Star Trek - The Next Generation: Gullivers Flüchtlinge - Keith Sharee - E-Book

Star Trek - The Next Generation: Gullivers Flüchtlinge E-Book

Keith Sharee

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Beschreibung

Wie gefährlich kann Kunst sein?

Die U.S.S. Huxley ist seit zehn Jahren verschollen. Die Enterprise findet ein Aufzeichnungsgerät, das darauf hindeutet, dass das vermisste Raumschiff in einem Gefecht schwer beschädigt wurde. Captain Picard erhält den Auftrag, herauzufinden, was geschehen ist und ob es Überlebende gibt. Die Spur führt zum Planeten Rampart, einer längst vergessenen terranischen Kolonie, die in ständiger Angst vor einer Seuche leben. Es gelingt ihnen, Captain Picard von der Brücke zu entführen. Als Commander Riker, Counselor Troi und Data sich auf die Suche nach dem Captain machen, müssen sie feststellen, dass hinter dieser Seuche die Angst steckt, jede Form von Kunst sei gefährlich, und wer sich künstlerisch betätigt, wird einer radikalen Gehirnwäsche unterzogen ...

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Die U.S.S. Huxley ist seit zehn Jahren verschollen. Als die Sensoren der Enterprise ein automatisches Aufzeichnungsmodul entdecken, erfährt Captain Picard, dass das vermisste Raumschiff in ein schweres Gefecht verwickelt wurde. Er wird von Starfleet beauftragt, das Schicksal der Huxley zu klären und nach Überlebenden zu suchen.

Die Spur führt zu dem Planeten Rampart, einer längst vergessenen Kolonie von Erdenbewohnern. Doch die Rampartianer sind nicht besonders erfreut über den Besuch ihrer Artgenossen. Offensichtlich leben sie in ständiger Furcht vor einer Infektion, die sie das Große Übel nennen. Und einem Inspektoren-Team gelingt es sogar, Captain Picard von der Enterprise zu entführen.

Als Commander Riker, Counselor Troi und Data sich auf die Suche nach dem Captain machen, müssen die Enterprise-Offiziere entdecken, was hinter dem Großen Übel

KEITH SHAREE

GULLIVERS FLÜCHTLINGE

Star Trek™

The Next Generation

Für Jane und Shelly

Ich danke Paul Fontana.

Er schuf die künstliche Intelligenz,

die Datas Verse ermöglichte.

Kapitel 1

Das absolute Ende kündigte sich mit einem metallischen Surren neben Montoyas linkem Ohr an.

Er hielt den Blick auf die Treppe gerichtet und setzte den Weg nach oben fort: ein kleiner, braunhäutiger, grauhaariger und dicklicher Mann, umgeben von vielen Arbeitern, die ihre Schicht in der Munitionsfabrik beendet hatten.

Es war sinnlos, sich umzudrehen und Ausschau zu halten. Das Surren stammte zweifellos von einem Einauge – einem bleigrauen Objekt, etwa so groß wie ein menschlicher Torso, ausgestattet mit einer starrenden Kamera und mehreren stachelartigen Antennen. Es schwebte hinter Montoyas Kopf, empfing und las seine Gedanken.

Wenn Montoya überleben wollte, durfte er auf keinen Fall an bestimmte Dinge denken.

In der einen Hand hielt er einen kleinen Koffer. Er ignorierte ihn, verbannte ihn aus seiner Aufmerksamkeit und summte eine tonlose Melodie, um sich abzulenken.

Der Inhalt des Koffers hatte keinen finanziellen Wert, trotzdem handelte es sich um eine Kostbarkeit. Und wer auf dem Planeten Rampart so etwas besaß, musste mit der Todesstrafe rechnen.

Angst quoll in Montoya empor und schnürte ihm die Kehle zu. Seine Beine fühlten sich wie Gummi an, als er weiterging. Hinter ihm summte das Einauge wie eine riesige Mücke aus Chrom.

Er näherte sich nun dem Ende der Treppe und sah das Licht der Sonne Rho Ophiuchi. Es fiel schräg durch die staubigen Fenster in der Außenmauer, und vor dem matten Glanz zeichneten sich die Silhouetten vieler Gestalten ab, die mit trüben Augen vor der Stechuhr standen.

