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Frank, ein Allgemeinmediziner mit einem geordneten, aber unspektakulären Leben, wird von einem alten Schulfreund, George, in eine abgelegene Waldgegend gerufen. Angeblich geht es um eine Million Dollar und eine Geschichte, die George nur persönlich erzählen kann. Was zunächst wie ein skurriles Treffen unter alten Bekannten wirkt, entwickelt sich schnell zu einem albtraumhaften Horrortrip. George präsentiert Frank eine mysteriöse Wunderlampe, die angeblich magische Kräfte besitzt und Reichtum und Glück bringt – allerdings zu einem unvorstellbaren Preis. Mit jeder Minute, die Frank in Georges heruntergekommenem Trailer verbringt, wachsen Spannung und Unheimlichkeit. Frank erkennt, dass er in eine Welt geraten ist, in der die Regeln der Realität nicht mehr gelten
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Inhaltsverzeichnis
Impressum
Wir können fliegen
Ein langgezogenes „Bing“, das eher wie ein tiefes, vibrierendes „Biiing“ klang, hallte durch die Kabine, während das Zeichen für die Sicherheitsgurte gleichzeitig erlosch. Ein paar Passagiere hatten das Signal nicht abwarten können und standen bereits in den engen Gängen, griffen nach den grauen Klappen der oberen Fächer, um ihr Handgepäck zu holen. Andere folgten zögernd und richteten sich aus ihren Sitzen auf, die Hände an den Armlehnen, noch leicht benommen von der langen Reise und dem dumpfen Dröhnen der Triebwerke, das ununterbrochen durch den Rumpf vibrierte.
Das helle, beinahe blendende Licht erfüllte die Kabine mit einer sterilen Kälte und legte sich wie ein frostiger Schleier über den Innenraum der American-Airways-Maschine. Die weiche Dämmerung und das gedämpfte Licht, das sie während des Fluges noch in eine gemütliche Wolkenwelt versetzt hatte, war schlagartig verschwunden. Stattdessen wirkte alles hier plötzlich nüchtern, beinahe klinisch – der Geruch von Kunststoff verstärkte noch den Eindruck einer sterilen Umgebung, die jede Spur von Wärme verbannt hatte.
Frank Langsins, immer noch in seinen Sitz gedrückt, blinzelte und sah sich um, bevor er seinen Blick nach draußen lenkte. Durch das kleine, ovale Fenster konnte er auf das weitläufige Rollfeld blicken, wo das Treiben nie ganz zur Ruhe kam. Dicht an dicht reihten sich die riesigen Körper anderer Flugzeuge auf, deren metallene Rümpfe das Flutlicht der Rollbahnen reflektierten und hin und wieder in glänzenden Lichtpunkten aufblitzten. Vor dem grell erleuchteten Terminal 4, für Abflüge bestimmt und nicht für Ankünfte, rollten unermüdlich kleine Fahrzeuge – Gepäckwagen, Flugzeugschlepper und Kerosintankwagen – in einer perfekt orchestrierten Hektik über das Feld.
Ein feiner Nieselregen hatte sich über das Rollfeld gelegt, kaum sichtbar, doch unter dem Licht der Scheinwerfer zeigte sich das sanfte Schimmern der winzigen Tropfen, die die Asphaltflächen überzogen. Hier draußen pulsierte ein unaufhörlicher Rhythmus, das ewige Summen und Brummen von Motoren, unterbrochen vom gelegentlichen Aufheulen der Triebwerke eines startbereiten Flugzeugs. Frank konnte beobachten, wie eine Maschine in einiger Entfernung gerade zur Startbahn rollte. Ihre Lichter in Rot und Blau blinkten in gleichmäßigen Abständen und hinterließen ein hypnotisierendes Muster in der Dämmerung der Nacht. Der feuchte Asphalt schimmerte in der Abendbeleuchtung und verlieh dem Flughafen eine fast surreale, glitzernde Erscheinung.
