Ein Kind sucht Freundschaft - Ursula Hellwig - E-Book

Ein Kind sucht Freundschaft E-Book

Ursula Hellwig

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Beschreibung

Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Mit der flachen Hand schützte Andrea ihre Augen vor dem Sonnenlicht, als sie dem Flugzeug nachblickte, das von der Startbahn abhob und dem klaren blauen Himmel entgegenschwebte. Eine Woche lang war Jane Stingworth, Andreas langjährige Brieffreundin, bei der Tierarztfamilie zu Gast gewesen und flog jetzt wieder zurück nach Yorkshire zu ihrer Familie. »Was machen wir nun mit dem angebrochenen Tag?« fragte Andrea ihren Mann Hans-Joachim. »Ich finde, wenn wir schon einmal in Frankfurt sind, könnten wir die Gelegenheit nutzen und einen kleinen Einkaufsbummel unternehmen.« »Gute Idee«, erwiderte der junge Tierarzt. »Vielleicht finden wir irgendwo eine hübsche Kleinigkeit für Peterle.« Peter, der kleine Sohn des Ehepaares, war zu Hause in der Obhut des Kindermädchens zurückgeblieben und rechnete fest mit einem Mitbringsel. Hans-Joachim steuerte seinen Wagen durch die Frankfurter Innenstadt und parkte ihn schließlich in der Tiefgarage eines Kaufhauses. Als Andrea und Hans-Joachim die Spielzeugabteilung erreichten, waren sie bereits mit mehreren Einkaufstüten bepackt. Einigen Angeboten hatten sie einfach nicht widerstehen können. Die Regale der Spielzeugabteilung waren prall gefüllt, und es war nicht einfach, das richtige Mitbringsel zu finden. Andrea entschied sich schließlich für einen kleinen Seehund, der mittels einer Feder aufgezogen werden und in der Badewanne schwimmen konnte. An der Kasse hatte sich eine Schlange gebildet. Unmittelbar vor Hans-Joachim stand ein Mann, von dem der Tierarzt zunächst keine Notiz nahm. Erst als der Fremde sich zufällig umwandte und nachdenklich die Stirn in Falten zog, stutzte auch Hans-Joachim. »Entschuldigung, kennen wir uns nicht?« fragte er unsicher. »Sind Sie vielleicht Marc Leonard?«

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Sophienlust – 210–

Ein Kind sucht Freundschaft

Warum lehnt Katja Randys Annäherungsversuche ab?

Ursula Hellwig

Mit der flachen Hand schützte Andrea ihre Augen vor dem Sonnenlicht, als sie dem Flugzeug nachblickte, das von der Startbahn abhob und dem klaren blauen Himmel entgegenschwebte. Eine Woche lang war Jane Stingworth, Andreas langjährige Brieffreundin, bei der Tierarztfamilie zu Gast gewesen und flog jetzt wieder zurück nach Yorkshire zu ihrer Familie.

»Was machen wir nun mit dem angebrochenen Tag?« fragte Andrea ihren Mann Hans-Joachim. »Ich finde, wenn wir schon einmal in Frankfurt sind, könnten wir die Gelegenheit nutzen und einen kleinen Einkaufsbummel unternehmen.«

»Gute Idee«, erwiderte der junge Tierarzt. »Vielleicht finden wir irgendwo eine hübsche Kleinigkeit für Peterle.«

Peter, der kleine Sohn des Ehepaares, war zu Hause in der Obhut des Kindermädchens zurückgeblieben und rechnete fest mit einem Mitbringsel.

