Sprich uns von der Liebe - Osho - E-Book

Sprich uns von der Liebe E-Book

OSHO

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Beschreibung

Khalil Gibran schrieb fast dreißig Bücher. 'Der Prophet' war sein erstes. Als er es schrieb, war er noch jung, einundzwanzig Jahre alt. Man sollte meinen, dass danach mehr und mehr hätte kommen müssen. Sein ganzes Leben lang schrieb er, aber nichts reichte auch nur annähernd an die Schönheit und Wahrheit des Propheten heran. "Meiner Erfahrung nach sind Bücher wie ,Der Prophet' heiliger als sogenannte Heilige Bücher. Und weil solche Bücher wahrhaft heilig sind, ist um sie herum keine Religion entstanden… Sie ermöglichen euch einfach, einen Hauch der gleichen Erfahrung zu erhaschen, die ihnen zugrundeliegt."

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Seitenzahl: 259

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Die Texte für dieses Buch sind ausgesuchte Transkripte aus einer Diskurs-Serie die Osho über Khalil Gibrans „Der Prophet“ vor einer internationalen Zuhörerschaft gehalten hat. Alle Osho Diskurse sind als Originale publiziert worden und als Original-Audios erhältlich. Audios und das vollständige Text-Archiv finden sie unter der online Bibliothek „Osho Library“ bei www.osho.com

Wir danken dem Patmos Verlag für die freundliche Genehmigung zur Wiedergabe der Verse aus: Khalil Gibran, „Der Prophet“, aus dem Englischen übersetzt von Karin Graf © Patmos Verlag der Schwabenverlag AG, Ostfildern, 2011 www.verlagsgruppe-patmos.de

Ausgewählte Kapitel aus einer Serie von ursprünglich 47 Diskursen,die Osho über Khalil Gibrans Der Prophet gehaltem hat.

Ebook-Ausgabe 2019Übersetzung: Rajmani H. MüllerUmschlaggestaltung: Bunda S. Watermeier, www.watermeier.netCopyright© 1987, 2013 Osho International Foundation, Zürich, Schweizwww.osho.com/copyrightCopyright© 2013, Innenwelt Verlag GmbH, KölnOSHO® ist eine registrierte Handelsmarke der Osho International Foundation,Schweiz, lizensiert durch diese.www.osho.com/trademarksAlle Rechte vorbehalten.Nachdruck und fotomechanische Wiedergabe, auch auszugsweise,nur mit Genehmigung des Verlagswww.innenwelt-verlag.de

eISBN 978-3-947508-29-7

OSHO

SPRICH UNS VON DER

LIEBE

OSHO KOMMENTIERT AUSGESUCHTE VERSEAUS KHALIL GIBRANS „DER PROPHET”

INHALT

Vorwort

1. Über die Liebe

Sprich uns von der Liebe

2. Über die Ehe

Nicht die Ehe, die ihr kennt

3. Über die Kinder

Die Sehnsucht des Lebens nach sich selbst

4. Über die Arbeit

Arbeit ist sichtbar gemachte Liebe

5. Über die Freiheit

Der innere Kern der Freiheit

6. Über Vernunft und Leidenschaft

Das Ende der Spaltung

7. Über die Freundschaft

Von der Freundschaft zur Freundlichkeit

8. Über das Vergnügen

Die Saat der Glückseligkeit

Über Osho

VORWORT

Khalil Gibran ist reine Musik, ein Mysterium, wie es nur die Poesie in seltenen Augenblicken zu fassen vermag, aber nur ganz selten. Im Laufe der Jahrhunderte hat es immer wieder große Menschen gegeben, aber Khalil Gibran ist eine Kategorie für sich. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es selbst in Zukunft noch jemanden geben könnte, der eine so tiefe Einsicht in das menschliche Herz besitzt – in das Unbekannte, das uns umgibt.

Er hat das Unmögliche vollbracht: Es ist ihm gelungen, zumindest einige Fragmente des Unbekannten in die menschliche Sprache zu übertragen. Er hob die menschliche Sprache und das menschliche Bewusstsein zu einer Höhe, wie kein anderer es je vermochte. In Khalil Gibran scheinen sämtliche Mystiker, sämtliche Dichter, sämtliche schöpferischen Seelen sich die Hände zu reichen und sich zu verströmen. Doch obwohl es ihm, mit großem Erfolg, gelang, die Menschen zu erreichen, war er sich dennoch bewusst, dass dies nicht die ganze Wahrheit ist, sondern nur ein Schimmer. Aber einen Schimmer der Wahrheit zu erheischen, ist der Anfang einer Pilgerreise, die euch zum Höchsten, zum Absoluten, zum Universalen hinführt.

Ich möchte ein paar Dinge sagen, bevor ich anfange, die Aussagen von Khalil Gibran zu kommentieren.