Während Frank aus dem Fenster starrte, bemerkte er, wie seltsam ruhig die Ankunftsseite im Vergleich zur Abflugseite wirkte, als wäre sie ein verborgener, geheimer Teil dieses lebendigen Organismus, den der Flughafen bildete. Er fühlte sich wie ein Beobachter in einem fremden Land, das in ständiger Bewegung und Veränderung war, während er selbst, im Sitz festgeschnallt, zum Stillstand verdammt schien. Was hatte ihre Maschine dazu bewogen, hier zu landen, an einem Ort, der eigentlich für den Aufbruch gedacht war? Eine Entscheidung, die irgendwo in den komplizierten Routenplänen und Vorschriften dieses unermüdlich arbeitenden Flughafens getroffen worden war – vielleicht von jemandem, der nicht mehr als einen Knopf drücken musste, um das Schicksal hunderter Menschen zu lenken.
Langsam begannen die Passagiere, seine Sitzreihe zu passieren, wie eine endlose Ameisenkolonie, die geordnet durch ihren Bau kriecht. Nach und nach leerte sich die Maschine, das leise Murmeln der Reisenden verschmolz mit dem schwachen Brummen der Klimaanlage, das wie ein sanfter, unaufhörlicher Windhauch in der Kabine lag. Frank stand auf, als sich eine Lücke bot, und nickte einem älteren, blassen Mann freundlich zu, der ihm müde Platz machte. Er griff nach seiner abgenutzten Nikesporttasche aus dem Gepäckfach und spürte das vertraute Gewicht in seiner Hand. Es war alles, was er für diese Reise brauchte. Nur eine Nacht würde er in New York bleiben, eine einzige Nacht in dieser Stadt, die um mehr als 12 Grad kälter war als das sonnendurchflutete Texas, das er Heimat nannte.
Der Temperaturunterschied fühlte sich eigenartig bedeutsam an. New York – kühl, frisch, in Bewegung, als wollte die Stadt ihm etwas sagen. Texas hingegen, seine Heimat, war ihm in letzter Zeit zunehmend fremd geworden, erstarrt in einer lähmenden, unnatürlichen Stille. Früher war seine Praxis voller Leben gewesen. Die Anrufe begannen früh am Morgen, und oft endete sein Tag erst spätabends. Seine Patienten brachten Geschichten, Neuigkeiten und Probleme, die seine kleinen, mit Postern und Pflanzen geschmückten Praxisräume mit Leben erfüllten. Doch das war bevor… bevor diese seltsame, lautlose Leere hereingebrochen war.
Er konnte sich noch genau erinnern, wie es anfing. Zuerst waren es nur weniger Patienten als üblich, ein paar Absagen, denen er nicht weiter Beachtung schenkte. „Ein Zufall“, dachte er. Vielleicht eine Grippewelle, vielleicht ein paar sonnige Tage, die die Menschen lieber draußen verbrachten. Doch bald darauf blieben sie ganz aus. Der Montagmorgen kam – ein Tag, an dem das Wartezimmer normalerweise von wartenden Menschen gefüllt war, die geduldig mit Zeitschriften in der Hand auf ihren Termin warteten. Stattdessen stand er allein da, den Geräuschen des alten Deckenventilators lauschend, dessen leises Surren ihm plötzlich wie trostloses Flüstern vorkam.
Mit jedem Tag, der verging, wuchs das unbehagliche Gefühl in ihm. Er begann, nervös zum Fenster hinauszuschauen, hoffend, dass ein Auto in die kleine Parkbucht vor seiner Praxis einbiegen würde. Doch die Straße blieb leer. Irgendwann, vielleicht aus einer Mischung aus Unruhe und Verzweiflung, fing er an, die Tür der Praxis ein wenig weiter offen zu lassen, als könnte das den Fluss der Menschen zurückbringen. Doch nur der Wind trat ein, trug den Duft von heißen Straßen und trockener Erde herein, und ließ die leeren Stühle im Wartezimmer unberührt. Der Anblick wurde für ihn zur Qual – die Stille, die Uhr an der Wand, die ungenutzten Instrumente, die in kaltem Metall glänzten, als würden sie ihn selbst daran erinnern, wie unnütz er geworden war.