Hans-Joachim steuerte seinen Wagen durch die Frankfurter Innenstadt und parkte ihn schließlich in der Tiefgarage eines Kaufhauses. Als Andrea und Hans-Joachim die Spielzeugabteilung erreichten, waren sie bereits mit mehreren Einkaufstüten bepackt. Einigen Angeboten hatten sie einfach nicht widerstehen können. Die Regale der Spielzeugabteilung waren prall gefüllt, und es war nicht einfach, das richtige Mitbringsel zu finden. Andrea entschied sich schließlich für einen kleinen Seehund, der mittels einer Feder aufgezogen werden und in der Badewanne schwimmen konnte. An der Kasse hatte sich eine Schlange gebildet. Unmittelbar vor Hans-Joachim stand ein Mann, von dem der Tierarzt zunächst keine Notiz nahm. Erst als der Fremde sich zufällig umwandte und nachdenklich die Stirn in Falten zog, stutzte auch Hans-Joachim.

»Entschuldigung, kennen wir uns nicht?« fragte er unsicher. »Sind Sie vielleicht Marc Leonard?«

»Genau der bin ich«, erwiderte der Angesprochene. »Und du mußt Hans-Joachim sein. Ich mußte auch erst einen Augenblick überlegen, bevor ich dich erkannt hatte. Wie lange haben wir uns jetzt nicht gesehen? Das müssen sieben, nein, acht Jahre her sein. Wie schnell doch die Zeit vergeht. Was machst du denn hier in Frankfurt?«

»Wir sind rein zufällig heute hier. Darf ich dir meine Frau Andrea vorstellen?«

Marc Leonard reichte der jungen Frau die Hand. »Jetzt dürfen wir aber nicht einfach so auseinandergehen. Das Wiedersehen muß gefeiert werden. Darf ich euch einladen? Ganz in der Nähe gibt es ein gemütliches Restaurant.«

Hans-Joachim und Andrea nahmen die Einladung an. Eine halbe Stunde später saßen alle zusammen in dem kleinen Restaurant, von dem Marc gesprochen hatte. Erinnerungen aus der gemeinsamen Studienzeit wurden ausgetauscht.

»Es ist eine schöne Zeit gewesen«, meinte Hans-Joachim schließlich. »Was machst du heute? Hast du deine Praxis hier in Frankfurt?«

Marc schüttelte den Kopf. »Nein, vor sechs Jahren habe ich ein Landhaus in einem Frankfurter Vorort gekauft. Dort habe ich auch meine Praxis. Die ländliche Umgebung liegt mir mehr als die Großstadt. Zu unserem Haus gehört ein großer Garten. Dort habe ich ein paar moderne Boxen gebaut und nehme hin und wieder Hunde in Pflege. Damit verdiene ich natürlich keine Reichtümer. Aber es macht mir Spaß, mich neben der Praxis auch mit gesunden Tieren zu beschäftigen, deren Besitzer im Urlaub sind.«

»Dann hast du wahrscheinlich nur wenig Zeit für deine Frau«, stellte Hans-Joachim fest. »Aber das ist bei uns genauso. Wie geht es Beate und dem kleinen Randolf eigentlich? Er muß inzwischen ein großer Junge geworden sein.«

»Zehn Jahre ist er jetzt alt.« Marcs Gesicht überschattete sich. »Randy ist mein Lebensinhalt, seit Beate nicht mehr bei uns ist. Meine Frau ist vor zwei Jahren bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Es hat lange gedauert, bis ich mich damit abgefunden hatte. Sie ist eine besonders vorsichtige Fahrerin gewesen. Aber da war diese Ölspur, die sie offensichtlich nicht bemerkt hat. Ihr Wagen geriet ins Schleudern und fuhr frontal gegen einen Baum. Man hat mir gesagt, daß Beate sofort tot gewesen ist. Randy hat ebenfalls im Auto gesessen, als das Unglück geschah. Seine Verletzungen waren nicht sehr schwer und heilten bald.«

»Es tut mir sehr leid, daß du deine Frau auf diese tragische Weise verloren hast«, erklärte Hans-Joachim. »Das muß ein schwerer Schlag für dich gewesen sein. Doch vielleicht ist es ein Trost für dich, daß dein Sohn überlebt hat.«

