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Partys, teure Klamotten, Luxusautos – Cleo genießt das Leben in München an der Seite eines wohlhabenden Anwalts in vollen Zügen. Bis sich plötzlich alles ändert: Job weg, Freund weg, und Cleo ist gezwungen, in ihre alte Heimat Himmelreich zu flüchten. Dort gerät sie schnell mit ihrem Nachbarn und damaligen Freund Noah aneinander, der ihren Männer- und Alkoholkonsum äußerst kritisch sieht. Als allerdings Tom auf der Bildfläche erscheint – ihr ehemaliger Sportlehrer, den sie so heiß gar nicht in Erinnerung hatte –, sind durchzechte Nächte nicht mehr so wichtig. Er gibt Cleo den Halt, den sie nach ihrem Absturz so dringend braucht. Doch auch Noah bemüht sich unverhofft, Cleo in ihrer Notsituation zur Seite zu stehen. Hat das etwas mit den Ermittlungen um Natties Tod zu tun? Zusammen mit Valentina, Lisa, Schoscho und Maike ist sie entschlossen, endlich das Geheimnis zu lüften.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
MIA LEONI
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Roman
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich wünsche dir ganz viel Spaß in Himmelreich und beim Rätseln, wer der geheimnisvolle Unbekannte sein mag. Vielleicht hast du ja schon eine Ahnung? Am Ende des Buches erfährst du es natürlich.
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Diese Romane sind bereits von mir erschienen:
Rhode Island Hearts: Liam (2022)
Zwischen Leben und Liebe (2021)
Liebe reicht doch erst mal (2020)
Eistanzliebe (2019)
Africa in Love: Honeymoon mit Hindernissen (2018)
Eine Hochzeit für Himmelreich (Himmelreich-Staffel 2, Band 4; 2017)
In Versuchung & Zur Versöhnung (2015)
Ich wünsche dir viel Freude beim Lesen.
Liebe Grüße, die Mia
»Summertime Love« ist die Neuauflage des im Juni 2016 erschienenen Romans »Dich schickt das Himmelreich«. Der fünfte Teil ist gleichzeitig Abschluss der Summertime-Reihe. Die einzelnen Teile sollten in chronologischer Reihenfolge gelesen werden. Geschrieben wurde die Pentalogie von fünf verschiedenen Autorinnen.
Band I
»Summertime Kisses«
von Emma Wagner
Band II
»Summertime Heartbeat«
von Lana N. May
Band III
»Summertime Feelings«
von Jo Berger
Band IV
»Summertime Dreams«
von Stine Mertens
Band V
»Summertime Love«
von Mia Leoni
»So leid es mir tut, aber ich muss Sie entlassen.«
Ich starre meinen Chef an, der sicher eine Reaktion von mir erwartet. Doch ich sitze nur wortlos auf der schicken schwarzen Echtledercouch in seinem Büro und rühre mich nicht.
»Frau Schneider?« Er schaut mich fragend an. Wahrscheinlich denkt er, ich bin in eine Schockstarre verfallen, aber eigentlich überlege ich mir gerade schon, wie ich mit dem Arbeitslosengeld das Minus auf meinem Konto ausgleichen kann.
»Diese Entscheidung ist mir wirklich nicht leichtgefallen, glauben Sie mir«, beginnt er wieder. »Aber die aktuelle Situation der Kanzlei erlaubt es leider nicht, die komplette Belegschaft weiter zu beschäftigen. Und da Sie als Letzte gekommen sind …« Er spricht nicht weiter. Sicher weiß er, dass kein Arbeitnehmer, der gerade gefeuert wurde, so ein dummes Gewäsch hören möchte.
Die aktuelle Situation! Vielleicht hätte er sich mehr um seine Klienten als um seine Sekretärin bemühen sollen. Solange er den ganzen Tag damit beschäftigt ist, ihr in den Ausschnitt zu glotzen und sie auf der schicken schwarzen Echtledercouch zu vögeln, auf der ich gerade sitze, hat er natürlich keine Zeit, sich um die wichtigen Dinge des Lebens zu kümmern. Bei dem Gedanken an die Couch rutsche ich angewidert ganz weit an den vorderen Rand, damit möglichst wenig von meinem Hintern die Sitzfläche berührt.
Andererseits hätte vielleicht ich mit ihm vögeln sollen, dann säße ich jetzt sicher nicht hier. Ehrlich, dieser Gedanke ist mir schon mehrmals durch den Kopf gegangen, denn hässlich ist mein Chef nicht und mit Mitte vierzig noch recht knackig. Aber sicher hätte mein Freund etwas dagegen gehabt.
»Wollen Sie flüchten?«, fragt er irritiert, als er bemerkt, wie unwohl ich mich auf der Besetzungscouch fühle. »Es wäre schön, wenn Sie Ihre laufenden Projekte noch an Frau Danzer übergeben. Dann sind Sie freigestellt.«
Na herrlich!
Er erhebt sich aus seinem fetten Chefsessel, kommt auf mich zu und reicht mir die Hand, während er mir mit der anderen einen Briefumschlag entgegenhält – das Zeugnis meines Versagens.
Ohne meine Hand loszulassen, flüstert er mir zu, als könne uns jemand belauschen: »Es ist wirklich nichts Persönliches. Mir sind diesbezüglich aber die Hände gebunden. Die Sozialauswahl spricht leider gegen Sie. Wenn Sie aber einmal reden möchten oder … Sie dürfen mich jederzeit anrufen.«
Unbeeindruckt schaue ich ihm in die Augen. Hat der mir gerade ein unmoralisches Angebot gemacht? Der hat wohl nicht mehr alle Zacken in der Krone! Darauf würde ich mich niemals einlassen. Schließlich habe ich doch nichts mehr davon!
Ich verziehe die Lippen zu einem angewiderten Grinsen und verlasse ohne ein Wort das Büro.
An meinem Schreibtisch raffe ich die Loseblattsammlung zusammen, staple sie fein säuberlich auf die Akten in der Ablage und schmeiße die gesammelten Unterlagen auf den Schreibtisch der Chefsekretärin. Sie schaut mich entgeistert an, fast wütend sieht sie aus, aber aus ihrem geöffneten Mund dringt kein Ton.
