Stigmata - Beatrix Gurian - E-Book

Stigmata E-Book

Beatrix Gurian

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Beschreibung

Kurz nach dem Tod ihrer Mutter erhält Emma von einem unbekannten Absender eine alte Schwarz-Weiß-Fotografie, die ein Kleinkind zeigt. Dem Foto beigefügt ist die rätselhafte Aufforderung, die Mörder ihrer Mutter zu suchen. Angeblich soll Emma die Täter in einem Jugendcamp finden, das in einem abgelegenen Schloss in den Bergen stattfindet. Dort stößt sie immer wieder auf unheimliche Fotografien aus der Vergangenheit des Schlosses. Und auch in der Gegenwart häufen sich die mysteriösen Zwischenfälle …

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Beatrix Gurian

STIGMATA

Nichts bleibt verborgen

 

 

 

 

 

 

 

 

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1. Auflage 2014 © 2014 Arena Verlag GmbH, Würzburg Alle Rechte vorbehalten Covergestaltung: Frauke Schneider Fotografien: Erol Gurian ISBN 978-3-401-80393-7

www.stigmata-buch.dewww.arena-verlag.de

Inhaltsverzeichnis

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel Sechs Wochen zuvor

3. Kapitel

4. Kapitel Sechs Wochen zuvor

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel Sieben Wochen zuvor

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel Sieben Wochen zuvor

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel Drei Wochen zuvor

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel Sechs Monate später

 

 

Jeder ist ein Mond und hat eine dunkle Seite, die er nicht zeigt.

Mark Twain (1835-1910)

Zu vergessen und zu lächeln ist weit besser, als sich zu erinnern und traurig zu sein.

Christina Georgina Rossetti (1830-1894)

Prolog

Sie versteckte den Brief in ihrer Rocktasche und eilte in ihr Büro im oberen Stockwerk, von dem aus sie einen guten Überblick über das Gelände hatte und jede Drückebergerin sofort entdecken konnte. Doch heute musste sie sich zu dem obligatorischen Kontrollblick aus dem Fenster geradezu zwingen und sah nur flüchtig nach draußen.

Missbilligend bemerkte sie, dass ihr Körper sich in einem Zustand der Erregung befand, der ihr immer schon ein Gräuel war, doch sie war sicher, der Herr würde ihr in diesem speziellen Fall verzeihen.

Ihr Herz schlug viel zu schnell, in ihren Ohren summte es und ihre linke Hand, die das Schreiben in der Tasche umklammerte, zitterte. Auch die rechte bebte so stark, dass der mächtige Schlüsselbund leise klirrte. Wenn Pfarrer Braun davon erführe, wäre ihre Zeit hier vorüber, selbst dann, wenn ihre Mitschwestern sich in dieser Sache hinter sie stellen würden.

Sie packte den dolchartigen Brieföffner, schlitzte den Brief auf und las.

Rom, den 10. Oktober 1968

Betreff: Aktenzeichen Avrs/4O7r/Exrz.

Ihr Ansuchen vom 16. September 1968

Verehrte Mutter Oberin,

wir sind trotz all unserer konfessionellen Unterschiede mit Euch darin vollkommen einig, dass Satan ein wirkliches, persönlich geistiges Wesen ist und zu den Abertausenden von Gott geschaffenen Engeln gehört. Wie alle Engel war der Teufel einmal glücklich und gut, erlag dann aber einer Versuchung. Es steht fest, dass sich Satan und seine Anhänger aus eigener Schuld in Dämonen verwandelten, weil sie sich nicht in den Dienst Christi stellen wollten. Die Dämonen sind persönliche Wesen mit einem eigenen Willen. Weil sie keine Seele und keinen Leib haben wie der Mensch, also reine Geistwesen sind, bedienen sie sich manchmal der Körper der Menschen.

Was sollte diese lächerliche Belehrung? Sie wusste sehr wohl, was es mit Satan auf sich hatte. Deshalb hatte sie Hilfe gesucht und jetzt beleidigte man ihre Intelligenz. Sie überflog den Brief, um an die entscheidende Stelle zu gelangen.

Doch in dem uns hier vorliegenden, von Ihnen geschilderten Fall des Mädchens sehen wir uns gezwungen, Ihnen eine abschlägige Antwort zu erteilen.

Diese ... diese ... Sie fluchte niemals, niemals, niemals. Nicht einmal in Gedanken. Nur deshalb entwischte ihr auch jetzt kein Wort. Zitternd vor Zorn las sie weiter.

Auch wenn wir sicher sind, dass Ihr nur von Sorge und Mitgefühl getragen gewesen seid und nicht übereilt und leichtgläubig angenommen habt, dieses Mädchen sei von einem bösen Geist besessen, möchten wir Euch bitten, von einem ordentlichen Mediziner überprüfen zu lassen, ob die Betreffende nicht doch nur unter einer Geisteskrankheit leidet. Ihr habt sicher Kenntnis davon, dass es in solchen Fällen verboten ist, einen Exorzismus zu vollziehen.

Zu welchen Frechheiten verstiegen sich diese Leute in Rom denn noch? Für wen hielten sie sich eigentlich, ihre Urteilskraft anzuzweifeln?

Da es sich um eine Schutzbefohlene von Euch handelt, dürfte es leicht sein, sie unter Eure besondere Beobachtung und Fürsorge zu stellen.

Oh ja, da konnten sie sicher sein. Dieses Mädchen würde ihre besondere Beobachtung und Fürsorge bekommen. Sie würde all ihr Können aufbieten, um sie aus den Klauen des Teufels zu retten. Auch wenn sie dabei wieder auf sich allein gestellt war.

Es bleibt Euch natürlich unbenommen, für sie zu beten, denn ein Laie, der die Befreiungsgebete mit all seiner Glaubenskraft spricht, kann mehr bewirken, als Ihr glaubt! Erinnern wir uns an die heilige Katharina von Siena, welche die Besessenen empfing, die von den Exorzisten ihrer Zeit nicht geheilt werden konnten. Sie betete über sie und verschaffte ihnen Befreiung.

»Die Gnade des Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen« (2. Kor)

und besonders mit Ihnen, verehrte Mutter Gertrud, und den Euch anvertrauten Schafen,

† Franz Johannes Weihbischof Lechner

Sie zerknüllte den Brief und schleuderte ihn in den Mülleimer. Empört schritt sie vor ihrem Schreibtisch auf und ab. Diese elenden Schwätzer in Rom! Heutzutage hatte niemand mehr Mumm. Es war wie so oft in den letzten Jahren – sie musste es wieder einmal selbst in die Hand nehmen, schließlich hatte sie eine Anstalt zu führen und konnte nicht riskieren, dass auch nur ein Funke ihre Herde mit dem dämonischen Geist der Rebellion infizieren würde.

Sie öffnete das Fenster und zwang sich, tief Luft zu holen, gab es aber angesichts der ungewöhnlichen Hitze, die ihr entgegenschlug, gleich wieder auf und schloss das Fenster.

Nun gut.