Erstens: Khalil Gibran ist zweifellos ein großer Dichter, vielleicht der größte Dichter, der je auf Erden geboren wurde, aber er ist kein Mystiker. Und es ist ein immenser Unterschied zwischen einem Dichter und einem Mystiker. Der Dichter gelangt hier und da unvermutet in den gleichen Zustand wie der Mystiker. In diesen seltenen Momenten regnen Rosen auf ihn herab. In diesen seltenen Augenblicken ist er fast ein Gautam Buddha. Doch beachtet, ich sage „fast“. Diese seltenen Augenblicke kommen und gehen. Er ist nicht Herr über diese seltenen Augenblicke. Sie kommen wie ein Windhauch, wie ein Duft, und kaum hat man sie bemerkt, sind sie schon wieder vorüber. Das Genie des Dichters vermag diese Augenblicke in Worte zu fassen.

Solche Augenblicke gibt es auch in eurem Leben. Es sind freigebige Geschenke der Existenz – oder, anders gesagt, Kostproben, die euch den Anstoß geben, euch auf die Suche zu machen, bis dieser Zustand euer ganzes Leben durchdringt: euer Blut, eure Knochen, euer Mark. Dann werdet ihr diesen Zustand atmen, euer Herz wird in ihm pulsieren, und ihr werdet ihn nie wieder verlieren können, selbst wenn ihr es wolltet.

Der Dichter wird für kurze Augenblicke zum Mystiker. Der Mystiker aber ist für immer ein Dichter. Daraus ergab sich schon immer ein sehr schwieriges Problem, das niemand zu lösen vermochte. Immer wieder, tausende Male, ist diese Frage auf der ganzen Welt gestellt worden: Wenn schon der Dichter, der nur Kostproben bekommt, so viel Schönheit erschafft, so viel Poesie – die Worte werden unter seiner Berührung lebendig –, warum konnten dann die Mystiker nicht eine ebensolche Poesie hervorbringen, wo sie doch vierundzwanzig Stunden, Tag und Nacht, in diesem schöpferischen Zustand sind? Ihre Worte haben nicht diese Schönheit.

Nicht einmal die Worte von Gautam Buddha oder Jesus Christus reichen auch nur entfernt an die Worte von Khalil Gibran, Mikhail Naimy oder Rabindranath Tagore heran. Es scheint wirklich seltsam, dass diejenigen, die nur kurze Augenblicke davon erhaschen, so reiche Schöpfungen hervorbringen, während jene, die sich ständig, im Wachen wie im Schlafen, im universalen Bewusstsein aufhalten … wie kommt es, dass sie keine Khalil Gibrans hervorgebracht haben? Darauf wusste bisher niemand eine Antwort.

Meine eigene Erfahrung sagt mir: Wenn ein Bettler einen Goldschatz findet, wird er singen und tanzen, und er wird vor Freude ganz außer sich geraten. Nicht so ein Kaiser. Der Dichter wird hier und da zum Kaiser, aber nur hier und da. Er gewöhnt sich nicht daran. Der Mystiker hingegen verschmilzt nicht bloß für einen kurzen Augenblick mit dem universalen Bewusstsein – er ist eins damit geworden. Er kann nicht wieder daraus zurückkommen.

Die kleinen Kostproben lassen sich in Worte übersetzen, denn es sind bloß Tautropfen. Der Mystiker aber ist zum Ozean geworden; darum ist die Stille sein Lied. Alle Worte erscheinen so ohnmächtig. Nichts scheint geeignet, seine Erfahrung in irgendeiner Form zu kommunizieren. Der Ozean ist so grenzenlos, und er ist ständig eins mit ihm. Es ist natürlich, dass er sein Getrenntsein vergisst.

Um zu schaffen, muss einer da sein, der schafft. Um ein Lied zu singen, muss einer da sein. Aber der Mystiker ist selbst zum Lied geworden. Sein Dasein ist seine Dichtung. Man kann es nicht drucken, man kann es nicht malen, man kann es nur trinken. Mit einem Dichter zu kommunizieren, ist eine Sache, aber mit einem Mystiker in Kommunion zu sein, ist etwas völlig anderes. Doch es ist gut, mit den Dichtern anzufangen, denn wenn ihr nicht einmal Tautropfen aufnehmen könnt, ist der Ozean nichts für euch. Oder es wäre besser zu sagen: Ihr seid nichts für den Ozean. Euch wird selbst ein Tautropfen wie der grenzenlose Ozean vorkommen.

Khalil Gibran schrieb fast dreißig Bücher. „Der Prophet“, das Buch, von dem hier die Rede sein wird, war sein erstes. Die übrigen sind Schrott. Das ist ein seltsames Phänomen. Was geschah mit dem Mann? Als er dies schrieb, war er noch jung, einundzwanzig Jahre alt. Man sollte meinen, dass danach mehr und mehr hätte kommen müssen. Und er gab sich alle Mühe. Sein ganzes Leben lang schrieb er, aber nichts reichte auch nur annähernd an die Schönheit und Wahrheit des Propheten heran. Möglich, dass sich das Fenster nie wieder für ihn geöffnet hat.

