Sternentänzer, Band 18 - Die Botschaft des weißen Hengstes - Lisa Capelli - E-Book

Sternentänzer, Band 18 - Die Botschaft des weißen Hengstes E-Book

Lisa Capelli

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Beschreibung

Carolin ist aus ihren Ferien auf Mallorca zurück. Dort hat sie Sternentänzers Mutter gesehen und war schockiert über dieses unberechenbare Pferd. Könnte Sternentänzer eines Tages auch so werden? Caro will es nicht glauben. Und doch bemerkt sie einige seltsame Veränderungen an ihrem Hengst. Er reagiert immer bockiger, wenn sie auf ihm reitet, und keilt aus - besonders dann, wenn Caros neue Freundin Selina in der Nähe ist. Verbirgt dieses Mädchen ein Geheimnis, das nur Sternentänzer erahnt? Auf Caro und ihr geliebtes Pferd wartet eine schwere Prüfung und sie muss lernen dem weißen Hengst auch in schwierigen Momenten zu vertrauen …

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In der Buchreihe „Sternentänzer“ sind bisher erschienen:

Band 1:   Das Rätsel um den weißen Hengst,

Band 2:   Das geheimnisvolle Mädchen

Band 3:   Weißer Hengst in Gefahr

Band 4:   Caro unter Verdacht

Band 5:   Rettung für Lindenhain

Band 6:   Bedrohung für den weißen Hengst

Band 7:   Letzter Auftritt des weißen Hengstes?

Band 8:   Der unheimliche Pferdehof

Band 9:   Zeit der Entscheidung

Band 10: Hoffen und Bangen in Lilienthal

Band 11: Silbersterns Geheimnis

Band 12: Abschied mit Folgen

Band 13: Caro und das Mädchen im Moor

Band 14: Ponys in Not

Band 15: Eine rätselhafte Vision

Band 16: Das Geheimnis der Schlossruine

Band 17: Caro und die weiße Stute

Band 18: Die Botschaft des weißen Hengstes

Band 19: Achterbahn der Gefühle

Band 20: Die geheimnisvollen Briefe

Band 21: Eine unglaubliche Entdeckung

Band 22: Ein verhängnisvolles Erbe

Band 23: Geister aus der Vergangenheit

Band 24: Die Magie des weißen Hengstes

Band 25: Voller Einsatz für Lina

Band 26: Verwirrung des Herzens

Band 27: Caro und das Geheimnis der alten Frau

Band 28: Aufregung um Stute Aziza

Band 29: Eine Reise voller Überraschungen

Band 30: Caro und der rätselhafte Dieb

Band 31: Der Eisprinz und die große Liebe

Band 32: Ein unglaublicher Verdacht

Band 33: Die verschwundenen Ponys

Band 34: Caro gibt nicht auf

Band 35: Gefährliche Zeiten auf Lindenhain

Band 36: Feuerprobe für die Liebe

Band 37: Wo ist Sternentänzer?

Sternentänzer

Die Botschaftdes weißen Hengstes

Lisa Capelli

Band 18

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sternentänzer, Band 18 – Die Botschaft des weißen Hengstes© 2008 by Panini Verlags GmbH,Rotebühlstraße 87, 70178 StuttgartAlle Rechte vorbehalten

Chefredaktion: Claudia WeberRedaktion: Birgitt KehrerLektorat: Sonja Lehmann, Helga KronthalerUmschlag: tab indivisuell, StuttgartFotos: © Martin Böswarth/PIXELIO (Umschlag);Bob Langrish (Umschlag); mauritius images (Umschlag);Josef Ben Jung, Limburg/PIXELIO (S.146); Klaus Mann/PIXELIO (S.147);Bernd Sterzl/PIXELIO (S.148); Katrin Hammer/PIXELIO (S.149);Claudia Hautumm/PIXELIO (S. 150); Anke Schäfers/PIXELIO (S. 151)Satz: CB Fotosatz & Werbeproduktion GmbH, FellbachISBN 978-3-8332-1681-7eISBN 978-3-8332-3099-8

www.panini.de

Die Botschaft des weißen Hengstes

In einer stürmischen Vollmondnacht schlägt ein Blitz in eine jahrhundertealte Eiche ein, und eine Sternschnuppe fällt vom Himmel. Im gleichen Moment wird ein wunderschöner Schimmel mit einem kleinen schwarzen Stern auf der Stirn geboren.