Gott hatte ihr genug Verstand mitgegeben. Sie würde ihn nutzen.

1. Kapitel

Es ist so still hier. Die Blätter der gewaltigen Buchen hängen schlapp an den Bäumen, weder zwitschert ein Vogel, noch summt auch nur eine einzige Mücke in der Hitze. Nur mein unnatürlich lautes Keuchen ist zu hören, während ich so schnell wie möglich über den mit Steinen und Wurzeln durchsetzten Waldboden bergaufwärts laufe. Kein Schmetterling ist zu sehen, keine Blume, nicht mal ein Käfer, nur Erde.

Ich hasse Sport und ich hasse die Berge. Aber am meisten hasse ich mich selbst und das, was passiert ist, und genau deshalb muss ich das hier tun.

Hoch, immer weiter hoch, bis hinauf zum Jagdschloss, wo ich hoffentlich Antworten finden werde. Ständig habe ich das Gefühl, jemand würde mir folgen, aber jedes Mal, wenn ich mich umdrehe, ist da niemand und jetzt, als ich aus dem Wald hinaustrete und auf ein steiniges Geröllfeld sehe, gibt es auch nichts, wohinter man sich verbergen könnte.

Hirngespinste also, nichts als Einbildungen, und vor denen muss ich mich hüten, wenn ich wirklich etwas herausfinden will.

Ich beiße die Zähne zusammen, ignoriere den Rucksack, der mit jedem Kilometer schwerer auf meinem schweißnassen Rücken lastet, ich ignoriere die Blasen, die sich an meinen Füßen gebildet haben, und ganz sicher ignoriere ich den inneren Schweinehund, der mich ständig in Versuchung führen will, auszuruhen, in das dunkle Tal hinunterzustarren und loszuheulen. Ich habe genug geweint, nun muss ich wissen, was hier gespielt wird.

Stunde um Stunde kämpfe ich mich bergauf und dann wieder bergab durch eine Schlucht hindurch und von Neuem hoch zu meinem Ziel. Nur selten bietet ein Waldstück Schatten, meist laufe ich durch Geröllwüsten, bis ich endlich den Gipfel vor mir sehe. Der Weg mündet in einem schmalen Felsengrat, der von Überhängen und Steinbrocken gesäumt ist. Zu meiner Rechten geht es steil bergab.

Die Sonne steht schon tief und bringt die graublauen Adern in den Felsen zum Leuchten. Ich bleibe für einen Moment stehen, um kurz durchzuatmen.

In diesem Moment sehe ich das erste lebendige Wesen, seit ich vom Tal aufgebrochen bin. Ein Adler kreist über dem Abgrund und setzt zu einem Sturzflug an.

Gleich darauf kracht es plötzlich über mir. Ich springe instinktiv nach links und kann mich gerade noch vor den Steinen in Sicherheit bringen, die von der Felskante über mir herunterprasseln.

Fassungslos beobachte ich, wie einige der dicken Brocken tief ins Tal hinabstürzen. Mein Herz rast. Ich laufe los, suche Schutz unter dem nächsten großen Felsüberhang und spähe nach oben, um zu sehen, wodurch der Steinschlag ausgelöst wurde. Ein Steinbock vielleicht oder ein Gämse? Aber da ist kein Tier in Sicht und auch kein Mensch. Nur wieder diese Stille, durch die der Adler segelt. Seine Beute zappelt im Schnabel.

Ist vorhin doch jemand hinter mir auf dem Weg gewesen? Aber selbst wenn es einen Verfolger gegeben hätte, er hätte mich überholen müssen, um den Steinschlag auszulösen, oder? Soweit ich weiß, gibt es nur diesen Weg über den Felsgrat, um in das nächste Tal zu gelangen, wo sich das Jagdschloss befindet.

Nicoletta hat mir geraten, meine Augen offen zu halten und immer aufmerksam zu bleiben, weil das Gelände unübersichtlich und an einigen exponierten Stellen auch gefährlich sei. Aber was, wenn der Steinschlag tatsächlich kein Zufall ist? Wenn mich jemand daran hindern will herauszufinden, was passiert ist? Dann wäre das ein Beweis dafür, dass ich auf dem richtigen Weg bin.

Ich straffe meine schmerzenden Schultern. Kein Steinschlag der Welt wird mich daran hindern, das durchzuziehen. Ich habe unterschrieben und ich werde nicht aufgeben, niemals.

Das bin ich ihr schuldig.

2. Kapitel Sechs Wochen zuvor

Alles hatte damit begonnen, dass ich meine wirklich sanfte Mutter mit bohrenden Fragen und gebrüllten Beschuldigungen so wütend gemacht hatte, dass sie aus dem Haus gerannt und ein paar Stunden später in den Tod gerast war. Das dachte ich jedenfalls, bis es zwei Wochen nach ihrem Unfall an der Tür klingelte.

Ich erwartete niemanden und wollte auch nicht aufmachen, denn seit dem Unfall verbrachte ich meine Tage im Bett. Ich wollte keinen sehen und schon gar nicht mit jemandem reden. Es war nicht mein Bett, in dem ich lag, sondern ihres, in dem winzigen Zimmer, das sie freiwillig bewohnt hatte.

Eigentlich handelte es sich nur um eine Abstellkammer, aber sie schlief darin, damit wir ein gemeinsames Wohnzimmer und ich ein eigenes Zimmer haben konnten. Das größte Zimmer. Sie behauptete, sie würde enge Räume lieben, und außerdem könnte sie das Zimmer so problemlos in immer wieder neuen Farben streichen. Mit der Zeit war mir klar geworden, dass sie immer genau dann damit anfing, wenn sie sich über etwas aufgeregt hatte, aber nicht darüber sprechen wollte. Und sie sprach nie mit mir über den Ärger, den sie in der Arbeit oder mit sonst wem gehabt hatte. Sie wollte mich nicht damit belasten.

Am Tag vor ihrem Unfall war sie gerade damit fertig geworden, das Zimmer minzgrün zu streichen. Sogar über ihre Farbwahl hatten wir gestritten. Oder vielmehr hatte ich gestritten, sie schwieg größtenteils. Dieses halbherzige Minzgrün war für mich ein Ausdruck ihrer Feigheit. Nie stellte sie sich auf die Hinterbeine, nie diskutierte sie mit ihrer Chefin in der Klinik oder kämpfte darum, eine größere Wohnung zu bekommen, nein, sie arrangierte sich mit jedem Mist. Sie hätte ihr Zimmer nie in einer Farbe gestrichen, die ein Statement darstellte: Feuerwehrrot oder Sonnenorange, Ozeanblau oder Moosgrün.

Wenn ich heute daran zurückdenke, schäme ich mich in Grund und Boden, vor allem weil ich mich seit ihrem Unfall nur noch in ihrer Kammer sicher fühlte. Tagelang lag ich auf ihrem Bett, eng umschlossen von den Wänden in Minzgrün, das auf ewig die Farbe meiner Mutter sein würde, und inhalierte den Geruch der Bettwäsche, die immer noch leicht nach ihr duftete: nach einer Mischung aus Mandarine und Hautcreme, die sie nach jeder Schicht als Krankenschwester in ihre ausgetrockneten Hände einmassierte.

