SPY (Band 4) - L.A. Action - Arno Strobel - E-Book
SONDERANGEBOT

SPY (Band 4) - L.A. Action E-Book

Arno Strobel

0,0
8,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 8,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Kamera ab für coole Stunts in Los Angeles Ist das jetzt Urlaub oder ein ernstzunehmender Einsatz? Junior-Agent Nick wird als Berater an ein Filmset in Hollywood gerufen. Gedreht wird auf einer alten Air Base der US-Army. Bereits am ersten Drehtag stürzt ein Mann vom Dach einer Kulisse. Aber warum hat der Typ dabei so ausgesehen, als wäre er irgendwie ferngesteuert? Als am nächsten Tag fast das ganze Filmteam verschwindet, ist klar: Hier ist etwas gewaltig faul. Und schon steckt Nick mitten in seinem vierten Abenteuer als Junior-Geheimagent, Deckname SPY. Im neuen Teil der Abenteuer-Reihe schicken Bestsellerautor Arno Strobel und Nina Scheweling Nick zu seinem nächsten Auftrag nach Hollywood. Ein turboschnelles, actionreiches Abenteuer und ideales Lesefutter für Jungen und Mädchen.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 256

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



INHALT

Prolog

Kapitel 1 – »So lasse ich …

Kapitel 2 – Das schrille Klingeln …

Kapitel 3 – »Wir gehen zuerst …

Kapitel 4 – Nick musste nicht …

Kapitel 5 – Gegen Mittag war …

Kapitel 6 – »Cut!«, schallte die …

Kapitel 7 – Ein Knall ertönte. …

Kapitel 8 – Nick schreckte hoch …

Kapitel 9 – Verstohlene Blicke folgten …

Kapitel 10 – Steven, Rudy, Jasper …

Kapitel 11 – Nachdem die Szene …

Kapitel 12 – Paula kuschelte sich …

Kapitel 13 – »Also gut. Dann …

Kapitel 14 – Mit einer seltsamen …

Kapitel 15 – Der Van bog …

Kapitel 16 – Jack wusste nicht, …

Kapitel 17 – Um bei den …

Kapitel 18 – Nick und Carol …

Kapitel 19 – Ein Auto zu …

Kapitel 20 – Nick, Carol und …

Kapitel 21 – Jack unterdrückte ein …

Kapitel 22 – »Wir müssen irgendetwas …

Kapitel 23 – Wenn Blicke töten …

Kapitel 24 – Mit einem sanften …

Kapitel 25 – Eine Stunde später …

Kapitel 26 – Nick starrte auf …

Kapitel 27 – Bruno lotste Nick …

Kapitel 28 – Seit Nick, Carol, …

Kapitel 29 – In einiger Entfernung …

Kapitel 30 – Sein Bein tat …

Kapitel 31 – Er warf noch …

Kapitel 32 – Nick drehte das …

Kapitel 33 – »Irgendeinen Vorteil muss …

Kapitel 34 – Nach mageren drei …

Kapitel 35 – Der Befehlshaber des …

Kapitel 36 – Nick saß im …

Kapitel 37 – Für die letzten …

Kapitel 38 – Das schrille Heulen …

Kapitel 39 – »Guten Tag.« Leas …

Kapitel 40 – Zeitgleich mit dem …

Kapitel 41 – Miles schlug die …

Kapitel 42 – Das leise Rauschen …

Epilog

Von Arno Strobel sind im Loewe Verlag bisher erschienen

Über den Autor

Weitere Infos

Impressum

PROLOG

Die Frau blieb im Türbereich stehen und ließ den Blick durch den überfüllten Wagen der U-Bahn wandern. Selbst von seinem Platz drei Sitzreihen hinter dem Einstieg konnte er den verzweifelten Ausdruck in ihrem von tiefen Falten durchzogenen Gesicht erkennen. Sie mochte um die achtzig sein. Vielleicht auch älter. In seinem Alter konnte man Menschen ihrer Generation schlecht schätzen.

Sie stand leicht nach vorne gebeugt und hatte die Hände auf den Plastikgriff ihres rot karierten Einkaufstrolleys gelegt. Als die Türen sich mit einem schmatzenden Geräusch hinter ihr schlossen, hob sie eine Hand und hielt sich krampfhaft an einer der Haltestangen fest, die vom Boden des Waggons bis zum Dach reichten. Gerade noch rechtzeitig, um den Ruck abfangen zu können, mit dem die U-Bahn sich in Bewegung setzte.

Er musste nicht lange darüber nachdenken, was zu tun war. »Halten Sie bitte mal kurz frei?«, fragte er den ebenfalls schon recht betagten Mann, der neben ihm am Fenster saß, und erhob sich, noch bevor der reagieren konnte. Vor der Frau blieb er stehen und deutete auf den Platz, auf dem er gerade noch gesessen hatte. »Da vorne ist frei. Bitte, setzen Sie sich doch.« Nach einem kurzen Blick hinüber lächelte sie ihn dankbar an. »Das ist aber sehr nett von dir, mein Junge. Danke schön.« Und während sie den Trolley umständlich vor sich herschob, fügte sie hinzu: »So etwas erlebt man heute ja nicht mehr so oft.«

Er nickte seinem ehemaligen Sitznachbarn zu, der ihm lächelnd einen erhobenen Daumen entgegenreckte, und dachte belustigt, dass er wohl gerade ein analoges »Gefällt mir« erhalten hatte.

