Strategie - Michael Nagel - E-Book

Strategie E-Book

Michael Nagel

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  • Herausgeber: UVK
  • Kategorie: Fachliteratur
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Die Formulierung und Umsetzung von Strategien stellen zentrale Funktionen der Unternehmensführung dar. Doch das volle Potenzial des strategischen Managements wird in der betrieblichen Praxis oft nur unzureichend genutzt, da sich Entscheider bei zukunftsweisenden Weichenstellungen teilweise eher auf ihr Bauchgefühl, ihre Branchenkenntnis oder ihren unternehmerischen Instinkt verlassen als auf die Ergebnisse systematischer Analysen. Dieses Buch zeigt grundlegende Methoden auf, die bei der Erfüllung zentraler Aufgaben der strategischen Unternehmensführung unterstützen. Diese bewährten Methoden werden kurz und knapp vorgestellt, ihre Zielsetzungen beschrieben, die Anwendungsmöglichkeiten verdeutlicht und die umsetzungsbezogenen Grenzen aufgezeigt. Die Autoren unterscheiden dabei Analyse-, Planungs-, Umsetzungs-, Kontroll- und Veränderungsmethoden. Das kompakte Taschenbuch richtet sich an Geschäftsführer, Leiter von Geschäftsbereichen sowie an Mitarbeiter von Stabs- und Planungsabteilungen.

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Seitenzahl: 154

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Prof. Dr. phil. Michael Nagel, MBA, ist Professor in der Fakultät Wirtschaft an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart (DHBW) und Leiter des Studiengangs BWL-International Business.

Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Mieke ist Inhaber der Professur ABWL, insbesondere Innovationsmanagement im Fachbereich Wirtschaft der Technischen Hochschule Brandenburg.

Vorwort

Die Formulierung und Umsetzung von Strategien stellen zentrale Funktionen der Unternehmensführung dar. Ungeachtet dessen wird das volle Potenzial des strategischen Managements in der betrieblichen Praxis oft nur unzureichend genutzt, da sich Entscheider bei zukunftsweisenden Weichenstellungen teilweise eher auf ihr Bauchgefühl, ihre Branchenkenntnis oder ihren unternehmerischen Instinkt verlassen als auf die Ergebnisse systematischer Analysen. Wer mit diesem Vorgehen bislang Erfolg hatte, möge es weiterhin praktizieren. Allen anderen, die nicht über visionäre Kräfte verfügen oder die ihre Entscheidungen zusätzlich fundieren möchten, sei die Nutzung wissenschaftlich abgesicherter und in der betrieblichen Praxis erprobter Hilfsmittel empfohlen. Die entsprechende Literatur zu Instrumenten der Umfeld- und Unternehmensanalyse sowie zu Werkzeugen der Zielund Strategiebildung scheint explosionsartig zu wachsen. Dies erschwert möglicherweise die Orientierung, die der vorliegende Band bieten möchte. In diesem haben wir einen Grundstock an Methoden zusammengestellt, der die Erfüllung zentraler Aufgaben der strategischen Unternehmensführung unterstützt. Mitglieder der Geschäftsführung, Leiter von Geschäftsbereichen und Mitarbeiter von Stabs- und Planungsabteilungen erhalten ein kompaktes Nachschlagewerk im Westentaschenformat. In ihm werden zentrale und für die Praxis relevante Methoden kurz und knapp vorgestellt, ihre Zielsetzungen beschrieben, die Anwendungsmöglichkeiten verdeutlicht und die umsetzungsbezogenen Grenzen aufgezeigt. Die berücksich tigten Ansätze werden dabei nicht als Werkzeuge, Instrumente oder Tools, sondern als betriebswirtschaftliche Methoden bezeichnet, da diesen die Idee der Planmäßigkeit und der Problem- und Ergebnisorientierung zugrunde liegt.

Im hier verstandenen Sinne stellen betriebswirtschaftliche Methoden theoretisch fundierte und praktisch erprobte Hilfsmittel dar, die zur Lösung eines in der unternehmerischen Praxis auftretenden leistungswirtschaftlichen Problems beitragen.