Als es an jenem Tag, vierzehn Tage nach dem Tod meiner Mutter, klingelte, wollte ich erst gar nicht aufmachen. Der Vormund, den Mam für mich bestimmt hatte, ein komischer Vogel namens Dr. Grünbein, hatte einen Schlüssel, und Lisa, meine allerbeste Freundin, hätte vorher angerufen.

Aber das Klingeln ging weiter und weiter. Für einen Klingelstreich wohnten wir nicht in der richtigen Gegend, also war das alte Ding höchstwahrscheinlich kaputt, so wie der Aufzug und die Treppenhausbeleuchtung. Ich ignorierte es eine Weile, auch wenn das Schrillen meinen Kopf massakrierte. Es kam mir nur gerecht vor, ich hatte nichts anderes verdient. Nur meinetwegen war sie in den Tod gerast!

Endlich hörte das Klingeln auf, aber dafür hämmerte jemand an die Wohnungstür und schließlich brüllte Frau Schmitt, die Hausmeisterin, durch den Briefschlitz in der Wohnungstür, dass sie sich Sorgen um mich mache und hier ein Päckchen auf der Matte läge. Frau Schmitt war zäh, sie würde erst dann weggehen, wenn ich aufgemacht hatte. Ich quälte mich zur Tür, öffnete sie aber nur einen Spalt und nahm ihr das Päckchen ab. Sie sollte nicht sehen oder riechen, dass ich seit zwei Wochen weder geduscht noch Kleider gewechselt hatte.

Sie hatte mir auch noch eine Tupperdose mit Blaubeermuffins mitgebracht. Ich nahm sie entgegen, um sie nicht zu kränken. Aber ich wusste, dass ich sie wahrscheinlich eher an die Vögel verfüttern würde, als sie selbst zu essen. Denn erstens hatte ich keinen Kuchen verdient und zweitens würde mir nur übel davon werden, wie von allem, was ich seit Mams Unfall versucht hatte zu essen.

Ich bedankte mich bei Frau Schmitt, murmelte etwas von einer Erkältung, schloss die Tür, lehnte mich von innen dagegen und rutschte mit dem Rücken an der Tür auf den Boden. So blieb ich sitzen, rechts von mir die Muffins, links das kleine Postpaket, das ordentlich in altmodisches Packpapier eingewickelt war und das ich nicht weiter beachtete. Stattdessen starrte ich auf das düstere Schwarz-Weiß-Foto an der Wand gegenüber der Tür, vor dem ich als Kind immer solche Angst gehabt hatte, obwohl es völlig harmlos war. Natürlich hatte ich mir nie die Mühe gemacht, meine Mutter zu fragen, warum sie das Bild so gernhatte.

Schließlich schloss ich die Augen, weil ich es nicht aushielt, dieses alte Karussellfoto anzuschauen und mit meinem grandiosen Desinteresse konfrontiert zu werden.

Keine Ahnung, wie lange ich so saß, unfähig, mich zu rühren, als wären meine Muskeln gelähmt und mein Blut verdunstet. Ich war nur noch ein atmender Haufen von Haut und Knochen, und das war auch gut so. Meine Zeit war zusammen mit ihrer abgelaufen.

Warum hatte ich sie auch so angebrüllt, warum hatte ich ihre Fürsorge mit Füßen getreten, warum war ich so ungeduldig mit ihrer alles verzeihenden Sanftmut, warum nur, warum?

Niemand würde je wieder den übelsten Morgenmuffel aller Zeiten mit einem Kaffee und mit einem Lächeln besänftigen, niemand würde mich in den Arm nehmen und sagen, doch, Emma, du bist hübsch, doch, Emma, wirklich! Und wenn der Typ dich nicht zu schätzen weiß, dann hat er dich nicht verdient. Niemand würde mich ausschimpfen, weil ich Pizza auf dem weißen Sofa vor dem Fernseher aß, niemand würde meine Zigaretten im Klo runterspülen und niemand würde bei irgendeiner lächerlichen Sache sagen: Emma, das hast du gut gemacht, und mich dann in den Arm nehmen. Denn ich hatte keine anderen Verwandten, es gab nur uns beide. Und so jemanden wie meine Mutter gab es sowieso nicht.

Irgendwann wachte ich an der Haustür wieder auf, weil mir so kalt war. Steif vom Sitzen nahm ich das kleine Päckchen und die Muffins und stolperte in die Küche, wo ich alles auf dem alten Resopaltisch ablegte und einen Schluck Wasser aus dem Hahn trank.

Ich rieb mir die Augen und betrachtete das Päckchen. Es war an mich adressiert, allerdings kannte ich die Handschrift nicht. Ich wusste nicht, wovor ich mehr Angst hatte. Vor noch einer gut gemeinten Beileidsbekundung, von denen so viele nach ihrem Unfall an mich geschickt worden waren? Vor weiteren Unterlagen von Mam, die ich nach dem Unfall mit Dr. Grünbein durchgehen musste? So oder so fühlte ich mich dem nicht gewachsen.

Trotzdem riss ich schließlich das Packpapier auf. Etwas Längliches graublau Gepolstertes kam zum Vorschein.

Ein altes Fotoalbum.

Zum ersten Mal seit Mams Unfall erwachte ich aus meinem starren Schattendasein. Wer schickte mir so etwas? Ich hatte keine Verwandten außer Mam, deshalb hatte sie gleich nach meiner Geburt Dr. Grünbein zu meinem Vormund bestimmt, nur für den Fall, dass ihr etwas zustoßen könnte. Vielleicht war das Album von einer alten Freundin, die es mir als Trost geschickt hatte? Aber welche Freundin sollte das sein? Die meisten Beileidsschreiben waren von ehemaligen Patienten und Menschen gekommen, denen sie so zahlreich aus der Patsche geholfen hatte. Außerdem hatten Mams Kollegen mir eine schöne Karte mit einem uralten Baum geschickt, die ihr bestimmt gefallen hätte. Auch von den Eltern meiner Freundinnen kamen sehr mitfühlende Briefe. Und das hatte mir wieder gezeigt, wie wichtig Freundinnen sind, und ich war traurig darüber, dass Mam keine echte Freundin gehabt hatte. Obwohl alle sie mochten, war sie sich selbst immer genug gewesen. Auch so ein Umstand, der mich wahnsinnig gemacht hatte. Wie konnte irgendein Mensch auf der Welt ohne Freunde überhaupt existieren?

Ein Fotoalbum! Ich setzte mich an den Tisch, wo ich langsam die erste Seite aufschlug. Es knisterte, zwischen dem schwarzen Karton war dünnes Pergamentpapier. Ich betrachtete die erste Seite.

Sie war leer.