»Lena? Alles in Ordnung?«, fragt mich meine Kollegin Julia, die am Schreibtisch gegenüber sitzt. Sie sieht tatsächlich besorgt aus, aber ich bleibe weiterhin stumm. Sorgfältig packe ich den Tacker, den Locher, ein paar Rollen Klebeband und meine geliebte Kaffeetasse mit der Aufschrift Ich habe zwar keine Lösung, aber ich bewundere das Problem in meine große Handtasche. Die Mühe, meinen Computer herunterzufahren und die Tupperdose mit dem angegammelten Auflauf aus dem Kühlschrank zu nehmen, spare ich mir. Ich schnappe nur meinen Blazer von der Rückenlehne des Drehstuhls, wuchte meine schwere Tasche über die Schulter und gehe.
»Lena?«, ruft Julia plötzlich. »Warum gehst du? Was ist denn passiert?« Ich höre ihre eiligen Schritte, doch bevor sie mich erreicht hat, lasse ich die schwere Tür meines ehemaligen Büros in dem hübschen Altbau lautstark ins Schloss fallen. Eigentlich mag ich Julia, sie ist eine loyale Kollegin, immer freundlich und hilfsbereit. Wie sie es schafft, nicht niederträchtig über andere zu lästern, ist mir ein Rätsel. Sicher tut ihr meine Kündigung leid, wenn sie mit ihrem arglosen Gemüt überhaupt kapiert hat, dass ich rausgeflogen bin. Im Moment möchte ich allerdings keinem mein am Boden zerstörtes Herz ausschütten.
***
Am Abend dieses reizenden Tages schaue ich in den Spiegel meiner heruntergeklappten Sonnenblende und wische den überflüssigen Kajal aus den kleinen Fältchen unter meinen Augen. Hätte ich mich regelmäßig abgeschminkt und nicht immer nachts mein ganzes Make-up ins Kissen geschmiert, hätte ich diese Fältchen vermutlich vermeiden können. Neunundzwanzig ist doch eigentlich zu früh für Falten. Aber ich schiebe die Alterserscheinung lieber darauf, dass ich so ein fröhlicher Mensch bin und den ganzen Tag lache. So wie heute Vormittag, als mir mein Chef endlich ein wenig mehr Freizeit zugestand.
Nun zupfe ich nur noch den akkuraten Pony meines schwarzen Bobs zurecht, nehme einen weiteren Schluck aus dem Flachmann, den ich mit meinem Lieblingslikör statt mit Wodka gefüllt habe – schließlich muss ich ja noch fahren – und schnappe mein Handtäschchen vom Beifahrersitz. Das enge Kleid macht es mir schwer, aus meinem schwarzen Audi A5 zu klettern, der übrigens mal wieder eine Wäsche vertragen könnte. Na, zum Glück habe ich keine Zuschauer.
Tief atme ich ein und aus, hole noch schnell eine Falte meines Kleides aus meiner Unterhose heraus und setze ein Lächeln auf, als würde ich mich wirklich freuen, heute Abend hier zu sein.
Aus der großen Villa dringen langweilige klassische Musik, aufgesetztes Gelächter und der Duft nach delikaten Speisen. Letzteres ist der einzige Grund, warum ich nicht auf dem Absatz kehrt mache.
Wie ich erwartet hatte, ist die Tür nicht abgesperrt. Schon in der weiträumigen Diele stehen die selbstgefälligen Wichtigtuer in kleinen Grüppchen zusammen und beglückwünschen sich gegenseitig zu ihrer Vollkommenheit. Das Haus ist mit vielen Blumenarrangements und netten Hilfskellnern geschmückt, die fleißig Champagnerflöten von ihren Tabletts verteilen.
Wie schon so oft bleibt mein Blick an dem kleinen Ölgemälde gegenüber dem Eingang hängen. Die Windmühlen bei Zaandam sind zwar meiner Meinung nach nicht das glanzvollste Werk Monets, aber immerhin eines der wenigen, das sich in Privatbesitz befindet. Ob dieses hier allerdings tatsächlich das Original ist, wie die Hausherren behaupten, wage ich zu bezweifeln. Eine Fälschung habe ich aber nie beweisen können. Ein offizielles Gutachten war mir dann doch an Aufwand zu viel.
Auf mich kommt ein niedlicher Jüngling zu und bietet mir einen Champagner an. Das ist nicht mein Lieblingsgetränk, aber dennoch greife ich mit einem verzückten, aufgesetzten Grinsen zu. Er wird rot. Gott, wie süß! Er schenkt mir noch ein scheues Lächeln und verkrümelt sich schnell.
Unschlüssig stehe ich nun am Eingang, und mein Unbehagen wird durch die pikierten Blicke der Umstehenden nicht gerade gemindert. Trotzdem begebe ich mich durch die große, geöffnete Flügeltür in den Nebenraum. Rasch habe ich meinen Freund entdeckt und steuere zielstrebig die kleine Gruppe um ihn herum an. Mit einem unüberhörbaren Räuspern mache ich auf mich aufmerksam und möchte Daniel mit einem züchtigen Kuss auf den Mund begrüßen, doch er hält mir lediglich die Wange entgegen. Mein Gott, ich dachte, über diesen Punkt sind wir längst hinaus.
»Das ist meine Freundin Cleo«, stellt er mich jedoch vor. Aha, die Freundin bin ich also doch, aber in diesen elitären Kreisen küsst man sich wohl noch immer nicht auf den Mund. Bin ich froh, dass ich dieses Umfeld von ihm in den letzten Jahren nicht kennenlernen musste.
»Lena«, korrigiere ich ihn und schüttle jedem in der Runde die Hand. »Nur meine Freunde nennen mich Cleo.«
Irritiert schauen mich die sorgfältig gestylten Damen und Herren an, und ich bin mir sicher, ich habe unmissverständlich klar gemacht, dass keiner von ihnen je zu meinem Freundeskreis zählen wird.
