Sonntags nie! - Dagmar Löbert - E-Book

Sonntags nie! E-Book

Dagmar Löbert

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Beschreibung

Geschichten haben ihren eigenen Reiz. Sie sind dazu da, erzählt zu werden. Jeder hat so seine Geschichten, die ihn zu dem gemacht haben, was er ist. Man sollte sie nicht für sich behalten, sondern weitererzählen. So wird Dagmar Löbert gedacht haben, als sie die Idee hatte, aufzuschreiben, was sie bewegt und was sie für mitteilenswert hält. Dabei fand sie heraus, dass es zweierlei Arten zu leben gibt: Entweder so, als sei nichts ein Wunder.Oder so, als sei alles ein Wunder. Bei einem Wunder erwarten wir meistens etwas Großartiges, aber wie verhält es sich mit den kleinen Wundern, die uns immer wieder begegnen und erstaunen? Wie oft fallen die unter den Tisch. Sie zu erkennen und zu ihrem wahren Kern vorzustoßen, das ist die Kunst, die uns bereichert. Finden wir es heraus! Wenn es der Autorin gelingt, die Leserinnen und Leser mit ihren Geschichten zu begeistern, dann hat sich ihre Intention erfüllt.

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Zu diesem Buch

Um uns herum Geschichten, die sich oftmals mit den unsrigen überschneiden, mit denen wir uns verbunden fühlen oder davon abgestoßen sind. Manche stimmen nachdenklich und beschäftigen uns noch lange. Dann sind wir Teil dieser Geschichten. Wer mit Geschichten lebt, ist nicht allein.

Geschichten gehören weitererzählt und aufgeschrieben, um nicht vergessen zu werden – die guten und die bösen. Sich wiedererkennen in Geschichten zu unserer aller Unterhaltung und Vergnügen … nichts lieber als das.

INHALT

Dankesbrief einer Malerin

Wunschbrief

Von der Malerei und Schreiberei

Die Verlegerin

More is beautiful

Petition

Landminen

Tageszeitung

Genesungswünsche

Teestunde

Mahnmal

Kunst der Mäßigung

Illusion

Ehrenamt

Drogeriemarkt

Besessen

Auftragskunst

Faible für Mode

Smartphone

Späte Planung

Planlos

Verwaltung 2019

Meditationen

Treffpunkt Bürgerpark

Vernissage

Bildverkauf

Lesung

Blühstreifen

Kriegsspielzeug

Vögel

Der Überflieger

Ein Wintertag

Der Hut

Warnung im Vogelparadies

Im Moor

Erbsenbock

Kleine Aue

Schlachtfest

Schiller

Am Felsensprung

Dauergast

Die Zelluloid-Puppe

Beste Freundin

Mutprobe

Im Krankenhaus

»Bravo«

Kaffee-Werbung

Explosion

AFN

Scherben

Mini

Kindermund

Bunter Teller

Der Lindenbaum

Fahrradklau

Dachboden

Partnerlook

Luci

Skurril

Erziehung

Hausbrand

Atlantikküste

Die Pädagogin

Schlafplatz

Magie

Lieblingsteller

Frauenrollen

Matissig

Schaukelstühle

Wandbild

Fremdgehen

Auf der Insel

Schildkröten

Nepumuk

Der Exot

Gelbe Krokusse

Mal »Danke« sagen

Romantik

Der Flirt

Der Karikaturist

Der Kandidat

Der Komiker

Die Stadtführerin

Der Pianist

Opernabo

In memoriam

Orkan

Die Stimme war’s

Kontraste

Wohnen im Denkmal

Klima-Camp

Spenden

Von Eichhörnchen lernen

Netzwerk

Ausschweifung

Abriss

Was bleibt

Seuche

Große Pest in Ostpreußen

Corona 2020/21

Ignoranten

Ansteckung

Mund-Nasen-Schutz

Abstand halten

Ecuador

An die Redaktion

Zum Schmunzeln

Im Altenheim

Stillstand

Shutdown

Weisheiten

Click & Collect

Auswandern

Zweite Impfung

Mobiles Impfen

Die Kinderärztin

Möbelmesse

Klasse 1b

Ein bisschen Freiheit

Händeschütteln

Animation

Der Journalist

Flutkatastrophe

Amtsübergabe

Berührung

Wie geht’s?