Die im Folgenden diskutierten Analyse-, Planungs-, Umsetzungs-, Kontroll- und Veränderungsmethoden wurden primär durch die Wissenschaft und durch Unternehmensberatungen geschaffen und in Unternehmen unterschiedlicher Branchen und Größen erprobt. Sie erfuhren Weiterentwicklungen und dürfen als bewährt gelten. Insofern empfehlen wir sie zur Anwendung. Alle in diesem Band aufgeführten Ansätze entstammen unserem Buch BWL-Methoden: Handbuch für Studium und Praxis aus dem UTB-Verlag. In dieser umfangreichen Publikation haben wir etablierte betriebswirtschaftliche Methoden aus den Bereichen Forschung, Entwicklung, Innovationsmanagement, Beschaffung, Logistik, Produktion, Strategie, Organisation und Kontrolle sowie Marketing und Vertrieb gebündelt. Mit der Bereitstellung einer selektiven Methodenauswahl in diesem Band verfolgen wir nicht das Ziel, den Büchermarkt unüberschaubarer werden zu lassen, unsere Publikationslisten zu verlängern oder die Selbstplagiatsdebatte anzuheizen. Unser Anliegen ist vielmehr, Fachund Führungskräften mit einem klar abgegrenzten Spektrum an Aufgaben und speziellem Interesse am Themenfeld des strategischen Managements eine pragmatische Möglichkeit des Zugriffs auf bewährte Methoden zu ermöglichen.

Wir hoffen, dass unsere Darstellung der betriebswirtschaftlichen Methoden verständlich und nachvollziehbar ausfällt, dadurch eine Anwendung schnell möglich ist und der erhoffte Nutzen zeitnah eintritt. Wir wünschen allen Leserinnen und Lesern viel Erfolg beim Gebrauch. Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK-Verlag danken wir herzlich für die Anregung zu diesem Vorhaben und für die gewohnt freundschaftliche und zielorientierte Begleitung.

Stuttgart/Brandenburg a.d.H., im Januar 2017

Michael Nagel & Christian Mieke

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Strategische Analyse

1.1 Umweltanalyse

1.2 Branchenstrukturanalyse

1.3 Wettbewerbsvorteilsanalyse

1.4 Stakeholderanalyse

1.5 Benchmarking

1.6 Wertkettenanalyse

1.7 7S-Modell

1.8 Erfahrungskurvenanalyse

Strategische Planung, Umsetzung und Kontrolle

2.1 SWOT-Analyse

2.2 Marktwachstum-Marktanteil-Portfolio: BCG-Matrix

2.3 Marktattraktivität-Wettbewerbsstärke-Portfolio: McKinsey-Matrix

2.4 Internationalisierungsstrategien

2.5 Balanced Scorecard

Strategische Organisationsveränderung

3.1 Prozessmanagement

3.2 Changemanagement

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

1 Strategische Analyse

Strategien fallen nicht vom Himmel, sondern müssen entwickelt werden.1 Sie sind wegweisend für die Zukunft eines Unternehmens, da sie beschreiben, was zu tun ist, um ein vorgegebenes Ziel zu erreichen. Wie sollen beispielsweise traditionelle Automobilhersteller angesichts des wachsenden Umweltbewusstseins breiter Bevölkerungsschichten vorgehen, um weiterhin erfolgreich zu sein? Durch welche Strategie kann ein Computerhersteller sinkende Umsätze im Hard- und Softwaregeschäft ausgleichen und den Markt für Unterhaltungselektronik besetzen? Was sollte eine Hochschule tun, um die Organisation langfristig auf Erfolg auszurichten: den Fokus auf industrielle Forschung oder auf herausragende Lehre richten und eher Bachelor- oder Masterstudiengänge anbieten? All diese Fragen verweisen auf Maßnahmen zur Erreichung von Zielen und damit auf die Entwicklung und Veränderung von Unternehmen. Die Definition und Umsetzung möglichst zielgerichteter und koordinierter strategischer Aktivitäten basieren auf einem systematischen Analyse- und Planungsprozess. Im Rahmen dieses Prozesses wird die Ausgangssituation von Unternehmen bestimmt, indem man vor dem Hintergrund der Vision und Mission die Chancen und Risiken des Umfeldes sowie die Stärken und Schwächen des Unternehmens untersucht. Wie in Abbildung 1 dargestellt, bildet die Umfeld- beziehungsweise externe Analyse und die Unternehmens- beziehungsweise interne Analyse das Herzstück der Strategieentwicklung.