Im ersten Moment war ich enttäuscht, doch dann sah ich genauer hin und entdeckte, dass sie nicht immer leer gewesen war. Hier hatte einmal ein Bild geklebt, das man herausgerissen hatte. Ich strich über die Stellen, an denen sich noch silbrige Spuren von Kleber befanden. Er fühlte sich seltsam höckerig unter meinen Fingerkuppen an und es gab kleine Löcher in der Pappe, von denen sich schwarze Fetzchen lösten. Die Seite war also nicht wirklich leer, sondern verwundet, beraubt. Ich blätterte zur nächsten Seite, zur nächsten und nächsten, immer schneller und immer wütender. Was sollte das denn?

Da endlich, auf der letzten Seite, klebte ein Bild.

Ich betrachtete das Bild so lange, dass ich fast die weiße Schrift übersehen hätte, die darunter stand, Druckbuchstaben, die teilweise ineinander übergingen. Ich musste mich dicht über das Album beugen, um sie lesen zu können.

Wenn du wissen willst, wer die Mörder deiner Mutter sind, dann meldest du dich an. Am besten heute noch.

3. Kapitel

Noch immer ist keine Spur von dem Jagdschloss zu sehen, dabei senkt sich langsam und stetig die Dämmerung herab. Der Abendstern blinkt vom Himmel wie eine Mahnung, sich zu beeilen, bevor es völlig dunkel wird. Denn der Weg zieht sich in kaum fußbreiten Serpentinen den Berg entlang. Kleine Steinchen lösen sich unter den Sohlen meiner Wanderschuhe und stürzen bei jedem Schritt in den Abgrund unter mir. Nackte Felsen versperren mir fortwährend den Blick nach oben. Ständig bin ich auf der Hut, schaue mich um und lausche, um auch noch den kleinsten Stein zu hören, der sich über mir aus dem Felsen lösen könnte.

Bei jeder Biegung wünsche ich mir, dass endlich das Schloss auftaucht und mich für diesen einsamen anstrengenden Anstieg belohnt, aber wieder und wieder ist es nur der Pfad, der sich jetzt bergab schlängelt. Und langsam bekomme ich Angst, es nicht vor Einbruch der Dunkelheit zu schaffen. Selbst mit meiner Taschenlampe ist dieser schmale Weg nachts zu gefährlich. Hier geht es um Zentimeter, die darüber entscheiden, ob man abstürzt oder weiterkommt.

Ich habe Angst, dass ich irgendwo eine falsche Abzweigung genommen habe und zu spät kommen werde. Falls ich es nicht rechtzeitig nach oben schaffe, fliege ich aus dem Camp, ehe es richtig angefangen hat, und das will ich auf keinen Fall. Ich muss erfahren, was mit meiner Mutter passiert ist und was es mit dem geheimnisvollen Album auf sich hat.

Ich habe schon versucht, über das Navi in meinem Handy zu prüfen, ob ich auf dem richtigen Weg bin, aber ich kriege hier zwischen den Bergen keinen Empfang.

Meine Füße und Knie schmerzen von dem steilen Abstieg und trotz des Sonnenuntergangs ist es nicht kühler geworden, ganz im Gegenteil, die Luft steht drückend und schwül zwischen den Berggipfeln. Noch immer bin ich schweißüberströmt, aber meine Wut, meine Trauer und meine Neugier treiben mich weiter vorwärts. Und ich verbiete mir, darüber nachzudenken, ob es leichtsinnig war, der Sache allein auf den Grund gehen zu wollen.

Als ich heute Morgen unten im Tal aus dem Bus gestiegen bin, hatte ich eigentlich erwartet, dass ich gleich an der Haltestelle die Gruppe kennenlernen würde, die zusammen mit mir für das Qualifikationscamp der »Transnational Youth Foundation« eingeteilt ist.

Stattdessen stand da nur eine hübsche durchtrainierte Brünette, Dr. Nicoletta Bruns, die sich breit lächelnd als eine unserer Camp Betreuerinnen vorstellte. Sie erklärte mir nach der knappen Begrüßung, dass es zu meiner ersten Qualifikationsaufgabe gehörte, allein den Weg zum Schloss zu finden. Allein und auf Zeit, wie sie betonte. Nur wer rechtzeitig oben ankäme, dürfe weiter bleiben. Ich schätzte sie etwa doppelt so alt wie mich selbst und sicher auch doppelt so sportlich.

Niemand, der mich kennt, hätte auch nur einen Cent darauf gewettet, dass ich es überhaupt bis zur Hälfte schaffe, geschweige denn bis hierher, aber ich werde es sogar noch weiter schaffen, und wenn es sein muss, auch durch Blitz und Donner, Hagel- und Steinschlag.

Ich schaue mich um und versuche noch einmal, einen Schritt zuzulegen, halte das Tempo aber nicht lange durch. Als ich schon ziemlich sicher bin, dass ich schmählich versagt habe und mich nur noch nach einem Ort sehne, an dem ich gefahrlos die Nacht verbringen kann, erreiche ich die nächste Biegung und halte drei Schritte weiter völlig überrascht inne. Der Weg vor mir mündet in ein unerwartet breites mit Gras bewachsenes Bergplateau. In der Mitte dieser Ebene erhebt sich wie aus dem Nichts ein gigantisches Gebäude. Nicht viel mehr als ein bedrohlicher Schatten, der im silbrigen Mondlicht aussieht, als wäre er gerade eben erst aus einem Albtraum auf die Erde gefallen. Es kommt mir weniger wie ein Gebäude, sondern mehr wie ein atmender Organismus vor, eine bösartige umgekehrte Riesenqualle, aus deren Mitte die Türmchen in den klaren Sternenhimmel ragen wie tödliche Tentakel.

Nur zögernd gehe ich weiter. So habe ich mir mein Ziel, »das Jagdschloss«, nicht vorgestellt. Es wirkt vollkommen verlassen, kein Lichtschimmer dringt vom Schloss durch die Dunkelheit zu mir. Und es ist so still, als ob hier außer mir kein Mensch wäre, dabei hatte ich angenommen, dass viele andere Jugendliche hier oben sein würden.

Plötzlich kracht und donnert es, ich zucke zusammen und für einen Moment gerate ich in Panik, weil es sich wie ein Bombenangriff anhört. Dann erst wird mir klar, dass es nur ein Feuerwerk ist.

Raketen rasen in den Himmel, Funken sprühen durch die Nacht, färben sich von Gold zu Grün und Rosarot, verwandeln sich in Sterne und Kometen und Blumen.

Ich weiß nicht, ob es an meiner Erschöpfung liegt oder an dem Gedanken daran, dass ich nie wieder ein Silvester mit Mam erleben werde, jedenfalls bin ich zu Tränen gerührt, vergesse Schmerzen und Hunger und Durst und starre in den Himmel.

»Herzlich willkommen!«, donnert eine dunkle, angenehm warme Männerstimme, noch bevor die letzte Rakete erloschen ist. Und dann höre ich ein merkwürdig monotones Klatschen.

Ich wende meinen Blick vom Himmel und schaue wieder zum Schloss.