Mit säuerlichem Blick dreht mich Daniel zur Seite. »Ist das dein erster?«, fragt er mich und deutet auf den Champagner.
»Ja«, antworte ich wahrheitsgemäß. »Warum?«
»Angesichts deiner Trinkgewohnheiten ist diese Frage durchaus berechtigt.«
Also, das trifft mich jetzt zutiefst!
»Könntest du wohl etwas netter zu meinen Freunden sein?«, flüstert er weiter.
»Ach, das sind deine Freunde!« Gespielt betroffen lege ich die Hand auf mein Dekolleté. »Ich dachte, das sind die reichen Bälger von Klienten deines Vaters.«
»Bitte sei lieb!«, sagt er sanfter und küsst meine Haare. »Ich weiß, das hier ist keine deiner bevorzugten Veranstaltungen, aber tu es meinem Vater zuliebe.«
»Deinem Vater?«
»Dann tu es mir zuliebe!«, berichtigt er sich selbst.
Ich rolle mit den Augen, mehr bringe ich nicht zustande. »Wo ist das Geburtstagskind eigentlich? Ich möchte ihm gern einen feuchten Händedruck überreichen.«
Daniels Miene verfinstert sich. Bevor er richtig sauer wird, füge ich schnell hinzu: »War ein Spaß, meine Güte! Hast du deinen Kumpels heute den Stock aus dem Arsch geklaut? Ich sehe mich mal ein bisschen um.« Ohne auf seine leichte Gegenwehr zu achten, küsse ich ihn leidenschaftlich auf den Mund, leere dann demonstrativ mein Getränk und stelle das Glas auf einem antiken, runden Tischchen ab. Der säuerliche Geschmack schüttelt mich, aber was weg muss, muss weg.
Aus dem Augenwinkel sehe ich noch, wie sich ein Hilfskellner blitzartig die Champagnerflöte schnappt und den feuchten Rand, den der Fuß des Glases hinterlassen hat, vom edlen Material wischt.
Am Buffet entdecke ich Rudolf, wie er mit einer silbernen Zange drei Stückchen Sushi auf seinem Teller arrangiert.
»Rudolf!«, flöte ich meinem Schwiegervater in spe entgegen. »Meine allerherzlichsten Glückwünsche!« Ich verteile flüchtige Luftküsse auf seine linke und seine rechte Wange. Dann schnappe ich mir ebenso einen Teller und greife beherzt mit den Fingern zu.
»Vielen Dank, Lena. Ich hoffe es schmeckt Ihnen«, sagt er mit einem Seitenblick auf den beachtlichen Haufen aus Wraps, gefüllten Eiern, Sushi und anderen Häppchen, der sich schnell auf meinem Teller ansammelt.
»Das hoffe ich auch. Sie haben Einiges aufgefahren. Ich bin beeindruckt.«
»Ein runder Geburtstag muss gebührend gefeiert werden.«
»Der Meinung bin ich auch«, bestätige ich mit heftigem Kopfnicken und nehme dem nächsten Kellner einen weiteren Champagner ab.
Bevor wir unser gefühlsbetontes Gespräch fortführen können, hat meine Schwiegermutter uns entdeckt und stöckelt zu uns herüber. Ihre wasserstoffblonden Haare sitzen wie Beton, die schlanke Figur hat sie in ein teures Chanel-Kostüm gehüllt. Das operierte Näschen in ihrem durchaus attraktiven Gesicht hält sie besonders weit nach oben.
»Lena«, säuselt sie. Dabei hebt sie ihre perfekt gezupfte Augenbraue und schenkt mir einen Blick, der mich ganz und gar nicht willkommen heißt. Muss sie mir das immer so unter die Nase reiben?
»Veronika!«, tue ich es ihr also gleich.
»Kind, das ist doch keine Trauerfeier«, tadelt sie mich und deutet auf mein schwarzes Kleid. »Ihnen würde ein bisschen mehr Farbe guttun!«
»Ich besitze keine bunten Kleider.«
»Dann muss Daniel wohl mal wieder seine Kreditkarte zücken. Er zahlt ja auch sonst alles.«
Süßlich lächle ich sie an. »Sie haben mich falsch verstanden. Ich will keine bunten Kleider. Daniel zückt seine Kreditkarte nur, wenn ich ein neues Auto brauche, weil der Aschenbecher voll ist.«
»Das Rauchen im Auto sollten Sie ohnehin einstellen. Es müffelt schrecklich.«
Wollte sie meinen Sarkasmus überhören oder ist sie einfach nur dämlich?
»Ja, der Aschenbecher ist tatsächlich voll. Da muss ich mir wirklich etwas überlegen«, foppe ich sie weiter und leere mit gerümpfter Nase das zweite Glas. »Ich werde mir mal ein Plätzchen suchen, an dem ich diese ganzen Leckereien hier verputzen kann. Wir sehen uns dann.«
Ich lasse die beiden stehen und trolle mich mit dem nächsten Glas des teuren Schaumweins auf die Terrasse.
Hier draußen ist es angenehm warm. Genussvoll sauge ich die laue Luft in mich auf. Die vielen Laternen und Lampions zaubern eine gemütliche Atmosphäre in den Garten, an der sich etliche der geladenen Gäste erfreuen.
Die Hollywoodschaukel ist frei, und ich lasse mich auf ihr nieder. Während ich mich hin- und herschaukle, stopfe ich die Köstlichkeiten in mich hinein und spüle mit Champagner nach. Auch beim dritten Glas wird das Gesöff nicht besser. Warum, zum Teufel, trinkt die High Society das so gern? Nur, weil es teuer ist? Zuzutrauen wäre es diesen Leuten.
Nachdem ich auch diese Flöte in einem Zug geleert habe, winke ich mir einen Kellner heran.
»Was können Sie mir denn heute an hochprozentigem Alkohol empfehlen?«, frage ich ihn mit großen Augen.
Eine halbe Stunde später mache ich mich in bester Laune erneut auf die Suche nach meinem Freund.