Andere Werte

Nachholbedarf

»Beim Italiener«

Dachbegrünung

Bürgerinitative

Erstes Plädoyer für den Erhalt der Platanen

Zweites Plädoyer für den Erhalt der Platanen

Mein Freund der Baum

Meine Gärten

Der Duft der Rose

Pensioniert

Jahreswechsel 2020/21

Empörung

Sein und Schein

Goldhaar

Kunst im Vorgarten

Hausgemeinschaft

Boutique

Der Modeschöpfer

Silvester

Hosen verboten

Gendern in der Diskussion

Der Schauspieler

Jedermann

Geplant und nicht gebaut

Mehr Poesie

Überfall

Der Wiener

Lachen und Weinen

Unser Planet

Kampagne

Wilde Schweinerei

Ansichtssache

MeToo

Dankesbrief einer Malerin

Das Publikum strömt herein und besetzt freudig die Stuhlreihen. Angespannte Ruhe. Der Pianist durchschreitet den Raum, nimmt Platz vor dem Flügel, sammelt sich kurz und beginnt mit dem Spiel.

Meistens sind es die Werke berühmter Klassiker.

So ungefähr, lieber Freund, könnte der Konzertabend verlaufen. Auf diese Art hast Du ihn als Musiker schon unzählige Male erlebt. Und ich mit Dir auch schon öfters. Mit diesem Eindruck möchte ich Dir danken für alles, was von Dir und der Musik zu mir gefunden hat. Hat es doch meinen Weg zu den Künsten vervollständigt zu Deiner und meiner Freude und andächtigen Erbauung.

Wunschbrief

Ihr wisst, dass ich ein Faible für Behausungen habe, gleich welcher Art. Nun habe ich dieses Buch »Hotels zum Verlieben« gefunden, besser: entdeckt! Dieses Versinken in 400 Seiten über die besondere Architektur von außergewöhnlichen Häusern und ihrer Gastgeber wäre exakt das, was ich mir für die nächsten Jahre wünsche, für Stunden der Muße und Erholung, des Sammelns und In-sich-Kehrens.

Diese einzigartigen Häuser. Oftmals auferstanden aus Verfall und Morbidität, liebevoll hergerichtet von besonderen Menschen und in Sehnsuchtsorte verwandelt für Besucher, die sich mit Entzücken immer wieder und wieder in sie hineinversetzen können. Zu denen zähle ich auch mich! Ich bin da ein bisschen süchtig!

Findet Ihr es komisch, wenn ich Euch jetzt schon meinen Geburtstagswunsch verrate? Ist ja noch etwas hin bis zu meinem Geburtstag. Der ganze August liegt noch dazwischen. Einen Monat mit Vorfreude auf ein besonderes Geschenk zu warten, ist im Moment das Größte für mich.

Von der Malerei und Schreiberei

Frage: Ach, Sie haben ihr Atelier aufgegeben?

Antwort: Ja, bereits vor 14 Jahren.

Frage: Warum denn das?

Anwort: Ich hatte mein großes Haus verkauft. Bin umgezogen in eine kleinere Stadtwohnung. Ein Atelier konnte ich mir nicht mehr leisten.

Frage: Es muss Ihnen schwer gefallen sein, die Malerei aufzugeben und sich von dem alten Jugendstilhaus zu trennen, oder?

Antwort: Gar nicht, denn schon einige Jahre davor bin ich von der Malerei zur Schriftstellerei gewechselt. Habe mich – inspiriert durch mein Haus – mit der Architektur beschäftigt und letztlich die Biografie seines berühmten Baumeisters verfasst und publiziert.

Frage: Waren sie als Bildende Künstlerin denn dazu in der Lage?

