Sternentänzer, Band 20 - Die geheimnisvollen Briefe - Lisa Capelli - E-Book

Sternentänzer, Band 20 - Die geheimnisvollen Briefe E-Book

Lisa Capelli

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Beschreibung

Dass Liebe manchmal ganz schön kompliziert sein kann, hat Caro schon ein paar Mal feststellen müssen. Doch nun ist sie wirklich verunsichert: Ist ihr Freund Ferdi der Richtige für sie? Oder sollte sie besser ihrem unbekannten Verehrer, der ihr so wunderschöne Liebesbriefe schreibt, eine Chance geben?

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In der Buchreihe „Sternentänzer“ sind bisher erschienen:

Band 1:   Das Rätsel um den weißen Hengst

Band 2:   Das geheimnisvolle Mädchen

Band 3:   Weißer Hengst in Gefahr

Band 4:   Caro unter Verdacht

Band 5:   Rettung für Lindenhain

Band 6:   Bedrohung für den weißen Hengst

Band 7:   Letzter Auftritt des weißen Hengstes?

Band 8:   Der unheimliche Pferdehof

Band 9:   Zeit der Entscheidung

Band 10: Hoffen und Bangen in Lilienthal

Band 11: Silbersterns Geheimnis

Band 12: Abschied mit Folgen

Band 13: Caro und das Mädchen im Moor

Band 14: Ponys in Not

Band 15: Eine rätselhafte Vision

Band 16: Das Geheimnis der Schlossruine

Band 17: Caro und die weiße Stute

Band 18: Die Botschaft des weißen Hengstes

Band 19: Achterbahn der Gefühle

Band 20: Die geheimnisvollen Briefe

Band 21: Eine unglaubliche Entdeckung

Band 22: Ein verhängnisvolles Erbe

Band 23: Geister aus der Vergangenheit

Band 24: Die Magie des weißen Hengstes

Band 25: Voller Einsatz für Lina

Band 26: Verwirrung des Herzens

Band 27: Caro und das Geheimnis der alten Frau

Band 28: Aufregung um Stute Aziza

Band 29: Eine Reise voller Überraschungen

Band 30: Caro und der rätselhafte Dieb

Band 31: Der Eisprinz und die große Liebe

Band 32: Ein unglaublicher Verdacht

Band 33: Die verschwundenen Ponys

Band 34: Caro gibt nicht auf

Band 35: Gefährliche Zeiten auf Lindenhain

Band 36: Feuerprobe für die Liebe

Band 37: Wo ist Sternentänzer?

Sternentänzer

Die geheimnisvollen Briefe

Lisa Capelli

Band 20

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Sternentänzer, Band 20 – Die geheimnisvollen Briefe© 2008 by Panini Verlags GmbH,Rotebühlstraße 87, 70178 StuttgartAlle Rechte vorbehalten

Chefredaktion: Claudia WeberRedaktion: Birgitt KehrerLektorat: Sonja Lehmann, Helga KronthalerUmschlag: tab indivisuell, StuttgartFotos: © mauritius images; Panini/Weber; Sabine Stuewer TierfotoSatz: CB Fotosatz & Werbeproduktion, FellbachISBN: 978-3-8332-1683-1eISBN: 978-3-8332-3101-8

www.panini.de

Die geheimnisvollen Briefe

In einer stürmischen Vollmondnacht schlägt ein Blitz in eine jahrhundertealte Eiche ein, und eine Sternschnuppe fällt vom Himmel. Im gleichen Moment wird ein wunderschöner Schimmel mit einem kleinen schwarzen Stern auf der Stirn geboren.