Das eben noch in völliger Dunkelheit daliegende Gebäude ist nun von innen erleuchtet, als hätte es nur auf mich gewartet. Von der mächtigen Eingangstreppe winkt mir ein Mann mit einer leichten Verbeugung zu. Seine Brille blitzt silbern im Mondlicht auf und wirft einen Schimmer auf sein gut geschnittenes Gesicht. Links vor ihm stehen Nicoletta, die Betreuerin, die mich im Tal begrüßt hat, und ein blondes Mädchen, etwa in meinem Alter. Zu der Rechten des Manns stehen zwei Jungs. In dem Licht kann ich nur ihre Silhouetten erkennen, aber mir fällt ins Auge, dass der eine mindestens zwei Köpfe größer ist als der andere.

Sie alle klatschen, aber eben nicht wie ein begeistertes Publikum, das seinen Favoriten auf den letzten Metern zu Höchstleistungen anfeuert, sondern so eintönig, als wären sie Marionetten, die applaudieren, weil man es ihnen befohlen hat.

Zögernd gehe ich zur löchrigen, mit Unkraut überwucherten Steintreppe und steige an den Klatschenden vorbei hoch zu dem Mann in ihrer Mitte.

Als ich direkt vor ihm stehe, erkenne ich sein Gesicht wieder, das ich nach meiner erfolgreichen Anmeldung zu diesem Camp auf der Homepage der Transnational Youth Foundation angeklickt habe. Dr. Michael M. Becker. Er ist groß und schlank, nur seine Schultern sind ein wenig nach vorne gebeugt. Seine blonden Haare sind teilweise schon grau und stark zurückgewichen, was seine hohe Stirn noch betont. Sein Mund sieht so aus, als ob er ihn oft in leisem Spott nach links ziehen würde.

Das also ist der leitende Betreuer in diesem Camp. Während die anderen schweigen, begrüßt er mich mit seiner freundlichen Stimme, mustert mich neugierig und winkt mich dann hinein.

Über einen düster und abweisend wirkenden Flur, der halbhoch mit blauen Fliesen gekachelt ist, führt er mich in das Innere des Schlosses. Dort verbreitert sich der Flur zu einem gigantischen Treppenhaus, das sogar in dem spärlichen Licht beeindruckend wirkt. Staunend schaue ich mich um. Rechts und links führen die mit Teppich bedeckten Stufen neben dem steinernen Treppengeländer zu den Fluren der oberen Stockwerke, die mit seltsam schillernden Säulen gesäumt sind. Unwillkürlich fühle ich mich an Kreuzwege in einem Kloster erinnert.

An den Treppenabsätzen hängen riesige Gemälde und oben in den Gängen erkenne ich in den Wänden halbrunde Nischen, die verlassen wirken, weil die Statuen fehlen, die dort einmal gestanden haben.

Als ich dann aber genauer hinschaue, bemerke ich, dass der erste herrschaftliche Schein trügt. Aus dem Geländer haben sich Steine gelöst, die Läufer in der Mitte der Stufen weisen Löcher auf und das, was ich für schillernden Glanz gehalten habe, entpuppt sich als feuchter Schimmel, der die Säulen überzogen hat.

Becker und die anderen warten hinter mir, bis ich alles aufgenommen habe. Sie schweigen noch immer und ich fühle mich unbehaglich, als würde hinter meinem Rücken etwas vorgehen, von dem ich keine Ahnung habe. Als ich mich umdrehe, durchbohren mich die Blicke wie Dolche und plötzlich sehe ich die Worte in dem leeren Fotoalbum wieder deutlich vor mir. Die Mörder meiner Mutter.

Was zum Teufel habe ich mir nur gedacht? Offensichtlich viel zu wenig, denn ich habe total aus dem Bauch heraus gehandelt und mir dämmert gerade, dass sich das bitter rächen könnte. Ich mustere die anderen noch einmal. Schätzungsweise sind wir alle etwa gleich alt. Der größere der beiden Jungen ist schmal und sein Kopf erscheint mir viel zu mächtig für seinen langen dünnen Hals. Der Kleinere, der immerhin so groß ist wie ich, wirkt durchtrainiert und dabei so angespannt, als ob er nur auf das Startsignal zum ultimativen Kampf wartet.

Das blonde Mädchen schließlich ist zart und feingliedrig, nur ihre vollen runden Wangen passen nicht ins Gesamtbild. Aus irgendeinem Grund kommt sie mir bekannt vor.

Ich räuspere mich und überlege, was ich sagen könnte, um diese merkwürdige Stille zu durchbrechen, aber Becker kommt mir zuvor. Er geht an mir vorbei und öffnet eine Tür, die sich unter der großen Freitreppe befindet. Dahinter erstreckt sich ein riesiger Saal und mir verschlägt es mit einem Mal den Atem.

»Noch einmal willkommen«, sagt Becker. »Das gilt für euch alle.«

Überall in dem großen Raum stehen große weiße Kerzen und Teelichter: auf den Fenstersimsen, auf dem langen altertümlichen Tisch aus schimmerndem schwarzem Holz, der mit weißem Geschirr und Silberbesteck gedeckt ist, auf dem Marmorfußboden, in den Nischen am hinteren Ende des Saals. Das flackernde Licht wirft magische Schatten an die Wände und erst auf den zweiten Blick sehe ich hinter all dem goldenen Schimmer, dass der Saal genauso wie das Treppenhaus in völlig marodem Zustand ist. Teilweise bröckelt von den Wänden der Putz ab und man kann die roten Ziegelsteine darunter erkennen, an anderen Stellen schimmert die Bemalung auf dem Putz feucht.

Was hat es zu bedeuten, dass dieses ganze Schloss nur schöner Schein ist? Warum findet hier so ein wichtiges Auswahlcamp statt?

Ich drehe mich zu den anderen um. Ihnen hat es ganz offensichtlich auch die Sprache verschlagen.

»Wo sind denn die Toiletten?«, frage ich und höre, wie meine Stimme in dem Saal einen fremden Klang bekommt. Aber ich spüre, wie erleichtert alle sind, dass jemand die Stille durchbrochen hat.

Nicoletta tritt vor und schenkt mir ein breites Filmstarlächeln, das gut zu ihrem ebenmäßigen Gesicht passt. Sie hat ihre Jeans und das Top von heute Morgen mit einem geblümten Sommerkleid und Ballerinas vertauscht und jetzt erst wird mir bewusst, dass sie vor mir hier oben angekommen ist. Entweder ist sie mir aus dem Tal gefolgt und hat mich auf dem Weg irgendwo überholt oder es gibt doch noch einen anderen schnelleren Weg hier hoch.

Gerade als ich sie danach fragen will, winkt sie mir, ihr zu folgen, und das blonde Mädchen schließt sich uns an. Woher kenne ich sie? Ich werde den Eindruck nicht mehr los, dass wir uns schon einmal begegnet sind.