Noch zwei Stationen bis zur Friedrichstraße. Dort war er mit Alex, einem Klassenkameraden, im Starbucks verabredet. Das hatten sie in letzter Zeit schon öfter gemacht.

Treffen in einem Café … Beim Gedanken daran kam er sich plötzlich schon sehr erwachsen vor.

Während die Bahn durch den Tunnel ratterte, betrachtete er die Menschen um ihn herum. Das tat er ausgesprochen gerne, seit er festgestellt hatte, dass die Leute die verrücktesten und manchmal auch die peinlichsten Dinge taten, wenn sie sich unbeobachtet fühlten. Seltsamerweise fühlten offenbar die meisten sich tatsächlich unbeobachtet, wenn sie gedankenverloren in einem Auto oder in einer überfüllten U-Bahn saßen. Ausgerechnet dort, wo man quasi wie auf einem Präsentierteller saß. Witzig.

Wenig später kam die Bahn mit quietschenden Bremsen zum Stehen, die Tür vor ihm öffnete sich. Friedrichstraße. Seine Station.

Er hatte den Wagen gerade verlassen, als sein Smartphone klingelte. Er blieb stehen, fischte das Gerät aus der Tasche seiner Jeans und wunderte sich kurz, dass die Nummer unterdrückt war, dann nahm er das Gespräch an.

Zwei Sekunden später versteinerte sein Gesicht. Die Hand, die das Smartphone hielt, öffnete sich, woraufhin das Telefon zu Boden fiel. Ohne sich darum zu kümmern, wandte er sich ab und ging mit seltsam mechanisch wirkenden Bewegungen los. Er sah weder das überraschte Gesicht der jungen Frau neben sich, noch bemerkte er den Mann, der einige Meter hinter ihm stand und ihn nicht aus den Augen ließ. Es hätte ihn auch nicht interessiert. Es gab nichts mehr, was ihn interessierte. Er hatte aufgehört zu denken.

1

»So lasse ich mir den Dienst gefallen.« Carol verteilte die Sonnenmilch auf ihrem Bauch und ließ ihren Blick über die anderen Gäste wandern, die sich wie sie auf bequemen Liegen rund um den Hotelpool rekelten.

»Allerdings«, pflichtete Nick ihr bei und griff nach dem Glas Orangensaft, dessen Außenseite beschlagen war. »Ein Hotel mitten in L.A., in dem man nach Strich und Faden verwöhnt wird, und ab morgen am Set eines Hollywoodfilms. Ich finde, das haben wir uns verdient.«

»Solltet ihr euch jetzt nicht eigentlich mit den Unterlagen für euren bevorstehenden Einsatz als Berater beschäftigen, statt hier in der Sonne zu liegen und euch auf Staatskosten einen lauen Tag zu machen?«

Nick verdrehte die Augen. »Lieber Bruno, um Filmleuten ein paar Tipps zu geben, müssen wir uns nicht groß vorbereiten, so was machen wir doch mit links.«

Carol, Petra und Paula lächelten. Sie wussten, dass Nick wieder einmal einen Dialog mit seinem CBPI führte, dem Computer Based Personal Interface, wie das dünne Armband bezeichnet wurde, in dem sich ein hoch entwickelter Computer befand.

»Aber es war eine klare Anordnung von Direktor Faber«, beharrte Bruno.

»Na und?«

Für eine Weile herrschte Ruhe, und Nick glaubte schon, Bruno hätte es aufgegeben, als sich wieder die Stimme aus dem winzigen Lautsprecher meldete, der hinter seinem Ohr unter die Kopfhaut implantiert war.

»Nick?«

»Was ist denn jetzt noch?«

»Darf ich dir eine Frage stellen?«

»Seit wann fragst du vorher?«

»Deine Gegenfrage beantwortet meine Frage nicht.«

»Also los«, entgegnete Nick genervt. »Frag schon.«

»Warum hältst du dich eigentlich nie an Anweisungen?«

»Weil manche dieser Anweisungen einfach unnötige Spaßbremsen sind.«

»Du weißt aber schon, dass ich dazu programmiert wurde, dich auf Fehlverhalten hinzuweisen.«

Nick grinste vor sich hin. »Japp.«

»Wenn ich jetzt aber tue, wofür ich programmiert wurde, und dich darauf hinweise, dass du dich hier nicht aufhalten solltest …«

»Halt die Klappe, sonst lass ich dich verschrotten.«

»… wirst du mich wieder beschimpfen.« Und nach einer Pause fügte Bruno hinzu: »Warum tust du das?«

»Weil du dann auch eine unnötige Spaßbremse bist. Und jetzt sei still.«

Nick wandte sich an Carol. »Kannst du Bruno bei Gelegenheit so programmieren, dass er sich seine Kommentare spart und nur noch tut, was ich ihm sage?«

Carol lächelte verschmitzt. »Das könnte ich sicher, aber ich werde es nicht tun.«