Eine gelungene Überraschung

Es war einer dieser Tage, an denen sich der Nebel wie ein hauchdünner heller Schleier über das Land legt. Einer dieser ungemütlichen Tage, an denen man eigentlich viel lieber zu Hause bleibt. Zudem nieselte es leicht. Doch Carolin Baumgarten, genannt Caro, spürte die feinen, winzig kleinen Regentröpfchen kaum, die ihr Gesicht streiften. Sie war viel zu aufgeregt. „Wir vermuten in den Tiefen der Erde einen alten, geheimnisvollen Schatz“, tönten die Worte von Helmut Lampert in ihren Ohren. „Komm nächsten Freitag am Nachmittag hierher, dann erzähle ich dir alles.“

Nun war Freitagnachmittag, und Carolin ritt auf ihrem Araberhengst Sternentänzer zu der Waldlichtung, wo der Forscher vom Städtischen Museum in Grünstadt archäologische Ausgrabungen leitete. Carolin beugte sich tief über den Hals ihres herrlichen mondhellen Schimmels, um den herabhängenden Ästen auszuweichen. Was mag das nur für ein Schatz sein?, überlegte sie dabei. Je näher sie zu der Grabungsstätte kam, desto aufgeregter wurde sie.

Als sie die Waldlichtung schließlich erreicht hatte, glitt sie von Sternentänzers Rücken, band ihn an einem Baum fest und schaute sich um. Auf der Grabungsfläche, die mit rot-weißen Bändern weiträumig abgesichert war, hielten sich zwei Männer auf. Offensichtlich führten sie Messarbeiten durch. Der Bagger, der eine dicke Erdschicht abgetragen und auch einige tiefe Löcher in den Boden gebuddelt hatte, war inzwischen verschwunden. Auch der Lastwagen, der den Aushub abtransportiert hatte, war weg.

Nur der Baucontainer stand noch da. Zielstrebig marschierte Carolin darauf zu und klopfte an die Tür.

„Herein!“

Carolin drückte die Klinke und betrat den Bauwagen.

Helmut Lampert saß an einer Art Schreibtisch. Vor sich hatte er eine Karte ausgebreitet, die ein wenig aussah wie eine Landkarte – aber so riesig war, dass sie an den Tischenden herunterhing. Carolin hatte den Museumsmitarbeiter kennengelernt, als sie vor einiger Zeit zufällig, oder besser gesagt durch Sternentänzer, eine Moorleiche gefunden hatte. Und zwar nicht weit von der Stelle entfernt, an der jetzt gegraben wurde.

Als der Forscher Carolin erblickte, nickte er ihr freundlich zu. „Hallo, Caro.“ Er sah aus wie immer. Halb Insektenfänger, halb Studienrat. Kurze graue Haare, braune Augen, große Nickelbrille auf der Nase, dunkelblaue Flanellhose, dunkelblauer Pullunder, darunter ein weißes Hemd und um den Hals eine gepunktete Fliege. Herr Lampert schob seine Brille zurück und deutete auf den Holzstuhl vor dem Tisch. „Setz dich doch, Caro!“ Mit einem verschmitzten Lächeln beugte er sich hinunter zu seiner Aktentasche und holte einen Beutel mit Gummibärchen hervor. Er öffnete ihn und platzierte ihn mitten auf der Karte.

Grinsend griff Carolin zu. Der Forscher mochte Gummibären genauso gerne wie sie.

„Nun ja“, begann Herr Lampert dann und blickte sie über seine Nickelbrille hinweg an. „Wie bereits erwähnt, haben wir nun endlich die lang ersehnte Genehmigung für die archäologischen Grabungsarbeiten erhalten und können jetzt das Gebiet um die Moorleichen-Fundstätte herum genauer untersuchen.“ Er seufzte. „Hat ja wahrlich lange genug gedauert. Aber die Mühlen der Bürokratie mahlen eben langsam.“

Carolin zwinkerte ihm verschwörerisch zu. „Stimmt, ist schon ’ne ganze Weile her, dass wir Miss Moor hier draußen entdeckt haben.“

Herr Lampert zwinkerte zurück. „Kann man wohl sagen. Unsere allerliebste Silvana von Stöbe.“