Ein Dichter ist ein Zufallsmystiker. Es geschieht zufällig, wie ein Windhauch … man kann es nicht herbeizaubern. Und weil er weltberühmt wurde – dieses Buch ist in nahezu alle Sprachen der Welt übersetzt worden –, gab er sich große Mühe, etwas noch Besseres hervorzubringen. Aber genau deshalb versagte er. Es ist schade, dass ihm nie ein Mensch über den Weg lief, der ihm diese simple Wahrheit hätte sagen können: „Du hattest dir keine Mühe gegeben, als du den Propheten schufst; es geschah einfach. Und jetzt versuchst du, es zu machen.“ Es geschah einfach; es lag nicht an seinem Bemühen. Vielleicht war er nur ein Fahrzeug für etwas, das nicht sein eigen war… so wie ein Kind durch die Mutter geboren wird. Die Mutter kann das Kind nicht erschaffen; sie ist bloß ein Kanal.

„Der Prophet“ gehört zu jener Kategorie von ganz wenigen Büchern, deren Entstehung nicht abhängig ist von eurem Tun, von eurer Intelligenz, von euch. Im Gegenteil, sie können nur entstehen, wenn ihr nicht seid, wenn ihr sie geschehen lasst, wenn ihr nicht im Weg seid. Nur wenn ihr so entspannt seid, dass ihr euch nicht einmischt … Zu jenen äußerst seltenen Büchern gehört es.

Ihr werdet Khalil Gibran darin nicht finden – das macht die Schönheit dieses Buches aus. Er ließ das Universum durch sich hindurchfließen. Er ist nur ein Medium, ein Kanal, ein hohles Bambusrohr, das den Flötenspieler nicht behindert.

Nach meiner Erfahrung sind Bücher wie „Der Prophet“ heiliger als eure sogenannten heiligen Bücher. Und weil solche Bücher wahrhaft heilig sind, ist um sie herum keine Religion entstanden. Sie geben euch keine Rituale, sie geben euch keine Disziplin, sie geben euch keine Gebote. Sie ermöglichen euch nur, einen Schimmer von der gleichen Erfahrung zu erhaschen, die ihnen zugrunde liegt. Die ganze Erfahrung lässt sich nicht in Worte fassen, aber etwas davon … vielleicht nicht die ganze Rose, aber ein paar Rosenblätter. Sie sind ein ausreichender Beweis, dass die Rose existiert. Nur muss euer Fenster offen sein, damit ein Windhauch gelegentlich ein paar Rosenblätter hereinwehen kann.

Diese Rosenblätter, die ein Windhauch in euer Sein bringt, sind in Wirklichkeit Einladungen aus dem Unbekannten. Gott ruft euch zu einer langen Pilgerreise. Wenn ihr diese Pilgerreise nicht antretet, werdet ihr ohne Bedeutung bleiben, euch irgendwie dahinschleppen, aber nicht wirklich leben. Und es wird kein Lachen in eurem Herzen sein.

Khalil Gibran umgeht seinen eigenen Namen, indem er sich einen erfundenen Namen, Almustafa, ausdenkt. Damit beginnt „Der Prophet“. Almustafa ist der Prophet.

1. KAPITEL

ÜBER DIE LIEBE

SPRICH UNS VON DER LIEBE

Da sagte Almitra:

„Sprich uns von der Liebe.“

Und er hob den Kopf und sah auf die Menschen, und es kam

eine Stille über sie. Und mit lauter Stimme sagte er:

Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr,

Sind ihre Wege auch schwer und steil.

Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin,

Auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann.

Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie,

Auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann,

wie der Nordwind den Garten verwüstet.

Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich.

So wie sie dich wachsen lässt, beschneidet sie dich.

So wie sie emporsteigt zu deinen Höhen und die zartesten

Zweige liebkost, die in der Sonne zittern,

steigt sie hinab zu deinen Wurzeln und erschüttert sie in ihrer Erdgebundenheit.

Wie Korngarben sammelt sie dich um sich.

Sie drischt dich, um dich nackt zu machen.

Sie siebt dich, um dich von deiner Spreu zu befreien.

Sie mahlt dich, bis du weiß bist.

Sie knetet dich, bis du geschmeidig bist;

Und dann weiht sie dich ihrem heiligen Feuer,

damit du heiliges Brot wirst für Gottes heiliges Mahl.

All dies wird die Liebe mit dir machen, damit du die

Geheimnisse deines Herzens kennenlernst und in diesem

Wissen ein Teil vom Herzen des Lebens wirst.

Aber wenn du in deiner Angst nur die Ruhe und

die Lust der Liebe suchst,

Dann ist es besser für dich, deine Nacktheit zu bedecken und

vom Dreschboden der Liebe zu gehen

in die Welt ohne Jahreszeiten, wo du lachen wirst,

aber nicht dein ganzes Lachen, und weinen,

aber nicht all deine Tränen.