Abbildung 1: Prozess der strategischen Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle

Die externe Analyse verfolgt das Ziel, alle relevanten Umweltbedingungen zu identifizieren, um Produkte, Dienstleistungen und Prozesse eines Unternehmens an die Markt-, Wettbewerbs- und Kundenspezifika anzupassen. Mit Hilfe der im Folgenden diskutierten Umwelt-, Branchenstruktur- oder Wettbewerbsvorteilsanalyse kann man Chancen und Risiken sowie die Position eines Unternehmens im Markt, in der Branche und gegenüber Wettbewerbern und Kunden bestimmen. Welche Bedingungen man dabei als Chance und welche als Risiko klassifiziert, hängt unmittelbar von den internen Stärken und Schwächen eines Unternehmens ab. Stehen einer Organisation beispielsweise umfangreiche personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung, können gegebenenfalls Umweltrisiken ausgeglichen und existierende Chancen genutzt werden. Inwiefern dies möglich ist, zeigen die Ergebnisse der Unternehmens- beziehungsweise internen Analyse.

Die interne Analyse nimmt Ressourcen, Fähigkeiten und Kompetenzen eines Unternehmens in den Blick, identifiziert Stärken und Schwächen und bietet die Chance, in Abstimmung mit den Umweltbedingungen Maßnahmen zur Verbesserung der strategischen Position abzuleiten. Die Wertketten- oder Erfahrungskurvenanalyse, die in der zweiten Hälfte dieses Kapitels vorgestellt werden, liefern die erforderlichen Informationen, um interne Probleme aufzudecken und deren Ursachen zu ermitteln. Die Methoden zeigen, welche Prozesse, Wertschöpfungsstufen oder Portfolioelemente im Vergleich zum Wettbewerb und mit Blick auf die Anforderungen von Kunden optimiert werden müssen. Die Ergebnisse der externen und internen Betrachtung werden mit einer SWOT-Analyse zusammengeführt und in strategische Handlungsoptionen übersetzt. Die SWOT-Analyse bildet insofern die Brücke zwischen strategischer Analyse, strategischer Planung und Strategieformulierung.

Anknüpfend an die Entwicklung von Unternehmens-, Geschäftsbereichs- oder Funktionalstrategien sind diese umzusetzen und im Unternehmen zu implementieren. Das heißt, die Strategie muss in Teilstrategien und Einzelmaßnahmen zerlegt, die Organisation für die Implementierung vorbereitet und das erforderliche Personal bereitgestellt werden. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist dabei die adäquate Kommunikation der Strategie auf allen Unternehmensebenen, da man alle betroffenen Mitarbeiter mit den entsprechenden Zielen und Aktivitäten vertraut machen sollte, um Motivation und Veränderungswillen zu schaffen. Schließlich ist der Erfolg einer Strategie bereits im Verlauf der Umsetzung mit Hilfe geeigneter Methoden und Techniken zu überprüfen, um bei Fehlentwicklungen oder geänderten Marktbedingungen gegensteuern zu können. Die Erfahrungen mit der so genannten New Economy sowie mit der jüngsten Finanzkrise haben eindrucksvoll belegt, dass eine Durchführungs- und Prämissenkontrolle sowie eine kontinuierliche Kontrolle der strategischen Potenziale erforderlich sind, damit Unternehmen auf dem Weg von der Strategieentwicklung zur Strategieumsetzung nicht ins Stocken oder in Schieflage geraten. Insofern sollten alle vier Phasen des Strategieprozesses gleichermaßen berücksichtigt und mit Hilfe bewährter betriebswirtschaftlicher Methoden ausgestaltet werden:

Zielbildung und strategische Analyse,

Strategische Planung,

Strategieumsetzung,

Strategische Kontrolle.

Im Mittelpunkt des vorliegenden Kapitels stehen Methoden, die der ersten Phase zugeordnet werden können, während Kapitel 2 Methoden der strategischen Planung, der Strategieumsetzung und der strategischen Kontrolle beinhaltet.