Sehnsucht nach Mallorca?

Es duftet nach Schokolade. Ganz intensiv. Nach feiner, leckerer, dampfender, heißer Schokolade, in die man nur noch den Löffel stecken muss und ...

„Caro!“

Carolin Baumgarten, genannt Caro, schreckte auf und blickte erst in das strenge Gesicht ihrer Mutter und dann in die Müslischale vor sich, in der ein paar Schokopops vor sich hin schwammen. Von wegen heiße Schokolade!

„Ich hab dich dreimal gefragt, was du heute Abend essen willst. Wo bist du nur mit deinen Gedanken?“ Ines saß neben Carolin am Küchentisch. Ihr Gesicht war eine einzige Anklage.

„Weiß nicht“, murmelte Carolin und schob ihr Müsli von sich. Seit vorgestern war sie nun zurück im Ahornweg in Lilienthal. Doch ihre Gedanken wanderten immer wieder zurück nach Mallorca, wo sie die Sommerferien auf der Finca ihres Vaters verbracht hatte. Wo seine Hausperle Maria den besten Frühstückskakao der Welt gezaubert hatte. Und wo sie Dinge über ihr geliebtes Pferd Sternentänzer erfahren hatte, die sie zutiefst beunruhigten.

„Wollen wir was zusammen unternehmen? Ich hab heute Zeit“, bohrte Ines weiter. „Nachdem du fast die ganzen Ferien mit deinem Vater verbracht hast.“

Carolin zuckte mit den Schultern. „Ich bin schon mit Freundinnen verabredet“, sagte sie schnell. Stimmte zwar nicht, aber Carolin hatte keine Lust, den Tag mit ihrer Mutter zu verbringen. Es war merkwürdig, seit sie wieder zurück war, war sie am liebsten allein.

„Dann vielleicht morgen?“, startete Ines einen neuen Versuch.

„Mal sehen.“ Carolin stand auf und verzog sich in ihr Zimmer. Sie konnte Ines’ fragende Blicke direkt körperlich spüren, als sie nach oben ging. Carolin schloss die Tür hinter sich und legte sich der Länge nach auf ihr Bett. Ihr Blick fiel auf ihren Schreibtisch, auf dem in einem silbernen Rahmen ein Bild von ihrem wunderschönen, mondhellen magischen Araberhengst stand.

Im gleichen Augenblick drängten sich weitere Bilder in Carolins Gedanken. Ein verfallenes, unheimliches Gehöft im Hinterland von Mallorca, ein völlig verdunkelter Stall, in dem eine Stute versteckt gehalten wurde, die Falak hieß und Sternentänzers Mutter sein sollte. Und ein alter, grimmiger Mann an einem Stock, der sie vor ihrem eigenen Pferd gewarnt hatte. „Auch meine Falak war lieb und nett. Gib auf dich Acht, Mädchen! Dass dir nichts passiert“, hörte sie seine raue Stimme. „Ich bin sicher, auch dein Pferd hat etwas Böses in sich, sonst wäre meine Falak nach seiner Geburt nie so geworden.“ Carolin blies ihre Backen auf. Als der alte Mann das gesagt hatte, hatte sie nur noch Wut und Hass verspürt. „Mein Sternentänzer ist nicht so! Er hat nichts Böses in sich. Ganz sicher nicht!“, hatte sie geschrien. „Ich wünsche dir, dass du recht hast, Mädchen“, hatte der alte Mann darauf erwidert. „Es ist besser, ihr verschwindet. Du und Falaks Sohn.“

Oh Mann! Auf Carolins Armen bildete sich Gänsehaut. Diese Falak ist aggressiv, wild und unbezähmbar. Warum nur rastet sie völlig aus, wenn jemand in ihre Nähe kommt? Wenn ich mir vorstelle, dass mein Sternentänzer auch so werden könnte!