Die Menschen, die den Sinn des Lebens erkannt haben, sprechen nur zu jenen, die die Liebe verstehen können, denn die Liebe ist der Sinn des Lebens. Nur sehr wenige Menschen haben erkannt, dass die Liebe unsere innere Flamme ist. Nicht Nahrung hält uns am Leben, sondern Liebe. Und sie hält uns nicht nur am Leben, sondern gibt unserem Leben Schönheit, Wahrheit, Stille – und Millionen anderer Dinge, die keinen Preis haben.

Die Welt lässt sich zweiteilen in die Welt, in der alles einen Preis hat, und die Welt, in der Preise bedeutungslos sind. Wo Preise keine Rolle mehr spielen, entstehen Werte. Preise gibt es für Sachen, für tote Sachen. Das Leben erkennt das, was tot ist, nicht an. Aber an einer so einfachen Wahrheit gehen die Menschen ständig vorüber. Sie versuchen sogar, Liebe zu kaufen – sonst gäbe es keine Prostituierten. Und es betrifft nicht nur die Prostituierten. Was sind denn eure Ehen? – eine dauerhafte Einrichtung der Prostitution. Merkt euch: Erst wenn ihr in die Welt der Werte eintretet – wo Geld, Macht und Ansehen keinen Nutzen haben–, tretet ihr in das echte Leben ein. Und das Aroma dieses Lebens ist die Liebe.

Weil die Menschen so sehr daran gewöhnt sind, alles zu kaufen, vergessen sie, dass allein der Versuch, etwas zu kaufen, was man nicht kaufen kann, einem Mord gleichkommt. Der Ehemann fordert Liebe von seiner Frau, weil er sie gekauft hat, und dasselbe macht die Frau. Aber sie sind sich nicht bewusst, dass sie einander umbringen. Sie wissen nicht: Sobald die Liebe zu einer Ware wird, stirbt sie.

Die Liebe ist etwas sehr Zartes, sehr Heiliges. In all unseren Beziehungen versuchen wir, die andere Person zu einer Sache zu reduzieren. Eine Ehefrau ist eine Sache. Wenn ihr auch nur ein bisschen Intelligenz besitzt, werdet ihr sie einfach Frau sein lassen. Ein Ehemann ist nicht mehr lebendig. Lasst ihm die Freiheit, denn nur in Freiheit kann die Liebe erblühen. Aber in ihrer grenzenlosen Dummheit haben die Menschen alles kaputt gemacht, was wertvoll ist. Ihr versucht sogar, Gott zu kaufen. Wie groß ist eure Blindheit? Leute, die es sich leisten können – und beachtet das Wort „leisten“ –, haben in ihrem Haus einen eigenen Tempel. Statuen kann man kaufen, aber was auch immer man mit diesen Statuen anstellt, ist reiner Unsinn. Eine gekaufte Statue kann niemals zu einem lebendigen Gott werden. Und nicht nur die Statue kaufen sie, sie kaufen auch gleich den Priester mit, der sie verehren soll.

Ich habe Priester gesehen, die von Haus zu Haus gerannt sind, weil sie in mindestens zehn bis zwölf Tempeln den Gottesdienst abhalten müssen; nur so können sie davon leben. Und jene Leute, die sogar Gebete und Gottesdienste kaufen, sind der Meinung, die tugendhaftesten Handlungen zu vollbringen. Sie sind die Sünder!

Es wird in eurem Leben keine Blumen geben, wenn ihr nicht etwas habt, was ohne Preis ist. Gibt es etwas in eurem Leben, das keinen Preis hat?

Die Leute verkaufen sogar ihr Leben. Was sind denn eure Soldaten? Und ihre Zahl auf der ganzen Welt geht in die Millionen. Sie haben sich verkauft. Es ist ihre einzige Aufgabe, zu töten und getötet zu werden, aber soweit ich sehen kann, ist das unwesentlich. Sie haben sich selbst schon getötet an dem Tag, als sie sich verkauften. Sie mögen noch atmen, aber bloß zu atmen ist noch kein Leben. Auch die Bäume atmen, das Gemüse atmet, Kohlköpfe und Blumenkohlköpfe atmen, aber sie sind nicht lebendig, und sie wissen nichts von Liebe. Und sie haben Preisschilder. Vielleicht sind Kohlköpfe billiger und Blumenkohlköpfe etwas teurer – denn Blumenkohlköpfe sind nichts anderes als Kohlköpfe mit Universitätsdiplom. Aber tut das keinem Menschen an!