1.1 Umweltanalyse

Problemstellung: Identifikation und Analyse aktueller und potenzieller Makrobedingungen und Trends zur Bestimmung der Attraktivität nationaler und internationaler Märkte

Zielgruppe: Marketing- und Internationalisierungsverantwortliche, Marktforscher, Business Development Manager

Voraussetzungen: Beschaffung von Primär- und Sekundärdaten zu politischen, ökonomischen, sozio-kulturellen und technologischen Einflussfaktoren

Zielsetzung der Umweltanalyse

In den zurückliegenden Jahren hat sich das wirtschaftliche Umfeld von Unternehmen verändert, indem eine nationale Grenzen überwindende Wirtschaftsordnung mit international vernetzten Märkten entstanden ist. Dieser Prozess, der mit Stichworten wie Globalisierung2 und Internationalisierung charakterisiert wird, stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen. Insbesondere Exportnationen wie Deutschland sehen sich mit neuen Marktstrukturen und Marktteilnehmern konfrontiert, die längst nicht mehr nur national, sondern international und global miteinander konkurrieren. Insofern hängt der Unternehmenserfolg immer mehr davon ab, in den Boomregionen der Weltwirtschaft – zum Beispiel in den Wachstumsmärkten in Brasilien, Russland, Indien oder China – präsent zu sein3 und gleichzeitig die Wettbewerbsposition auf heimischen Märkten zu sichern. Voraussetzung für derartige Internationalisierungs- und Positionierungsstrategien ist die genaue Kenntnis der Chancen und Risiken der jeweiligen Zielmärkte sowie der ökonomischen, politischen, gesellschaftlichen oder kulturellen Kräfte, die dort wirken.

Ziel der Umwelt- beziehungsweise der PESTEL-Analyse ist es, die Einflüsse eines Marktes und damit die Rahmenbedingungen eines Unternehmens auf einer Makroebene zu untersuchen. Die Informationen der globalen Umweltanalyse sind für die Wahl einer Strategie oder Strategienkombination relevant und dienen als erster Baustein bei der Strategieentwicklung. Neben der Analyse der Umwelt sind auch die internen Stärken und Schwächen eines Unternehmens in den Blick zu nehmen, die als zweiter Baustein der Strategieentwicklung Auskunft darüber geben, ob Unternehmen die Ressourcen besitzen, die selbst gesteckten Ziele in den jeweiligen Umwelten zu erreichen.4 Hierzu kann zum Beispiel auf die in den Kapiteln 1.6 und 1.8 diskutierten Methoden der Wertketten- oder der Erfahrungskurvenanalyse zurückgegriffen werden.

Beschreibung der Umweltanalyse

Im Rahmen der strategischen Analyse versuchen Unternehmen, alle relevanten Informationen mit dem Ziel zu beschaffen, eine Strategie zu formulieren und auszuwählen, mit deren Hilfe eine Anpassung des Unternehmens an die Umwelt erzielt werden kann. Dieser so genannte Strategie-Fit stellt eine wesentliche Voraussetzung für die langfristige Überlebenssicherung von Organisationen dar. Damit dies gelingt, ist in einem ersten Schritt eine Umweltanalyse durchzuführen, die in zwei Stufen unterteilt werden kann: Auf der ersten Stufe ist die globale Umweltanalyse angesiedelt, die allgemeine Umweltfaktoren zum Gegenstand hat, während die spezifische Umweltanalyse auf der zweiten Stufe die so genannte Aufgabenumwelt eines Unternehmens wie Lieferanten, Kunden oder Wettbewerber in den Blick nimmt.

Bei der PESTEL-Analyse handelt es sich um eine globale Umweltanalyse, in deren Rahmen das Umfeld von Unternehmen in die Bereiche Politik, Wirtschaft, Soziokultur, Technologie, Ökologie und Recht unterteilt wird, wobei sich das Akronym PESTEL aus den Anfangsbuchstaben der englischsprachigen Umfeldfaktoren Political, Economic, Sociocultural, Technological, Ecological und Legal ableitet. In der Praxis wird die Untersuchung des unternehmensrelevanten Umfeldes häufig nur als PEST-Analyse durchgeführt, wobei sich in vielen Fällen gezeigt hat, dass eine Erweiterung um ökologische und rechtliche Faktoren sinnvoll ist, um ein vollständiges Bild der Rahmenbedingungen und Trends zu erhalten, welche die Möglichkeiten der Geschäftstätigkeit von Unternehmen beeinflussen.5

