an Orpheus - Rainer Maria Rilke - E-Book

Sonette an Orpheus E-Book

Rainer Maria Rilke

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Beschreibung

Der Gedichtzyklus Sonette an Orpheus zählt zu den Höhepunkten im Werk Rilkes. Bestehend aus 55 Sonetten beruft sich der Dichter in poetologische Selbstreflexion auf den Ursänger Orpheus, gepaart mit dem Prinzip der ovidischen Verwandlungen finden sich Anschauungen zu Leben und Tod, Mensch und Natur, Mythologie einerseits und göttlichem Dasein anderseits.

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Seitenzahl: 27

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LUNATA

Sonette an Orpheus

Rainer Maria Rilke

Sonette an Orpheus

© 1923 by Rainer Maria Rilke

© Lunata Berlin 2020

Inhalt

Teil I

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

XXI.

XXII.

XXIII.

XXIV.

XXV.

XXVI.

Teil II

I.

II.

III.

IV.

V.

VI.

VII.

VIII.

IX.

X.

XI.

XII.

XIII.

XIV.

XV.

XVI.

XVII.

XVIII.

XIX.

XX.

XXI.

XXII.

XXIII.

XXIV.

XXV.

XXVI.

XXVII.

XXVIII.

XXIX.

Teil I

I.

Da stieg ein Baum. O reine Übersteigung!

O Orpheus singt! O hoher Baum im Ohr!

Und alles schwieg. Doch selbst in der Verschweigung

ging neuer Anfang, Wink und Wandlung vor.

Tiere aus Stille drangen aus dem klaren

gelösten Wald von Lager und Genist;

und da ergab sich, daß sie nicht aus List

und nicht aus Angst in sich so leise waren,

sondern aus Hören. Brüllen, Schrei, Geröhr

schien klein in ihren Herzen. Und wo eben

kaum eine Hütte war, dies zu empfangen,

ein Unterschlupf aus dunkelstem Verlangen

mit einem Zugang, dessen Pfosten beben, –

da schufst du ihnen Tempel im Gehör.

II.

Und fast ein Mädchen wars und ging hervor

aus diesem einigen Glück von Sang und Leier

und glänzte klar durch ihre Frühlingsschleier

und machte sich ein Bett in meinem Ohr.

Und schlief in mir. Und alles war ihr Schlaf.

Die Bäume, die ich je bewundert, diese

fühlbar Ferne, die gefühlte Wiese

und jedes Staunen, das mich selbst betraf.

Sie schlief die Welt. Singender Gott, wie hast

du sie vollendet, daß sie nicht begehrte,

erst wach zu sein? Sieh, sie erstand und schlief.

Wo ist ihr Tod? O wirst du dies Motiv

erfinden noch, eh sich dein Lied verzehrte? –

Wo sinkt sie hin aus mir? ... Ein Mädchen fast ...

III.

Ein Gott vermags. Wie aber, sag mir, soll

ein Mann ihm folgen durch die schmale Leier?

Sein Sinn ist Zwiespalt. An der Kreuzung zweier

Herzwege steht kein Tempel für Apoll.

Gesang, wie du ihn lehrst, ist nicht Begehr,

nicht Werbung um ein endlich noch Erreichtes ;

Gesang ist Dasein. Für den Gott ein Leichtes.

Wann aber sind wir? Und wann wendet er

an unser Sein die Erde und die Sterne?

Dies ists nicht, Jüngling, daß du liebst, wenn auch

die Stimme dann den Mund dir aufstößt, – lerne

vergessen, daß du aufsangst. Das verrinnt.

In Wahrheit singen, ist ein andrer Hauch.

Ein Hauch um nichts. Ein Wehn im Gott. Ein Wind.

IV.

O ihr Zärtlichen, tretet zuweilen

in den Atem, der euch nicht meint,

laßt ihn an eueren Wangen sich teilen,

hinter zittert er, wieder vereint.

O ihr Seligen o ihr Heilen,

die ihr der Anfang der Herzen scheint.

Bogen der Pfeile und Ziele von Pfeilen,

ewiger glänzt euer Lächeln verweint.

Fürchtet Euch nicht zu leiden, die Schwere,

gebt sie zurück an der Erde Gewicht;

schwer sind die Berge, schwer sind die Meere.

Selbst die als Kinder ihr pflanztet, die Bäume,

wurden zu schwer längst; ihr trügt sie nicht.

Aber die Lüfte... aber die Räume...

V.

Errichtet keinen Denkstein. Laßt die Rose

nur jedes Jahr zu seinen Gunsten blühn.

Denn Orpheus ists. Seine Metamorphose

in dem und dem. Wir sollen uns nicht mühn