Und wenn man eine Sache nicht kaufen kann, dann kann man sie auch nicht besitzen. In eurem Tiefschlaf besitzt ihr sogar eure Kinder – „Das ist mein Kind!“ –, ohne euch je bewusst zu werden, dass dieses Besitzen einem Mord gleichkommt. Die Kinder kommen durch euch, aber sie gehören dem Universum. Ihr seid nur ein Kanal. Aber ihr macht alle Anstrengungen, dass euer Kind euren Familiennamen bekommt, eure Religion, eure politische Ideologie. Es soll nur ein gehorsames Objekt sein.

Als ich Student an der Universität war, erließ die indische Regierung eine Regelung, dass nur diejenigen, die am Wehrdienst teilgenommen hatten, einen Universitätsabschluss bekommen konnten. Es wurde zur Pflicht. Ich ging zum Rektor und sagte zu ihm: „Ich will gerne auf mein Abschlussdiplom verzichten, aber ich bin nicht bereit, an einer Ausbildung teilzunehmen, die nichts anderes ist als ein ausgeklügelter psychologischer Prozess, um die Bewusstheit und das Leben eines Menschen zu zerstören und ihn zu einer Nummer zu reduzieren.“

Wenn in der Armee jemand stirbt, steht am schwarzen Brett die Mitteilung: „Nummer Sechzehn ist gefallen.“ Wenn ihr das lest, dass Nummer Sechzehn gefallen ist, passiert in eurem Herzen gar nichts, denn Nummer Sechzehn hat keine Frau, keine Kinder, keine alte Mutter, keinen alten Vater, um die man sich kümmern muss. Nummern erzeugen keine Kinder. Das ist die Strategie. Aber wenn ihr einen Namen seht, werdet ihr plötzlich traurig: Was geschieht mit den Kindern, mit der Frau, mit der alten Mutter, mit dem alten Vater, der nur noch lebt, um seinen Sohn wieder nach Hause kommen zu sehen? Er weiß nicht, dass sein Sohn gar nicht mehr existiert. Er ist zur Nummer Sechzehn geworden. Die Nummer Sechzehn kann man ersetzen, und man wird sie ersetzen. Jemand anderer wird zur Nummer Sechzehn werden.

Einen lebenden Menschen kann man nicht ersetzen, wohl aber eine tote Nummer. Und das gilt nicht nur für die Soldaten. Wenn ihr euch selbst beobachtet: Wie oft habt ihr euch von der Menge, die euch umgibt, zur Nummer machen lassen! Selbst die Menschen, die euch sagen, dass sie euch lieben, wollen euch einfach nur besitzen und ausbeuten. Ihr seid ein Objekt ihrer Sehnsüchte, ihrer Begierden.

Die Liebe ist nicht auf dem Markt erhältlich. Um der Liebe willen müsst ihr verstehen, dass diese Existenz nicht etwas Totes ist. Sie ist voller Licht, überströmend von Liebe, doch um diese Liebe erfahren zu können, muss man auf die Welt der Werte eingestimmt sein.

Almustafa hat einigen Leuten keine Antwort gegeben. Vielleicht waren sie es nicht wert, dass man ihnen antwortete. Sie haben ihre Seelen verloren: Einer ist Gouverneur geworden, ein anderer ist Präsident geworden. Die Präsidenten und Gouverneure und Premierminister haben keine Seele. Sonst wäre es unmöglich, dass ein Mann wie Josef Stalin eine Million Russen töten konnte. Und das waren keine Kapitalisten – Russland war nie so reich –, es waren arme Leute, aber sie wollten nicht anderer Leute Eigentum sein und rebellierten gegen die Sklaverei. Zuerst hatten die Zaren sie seit Jahrhunderten umgebracht, doch Stalin übertraf noch sämtliche Zaren. Aber manchmal denke ich: Vielleicht hat er lediglich tote Leute getötet? Adolf Hitler hat sechs Millionen Menschen umgebracht – aber vielleicht ist es gar nicht richtig, ihn dafür zu verdammen? Vielleicht hatten diese sechs Millionen Menschen ihre Seele schon lange verloren: Einer war zum Ehemann geworden, ein anderer zur Ehefrau, einer war zum Vater geworden, ein anderer zur Mutter. In der Welt der Natur ist eine Frau einfach eine Frau – und keine Dame. Eine Dame ist eine Frau, die ein postumes Leben lebt. In der Natur gibt es echte Männer, wild und in der Erde verwurzelt, aber ihr findet dort keinen eurer sogenannten Gentlemen. Das sind Heuchler, die schon lange tot sind und nur noch atmen, essen und sich von der Wiege bis zum Grabe dahinschleppen. Wenn sie wirklich lebendig wären, hätten sie das Geheimnis kennengelernt, das zwischen Geburt und Tod waltet.

Almustafa weigerte sich einfach, diesen Leuten zu antworten, die vielleicht gebildet waren, die vielleicht reich waren – aber ihre Fragen waren unecht. Ihre Fragen waren amerikanisch.