„Caro!“, drang da die Stimme ihrer Mutter an ihr Ohr.

„Was ist?“, rief Carolin vom Bett aus zurück.

„Kommst du mal?“

Carolin rollte mit den Augen und stand auf. Schon wieder!, dachte sie genervt. Ich hab in den Ferien auf Mallorca total vergessen, wie anstrengend Mütter sein können! Gleich bei ihrer Ankunft am Flughafen hatte Ines sie mit Fragen gelöchert und seither nicht damit aufgehört. Sie wollte haargenau wissen, wie es auf Mallorca gewesen war und was sie alles erlebt hatte – und vor allem, wie die neue Freundin ihres Ex-Mannes Paul war, die zwei Jahrzehnte jünger war als er. Carolin hatte sich auf Mallorca super mit Carmela verstanden und deswegen auch keine Lust, mit ihrer Mutter über sie herzuziehen. Auch mit ihrem Vater Paul hatte sie sich wieder ausgesöhnt. Ganz im Gegensatz zu ihrer Mutter offenbar! Obwohl Ines inzwischen glücklich mit Dr. Sander, dem Tierarzt von Lilienthal, verheiratet war, schien sie sich immer noch über Paul aufregen zu können.

Natürlich war Ines auch aufgefallen, dass ihre Tochter seit der Rückkehr aus Mallorca mehr in sich gekehrt war und sich zurückzog. Immer mal wieder kam daher dieses „Du kannst mit mir über alles reden.“ Ja klar, Mam! Ich hab ein magisches Pferd, und ich hab Angst, dass es wie seine Mutter eine böse Seite an sich haben könnte. Soll ich dir das erzählen? Vor allem dir, Mam! Ihre Mutter hatte mit Magie und mit Pferden nämlich so viel am Hut wie mit Wintersport, nämlich absolut nichts.

„Caro!“

Jaahaa ... ich komm ja schon!“ Manno! Carolin lief die Treppe hinunter.

Unten standen ihre Mutter und Dr. Sander, ihr Stiefvater. Dr. Sander hielt ihr eine Reithose entgegen. Eine wirklich schöne, super geschnittene Hose. „Hab ich in einem Laden für dich entdeckt“, erklärte er.

Ihre Mutter bedachte sie mit einem gespannten Blick.

Ohne größere Begeisterung nahm Carolin die Reithose entgegen. „Cool, danke!“

„Ist doch echt nett von Jo. Freust du dich?“, fragte Ines erwartungsvoll.

Ja, klar, super!“, antwortete Carolin brav – allerdings in einem so wenig begeisterten Ton, als würde sie über die Mathehausaufgaben sprechen.

Ines merkte das natürlich. „Wir wollten dir eine Freude machen“, sagte sie etwas beleidigt.

Im Moment gibt es nur eine einzige Sache, mit der man mir eine Freude machen könnte. Nämlich, mir zu garantieren, dass mein Sternentänzer so bleibt, wie er ist. Kannst du das, Mam? Natürlich nicht. Und diese Hose leider auch nicht.

„Nee, die ist echt total toll! Ich zieh sie gleich mal an.“ Carolin flüchtete vor den prüfenden Gesichtern von Ines und Dr. Sander nach oben.