Mit einem kleinen Schmunzeln wanderten Carolins Gedanken zurück zu jenem Tag, an dem Sternentänzer sie zu dem Knochen im Wald geführt hatte. Schnell war klar gewesen, dass sie eine Moorleiche entdeckt hatte. Und Herr Lampert hatte schließlich herausgefunden, dass es sich dabei mit großer Wahrscheinlichkeit um die sterblichen Überreste der jungen Silvana von Stöbe handelte. Silvana hatte Ende des sechzehnten Jahrhunderts in dieser Gegend gelebt und war die Frau des Bürgermeisters gewesen. Sie hatte wohl im Verdacht gestanden, eine Hexe zu sein und sollte daher festgenommen und verhört werden. Aber eine Freundin hatte sie rechtzeitig gewarnt, und Silvana konnte fliehen. Auf der Flucht hatte sich die damals etwa sechzehn Jahre alte Silvana dann allerdings im Moor verirrt und war umgekommen.

Carolins Hand wanderte zu der Tüte mit den Gummibärchen. „Sie sagten neulich etwas von einem Schatz“, schmatzte sie.

„Exakt.“ Herr Lampert zeichnete mit dem Finger einen Kreis auf die Karte. „Irgendwo hier hoffe ich, etwas zu finden.“

„Einen Schatz?“, wiederholte Carolin.

„Ja, einen Schatz“, bestätigte Helmut Lampert.

„Und was für einen Schatz?“, wollte Carolin neugierig wissen.

Der Forscher beugte sich ein Stück nach vorne und senkte seine Stimme. „Es soll sich um eine uralte Truhe voller Goldmünzen handeln“, raunte er ihr zu.

„Echt?“, staunte Carolin. „Hier in unserem Wald, ganz in der Nähe von Lindenhain?“

„Ganz genau.“

Carolin rollte ein Gummibärchen zwischen den Fingern. „Aber woher wollen Sie das denn wissen?“

Der Museumsmitarbeiter lehnte sich zurück, nahm seine Brille ab und schlenkerte sie an einem Bügel hin und her. „Es sind Papiere aufgetaucht, in denen so etwas angedeutet wurde.“

„Wo sind die aufgetaucht?“, fragte Carolin und spürte ganz plötzlich und ohne Grund Gänsehaut auf ihren Armen.

Der Forscher warf ihr einen kurzen Blick zu. Seine Augen flackerten merkwürdig. „Das spielt keine Rolle“, erklärte er knapp. Aus irgendeinem Grund wollte er über die Papiere offenbar nicht reden.

Komisch! „Aber ...“

„Hier.“ Herr Lampert fiel ihr ins Wort und deutete erneut mit dem Finger auf die Karte. „Hier irgendwo müssten wir nach meinen Berechnungen fündig werden.“

„Und wann?“

Er seufzte. „Das kann noch ein weiter Weg sein. Wir haben inzwischen die oberste Erdschicht abgetragen und die Grabungsfläche freigelegt. Nun geht’s erst mal mit Schaufel und Spaten weiter.“

„Wahnsinn!“ Carolin nagte aufgeregt an ihrer Unterlippe. „Bin mal gespannt, was Sie da noch alles finden werden! Vielleicht noch weitere Moorleichen?“

Helmut Lampert zuckte mit den Schultern. „Kann schon sein. Lassen wir uns überraschen.“

„Kann ich bei den Grabungsarbeiten mal zusehen?“, fragte Carolin. „Und kann ich dann auch meine Freunde mitbringen?“

Der Forscher runzelte die Stirn. „Nun ja, eigentlich dürfte ich das nicht erlauben. Unberechtigte Personen haben in solchen Ausgrabungsstätten keinen Zutritt.“

Carolin zog eine Grimasse. „Ach, Herr Lampert, bitte! Immerhin hab ich ja auch Miss Moor gefunden“, entgegnete sie empört. „Ohne mich wüssten Sie gar nicht, wo Sie suchen müssten.“

Der Wissenschaftler schmunzelte. „Also gut“, gab er schließlich nach.