Ich muss euch daran erinnern, dass das (englische) Wort für „unecht“, phony, aus Amerika stammt. Es kommt von „Telefon“. Wenn ihr mit jemandem am Telefon redet, habt ihr bemerkt, wie sich die Stimme verändert? Sie ist nicht mehr die gleiche, der Tonfall ist nicht mehr der gleiche, und man weiß nicht: Ist der Mensch am anderen Ende ein Amerikaner oder ein Geist?

Ich habe gehört …

Ein berühmter Psychoanalytiker behandelte einmal einen superreichen Milliardär. Sein Honorar war mehr, als Millionen Leute sich leisten könnten, aber für den Superreichen war es nur ein Klacks. Er kam regelmäßig. So verging ein Jahr, und er legte sich nach wie vor auf die Couch des Psychoanalytikers und redete über alle möglichen absurden Dinge. Genau das Zeug, womit auch eure Köpfe vollgestopft sind. Es ist aber ein Unterschied, ob man es für sich behält … doch in der Psychoanalyse muss man es hervorholen. Der Psychoanalytiker begann sich zu langweilen, aber er konnte seinen reichen Patienten nicht einfach loswerden, weil er so viel Geld von ihm bekam. Schließlich fand er für das Problem eine amerikanische Lösung. Er sagte zu dem Reichen: „Ich habe so viele Patienten, und manchmal dauert eine Sitzung mit Ihnen drei, vier, fünf Stunden. Sie haben Zeit, und Sie haben Geld. Ich möchte Ihnen einen bescheidenen Vorschlag machen: Ich werde ein Tonbandgerät benutzen, das Ihnen zuhört. Auf diese Weise kann ich mir vier bis fünf Stunden ersparen, und abends, wenn ich Zeit habe, kann ich mir das Band anhören.“

Der Reiche sagte: „Super!“

Als der Psychoanalytiker am nächsten Tag in seine Praxis kam, war der Reiche gerade dabei zu gehen. Er sagte zu ihm: „Wie, Sie sind schon fertig? So schnell?“

Der Reiche sagte: „Nein, aber ich habe auch mein Tonbandgerät mitgebracht. Jetzt redet mein Tonbandgerät zu Ihrem Tonbandgerät. Wozu soll ich fünf Stunden vergeuden? Wenn es sich auch mit Tonbandgeräten machen lässt, wozu soll ich dann jeden Tag kommen?“

So werden die Menschen allmählich immer mechanischer. Sie sagen Dinge, sie leben ihr Leben, aber alles wie Roboter.

Dale Carnegie, einer der prominentesten Philosophen Amerikas – nirgendwo anders würde er als Philosoph gelten, nur in Amerika … Sein Buch, „Wie man Freunde gewinnt und Menschen beeinflusst“, verkauft sich am zweitbesten nach der Bibel. Dabei ist es voller Stuss. Er empfiehlt jedem Ehemann, mindestens drei bis vier Mal am Tag seiner Frau zu sagen: „Liebling, ich liebe dich so sehr. Ich kann ohne dich nicht leben. Ich kann mir nicht vorstellen, was ich ohne dich machen würde.“ Ob man es meint oder nicht, spielt keine Rolle.

Seht ihr die Falschheit? Wenn du jemanden liebst, ist es schwierig zu sagen: „Ich liebe dich“, weil Worte so unzulänglich sind. Und es drei oder vier Mal mechanisch als Routine zu wiederholen … Es bedeutet gar nichts, man ist wie eine Schallplatte. Vielleicht ist die Nadel auf der Platte hängen geblieben: „Liebling, ich liebe dich.“ Und der Liebling antwortet genauso, aber tief drinnen hassen sie sich gegenseitig: „Das ist die Frau, die meine Freiheit ruiniert hat.“ – „Das ist der Mann, der mich in dieses Gefängnis gesteckt hat.“

Die Liebe ist der höchste Wert. Darum konnte Jesus sagen: „Gott ist Liebe.“ Aber seine Aussage ist zweitausend Jahre alt. Sie bedarf einer Korrektur. Sie muss ein wenig modernisiert werden. Gott ist nicht Liebe. Ich sage euch: Liebe ist Gott. Und es besteht ein enormer Unterschied zwischen den beiden Aussagen, obwohl es die gleichen Wörter sind. Wenn Gott Liebe ist, bedeutet es, dass Liebe nur eine der Eigenschaften Gottes ist. Er kann noch viele andere Eigenschaften haben: Er kann weise sein, er kann gerecht und fair sein. Er kann Vergebung sein.

Aber wenn man sagt: „Liebe ist Gott“, ist es eine völlig andere Aussage. Dann wird Gott selbst zu einer Eigenschaft all jener, die wissen, wie man liebt. Dann ist es nicht nötig, an Gott zu glauben … denn er ist nur eine Hypothese. Und es liegt an euch, was ihr aus dieser Hypothese macht.