Montoya suchte Zuflucht in den Gedanken an seine Frau. Er stellte sich vor, ihre weichen braunen Arme zu spüren, mit ihr im Bett zu liegen, eng umschlungen. Er rief sich die schönsten Augenblicke mit ihr ins Gedächtnis zurück, konzentrierte Körper und Geist darauf, um das Einauge zu verwirren.

Er bemühte sich sehr, aber einige memoriale Fragmente entglitten seiner Kontrolle und krochen aus den Schatten des Bewusstseins hervor.

Das Einauge kam näher.

Montoya rückte die Geräusche und Bewegungen der unmittelbaren Umgebung in den Fokus der Aufmerksamkeit. Er hörte das Stampfen und Wummern der Maschinen, die müden Schritte der Arbeiter oben und unten auf der Treppe – fleißige Menschen, aber ebenso klein und verloren wie …

Im rechten Schläfenlappen von Montoyas Gehirn tanzten einige kurzlebige elektrochemische Impulse. Ihre Aktivität dauerte nur einen Sekundenbruchteil, und sie setzten dabei nicht mehr als ein Millionstel Volt frei. Ein mentales Bild entstand …

Es zeigte das Objekt im Koffer. Ein Volk winziger Menschen, die aufgeregt umhertrippelten und auf eine ziemlich große Offenbarung warteten.

Der Gedanke zerfranste und löste sich auf, aber das Einauge hatte ihn bestimmt empfangen. Es schwang hinter ihm hervor, summte nun direkt vor seinem Gesicht und verharrte.

Montoya musste kurz vor dem oberen Ende der Treppe stehenbleiben, um eine Kollision zu vermeiden. Die Arbeiter hinter ihm verharrten ebenfalls. Schweigen breitete sich aus, als er direkt in die Kameralinsen des Einauges starrte. Antennen zitterten.

Zwei breitschultrige Männer – sie trugen weiße Uniformen mit den blauen Abzeichen der Zephalen Sicherheit – marschierten mit klackenden Stiefeln zur Treppe, und dort traten sie Montoya gegenüber.

Er vermied es, zu ihnen aufzusehen, wollte sich jetzt keine Verachtung leisten. Statt dessen suchte er nach einer sinnvolleren Möglichkeit, aus dem Leben zu scheiden.

Die Uniformierten erklärten ihn für verhaftet und legten ihm Handschellen an.

Einer der beiden ZS-Männer griff nach dem Koffer, und Montoya ließ ihn widerstrebend los. Man führte ihn an der Wand entlang zu einem käfigartigen Lift, und das Einauge schwebte dicht hinter seinem Kopf. Die Dienstwaffen in den Gürtelhalftern der Beamten … Er wusste, was ihm bei der Zephalen Sicherheit bevorstand, und vielleicht boten die Strahlenpistolen einen besseren Ausweg.

Als der Lift zum Hubschrauberlandeplatz des Daches emporstieg, starrte Montoya auf das Bodengitter und dachte an den tragischen Verlauf seines Lebens; Kummer schwoll in ihm an, und er streute Salz auf die seelischen Wunden. Er richtete heftige Vorwürfe gegen sich selbst. Ein dummer Fehler – nur ein flüchtiger Gedanke! –, der die Verhaftung seiner Freunde und Familie zur Folge haben würde. Montoya begann zu weinen.

Die Lifttür öffnete sich auf dem Dach, und eine starke Hand zerrte ihn nach draußen. Ein Triebwerk dröhnte, und die geneigten Rotorblätter des Helikopters drehten sich.

Montoyas Schultern bebten, als er schluchzte. Tränen strömten ihm über die Wangen. Die ZS-Männer führten ihn nur einige Meter vom Dachrand entfernt zum Hubschrauber.