Antwort: Klar, Kunstgeschichte mit all ihren Facetten stellt den theoretischen Part des Studiums dar und deckt alle Künste ab. Die Architektur gilt als die Mutter der Künste. Außerdem lebte ich 25 Jahre in dem Altbau aus dem Jahre 1907, der alle Kriterien der Reformarchitektur des im selben Jahr gegründeten Werkbundes in sich vereinigte. Da wußte ich sehr genau, worüber ich schreibe. Die Villa wurde mir im Unterhalt zu teuer. Sie zu verkaufen, war eine Entscheidung der Vernunft, nicht des Herzens.

Frage: Fühlen sie sich immer noch als Künstlerin, obwohl sie jetzt schriftstellerisch tätig sind?

Antwort: Dazu habe ich eine klare Meinung: Einmal Künstlerin, immer Künstlerin. Man bleibt es ein Leben lang. Es ist die Sicht, das Sehen, das einen als Künstlerin ausmacht, nicht unbedingt die Produktion. Technik ist erlernbar. Aus der Sicht der Dinge entspringt die Idee. Bei mir hat sich lediglich das Medium verändert. Der Wechsel von der Malerei in die Schreiberei ist nur der Wechsel des künstlerischen Ausdrucks.

Frage: Wie vollzog sich der Wechsel von der einen in die andere künstlerische Sparte?

Antwort: Nach 20 Jahren intensiver Kunstproduktion auf großen Leinwänden, Reisen und Ausstellungen im In-und Ausland, anregendem Austausch auf internationaler Ebene, vollzog sich der Wechsel von der Staffelei an den Schreibtisch wie von selbst. Die Malerei nahm allmählich ab, war ausgereizt, und die Lust, Entdeckungen in Worte zu fassen, entfachte eine neue Leidenschaft; diese ist wandelbar, wie wir es aus anderen Bereichen kennen.

Ich fand mich wieder in Archiven und Bibliotheken, hatte Freude an der Forschung und Schreiberei und brannte plötzlich für einen berühmten Reformer, den Baumeister meines Hauses. So entstand eine lebendige Biografie, die mit ihrem Einzug in die Hörsäle zu akademischer Würdigung gelangte und erfreulicherweise unter angehenden Architekten guten Anklang fand. So ging das los mit der Schreiberei. Weitere Bücher, Essays, Aufsätze und Geschichten folgten bis zum heutigen Tag.

Frage: Und wenn Sie heute nach all den Jahrzehnten nach Ihrem Beruf gefragt werden? Was antworten Sie dann?

Antwort: Was wohl? Bestimmt nicht Pensionärin oder Seniorin. Obwohl das ja auch stimmt. Ich bin das geworden, was ich ein Leben lang neben meiner Rolle als Mutter, Partnerin und Familienfrau verkörpere und auch gerne bin: Künstlerin, Buchautorin und Denkmalschützerin. That’s it.

Frage: Wie wird man, wer man ist?

Antwort: Indem man versucht, sich selbst kontinuierlich aufzubauen; das scheinbar Belanglose aus dem Alltag mit den existentiellen Lebensfragen, die partout nicht immer einfach sind, zu verknüpfen. Oder nach Wilhelm von Humboldt, der treffend sagt: »Bilde Dich selbst und dann wirke auf andere durch das, was Du bist.« Immer wieder Freude zu haben, sich selbst auszuprobieren und sich der Lebenskunst zu verschreiben mit all ihren Facetten, die zu leben es sich lohnt. Denn »in der Zuversicht des neuen Morgens liegt die Kraft«. Still just writing.

Die Verlegerin

Sie hat nun Schluss gemacht in einer Branche, in der die Männer das Sagen haben. Was war der Grund für ihr frühes Ausscheiden? »Seit fast 25 Jahre arbeite ich für den Verlag«, resümmiert sie, »ich bin nun ganz oben und werde dieses Jahr 50. Das vergangene Jahr hat mich nachdenken lassen, was das Leben für mich noch so zu bieten hat. Es gibt so viele Schubladen, da muss man aufpassen, dass man sich da nicht hineinstecken lässt. Ich möchte nicht irgendwo reingedrückt werden«.

