Clarissas Traum - Heide Philip - E-Book

Clarissas Traum E-Book

Heide Philip

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Beschreibung

In diesen warmherzigen Romanen der beliebten, erfolgreichen Sophienlust-Serie wird die von allen bewunderte Denise Schoenecker als Leiterin des Kinderheims noch weiter in den Mittelpunkt gerückt. Denise hat inzwischen aus Sophienlust einen fast paradiesischen Ort der Idylle geformt, aber immer wieder wird diese Heimat schenkende Einrichtung auf eine Zerreißprobe gestellt. Diese beliebte Romanserie der großartigen Schriftstellerin Patricia Vandenberg überzeugt durch ihr klares Konzept und seine beiden Identifikationsfiguren. Der Notar öffnete seine Bürotür, um Katharina und Peter auf den Flur der Kanzlei treten zu lassen. »Wie gesagt, Frau Kleist, Sie haben sechs Wochen Zeit, um sich zu entscheiden. Nehmen Sie das Erbe an, dann mit allen Rechten und Pflichten. Sollten Sie es ausschlagen, fällt das gesamte Erbe, auch hier wieder mit allen Rechten und Pflichten, dem Land zu. Bitte teilen Sie uns Ihre Entscheidung mit. Sie können mich gerne anrufen, wenn noch weitere Fragen offen sind. Ich berate Sie gern.« »Vielen Dank, Herr Dr. Schubert. Ich werde mich sicher noch einmal telefonisch melden. Es passiert ja nicht alle Tage, dass man ein richtiges Schloss erbt. Ehrlich gesagt, bin ich gerade ein wenig überfordert«, sagte Katharina mit etwas zitternder Stimme. »Das ist kein Problem, Frau Kleist. Rufen Sie mich einfach an. Aber jetzt wünsche ich Ihnen erst einmal eine gute Heimfahrt nach Nürnberg«, sagte der Notar und hielt nun die Außentür der Kanzlei auf. »Auf Wiedersehen, Frau Kleist, Herr Jung.« Katharina und Peter verabschiedeten sich freundlich bei dem Notar und traten hinaus auf die belebte Straße. Zu ihrem Auto waren es nur wenige Schritte.

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Sophienlust - Die nächste Generation – 41 –

Clarissas Traum

Ein junges Mädchen sehnt sich nach Anerkennung …

Heide Philip

Der Notar öffnete seine Bürotür, um Katharina und Peter auf den Flur der Kanzlei treten zu lassen.

»Wie gesagt, Frau Kleist, Sie haben sechs Wochen Zeit, um sich zu entscheiden. Nehmen Sie das Erbe an, dann mit allen Rechten und Pflichten. Sollten Sie es ausschlagen, fällt das gesamte Erbe, auch hier wieder mit allen Rechten und Pflichten, dem Land zu. Bitte teilen Sie uns Ihre Entscheidung mit. Sie können mich gerne anrufen, wenn noch weitere Fragen offen sind. Ich berate Sie gern.«

»Vielen Dank, Herr Dr. Schubert. Ich werde mich sicher noch einmal telefonisch melden. Es passiert ja nicht alle Tage, dass man ein richtiges Schloss erbt. Ehrlich gesagt, bin ich gerade ein wenig überfordert«, sagte Katharina mit etwas zitternder Stimme.

»Das ist kein Problem, Frau Kleist. Rufen Sie mich einfach an. Aber jetzt wünsche ich Ihnen erst einmal eine gute Heimfahrt nach Nürnberg«, sagte der Notar und hielt nun die Außentür der Kanzlei auf. »Auf Wiedersehen, Frau Kleist, Herr Jung.«

Katharina und Peter verabschiedeten sich freundlich bei dem Notar und traten hinaus auf die belebte Straße. Zu ihrem Auto waren es nur wenige Schritte. Sie hatten glücklicherweise direkt vor dem großen Bürokomplex, in dem sich die Kanzlei befand, einen Parkplatz gefunden. Katharina legte ihre Handtasche auf den Rücksitz und schüttelte dabei leicht den Kopf.