Mit einem plötzlichen Ruck hob er die gefesselten Hände, und daraufhin löste sich der Griff des überraschten Uniformierten, der ihn bisher festgehalten hatte. Mit seiner ganzen Kraft packte Montoya den Koffer und riss ihn aus den Händen des zweiten Beamten. Dann wirbelte er herum, lief zum Dachrand und klappte die Spangen des Koffers auf. Die beiden ZS-Männer folgten ihm, aber sie reagierten nicht schnell genug. Mit einem triumphierenden Schrei holte Montoya aus, warf den Koffer und beobachtete, wie er sich während des Falls öffnete. Vergilbte Blätter flatterten daraus hervor, und der Wind trug sie fort.

Die Uniformierten überwältigten Montoya, und einer von ihnen stieß ihn in den Helikopter. Als die Maschine abhob, beugte sich der Gefangene zum Fenster vor und sah, wie die alten Blätter in alle Richtungen flogen.

Er lächelte. Sein Trick – Trauer und Kummer – hatte funktioniert und das Einauge lange genug getäuscht. Es war ihm gelungen, spontan zu handeln, ohne dass ihn die Maschine mit tödlicher Strahlung daran hinderte. Montoya behielt die Blätter im Auge, als sie immer kleiner wurden.

Einige Minuten nach dem Start des Hubschraubers, der Montoya fortbrachte, sanken die Blätter noch immer nach unten und blieben schließlich auf den Straßen jener großen Stadt liegen, die man Wahrheit nannte.

Hundert ZS-Beamte und Sonderagenten schwärmten in dem entsprechenden Gebiet aus. Sie alle trugen Schutzhelme mit elektronischen Visieren, die gedruckte Worte für ihre Augen in bedeutungsloses Gekrakel verwandelten.

Sie errichteten Straßensperren, evakuierten Bewohner, begannen dann mit der Suche nach den Blättern und vernichteten sie in tragbaren Verbrennungsmodulen.

Nach der Säuberungsaktion wurden die Straßen wieder für den Verkehr freigegeben, doch es patrouillierten weiterhin Einaugen. Sie schwebten zwischen Fußgängern und Bodenwagen, suchten mit ihren Antennen nach mentalen Echos der verbrannten Worte.

Ein Blatt war besonders weit geflogen und dadurch den ZS-Beamten entkommen. Es lag nackt im Gras hinter einer Grundschule.

Während der Mittagspause lief ein rothaariges Mädchen aus der dritten Klasse einem Ball nach und fand die Seite. Noch nie zuvor hatte es ein so altes und vergilbtes Stück Papier gesehen. Die Schülerin hob es auf, betrachtete aus grünen, neugierigen Augen eine Illustration.

Das Bild zeigte einen Mann, der auf einer Art Schlitten festgebunden und von Menschen umgeben war, die nicht größer zu sein schienen als ein Finger.

Das Mädchen las die Worte.

Etwa vier Stunden nach dem Beginn unserer Reise erwachte ich durch einen komischen Zwischenfall. Als der Wagen anhielt, damit etwas in Ordnung gebracht werden konnte, wollten zwei oder drei neugierige junge Einheimische feststellen, wie ich im Schlaf aussah. Sie kletterten auf das Gestell und wagten sich langsam zu meinem Gesicht vor. Einer von ihnen, ein Offizier der Wache, schob seine Pike ein ganzes Stück in mein linkes Nasenloch, und sie kitzelte mich wie ein Strohhalm. Ich nieste heftig …

Das Mädchen mit den grünen Augen lachte.

Es sah auf die Kopfzeile der Seite und las den Titel: ›GULLIVERS REISEN‹.

Aus irgendeinem Grund spürte das Kind, etwas Verbotenes in der Hand zu halten – etwas, das man nicht betrachten oder berühren durfte, weil man sonst krank würde. So lauteten die Warnungen der Erwachsenen. Aber das Mädchen glaubte nicht recht daran. Die Erwachsenen verboten immer jene Dinge, die Spaß machten. Außerdem: Wie konnte man von einem Stück Papier krank werden?

Die Faszination des Mädchens wich der Vorsicht. Es versteckte das Blatt, um es später nach Hause mitzunehmen.

Kapitel 2

Counselor Deanna Troi saß in ihrer Kabine an Bord der Enterprise und blickte aus dunklen, unergründlich tiefen betazoidischen Augen auf den Computerschirm. Das schwarze Haar war jetzt nicht mehr zusammengesteckt und fiel ihr über die Schultern. Auf ihre eigene Art und Weise nahm sie die primäre Aufgabe des Raumschiffs U.S.S. Enterprise wahr: Erforschung neuer Welten, Suche nach fremdem Leben.