„Caro ist so komisch, seit sie aus Mallorca zurück ist“, hörte sie von unten die besorgte Stimme ihrer Mutter. „Da muss irgendwas passiert sein.“

„Ach was, Ines, du machst dir zu viele Gedanken!“, entgegnete Dr. Sander. „Wahrscheinlich ist es einfach der ganze Gefühlsstress der letzten Monate.“

„Hm!“ Die Stimme ihrer Mutter klang nachdenklich. „Nun ja, erst Pauls Sorgerechtsklage, der Streit mit ihm, die Aussöhnung, der Besuch auf Mallorca ...“

„Unsere Hochzeit, der Umzug“, ergänzte Dr. Sander.

„Pauls neue Freundin.“

„Und die Pubertät.“

„Vermutlich hast du recht.“ Carolins Mutter stieß einen tiefen Seufzer aus. „Wenn der Alltag wieder einzieht und die Schule beginnt, wird Caro sicher wieder wie immer.“

„Ganz bestimmt.“ Dr. Sanders Stimme klang munter und zuversichtlich.

Ja klar! Wie bitte soll man wie immer werden, wenn man Angst haben muss, dass sich das, was man am meisten liebt, verändern könnte? Carolin schnaufte tief durch und versuchte, den Kloß in ihrem Hals hinunterzuschlucken. Sie gab sich einen Ruck und schlüpfte in die Reithose. Das Teil saß wie angegossen, und unter anderen Umständen hätte sie sich tatsächlich riesig darüber gefreut. Aber so! Wer weiß, ob ich die überhaupt noch lange brauche?, überlegte Carolin traurig.

Am Nachmittag radelte Carolin dann nach Lindenhain, wo sie auch ihre Freunde endlich wiedersehen wollte. Fünf Wochen lang war sie nicht mehr auf ihrem geliebten Reiterhof gewesen. Erst jetzt merkte sie, wie sehr sie alles vermisst hatte.

In der Einfahrt blieb sie kurz stehen und ließ ihren Blick schweifen – über den sanften Hügel mit den knorrigen, alten Linden, über den hellgelben Stall mit den blauen Türen und dem Auslauf davor, den Reitplatz, den großen Paddock mit dem blauen Holzzaun, die Reithalle, das Haupthaus und das terrakottafarbene Ferienhaus mit den grünen Fensterläden und der Holzterrasse. „Mein Lindenhain“, seufzte Carolin.

Sie ließ ihr Rad langsam weiterrollen und parkte es in dem Radständer vor dem Haupthaus. In diesem Augenblick kam Gunnar, der Besitzer von Lindenhain, aus dem Haupthaus gelaufen.

„Gunnar!“, rief Carolin schon von Weitem. Sie freute sich, ihn zu sehen.

Gunnar hob den Kopf und nickte ihr nur kurz zu – so, als wären sie sich erst gestern zuletzt begegnet.

„Hallo! Ich bin wieder da“, setzte Carolin nach.

„Wie? Ja, schön! Das ist schön“, gab Gunnar knapp zurück, zog seinen Cowboyhut tiefer ins Gesicht und stiefelte eilig weiter.

Schön? Hä? Ist das alles? Höchst verwundert schaute ihm Carolin nach. He, Gunnar, ich war ein paar Wochen weg, nicht nur ein paar Stunden. Und jetzt bin ich wieder da. Was ist das denn für eine Begrüßung? Carolin lief ihm nach und zupfte an seinem rot-weiß karierten Holzfällerhemd. „Hallo, Gunnar? Wie war’s denn in der Zwischenzeit auf Lindenhain? Was passiert?“

„Wie?“ Gunnar drehte den Kopf zu ihr. „Äh ... nee! Alles paletti.“ Er steckte seine Hand in die Hosentasche und zog eine Schachtel Zigaretten heraus. Mit zitternden Fingern steckte er sich einen Glimmstängel an. Höchst beunruhigt beobachtete ihn Carolin dabei. Gunnar rauchte normalerweise nur, wenn er extrem angespannt war. Und eigentlich hatte ihn Carolin schon lange nicht mehr rauchen sehen. Sehr lange. Das schien kein gutes Zeichen!

„Bist du sicher, dass alles klar ist?“, hakte Carolin noch einmal nach.