»Ich habe es befürchtet.«

»Sag mal«, Petra richtete sich auf ihrer Liege auf und sah Nick direkt an, »du hast dich doch heute Morgen noch ausgiebig mit Faber unterhalten. Was genau erwarten die ab morgen eigentlich von uns?«

Nick zuckte mit den Schultern. »Ich weiß auch nicht mehr als ihr. Die drehen einen Film über jugendliche Agenten, so was wie junge X-Men, und damit das Ganze zumindest ein bisschen realistisch wirkt, sollen wir sie beraten.«

»Hm …«, machte Paula. »Und warum fordern die dafür uns an? Aus Deutschland? Die haben doch hier sowohl das FBI als auch die CIA, und zumindest von Letzterer wissen wir, dass sie ebenfalls eine Abteilung für junge Agenten hat. Warum lassen sie sich nicht von denen beraten?«

Nick hob beide Hände. »Keine Ahnung. Vielleicht haben sie geschnallt, dass wir einfach mehr draufhaben als die Jungs und Mädels von der CIA.«

Alle lachten auf. »Na ja, zumindest …« Carol stockte kurz, dann richtete sie den Blick nach unten und murmelte: »Faber im Anmarsch.«

Vor ihren Liegen blieb der Direktor stehen und baute sich mit in die Hüften gestemmten Händen vor ihnen auf. »Ich habe mir gleich gedacht, dass ich euch hier finde. Wie weit seid ihr mit den Vorbereitungen?«

»Alles erledigt«, entgegnete Nick ohne Zögern. »Wir wissen Bescheid.«

Eine Weile sahen die beiden sich in die Augen, dann verzog sich Fabers Mund zu der Andeutung eines Grinsens.

»Nader! Ihr habt die einmalige Gelegenheit, mit wenig Aufwand eine schöne Zeit in Hollywood zu verbringen. Ein wirklich leichter Auftrag. Wenn da irgendetwas schiefläuft, werde ich dich grillen, klar?«

»Ja, ist klar«, erklärte Nick. »Da wird nichts schieflaufen.«

Faber nickte und blickte ernst von einem zum anderen. »Ich hoffe, ihr seid euch darüber im Klaren, dass das trotzdem ein offizieller und ernst zu nehmender Auftrag ist. Ich erwarte, dass ihr heute Abend früh im Bett liegt. Morgen geht es sehr zeitig los.«

»Klar«, sagte Petra.

»Glasklar«, bestätigte Paula.

Nach einem letzten mahnenden Blick wandte Faber sich ab und stampfte kopfschüttelnd davon.

»Hab ich es dir nicht gesagt?«, zeterte Bruno, doch Nick ignorierte ihn. Mit einem Seufzen verschränkte er die Arme hinter dem Nacken und schloss die Augen.

»Ihr habt es gehört, Leute. Bereitet euch gefälligst ernsthaft auf den entspanntesten Auftrag aller Zeiten vor.«

2

Das schrille Klingeln fuhr ihm durch Mark und Bein. Stöhnend tastete Nick nach seinem Handy und wischte über das Display, um dem nervigen Weckton ein Ende zu bereiten. Dann drehte er sich um, schloss die Augen und zog die Decke bis zur Nasenspitze hoch.

»Aufstehen, Schlafmütze.«

Bruno. Der hatte ihm gerade noch gefehlt.

»Nur noch fünf Minuten«, murmelte Nick.

»Es ist Viertel vor fünf.«

»Hmm.«

»In fünfzehn Minuten holt euch der Fahrer ab.«

»Dann hab ich ja noch Zeit.« Als Bruno schwieg, glaubte Nick schon, dass sein CBPI sich damit zufriedengeben würde.

»Hopp, hopp. Raus aus den Federn.«

Falsch gedacht. »Es ist mitten in der Nacht«, maulte Nick.

»Morgenstund hat Filmsetgold im Mund«, trällerte es fröhlich in sein Ohr.

Nick vergrub den Kopf unter dem Kissen, wohl wissend, dass das herzlich wenig bringen würde.

»Der frühe Agent fängt den Wurm.«

»Klappe.«

»Carpe diem.«

Nick seufzte. »Schon gut, schon gut. Ich steh auf.«

Zehn Minuten später zog Nick die Zimmertür hinter sich zu. Er ging den mit dickem Teppich ausgelegten Flur entlang zum Aufzug und fuhr hinab in die Lobby. Die Filmproduktion hatte sich nicht lumpen lassen und ihnen ein Hotel in der Nähe der Filmstudios spendiert. Als sich die Aufzugtüren öffneten, gaben sie den Blick frei auf prachtvolle Kronleuchter, einen glänzenden Marmorfußboden und Mobiliar im Stil der 1930er-Jahre. Nicht unbedingt Nicks Geschmack, aber dennoch beeindruckend.

Die anderen saßen in einer der ledernen Sitzgruppen und sahen ebenso verschlafen aus, wie er sich fühlte. Nur Direktor Faber wirkte, als wäre er schon seit Stunden wach. Nick fragte sich manchmal, ob dieser Mann überhaupt je schlief.