Sie schickte sich an, in ein grenzenloses neues Universum zu blicken, eine andere Existenzebene, in der es von fremden Lebensformen wimmelte.

Um die ›Tür‹ zu öffnen, musste sie nur ein bestimmtes Wort an den Computer richten. Sie brauchte nicht einmal den Komfort ihres privaten Quartiers zu verlassen. Das neue Universum ließ sich mit Hilfe des kleinen Projektionsfelds vor ihr beobachten.

Sie hatte den Eindruck, eine lange Reise zu beginnen, und instinktiv fragte sie sich, ob es vorher noch irgendwelche Dinge zu erledigen galt. Mit einem Tastendruck rief sie ihren aktuellen Dienstplan auf den Schirm.

Er zeigte deutlich die Komplexität ihrer täglichen Arbeit als Bordcounselor. Manchmal verglich sie sich mit einer auf Emotionen spezialisierten Mechanikerin, mit einer für tausend Seelen zuständigen Wartungstechnikerin.

Aber ihre heutigen Aufgaben hatte sie alle erfüllt. Es blieb eine kurze Notiz, die sie daran erinnerte, mit dem Captain zu sprechen: Er neigte dazu, seine vielfältigen Empfindungen zu unterdrücken.

Es handelte sich nicht um ein sehr dringendes Problem. Schon seit Jahren wies Jean-Luc Picard diese Tendenz auf; Deanna kannte ihn gar nicht anders. Das Gespräch mit ihm hatte noch Zeit. Sie nickte, verbannte dann die Liste vom Monitor.

Jetzt konnte sie mit ihren Beobachtungen beginnen.

»Computer …«

Troi zögerte. Eine seltsame Nervosität verband sich mit der Vorstellung, das Wort laut zu formulieren.

Sie lauschte seinem geistigen Klang. Tukurpa. Tu-kur-pa.

Bevor sie die drei Silben aussprechen konnte, fühlte sich Deanna von vagem Schwindel erfasst – mit ihren Gleichgewichtsorganen im Innenohr schien etwas nicht zu stimmen. Das Gefühl gewann eine deutlichere Ausprägung. Troi glaubte, sich zu drehen, als werde die Kabine zur Achse einer Zentrifuge, die immer schneller rotierte.

Sie versuchte, die Hand zum Kommunikator zu heben, um Hilfe zu rufen, doch der Schwindel hinderte sie daran.

Die scheinbaren Drehbewegungen wurden so stark, dass Deanna nicht mehr den Blick fokussieren konnte. Die Wände um sie herum verschwanden. Troi rutschte aus dem Sessel, stürzte durch leeres Nichts.

Mit dem Gesicht nach unten fiel sie auf den Boden.

Echter Boden – Sand oder Erde, kein Schiffsdeck oder eine andere künstlich geschaffene Oberfläche. Nach einigen Sekunden merkte sie, dass der Sand heiß genug war, um ihr die Haut zu verbrennen, und sie stand rasch auf.

Der Anblick ihrer Umgebung versetzte der Counselor einen heftigen Schock. Sie sah Ödnis, eine endlose Wüste aus weißgelbem Sand und halb geborstenen Felsen, über der eine grelle Sonne strahlte.

Aus einem Reflex heraus tastete sie nach dem Insignienkommunikator, doch er steckte nicht mehr an ihrer Brust. Sie hatte keine Möglichkeit, sich mit der Enterprise in Verbindung zu setzen.

Deanna verzichtete zunächst darauf, sich zu fragen, wie sie an diesen Ort gekommen war – die Hitze verlangte ihre ganze Aufmerksamkeit. Sie kroch durch die dünnen Schuhsohlen und brannte in ihren Nasenhöhlen. Sie durchdrang den Overall. Deanna schwitzte bereits wie ein Marathonläufer.