„Wie?“ Gunnar nickte und ging weiter. Dabei blies er dicke Rauchkringel in die Luft.

Kopfschüttelnd blickte ihm Carolin nach. Da wurde sie auf einmal von hinten gepackt und stürmisch umarmt.

„Caro! Hey, endlich wieder da!“ Jan, Lindenhains Mann für alles, hob sie hoch und wirbelte sie durch die Luft. Seine halblangen blonden Haare hatte er zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden.

„Ey!“, kicherte Carolin. „Du freust dich ja!“

„Logisch!“, erklärte Jan strahlend. „Alle ...“

„Bis auf Gunnar.“

Jan ließ sie wieder herunter, formte dann mit seinem Kaugummi eine große Blase und ließ diese geräuschvoll zerplatzen. „Doch, logo, der auch. Alle!“

Carolin zog eine Grimasse. „Ich weiß nicht. So, wie Gunnar mich gerade eben begrüßt hat, sah das aber ganz anders aus.“

Jan winkte ab. „Ach lass mal, der ist schon seit ein paar Tagen voll schräg drauf. Weiß nicht, warum. Vielleicht hat er ja Stress mit Vicky.“ Vicky war Jans Tante und Gunnars Lebensgefährtin und wohnte ebenfalls auf Lindenhain. „Meine liebe Tante ist auch irgendwie ziemlich durch den Wind. Aber erzähl doch mal, wie war’s denn auf Malle?“

„Cool“, antwortete Carolin nur knapp. „Ist Sternentänzer schon da?“

Jan nickte. „Er kam heute früh mit dem Transporter. Ich hab ihn gleich in den Stall gebracht. Wirkte irgendwie ein bisschen gestresst. Er wartet auf dich in seiner Box.“

„Okay.“ Mit klopfendem Herzen spähte Carolin zum Gästehaus. „Ist Ferdi gar nicht da?“ Ferdinand Reifenbach war Carolins Freund. Er stammte eigentlich aus Berlin, wohnte aber nun schon seit einiger Zeit auf Lindenhain im Gästehaus. Zum einen, um Carolin nahe sein zu können, zum anderen, weil er in Grünstadt Eishockey spielte.

Jan zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung.“ Er deutete Richtung Vorratskammer. „Ich muss los, Futter für die Gäule besorgen.“

„Doof! Ferdi wusste doch, dass ich komme“, murmelte Carolin etwas enttäuscht. Erst Gunnars seltsames Verhalten, nun glänzte Ferdi auch noch durch Abwesenheit. Pah! Erst SMS schreiben, dass er mich vermisst, und dann nicht da sein, wenn ich zurückkomme. Na ja! Carolin straffte die Schultern und stiefelte Richtung Stall. Sie drückte die Tür auf und landete direkt in Ferdis offenen Armen.

„Mein Carolinchen, endlich hab ich dich wieder!“ Er schloss sie in seine Arme und drückte sie ganz fest an sich. „Ich hab doch so vermisst.“

„Ferdi“, seufzte Carolin glücklich und kuschelte sich an ihn. „Ich dich auch.“

Da tippte jemand von hinten auf Carolins Schulter. „He, darf ich auch mal?“

Carolin drehte sich um und stürzte aus Ferdis Armen in die Arme ihrer besten Freundin Lina. „Lina“, juchzte Carolin. „Wie schön! Und ich dachte schon, ihr untreuen Tomaten seid gar nicht da!“

Linas grüne Augen funkelten. „Wir haben dir im Stall aufgelauert“, grinste sie. „Strafe muss sein, wenn man seine Freunde wochenlang so schmählich im Stich lässt.“ Sie rollte mit ihren schönen Augen. „Boah! Das waren die langweiligsten Sommerferien meines Lebens.“

Ferdi teilte ein paar kühle Cola-Dosen aus. „Zum Anstoßen! Auf Caros glückliche Rückkehr.“

Rückkehr ja, aber glücklich? Carolin seufzte, nahm die kühle Cola und stieß mit ihren Freunden an.