Als Faber Nick aus dem Aufzug kommen sah, faltete er die Zeitung zusammen, in der er gelesen hatte, und erhob sich. »Wir sind vollzählig. Dann können wir aufbrechen. Und denkt daran: Ihr redet nicht über eure Fähigkeiten, verratet keine Details zur Schule und gebt keine Interna preis!«

Nick sah zu Carol und verdrehte die Augen, was Carol mit einem Grinsen erwiderte.

»Nick Nader, das habe ich gesehen!«, kommentierte Faber trocken. »Ich meine es ernst: Wer Dummheiten macht oder sich nicht an die Regeln hält, sitzt im nächsten Flugzeug zurück nach Deutschland.«

Sie traten durch die Glastür auf die geschwungene Auffahrt hinaus, wo bereits der Fahrer in einem schwarzen Van auf sie wartete. Nachdem sie ihr Gepäck eingeladen und sich auf die Plätze verteilt hatten, startete ihr Chauffeur den Wagen und schlug den Weg in Richtung Mojave-Wüste ein.

Die ehemalige Air-Force-Base, auf der in den nächsten zwei Tagen einige Außenaufnahmen des Films gedreht wurden, lag etwa drei Stunden außerhalb von Los Angeles. Aus diesem Grund hatte die Filmfirma mehrere Wohnwagen auf dem Stützpunkt aufstellen lassen, in denen die Crew sowie die Agenten vom BND übernachten würden. Sobald die Aufnahmen im Kasten waren, gingen die Dreharbeiten in den Hollywood-Studios weiter.

Sie waren inzwischen auf die Interstate abgebogen, auf der um diese Uhrzeit noch wenig Verkehr herrschte. Nick kuschelte sich in den Sitz und betrachtete das Häusermeer, das vor dem Fenster vorbeizog. Während über der Stadt langsam die Sonne aufging, führte die vierspurige Straße sie vorbei an glänzenden Türmen aus Stahl und Glas, schicken Villen, nüchternen Geschäftsgebäuden, Museen und Konzerthallen, palmenbestandenen Parks und Boulevards, Prachtstraßen und Shoppingmalls und schließlich durch nicht enden wollende Außenbezirke, die nahtlos in die Vorstädte übergingen. Irgendwann taten sich immer mehr Lücken zwischen den Häusern auf, die Bebauung wurde spärlicher und weniger urban, und nach etwa einer Stunde hatten sie Los Angeles endgültig hinter sich gelassen. In der Ferne erhoben sich kahle Berge. Ab und zu tauchte eine Kleinstadt am Straßenrand auf, ein Bahnübergang, vereinzelte Farmen. Und schließlich gab es nur noch rötlich braune, felsige, mit Büschen bewachsene Wüste, so weit das Auge reichte.

»Wir sind da.«

Nick fuhr erschrocken zusammen und richtete sich auf. Er musste eingeschlafen sein. Verstohlen wischte er sich Spucke aus dem Mundwinkel und sah in die Richtung, in die der Fahrer deutete. In einiger Entfernung waren Gebäude zu erkennen, die sich über ein großes, eingezäuntes Areal erstreckten. Das Zentrum bildete ein zweistöckiges, schmutzig graues Hauptgebäude. Rechts davon reihten sich mehrere niedrige Baracken aneinander. Auf der linken Seite befanden sich Hangars, Lagerhallen sowie ein rostiger Wasserturm, der klischeehaft nach Wildem Westen aussah. Doch der alles beherrschende Anblick waren die zwei riesigen Parabolantennen, die hinter den Verwaltungsgebäuden aufragten. Nick schätzte, dass die Schüsseln einen Durchmesser von mindestens vierzig Metern haben mussten. Obwohl sie etwas in die Jahre gekommen waren, verliehen sie dem ganzen Szenario einen beinahe futuristischen Anstrich.

»Wow«, entfuhr es Carol. »Wofür die wohl benutzt wurden?«

»Soweit ich informiert bin, hat die Air Force hier an der militarization of space gearbeitet«, warf Faber ein.

»Militarisierung des Weltraums?«, hakte Nick nach. »Das klingt ja wie bei Star Wars.«

»Vielleicht haben sie einen neuen Todesstern gebaut«, sagte Petra, ohne eine Miene zu verziehen.

»Möge die Macht mit uns sein«, fügte Paula hinzu.

Faber ignorierte den Einwurf der Zwillinge. »Da ging es eher um so ›profane‹ Dinge wie Spionage-Satelliten, Waffensysteme im All und Raketenabwehrsysteme. Dafür mussten entsprechend reichweitenstarke Funksignale gesendet werden. Der Größe nach zu urteilen, sind diese Antennen wahre Hochleistungsempfänger. Oder Sender, je nachdem.«

»Warum wurde der Stützpunkt aufgegeben?«, fragte Carol. »Die Antennen müssen ein Vermögen gekostet haben. Die lässt man doch nicht einfach in der Wüste zurück.«

»Tja, offenbar schon«, erwiderte Faber achselzuckend. »Bei Routineuntersuchungen wurde kontaminiertes Erdreich gefunden. Daraufhin hat die Umweltschutzbehörde die Schließung des Stützpunkts angeordnet. So lautet zumindest die offizielle Erklärung.«

Das Areal der Air-Force-Base war mit einem hohen, mit Stacheldraht bewehrten Maschendrahtzaun umgeben. In regelmäßigen Abständen wiesen Schilder darauf hin, dass es sich um militärisches Gelände handelte und das Betreten ohne Genehmigung verboten war. Der Fahrer bog auf eine Zufahrtsstraße ab. Nach wenigen Hundert Metern kam der Haupteingang in Sicht, ein steinerner Torbogen, auf dem in großen, verwitterten Buchstaben »Mojave Air Force Base« geschrieben stand.