Der nächste Schatten bot sich ihr in Form eines fernen blauen Gebirges dar. Die Entfernung ließ sich nur schwer beurteilen, aber Troi schätzte sie auf fünfzehn Kilometer. Vielleicht zu weit. Sie bezweifelte, ob sie die Berge erreichen konnte, ohne vorher zusammenzubrechen.

Die Counselor war keine Athletin, aber sie hatte eine Ausbildung an der Starfleet-Akademie hinter sich und wusste daher, dass man in keiner Situation der Panik nachgeben durfte.

Sie ging los und dachte über ihre Lage nach. Was war geschehen? Und wie? Sie hatte in ihrer Kabine gesessen, nach einem völlig normalen Tag … Aber warum erinnere ich mich nicht daran, womit ich beschäftigt gewesen bin? Sie wusste nur, dass sie von einem Augenblick zum anderen in diese Wüste transferiert worden war. Amnesie blockierte den Rest.

Die enorme Hitze blieb nicht ohne Wirkung auf Deanna. Durst plagte sie, und ihre Körpertemperatur stieg infolge der Dehydration. Trotzdem setzte sie den Weg fort – es wäre unerträglich gewesen, auf dem heißen Sand stehenzubleiben. Sie musste unbedingt das Gebirge erreichen.

Nach zwei Stunden fühlte Troi sich benommen und desorientiert. Sie schwitzte jetzt nicht mehr, und Risse bildeten sich in ihren Lippen. Die Zunge klebte am Gaumen.

Sie blickte sich um und stellte fest, dass sie nun im Trockenbett eines nur zeitweise Wasser führenden Flusses stand. Erschöpft sank sie auf die Knie und starrte verzweifelt in hellbraunen Staub.

Deanna wusste, dass sie es nicht schaffen würde. Sie konnte sich nicht aus dieser Falle befreien. Früher oder später gab ihr Körper ganz einfach auf, und dann … Ich verdurste in dieser Wüste.

»Warum erinnere ich mich nicht daran, wie ich hierhergekommen bin?«, fragte sie den Sand.

»Wie Sie hierhergekommen sind?«, fragte eine Stimme. »Das weiß ich nicht. Sie wollten kommen, und deshalb sind Sie hier. Das Wie spielt keine Rolle, nur das Warum.«

»Großartig«, seufzte Troi. »Ich höre Stimmen. Offenbar bin ich dem Tod nahe.«

Doch als sie in den empathischen Äther horchte – der betazoidische Teil ihres Bewusstseins hatte die Fähigkeit, Emotionen anderer Personen wahrzunehmen –, spürte sie eine lebende Präsenz. Nicht direkt im Sand, aber im tieferen Boden. Troi fühlte etwas Riesiges, und eine erhabene alte Persönlichkeit entsprach der kolossalen Größe. Möglicherweise war das fremde Selbst so groß wie der ganze Planet.

Ein Teil ihrer Kraft kehrte zurück. Deanna begriff, dass sie nicht allein war. Was auch immer jenes Wesen darstellen mochte – vielleicht konnte es helfen.

»Was hat es mit diesem Ort auf sich?«, fragte sie ruhig. »Wer sind Sie?«

»Das wissen Sie bereits. Immerhin befinden Sie sich hier.«

»Ich habe keine Ahnung«, erwiderte Troi. »Ich erinnere mich nicht.«

»Bevor ich Ihnen sage, wer ich bin, sollten Sie sich wenigstens daran entsinnen, mit welcher Absicht Sie hierherkamen.«

»Warum?«

»Weil ich alt bin, viel gesehen habe und weiß, was am besten ist.«

»Bitte sagen Sie mir, wie ich zur Enterprise zurückkehren kann.«

»Nein, ausgeschlossen. Ich bin bereit, Ihnen bei der Aufgabe zu helfen, die Sie an diesen Ort führte – vorausgesetzt natürlich, Sie erinnern sich daran. Aber wie Sie kamen und Ihre Rückkehr … Das geht nur Sie etwas an.«

Troi konzentrierte sich auf die Stimme und glaubte, dass sie einem weiblichen Wesen gehörte. Sie klang streng, doch nicht unfreundlich – die Stimme einer Matriarchin.