Das Mädchen reicht mir ihre Hand und schüttelt sie. »Ich bin Sophia Ritter. Du bist ganz schön spät dran!« Sie zwinkert mir zu. »Aber hey, mach dir nichts draus, ich war Vorletzte und kaum schneller als du. Außerdem hast du als Einzige ein Feuerwerk bekommen!«

Ich begreife noch nicht ganz. Wie lange sind die anderen denn schon im Schloss? Sind sie alle heute hier hochgegangen? Das würde auch mein unbestimmtes Gefühl am Berg erklären.

Wir folgen Nicoletta durch das Gebäude. Als ich das erste Mal von den Qualifikationscamps las, hatte ich mir unwillkürlich eine Zeltstadt vorgestellt oder so etwas wie eine Jugendherberge. Stattdessen sind wir in diesem Gemäuer gelandet und ich frage mich, wie lange es schon unbewohnt ist.

Während wir den Flur durchqueren, bittet uns Nicoletta darum, den Nordflügel des Schlosses nicht zu betreten, weil der in einem noch schlechteren Zustand als der Südflügel sei. Teilweise bestünde Lebensgefahr.

So gelangen wir in eine Küche, die so groß ist wie unsere ganze Wohnung, allein der grüne Kachelofen in der linken Ecke wirkt, als könnte man mit ihm das gesamte Schloss heizen. Aus den Augenwinkeln bemerke ich Fotos, die teils an der Wand hängen oder an ein altes Küchenbüfett hingepinnt worden sind, aber Nicoletta legt ein ziemliches Tempo vor und öffnet schon eine Holztür, deren schmutzig gelber Lack abgeblättert ist. Dahinter erkenne ich eine Steintreppe, die in den Keller führt. An den Wänden baumeln nackte, offenbar nur provisorisch angeschraubte Glühbirnen, die nicht mal alle funktionieren.

Unten riecht es modrig. Die Wände sind aus grob behauenem Fels, als hätte man den Gang gegen den Willen des Berges in den Stein geschlagen. Der Hauptgang ist so breit, dass Sophia und ich nebeneinanderher gehen können, und die wenigen Glühbirnen geben immerhin etwas Licht, aber die zahllosen, sehr viel schmaleren Nebengänge verlieren sich in völliger Finsternis. Einige dieser Gänge hat man mit Lattentüren versperrt, andere mit halbhohen Gattern ähnlich wie Weidezäune.

Von Nicoletta erfahren wir, dass nur der Hauptgang zuverlässig über Strom verfügt, die Nebengänge sollten wir wie den Nordflügel besser nicht betreten.

Schließlich landen wir bei den sanitären Anlagen, streng getrennt nach Männern und Frauen.

Sanitäre Anlagen! Genauer gesagt handelt es sich bei dem Bad für Frauen um einen modrig riechenden Raum, dessen Feuchtigkeit sich sofort auf meine verschwitzte Haut legt wie ein muffiger Waschlappen. Hier sieht es tatsächlich ein bisschen nach Jugendherberge aus, allerdings nach einer Jugendherberge, die längst geschlossen hätte werden müssen. Stumpfe graue Kacheln bedecken den Boden und die Wände etwa bis auf Schulterhöhe. Darüber wirft die gebissgelbe Wandfarbe Blasen und ist an vielen Stellen abgeblättert. Das Waschbecken zieht sich direkt vor uns quer über den ganzen Raum. In der aufgerauten Mitte hat sich eine rostige Wasserspur eingegraben. Alle fünfzig Zentimeter ist ein Wasserhahn aus blindem Metall angebracht. Als ich einen davon aufdrehe, weil ich mir die Hände mit der Seife waschen will, die am Beckenrand in einer schmierigen Pfütze liegt, tröpfelt nur ein kaltes Rinnsal heraus.

Sophia stöhnt. »Das ist ja schlimmer als das Loch, in dem wir auf der letzten Klassenfahrt gehaust haben!«

Nicoletta ignoriert sie und zeigt auf die linke Ecke das Raumes. »Dort drüben findet ihr die Duschkabinen.« Dann verschwindet sie um eine Ecke. »Und die Toiletten sind hier hinten«, ruft sie lächelnd, als würde sie auf dem Jahrmarkt die neueste Sensation anpreisen.

Wir laufen hinter ihr her, begutachten die Toiletten, dann folgen wir ihr zurück zum Hauptraum bis vor die zwei schiefen Duschkabinen, deren Türen man von innen verriegeln kann. Nicoletta drückt eine von ihnen auf und gibt den Blick frei auf einen schönen nackten Mann, aus dessen schwarzen lockigen Haaren noch das Wasser tropft. Er steht auf dem splittrigen Holzrost in der Kabine, schaut uns vergnügt und ohne jede Scheu an und reibt sich dabei mit einem Handtuch genüsslich trocken.

Nicolettas Lächeln fällt so plötzlich aus ihrem Gesicht, dass es mir Angst macht. Ihre schönen Lippen werden zu einer harten Linie. Mit einem Mal sieht sie aus wie jemand, der problemlos Steine über eine Felskante werfen kann, um jemanden tödlich zu treffen.

»Sebastian, was machst du hier? Raus!«

Der so Angesprochene steigt provozierend langsam in karierte Boxershorts und zieht dann ein rotes T-Shirt über den Kopf. Er ist muskulös und ich entdecke ein kleines Wellen-Tattoo unterhalb seines gut sichtbaren Sixpacks.

Er sucht meinen Blick und lächelt mich aus undefinierbar dunklen Augen an, als würde er mich gut kennen oder als wüsste er etwas über mich, das ihn amüsiert.

»Du bist sicher Emma!«, sagt er. »Genau wie ich mir dich vorgestellt habe.« Er zwinkert Nicoletta zu, die fast unmerklich den Kopf schüttelt.

Ich weiß nicht, was ich sagen soll, alles kommt mir wie einstudiert vor. Die Tatsache, dass wir ihn nackt in der Dusche überraschen, seine komische Begrüßung, dazu sein engelhaft hübsches Gesicht. Es wirkt wie ein seltsames Theaterstück auf mich, in dem ich eine Rolle spielen soll, die ich nicht kenne. Dabei weiß ich, welche Rolle ich spielen will, und die verlangt, dass ich wachsam bleibe, bei mir bleibe, sonst werde ich nie herausfinden, wer die Mörder meiner Mutter sind.

»Wir haben lange auf dich gewartet«, sagt Sebastian.

Und ich sehe aus den Augenwinkeln, wie jetzt Nicoletta und Sophia einen Blick tauschen und ihm dann etwas signalisieren. Aber was? Ganz offensichtlich kennt Sophia diesen Sebastian schon und noch offensichtlicher werde ich hier gerade vorgeführt.

Das gefällt mir nicht und ich entscheide mich dafür, ihr merkwürdiges Stück zu torpedieren, die Regie zu übernehmen und mich in eine bessere Position zu bringen. Ich muss etwas tun, mit dem sie nicht rechnen, und schauen, was passiert.

Unvermittelt lasse ich die drei stehen und renne aus dem Bad hinaus in den Kellergang, wo mich undurchdringliche Finsternis umfängt.