»Heeeeey«, begrüße ich Daniel, der sich noch immer mit seinen aalglatten Arschkriechern unterhält, und kann einfach nicht aufhören, das Wort in die Länge zu ziehen. Ich finde das gerade unheimlich komisch. Im Gegensatz zu Daniel, der mich beschämt anstarrt.
»Lena! Du kannst hier drin nicht rauchen!«, blafft er mich an.
»Na ja, können kann ich das schon«, versuche ich ihm zu erklären.
»Lena! Mach die Zigarette aus! Wenn meine Eltern das sehen!«
Demonstrativ zittere ich mit den Händen. »Ooooooh!« Ich nehme einen letzten Zug und lasse die Kippe auf das Parkett fallen, wo ich sie mit meinen Manolos austrete. So umsichtig bin ich noch.
Daniel packt mich am Arm. Er sieht wütend aus.
Aber ich habe sie doch ausgemacht! Was will er denn überhaupt?
»Bist du von allen guten Geistern verlassen? Die Leute starren dich schon an!«
Das ist mir gar nicht aufgefallen. Ich sehe mich um. Tatsächlich blicken die meisten Umstehenden zu uns, und ich winke ihnen höflich zu.
Daniel drückt meine erhobene Hand nieder. Sicher, weil keiner meinen netten Gruß erwidert.
»Warum besäufst du dich schamlos und blamierst mich?«, zischt er mich an.
Blamieren? Wer blamiert hier wen? Ich habe doch nur ein wenig Frustsaufen wegen meines verloren Jobs betrieben. Scheiße, ich habe keinen Job mehr!
»Weil ich so traurig bin!«, jammere ich. Meine gute Laune ist dahin.
»Warum bist du traurig?«
»Weil ich doch keinen Job mehr habe.« Wäre er denn nicht traurig, wenn er keinen Job mehr hätte?
»Was? Warum hast du keinen Job mehr? Was ist passiert?«
Plötzlich breche ich in Tränen aus und heule hemmungslos in sein weißes Hemd. Etwas unsanft schiebt er mich nun in die Küche. Er hilft mir auf einen Barhocker und entscheidet sich dann doch lieber – da der Stuhl irgendwie schief zu sein scheint und ich herunterzurutschen drohe – für die altmodische Ottomane.
»Jetzt erzähl! Warum hat dich Grener gefeuert?«
»Ich weiß nicht. Vielleicht, weil ich nicht mit ihm gepimpert habe.«
»Wie bitte?«
»Na, seine Sekretärin poppt er fast jeden Tag und die hat ihren Job noch!«
»Okay, das hat heute keinen Zweck. Ich rufe dir jetzt ein Taxi, du fährst zu uns und legst dich hin. Ich komme später nach.«
»Warum soll ich mich hinlegen? Wir reden doch gerade so offen miteinander.«
Ohne eine Antwort zieht er sein Smartphone aus der Tasche, wischt ein paar Mal über den Bildschirm und hält es sich ans Ohr.
Nur ein paar Sekunden später rüttelt jemand an meinem Knie.
»Junge Dame? Wir sind da. Hallo?«
Ich blinzle und erkenne die Vordersitze eines Taxis. Der Fahrer hat sich zu mir gedreht und pikt weiter seinen Finger in mein Bein.
»Der junge Mann hat mir die Adresse gegeben und bereits bezahlt. Wir sind da. Sie können jetzt aussteigen.«
Verschlafen rappele ich mich auf und falle fast aus dem Wagen. Der Kerl könnte einer armen, besoffenen Frau auch mal helfen. Tut er aber nicht. Stattdessen muss ich allein mit dem Schloss den Schlüssel in der Haustür finden.
Eine Ewigkeit später habe ich die zwei Treppenabsätze zu unserer Eigentumswohnung erklommen und stehe wieder vor dem gleichen Problem wie unten. Aber auch diese Hürde meistere ich mit Bravour, schmeiße meine Pumps von mir, schwanke ins Schlafzimmer und lasse mich aufs Bett fallen. Bevor mich die Achterbahn ins Land der Träume fährt, schaue ich noch auf mein Handy. Drei Anrufe in Abwesenheit. Alle von meiner Mutter. Mit einem Auge sehe ich verwundert auf die Mitteilung und tippe auf das Feld Rückruf. Es dauert eine Weile, aber ich lasse es klingeln. Meine Mutter findet ihr Handy meist nicht so schnell.
»Ja?«, krächzt sie schließlich am anderen Ende der Leitung.
»Mama? Du hast angerufen.«
»Vor fünf Stunden! Warum rufst du mitten in der Nacht zurück?«
»Ups! Schon so viel spät? Was is?«
»Bist du etwa betrunken?«
»Nur ein klitzekleines winziges bisschen.«
»Dann denke ich nicht, dass wir das jetzt besprechen sollten.« Sie klingt ernst, und ich setze mich auf.
Schlechte Idee. Das Zimmer dreht sich um mich, und ich lasse mich wieder in die Kissen fallen und versuche, halbwegs klar zu werden. »Warum? Was ist denn los?«
Meine Mutter seufzt und ringt mit sich.
Ich werde hellhörig. »Jetzt sag schon, was passiert ist!«
»Sitzt du?«
»Ich liege.«
»Nathalie hatte einen schweren Autounfall. Sie … hat … ihn nicht überlebt.«
Es ist ganz still, nicht einmal meinen Atem kann ich noch hören.
»Scheiße«, stoße ich schließlich hervor, schmeiße das Handy weg und renne zur Toilette.
***
Mein Nacken tut weh und ich versuche den Kopf zu drehen. Der kalte Untergrund hindert mich jedoch daran. Ich blinzle und sehe vor mir die Kloschüssel. Was für ein schönes Bild, wenn man gerade aufwacht. Mühsam stütze ich mich mit den Händen auf den Fliesen ab und entdecke Spuren meines Abendessens auf der Klobrille. Ich würge und lasse den Rest auch noch heraus. Mein Schädel vibriert vor Schmerz, mein ganzer Körper fühlt sich an wie nach einem Marathon. Schwer, ausgelaugt und voller Muskelkater. Nur das Glücksgefühl, etwas geschafft zu haben, fehlt.