»Ich kann es immer noch nicht fassen. Da hat er mir das ganze Schloss mit den Ländereien hinterlassen! Ich weiß ja, dass Onkel Carl Gustav keine Kinder hatte, aber dass er wohl mit sonst niemandem aus der Familie mehr in Kontakt stand, habe ich nicht gewusst. Vielleicht hätte ich mich mehr um ihn kümmern müssen. Ich bekomme jetzt direkt ein schlechtes Gewissen«, sagte sie, schüttelte wieder leicht den Kopf und schaute zu Peter, der auf dem Fahrersitz saß und sie anschaute.

»Also, im Gegenteil zu dir wusste ich noch nicht einmal, dass du einen Onkel mit dem Namen Carl Gustav Graf von Eschelbach und zu Kleist von der Höhe hattest. Aber abge­sehen davon, glaube ich nicht, dass du ein schlechtes Gewissen haben musst. Mit entfernten Verwandten ist das immer schwierig, wenn man keinen regelmäßigen Kontakt hat. Oder mit der Familie der entfernten Verwandten. Hätte Carl Gustav etwas von dir gewollt, hätte er sich ­sicher gemeldet. Deine aktuelle Adresse hatte er richtig und vollständig im Testament angegeben«, erwiderte Peter, lächelte Katharina zärtlich an und dachte daran, wie sie sich vor zwei Jahren kennengelernt hatten. Er war immer noch verliebt wie am ersten Tag in die schöne, ­kluge und herzensgute Katharina Kleist, die da neben ihm auf dem Beifahrersitz saß.

»Also, ich weiß nicht. Was machen wir jetzt mit einem ganzen Schloss? Es ist ein richtiges Schloss, weißt du. Kein größeres Landhaus oder so etwas«, erklärte Katharina und seufzte dabei laut. »Ach, hätte ich das alles eher gewusst.«

»Was hättest du dann gemacht?«, fragte Peter und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. »Ich schlage vor, wir fahren nach Hause und erzählen den Kindern von der sensationellen Erbschaft. Sie werden sicher begeistert sein. Ein Schloss! Wer erbt schon ein ganzes Schloss!«, sagte Peter schmunzelnd und startete den Motor. »Bitte noch alle anschnallen und schon geht es los!«

Katharina rückte sich im Sitz zurecht, schnallte sich vorschriftsmäßig an und lächelte liebevoll zu Peter hinüber.

»Es ist so schön, dass wir jetzt dich und Clarissa in unserem Leben haben. Zusammen ist eben doch alles einfacher. Vor allem bei großen und wichtigen Entscheidungen ist es gut, auf zwei Meinungen zurückgreifen zu können«, sagte sie und kraulte mit ihrer linken Hand liebevoll kurz in Peters dunklem Lockenkopf. Dann entspannte sie sich und lehnte sich im Sitz gemütlich zurück. Sie genoss die Fahrt nach Hause, denn Peter war nicht nur guter Autofahrer, sondern auch ein sehr guter Zuhörer und liebevoller Vater.

*

Die Kinder warteten schon mit großem Geschrei vor dem Einfamilienhaus auf ihre Eltern. Kaum hatte Peter den Wagen zum Stehen gebracht und den Motor abgestellt, standen Katharinas Zwillinge schon an der Autotür der Mutter und zogen daran.

»Ich habe nichts gemacht!«, rief Max laut und wurde von seinem Bruder Moritz übertönt, der noch lauter: »Ich war das nicht! Ich war das nicht!«, in die Richtung der Mutter brüllte.

Katharina schaute erschrocken durch die Fensterscheibe und versuchte, die Tür zu öffnen. Die beiden Jungs zogen aber draußen zu wild an dem Türgriff, sodass die Tür sich jetzt gar nicht öffnen ließ.

Peter seufzte, stieg schnell aus dem Wagen und ging um ihn herum. Dann ergriff er die Jungen an jeweils einem Arm und zog sie ein Stück von der Autotür weg. Die beiden zappelten wild, um sich zu befreien, doch Peter hielt sie fest.

Katharina konnte nun die Tür öffnen, stieg aus und beugte sich beunruhigt zu ihren Kindern.

»Was ist denn passiert? Ihr führt euch auf, als ob das ganze Haus eingestürzt wäre!«, rief sie.