»Das ist es auch. Trotzdem werde ich jeden Tag wieder an den Unfall erinnert. Wißt ihr, die körperlichen Verletzungen hat Randy rasch überstanden. Aber ein psychischer Schaden ist geblieben. Seit dem Unglückstag hat der Junge kein Wort mehr gesprochen. Er ist dazu einfach nicht in der Lage. Zunächst haben die Ärzte geglaubt, daß es sich um vorübergehende Nachwirkungen des Unfallschocks handeln könnte. Doch das Ereignis liegt nun zwei Jahre zurück, und es ist noch keine Besserung eingetreten. Ich habe alles versucht und viele Spezialisten zu Rate gezogen. Sogar mit Hypnose haben wir es probiert. Keine Behandlung hat geholfen. Randy leidet unter einer psychisch bedingten Blockade seiner Sprachfähigkeit, die sich einfach nicht lösen will. Einer der Ärzte hat mir geraten, ein halbes Jahr mit Randy wegzufahren. Er meinte, daß der Aufenthalt in einer völlig fremden Umgebung möglicherweise etwas bewirken könnte. Doch dahinter steht ein großes Fragezeichen. Wenn ich sicher wäre, würde ich es tun und meine Praxis für diesen Zeitraum schließen. Das ist natürlich nicht ganz einfach. Ich bin weit und breit der einzige Tierarzt und kann meine Patienten nicht im Stich lassen. Vielleicht finde ich in der nächsten Zeit eine Vertretung, die für ein halbes Jahr einspringen kann. Dann werde ich es versuchen und mit Randy wegfahren. Ich muß jede Chance nutzen, die sich meinem Sohn bietet.«

»Haben Sie schon einmal daran gedacht, daß es noch eine andere Möglichkeit gibt, Herr Leonard?« fragte Andrea.

»Ach bitte, sagen Sie doch einfach Marc zu mir. Herr Leonard klingt so förmlich. Von welcher Möglichkeit sprechen Sie?«

Die junge Frau lächelte. »Unter der Voraussetzung, daß du mich Andrea nennst, verrate ich es dir. Randy könnte für ein paar Monate in einem Kinderheim leben. Dort hätte er die fremde Umgebung und auch die Gesellschaft anderer Kinder.«

»Ein Kinderheim?« Marc riß entsetzt die Augen auf. »Nein, das kommt überhaupt nicht in Frage. Ich schiebe mein Kind nicht in ein Heim ab. Dort würde Randy nie die Zuneigung finden, die er unbedingt braucht. Wir wissen doch alle, wie überlastet das Personal in den Kinderheimen ist. Es ist dort überhaupt nicht möglich, auf jedes einzelne Kind einzugehen.«

»Ich spreche nicht von irgendeinem Kinderheim, sondern von Sophienlust«, erklärte Andrea. »Dabei handelt es sich um ein altes Herrenhaus, das mitten in einem großen Park liegt. Das Anwesen gehört meinem Stiefbruder Nick, der aber noch nicht volljährig ist. Meine Stiefmutter verwaltet Sophienlust für ihn. Es ist kein Kinderheim im üblichen Sinne. Die Kinder, die dort dauerhaft leben, kann man an zwei Händen abzählen. Vielen jungen Menschen mit den unterschiedlichsten Problemen ist in Sophienlust schon geholfen worden. Die Atmosphäre dort ist ausgezeichnet familiär. Alle Kinder, die vorübergehend eingezogen und nur widerwillig gekommen sind, wollten nachher gar nicht wieder fort. Ich bin überzeugt davon, daß Randy dort eine wunderschöne Zeit verbringen und etwas Abstand gewinnen könnte. Den Versuch ist es auf jeden Fall wert. Moment, ich habe ein paar Fotos von Sophienlust bei mir.«

Andrea zog die Bilder aus der Tasche und reichte sie Marc. Er war von den Aufnahmen, die nur fröhliche Kindergesichter und das wunderschöne alte Herrenhaus zeigten, sehr beeindruckt.