Mit großer Anstrengung rapple ich mich auf und blicke in den Spiegel. Mein Make-up ist komplett nach unten gerutscht und meine sonst so perfekte Frisur ist zerstört. Im Mundwinkel klebt noch etwas Kotze, und bevor ich mich noch einmal übergeben muss, spüle ich mir sorgfältig den Mund aus und putze meine Zähne.
Was, zum Teufel, war gestern los? Ich habe einen über den Durst getrunken, das ist nichts Neues. Auch, dass ich hin und wieder die Kloschüssel umarme, kenne ich von mir. Aber in mir breitet sich gerade ein dumpfes Gefühl der Leere aus, dessen Herkunft ich nicht erklären kann. Ich habe gestern meinen Job verloren. Das ist wirklich doof, aber kein Weltuntergang. Mit beruflichem Totalversagen kenne ich mich schließlich aus.
Ich habe gestern Nacht noch telefoniert. Nur mit wem? Und wo ist mein Handy? Ich begebe mich auf die Suche und werde erst nach einer Weile in den unordentlichen Laken unseres Bettes fündig. Warum liegt Daniel eigentlich nicht darin? Ist er die Nacht nicht nach Hause gekommen? Oder macht er etwa schon das Frühstück? Ich rufe nach ihm, erhalte aber keine Antwort. Vielleicht ist er schon Brötchen holen gegangen. Na gut, erst mal das Handy. Ich entsperre den Bildschirm und entdecke eine ungelesene Nachricht. Sie ist von Daniel: »Lena, ich werde die Nacht bei meinen Eltern schlafen. Dein Verhalten heute hat mich sehr verärgert. Du hast mich und meine Familie lächerlich gemacht. Schon länger ist mir aufgefallen, dass unser Verhältnis immer schlechter wird und du dich mehr und mehr gehen lässt. Dass du deinen Job verloren hast, ist nur ein weiteres Zeugnis für mich dafür. Ich habe es schon geahnt, dass es irgendwann so weit kommt. Dich fast jedes Wochenende sturzbetrunken von einer Party abholen zu müssen, hätte eine Warnung für mich sein sollen. Es tut mir sehr leid, aber ich glaube, unsere Beziehung hat keine Zukunft mehr. Unser Leben verläuft in verschiedene Richtungen. Morgen Abend werde ich nach Hause kommen und möchte dich bitten, bis dahin ein paar Sachen gepackt und dich um eine kurzfristige Unterkunft gekümmert zu haben – vielleicht bei einer Freundin. Alles weitere klären wir später. Ich wünsche dir alles Gute, Daniel.«
Wow, mit der Nachricht hat er sich richtig Mühe gegeben, nur das Mit freundlichen Grüßen hat gefehlt. Was will er damit sagen? Etwa, dass er …
Ich muss die Zeilen noch einmal lesen, denn ich will es nicht glauben. Doch auch beim zweiten Mal liest es sich so, als hätte Daniel mit mir Schluss gemacht. Das ist nicht sein Ernst! Hat er tatsächlich die Beziehung beendet? Mit einer stocksteifen Nachricht auf dem Handy? Ich fasse es nicht! Noch dazu wirft er mich raus! Zuerst mein Chef und nun mein Freund. Besser kann es kaum noch werden. Wo soll ich denn jetzt hin? Das kann er doch nicht einfach so machen!
Eigentlich wollten Daniel und ich heiraten. Gut, eigentlich wollte ich ihn heiraten. Schließlich ist er eine gute Partie als angehender Partner in einer Rechtsanwaltskanzlei. Scheiße! Was tue ich denn jetzt? Das wirft meinen ganzen Lebensplan durcheinander.
Hilflos blicke ich mich im Schlafzimmer um und überlege, was ich wohl einpacken soll. Ich zerre Daniels riesigen, megateuren Hartschalenkoffer vom Schrank und werfe Hosen, Shirts, Unterwäsche und Schuhe hinein. Danach schnappe ich mir noch seine leere Sporttasche und fülle sie mit meinem Kosmetikkrempel.
Unentschlossen starre ich nun das Gepäck an und überlege, wo ich hingehen könnte. Julia! Sie hat mit ihrem Mann zusammen eine große Wohnung mit Gästezimmer. Vielleicht nimmt sie mich für ein paar Tage auf. Als ich das Telefonprotokoll aufrufe, sehe ich plötzlich, dass ich gestern Nacht mit meiner Mutter telefoniert habe. Richtig! Jetzt fällt es mir wieder ein. Aber warum zur Hölle rufe ich sie nachts an?
»Nathalie!«, flüstere ich erschrocken. Natürlich! Eine meiner besten Freundinnen aus Kinder- und Jugendtagen hatte einen Autounfall! Noch vor zwei Tagen wollte ich sie anrufen. Sie hatte dreimal versucht, mich zu erreichen, aber ich hatte immer etwas Besseres zu tun. Scheiße! Ich habe nicht zurückgerufen – und nun ist sie …! Warum, um Gottes willen, habe ich nicht zurückgerufen? So lange schon haben wir keinen Kontakt mehr gehabt. Wollte sie mir vielleicht etwas sagen? Nun ist sie tot! Kann das wirklich wahr sein? Zur Sicherheit wähle ich die Nummer meiner Eltern.
»Mama?«, frage ich mit zittriger Stimme, als meine Mutter endlich abnimmt.
Ich steige aus meinem dreckigen Audi, recke und strecke mich und gähne voller Inbrunst. Die vierstündige Fahrt von München nach Himmelreich, dem Kaff meiner Jugend, hat mich mürbe gemacht. Es ist nur noch eine halbe Stunde Zeit bis zur Beerdigung.
»Cleo Schneider!«, höre ich hinter mir und fahre herum. Ein junger Mann im Anzug kommt lächelnd auf mich zu.