»Die beiden haben wieder Mist gebaut. Wie so oft«, rief Clarissa den beiden Erwachsenen zu. Das junge Mädchen stand auf der obersten Stufe der steinernen Treppe vor der Haustür des schicken weißen Reihenendhauses. Ihre Stimme klang ziemlich genervt, und mit hochgezogenen Augenbrauen warf sie kritische Blicke auf Katharina und Peter.

Peter hielt die Zwillinge immer noch fest und schaute fragend zu seiner 15-jährigen Tochter.

»Ist es sehr schlimm?«

»Das weiß ich nicht. Frau Schneider ist jedenfalls total genervt, und aus dem Waschkeller schäumt es bis in den Flur hinein. Und die Jungs haben trotz allem nichts Besseres zu tun, als obendrauf noch eine ausgiebige Schaumschlacht im Keller zu veranstalten«, antwortete das Mädchen unfreundlich und zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ich habe ja gesagt, dass es keine gute Idee ist, die beiden nur mit der Haushaltshilfe im Haus zu lassen. Ihr hättet sie besser mitnehmen sollen. Dann hätten Frau Schneider und ich wenigstens unsere Ruhe gehabt.«

Peter seufzte noch einmal und holte dann tief Luft: »Und du hättest nicht mal nach den beiden schauen können? Du bist doch schon so groß und vernünftig.«

Clarissa runzelte die Stirn und warf ihrem Vater einen bösen Blick zu.

»Du hast entschieden, dass wir hier mit Katharina und ihren ungezogenen Jungs wohnen sollen. Ich wollte das nicht. Du hast mich praktisch gezwungen. Und jetzt verlangst du, dass ich auf die beiden aufpassen soll! Nein, das mache ich nicht! Sicher nicht! Was gehen mich die beiden Krawallmacher an! Gar nichts! Rein gar nichts!«, antwortete das Mädchen scharf, drehte sich um und ging ins Haus zurück.

Peter zuckte die Schultern und schaute entschuldigend zu Katharina. Auch die zuckte mit den Schultern und schüttelte dabei leicht den Kopf.

Peter lächelte und warf Katharina einen Luftkuss zu.

Da legte sie ihren Kopf in den Nacken und lachte laut auf. Auch Peter begann zu lachen. Die Jungs schauten erst verdutzt zu ihrer Mutter und dann zu Peter – und lachten dann lauthals mit.

Wenig später waren alle im Haus, und Peter ging mit den Jungen in ihr Zimmer im oberen Stockwerk. Sie mussten sich umziehen, da beide von der Schaumschlacht ziemlich nass geworden waren. Katharina ging indes in die Waschküche im Keller, um mit der Haushaltshilfe zu reden und sich das entstandene Malheur anzuschauen.

»Hallo, Frau Schneider! Wir sind wieder da, und die Kinder haben uns schon vor dem Haus ziemlich aufgeregt empfangen. Clarissa sagt, die Jungs hätten wieder etwas angestellt?«

»Hallo, Frau Kleist! Wie war Ihre Fahrt nach München?«, fragte Frau Schneider und lächelte freundlich, während sie damit beschäftigt war, die letzten Reste des Waschmittelschaums vom Kellerboden zu wischen.

»Danke, alles gut gelaufen«, antwortete Katharina. »Und die Jungs? War es sehr schlimm?«

»Na ja, die Jungs eben! Ist ja nicht das erste Mal, dass sie Schabernack mit mir treiben. Ich hatte gerade die Maschine mit Wäsche gefüllt und wollte das Waschmittel in das Fach geben, als mein Telefon klingelte. Ich nahm den Anruf entgegen, da mir meine Schwester etwas Dringendes mitteilen wollte, und telefonierte kurz mit ihr. Leider mit dem Rücken zur Maschine. Die Jungs haben wohl den kurzen Augenblick genutzt und fast die gesamte Flasche Waschmittel in das Fach geschüttet. Ich habe dann ebenfalls Waschmittel eingefüllt und die Maschine gestartet. Dann bin ich in die Küche gegangen, um für die Kinder ein Brot zu machen. Als ich später wieder in den Keller ging, kam mir der Waschmittelschaum aus der Maschine schon im Flur entgegen. Kein Wunder, bei fast einer ganzen Flasche Waschmittel! Ich habe mir das aber sofort gedacht und die Jungs gerufen. Die haben sich dann über den Schaum gefreut und sofort eine Schlacht damit begonnen. Schließlich haben sie gestanden, das Waschmittel eingefüllt zu haben. Sie wollten mir bei der Arbeit helfen, haben sie gesagt.«