»Das sieht wirklich paradiesisch aus«, gab er zu. »Vielleicht sollte ich tatsächlich einen Versuch wagen. Es wird sich bestimmt schon nach ein paar Tagen zeigen, ob Randy dort glücklich ist. Wäre denn ein Platz für ihn frei, oder gibt es eine Warteliste?«

»Eine Warteliste existiert nicht, und für Notfälle ist immer Platz. Bei Randy handelt es sich sogar um einen ganz besonderen Notfall. Er kann jederzeit nach Sophienlust kommen. Damit wäre euch beiden geholfen. Du kannst deine Praxis weiterführen und den Jungen trotzdem regelmäßig besuchen. Randy hat die Möglichkeit, sein schreckliches Erlebnis zu vergessen und vielleicht wieder sprechen zu lernen. Eine liebevolle Pflege ist ihm sicher.«

»Gut, ich werde mir dieses Sophienlust auf jeden Fall einmal ansehen. Gleich morgen fahre ich hin und nehme Randy mit. Ich werde ihm erklären, warum er in diesem Kinderheim bleiben soll. Aber die endgültige Entscheidung muß er selbst treffen.«

»Ich rufe meine Schwiegermutter an und sage ihr, daß du morgen kommst«, versprach Hans-Joachim.

Nachdem sie gegessen hatten, verabschiedete Marc sich von seinen Freunden. Er war nicht ganz sicher, ob er die richtige Entscheidung getroffen hatte. Doch er wollte nichts unversucht lassen, um seinem Sohn zu helfen. Jede Chance, die Randy nützlich sein konnte, mußte ausgeschöpft werden.

*

Nachdem Denise von Schoenecker erfahren hatte, mit welchem Problem Randolf Leonard belastet war, versprach sie spontan, den Jungen aufzunehmen, wenn er bleiben wollte. Sie informierte die Heimleiterin Frau Rennert und Schwester Regine, die Kinder- und Krankenschwester von Sophienlust, über den bevorstehenden Besuch Marc Leonards. Anschließend rief sie die Kinder zusammen, um sie vorzubereiten. In möglichst einfachen Worten, damit auch die Kleinsten alles begreifen konnten, schilderte sie das Schicksal des Jungen.

»Das verstehe ich nicht«, meinte die sechsjährige Heidi und wickelte ihre blonden Rattenschwänze um die Finger. »Sprechen ist doch ganz einfach. Randy muß nur den Mund aufmachen und die Töne herauslassen. Das kann doch jeder, und sprechen verlernt man nicht.«

»Man kann aber die Fähigkeit zum Sprechen verlieren«, erklärte Pünktchen, ein vierzehnjähriges Mädchen, dessen Gesicht von zahllosen Sommersprossen geziert war. Aus diesem Grund wurde es fast nie bei seinem richtigen Namen Angelina genannt, sondern nur Pünktchen gerufen. »Du hast doch schon einmal davon gehört, daß Leute durch einen Unfall blind geworden sind. Sie können nichts mehr sehen, wenn sie sich auch noch so große Mühe geben. Es geht einfach nicht mehr, obwohl sie vor dem Unfall gut sehen konnten. Bei Randy ist das ähnlich.«

Heidi nickte verstehend. Das Nesthäkchen von Sophienlust, der fünf Jahre alte Vietnamesenjunge Kim, der mit der deutschen Sprache noch ein bißchen Schwierigkeiten hatte, schüttelte betroffen den Kopf.

»Muß sein schlimm, wenn man nicht kann reden. Ich noch wissen, wie war das, als ich nicht sagen konnte ein Wort von deutsche Sprache. Aber ich lernen konnte schnell.«

»Siehst du«, bemerkte Denise. »Deshalb kommt Randy zu uns. Er soll auch sprechen lernen. Das geht nur, wenn er den furchtbaren Unfall vergessen kann. Wir wollen ihm alle dabei helfen, nicht wahr?«

»Wir werden alles für Randy tun«, versprach der elfjährige Martin. »Bei uns wird er bald gar nicht mehr daran denken, was er erlebt hat. In Sophienlust gibt es eine Menge Ablenkung. Der arme Randy lernt bestimmt bald wieder zu sprechen.«

Alle Kinder stimmten Martin zu. Nur Katja Bornhöfer, ein zwölf Jahre altes Mädchen, schaute etwas skeptisch drein. Sie fragte sich, was man mit einem stummen Kind anfangen sollte. Damit konnte man sich nicht unterhalten.

