Sophienlust Bestseller 61 – Familienroman - Marietta Brem - E-Book

Sophienlust Bestseller 61 – Familienroman E-Book

Marietta Brem

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Beschreibung

Die Idee der sympathischen, lebensklugen Denise von Schoenecker sucht ihresgleichen. Sophienlust wurde gegründet, das Kinderheim der glücklichen Waisenkinder. Denise verwaltet mit wahrem Herzblut das spätere Erbe ihres Sohnes Nick, dem später einmal, mit Erreichen seiner Volljährigkeit, das Kinderheim gehören wird. In der Reihe Sophienlust Bestseller werden die schönsten Romane dieser wundervollen Erfolgsserie veröffentlicht. Warmherzig, zu Tränen rührend erzählt von der großen Schriftstellerin Patricia Vandenberg. Denise hilft in unermüdlichem Einsatz Scheidungskindern, die sich nach Liebe sehnen und selbst fatale Fehler begangen haben. Dann wieder benötigen junge Mütter, die den Kontakt zu ihren Kindern verloren haben, dringend Unterstützung. Denise ist überall im Einsatz, wobei die Fälle langsam die Kräfte dieser großartigen Frau übersteigen. Denise formt mit glücklicher Hand aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Doch auf Denise ist Verlass. Jedes Kinderschicksal ist ihr wichtig. Der Sophienlust Bestseller darf als ein Höhepunkt dieser Erfolgsserie angesehen werden. Denise von Schoenecker ist eine Heldinnenfigur, die in diesen schönen Romanen so richtig zum Leben erwacht. Nachdenklich stand Michael Binder am Fenster seines großen Wohnzimmers und starrte in den winterlichen Garten hinaus. Gerade begann es wieder zu schneien. Tief vergrub er seine Hände in die Hosentaschen. Obwohl der mächtige Kachelofen behagliche Wärme ausstrahlte, fröstelte Michael. Wie gebannt hing sein Blick an den Schneeflocken, die langsam zu Boden fielen. Was war es nur, das ihn so melancholisch stimmte? Er hatte alles erreicht, was er sich erträumt hatte. Seine kleine Tonwarenfabrik florierte, die Auftragslage war gut, und Heike war eine bezaubernde und zärtliche Ehefrau. Vor fünf Jahren war ihm dann auch noch ein Kind geboren worden. Nadine war ein hübsches, gesundes Mädchen, sein ganzer Stolz. Und doch war da noch etwas, das ihn nicht befriedigte. Seit etwa zwei Monaten lag ein Schatten über seiner Ehe, den er nicht leugnen konnte. Wie ein scheues Reh ging Heike ihm aus dem Weg, und wenn er mit ihr sprechen wollte, dann hatte sie meistens etwas Wichtigeres zu tun. Er ahnte, daß es da ein Geheimnis zwischen ihnen gab, das er nicht wissen durfte. Und jetzt schien dieses Geheimnis ihre Beziehung zu belasten. Seufzend wandte er sich vom Fenster ab. Wie gern würde er Heike helfen, wenn sie es nur zuließe… Aber sie war verschwiegen wie ein Grab, obwohl sie sich offensichtlich quälte. Heute abend war Heike zu Besuch bei einer Freundin – eine gute Gelegenheit für Michael, nachzudenken, ob er vielleicht etwas falsch gemacht hatte. Zugegeben, in der Fabrik gab es immer eine Menge Arbeit, ebenso im Büro, denn er mußte sich um alles kümmern. So eine kleine Firma lohnte sich nur, wenn man soviel wie nur irgend möglich selbst machen konnte.

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Sophienlust Bestseller – 61 –

Das Ende einer heilen Welt

Hoffnung auf eine zweite Chance

Marietta Brem

Nachdenklich stand Michael Binder am Fenster seines großen Wohnzimmers und starrte in den winterlichen Garten hinaus. Gerade begann es wieder zu schneien.

Tief vergrub er seine Hände in die Hosentaschen. Obwohl der mächtige Kachelofen behagliche Wärme ausstrahlte, fröstelte Michael. Wie gebannt hing sein Blick an den Schneeflocken, die langsam zu Boden fielen.