Schließlich hatte er sogar die Empfangsdame entlassen müssen. Mary war über zehn Jahre bei ihm gewesen, fast schon ein fester Bestandteil der Praxis. Die Tränen in ihren Augen, als sie sich verabschiedete, schmerzten ihn mehr als er sich selbst eingestehen wollte. „Es wird bestimmt wieder besser“, hatte sie gesagt und ihm zum Abschied die Hand gedrückt, als wolle sie ihm den Glauben an die Zukunft zurückgeben, den er selbst kaum noch spürte.
Und dann war es Frank selbst, der zu telefonieren begann. In seiner wachsenden Verzweiflung wählte er die Nummern seiner Kollegen, Ärzte, die in den umliegenden Praxen arbeiteten, und fragte sie zögerlich, ob bei ihnen alles normal liefe. Doch die Antworten waren immer gleich – kurze Pausen am anderen Ende der Leitung, gefolgt von leisen, besorgten Stimmen, die seine eigene Unruhe widerspiegelten. Niemand war krank, niemand brauchte einen Arzt. Es war, als hätte ein unsichtbarer Mantel des Wohlbefindens sich über die gesamte Stadt gelegt, als wäre Krankheit an diesem Ort plötzlich nicht mehr existent.
Jeder dieser Anrufe verstärkte in ihm das Gefühl, dass etwas Grundlegendes aus den Fugen geraten war. Ein bizarrer Gedanke, der ihm mit jedem leeren Tag realer erschien und ihn in eine seltsame Mischung aus Beklommenheit und Ohnmacht versetzte.
Nun lebte er von seinen Ersparnissen, griff nach und nach auf das zurück, was er für die Rente hatte beiseitelegen wollen. Das Geld würde vielleicht noch acht bis zwölf Monate reichen, doch er spürte die unerbittliche Leere, die ihm entgegenblickte – eine Zukunft, die immer näher rückte, wie der leere Grund eines ausgetrockneten Pools unter der heißen texanischen Sonne.
In seiner Verzweiflung wandte er sich an die American Medical Association (AMA). Vielleicht würde jemand dort auf sein Anliegen reagieren und hätte eine Erklärung. Er hatte eine E-Mail geschrieben, in der er seine Situation schilderte und fragte, ob andere Ärzte Ähnliches erlebten. Doch bisher war keine Antwort gekommen. Stattdessen war es vorgestern Abend ein anderer Anruf, der seine Ruhe störte.
Das Telefon hatte geklingelt, gerade als er dabei war, seine Gedanken zu ordnen und den Bildschirm auszuschalten. Müde griff er zum Hörer, und eine Stimme aus der Vergangenheit begrüßte ihn unvermittelt.
„Hallo, hier ist George Milgan.“
Frank blinzelte, überrascht von der Stimme, die aus einer längst vergangenen Erinnerung zu kommen schien. George Milgan… Zunächst wollte er fragen, wer da sprach, doch das Bild tauchte langsam in seinem Gedächtnis auf. George – der pummelige, stille Junge aus der Schule, der immer am Rand stand, ein Außenseiter, den die anderen mieden. Heute würde man sagen, er sei gemobbt worden. George, der in der Highschool keine Freunde hatte, der einsam und schweigend durch die Flure schlich, ein eigenartiger Geruch umgab ihn immer, als hätte er sich seit Tagen nicht gewaschen. Franks Lippen verzogen sich zu einem unwillkürlichen Lächeln, eine Mischung aus Nostalgie und Mitleid – aber auch einem leichten Unbehagen. Warum rief dieser George Milgan, nach all den Jahren, auf seinem privaten Handy an?
„George? Das ist ja eine… Überraschung“, sagte Frank zögernd und merkte, wie die Worte ihm seltsam schwer über die Lippen kamen.
„Was kann ich für dich tun?“
„Ich brauche deine Hilfe. Du musst zu mir kommen.“ Georges Stimme klang flach, ohne die vertraute Wärme, die man sonst von einem alten Freund hätte erwarten können. Da war eine Dringlichkeit, ein Hauch von… Panik? Frank konnte es nicht genau benennen, doch etwas in der Tonlage jagte ihm eisige Kälte den Rücken hinab.