„Super!“ Carolin sprang auf. „Das muss ich gleich meinen Freunden erzählen.“

Helmut Lampert rollte die riesige Karte sorgfältig zusammen. „Aber nur, wenn ihr euch vorsichtig verhaltet, die Arbeiten nicht behindert und nichts zerstört.“

Carolin stürmte zur Tür und wollte nach draußen. Doch die Stimme des Forschers hielt sie zurück. Er klang ernst. „Moment noch! Ich muss mich auf eure Verschwiegenheit verlassen, Carolin! Kein Wort über den Schatz, zu niemandem!“

„Schon klar“, versprach Carolin. Ein munteres Grinsen huschte über ihr Gesicht. „Wenn sich rumspricht, dass hier Goldmünzen liegen, kommt noch ganz Lilienthal zum Graben.“

„Das auch“, nickte der Forscher. „Das auch.“ Damit griff er nach seinem Handy.

Das auch?, wiederholte Carolin in Gedanken, während sie den Bauwagen verließ. Nachdenklich stiefelte sie zu ihrem Pferd. Was denn noch?Hm!Egal. Bestimmt nicht weiter wichtig. Doch da sollte sie sich wohl täuschen.

Als Carolin nach Lindenhain zurückkehrte, war es schon später Nachmittag. Zwar nieselte es immer noch, aber der dichte Nebel hatte sich zumindest aufgelöst. Aber egal, ob Sonnenschein, Regen oder Schnee – für Carolin war Lindenhain zu jeder Jahreszeit und bei jedem Wetter der schönste Reiterhof der Welt. Jetzt erst merkte sie, dass sie feucht und völlig durchgefroren war. Sternentänzer rasch in den Stall bringen, trocken reiben und dann ab nach Hause!, überlegte sie.

Auf dem Hof saß sie ab, tätschelte kurz Sternentänzers Hals und führte ihr Pferd am Zügel Richtung Stall. Sie wollte die Stalltür mit der Schulter aufdrücken, doch die Tür ließ sich nicht öffnen. Komisch! Normalerweise war die Stalltür tagsüber nur angelehnt, sodass man leicht hineinkam. Carolin stutzte, dann drückte sie mit beiden Händen fest dagegen. Nichts. Na toll! Was soll das denn jetzt? Seit wann ist der Stall abgeschlossen? Etwas ratlos fuhr sich Carolin durch ihre kurzen Haare.

Da fiel ihr Blick auf eines der Stallfenster, und es schien beinahe so, als würde drinnen ein Licht flackern. Was geht denn hier ab? Carolin näherte sich dem Fenster, stellte sich auf Zehenspitzen und versuchte, einen Blick ins Stallinnere zu erhaschen – aber mehr als dieses Flackern war nicht zu erkennen.

In diesem Moment kam Jan aus dem Haupthaus. Jan war Lindenhains Mann für alles – zuständig für Stall, Hof und Pferde.

Carolin lief auf ihn zu. „Ey, Jan, der Stall ist zu, abgeschlossen! Ich muss Sternentänzer reinbringen. Sperrst du mir auf?“

Jan blieb stehen. Schob seine halblangen blonden Haare hinter die Ohren, formte mit seinem Kaugummi eine dicke Blase und ließ sie geräuschvoll zerplatzen. Dann grinste er, schüttelte den Kopf und sagte: „Nein!“ Einfach nur nein!

Völlig irritiert schaute Carolin ihn an. „Spinnst du jetzt? Ich war mit Sternentänzer ausreiten. Er muss in den Stall. Ich muss ihn trocken reiben und versorgen. Was soll das?“

„Tja“, meinte Jan nur. Er grinste noch breiter und zuckte die Achsel.