Was war es nur, das ihn so melancholisch stimmte? Er hatte alles erreicht, was er sich erträumt hatte. Seine kleine Tonwarenfabrik florierte, die Auftragslage war gut, und Heike war eine bezaubernde und zärtliche Ehefrau. Vor fünf Jahren war ihm dann auch noch ein Kind geboren worden. Nadine war ein hübsches, gesundes Mädchen, sein ganzer Stolz.

Und doch war da noch etwas, das ihn nicht befriedigte. Seit etwa zwei Monaten lag ein Schatten über seiner Ehe, den er nicht leugnen konnte. Wie ein scheues Reh ging Heike ihm aus dem Weg, und wenn er mit ihr sprechen wollte, dann hatte sie meistens etwas Wichtigeres zu tun.

Er ahnte, daß es da ein Geheimnis zwischen ihnen gab, das er nicht wissen durfte. Und jetzt schien dieses Geheimnis ihre Beziehung zu belasten.

Seufzend wandte er sich vom Fenster ab. Wie gern würde er Heike helfen, wenn sie es nur zuließe… Aber sie war verschwiegen wie ein Grab, obwohl sie sich offensichtlich quälte.

Heute abend war Heike zu Besuch bei einer Freundin – eine gute Gelegenheit für Michael, nachzudenken, ob er vielleicht etwas falsch gemacht hatte.

Zugegeben, in der Fabrik gab es immer eine Menge Arbeit, ebenso im Büro, denn er mußte sich um alles kümmern. So eine kleine Firma lohnte sich nur, wenn man soviel wie nur irgend möglich selbst machen konnte.

Lag es vielleicht daran? Hatte er zuwenig Zeit für Heike und Nadine?

Plötzlich überfiel Michael Binder bleierne Müdigkeit. Er konnte sich kaum mehr auf den Beinen halten, geschweige denn nachdenken. Nein, er mußte ins Bett, denn morgen lag wieder ein schwerer Tag vor ihm.

Wie leer das Zimmer war ohne Heike! An solchen einsamen Abenden merkte er erst, wie nötig er seine Frau brauchte.

Es war eine Liebesheirat gewesen zwischen dem Erben der Tonwarenfabrik und der Bankangestellten. Heike hätte bei der Maibacher Bank eine ganz steile Karriere machen können, auf die sie aber dann seinetwegen verzichtet hatte.

Dafür war Michael ihr heute noch dankbar, auch wenn er es ihr nicht mehr sagte. Immerhin war das ja schon acht Jahre her, da mußte es nicht dauernd wiederholt werden.

Fest umfaßte seine Hand das kühle Metall des Türgriffs. Dann entschloß er sich anders. Zuerst wollte er noch nach Nadine sehen. Sie träumte manchmal schlecht.

Aber dieses Mal schlief Nadine tief und ruhig. Endlich konnte Michael Binder auch zu Bett gehen.

Langsam zog er sich aus, immer noch in der Hoffnung, Heike würde früher als erwartet zurückkommen.

Da fiel Michaels Blick auf Heikes Nachttisch. Die Schublade war nicht ganz zugezogen, und die Ecke eines Briefes oder eines Blatt Papiers stand heraus.

Michael lächelte zärtlich. Ja, so war Heike, ein wenig nachlässig und nicht gerade ordnungsliebend. Aber gerade das machte sie für ihn so liebenswert. Sie war keine vollkommene Hausfrau, wie es seine Mutter gewesen war.

Er ging zum Nachttisch und wollte die Schublade zumachen. Aber der Brief hinderte ihn daran. Da zog er ihn heraus und legte ihn oben auf den Nachttisch. Dann schob er die Lade zu.

»Doktor Lothar Havland«, las Michael halblaut vor sich hin. Sein Herz machte ein paar rasche Schläge. Was hatte Heike mit einem Arzt zu tun? War sie etwa krank?

Vielleicht lag hier der Schlüssel zu dem veränderten Verhalten seiner Frau.