Kurze Zeit später hielt der Van auf einem Parkplatz vor den u-förmig angeordneten Verwaltungsgebäuden, der mit Lastwagen, Trailern und anderen Fahrzeugen vollgestellt war. Direktor Faber und die vier Junior-Agenten stiegen aus und sahen sich um. Die Wohnbaracken jenseits des Platzes machten aus der Nähe einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. Teile der Dächer waren eingestürzt, Türen hingen schief in den Angeln oder fehlten ganz, und überall hatten zähe Büsche und Pflanzen begonnen, sich ihr Terrain zurückzuerobern. Der große Gebäudekomplex vor ihnen schien deutlich besser erhalten zu sein, auch wenn er an einigen Stellen mit Graffiti beschmiert und die ein oder andere Fensterscheibe gesplittert war. Das Filmset befand sich offenbar bei den Hangars und dem Wasserturm. Mitglieder der Filmcrew luden gerade Kabelrollen und Materialkoffer aus einem der Lkws und schleppten sie in diese Richtung. Die Agenten beschlossen, ihnen zu folgen.

Als sie um eine Ecke bogen, steckten sie mit einem Mal mitten im Getümmel. Dutzende Crewmitglieder wuselten umher, dicke Kabelstränge schlängelten sich über den Boden, Scheinwerfer und Kameras wurden positioniert. An der Wand einer Lagerhalle standen dicht zusammengedrängt mehrere silberfarbene Trailer, an denen Schilder hingen, die mit »Make-up«, »Requisite« oder »Technik« beschriftet waren.

»Hier ist ja ganz schön was los!«, staunte Carol.

»Total cool«, sagte Nick. »Genau so hab ich’s mir beim Film immer vorgestellt.«

Ein Mann mit Tarnhose, kurz geschorenen Haaren und Headset trat auf sie zu. »Die … Agenten aus Deutschland?«, fragte er und hob dabei geringschätzig eine Braue. Seine wässrig grauen Augen huschten rasch von einem zum anderen und blieben schließlich an Direktor Faber hängen.

»So ist es«, antwortete Faber.

»Sehr schön. Willkommen am Set. Mein Name ist Rudolph, ich bin der Aufnahmeleiter. Ihr könnt mich Rudy nennen. Oder Boss, was euch lieber ist.« Er zog einen Mundwinkel nach oben, was wohl ein Lächeln andeuten sollte. Seinem Auftreten nach zu urteilen, vermutete Nick jedoch, dass das kein Spaß gewesen war und er seine Rolle als »Boss« in vollen Zügen genoss. Wie zur Bestätigung pfiff Rudy einmal laut zwischen den Zähnen und brüllte, ohne den Blick von Faber und den Agenten zu nehmen: »Derek!«

Ein schlaksiger junger Mann Anfang zwanzig löste sich aus einem Pulk von Technikern und kam auf sie zugestolpert. »Was gibt’s, Boss?«, fragte er und musterte die Neuankömmlinge dabei neugierig.

»Das sind die Berater vom BND. Zeig ihnen, wo alles ist. Und sorg dafür, dass sie mir nicht im Weg rumstehen, während wir aufbauen«, blaffte Rudy und fuhr dann an die Agenten gewandt fort: »In zwei Stunden ist Drehbeginn. Bis dahin seid ihr alle wieder hier, damit ihr mir nicht aus Versehen durchs Bild trampelt.« Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand Richtung Technik-Trailer.

»Ein netter Zeitgenosse«, sagte Petra.

»Ganz reizend«, ergänzte Paula.

»Willkommen in Hollywood«, murmelte Carol.

3

»Wir gehen zuerst zu den Wohnwagen«, sagte Derek. Sie folgten ihm zurück zum Parkplatz, wo sich mehrere Trailer gegenüberstanden. Derek deutete auf zwei Wagen am Ende der Reihe. »Das da sind eure. Ihr könnt das Gepäck hierlassen. Dann zeig ich euch den Rest.«

Direktor Faber, der sich mit Nick zusammen einen Wohnwagen teilte, steuerte auf den äußersten Trailer zu. »Ich verzichte auf die Führung. Ich habe morgen ein wichtiges Meeting und muss noch eine Menge vorbereiten.«

»Wie Sie meinen«, erwiderte Derek schulterzuckend. »Sie wissen hoffentlich, dass das WLAN hier nicht funktioniert? Und Handyempfang gibt’s auch keinen.«

»Das brauche ich nicht, aber danke.«

»Erstaunlich«, sagte Petra. »Hier stehen Hochleistungsantennen, mit denen man Signale ins Weltall schicken kann …«

»… aber Handy und Internet funktionieren nicht«, ergänzte ihre Schwester den Satz.

»Was erwartet ihr?«, sagte Derek. »Immerhin sind wir mitten in der Wüste.«

»Ist die Crew schon länger hier?«, fragte Nick.