Kurz darauf spürte Deanna etwas Feuchtes an den Knien: Eine klare Flüssigkeit quoll aus dem Sand des Trockenbettes. Sie hoffte, dass es Wasser war und nichts Giftiges wie Trichloräthylen, denn ihr Körper verlangte danach, ganz gleich, um was es sich handelte.

Troi beugte sich vor und probierte einen Schluck. Wasser. Sie trank gierig.

»Langsam, langsam«, mahnte die Stimme.

Deanna trank, bis das Brennen des Durstes verschwand.

»Oh, das tat gut«, sagte sie schließlich. »Danke.«

»Ich helfe Ihnen, die Berge zu erreichen«, ertönte die Stimme. »Ich stelle Ihnen genug Wasser zur Verfügung. Wenn Sie es bis zum Gebirge schaffen, so spende ich Ihnen dort Schatten.«

»Das bedeutet vermutlich, Sie wollen mir keine Auskunft geben.«

»Jetzt nicht. Und was das Wasser betrifft … Nichts zu danken.«

Troi nickte. Ihr blieb keine andere Wahl, als die Regeln dieser seltsamen Welt zu achten, bis sich eine Alternative ergab.

Die Matriarchin hielt ihr Versprechen. Sie gab Troi Wasser, ließ es aus dem trockenen Sand emporsteigen – aber nur dann, wenn die Counselor zu durstig war, um weiterzugehen. Wenn das geschah, bot sie ihr zu trinken an, wortlos, ohne irgendeinen Kommentar.

Als sie sich den Bergen näherte, spürte Deanna eine weitere Präsenz neben der Matriarchin: die unverkennbare Wachsamkeit eines Raubtiers. Manchmal hörte sie, wie die Pfoten jenes Wesens hinter ihr über die Sandkruste knirschten, und dann nahm sie aus den Augenwinkeln ein schemenhaftes Huschen wahr. Troi sah das Tier, als sie auf einer kleinen Anhöhe verharrte, um von der Matriarchin Wasser zu erbitten.

Zuerst blickte sie durch das Geschöpf, ohne es zu erkennen. Zwar war es recht groß und nur wenige Meter entfernt, aber es stand völlig still und verschmolz mit der Umgebung. Dann durchschaute Deanna die Tarnung, und Furcht ließ sie erstarren.

Das Raubtier duckte sich. Es öffnete das Maul und stieß ein langes, heiseres Heulen aus.

Troi schätzte die Größe des Wesens auf etwa drei Meter. Direkt vor ihm ruhte ein Kadaver, und daneben lagen abgenagte Knochen zwischen Kotfladen.

Das Geschöpf hatte den Kopf einer Löwin und den Körper eines Pavians. In dem primitiven Geist erspürte Deanna eine so intensive Blutgier, dass sie sich nicht von der Stelle rühren konnte. Entsetzen lähmte sie, wie das Kaninchen vor der Schlange. Aber gleichzeitig empfing sie eine klare, deutliche Botschaft. Ich bin die Erste Ursache, teilte ihr das Wesen mit. In dieser Wüste bestimme ich über Leben und Tod. Hier bedeutest du überhaupt nichts.

Das schien zu stimmen: Deanna konnte nicht einmal die Füße bewegen.

Doch irgend etwas in ihr sträubte sich und streifte die Fesseln des hypnotischen Banns ab. Sie lief los. Der Sand schien an den Schuhen zu saugen, ihre Beine festhalten zu wollen, und sie hörte das Fauchen der Löwin, die rasch zu ihr aufholte. Troi versuchte, zur Seite auszuweichen, aber das Tier brachte sie mit einer Pfote zu Fall, und sie landete auf dem Rücken. Die Counselor roch den nach Aas stinkenden Atem des Wesens, als der Schädel die Sonne verfinsterte und auf sie herabstarrte. Ein großes Maul mit langen Reißzähnen klappte auf. Im letzten Augenblick gelang es Troi, sich fortzurollen, wieder aufzuspringen und erneut zu fliehen. Vermutlich spielte die Löwin nur mit ihr, wie eine Katze mit der Maus.