„Ähm!“ Carolin fehlten die Worte. „Was soll ich denn jetzt mit Sternentänzer machen? Vielleicht mit nach Hause nehmen und in mein Zimmer stellen, oder was?“

Jan grinste inzwischen wie ein Honigkuchenpferd. „Vielleicht klopfst du einfach mal?“

Carolin guckte ihn mit großen Augen an. „Seit wann muss ich denn klopfen, wenn ich mein Pferd in den Stall bringen will?“

„Tja“, machte Jan wieder nur, versenkte die Hände in seinen Overalltaschen und marschierte pfeifend Richtung Reithalle.

Völlig verdutzt blickte Carolin ihm nach, dann lief sie zurück zum Stall. Also gut!, dachte sie mühsam beherrscht. Wenn Jan meint, dann klopf ich eben. Meinetwegen. Sie ballte die Hand zur Faust und trommelte, so fest sie konnte, gegen die Stalltür. „Aufmachen! Hallo! Aufmachen! Hallo!“

Im nächsten Moment öffnete sich die Tür so plötzlich nach innen, dass Carolin beinahe in die Stallgasse gepurzelt wäre, hätten nicht zwei Arme sie aufgefangen.

„Hallo, Carolinchen!“

Ferdi? Carolin machte sich los und blickte in zwei wasserblaue Augen. Tatsächlich! Ferdinand Reifenbach. Kurze blonde Haare und freches Lausbubengrinsen. Ferdi war Carolins Freund. Eigentlich stammte er aus Berlin, doch wegen Carolin war er nach Lindenhain gezogen und besuchte nun eine Privatschule in Grünstadt. Ferdi wohnt im Ferienhaus, aber doch nicht im Stall!, schoss es Carolin durch den Kopf. „Was machst du denn hier im Stall?“, wunderte sie sich.

Ferdi war begeisterter Eishockeyspieler, mit Pferden hatte er eher wenig am Hut. Er konnte nicht besonders gut reiten und hatte vor den großen Tieren auch ziemlich Respekt. Ferdi sagte nichts, lächelte nur.

„Und warum hast du dich eingeschlossen?“ Carolin spähte die Boxengasse entlang. Es war duster, nur aus Sternentänzers Box drang ein flackerndes Licht. „Was soll das, Ferdi?“, fragte Carolin und wurde langsam etwas ungeduldig, da Ferdi nicht antwortete.

Er lächelte sie weiterhin nur an, griff nach ihrer Hand und zog sie mit sich zu Sternentänzers Box. „Ich hab eine kleine Überraschung für dich“, erklärte er schließlich. Mit einem „Tatata!“ schob er sie in die Box.

Carolin sah sich um und schluckte gerührt. Die Box war über und über mit kleinen Laternchen dekoriert, in der Mitte stand ein kleiner Klapptisch, davor zwei Holzhocker. Der Tisch war schön gedeckt mit einer bunten Tischdecke, Servietten, gutem Geschirr und schönen Gläsern. Neben dem Tisch stand ein Picknickkorb.

„Hoffe, es gefällt dir“, murmelte Ferdi etwas verlegen. „Um alles in Ruhe vorbereiten zu können, musste ich den Stall kurz absperren, sorry!“

Carolin schluckte erneut. „Du, ich sag rasch Jan Bescheid, damit er Sternentänzer versorgt und in einer anderen Box unterstellt“, murmelte sie schließlich. „Bin gleich wieder zurück!“ Damit flitzte sie los.

Als Carolin wenig später zurückkam, führte Ferdi sie galant zu einem der Hocker. Carolin setzte sich.

Ferdi öffnete seinen Picknickkorb und holte zwei Teller voller feiner Antipasti heraus. Dazu einen Korb mit aufgeschnittenem Weißbrot. „Ich hab mir gedacht, ich mach was ganz Besonderes und hol uns was Leckeres von dem supertollen teuren Italiener“, erklärte er. „Guten Appetit!“

Carolin spießte eine schwarze ölige Olive auf ihre Gabel. Eigentlich hatte sie keinen Hunger. Schon gar nicht auf Antipasti. Wenn überhaupt, wär mir eine anständige Pizza jetzt lieber, dachte sie, schämte sich aber im gleichen Moment dafür. Ferdi hat sich so viel Mühe gegeben, mich zu überraschen!