»Klar. Glaubst du, wir hätten das ganze Set erst heute Morgen aufgebaut?« Derek lachte. »Wir sind seit zwei Tagen da, verkabeln alles, leuchten aus, machen Stellproben und so Zeug. Habt ihr Lust, ein bisschen was vom Stützpunkt zu sehen? Ich kenne mich inzwischen ziemlich gut aus.«

»Dürfen wir hier einfach so rumlaufen?«, vergewisserte sich Carol.

»Warum denn nicht? Die Drehgenehmigung gilt für den gesamten Stützpunkt. Mit Ausnahme der verbotenen Gebäude natürlich. Kommt, ich führ euch rum.«

»Verbotene Gebäude?«, hakte Carol nach. »Was bedeutet das?«

»Was denkst du wohl?«, entgegnete Derek kopfschüttelnd und wandte sich ab.

Nachdem Nick und die Mädchen ihre Rucksäcke in den Trailern deponiert hatten, folgten sie Derek zu den Wohnbaracken, die sich allesamt in einem erbärmlichen Zustand befanden.

»Warst du mal in einer der Baracken drin?«, fragte Carol.

»Ja, klar«, erwiderte Derek. »Wollt ihr mal sehen?«

Ohne eine Antwort abzuwarten, stapfte er auf die Eingangstür der nächstgelegenen Baracke zu. Die Agenten sahen sich fragend an, zuckten mit den Schultern und folgten ihm.

Das Innere des Gebäudes bestand aus einem einzigen großen Raum. An den Wänden standen Stockbetten mit fleckigen Matratzen; Schränke, Tische und Stühle waren kreuz und quer im Zimmer verteilt. Nick erinnerte das Ganze an eine in die Jahre gekommene Jugendherberge, inklusive in die Tischplatten eingeritzter Sprüche oder vollgekritzelter Bettpfosten.

Durch ein Loch in der Wand schienen Tiere eingedrungen zu sein, denn überall auf dem Boden lagen Unrat und Kot herum. Als Paula in einer Ecke eine abgestreifte Schlangenhaut entdeckte, die Derek fachmännisch als die einer Mojave-Klapperschlange identifizierte, beschlossen sie, die Besichtigung in diesem Teil des Stützpunkts abzubrechen.

»Was ist eigentlich deine Aufgabe hier am Set?«, erkundigte sich Nick, während sie zu den Flugzeughangars hinübergingen.

»Kamera-Assistent«, erwiderte Derek stolz. »Ist mein erster großer Dreh. Und dann gleich den Jackpot gewonnen. Ich mach bei der Stuntszene heute Vormittag die Aufnahmen aus der Totalen. Ich bin komplett allein für die Kamera verantwortlich. Echt mega. Dafür lasse ich mich gern mal als Laufbursche einspannen.«

Sie benötigten fast zehn Minuten, bis sie den Bereich für die Flugzeuge erreicht hatten. Mehrere Hangars, Lagerhallen und Schuppen reihten sich aneinander. Der rissige Asphalt war voller Gummiabrieb und Ölflecken von den Kampfjets und Aufklärern. In einer Ecke stapelten sich Öltanks und verrostete Fässer. Trockenes hohes Gras wuchs im Schatten zwischen den Gebäuden, und hier und da arbeiteten sich Kletterpflanzen an den Wänden hinauf. Obwohl das Filmset nur wenige Hundert Meter entfernt war, herrschte eine geradezu gespenstische Stille.

»Wo sind eigentlich die verbotenen Gebäude, von denen du vorhin gesprochen hast?«, fragte Carol.

Derek deutete auf die Hangars. »Hier. Deswegen hängen hier auch überall Schilder mit Totenkopf rum. Total übertrieben, wenn ihr mich fragt.«

»Warum übertrieben?«, fragte Petra.

»Und warum verboten?«, wollte Paula wissen.

»Weil die Herren Soldaten beim Betanken ihrer Maschinchen nicht sonderlich zimperlich mit dem Treibstoff umgegangen sind und ständig Kerosin im Boden versickert ist. Deswegen besteht hier angeblich« – er betonte das letzte Wort überdeutlich – »akute Brandgefahr.«

»Ob die Flugzeuge noch in den Hangars stehen?«, überlegte Petra.

»Das wäre cool«, bestätigte Paula.

»Nein, die Hangars sind leer«, entgegnete Derek.

»Woher weißt du das?«, fragte Carol.

»Weil ich drin war.«

Carol sah ihn verwundert an. »Obwohl das Betreten ausdrücklich verboten ist?«

»Who cares?«, erwiderte Derek grinsend. »Man darf sich nur nicht erwischen lassen.« Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Gehen wir zurück zu den anderen. Dann zeig ich euch noch schnell das Wichtigste, bevor wir anfangen zu drehen.«

Die erste Szene wurde auf dem Dach eines derjenigen Hangars gedreht, deren Betreten streng verboten war. Derek erzählte ihnen, dass der Regisseur darauf bestanden hatte, auf genau diesem Gebäude zu drehen, weil die Wölbung des Dachs im Film besonders gut zur Geltung kommen würde. Es hatte ihn offenbar einige Überredungskunst gekostet, doch am Ende hatten die Verantwortlichen bei der Air Force ihm die Drehgenehmigung für das Dach erteilt – immer unter der Voraussetzung, dass niemand das Innere des Hangars betrat.