Dennoch fühlte sie, wie die Löwin allmählich hinter ihr zurückblieb. Irgendwann verharrte Deanna müde, und als sie sich umdrehte, war von der Löwin nichts mehr zu sehen. Vor ihr stieg der Boden steil an – sie hatte die Vorberge des Massivs erreicht.

Die Landschaft lockte mit kühlen Schatten. Troi wanderte in der Mitte eines bewaldeten Tals, bis die Sonne unterging, machte schließlich an einem Bach Rast.

Sie blickte zu einem Himmel hoch, an dem Sterne unbekannte Konstellationen bildeten, betrachtete dann den moosbewachsenen Boden.

»Sind Sie noch hier?«, fragte sie.

Die Matriarchin lachte.

»Wo sollte ich sonst sein?«

»Warum haben Sie mich nicht auf das Tier hingewiesen?«, erkundigte sich Troi.

»An diesem Ort gibt es viele Lebewesen. Das wussten Sie bestimmt, denn sonst wären Sie nicht hier.«

»Ich erinnere mich noch immer nicht. Bitte erklären Sie mir, was dies alles zu bedeuten hat. Warum erhielten Sie mich am Leben, indem Sie mir ab und zu Wasser gaben? Bin ich nur hier, um Sie zu amüsieren?«

Deanna hörte, wie etwas unter ihr grollte. Mehr noch: Sie spürte den Zorn der Matriarchin.

Dann vernahm sie lautes Klacken und Rumpeln vom nächsten Berghang. Ein Felssturz. Sie ging hinter einem Baum in Deckung und beobachtete, wie große Steine an ihr vorbeifielen.

Als wieder Stille herrschte, sagte die Matriarchin in einem grimmigen Tonfall:

»Das war nur ein kleines Beispiel.«

»Ich wollte Sie nicht beleidigen.«

»Ihre Fragen sind töricht und närrisch. Eigentlich sollten Sie bereits alles über mich wissen. Es ist wohl kaum meine Schuld, dass Sie sich nicht erinnern. Wie dem auch sei: Ich weiß alles über Sie. Mir ist bekannt, dass Sie nicht verheiratet sind. Sie haben keine Zeit für Männer, weil Sie sich ganz Ihrer Arbeit widmen. Ihre Mutter steht ebenfalls allein und braucht dringend einen Mann. Vielleicht erwartet Sie ein ähnliches Schicksal; vielleicht bleiben Sie ebenfalls ledig. Möchten Sie noch mehr hören?«

Es verschlug Troi die Sprache. Woher wusste die Matriarchin soviel von ihrem Privatleben? Tief in ihr regte sich Ärger, aber sie verdrängte ihn.

Die Stimme fuhr fort:

»Suchen Sie nach der Straße, die aus dem Tal führt. Folgen Sie ihrem Verlauf – dann könnten Sie erfahren, warum Sie hierhergekommen sind. Es liegt bei Ihnen. Warten Sie nicht bis zum Morgen; brechen Sie gleich auf. Und seien Sie vorsichtig: Die Straße hält auch eine Gefahr bereit.«

Deanna hätte gern einige Fragen gestellt, aber sie wollte vermeiden, erneut den Groll der Matriarchin zu wecken.

»Bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen meinen Partner zeigen«, verkündete die Stimme.

Troi spürte einen unausgesprochenen Rat: Jeder sollte einen Partner haben.

»Sehen Sie nach oben«, sagte die Matriarchin.

Troi starrte zu den Baumwipfeln.

»Nein, ganz nach oben.«

Die Counselor blickte zu den Sternen. Es war eine herrliche Nacht, der Himmel völlig klar.

»Mir fällt nichts auf«, murmelte sie.

Einige Sekunden später kräuselte sich das nächtliche Firmament, so wie eine leichte Brise die Wasseroberfläche eines Teichs bewegt. Deanna fühlte eine zweite uralte Intelligenz. Der Gefährte.

»Suchen Sie jetzt die Straße«, sagte die Matriarchin.

Die Straße war kaum mehr als ein staubiger Pfad, der sich durchs Tal wand. Bäume säumten ihn und schienen sich aneinanderzudrängen, als der Weg nach oben führte.