Mit einem Schlag war Michael hellwach. Er griff nach dem Brief und setzte sich auf die Bettkante. Sollte er ihn lesen? Eigentlich durfte er es nicht, denn dann ­verletzte er das Briefgeheimnis. Sicher hätte Heike ihm den Brief gegeben, wenn sie wollte, daß 
er sich über den Inhalt informierte.

Trotzdem, er mußte wissen, was darin stand. Nur dann konnte er vielleicht seine Ruhe wiederfinden, oder zumindest würde er dann verstehen, aus welchem Grunde Heike so abweisend zu ihm war.

Dann hielt er den Brief zur Nachttischlampe, um ihn etwas besser lesen zu können. Das weiße Papier war mit einer steilen, aber schönen Handschrift bedeckt.

»Liebe Heike«, las Michael halblaut. Dabei horchte er immer mit einem Ohr nach draußen. Wäre das Auto seiner Frau vorgefahren, hätte er den Brief natürlich sofort wieder in die Schublade zurückgelegt.

Aber es waren keine Geräusche zu hören und er konnte ungestört weiterlesen. Doch es war ganz und gar nicht das, was er erwartete. Vor ihm tat sich ein Abgrund auf, und er hatte das Gefühl, zu fallen und zu fallen, rettungslos in einer schwarzen Tiefe zu versinken.

*

»Dieses Jahr kommt der Winter ziemlich früh. Immerhin haben wir erst Anfang November.« Denise von Schoenecker zog die Gardine zurecht, dann wandte sie sich vom Fenster ab.

»Wenn es zu Weihnachten keinen Schnee gibt, dann bist du auch nicht zufrieden«, konterte Alexander von Schoenecker, ihr Mann, und legte seine Zeitung zur Seite.

Nun lachte Denise und schlenderte gemächlich zu dem Sofa, auf dem er es sich gemütlich gemacht hatte. Dann setzte sie sich neben ihn und legte ihren Arm um seinen Hals.

»Woran denkst du?« Ihr Blick suchte den seinen.

Alexander von Schoenecker zuckte mit den Schultern. »Eigentlich an überhaupt nichts. Es ist nur…«

»Siehst du, da haben wir es schon. Wenn du mit den Worten anfängst: ›Es ist nur…‹, dann hat das etwas zu bedeuten. Irgend etwas hat dich beeindruckt oder durcheinandergebracht, oder wie du es sonst nennen möchtest. Den ganzen Abend bist du schon so schweigsam und vergräbst dich in deiner Zeitung.«

»Ach laß, Denise. Es ist wirklich nichts, nur eine Begegnung, die mir nicht so recht aus dem Kopf will.«

»Eine Begegnung? Und ich darf nichts davon erfahren. Du – wenn es eine Begegnung mit einer Frau war, dann…« Spielerisch drohte Denise mit dem Finger.

»Ach wo. Was sollte ich denn mit einer Frau? Ich habe doch dich, Liebes. Nein, es ist etwas ganz anderes.«

»Also ein Mann«, stellte Denise lakonisch fest.

»Na ja, groß war ja die Auswahl nicht mehr. Du hast recht, ein Mann. Ich habe ihn schon seit mindestens vier Jahren nicht mehr gesehen. Eigentlich hat er sich auch nicht sonderlich verändert, auf den ersten Blick wenigstens nicht.«

»Willst du es mir nicht sagen? Er hat sich also doch verändert. Von wem redest du denn eigentlich?«

»Von Lothar Havland, das heißt, von Doktor Lothar Havland. Ich kenne ihn von dem Fachkursus für Tropenkrankheiten. Diesen Lehrgang habe ich damals aus reinem Interesse mitgemacht. Und dabei habe ich dann Lothar kennengelernt. Das ist jetzt auch schon – ich weiß gar nicht mehr, wie viele Jahre her. Lothar ging dann als Entwicklungshelfer, oder besser gesagt, als Arzt in ein anderes Land, und ich hörte nichts mehr von ihm bis vor etwa fünf Jahren. Dann kam er wieder für einige Monate nach Maibach zurück. Plötzlich aber war er wieder sang- und klanglos verschwunden, obwohl seine Mutter damals noch immer kränkelte. Sie hat, glaube ich, ein schwaches Herz.«