Abbildung 2: Faktoren der globalen Umweltanalyse

Die Faktoren der globalen Umweltanalyse bilden einen Handlungsrahmen, an den sich Unternehmen anpassen müssen, da dieser durch aktive Maßnahmen nur unwesentlich beeinflusst werden kann. Die einzelnen, von Farmer und Richman6 in die Diskussion gebrachten und in Abbildung 2 aufgeführten PESTEL-Aspekte können wie folgt beschrieben werden:7

Politische Umweltfaktoren beeinflussen Unternehmen auf vielfältige Weise und umfassen Aspekte wie die Stabilität eines staatlichen Systems und seiner Organe, politische Ideologien und wirtschaftspolitische Grundsätze. Bei der Analyse internationaler Handlungsumwelten stellen insbesondere die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der politischen Akteure, Organisationen und Institutionen wichtige Rahmenbedingungen dar, die den Erfolg oder Misserfolg einer Strategie mitbestimmen.

Ökonomische Umweltfaktoren beschreiben die Bedingungen auf den Güter- und Faktormärkten, also den Märkten für Waren, Dienstleistungen, Kapital und Arbeit. Um gesamtwirtschaftliche Entwicklungen zu bestimmen, werden Aspekte wie das Bruttoinlandsprodukt, die Bevölkerungsstruktur, die Inflationsrate, Wechselkurse, das Pro-Kopf-Einkommen, die Arbeitslosenquote, die Investitionsentwicklung und die öffentlichen Finanzen berücksichtigt.

Soziokulturelle Umweltfaktoren können zum Teil direkt ermittelt, zum Teil jedoch nur indirekt erschlossen werden. Mit Hilfe empirischer Primär- oder Sekundäranalysen lassen sich beispielsweise die Konsumgewohnheiten, das Freizeitverhalten oder die Einstellungen gegenüber Produkten, Dienstleistungen oder Institutionen aufdecken. Demgegenüber entziehen sich Aspekte wie Werte, Normen und religiöse Überzeugungen oder Vorstellungen über Schönheit, Wahrheit, Gerechtigkeit und Freiheit einer direkten Bestimmung, da diese Faktoren – gemäß dem zur Erklärung kultureller Differenzen verwendeten Eisberg-Modell8 – unsichtbar sind beziehungsweise unterhalb der Wahrnehmungsoberfläche liegen.

Technologische Umweltfaktoren haben in der jüngeren Vergangenheit durch Innovationen in der Informations- und Kommunikationstechnologie an Bedeutung gewonnen und neue Möglichkeiten der Effizienzsteigerung geschaffen. Neben Veränderungen in der Mikroelektronik, der Biotechnologie, der Energiewirtschaft oder der Logistik üben auch Aspekte wie die Verfügbarkeit von Rohstoffen oder Infrastruktureinrichtungen und der Automatisierungs- und Technisierungsgrad eines Landes einen Einfluss auf die jeweilige Wertschöpfung von Unternehmen aus.

Ökologische Umweltfaktoren spielen für zahlreiche Unternehmen bislang nur eine untergeordnete Rolle. Kriterien wie Umweltverschmutzung, Klimaveränderung oder Ressourcenverfügbarkeit dürften jedoch in Zukunft bedeutsamer werden und Unternehmen dazu bewegen, umweltfreundliche Herstellungsverfahren und Produkte zu entwickeln. Organisationen, denen es gelingt, mit der begrenzten Ressource Umwelt effizient umzugehen und die sich vor dem Hintergrund eines gestiegenen Umweltbewusstseins als grünes Unternehmen positionieren, werden im nationalen und internationalen Kontext Wettbewerbsvorteile erzielen.

Rechtliche Umweltfaktoren variieren national und international und stellen Restriktionen unternehmerischen Handelns dar. Dazu zählen beispielsweise Vorschriften, die bei der Unternehmensgründung und Unternehmensübernahme oder beim Unternehmenszusammenschluss berücksichtigt werden müssen. Weitere Aspekte werden durch die Steuer-, Tarif- und Beschäftigungsgesetze oder durch Wettbewerbsregelungen und Haftungsbestimmungen festgelegt.