„Probier mal die gegrillten Auberginen, echt lecker“, lobte er.

Carolin nahm sich eine Aubergine und kaute darauf herum. „Schmeckt gut.“ Nicht wirklich, eher nach Pappe! Aber sie wollte Ferdi nicht enttäuschen.

Ferdi zog eine Flasche aus dem Korb. „Fruchtschorle“, erklärte er und goss das Getränk in die Gläser.

„Cool“, nickte Carolin. Ach Ferdi!, dachte sie seufzend. Du bist so süß, und ich hab dich eigentlich gar nicht verdient. Du bist so lieb zu mir, und ich dumme Pute verknall mich volle Kanne in den nächstbesten Referendar! Mike Thomson. Carolin wurde noch jetzt rot vor Scham, wenn sie nur daran dachte. Sie griff nach dem Glas. Mike Thomson hatte den Förderunterricht an ihrer Schule betreut, und Carolin war vom ersten Augenblick an fasziniert von ihm gewesen. Der junge, gut aussehende Lehrer, der auf einer Westernranch gearbeitet hatte, liebte wie sie Pferde über alles. Seine Nähe hatte Carolins Herz zum Beben gebracht und sein Lächeln ihre Knie zum Zittern. Schon bei dem Gedanken an ihn hatte sie Schmetterlinge in ihrem Bauch gespürt. Sogar die Gabe ihres magischen Pferdes hatte sie genutzt. In einer Vollmondnacht war sie auf Sternentänzer ausgeritten und hatte ihn befragt, wie es mit ihr und Mike weitergehen würde. Es hatte nur noch Mike, Mike, Mike für sie gegeben! Ferdi war abgeschrieben gewesen. Doch dann hatte sich herausgestellt, dass Mike Thomson verheiratet war und sogar eine kleine Tochter hatte. Carolins Liebesträume waren zerplatzt wie eine Kaugummiblase. Auch ihre Schwärmerei für Mike hatte sich mittlerweile in Luft aufgelöst. Aber geblieben waren Zweifel und Unsicherheit, was ihre Beziehung zu Ferdi anging. „Wäre deine Liebe zu Ferdi wirklich so tief, hättest du niemals Gefühle für Mike entwickeln können“, hatte Lina, ihre beste Freundin, gesagt. Carolin hatte immer noch keine Erklärung, warum es passiert war. Vielleicht konnte man ja zwei Menschen gleichzeitig lieben? Oder war das, was sie und Ferdi verband, nur noch Freundschaft und keine Liebe mehr? Caro hatte sich vorgenommen, dies langsam und ohne Stress für sich herauszufinden.

„Da sind Tomaten mit Mozzarella drauf, das magst du doch?“, unterbrach Ferdi ihre Gedanken.

„Stimmt“, nickte Carolin mit einem kleinen Lächeln. Ferdi weiß, was ich mag, und steht mir immer bei, wenn ich Hilfe brauche. Ich kann mich auf ihn verlassen, und überhaupt ...

Ferdi streckte seine Hand aus und griff nach ihrer. Carolin legte die Gabel zur Seite. Ganz sacht strich Ferdi über ihre Hand. „Ich bin so froh, dass ich dich wiederhabe, Carolinchen“, sagte er leise. Obwohl sie nie über die Sache mit Mike gesprochen hatten, hatte Ferdi gespürt, dass er kurz davor gewesen war, Carolin zu verlieren. Er drückte ihre Hand ganz fest. „Und ich lass dich nie wieder los.“

Carolin sah ihn an. Blickte in seine Augen. Hörte in sich hinein. Prüfte ihre Gefühle. Checkte ihren Herzschlag. Sie empfand es als überaus schön und angenehm, hier mit Ferdi zu sitzen. Sie beide allein im Stall, bei flackerndem Laternenschein, das war Romantik pur. Doch müsste es nicht etwas mehr kribbeln? Müsste mein Herz nicht ein paar Takte schneller schlagen?, überlegte sie.