„Was ist los?“ fragte Frank, bemüht, seine wachsende Unruhe zu verbergen. Sein Kopf durchlief blitzartig mögliche Diagnosen, irgendetwas, das die Dringlichkeit erklären könnte. Ein Herzinfarkt? Ein Schlaganfall?
Doch Georges Antwort kam leise, in einem Ton, der beinahe zu einem Flüstern wurde, als ob er fürchtete, jemand könnte zuhören.
„Ich habe hier einen Koffer mit etwas mehr als einer Million Dollar. Den würde ich dir überlassen.“
Stille. Frank saß stocksteif an seinem Schreibtisch, die Hand am Telefon, und wartete auf ein Lachen, auf irgendein Zeichen, dass dies ein Witz sein könnte. Doch nichts. Nur die Stille am anderen Ende – schwer und unheimlich, eine unsichtbare Präsenz, die sich zwischen ihnen ausbreitete.
„Bist du noch dran, Frank?“ Georges Stimme war kaum mehr als ein Murmeln, leise und gedämpft, wie aus einem Raum, der tief unter der Erde lag.
„Ja…“, brachte Frank schließlich heraus, seine Stimme ein Hauch. „Wiederhole das bitte noch einmal.“
Georges Antwort kam ohne Zögern, fast mechanisch, und diesmal schien jeder einzelne Wort kalt und schwer zu fallen.
„Ich habe hier einen Koffer voller Hundert-Dollar-Noten. Insgesamt mehr als eine Million Dollar.“
Franks Gedanken wirbelten durcheinander, in einem Sturm, der alte Fragen und neue Zweifel zugleich aufwirbelte. Was machte George beruflich, dass er mit einer Million Dollar zu Hause saß? Wie kam er überhaupt zu so viel Geld? Und noch beunruhigender – woher hatte George seine Handynummer? Trotz seiner Trennung hatte Frank den Nachnamen Exfrau behalten. War George so krank, dass er unbedingt einen Allgemeinmediziner wie ihn brauchte? Einen Arzt, der Routineuntersuchungen machte, der „Sag mal A“ sagte und vielleicht einmal kurz den Puls fühlte?
„George, was ist denn los?“ fragte Frank schließlich, die Stimme zwischen Sorge und Unglauben schwankend.
„Das kann ich dir nicht am Telefon sagen. Bitte. Es ist sehr wichtig. Sonst hätte ich mir nicht die Mühe gemacht, deine Nummer herauszufinden. Aber du musst schleunigst herkommen. Es ist wichtig. Es ist… lebenswichtig. Und wenn du irgendetwas wiedergutmachen willst, Frank – irgendetwas von dem, was du mir damals angetan hast – dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt.“
Das Wort „wiedergutmachen“ drang in Franks Bewusstsein wie ein schmerzhafter Stachel. Unwillkürlich dachte er an die Zeiten in der Schule zurück, als er den kleinen, pummeligen George verspottet hatte. George war immer ein Außenseiter gewesen – schwerfällig, mit etwas zu kurzem Haar, in unförmiger Kleidung, die nie wirklich zu ihm zu passen schien. Seine Haut glänzte oft, als ob er sie nicht richtig pflegte, und ein unverkennbarer, leicht muffiger Geruch schwebte um ihn, als hätte er sich nicht regelmäßig gewaschen. Er war ein leichtes Ziel.