Bei der Durchführung einer Umweltanalyse ist darauf zu achten, dass die einzelnen Faktoren mit Blick auf ihre Bedeutung und Wirkung analysiert und nicht nur beschrieben werden. Denn eine systematische Analyse unterscheidet sich von einer oberflächlichen Beschreibung vor allem hinsichtlich der Nutzbarkeit für die Strategieentwicklung. Mit Blick auf die Strategieentwicklung und Strategieformulierung und die unternehmensinternen Ressourcen sollten zudem Datenfriedhöfe vermieden und nur die relevanten unternehmensexternen Faktoren berücksichtigt werden. Bei der Trennung in relevante und irrelevante Umweltaspekte können die Unternehmensziele als Filter dienen, indem für die einzelnen Faktoren geprüft wird, ob deren aktuelle oder zukünftige Ausprägungen die Sachoder Leistungsziele einer Organisation beeinflussen. Ist dies der Fall, sind die entsprechenden Faktoren als bedeutsam zu klassifizieren und in die Analyse aufzunehmen.9

Anwendungsbereich und Anwendungsprozess

Immer mehr Unternehmen sind nicht nur auf heimischen Märkten, sondern grenzüberschreitend tätig. Zur Auswahl der richtigen Zielmärkte kann erfahrungs- oder marktforschungsorientiert vorgegangen werden. Bei einer marktforschungsorientierten Marktauswahl werden die attraktivsten Auslandsmärkte in einem mehrstufigen Prozess ermittelt, an dessen Anfang die Umwelt- beziehungsweise PESTEL-Analyse steht.10 Verfolgt beispielsweise ein Unternehmen das Ziel, neue Absatzmöglichkeiten außerhalb des Heimatmarktes zu erschließen, können in einem ersten Schritt alle relevanten Umweltfaktoren ausgewählter Zielländer ermittelt und bewertet werden, um darauf aufbauend eine Grobauswahl zu treffen. Dieses Vorgehen schafft eine objektive und valide Entscheidungsgrundlage für die Geschäftsführung. Die PESTEL-Analyse für ein Unternehmen könnte dabei in folgenden Schritten ablaufen:

Bestimmung aller Umweltfaktoren, die das Unternehmen beeinflussen,

Priorisierung der berücksichtigten Umweltfaktoren,

Festlegung von Gewichtungsfaktoren für die wichtigsten Umweltfaktoren,

Auswertung der Umweltfaktoren und Bestimmung der attraktivsten Zielländer.

Im ersten Schritt werden alle PESTEL-Aspekte für die einzelnen Länder gesammelt, die aktuell oder in Zukunft einen Einfluss auf ein Unternehmen ausüben. Diese werden in einem zweiten Schritt priorisiert, um Komplexität zu reduzieren, aber auch, um sicherzustellen, dass nur jene Faktoren Berücksichtigung finden, die den Unternehmenserfolg maßgeblich bestimmen. Die als wichtig klassifizierten Umweltfaktoren werden in einem dritten Schritt mit Gewichtungsfaktoren versehen, deren Summe 1 beziehungsweise 100 Prozent ergeben muss. Mit Hilfe der Gewichtungsfaktoren kann die Bedeutung der einzelnen Kriterien differenziert werden, da zum Beispiel soziokulturelle Aspekte für ein Unternehmen bedeutsam sein dürften, den Unternehmenserfolg jedoch nicht in gleicher Weise bestimmen wie ökonomische oder politische Faktoren. Die ausgewählten und mit Gewichtungsfaktoren versehenen PESTEL-Faktoren werden in einem letzten Schritt analysiert, um objektive Werte für die einzelnen Länder zu erhalten, die wiederum zur Bestimmung des attraktivsten Zielmarktes dienen.

Tabelle 1 zeigt eine beispielhafte PESTEL-Analyse. Die aufgeführten Kriterien können weiter differenziert werden, indem man jeden Faktor beispielsweise in seiner aktuellen und in seiner prognostizierten Ausprägung betrachtet.

Die PESTEL-Analyse bietet Unternehmen die Möglichkeit, eine Übersicht aller externen Einflussfaktoren zu erhalten. Zudem kann sie als Grundlage eines Marktinformationssystems dienen, welches im englischsprachigen Kontext als Market Monitoring System bezeichnet wird. Insofern ist es empfehlenswert, Umweltfaktoren aktueller und potenzieller Zielmärkte nicht nur bei Bedarf, sondern in definierten Zyklen zu erheben, zu dokumentieren und auszuwerten. Eine methodisch einheitliche und auf Kontinuität angelegte Erfassung markt- und wachstumsrelevanter Daten schafft die Voraussetzung für empirisch abgesicherte Länder- und Regionenvergleiche und damit die Chance, erfolgreiche Internationalisierungs- und Wachstumsstrategien zu entwickeln.