»Und jetzt ist dieser Doktor Lothar Havland also wieder in Maibach?« half Denise ihrem Mann weiter. »Und was will er denn hier?«

»Wenn ich das wüßte! Ich habe ihn heute morgen zufällig in der Stadt getroffen. Erst wollte er an mir vorbeigehen, aber als ich ihn dann ansprach, tat er so, als ob er mich nicht gesehen hätte.« Ratlos hob Alexander von Schoenecker die Schultern. »Dabei waren wir früher so gute Freunde.«

»Vielleicht hat er dich nicht erkannt, oder aber er war so in Gedanken versunken, daß er dich nicht gesehen hat«, vermutete Denise. Sie schenkte ihrem Mann und auch sich noch ein Glas Rotwein ein.

»Das glaube ich nicht«, widersprach Alexander von Schoenecker. »Er war kein bißchen überrascht, als ich ihn ansprach. Im Gegenteil, ich hatte fast das Gefühl, als wollte er mir etwas sagen. Aber dann ließ er es doch bleiben. Er – er machte irgendwie einen verwirrten Eindruck.«

Liebevoll strich Denise von Schoenecker über die Wange ihres Mannes. Das sah ihm ähnlich, daß er sich über andere Leute Gedanken machte. Er war eben durch und durch ein herzensguter Mann, der sich stets um die Sorgen seiner Mitmenschen bemühte.

Das war auch der Grund, weshalb Denise ihren Alexander geheiratet hatte. Auch um sie hatte er sich damals gekümmert, nachdem sie als seine neue Nachbarin in Sophienlust eingezogen war. Aber daran wollte Denise jetzt nicht mehr denken. Es waren schwere Zeiten gewesen, aber die waren zum Glück vorbei.

»Ich liebe dich, Alexander«, flüsterte Denise und schmiegte sich an ihn.

»Ich liebe dich auch, Denise. Ich weiß nicht, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn ich dich nicht kennengelernt hätte. Aber mit Sicherheit kann ich sagen, daß ich kein glücklicher Mann geworden wäre.«

»Danke, Liebster. Das war das schönste Kompliment seit langem. Und – ich werde immer an deine Worte denken.« Voller inniger Liebe schlang Denise die Arme um den Hals ihres Mannes, und ihre Lippen fanden sich.

Trotzdem konnte Alexander von Schoenecker seinen Freund nicht vergessen. Der gehetzte Ausdruck in Dr. Havlands eisblauen Augen haftete in seiner Erinnerung.

*

Wie ein gejagtes Wild fühlte sich Heike Binder, als sie durch die nur noch schwach belebten Straßen von Maibach ging. Es war ein schwerer Weg, den sie vor sich hatte, aber sie wußte genau, daß sie ihn gehen mußte, wenn sie ihren Seelenfrieden wiederfinden wollte.

Ob Lothar schon hier war? Heike entdeckte schon von weitem die bescheidene Leuchtreklame des kleinen Cafés, in dem sie sich verabredet hatten.

Was wollte Lothar von ihr? Bis vor wenigen Wochen noch war sie der Meinung gewesen, er lebte irgendwo in der Wildnis, weitab von jeglicher Zivilisation.

Und nun war er hier in Maibach. Warum? Wegen seiner Mutter? Schon vor fünf Jahren hatte es so ausgesehen, als würde sie nicht mehr lange leben. Aber dann hatte sie sich, dank der Hilfe ihres Sohnes, doch wieder erholt.

Zögernd legte Heike Binder ihre Hand auf die Türklinke und drückte sie dann entschlossen nieder.

Und dann sah sie ihn. Er saß an einem kleinen, runden Tisch in der hintersten Ecke des Cafés. Heike konnte sein Gesicht nicht erkennen, nur die Fülle seines dunklen Haares, das bereits von Silberfäden durchzogen war.

»Lothar.« Abwartend blieb sie an seinem Tisch stehen.

»Heike«, sein Blick war freundlich und doch irgendwie gehetzt auf sie gerichtet. »Ich bin froh, daß du gekommen bist.«

»Ich freue mich auch, dich zu sehen«, log die junge Frau. Ihre wahren Gefühle wollte sie ihm nicht offenbaren.