Nicht ein Leben lang dasselbe machen. Noch mal etwas Neues, Erfrischendes erleben. Warum nicht noch etwas ganz anderes machen, sich ausprobieren? Wollte sie nicht schon immer mal schreiben, so wie ihre Autoren, die sie verlegerisch betreut hat?

Dann ist da noch ihr Mann. Zeit haben für gemeinsames Kraxeln in den Bergen und Schwimmen im Meer. Loslassen muss man wollen und können.

Einmal, erzählt sie, habe sie einem Kollegen zu einem Portrait gratuliert, das über ihn verfasst wurde. Der Kollege habe ihr dann bei einer anderen Gelegenheit erzählt, wie der Artikel das Bild von seinem Lebenswerk als Manager zerstört habe. Das habe sie schockiert.

More is beautiful

Ich liebe sie, die Leute, die immer ein bisschen mehr tun als sie müssen, und ich übertreibe nicht, wenn ich behaupte, meine Freunde danach ausgesucht zu haben. Dieses »etwas mehr tun« als gewöhnlich, »etwas mehr geben« als erwartet zur Lebensdevise zu machen, führt direkt zum Glück. Es kommt so viel Gutes und Leichtes zurück, dass kein Raum mehr bleibt für schlechte Gedanken, die »Yellows«, die uns das Leben so schwer machen..

Petition

»Sehr geehrter Herr Bürgermeister. Es betrifft den Erhalt des Sendesaals von Radio Bremen. Die Unterzeichnenden sind Teilnehmer des Ortskuratoriums Bremen für die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Uns gibt es seit 2002 in Bremen. Die Stiftung Denkmalschutz mit Sitz in Bonn ist eine private Initiative unter der Schirmherrschaft unseres Bundespräsidenten. Sie hat sich die Bewahrung von Kulturdenkmalen sowie die Verbreitung des Denkmalschutzgedankens zur Aufgabe gemacht.

Wir arbeiten von Anfang an eng mit dem Landesamt für Denkmalpflege zusammen und begrüßen es sehr, dass der Sendesaal von Radio Bremen unter Denkmalschutz gestellt wurde. Dieser Sendesaal ist nicht nur eine bedeutende Stätte für Kultur und Kommunikation, sondern ebenso ein kulturhistorisch herausragendes Baudenkmal, berühmt für seine einmalige Akustik.

Diese Rarität gehört sorgfältig bewahrt und einer ausgesuchten und sinnvollen Nutzung zugeführt. Das sollte machbar sein. Ein Abriß wäre die einfachste und schnellste Lösung, aber auch ein Armutszeugnis der Verantwortlichen.

Wir bitten Sie, in Ihrer Funktion als unser Bürgermeister und Kultursenator entschlossen ein Zeichen zu setzen, wie man in dieser Stadt mit erhaltenswerten Kulturgütern jetzt und in Zukunft umzugehen beabsichtigt.«

* * *

Und wie ist diese Angelegenheit letztendlich ausgegangen? So viel vorweg: Der Sendesaal ist nicht abgerissen worden.

Ich bin mir ganz sicher, dass diese Petition mit zum Erhalt des Sendesaals beigetragen hat. Sie wurde von mir persönlich als Leiterin des Ortskuratoriums Bremen am Morgen vor der entscheidenden Sitzung im Sekretariat des Bürgermeisters, der so ganz nebenbei auch das Kulturressort vertritt, im Rathaus abgegeben.

Klar, der Förderverein des Sendesaals hat sich vehement mit all seinen Mitteln gegen den Abriß gestemmt. Die Ehrenbürger Bremens haben ihren Einfluss geltend gemacht, und zahlreiche Bürger sind auf die Barrikaden gegangen, haben entsprechende Leserbriefe an den »Weser-Kurier« geschrieben, die dann auch veröffentlicht wurden. Das regionale Fernsehprogramm »Buten un Binnen« von Radio Bremen hielt die Bevölkerung auf dem Laufenden.

Kurz und gut. Es kam letztendlich nicht zum Abriss.