In den Pausen bildeten sich die üblichen Grüppchen. Die Sportlichen, die beliebten Mädchen, die Schachspieler. Und dann war da George, der immer allein herumlief, aufrecht, doch mit einem Blick, der von unsichtbaren Wänden gezeichnet schien. Damals, in der siebten Klasse, hatte Frank angefangen, Witze über George zu machen, nur halb im Spaß, halb aus Langeweile. Er konnte die Worte noch hören, das Lachen der anderen. „Hey, George, das Sandwich wird morgen wohl auch noch für dich da sein! Nicht alles auf einmal, okay?“ Oder: „Du machst doch die Luft im Klassenzimmer kaputt, mit deinem Gestank!“
Und es hörte nicht auf. Es wurde schlimmer. Eines Tages hatte Frank sogar dafür gesorgt, dass George beim Sportunterricht vor der gesamten Klasse stolperte, nur weil er ihm ein Bein gestellt hatte. Das war der Höhepunkt gewesen – das Bild, wie George, beschämt und mit Tränen in den Augen, vom Boden aufblickte, verfolgt Frank bis heute. Und nun stand der erwachsene George, am anderen Ende der Leitung, und forderte eine Art Wiedergutmachung ein.
Eine Million Dollar? Das war der Gedanke, der ihn am meisten beschäftigte. Diese Summe könnte ihn über Wasser halten, ihn über die kommenden Jahre retten, in denen seine Praxis zunehmend verwaist war.
„Angenommen, ich komme. Wohin müsste ich fahren? Und warum, zum Teufel, bietest du mir eine Million Dollar?“
„New York“, antwortete George sofort, fast zu schnell. „Ich weiß, das ist eine weite Strecke. Aber bitte… glaub mir. Es ist lebenswichtig. Ich gebe dir die Million – du musst mir nur zuhören, nur hören, was ich dir zu sagen habe. Danach entscheidest du, was du tun willst. Die Million ist dein Lohn. Aber bitte… bitte komm her.“ Georges Stimme klang flehentlich, fast gebrochen, als ob das Gewicht seiner Worte ihn erdrückte.
Die Verzweiflung in Georges Stimme – und die Aussicht auf diese Million Dollar – ließ Frank schließlich zustimmen. George beschrieb ihm den Weg zu seinem abgelegenen Wohnort, weit außerhalb von New York City. Eine Strecke, die Frank noch nie gefahren war.
Und nun stand er hier, mit seiner Sporttasche – seinem einzigen Reisegepäck – auf dem Boden von New York, in einer American Airways-Maschine, die gerade erst gelandet war.
Er reihte sich in die Ameisenkolonne der Passagiere ein, ging den schmalen Gang entlang, verabschiedete sich mit einem Lächeln von der freundlichen Stewardess und trat schließlich hinaus auf die Passagierbrücke. Die kühle Luft, durchsetzt mit dem scharfen Geruch von Kerosin und Metall, strich ihm entgegen, als er diese entlang in die Ankunftshalle ging.
Die Ankunftshalle des JFK-Flughafens war überraschend leer für diese Tageszeit – gerade einmal sieben Uhr am frühen Abend. Die sonst übliche Hektik und die Massen an Reisenden fehlten, und eine merkwürdige, fast unheimliche Ruhe lag über dem Raum. Vereinzelte Passagiere huschten mit müden Schritten durch die Halle, ihre Schritte hallten in der Stille wider, während die kühlen Deckenlichter lange Schatten auf den glänzenden Boden warfen. Eine seltsame Atmosphäre lag in der Luft, etwas, das Frank nicht wirklich einordnen konnte.
Er blieb einen Moment stehen, ließ den Blick schweifen und versuchte zu erfassen, was an diesem Ort so ungewöhnlich war. Alles schien normal – die Leuchtanzeigen an den Wänden, die uniformierten Mitarbeiter hinter den Schaltern, die wenigen Menschen, die verstreut durch die Halle gingen oder an ihr Gepäck von den Transportbändern zerrten. Und doch… irgendetwas stimmte nicht. Es war, als wäre der Raum von einer unsichtbaren Energie erfüllt, etwas, das ihm unbewusst die Nackenhaare aufstellte.
Frank runzelte die Stirn, das Gefühl des Unbehagens ließ ihn nicht los. Er ging ein paar Schritte weiter, seine Schritte klangen fast gespenstisch in der Stille, und bemerkte die auffällig leeren Sitzreihen. Normalerweise war der Flughafen zu dieser Tageszeit voller Leben und Bewegung, doch jetzt wirkte alles wie in einer seltsamen Starre eingefroren. Die Stille war nicht einfach die Abwesenheit von Menschen; sie schien fast greifbar, eine unsichtbare Kraft, die im Raum schwebte.