»Noah Hansen!«, entgegne ich erstaunt und lehne mich gegen die schlammbespritzte Fahrertür. »Dass ich dich hier treffe! Du bist wohl noch immer unser Nachbar.«
»Hast du etwas dagegen? Was führt dich denn hierher?«
»Nathalie«, antworte ich leise.
»Ja, richtig, ihr wart ja mal beste Freundinnen«, sagt er betroffen. »Es tut mir sehr leid!«
»Wir haben nicht mehr viel Kontakt gehabt in den letzten Jahren. Aber es ist wirklich …« Ich kann nicht weitersprechen. Meine Augen drohen sich mit Tränen zu füllen, aber ich reiße mich zusammen. Vor Noah werde ich ganz sicher nicht heulen.
»Und warum hast du dich so fein gemacht?«, frage ich ihn.
»Ich werde auch zur Beerdigung gehen. Wir waren alle mal sehr gute Freunde. Und in diesem Ort läuft man sich oft über den Weg.«
»Wir zwei waren niemals Freunde, Noah!«, korrigiere ich ihn.
»Das habe ich anders in Erinnerung.«
»Das hättest du wohl gern! Du bist uns nachgelaufen.«
»Falsch! Ich war nur an dir interessiert, und Nachlaufen war auch gar nicht nötig. Du bist ganz und gar nicht vor mir weggerannt.« Er steht ganz dicht bei mir und sieht mir provozierend in die Augen.
»Das ist Jahrhunderte her«, erwidere ich schnippisch. »Darauf solltest du dir nicht zu viel einbilden.«
Er lacht mich aus und wuschelt mir über den Kopf. »Bissig wie immer. Aber eigentlich mag ich ja deine sarkastische Art.«
»Hey«, rufe ich verärgert und streiche meine Haare wieder glatt.
Ohne auf meine Eitelkeit einzugehen, öffnet er die Heckklappe meines Audis. »Ich helfe dir beim Tragen, okay?«
Als er jedoch in den vollgestopften Kofferraum sieht, macht er große Augen. »Willst du hier wieder einziehen?«
Neben Daniels teurem Koffer und der Sporttasche habe ich Unmengen an Tüten und losem Kram ins Heck des Fahrzeugs gequetscht.
»Nein … wie … wie kommst du darauf?«, stammle ich.
»Sorry, ich vergaß! Frauen brauchen ja sieben Koffer für ein Wochenende – oder eben sechsunddreißig Plastiktüten.« Er wuchtet den schweren Koffer aus dem Wagen.
»Danke«, murmle ich und folge ihm wie ein treudoofer Hund zur Haustür meiner Eltern.
Noah stellt mein Gepäck auf die Treppe und dreht sich zu mir. »Schaffst du den Rest allein oder soll ich ihn in dein Kinderzimmer tragen?« Sein freches Grinsen bringt mich zum Lächeln, obwohl ich mich dagegen wehre.
»Das schaffe ich«, lehne ich ab und drücke die Klinke der Haustür nach unten. »Danke dir, wir sehen uns sicher nachher.«
Mein Blick folgt ihm, bis mein ehemaliger Freund – oder was auch immer er war – in der Garage des Nachbarhauses verschwunden ist. Noah ist wirklich erwachsen geworden, er sieht gut aus. Er trägt seine braunen Haare jetzt nicht mehr raspelkurz, und offensichtlich hat er Haarwachs entdeckt. Aber er lebt noch immer bei seinen Eltern. Wie drollig!
Noch bevor ich mein Gepäck die Treppe im Hausflur nach oben tragen kann, höre ich ein Kratzen und Klacken wie von wegrutschenden Krallen auf dem alten Fliesenboden. Fast muss ich über dieses Geräusch lachen, doch im nächsten Augenblick schießt ein schwarzer Riesenschnauzer auf mich zu und reißt mich zu Boden. Wild kläffend steht er über mir, und ich fürchte um mein Leben.
»Lena?«, ruft meine Mutter aus der Küche. »Da bist du ja endlich!« Während sie in den Flur tritt, wischt sie sich die Hände an einem Geschirrhandtuch ab, das aus ihrer Kittelschürze hängt. »Lothar, mach Platz!«, befiehlt sie dem Kläffer in scharfem Tonfall, und tatsächlich lässt er sofort von mir ab und legt sich auf die vielen Schuhe, die in einer Ecke des Flures stehen.
Entrüstet rapple ich mich wieder auf. »Was, zum Teufel, ist das?«
»Ein Hund.«
»Ach, nee! Eine Bestie würde es eher treffen. Mit Tollwut! Wollte die mich umbringen?«
»Ach, Blödsinn. Lothar ist der liebste Hund der Welt.«
»Das wage ich zu bezweifeln. Und der heißt tatsächlich Lothar?«
»Das war der einzige Name mit L, der zu ihm gepasst hat.«
»Warum muss es immer das L sein?«
»Die Namen aller meiner Kinder beginnen mit L.«
»Das weiß ich, Mama! Darf ich den Köter jetzt als meinen Bruder ansehen, oder was? Als hätte ich nicht schon genug Geschwister.«
»Ach was! Aber ein Hund ist nun mal wie ein Kind.«
»Kann er auch den Tisch decken und den Müll raustragen?«
»Nein, kann er nicht. Genau wie du. Ihr könntet Zwillinge sein.«
Ich strecke meiner Mutter die Zunge heraus. Welches Kind macht schon gern Hausarbeit?
»Du bist spät dran!«, lenkt sie ab, knöpft ihre Schürze auf und hängt sie an den Kleiderhaken. Dieses Relikt aus längst vergangenen Zeiten ist das Erste, was sie anzieht, wenn sie das Haus betritt, und das Letzte, was sie auszieht, bevor sie es verlässt. Ich habe mich schon immer gefragt, ob mein Vater auf so etwas steht.
»Ich bin früh losgefahren«, versuche ich mich zu rechtfertigen, »aber auf der A8 war wieder ein dicker Stau.« Ich verschweige ihr lieber, dass ich verschlafen habe. »Ähm … der Hund zerkaut deine Pantoffeln.«
Irritiert wendet sie sich Lothar zu und zerrt ihn mit einem »Aus!« von den Schuhen, die dabei durch die Gegend purzeln.