Einmal hörte Troi etwas: Jemand schien Holz zu hacken. Sie blieb stehen und lauschte, erinnerte sich dann an die Warnung der Matriarchin und eilte weiter durch die Dunkelheit.

Das rhythmische Pochen folgte ihr und veränderte sich, klang nun nach brechenden Zweigen.

Einige Meter weiter vorn sprang jemand auf den Pfad, und Deanna schrie unwillkürlich.

Die Gestalt eines Mannes, aber größer als ein Mensch. Sogar größer als die Löwin. Die Haut bestand aus einer harten, spiegelartigen Substanz, und darauf tanzten gespenstische Reflexe, wie scharlachrote, purpurne und schwarze Flammen. Der linke Fuß fehlte; der Fremde balancierte auf dem rechten.

Die Augen gleißten: zwei Spiegel, die sich ständig bewegten, in denen heißes nukleares Feuer loderte und dunkler Rauch wallte. Troi sah sich selbst darin.

Der Spiegelmann kam näher, und Deanna spürte kühles Unheil, das sich von den blutgierigen Raubtierinstinkten der Löwin unterschied. Sie empfing Emotionen, die von wohlüberlegter Heimtücke berichteten, von intellektueller Schläue.

Die Counselor wollte zurückweichen, aber sie stand wie angewurzelt. Ihr Körper war kalt, schwer und taub, schien sich in Eis oder Eisen verwandelt zu haben.

Sie versuchte, den Mund zu öffnen, um die Matriarchin oder sonst jemanden um Hilfe zu bitten, doch Zunge und Stimmbänder gehorchten ihr nicht. Der große Spiegelmann blieb direkt vor ihr stehen, und seine glänzende Haut reflektierte Deannas erstarrten Leib.

Kurz darauf nahm sie die empathischen Präsenzen anderer Wesen wahr: die Matriarchin, ihr Himmelsgefährte und zahllose weitere, umhüllt von Finsternis. Sie beobachten mich, um festzustellen, wie ich reagiere. Vielleicht ist dies ein Test.

Aber Troi fühlte auch Freunde, weit entfernt. Ihre Selbstsphären bildeten einen Haufen aus kerzenartigen, vertraut glühenden Lichtern. Enterprise.

Als sie sich der Existenz ihrer Kollegen bewusst wurde, schien die Distanz zu ihnen zu schrumpfen. Deanna erahnte einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Entfernung und ihrem Willen.

Plötzlich begriff sie, dass sie zurückkehren konnte. Ein Teil von ihr hatte die Enterprise nie verlassen.

Sie konzentrierte sich, fokussierte die geistige Energie ihres Willens auf das Raumschiff und die Freunde darin. Nach einer verzweifelten und auch schmerzvollen mentalen Anstrengung verblassten die Konturen ihrer Umgebung. Für einen Sekundenbruchteil befand sich Troi an zwei Orten gleichzeitig: Sie stand reglos vor dem Spiegelmann – und saß in ihrer Kabine an Bord der Enterprise.

Sie musste ihre ganze Kraft aufwenden, um in das vertraute Universum zu wechseln.

Nach dem Transfer war Deanna erschöpft, ausgelaugt und schweißgebadet. Als sie den Kopf hob, fiel ihr Blick auf den Bildschirm des Computers.

Kapitel 3

Captain Jean-Luc Picard hörte sich den Bericht der Counselor an.

Ihre dunklen Augen starrten in die Ferne. Eine widerspenstige dunkle Locke löste sich von den anderen. Die normalerweise hellbraune Haut wirkte nun bleich und halb durchsichtig. Trois Erscheinungsbild verstärkte die unheimlichen Aspekte der sonderbaren Geschichte.

»Sie existieren wirklich«, sagte Deanna. »Ich spüre ihre Präsenz noch immer in der Nähe des Schiffes, doch es fühlt sich an, als gehörten sie zu einem anderen Universum, zu einer anderen Dimension.«

»Weitere Kontakte fanden nicht statt?«

»Nein. Aber sie warten. Sie wollen etwas von mir. Vielleicht beabsichtigen sie, mich auch weiterhin der Metamorphose zu unterziehen, jener … Tod-oder-Versteinerung-Konfrontation.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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