„So!“ Ferdi ließ ihre Hand los und machte sich wieder über den Picknickkorb her. „Ich hab zum Nachtisch eine doppelte Portion Tiramisu für uns einpacken lassen“, erklärte er, zog eine große Schüssel und zwei Löffel heraus.

„Doppelte Portion?“ Kichernd deutete Carolin auf die riesige Schüssel. „Davon wird eine ganze Fußballmannschaft satt.“

„Pah!“, machte Ferdi und rieb sich den Bauch. „Du hast ja keine Ahnung, wie groß mein Tiramisu-Appetit ist!“ Er packte seinen Hocker und stellte ihn auf die andere Seite des Tisches, sodass er jetzt neben Carolin saß. Dann tunkte er den Löffel tief in die Creme und hielt ihn Carolin vor den Mund. „Außerdem schmeckt das Zeug einfach spitzenmäßig!“

Carolin schleckte das Tiramisu vom Löffel. „Hmmm!“, schwärmte sie und ließ die süße cremige Leckerei genüsslich auf ihrer Zunge zergehen – und plötzlich spürte sie, wie ein angenehmes, warmes Glücksgefühl ihren Körper durchströmte.

Vorsichtig legte Ferdi den Arm um ihre Schulter und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Carolin kuschelte sich ganz eng an ihn.

Auf Schatzsuche

Einige Tage später standen Carolin, Lina, Matthias, Thorben und Tina in der großen Pause auf dem Schulhof zusammen und unterhielten sich über die demnächst bevorstehende Wahl des Klassensprechers.

„Matthias, du machst das Rennen bestimmt“, erklärte Carolin zuversichtlich – für sie stand außer Frage, dass Matthias die Wahl gewinnen würde. „Du wirst ein super Klassensprecher.“

Matthias Kömpke, ein mittelgroßer, untersetzter Junge mit kurzen, dunklen, leicht lockigen Haaren, braunen Augen und einer kleinen Nickelbrille, die im Verhältnis zu seinem großen, runden Gesicht viel zu klein war, schmunzelte geschmeichelt.

„Glaub ich auch. Ganz bestimmt“, pflichtete ihr die pummelige Tina Kuchberger eifrig bei.

„Natürlich, du gewinnst locker“, ergänzte Lina, Carolins Freundin. „Alle mögen dich, alle werden dich wählen.“

Etwas unsicher schielte Matthias zu Julia Schlupf, die zusammen mit Heike, Viola und Marisa in einem anderen Eck des Schulhofs stand. „Na ja, nicht alle, schätz ich.“

„Ach Quatsch!“, winkte Thorben ab, der ebenfalls in ihre Klasse ging. „Die paar Stimmen kannst du vergessen, die brauchst du nicht. Alle anderen wählen dich sicher.“ Thorben Sander, dunkle Locken, süße Grübchen in den Wangen, war Linas Freund und seit Kurzem auch Carolins Stiefbruder. Denn Thorbens Vater, der Tierarzt Dr. Joachim Sander, hatte Carolins Mutter geheiratet.

Matthias war noch nicht ganz überzeugt. „Meint ihr echt, dass ich das schaffe?“

Thorben klopfte kumpelhaft auf Matthias’ Rücken. „Aber klar! Du bist doch immer der Erste, der sich für die anderen einsetzt. Du machst immer gleich den Mund auf. Alle mögen dich.“

„Ja, das glaub ich auch. Du wirst ganz bestimmt der allerbeste Klassensprecher der Welt“, stimmte Tina mit ein, und ihre Wangen glühten vor Begeisterung. Es war kein Geheimnis, dass sie für den pummeligen Matthias schwärmte.