„Erzähl doch mal, wie war’s denn so?“, wollte Ferdi wissen. „Lina hat ja schon ein paar ziemlich merkwürdige Dinge angedeutet.“

„Genau“, bestätigte Lina. „Wie war das denn jetzt alles genau mit diesem alten Mann und seinem Pferd?“

Carolin hatte Lina von Mallorca aus angerufen und ihr von Sternentänzers Mutter und seinem Besitzer Carlos Garcia erzählt. Doch im Moment hatte sie eigentlich überhaupt keine Lust, darüber zu reden. „Erzähl ich euch alles später“, winkte sie rasch ab. „Ich möchte erst mal nach Sternentänzer sehen, ob er den langen Transport gut überstanden hat.“

Ferdi schaute auf die Uhr. „Ich muss auch gleich los und ein paar Dinge für die Schule besorgen. Fängt ja bald wieder an.“ Er umarmte Carolin noch mal und flitzte aus dem Stall. „Bis später, Carolinchen. Ich ruf dich an.“

Lina trank ihre Cola leer. „Und ich muss zurück zu Ami.“ Sie seufzte. „Du glaubst nicht, was die zurzeit für einen Stress wegen des Unterrichts macht. Ich hätte eine Blockade, behauptet sie. Pah! Der werd ich’s zeigen. Bis dann, Caro. Schön, dass du wieder da bist!“ Kurz darauf rauschte auch sie aus dem Stall.

Na super! Tolle Begrüßung! Alle haben es eilig, und zu Hause nervt Ines mit blöden Fragen. Da hätte ich ja auch gleich auf Mallorca bleiben können. Etwas irritiert blickte Carolin ihren Freunden hinterher. Dann drehte sie sich abrupt um und stürmte die Boxengasse entlang, direkt in Sternentänzers Box. Da stand er. Groß, schön, elegant, mit seinem glänzenden mondhellen Fell, seinem seidig schimmernden Schweif, dem kleinen schwarzen Stern auf der Stirn und schaute ihr mit seinen großen, dunklen Kohleaugen entgegen.

„Mein süßer Sternentänzer, endlich hab ich dich wieder!“, murmelte Carolin und näherte sich ihrem Pferd. Sanft legte sie die Arme um seinen Hals und liebkoste es. Er ist wie immer. Ganz brav. Ich werde nicht mehr an diese Mallorca-Geschichte denken, beschloss sie und schämte sich beinahe für ihre Zweifel. Ich werde diesen alten Mann und seine bösartige Stute einfach aus meinen Gedanken verbannen! Sternentänzer ist so süß und lieb und kein bisschen böse.

Ganz behutsam schnupperte Sternentänzer mit seinen samtweichen Nüstern über ihr Gesicht. Carolin musste kichern. „He, das kitzelt!“ Doch der Hengst machte weiter, und Carolin genoss eine ganze Weile seine Berührung. Dann machte sie sich los. „Ich hol dir ein paar Leckerli. Was hältst du davon?“

Es schien fast, als würde Sternentänzer sie verstehen, denn er hob erwartungsvoll seinen Kopf. Die Leckerli, die Carolin mit nach Mallorca genommen hatte, waren schon nach der ersten Woche aufgebraucht gewesen. Carolin stiefelte in die Vorratskammer und kramte nach dem Sack, in dem Jan die Leckerli aufbewahrte. Dabei wanderten ihre Gedanken unwillkürlich wieder zurück zu der heruntergekommenen Hacienda auf Mallorca. Sie hockte sich auf die kleine, wacklige Holzbank und fuhr sich mit beiden Händen durch ihr kurzes kastanienbraunes Haar.