Der jüdische Gott des Alten Testaments sagt: „Ich bin ein sehr zorniger Gott, ich bin sehr eifersüchtig. Ich bin nicht nett! Merkt euch das, ich bin nicht euer Onkel! Ich kann keinen anderen Gott dulden.“ Die Muslime haben die jüdische Vorstellung von Gott übernommen. Deswegen haben sie alle Statuen und Tempel, wunderbare Kunstwerke zerstört, denn es gibt nur einen Gott und nur ein heiliges Buch und nur einen Propheten, Mohammed. Das ist eine faschistische Einstellung – hässlich und unmenschlich. Was wäre das Problem, wenn es Millionen von Göttern gäbe? Die Welt wäre viel reicher. Warum haltet ihr an einem einzigen Gott fest?

Das Judentum, das Christentum, der Islam – all diese Religionen, die an einen einzigen Gott glauben, glauben an die Diktatur, nicht an die Demokratie. Wo liegt das Problem? Gautama Buddha ist vielleicht die erste demokratische religiöse Figur. Er sagt: „Jeder Mensch ist ein potenzieller Gott, und letztlich werden alle zur Göttlichkeit aufblühen.“ Das hat seine Schönheit.

Almustafa hat jenen Leuten nicht geantwortet. Stattdessen weinte er; Tränen traten ihm in die Augen, denn ihre Fragen waren unecht. Sie fragten nur, um den anderen zu zeigen, wie klug sie waren. Ihr kennt sehr genau den Unterschied zwischen einer kopfigen Frage und einer echten Suche. Wenn ihr nur euer Wissen demonstrieren wollt, ist kein Forschen in eurem Herzen. Dann fragt ihr, um zu beweisen, dass ihr nicht unwissend seid. In der Tat, noch bevor ihr die Frage stellt, wisst ihr bereits die Antwort – nicht aus eurer eigenen Erfahrung, sondern sie ist geborgt.

Ein großer Philosoph kam in Gautama Buddhas Tagen, um ihn zu sehen, und er brachte seine fünfhundert Schüler mit. Buddha wies nie jemanden zurück. Selbst im letzten Augenblick vor seinem Tode fragte er, ob noch jemand eine Frage habe: „Jetzt gehe ich, mein Schiff ist gekommen. Und ich will nicht, dass künftige Generationen sagen, Gautama Buddha habe eine authentische Frage nicht beantwortet, als er noch am Leben war.“ Buddha fragte den Philosophen: „Ist es eine Frage oder eine Suche?“

Der Philosoph sagte: „Worin besteht der Unterschied?“

Buddha sagte: „Der Unterschied ist unüberbrückbar wie Erde und Himmel. Eine Suche ist ein Durst. Eine Frage ist ein Gedankenspiel. Wenn ein Suchen in dir ist, bin ich bereit zu antworten. Aber wenn es nur eine Frage ist, verschwende nicht meine Zeit.“

Almustafa antwortete diesen Leuten nicht, unter denen er zwölf Jahre gelebt hatte, und die ihn nie irgendetwas gefragt hatten. Aber als Almitra ihn fragte – die Frau, die ihn schon am ersten Tag erkannte, als er in die Stadt Orphalese kam –, da antwortete er. Und mit was für einer Schönheit, mit was für einer Poesie, mit was für einer Wahrheit er antwortete!

Wahrscheinlich hat noch nie jemand auf eine solche Weise geantwortet, nicht einmal Krishna, der seinem Jünger Arjuna Frage um Frage beantwortete. Arjunas Fragen mögen echt sein, Krishnas Antworten hingegen sind es nicht. Ihm geht es nicht um ein Suchen. Ihm geht es ausschließlich um Politik: Er will Arjuna irgendwie überreden, am Krieg teilzunehmen. Darum antwortet er ihm auf unterschiedliche und widersprüchliche Weise, und als er erkennt, dass seine Antworten Arjuna nicht überzeugen, greift er schließlich zum allerletzten Argument, dessen sich jeder Diktator auch bedienen würde.

Er sagt schließlich: „Es ist Gottes Wille, dass du an dem Krieg teilnehmen sollst.“ – Schon merkwürdig, dass Gott zu ihm redet und nicht direkt zu Arjuna. Wenn ich an Arjunas Stelle gewesen wäre, hätte ich gesagt: „Was dich betrifft, mag es Gottes Wille sein – dann kämpfe du! Aber was mich betrifft, ist es Gottes Wille, nicht zu kämpfen, sondern mit diesem ganzen Unsinn des Vernichtens und Tötens von Menschen Schluss zu machen und mich tiefer in den Himalaja zurückzuziehen, um zu meditieren.“ Aber er bekam es mit der Angst zu tun. Wenn es Gottes Wille war, musste er kämpfen. Er vergaß eine einfache Sache: Wozu braucht Gott immer irgendeinen Vermittler? Warum kann er nicht direkt reden? Tatsache ist: Es gibt keinen Gott. Diese Vermittler sind die gerissensten Leute auf der Welt. Im Namen Gottes zwingen sie anderen ihre eigenen Ideen auf. Und weil sie keine zwingenden Argumente haben, bringen sie als stärkstes Geschütz Gott ins Spiel.