Der Präsident des Senats biss auf Granit. Er hatte – mit Verlaub – einfach zu wenig Ahnung von der Bedeutung dieses Sendesaals. Im Länder-Vergleich steht der Bremer Sendesaal ganz vorne. Mit dem geballten Protest der Kulturszene hatte der Bürgermeister nicht gerechnet.

Inzwischen sind über zehn Jahre vergangen. Wunderbare Konzerte erfreuen Bremens Musikliebhaber/innen, und es wäre nicht auszudenken, wenn es damals nicht geglückt wäre, ihn zu erhalten. Bremen wäre um ein Kleinod ärmer.

Landminen

Alte Landminen aufzuspüren ist meist kostspielig und riskant. Menschen lassen sich dabei von Tieren helfen – zum Beispiel von Ratten. Sie machen Gebiete wieder sicher, um dort zu wohnen und zu arbeiten. Ein besonders erfolgreiches, speziell ausgebildetes Spürtier namens Magawa hat dafür sogar den ersten britischen Tierorden erhalten. Es soll jetzt in den wohlverdienten Ruhestand versetzt werden.

Ginge das nicht auch mit Bakterien? So ähnlich wie bei der Säuberung der Themse und des Rheins? Daran arbeiten Forschende aus Israel, wie die »New York Times« berichtet. Es gab schon erste Feldtests in Kooperation mit der israelischen Armee.

»Forscher aus Israel wollen E. Coli-Bakterien im Kampf gegen Landminen einsetzen. Die Bakterien sollen genetisch so verändert werden, dass sie zu leuchten beginnen, wenn es in der Umgebung Stoffe gibt, die für Landminen typisch sind.« Wenn das keine gute Nachricht ist!

Tageszeitung

Liebe Leute vom »Weser-Kurier«,

keine Zeitung heute? Kein Telefonkontakt?

Mach’ mir Sorgen!

Mit freundlichem Gruß

Guten Morgen,

vielen Dank, dass Sie sich sofort mit uns in Verbindung gesetzt haben. Ihre Nachricht habe ich an den zuständigen Kollegen gegeben und sofort veranlasst, dass Ihnen noch heute eine Zeitung gebracht wird. Bitte entschuldigen Sie diesen Fehler, es lag nicht in unserer Absicht, Sie zu verärgern.

Mit freundlichem Gruß

Genesungswünsche

Benachrichtigung

Liebe Anne, in der Hoffnung, dass Du diese Zeilen erhältst, möchte ich Dir mitteilen, dass mich Dein Unfall sehr berührt hat und ich in Gedanken bei Dir bin. Dein Bruder hat mich am Montag benachrichtigt, und ich stehe mit den anderen Bremer Freundinnen und Freunden in Kontakt. Für uns hattest Du immer gute Ratschläge. Jetzt hat es Dich selbst erwischt.

Dich im Krankenhaus zu wissen, macht mich ganz unglücklich. Dass Du Deine Familie um Dich hast, tröstet ein wenig darüber hinweg. Bleib weiterhin die tapfere Anne. Ich bin sicher, es wird für Dich alles getan, was möglich ist. In diesem Sinne sei lieb umarmt von Deiner D.

Gute Besserung

Liebe Anne, ich schicke Dir meine Weihnachtsgrüße in dem guten Glauben, dass Du wieder so weit hergestellt bist, dass Du meine Mails abrufen kannst. Um wieder gesund zu werden, braucht es oft lange Zeit und vor allem Geduld. Ich hoffe, dass Deine Genesung fortschreitet und Du wieder allen zeigst, wo es langgeht.

Sollte es noch nicht so weit sein, wirst Du sicher einen Weg finden, der Dir nach und nach vermittelt, dass es strekkenweise viel Schönes gibt, so dass jeder Schritt in Richtung Gesundheit Dank verdient.

Ich weiß, Du hast die wunderbare Gabe, Dich dem Geschehen anzupassen, auch wenn es sich um Dinge dreht, die nicht so einfach sind. So habe ich Dich kennengelernt und diese Fähigkeit immer wieder an Dir bewundert.