Am Set liefen die letzten Vorbereitungen. Scheinwerfer wurden ausgerichtet, Mikrofone angebracht, Kabel verstaut. Nicks Blick fiel auf ein Mädchen mit dunklen Locken, das zusammen mit einem hochgewachsenen, sportlichen Jungen aus dem Make-up-Trailer trat.

»Wer ist das?«, fragte er.

»Das sind Miley und Jasper, die beiden Hauptdarsteller«, erwiderte Derek. »Und der Typ, der sie gerade zu sich winkt, ist Steven, der Regisseur. Wahrscheinlich will er die verschiedenen Kameraeinstellungen besprechen. Jasper brauchen wir gleich für ein paar Großaufnahmen. Den Sprung vom Dach übernimmt das Stuntdouble.«

Derek erklärte rasch, wie der Dreh ablaufen würde, und zeigte ihnen die wichtigsten Mitglieder des Filmteams. »Rudy habt ihr ja schon kennengelernt. Steven und er haben hier das Sagen. Sie können manchmal ganz schön ungemütlich werden, also versucht ihnen am besten aus dem Weg zu gehen. Bei den Monitoren steht Tom, der technische Leiter. Und das da drüben ist mein Chef, Costa. Er ist für die gesamte Kameraführung verantwortlich.«

Derek deutete auf einen Mann mit Vollbart und Zigarette im Mundwinkel. Als hätte Costa gehört, dass sie über ihn sprachen, sah er auf und hob eine Hand. »Hey, Derek, dein Typ wird verlangt.«

»Auf ins Gefecht«, sagte Derek. »Viel Spaß beim Zugucken.« Nach ein paar Schritten wandte er sich noch einmal um. »Und was immer ihr tut – lasst euch nicht erwischen.« Er grinste, tippte sich zum Abschied an die Stirn und war kurz darauf mit Costa hinter dem Hangar verschwunden.

»Komischer Vogel«, kommentierte Paula Dereks Abgang.

»Sehr komisch«, bestätigte Petra.

Die vier schlenderten am Set entlang und blieben bei einem riesigen Kissen stehen, das vor der Wand des Hangars lag und von einem Kompressor mit Luft gefüllt wurde.

»Wahrscheinlich das Landekissen für den Stuntman«, vermutete Carol.

Nick sah zur Kante des Dachs hoch, die sich gute zwanzig Meter über ihnen befand. »Dann hoffen wir mal, dass es kein Loch hat.«

»Das hoffe ich allerdings auch«, erklang eine Stimme. »Mit ’ner Querschnittslähmung kann ich meinen neuen Job nämlich gleich wieder an den Nagel hängen.«

Sie wandten sich um. Hinter ihnen – braun gebrannt, durchtrainiert und mit strahlendem Lächeln – stand Jack.

Nick traute seinen Augen nicht. »Jack? Ich werd verrückt. Was machst du denn hier?« Er lief auf den jungen Mann zu und klatschte ihn ab. Seit ihrem gemeinsamen Auftrag in Tibet, bei dem Jack gezwungen worden war, als Doppelagent für eine kriminelle tibetische Organisation zu arbeiten, hatten sie keinen Kontakt mehr gehabt. Über einige Ecken hatten sie jedoch herausgefunden, dass Jack zwar unehrenhaft aus dem Dienst der CIA entlassen worden war, man sämtliche Anschuldigungen gegen ihn jedoch fallen gelassen hatte.

Carol war ebenso erfreut wie Nick und umarmte Jack herzlich. »Mensch, Jack. Das ist ja eine Überraschung. Sag bloß, du spielst bei dem Film mit?«

Jack grinste. »Indirekt. Ich bin der Stuntman von Jasper, dem Hauptdarsteller.«

Nick nickte anerkennend. »Ich könnte mir keinen besseren Job vorstellen.« Jack hatte genau wie die Agenten des BND besondere Fähigkeiten – er besaß einen außerordentlich guten Gleichgewichtssinn und ein ungeheures Sprungvermögen.

»Eigentlich braucht man dafür eine mehrjährige Ausbildung, aber als ich den Produzenten ein paar Stunts vorgeführt habe, haben sie abgewunken und mich vom Fleck weg für diesen Film engagiert«, sagte Jack nicht ohne Stolz. »Ein ehemaliger CIA-Agent als Stuntman bei einem Agentenfilm. Witzig, oder? Und könnt ihr euch meine Überraschung vorstellen, als ich gehört habe, dass Junior-Agenten des BND als Berater ans Set kommen?«

»Die Welt ist wirklich klein«, stimmte Nick ihm zu. »Schön, dich wiederzusehen.«

Jacks Blick fiel auf Petra und Paula. »Und mit wem habe ich hier die Ehre?«

»Petra«, sagte Petra.

»Paula«, sagte Paula.