4. Kapitel Sechs Wochen zuvor

Das Päckchen mit dem Fotoalbum war wie die Erlösung aus der verzweifelten Finsternis nach Mams Unfall, aber das wurde mir nicht sofort klar. Immer wieder starrte ich das Foto auf der letzten Seite des Albums an und fühlte zunächst nichts. Ich wusste, ich sollte empört sein, ich sollte mich aufregen, aber ich war wie abgeschnitten von mir selbst.

Meine Hände strichen über das Kindergesicht auf dem Foto und versuchten zu verstehen. Die Mörder meiner Mutter? Die Mörder, auch noch im Plural? Was sollte das?

Unsinn, Mam hatte auf dem Weg nach Hause die Kontrolle über ihren Wagen verloren und war in den See gestürzt. Die Polizei hatte keinen Beweis dafür, dass der Unfall getürkt war, und sie hatten auch keine Manipulation am Unfallauto feststellen können.

Die Mörder…? Was für ein Schwachsinn! Warum nicht gleich die CIA, die Mams Unfall nur vorgetäuscht und ihr eine neue Identität verpasst hatte, weil sie in der Klinik Zeugin von brandheißen terroristischen Verschwörungen geworden war? Oder Aliens, die sie entführt hatten?

Sie hatte mit mir nur wenig über ihre Kindheit gesprochen, aber ich hatte sie auch selten danach gefragt. Ich wollte lieber, dass sie mir Abenteuer von Prinzessinnen erzählte oder von meinem Vater Philippe, dem Helden. Davon konnte ich nie genug bekommen. Die Geschichten von Mamas Großmutter Anna-Maria, bei der meine Mutter aufgewachsen und die vor dem Krieg Bäuerin auf dem Lambert-Hof gewesen war, hatte ich dagegen langweilig gefunden.

Plötzlich sah ich Mams abgearbeitete, vernarbte Hände vor mir und mir wurde wieder klar, was für ein selbstsüchtiges Monstrum ich gewesen war. Wie wenig ich von ihr gewusst hatte, und schlimmer noch, wie wenig ich über sie hatte wissen wollen.

Ich sah mir das Bild genauer an, die altmodische Kleidung des Kindes, die gut aus den Sechzigern stammen konnte, als meine Mam klein gewesen war. Ich spürte den rundlichen Gesichtszügen nach, verlor mich in den Proportionen und vor allem in den Augen und war mir mit einmal sicher: Das Kind auf dem Bild war tatsächlich meine Mutter. Diese Einsicht durchfuhr mich wie ein Blitz, der in eine dicke Eisschicht einschlägt. Mir wurde schlagartig heiß, meine Kehle verengte sich und dann strömten Tränen durch meine Adern, brachten meine Schultern zum Beben, während hässliche, wie erstickte Laute ihren Weg durch meinen Mund erzwangen.

Zum ersten Mal seit Mams schrecklichem Unfall musste ich, konnte ich, durfte ich um sie weinen. Ihr Leben war vorbei und alles, was ich von ihr wusste, war, dass sie mich geliebt, behütet und beschützt hatte. Für sie hatte ich mich nie interessiert. Und jetzt war es zu spät.

Nachdem ich die ganze Nacht weinend neben dem Fotoalbum verbracht hatte, fühlte ich mich wieder wie ein Mensch. Auch das zum ersten Mal seit dem Unfall. Es war zwar schmerzhaft, doch alles war besser als diese schwarze Starre. Ich wusste noch nicht, was ich mit dem Album machen sollte, und auch mit dem Zusatz, dass ich mich anmelden sollte, konnte ich nichts anfangen. Aber so seltsam und geschmacklos das Päckchen auch war, es hatte etwas in mir aufgebrochen und das war ein Fortschritt gegenüber den letzten Wochen.

Ich beschloss, zu duschen und dann endlich etwas zu essen. Vorher räumte ich die Küche auf und warf das Packpapier in den Müll. Dabei flatterte ein Prospekt heraus. Zuerst warf ich ihn gedankenlos zum Altpapier, weil ich dachte, es wäre Füllmaterial, aber dann wurde mir klar, dass nichts an diesem Päckchen Zufall war, und ich bückte mich, um ihn genauer anzuschauen. Es war ein Hochglanzprospekt der Transnational Youth Foundation.

Davon hatte ich noch nie gehört. Ich sah im Internet nach und stieß auf mehrere Tausend Treffer, bei dem obersten handelte es sich um die Homepage der Stiftung. Offenbar ging es um eine Art subventioniertes Jugendprogramm, das sich die Völkerverständigung auf die Fahnen geschrieben hatte und das ziemlich prominente Fürsprecher zu haben schien. Die erste Seite wurde von einem Grußwort des Bundeskanzleramts eingeleitet. Was zur Hölle hatte das mit dem Tod meiner Mutter zu tun?

Gereizt las ich weiter, immer auf der Suche nach Hinweisen auf meine Mutter, aber selbst nachdem ich alles dreimal durchgearbeitet hatte, hatte ich nicht die leiseste Ahnung, was das mit uns zu tun haben könnte.

Offenbar veranstaltete die Transnational Youth Foundation, kurz TYF, Camps für Jugendliche aus aller Welt zwischen sechzehn und achtzehn Jahren. Es wurde behauptet, dass alle, die bei dem Transnational Youth Award mitmachten, in jeder Hinsicht profitieren. Man lernte Menschen kennen, die man sonst nie getroffen hätte, musste sich in Fremdsprachen üben und ging an seine Grenzen. Das hätte meiner Mutter zwar für mich gefallen, aber wie sollte das mit ihrem Tod zusammenhängen?

Man konnte sich in Deutschland für vier verschiedene Camps bewerben, die in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern stattfanden. Dort erfolgte dann die eigentliche Qualifizierung. Nur die besten Teilnehmer aus Deutschland schafften es nach Australien in das internationale Camp. Die Kosten übernahmen verschiedene Stellen, Sponsoren aus der Wirtschaft, die Bundesregierung sowie Wohltätigkeitsorganisationen.

Ich klickte mich durch alle Unterpunkte, fand Organigramme, dann Abläufe der Camps und außerdem Informationen zu den Betreuern, ausgebildete Psychologen und Pädagogen, die meisten mit Doktortitel. Maxime Fabré, Michael M. Becker, Janis Smith, Thabo Malewi, Nicoletta Bruns, Roswitha Müller. Und am Ende jeder Seite befanden sich Anmeldeformulare. Auch bei Facebook gab es eine Seite, hier fanden sich auch noch Verlinkungen zu UNICEF. Außerdem zahlreiche Kommentare von Teilnehmern, die sich in der Mehrzahl positiv über ihre Erfahrungen mit den Camps äußerten. Was sollte diese elitär wirkende Organisation mit meiner Mutter zu tun haben?

Ich ging duschen, danach aß ich drei Blaubeermuffins und mir wurde zum ersten Mal seit dem Unfall nicht schlecht vom Essen. Dabei dachte ich darüber nach, ob ich mit jemandem über dieses Päckchen reden sollte, mit Lisa oder Dr. Grünbein, aber es klang einfach zu absurd. Sie würden sich nur um meinen Geisteszustand sorgen.