Wenn Du mir auf diese Mail eine Antwort schicken könntest, wüsste ich, dass es Dir schon viel besser geht.

Wie auch immer, sei fest umarmt von Deiner D.

Teestunde

Liebe Freundinnen,

ich möchte mich ganz herzlich für Eure lieben Gaben bedanken. Den tollen Tee werde ich noch heute probieren, allein die Verpackung sieht schon vielversprechend aus. Und dazu, liebe Hanne, gibt es ein Stück Deines Honigkuchens aus Holland. Den kenne ich ja schon aus früheren Tagen und weiß ihn sehr zu schätzen.

Jetzt zu Deinen wunderbaren Fotokarten, liebe Anne. Welch’ eine blühende Überraschung, die Blumen aus Deinem Garten fotografisch so liebevoll wiederzugeben. Bis auf zwei Gelb-Blüherinnen hast Du eine Vorliebe für die Farbskala Rot, Rosé und Violett. Passt zu Dir, finde ich.

Die gestrige Teestunde bei mir werde ich unter der Prämisse »Starke Frauen« in guter Erinnerung behalten.

Mahnmal

Mit dem bei einem schweren Unwetter im Sommer 2021 demolierten Kupferdach der Staatsoper wolle man an den fortschreitenden Klimawandel erinnern, so der Minister. Das kaputte Dach soll zukünftig neben dem Max Littman-Bau aus dem Jahre 1911 als Skulptur platziert werden. Die Oper war schon vor dem Sturm marode und soll jetzt für einen Millionenbetrag saniert werden. »Das schrottige Objekt hat eine skulpturenhafte, kräftige Ausstrahlung und ist deshalb als Mahnmal bestens prädestiniert«, so der Minister.

Kunst der Mäßigung

Die Unverhältnismäßigkeit in der Bildenden Kunst macht sich immer breiter und ist schon längst überfällig, bemängelt ein bekannter Kunstkritiker in einer noch bekannteren Wochenzeitschrift.

So gut wie niemand fragt, zu welchem Preis immer neue Werke produziert, ausgestellt und gelagert werden. Vielen Künstlern sei der bedrohliche Klimawandel herzlich egal. Die Werke werden immer größer und verschlingen immer mehr Ressourcen.

Tausende Museen wurden in den letzten Jahrzehnten gebaut. Es sollen immer noch mehr werden mit immer zahlreicheren Kunstausstellungen. Ausufernde Installationen, wohin man schaut. Gemälde, die jedes Maß überschreiten, Skulpturen, die nur per Schwertransporter bewegt werden können.

Wie wahr! Die Menschen jetten um die halbe Welt, um sich die Mona Lisa im Louvre anzusehen. Schlimmer noch, sie jetten um die ganze Welt, um in den berühmten Kunsttempeln überall die gleiche Contemporary Art zu konsumieren. Immer noch können die gewaltigen Gemälde von Baselitz, Lüpertz, Immendorff und Penk in jeder Stadt, die etwas auf sich hält, bewundert werden. An der horrenden Energieverschwendung scheint sich niemand zu stören.

Nicht weniger gewaltig ist der Stromverbrauch für die Produktion überdimensionaler Wunderwerke. Gleichzeitig wird man nicht müde, sein Umweltbewusstsein im Namen der Ästhetik zu rühmen, zeigt Ausstellungen über das Artensterben oder die Permanent-Eisschmelze in Sibirien nach der Devise: »Think big«.

Der vegane Kuchen in den Cafés der Museen taugt zwar dazu, das schlechte Gewissen zu beruhigen, jedoch lässt sich der Co2-Ausstoß durch ihn nicht verringern.

Ein kleinformatiges Bild bringt deutlich weniger ein als ein raumfüllender Riesenschinken, findet in der Regel auch weniger Beachtung. Und eine Bleistiftzeichnung fällt meistens nur den Kennern auf. Hin und wieder sieht man sie noch mit gekrümmtem Rücken, leicht versonnen mit zusammen gekniffenen Augen und schwenkender Brille vor den Exponaten. Zugegeben, ein seltener Anblick.