Er atmete tief durch und versuchte, das unangenehme Gefühl abzuschütteln, bevor er sich schließlich in Richtung der Autovermietung bewegte, den Blick weiterhin wachsam, als könnte er das Rätsel in der Luft greifen.
Auch als Frank sich in Richtung der Ausweiskontrolle bewegte, schien etwas in der Luft zu liegen, etwas Unbestimmtes, das er nicht wirklich benennen konnte. Es war kein offensichtliches Detail, eher ein Gefühl – als wäre der Flughafen in eine seltsame, beinahe unnatürliche Ruhe gehüllt, die das übliche geschäftige Treiben zu ersticken schien. Die sonst so hektische Atmosphäre des Terminals war gedämpft, wie in einem Standbild, und die Bewegungen der wenigen Menschen, die sich durch die Hallen schlängelten, wirkten langsamer, leiser, fast geisterhaft.
Es waren erstaunlich wenige Menschen unterwegs für diese Uhrzeit, und an den Schaltern, die sonst von langen Schlangen wartender Reisender bevölkert waren, standen hier und da nur vereinzelt Passagiere, die schnell und ohne großen Aufwand bedient wurden. Nur ein oder zwei Schalter waren besetzt – eine Seltenheit in einem Flughafen dieser Größe – und die Sicherheitsbeamten schienen ebenfalls kaum präsent zu sein. Nur einer stand am Rande der Kontrolle, die Hände locker verschränkt, den Blick irgendwo ins Leere gerichtet. Es war, als ob der gesamte Kontrollbereich in eine seltsame Trägheit gefallen wäre, als ob die strenge Routine der Sicherheitsmaßnahmen hier nur eine lästige Formalität war, die man möglichst schnell und mechanisch abwickeln wollte.
Schließlich erreichte Frank die Ausweiskontrolle. Da er nur einen Inlandsflug genommen hatte, genügte es, seinen Lichtbildausweis vorzuzeigen, und schon war er offiziell im Staate der Yankees angekommen. Der Beamte hinter dem Schalter wirkte desinteressiert, fast abwesend, als er einen flüchtigen Blick auf das Foto warf und ihm nur kurz zunickte, bevor er ihn durchwinkte. Die sonst so gründlichen Kontrollen wirkten hier beiläufig und hastig, als ob sich niemand wirklich um die Details kümmerte.
Die Prozedur verlief so zügig, dass Frank fast das Gefühl bekam, er wäre gar nicht richtig registriert worden – als ob sein Einreisen nur eine Formalie war, die niemanden wirklich interessierte. Die üblichen Reihen von Wartenden fehlten, und die leeren Schalter strahlten eine eigenartige Kälte und Unpersönlichkeit aus. Sogar das monotone Piepen des Scanners wirkte in dieser unheimlichen Stille gedämpfter, weniger präsent. Normalerweise empfand Frank Flughäfen als hektisch und unpersönlich, doch hier schien etwas grundlegend anders zu sein. Es war, als würde die Abwesenheit der üblichen Sicherheitsvorkehrungen und die nahezu menschenleeren Kontrollstellen eine unsichtbare Anspannung erzeugen – eine Art unausgesprochenes Einverständnis zwischen allen Anwesenden, dass heute ein ungewöhnlich ruhiger Tag war.
Mit einem kleinen Kopfnicken verabschiedete Frank sich vom Beamten und machte sich auf den Weg zur Autovermietung. Die verschiedenen beleuchteten Reklametafeln der Autovermieter tauchten den Bereich in ein Spiel aus Farben – mal ein tiefes Blau, dann ein warmes Gelb oder grelles Rot, die in unterschiedlichen Helligkeiten aufblitzten wie kleine, pulsierende Leuchtfeuer. Die Lichter bildeten einen Kontrast zur gedämpften Atmosphäre der Halle, doch statt der gewohnten geschäftigen Betriebsamkeit herrschte hier eine merkwürdige Stille, die ihm ein leichtes Frösteln über den Rücken jagte.