Nachdem ich die Muffins gegessen hatte, setzte ich mich wieder an den Computer. Mir war noch ein anderer Verdacht gekommen. Dieses Transnational Camp klang so verdächtig glatt, geradezu klinisch. Vielleicht war das eine neue Methode von Scientology oder einer anderen Sekte, neue Mitglieder zu generieren: sich an trauernde Kids ranzumachen. Ich durchforstete noch einmal das Netz, ging allen Querverweisen, Stimmen und Quellen nach, aber so gründlich ich auch suchte, das Ganze schien tatsächlich einen seriösen Eindruck zu machen. Während ich recherchierte, kam eine Mail an meine Webadresse, die eigentlich nur meine Freunde kannten.

Aber dieser Absender war kein Freund von mir. Es war die Transnational Youth Foundation und in der Betreffzeile stand »Zögere nicht, das Camp erwartet dich!«.

Ich klickte die Mail an und fand zwei Anhänge. Einen Anmeldebogen und eine Datei mit dem Namen Bergmann 1969.

Es war ein Foto.

Ein Foto, von einer Puppe, die mir sehr bekannt vorkam. Sie war mit Leukoplaststreifen geflickt und ihre Haare waren abgeschnitten. Mein Leben lang saß sie schon auf ihrem Platz auf dem Kleiderschrank meiner Mutter. Aber hier auf dem Foto lag die Puppe mit dem Kopf auf dem Rand eines Beckens oder Brunnens, als ob man sie ertränken wollte.

Ich lief in Mams Kammer, um das Foto vorsichtshalber noch einmal mit der Puppe zu vergleichen, aber sie war nicht mehr da.

Ich suchte die ganze Wohnung nach ihr ab.

Ergebnislos. Ich fragte nach, ob Mam die Puppe vielleicht für ein krankes Kind mit ins Krankenhaus genommen hatte. Fehlanzeige.

Die Puppe war und blieb spurlos verschwunden.

5. Kapitel

Ich stehe mit klopfendem Herzen in der Dunkelheit neben dem Waschraum und lausche an der Tür, die ich hinter mir zugeworfen habe, in der Hoffnung, dass ich so wenigstens einen kleinen Hinweis darauf bekomme, ob und was hier gespielt wird.

Aber viel mehr als Nicolettas Fluchen kann ich nicht hören, dann redet Sebastian und bringt offensichtlich alle zum Lachen. Das klingt nicht gerade nach Verschwörern und ich komme mir ziemlich dumm vor, dass ich so überstürzt weggerannt bin.

Trotzdem finde ich es seltsam, dass Sebastian bei den Mädchen geduscht hat. Vielleicht hat er es darauf abgesehen gehabt, dass wir ihn nackt überraschen? Wieder sehe ich sein lächelndes Gesicht und das von Nicoletta vor mir, beide mit diesem Ausdruck, den ich nur schwer einschätzen kann.

Plötzlich schiebt sich die Tür auf. Bevor ich reagieren kann, tritt Nicoletta schon auf den Flur hinaus. Licht flammt auf. Als sie mich entdeckt, schüttelt sie den Kopf und runzelt die Stirn, sie geht einen Schritt auf mich zu. »Emma, was stehst du hier im Dunkeln?« Dann entspannt sie sich. Ein leises Lächeln erscheint auf ihren Lippen. »So viel Mut hätte ich dir gar nicht zugetraut. Aber stille Seen sind manchmal tief.«

Sofort kommen in mir die Bilder hoch, still und tief, so stelle ich mir den See vor, in dem Mams Wagen versunken ist. Hat sie das Sprichwort absichtlich falsch zitiert? Es heißt doch, stille Wasser sind tief. War das eine Anspielung?

Sophie mustert mich nachdenklich, es liegt ihr etwas auf der Zunge, aber Nicoletta treibt uns an und ich bin froh, diesem modrigen Keller endlich zu entrinnen.

Im Esssaal warten schon alle auf uns. Dr. Becker sitzt am rechten Kopfende, links neben ihm nimmt Nicoletta Platz. Die Jungs haben die eine Längsseite eingenommen, für Sophia und mich bleibt die andere.

Ich ziehe meinen Stuhl zurück und betrachte das Essen und spüre, wie hungrig ich trotz aller Aufregung bin. Es gibt Sandwiches, Tomaten mit Mozzarella, winzige Quiches, alles vom Feinsten, ein Festmahl, das so gar nicht zu dem maroden Saal passen will, in dem wir essen. Andererseits: Nichts hier in diesem Schloss passt zusammen. Die vielen Kerzen nicht zu dem Jugendherbergsklo, der polierte Tisch und das Silberbesteck nicht zum bröckelnden Putz. Und wie passen Mams Mörder hierher? Und ich?

Sebastian, der Typ aus dem Bad, ist jetzt bekleidet mit Jeans und T-Shirt und entpuppt sich als Assistent von Nicoletta und Becker. Er trägt noch mehr Platten mit Essen in den Saal und setzt sich dann ans freie Kopfende. Ich nehme mir noch ein paar Sandwiches, auch weil es leichter ist, zu essen als zu reden, denn das Gespräch kommt nur stockend in Gang, so als ob wir alle von der lächerlich pompösen Atmosphäre eingeschüchtert wären. Die beiden Jungs machen halbherzig Homer-Simpson-Witze, lachen viel zu laut, während Becker und Nicoletta uns durchdringend mustern. Sophia schielt ein bisschen zu oft zu dem gut aussehenden Sebastian, der wiederum seine Aufmerksamkeit sehr gerecht zwischen Nicoletta, Sophia und mir verteilt.

Ich weiß nicht, was ich eigentlich erwartet habe, aber das jedenfalls nicht. Das Camp habe ich mir sehr viel größer vorgestellt. Nicht so intim wie hier. Und was, wenn das hier gar nicht das echte Camp ist?

Aber das ist unmöglich. Dr. Becker und Nicoletta waren beide auf den Internetseiten abgebildet und sie wurden uns in den Anmeldeunterlagen als Betreuer angekündigt. Dr. Grünbein persönlich hat sie und das Camp abgecheckt, ehe er mich hat fahren lassen. Allerdings hätte er mir die Erlaubnis dazu nie im Leben gegeben, wenn er von dem Fotoalbum und der Botschaft gewusst hätte. Genau deswegen habe ich es ja auch vor ihm verheimlicht.

Außerdem sollte ich mich nicht zu sehr von meinen Erwartungen leiten lassen. In den Unterlagen war immer wieder betont worden, was für unkonventionelle Methoden bei der Transnational Youth Foundation angewendet werden. Man wurde geradezu gewarnt und darauf hingewiesen, dass man als Teilnehmer auf Überraschungen und Herausforderungen gefasst sein sollte, mit denen man niemals gerechnet hätte.

Ich drehe den Kopf zur Seite und blicke direkt in Sophias Augen, die mir ertappt zulächelt. Woher kenne ich sie bloß?