Wer sich von nichtssagenden, toten Kunstwerken magisch angezogen fühlt, hat keine Ahnung von der wahren Magie der Kunst, die den Betrachter in ihren Bann zieht und ihm ein Leben lang verbunden bleibt.

Lassen wir sie selbst zu Worte kommen, die Künstlerin muss es ja wissen: »Wir sollen uns also mäßigen. Gut so. Ich mäßige meinen Materialverbrauch seit Jahrzehnten und arbeite stringent mit handwerklichen Grundlagen. Aber – was kommt denn an, was nehmen die herrschaftlichen Kuratoren eigentlich wahr? Was wird dem Publikum präsentiert? Immer größer und teurer, aufwändiger und sperriger! Manche dem Zeitgeist huldigende Ausstellungsmacher sollten sich darüber im Klaren sein, dass eine charaktervolle Bleistiftzeichnung im Postkartenformat eine packendere Wirkung entfachen kann als ein saalfüllender Flugzeugflügel aus Polyester. Museen sind keine Arsenale. Das Museum sammelt Natur- und Kulturgüter, um es für die Nachwelt zu erforschen und vor dem Verfall oder der Vernichtung zu bewahren.

Kunst spiegelt nur die Zustände der Gesellschaft wider. Die totale Überbewertung materiellen Aufwands für einen Gegenstand, sei es ein Auto, eine Immobilie oder eben ein Kunstwerk, entbehrt jeglicher Grundlage. Und ja, volle Depots quellen über. Und ja, es braucht dringend eine neue Kunst der Mäßigung«!

Dazu der Sachverständige: »Niemand will, dass sich Künstler nur noch in Askese üben. Der dionysische Überschwang, ebenso die enthemmte Freude am moralisch Frivolen gehören unbedingt dazu.

Sie sollten sich überlegen, was es eigentlich für ihre Format- und Materialvorlieben bedeutet, sollte die Kunstwelt sich auf das Ziel der Klimaneutralität einlassen. Womöglich wird die Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Kriterium künftiger Juryentscheidungen. Bislang gehörten Freiheit und Fortschritt eng zusammen. Es zeigt sich, dass es damit bald vorbei sein könnte.«

Vorbei mit der Spielerei? Mal das Schreckgespenst nicht an die Wand! Was ist mit dem Kind in der Kunst? Nicht jeder darf spielen? Daran sollte nicht gerüttelt werden. Jedoch etwas mehr ethisches Vorausschauen wäre der Kunst nicht abträglich. Diese würde der weit verbreiteten Beliebigkeit Vorschub leisten und dem Ernst der Lage angemessen sein, denn unsere Zukunft sieht alles andere als rosig aus. Neue Kriterien sollen demnächst in die Juryentscheidung fließen. Unbedingt. Mäßigung heißt verantwortungsvolle Umgehensweise mit den Ressourcen. Wer weiß, wie lange sie uns noch in Maßen zur Verfügung stehen.

Illusion

Schaut auf dieses Ornament!

Sonnenlicht auf funkelndem Türkis.

In goldener Prägung.

Wie von Zauberhand.

Aus kühlem Wüstensand steigen sie auf,

die Märchen aus 1001 Nacht,

einem Füllhorn gleich.

Prunkvolle Paläste.

Schätze aus glitzerndem Brokat,

Gold und edle Steine

so weit das Auge reicht.

Grazile Bauchtänzerinnen

vor spiegelnden Arabesken

nach orientalischen Klängen

entzücken

die in fließendes Tuch

gehüllte illustre Gesellschaft

bei Datteln und Wein.

Bleiben wir auf dem Teppich. Was hat uns inspiriert an diesem Teil? Bei nüchterner Betrachtung handelt es sich um eine durch Witterungseinfluß verfärbte Holzzarge einer Tür in einem Abrißhaus.