»Setz dich, Heike. Darf ich dir etwas bestellen?«

»Einen Kaffee, bitte, obwohl ich danach sicher nicht schlafen kann.« Sie lachte leise, gekünstelt.

Lothar Havland merkte es, aber er überging es taktvoll. »Weiß dein Mann, daß du hier bist?«

Eine feine Röte überzog ihr blasses Gesicht. »Nein, er weiß nichts. Hätte ich es ihm denn sagen sollen?«

»Sei nicht gleich wieder so aufbrausend. Ich wollte es doch nur wissen. Bitte, Heike, laß uns wie zwei erwachsene Menschen miteinander sprechen. Wie – wie geht es Nadine?«

»Nadine?« fragte Heike mit bebender Stimme. »Wie sollte es meiner Tochter gehen? Sie ist vier Jahre alt und besucht den Kindergarten. Außerdem sieht sie mir sehr ähnlich, wie Michael immer behauptet.«

Ihre Stimme klang richtig aggressiv, und ihre Finger hatten sich vor Aufregung ineinander verkrampft.

»Weshalb bist du so erregt? Ich habe dich nur nach dem Kind gefragt. Schließlich ist das doch mein gutes Recht, oder meinst du nicht?«

»Bitte, laß diese Scherze. Nadine Binder ist meine und Michaels Tochter. Daran gibt es keinen Zweifel. Also unterlaß diese Anzüglichkeiten, nur weil ich für kurze Zeit nicht so glücklich war in meiner Ehe.«

»So etwas soll bekanntlich vorkommen«, antwortete Lothar Hav-land sarkastisch. Sein Gesicht war ungewöhnlich bleich. Er trank einen Schluck Kaffee, und Heike stellte überrascht fest, daß seine Hand zitterte.

»Weshalb bist du eigentlich gekommen?« fragte er plötzlich. Sein Blick hing abschätzend auf dem hübschen Gesicht der jungen Frau.

»Du hast mir doch einen Brief geschrieben. Oder erinnerst du dich nicht mehr daran? Du batest mich um eine Unterredung, und ich habe deinen Wunsch erfüllt. Was ist daran so ungewöhnlich?«

»Du hast dich sehr verändert, Heike«, stellte er zusammenhanglos fest. »Weißt du, daß ich dich einmal sehr geliebt habe? Ich bin nur wieder zurück in die Wildnis gegangen, weil ich deine Ehe nicht zerstören wollte. Aber dann habe ich diesen Entschluß bitter bereut.«

»Warum erzählst du mir das? Heute hast du keine Möglichkeit mehr, meine Ehe zu zerstören. Damals hättest du sie vielleicht gehabt. Jetzt aber sind wir glücklich, wir drei.« Weshalb sagte sie ihm das?

Heike verstand sich selbst nicht mehr. Ja, sie war wirklich glücklich mit Michael gewesen – zumindest, bis sie den Brief erhalten hatte. Dann war mit einem Schlag alles anders geworden.

Wessen Schuld es war, konnte keiner beurteilen. Michael beobachtete sie mit Argusaugen, als wüßte er um ihr Geheimnis. Dabei konnte das gar nicht sein. Sie hütete es so sorgsam wie ihr Leben.

»An was denkst du?«

Heike schüttelte den Kopf. »An gar nichts. Ich überlege nur, was du dann eigentlich von mir willst«, log sie, nicht gerade sehr gekonnt.

»Was sollte ich von dir wollen? Ich habe keinerlei Rechte. Vielleicht wollte ich dich nur sehen, mit dir sprechen. Das ist alles. Oder glaubst du mir nicht?«

»Sollte ich?« fragte Heike schnippisch zurück. »Dazu kenne ich dich viel zu gut, als daß mir deine Erklärung plausibel erscheinen könnte. Aber bitte, wenn es dich glücklich macht, dann tun wir eben so, als wäre es die Wahrheit.«

»Sie ist es nicht ganz«, gestand er unvermittelt. Unruhig fuhren seine Hände über die blütenweiße Tischdecke. Er wagte es anscheinend nicht, Heike anzusehen.