Ich habe mich immer gefragt: Ist Gott wirklich eine Frage für euch? Ist es eine Frage für irgendwen? Es ist eine philosophische, eine intellektuelle, eine hypothetische Frage. Was würdet ihr aber tun, wenn euch Gott begegnete? Und was würde es euch bringen, Gott zu begegnen? – Nein, die wirkliche Suche des Menschen gilt nicht Gott.

Almitra fragt Almustafa nicht: „Sprich uns von Gott.“

Nein, sie fragt:

Sprich uns von der Liebe.

Man beachte, dass nur eine Frau über die Liebe fragen kann. Der Mann will Gott kennen oder er will zu Gott werden. Das sind Machttrips. Die Liebe ist kein Machttrip. Die Liebe ist die einzige Erfahrung, durch die ihr bescheiden werdet, schlicht, unschuldig. Und was sagt Almustafa? Meditiert darüber. Jedes einzelne Wort ist von immenser Bedeutung:

Und er hob den Kopf und sah auf die Menschen …

Bevor man antwortet, muss man den Menschen ins Herz schauen, um zu sehen, ob sich dort etwas regt, ob ihr Suchen der Liebe gilt. Almitra hat eine sehr grundlegende Frage gestellt, die grundlegendste Frage überhaupt. Aber wie steht es mit den Leuten, mit der Menge, die sich dort versammelt hat?

Und es kam eine Stille über sie.

Eine große Stille, denn es waren einfache Leute, und als Almustafa umherblickte, in ihre Augen, in ihre Gesichter, da war eine große Stille. Diese schlichten Menschen wollten wirklich wissen, was Almitra gefragt hatte. Vielleicht waren sie nicht so beredt, um diese Frage zu stellen; Almitra hatte ihnen ihre Stimme verliehen, als Stellvertreterin ihrer Herzen. Als er das sah …

Und mit lauter Stimme sagte er:

Wenn die Liebe dir winkt, folge ihr …

Zweifle nicht, sei nicht skeptisch, denn die Liebe winkt dir zu etwas, was du noch nicht kennst. Obgleich du den Samen in dir trägst … doch der Same kennt nicht seine eigene Blüte. Wenn die Liebe dir winkt, bist du gesegnet – folge ihr,

Sind ihre Wege auch schwer und steil.

Die Liebe ist nicht nur ein Rosenbeet.

Und wenn ihre Flügel dich umhüllen, gib dich ihr hin …

Leiste keinen Widerstand, widerstrebe ihr nicht, folge ihr nicht halbherzig. Sei nicht lauwarm.

… auch wenn das unterm Gefieder versteckte Schwert dich verwunden kann.

Und zweifellos verwundet die Liebe die Menschen, aber diese Wunde gleicht einem chirurgischen Eingriff. Ihr tragt so viel Hass in euch. Dieser Hass muss zerstört werden. Eine Zeitlang werdet ihr vielleicht eine Wunde fühlen, ein Vakuum, wo vorher der Hass war.

Und wenn sie zu dir spricht, glaube an sie …

Er sagt nicht: „Glaube an das, was sie sagt.“ Beachtet, dass er sagt: „Wenn die Liebe spricht, glaube an sie.“ Das ist ein sehr feiner Unterschied. Wenn ich zu euch spreche, könnt ihr glauben, was ich euch sage – vom Kopf her, aber das würde überhaupt nichts helfen, denn schon morgen könnte jemand dagegen reden, mit besseren Argumenten, mit besserer Logik. Dann würdet ihr das übernehmen.

Almustafa sagt: Glaube an sie –, nicht an das, was sie sagt. Das ist eine ungeheuer machtvolle Aussage. Immer wenn ein Meister spricht, kümmert euch nicht zu sehr um seine Worte. Wenn die Worte euch helfen können, an die Echtheit des Meisters zu glauben, dann haben sie ihre Aufgabe erfüllt. Wenn ihr einem Menschen glaubt, kommt es aus dem Herzen; es ist kein Argument. Wenn ihr an Worte glaubt, kommt es aus dem Kopf; es ist nur ein Argument.

Doch das Leben ist kein Argument, und die Liebe ist kein Argument. Sie ist eine Begegnung zweier Herzen, zweier Wesen – zwei Körper werden eins. Darum sagt Almustafa:

Auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann …

Sie wird deine Träume zerschmettern. Sie wird deinen Schlaf zerschmettern. Sie wird dich zerschmettern. An Worte zu glauben, wird nichts in dir zerschmettern. Im Gegenteil, du wirst noch mehr Wissen ansammeln, und dein Ego wird sich noch mehr schmücken.

Auch wenn ihre Stimme deine Träume zerschmettern kann wie der Nordwind den Garten verwüstet.

Denn so, wie die Liebe dich krönt, kreuzigt sie dich.