Wie oft trügt der Schein. Das Objekt liegt im Fokus des Betrachters. Ist er gut drauf und zur Illusion bereit, so verwandelt sich die Welt zum Guten, hier: das oxidierte Holz in edles Gold. Geht es ihm gerade schlecht, mutiert es durch Einwirkung von Luft, Wasser und Sonnenlicht zu einem verfaulenden Stück Kiefer.

Dem Hässlichen das Schöne abzugewinnen ist eine Gabe. Manche Illusionen lassen uns etwas Großartiges versuchen. Auch wenn wir es nicht ganz erreichen, kann die Einbildung doch etwas sein, das uns voranbringt.

Ehrenamt

Wie es wirklich ist. »Das Ehrenamt ist nicht nur sinnvoll, sondern macht auch richtig Spaß«. Das ist die weitverbreitete Ansicht über freiwilliges Engagement in der Gesellschaft. Ältere Ehrenamtliche haben hierzulande einen guten Ruf. Beim Ehrenamt fällt Kritik schwer.

Von der nützlichen Entlastung staatlicher Einrichtungen oder Hilfe in Notlagen soll hier nicht die Rede sein, auch nicht von geselligkeits- und gemeinwohlorientierten Motiven. Gemeint ist die oft fehlende Wertschätzung der fest angestellten Mitarbeiter gegenüber dem bürgerschaftlichen Engagement von interessenorientierten Freiwilligen, die unentgeltlich für einen längeren Zeitraum ihre Arbeitskraft in den Dienst von gesellschaftlichen Institutionen und Betrieben stellen. Der kritische Blick auf die Zusammenarbeit in dem ehrenvollen Amt ist längst überfällig.

Ist das wirklich so? Eine gestandene, gut situierte Pensionärin, die es wissen muss, meldet sich leidenschaftlich zu Wort und hört gar nicht mehr auf: »Was für viele Ehrenämter zutrifft, war auch in diesem Betrieb, eine der größten Stiftungen Deutschlands, leider Usus. Es haperte an der angemessenen Kommunikation zwischen den Angestellten und den Freiwilligen, die sich bereitwillig und engagiert zur Verfügung stellten. Letztere sind meistens älter. Sie haben ihre Berufstätigkeit bereits hinter sich, kommen oft aus leitenden Funktionen und sind unentgeltlich dabei. Für die fest Angestellten ist ihre Arbeit in der Regel die Grundlage für existenzielle Sicherheit und ein geregeltes Einkommen. Sie gehen ihren Beruf nach. So werden Weiterbildungsmaßnahmen und Schulungen – sofern sie überhaupt angeboten werden – gezwungenermaßen oder gar nicht besucht.«

Diese Verständigungsprobleme zwischen interessierten Freiwilligen und fest Angestellten oder Beamten kommen häufiger vor, als man denkt. Daran krankt bedauerlicherweise eine fruchtbare Zusammenarbeit. Um einige Knackpunkte zu nennen, seien hier die häufigsten genannt: Vorenthaltung von Informationen, auf die die Freiwilligen nun mal angewiesen sind, Bevormundung und oftmals auch das Fehlen von Anerkennung und Wertschätzung.

Wen wundert es, wenn Ehrenamtliche schon nach kurzer Zeit der Institution, die sie eigentlich unterstützen wollten, den Rücken kehren und sich anderweitig betätigen. In diesem Fall nahm die lebenserfahrene Pensionärin ein Ehrenamt als Schöffin an. Im Gericht werden Urteile gefällt, die auf gleicher Augenhöhe mit Hilfe fachlicher und bürgerlicher Kompetenz zustande kommen.

Sich hier ehrenamtlich einbringen zu können, ist ein ganz anderer Schnack!

Drogeriemarkt

Wir haben einen großzügig sortierten Drogeriemarkt im Bremer Hauptbahnhof. Ich bin auf der Suche nach einem Massageöl aus der Naturkosmetik. In den Gängen zwischen den Regalen befinden sich noch andere Kunden.

Eine junge Frau mit Kopftuch und ein etwa siebenjähriges Mädchen, vielleicht die kleine Schwester, kommen auf mich zu. Die ältere wendet sich an mich, indem sie auf ihr Smartphone tippt.