„Danke“, grinste Matthias etwas verlegen. Er war noch relativ neu in der Klasse, hatte sich aber gut eingewöhnt. In seiner alten Schule war er wegen seines Aussehens häufig verspottet worden, umso mehr freute er sich über die Aussicht, hier sogar Klassensprecher zu werden.

Carolin stemmte die Arme in die Hüften. „Ich finde, deine erste Tat als Klassensprecher sollte sein, Mathe abzuschaffen.“

„Mach ich“, nickte Matthias ernst.

„Und Englisch“, fügte Lina hinzu.

„Mach ich auch“, nickte Matthias wieder. „Noch was?“

„Die Schule“, sagte Thorben grinsend.

„Guter Vorschlag“, erwiderte Matthias. „Mal sehen, was ich in diesem Fall für dich tun kann.“

Carolins Blick wanderte zu Julia. „Wen sie wohl wählt?“ Das sehr hübsche Mädchen mit den langen blonden Haaren, das sich stets nach der neuesten Mode kleidete, war inzwischen Carolins und Linas Lieblingsfeindin. Ihren Eltern gehörte die bekannte Strumpffabrik Cecilia, sie hatten Geld wie Heu. Julia prahlte nur zu gern damit und gab sich hochnäsig und arrogant.

„Wahrscheinlich wählt sich die eingebildete Schnepfe selbst“, kicherte Lina.

„Dann bekommt sie höchstens eine Stimme“, grinste Thorben.

„Zwei“, korrigierte Tina. „Ihre und die von Heike.“ Heike Fichte, ein eher unscheinbarer Typ mit halblangen, mahagoniroten Haaren und Sommersprossen, war ebenfalls eine Mitschülerin von ihnen und Julias größter Fan.

„Na ja ...“ Carolin zwinkerte Lina zu. „Darüber könnte man mit Heike sicherlich noch reden.“

Heike war den Freunden noch was schuldig. Sie hatte Lina gemeine Briefe geschrieben und fiese Streiche gespielt, weil sie Julia imponieren wollte. Dank Sternentänzers magischer Gabe war es Carolin schließlich gelungen, sie überführen. Heike hatte gebettelt, niemandem etwas von den gemeinen Attacken zu verraten, und im Gegenzug versprochen, Lina ein für alle Mal in Ruhe zu lassen.

„Ach was“, winkte Lina ab. „Soll Heike sie doch wählen. Die zwei Stimmen.“ Sie hakte sich bei Matthias unter. „Und nach der Wahl feiern wir in der Eisdiele, okay?!“

„Ich lad euch alle ein“, verkündete Matthias strahlend. Er war schon jetzt glücklich wie nach einem Lottogewinn. „Ich freu mich schon total auf das Gesicht von meinem Vater, der wird superstolz auf mich sein.“ Er blickte in die Runde. „Ihr seid alle so klasse. Ich bin so was von happy. Echt!“

Tags darauf traf sich Carolin nach der Schule mit ihren Freunden auf Lindenhain. Die vier wollten zu der Ausgrabungsstätte im Wald. Carolin ritt auf Sternentänzer voran, Lina folgte ihr auf Marhaba, dahinter kam Thorben auf Dalia, einem gescheckten Pinto-Araber, und das Schlusslicht bildete Ferdi auf Stella, einem braven Shetlandpony.

„Das wär super, wenn wir dabei wären, wenn die den Schatz finden!“, rief Carolin Lina zu. „Einen Goldschatz, der Jahrtausende unter der Erde geschlummert hat. Wahnsinn, oder?“

Lina schwieg.

„Ey, das ist doch der Oberhammer, findest du nicht?“, setzte Carolin nach.

„Ich weiß es nicht, Caro“, meinte Lina schließlich.

Carolin zügelte Sternentänzer und ritt nun langsam im Schritt neben Lina her. „Was soll das denn heißen?“