»Kann Randy wenigstens irgendwelche Töne von sich geben?« fragte sie.

Denise schüttelte den Kopf. »Nein, das kann er nicht. Er ist nicht in der Lage, zu schreien oder laut zu weinen. Nur durch Gesten kann er sich verständlich machen. Aber er hört und versteht jedes Wort, das ihr zu ihm sagt.«

»Dann ist ja jeder Hund besser dran als dieser Junge«, stellte Katja fest. »Hunde können wenigstens bellen.«

»Aber ein Hund wird niemals sprechen lernen«, gab Pünktchen zu bedenken. »Randy hat diese Chance. Mit etwas Glück wird er wieder ganz normal reden können. Wir müssen ihm alle dabei helfen. Das gilt auch für dich, obwohl du nur für ein paar Monate hier bei uns in Sophienlust bist.«

»Ja, ja, ist schon gut. Ich werde diesem stummen Jungen die Augen bestimmt nicht auskratzen. Aber es ist schon seltsam, wenn man sich mit jemandem unterhält, der keine Antworten geben kann. Ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, wie das ist. Bis jetzt habe ich noch keine behinderten Menschen kennengelernt. Meine Freunde sind alle ganz normal.«

»Randy ist auch völlig normal«, erklärte Irmela, mit ihren sechzehn Jahren das älteste Kind in Sophienlust. »Er denkt und fühlt wie wir. Nur weil er nicht sprechen kann, dürfen wir nicht glauben, daß er anders ist als andere Kinder.«

Katja nickte. Insgeheim jedoch blieb sie skeptisch. Ein zehn Jahre alter Junge, der nicht einmal seinen eigenen Namen aussprechen konnte, war in ihren Augen keineswegs normal. Sie fürchtete, daß sie mit diesem Kind nicht zurechtkommen würde.

*

Mit gemischten Gefühlen war Marc Leonard nach Sophienlust gekommen. Am Vorabend hatte er seinem Sohn von dem Kinderheim erzählt. Randy war sofort einverstanden gewesen, sich dieses Heim anzusehen. Nun kam es darauf an, ob Sophienlust ihm gefallen würde. Auf keinen Fall wollte Marc den Jungen zwingen, dort zu bleiben.

Es zeigte sich allerdings schon in der ersten Stunde, daß Randy von dem Haus und den Kindern ausgesprochen angetan war. Was er nicht in Worten ausdrücken konnte, machten seine strahlenden Augen deutlich. Er nickte heftig, als sein Vater ihn fragte, ob er für eine Weile in Sophienlust bleiben wollte.

Vicky und Angelika Langenbach, die beiden elf und dreizehn Jahre alten Schwestern, hatten den Jungen in ihre Mitte genommen.

»Sie brauchen sich keine Sorgen um Randy zu machen«, erklärte Angelika. »Bei uns geht es ihm ganz bestimmt gut. Wir werden uns schon um ihn kümmern.«

»Und wir zwei vertragen uns sicher besonders gut«, fügte Martin hinzu. »Randy und ich wohnen nämlich zusammen in einem Zimmer.«

Marc war erleichtert. So einfach hatte er sich die ganze Sache nicht vorgestellt. »Gut, dann spreche ich jetzt mit eurer Tante Isi. Wenn Randy bei euch bleibt, gibt es ein paar Formalitäten zu regeln.«

Denise von Schoenecker, die von allen Kindern nur Tante Isi genannt wurde, erwartete Marc bereits im Empfangszimmer. Einige Kinder hatten ihr schon zugetragen, daß es Randy in Sophienlust gut gefiel. Daher war sie nicht überrascht, als sie jetzt hörte, daß er gleich hierbleiben wollte.