»Ach, Frau Schneider. Das tut mir so leid«, sagte Katharina schuldbewusst. »Ich weiß einfach nicht, was ich mit den Jungs machen soll. Ich finde immer, ich bin streng. Aber wahrscheinlich bin ich nicht streng genug. Diese Aktion werde ich ihnen aber nicht so einfach durchgehen lassen! Es wird auf alle Fälle eine Strafe für die beiden zur Folge haben!«

Frau Schneider zog die Augenbrauen hoch und schaute amüsiert zu Katharina.

»Das wäre sicher eine gute Idee, den Jungs mal die Grenzen aufzuzeigen. Aber wer sollte das machen?«

»Sie haben ja recht, Frau Schneider. Ich bin dazu sicher nicht die Richtige. Ich kann einfach nicht konsequent genug sein«, stellte Katharina betrübt fest. »Aber ich werde Peter fragen, ob er nicht eine Idee für eine angemessene Strafe hat!«

*

»Das Abendessen ist fertig!«, rief Peter laut in den ersten Stock hinauf. Er stand am Treppenaufgang und wartete auf eine Antwort der Kinder. Aber nichts passierte.

Na, was steckte nun wieder dahinter?! Er lächelte. Obwohl Max und Moritz wirklich zwei wilde Rangen waren, genoss er das Zusammenleben mit ihnen und Katharina in jeder Minute. Leider war seine Tochter Clarissa nicht so glücklich wie er gewesen über den Umzug nach Nürnberg, zu Katharina und den Jungs …

Peter war derweil die Treppe hinaufgegangen und stand jetzt nah vor der Zimmertür der Zwillinge. Genau in diesem Moment wurde sie aufgerissen und die Kinder stürzten heraus. Sie sahen Peter in ihrem Eifer nicht und rannten mit voller Wucht gegen ihn.

»Aha, ihr habt mich also doch gehört!«, stellte Peter trocken fest und versuchte sein Gleichgewicht zu halten. Denn die Jungs waren kräftige Bürschchen

»Jaaaaaa. Essen, Essen, Essen. Hunger, Hunger, Hunger!«, rief Max laut, während er sich an Peter vorbei Richtung Treppe drängelte. Auch Moritz versuchte geschickt, an Peter vorbeizukommen, um als Erster an der Treppe zu sein.

»Erster, Erster! Ich bin Erster!«, rief er laut. Sekunden später waren die Jungs bei der Treppe und jeder versuchte, als Erster die Stufen nach unten zu nehmen. Das Gepolter war entsprechend.

»Es ist gruselig anzusehen und auch schrecklich, den ganzen Tag diesen Lärm der beiden zu ertragen!«, sagte Clarissa vorwurfsvoll zu ihrem Vater, die ebenfalls aus ihrem Zimmer gekommen war. Mit hoch erhobenem Kopf ging sie an ihm vorbei Richtung Treppe. Sie würdigte ihn keines Blickes, und Peter konnte die Wut seiner Tochter regelrecht spüren.

»Ach, mein kleiner Clarissaschatz. Was ist nur mit dir passiert? Warum bist du auf einmal so unfreundlich zu allen Menschen? Wir beide haben uns doch immer so gut verstanden, und kein Blatt hat zwischen uns gepasst«, sagte Peter mit trauriger Stimme zu seiner Tochter, während er ihr zur Treppe folgte.

»Du hast bestimmt, dass wir hier mit den fremden Menschen wohnen sollen. Nicht mit mir ist etwas passiert, sondern mit dir! Du hast uns verraten und mich hierher verkauft! Das verzeihe ich dir nie! Und jetzt lass mich in Ruhe. Ich habe Hunger, und das ist das Einzige, was hier gut ist: Katharinas Essen.« Clarissa ging jetzt mit schnellen Schritten in die Küche und ließ ihren Vater auf der Treppe stehen.

Die strohblonden Zwillinge saßen schon erwartungsvoll auf der Eckbank in der Küche und riefen laut: »Pfannkuchen! Pfannkuchen, es gibt Pfannekuchen! Lissi, Lissssssiiiiii, hörst du, Pfannnnnnnnkuuuuucheeen!«

»Ach, wie lecker. Die esse ich auch gerne. Und Katharinas sind besonders köstlich!«, sagte das Mädchen, und trotz des Lärms klang es freudig. Sie setzte sich an den gedeckten Tisch.