Tabelle 1: Beispielhafte PESTEL-Analyse zur Länderauswahl

Weiterführende Hinweise

Die globale Umweltanalyse ist eine Methode, die typischerweise in Kombination mit weiteren Methoden zur Anwendung kommt, da eine isolierte Betrachtung der Makrodaten nur begrenzt aussagekräftig ist. Die Aussagekraft wird in der Praxis noch weiter eingeschränkt, wenn zu viele Faktoren berücksichtigt und oberflächlich ausgewertet werden oder wenn die Bewertung erfahrungs- und nicht datenorientiert erfolgt. Bei korrekter Durchführung bietet die PESTEL-Analyse wertvolle Hinweise zur strategischen Ausgangslage von Unternehmen – insbesondere, wenn sie um eine Branchenstruktur- und um eine Wettbewerbsvorteilsanalyse ergänzt wird, die im Mittelpunkt der Kapitel 1.2 und 1.3 stehen.

1.2 Branchenstrukturanalyse

Problemstellung: Identifikation und Analyse unternehmensexterner Einflussfaktoren zur Bestimmung der Attraktivität und Renditechancen einer Branche

Zielgruppe: Marketing-, Vertriebs- und Internationalisierungsverantwortliche, Marktforscher, Business Development Manager

Voraussetzungen: Beschaffung von Primär- und Sekundärdaten zu allen wettbewerbsrelevanten Aspekten eines abgegrenzten Geschäftsfeldes oder einer klar definierten Branche

Zielsetzung der Branchenstrukturanalyse

Wer sich in einem Markt erfolgreich positionieren will, darf das Augenmerk nicht nur auf die Kräfte des Makroumfeldes richten, die mit Hilfe der in Kapitel 1.1 diskutierten Umweltanalyse ermittelt werden können. Es sind auch die Kräfte des Mikroumfeldes wie Lieferanten, Kunden oder Wettbewerber zu untersuchen, welche die Attraktivität einer Branche maßgeblich bestimmen. Das heißt, vor der Entscheidung, in welchen Geschäftsfeldern ein Unternehmen tätig sein soll, ist zu klären, welche Rolle Lieferanten zukommt und ob diese in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung stehen. Zudem ist zu prüfen, welchen Nutzen das Unternehmen für die Kunden stiftet und ob diese von dem Leistungsangebot Gebrauch machen werden. Die Möglichkeit, Gewinne zu erwirtschaften, hängt schließlich auch von der Art und Anzahl der Wettbewerber ab, die vergleichbare Produkte oder Dienstleistungen erstellen. Diese Faktoren – Lieferanten, Kunden und Wettbewerber – konstituieren die Branchenumwelt eines Unternehmens. Dabei wird unter einer Branche eine Gruppierung von Unternehmen verstanden, die Produkte herstellen, die aus Sicht des Kunden – wie in der Automobil- oder Elektronikbranche – einen ähnlichen Nutzen bieten und daher untereinander austauschbar sind oder – wie in der Chemie- oder Stahlbranche – vergleichbare Rohstoffe zur Produktion einsetzen. Das Ziel der Branchenstrukturanalyse besteht darin, die in einer Branche herrschenden Wettbewerbskräfte aufzudecken, um entscheiden zu können, in welchen Geschäftsfeldern ein Unternehmen, mit welchen Ressourcen und welcher Wettbewerbsstrategie vertreten sein will.11

Abbildung 3: Five-Forces-Modell12

Beschreibung der Branchenstrukturanalyse

Die bekannteste und wohl einflussreichste Methode zur Untersuchung der Branchenstruktur stammt von Porter, der fünf Kräfte – die so genannten Five Forces – unterscheidet:13 die Verhandlungsmacht der Zulieferer, die Bedrohung durch neue Wettbewerber, die Verhandlungsmacht der Abnehmer, der Einfluss von alternativen Produkten – also von so genannten Substitutionsgütern – und der Konkurrenzdruck unter den vorhandenen Wettbewerbern im Markt. Ausgangspunkt des in Abbildung 3 dargestellten Five-Forces-Modells ist die Frage, wie attraktiv eine