»Freut mich«, erwiderte Jack und sah dann stirnrunzelnd zwischen den Zwillingen hin und her. In ihren schwarzen Jeans und fliederfarbenen T-Shirts glichen sie sich wie ein Ei dem anderen. »Nehmt es mir nicht übel, aber gibt es irgendeine Chance, euch auseinanderzuhalten?«

»Der Leberfleck«, sagte Paula.

»An ihrem Hals«, sagte Petra.

Jack sah genauer hin. »Stimmt. Sieht süß aus.« Er lächelte Paula so breit an, dass zwei tiefe Grübchen auf seinen Wangen zum Vorschein kamen. Petra runzelte argwöhnisch die Stirn, doch Paula wandte verlegen den Blick ab und wurde rot.

»Ich muss los, Leute. Wir unterhalten uns später. Wünscht mir Glück.« Jack klatschte noch einmal bei Nick ab, zwinkerte Paula und Petra zu und ging in die gleiche Richtung, in die bereits Derek und der Kameramann verschwunden waren.

Eine Frau mit Headset trat auf sie zu. »Wir fangen gleich an zu drehen. Rudy hat mich gebeten, euch nach hinten ins Zelt zu schicken.« Die Frau deutete auf ein paar Pavillons, die in einiger Entfernung am Rand des Sets standen.

»So weit weg?«, fragte Carol.

»Muss leider sein«, erwiderte die Frau. »Es ist zu gefährlich, wenn ihr hier herumsteht. Da drüben seid ihr niemandem im Weg.«

Als sie kurz darauf bei den Pavillons ankamen, war Nick enttäuscht. »Von hier bekommt man ja gar nichts mit. Ich würde viel lieber sehen, was sich auf dem Dach abspielt.«

»Und wie willst du das machen?«, fragte Petra.

Nick zuckte mit den Schultern. »Mir fällt schon was ein.«

»Ich bleibe hier«, sagte Paula.

»Ich auch«, stimmte Petra ihrer Schwester zu. »Ich will nicht dafür verantwortlich sein, wenn irgendeine Szene schiefgeht.«

»Komm schon, Nick«, bat Carol. »Du hast doch gehört, was Derek gesagt hat. Wir sollten uns an die Anweisungen halten. Sonst bekommen wir gleich am ersten Tag Ärger.«

Nick grinste. »Wisst ihr, was Derek noch gesagt hat? ›Was immer ihr tut – lasst euch nicht erwischen.‹«

4

Nick musste nicht lange suchen. Der verrostete Wasserturm, den er schon vom Auto aus gesehen hatte, erwies sich als der perfekte Aussichtspunkt. Von hier aus sah man auf das gesamte Set sowie das Dach des Hangars. Der Turm war nur etwa zwanzig Meter von dem Gebäude entfernt und so positioniert, dass Nick auf keinen Fall im Bild sein würde. Er kletterte an einer Leiter hinauf und setzte sich auf den schmalen Steg, der einmal um den Wasserspeicher herumführte.

Die Großaufnahmen mit Jasper waren bereits abgedreht. Während sich der Hauptdarsteller in seinen Trailer zurückzog, wurde Jack mithilfe einer riesigen Hebebühne, deren Teleskop-Arm fast senkrecht in den Himmel ragte, auf den Hangar hinaufgebracht. Er sprang von dem mit einem halbhohen Gitter gesicherten Korb, ging über das gewölbte Dach zu einer Stelle, die mit einem kleinen X markiert war, und wartete. Die Hebebühne, auf der sich jetzt nur noch Derek mit seiner Kamera befand, fuhr weiter in die Höhe, bis sie etwa zehn Meter über dem Hangar zum Stehen kam.

Nick ließ den Blick über das Set schweifen. Das geschäftige Gewusel hatte aufgehört, jeder hatte seinen Platz eingenommen und wartete darauf, dass die Szene anfing. Rudy und Steven standen vor einem Monitor, berieten sich kurz und schienen etwas in ihre Headsets zu sprechen. Der Toningenieur gab bereits das Daumen-hoch-Zeichen. Nick sah, wie sich die Satellitenschüssel des Übertragungswagens, der neben dem Make-up-Trailer stand, in Richtung des Hangardachs drehte. Es konnte losgehen.

Plötzlich wehte der Wind die leise Melodie von »I kissed a girl« von Katy Perry heran. Stirnrunzelnd sah Nick sich nach der Quelle der Musik um. Niemand am Set schien sie zu bemerken. Nur Derek zuckte zusammen und wandte sich verstohlen zur Seite. Was tat er denn da? Jeden Augenblick würde das Startsignal zum Drehen fallen. Nicks Verwunderung wuchs weiter, als Derek ein Handy aus der Gesäßtasche seiner Jeans zog. Die Melodie war offenbar sein Klingelton. Nick schüttelte verwundert den Kopf. Ein klingelndes Handy war bei Filmaufnahmen eine Todsünde. Und überhaupt: Wieso hatte er hier Empfang? Zu allem Überfluss schaltete Derek das Handy nicht aus, sondern stellte offenbar eine Verbindung her und hielt es sich ans Ohr. Nick hatte noch nie verstanden, warum manche Leute einen Anruf entgegennahmen und dann ganz verstohlen flüsterten: »Ich kann jetzt nicht, ich ruf später zurück«, anstatt den Anrufer einfach wegzudrücken.