Diese Falak sah genau so aus wie mein Sternentänzer. Es war wie eine Erscheinung ... „Früher war meine Falak auch ein liebes Pferd“, hat der Alte erzählt. Carolin nagte an ihrer Unterlippe, wie sie es immer tat, wenn sie nervös oder nachdenklich war. Was weiß ich denn eigentlich schon von Sternentänzer? Was weiß ich über seine Magie? Ich kann in die Zukunft sehen, wenn ich in Vollmondnächten auf ihm ausreite. Gut. Und weiter? „In jedem Wesen stecken immer zwei Seiten, eine gute und eine schlechte“, hat auch Ami gesagt. Verdammt!

Carolin sprang auf und tigerte aufgewühlt in dem kleinen Raum auf und ab. „Ich dreh mich im Kreis“, murmelte sie vor sich hin. „Ich hab keinen blassen Schimmer, was ich machen soll! Verdrängen funktioniert nicht. Dieser seltsame Carlos Garcia und seine Falak schleichen sich immer wieder in meine Gedanken.“ Etwas unschlüssig blickte sie sich um. „Was wollte ich denn eigentlich hier? ... Ah ja, die Leckerli.“ Carolin öffnete den Sack und holte eine Handvoll heraus. „Ich muss mit Lina und Ferdi sprechen, bevor ich völlig durchdrehe.“

Von weißer und dunkler Magie

Der nächste Tag war einer dieser Spätsommertage, an denen die Luft schon ein wenig nach Herbst riecht. Doch die Sonne, der blitzblaue Himmel mit den watteweißen Wolken und die Temperaturen erinnerten noch an den Sommer. Es war der letzte Ferientag.

Carolin hockte an ihrem Lieblingsplatz auf dem Holzgatter, das die Koppel umzäunte, und beobachtete die Lindenhain-Pferde. Sternentänzer trabte gerade mit anmutigen Bewegungen und wehendem Schweif über die Weide.

Carolin lächelte. „Du bist heilfroh, dass du dich endlich wieder austoben kannst, mein Süßer, nach dem langen Transport“, murmelte sie vor sich hin. Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche, stellte fest, dass keine neue Nachricht da war, und steckte es mit einem tiefen Seufzer wieder zurück. Mensch, Annit, melde dich doch mal! Annit war ihre Freundin und die Besitzerin von Silberstern, Sternentänzers Sohn.

Carolin hatte von Mallorca aus mit Annit telefoniert und ihr alles über den alten Mann, die Hacienda und Sternentänzers Mutter erzählt. Und von ihrer Vision. Zwei Mal war Carolin in einer Vollmondnacht auf Sternentänzer ausgeritten und hatte ihn nach Falak und der Hacienda befragt. Doch jedes Mal hatte sie in ihrer Vision nur Annit und Silberstern gesehen. Das Mädchen und der schwarze Hengst waren in einem arabischen Land gewesen. Mitten in der Wüste. Bei einem gemeinsamen Telefonat waren die beiden dann draufgekommen, dass es für diese merkwürdige Vision nur eine einzige Erklärung geben konnte: Da Falak aus Syrien stammte, wo der alte Mann sie einst gekauft hatte, musste dort die Lösung des Rätsels liegen. Wenn sie also etwas über die Vergangenheit ihrer Pferde erfahren wollten und ob es eine böse Seite bei ihnen gab, mussten sie ihre Suche in Syrien beginnen. Und der Vision nach zu schließen, war Annit wohl diejenige, die in das arabische Land reisen sollte. Annit war zunächst gar nicht begeistert von der Idee gewesen. Schließlich hatte sie gerade erst nach langer Suche ihre leiblichen Eltern in der Türkei gefunden und wollte eigentlich noch etwas Zeit mit ihnen verbringen. Zudem lag Syrien ja auch nicht gleich um die Ecke.

Dennoch hoffte Carolin, dass die Freundin die Reise bald antreten würde. Schließlich betraf es Silberstern genauso wie Sternentänzer. Sie seufzte. Ach Annit, du musst fahren! Sonst werden wir dem Geheimnis unserer Pferde niemals auf die Spur kommen und herausfinden, ob sie eventuell eine böse Seite an sich haben.