Als Letztes kam der Vater und nahm am Tisch Platz. »Soll ich helfen?«, fragte er in Richtung Katharina, die am Herd stand und alle Hände voll zu tun hatte.

»Nein, nein. Danke, nein. Ich habe alles im Griff!«, sagte sie, wandte sich um und reichte Peter eine große Platte mit frisch ausgebackenen und köstlich duftenden Pfannkuchen.

»Also, ich habe natürlich noch mehr davon. Fangt schon an zu essen. Warm schmecken sie doch am besten!«

»Und du?«, fragte Peter. »Setzt du dich nicht zu uns?«

»Gleich. Also wenn der Teig in der Schüssel leer ist und alle gebacken sind, dann komme ich auch!«

Es dauerte nicht allzu lange, und alle waren satt und zufrieden. Es war kein einziger Krümel von den guten Pfannkuchen übriggeblieben. Max und Moritz saßen auf der Bank, rieben sich ihre vollen Bäuche und grunzten glücklich. Katharina freute sich, dass es allen so gut geschmeckt hatte, und begann die Teller auf dem Tisch zusammenzuräumen. Clarissa wollte ihr helfen, aber sie winkte ab, und so blieb das Mädchen sitzen und schaute Katharina bei der Arbeit zu.

»Was kam eigentlich bei diesem Notar heraus?«, fragte sie schließlich und schaute zu ihrem Vater. »War es ein gute oder eine schlechte Nachricht?«

Peter wollte gerade den Mund öffnen und etwas sagen, als Katharina die Frage des Mädchens zuerst beantwortete:

»Gut, dass du fragst. Wir wollten euch das auch noch erzählen. Ich habe schon fast wieder vergessen, dass wir heute Morgen in München beim Notar waren.«

Die hübsche Frau drehte sich um und richtete ihren Blick auf die Kinder.

»Also. Ich habe einen Onkel mit dem Namen Carl Gustav. Nein, falsch. Ich hatte einen Onkel Carl Gustav, er ist ja vor zwei Wochen gestorben. So, jetzt noch mal von vorne!«, erklärte sie und setzte sich wieder an den Küchentisch. »Carl Gustav hat mir sein Schloss hinterlassen, und wir müssen jetzt überlegen, ob wir es haben wollen oder nicht. So einfach ist das!«

»Ein Schloss, ein richtiges echtes Schloss?«, fragte Clarissa ungläubig und schaute mit großen Augen erst zu Katharina, dann zu ihrem Vater. Dieser nickte nur.

»Dann bin ich der Schlossritter!«, krähte Max und sprang von der Bank auf. »Du bist mein Knappe!«, fügte er großzügig hinzu und deutete erst mit seinem Zeigefinger auf Moritz. Dann aber bewegte er seine Hand schnell in Richtung seines Bruders und bohrte ihm seinen Zeigefinger tief in den Bauch hinein.

»Aua, aua. Mama, Mama!«, rief der überraschte kleine Junge und schubste seinen Bruder mit einem Arm zurück.

Aber Max lachte nur und verschwand unter dem Küchentisch, bevor Peter, der neben ihnen saß, eingreifen konnte. Schnell krabbelte der Junge unter dem Tisch hindurch und stürmte mit kriegerischem Geschrei aus der Küche. Sein Bruder Moritz hatte vor Wut Tränen in den Augen und krabbelte über die Bank an Peter vorbei zur Küchentür. Katharina wollte schnell nach seinem Arm greifen und ihn festhalten, aber vergeblich. Mit den Worten: »Na warte! Ich bin der Ritter! Nicht du! Weil, ich bin älter als du!«, entwischte er ihrem Zugriff und stürzte aus der Küche, seinem Bruder hinterher.

Katharina zuckte mit den Schultern und lächelte Clarissa entschuldigend an: »Ich verstehe es ja. Du hast es schwer mit den beiden.« Dann seufzte sie tief und fügte liebevoll hinzu: »Wie gut, dass wenigstens du so ein liebes und freundliches Mädchen bist!«