»Seit wann habt ihr dieses Kalb eigentlich?«
»Seit etwas über einem halben Jahr. Wir haben ihn als Welpen aus dem Tierheim in Gottstreu geholt. Ich habe ihn mehrfach am Telefon erwähnt, aber scheinbar hörst du mir nie zu.«
Scheinbar.
»Der ist noch nicht einmal ausgewachsen?«, frage ich entsetzt.
Meine Mutter seufzt. »Wir müssen los«, mahnt sie erneut und deutet ungeduldig auf ihre Armbanduhr. »Zum Glück bist du wenigstens schon umgezogen.«
Ich sehe an mir herunter. Ich trage schwarze Jeans und ein ebenso schwarzes Top. »Ich bin nicht umgezogen. Ich bin aber gleich so weit.«
»Dann beeil dich! Dein Vater und ich laufen schon mal los. Sonst kommen wir zu spät.«
»Wo ist Papa?«
»In der Scheune bei Oscar.«
Mein Oscar. Ich bin heilfroh, dass sich mein Vater um den alten Hengst kümmert. Jemand anderem hätte ich meinen ganzen Stolz auch nicht anvertraut. Zur Not hätte ich ihn mit nach München genommen. Auch wenn Daniel etwas gegen Haustiere hatte.
Aber Oscar ist ja auch kein einfaches Haustier. Streng genommen ist er gar kein Haustier, obwohl ich ihn früher am liebsten mit ins Bett genommen hätte. Mein kleiner Riese ist etwas Besonderes, wenngleich sich die Pferdekenner gerne mal über ihn lustig machen. Als Shire Horse gehört er der größten Pferderasse der Welt an, allerdings hat er das geforderte Stockmaß nie erreicht – nur vier Zentimeter fehlen ihm – und damit ist er als Zuchthengst abgeschrieben. Dass er früher eine unserer Hannoveranerstuten beglückt hatte, hatte meine Mutter fuchsteufelswild gemacht, aber Zäune und Tore hatten ihn noch nie aufgehalten. Er geht regelmäßig stiften – auch heute noch, wie mein Vater mir letztens am Telefon erzählte.
»Lena, nun mach schon«, reißt mich meine Mutter aus meinen Gedanken, und mein seliges Lächeln erstirbt. So schnell ich kann schleppe ich den Koffer die Treppe nach oben. Darauf, mein spärlich möbliertes, ehemaliges Kinderzimmer genau in Augenschein zu nehmen, verzichte ich für diesen Moment. Jetzt zerre ich ungeduldig das schwarze Kleid aus einer Tüte im Koffer und rieche daran. Die Spuren des lustigen Abends von letzter Woche, an dem ich Job, Freund und Behausung verlor, sind noch nicht beseitigt. Dabei habe ich das Kleid extra gestern Abend zum Lüften über eine Stuhllehne gehängt. Da mir meine eigene Schlampigkeit mehr als bewusst ist, zaubere ich jedoch noch eine Flasche Textilerfrischer aus dem Beutel und sprühe das Kleid großzügig damit ein. So sollte es gehen.
***
Meine Mutter konnte die paar Minuten tatsächlich nicht abwarten und passiert mit meinem Vater gerade das Tor zum Kirchengelände, als ich meinen Wagen davor abstelle.
»Papa!«, versuche ich möglichst leise zu rufen.
Als er sich umdreht, erhellt sich sein betroffenes Gesicht.
»Lena, mein Schatz!«, begrüßt er mich und schließt mich in seine Arme. »Es tut mir so leid um deine liebe Freundin.«
»Ich weiß … ich … kann es noch immer nicht fassen.«
Liebevoll legt er den Arm um meine Schulter, und wir folgen gemeinsam den Trauergästen in die kleine Kirche des Dorffriedhofs. Wir setzen uns weit nach hinten, denn die Kirche ist bereits voll. Ich fühle mich unwohl und meine, etliche Blicke auf mir zu spüren. Noah sitzt schon mit ein paar Freunden weiter vorn, aber seine Eltern sehe ich nicht. Verstohlen lasse ich den Blick weiter schweifen. Ich habe das Gefühl, jeden hier drin zu kennen. Und drei davon besonders gut. Mit gesenkten Köpfen sitzen Maike und Schoscho in verschiedenen Ecken, Lisa hat gerade die Kapelle betreten und steht nun dicht bei ihren Eltern im hinteren Teil. Nur Valentina kann ich trotz ausgiebiger Suche nicht entdecken. Zwei Jahre sind vergangen, aber sie haben sich kein bisschen verändert. In diesem Moment wird mir klar, wie sehr ich diese Weiber vermisst habe. Am liebsten würde ich ihnen zuwinken, aber das hätten mir die anderen Trauergäste sicher übel genommen.
***
Es ist spät, als ich meinen Wagen in der Garage abstelle und an die frische Luft stolpere. Der Likör – und später der Wein – hat meine Beine schwer gemacht. Lange habe ich mich mit den Mädels im Scardellis unterhalten, bis eine nach der anderen die Segel gestrichen hat. Nun stehe ich leicht angetrunken vor meinem Elternhaus und hadere mit mir, ob ich es mit der schwarzen Bestie da drin aufnehmen soll.
Als mir ein vertrauter Geruch in die Nase steigt, wende ich meinen Blick nach rechts. Wusste ich es doch, ein Joint. Noah sitzt im Halbdunkel auf der Treppe und raucht. Das will ich mir nicht entgehen lassen und schlendere hinüber zum Nachbarhaus.
»Wenn du gehofft hast, dass das keiner riecht, muss ich dich enttäuschen«, erkläre ich ihm.
Er grinst breit. »Warum sollte ich das hoffen?«
»Es ist illegal.«
»Es ist nicht verboten, Hanf zu rauchen, nur, es zu besitzen.«
»Der Konsum setzt doch aber den Besitz voraus.«
Er hebt unschuldig die Hände. »Das ist alles, was ich habe. Ich schwöre.«
Sein Zucken um die Mundwinkel verrät mir das Gegenteil.