„Hi, Caro!“ Lina kletterte neben Carolin auf das Gatter. „Was gibt’s denn so Dringendes?“

Carolin hatte gleich für den Vormittag Lina und Ferdi zusammengetrommelt. Nachdem sie sich die ganze Nacht nur schlaflos im Bett herumgewälzt hatte, wollte sie mit den beiden ausführlich über alles sprechen. Sie musste sich einfach jemandem anvertrauen. Sonst halt ich das nicht mehr aus, dachte sie.

„Ami war ziemlich sauer, dass ich den Unterricht verschoben hab.“ Lina ringelte eine ihrer langen roten Haarsträhnen um den Finger. „Sie ist momentan sehr streng mit mir.“

Bevor Carolin antworten konnte, tauchte auch Ferdi auf. Offenbar wollte er anschließend zum Training, denn er schulterte seine überdimensional große Eishockeytasche. „Hi, ihr zwei!“ Er ließ seine schwere Tasche auf den Boden plumpsen.

Carolin drehte sich zu ihrem Freund um. „Hallo, Ferdi. Gut, dass du da bist.“ Dann legte sie sofort los. „Ihr wisst ja schon grob Bescheid, dass auf Mallorca ein paar ziemlich merkwürdige Dinge passiert sind. Ich muss immer wieder daran denken“, begann sie. „Das, was dort geschehen ist, geht mir nicht mehr aus dem Kopf.“

Ferdi schwang sich zu den Mädchen auf den Holzzaun. „Schieß los!“

Carolin holte tief Luft und berichtete den Freunden nun in allen Einzelheiten von Carlos Garcia, seiner Stute und ihren Befürchtungen, dass Sternentänzer auch so werden könnte. „Ich habe noch nie so ein wildes Pferd erlebt wie diese Stute“, endete sie nach einer Weile leise. „Ihr hättet ihre Augen sehen sollen. Wild und bedrohlich. Das war Wahnsinn! Wenn Sternentänzer auch so wird, dann ...“

„Also“, unterbrach Ferdi sie gleich. „Vor meiner Ohren-Anlege-Operation sahen meine Ohren aus wie Segelflieger. Ihr erinnert euch?“

Carolin musste grinsen. In der Tat: Das Allererste, was ihr an Ferdinand Reifenbach aufgefallen war, waren seine abstehenden Ohren gewesen. „Schon! Aber was hat das denn mit Sternentänzer zu tun?“

Ferdi zupfte an seinen Ohren. „Niemand in meiner Familie hat abstehende Ohren. Bei allen anderen liegen die Ohren am richtigen Fleck. Nur meine sind aus der Art geschlagen. Manchmal hat man eben komische Dinge, die sonst keiner in der Familie hat.“

„Du meinst, dass nur Falak böse ist und niemand anders das geerbt hat“, schlussfolgerte Lina.

„Genau“, bestätigte Ferdi eifrig. „Wer weiß, vielleicht hat sie dieser Carlos geprügelt oder schlecht behandelt?“

Carolin schüttelte den Kopf. „Er sagt, er habe sie geliebt. Und bis zu Sternentänzers Geburt sei sie noch völlig brav und folgsam gewesen.“

Ferdi zog eine Grimasse. „Erzählen kann der Alte ja viel.“

Lina nickte. „Und außerdem ist Sternentänzer sowieso ein Wesen mit weißer Magie.“

„Hä?“ Ferdi guckte Lina mit großen Augen an. „Was ist das denn? Weil es weiß ist?“

„Ja, Ferdi“, sagte Lina. „Alles Weiße hat weiße Magie.“

Ferdi zupfte an seinem weißen T-Shirt. „Ein Shirt mit weißer Magie.“

Lina rollte die Augen. „Mann! So doch nicht!“

Carolin gab ihm einen liebevollen Klaps. „Jetzt lass Lina doch mal ausreden!“