»Du weißt, dass ich in einer Anwaltskanzlei arbeite?«, sage ich beiläufig, setze mich neben ihn und nehme ihm den Glimmstängel aus der Hand. Während ich genüsslich daran ziehe und den Rauch langsam aus meinem Mund stoße, sehe ich im Augenwinkel, wie Noah grinst.
»Eben deswegen muss ich jetzt nicht die Beine in die Hand nehmen. Ihr Rechtsverdreher könnt mir nicht erzählen, dass ihr für das Gesetzt arbeitet.«
»Also, das beleidigt mich jetzt.«
»Außerdem bist du doch nicht mal ein Rechtsverdreher. Du bist nur eine Sekretärin«, bemerkt er und nimmt mir den Joint wieder ab.
»Sekretärin?«, quieke ich in einem schrillen Ton, den ich keinesfalls beabsichtigt habe. »Rechtsanwaltsfachangestellte, bitte schön! Ich bin die rechte Hand eines Anwalts, führe Akten und die gesamte Korrespondenz eines Falles. Außerdem …«
»Sag ich doch: Sekretärin«, fällt er mir unbeeindruckt ins Wort.
Der Kerl will mich herausfordern! Die Mundwinkel wandern schon wieder verdächtig weit in Richtung seiner Ohren.
»Und du wohnst noch bei Mama und Papa«, entgegne ich trotzig, weil mir nichts Besseres einfällt.
Nun fängt er an zu lachen und zerstört schon wieder meine fast perfekte Frisur. Allerdings bin ich zu träge, um mich dagegen zu wehren.
»Willst du vielleicht noch mit reinkommen?«, fragt er dann. »Ich habe ein paar Freunde da. Wir trinken noch einen.«
»Um diese Uhrzeit noch?«
»Ist ein trauriger Tag!«
»Ja«, gebe ich leise zurück und senke den Blick. Heute habe ich eine meiner besten Freundinnen zu Grabe getragen. Und das, nachdem sie kurz vor ihrem Tod wahrscheinlich dringend mit mir reden wollte. Ich bin ein furchtbarer Mensch!
Bevor mir dieser Gedanke die Kehle zuschnürt, schüttle ich ihn ab, stehe auf und trete mit Noah in den Flur. Schon hier rieche ich, dass nicht nur draußen geraucht wird. Skeptisch schaue ich ihm zu, wie er in die Küche abbiegt, zwei Bier aus dem Kühlschrank holt und mir eines davon gibt. Während ich ihm ins Wohnzimmer folge, dringen schon Stimmen an mein Ohr, leise Musik spielt im Hintergrund.
Der große Flachbildfernseher gegenüber der Couch ist eingeschaltet und zeigt Nachrichten. Ich lasse meinen Blick schweifen, aber ich kenne keinen von Noahs Kumpels, weder die zwei, die wie gebannt in die Mattscheibe starren, noch die drei anderen, die um den Esstisch herum sitzen und pokern.
Eine einsame Stehlampe in der Ecke taucht das Zimmer in schummriges Licht.
»Leute, das ist Cleo«, stellt mich Noah vor und setzt sich an den Tisch.
Zum Gruß erhebe ich meine Flasche Bier, was die anderen erwidern.
»Sie ist meine ehemalige Nachbarin. Wir kennen uns schon, seit wir nicht mehr in die Windeln machen.«
»Das ist bei dir doch gar nicht so lang her«, frotzelt ein blonder Muskelprotz und muss sich im nächsten Moment vor einem Flaschenöffner retten, der in seine Richtung abgefeuert wird. Die Lacher hat er allerdings auf seiner Seite.
Wieder sehe ich Noah ungläubig an. Im Grunde geht es mich nichts an – und ist es mir auch scheißegal – aber im Haus meiner Eltern würde ich nicht mit Gegenständen um mich werfen, die einen Scherbenhaufen verursachen können. Ich kenne mich.
Der Flaschenöffner prallt zum Glück aber nur an der Wand ab und fällt zu Boden. Die Mühe, ihn aufzuheben, macht sich keiner der Anwesenden.
»Schön, dich kennenzulernen, Cleo«, sagt mein Tischnachbar und reicht mir die Hand. »Ich bin Hannes. Du hast also auch mal in diesem Kaff gewohnt?«
»Ja, und ich bin nicht stolz darauf«, erwidere ich mit einem Grinsen.
»Als ob du in einem viel größeren Kaff wohnen würdest«, bemerkt Noah in Richtung Hannes.
»Höllenbrunn hat fünfhundert Einwohner mehr als euer Kuhdorf!«
»Wirklich beeindruckend!«, ziehe ich ihn auf.
»Lebst du noch hier in der Nähe?«, fragt mich Hannes weiter.
»Nein, ich wohne seit ein paar Jahren in München, davor habe ich in Heidelberg studiert.«
Okay, eigentlich lebe ich nicht mehr in München. Oder doch? Immerhin sind dort noch einige meiner Klamotten auf Daniels und Julias Wohnungen verteilt. In der vergangenen Woche habe ich nur die nötigsten Sachen im Gästezimmer meiner ehemaligen Kollegin untergebracht. Nachdem ich den vierten Koffer angeschleppt hatte, wurde ihr Lächeln immer verkrampfter.
»Was hast du denn studiert?«, reißt mich Hannes aus meinen Gedanken.
Ich räuspere mich. »Jura.« Soll ich vielleicht erwähnen …
»… aber sie hat abgebrochen«, nimmt mir Noah die Entscheidung ab.
Ich gucke ihn böse an.
»Etwa nicht?«, fragt er gespielt unschuldig.
»Doch«, zische ich zurück, »aber das hatte seine Gründe.«
»Ach, und welche?«, provoziert mich Noah weiter und legt gespannt seinen Kopf in die Hände.
»Ich hatte einfach keine Lust, einen Job zu machen, in dem man sechzehn Stunden täglich ackert und nichts mehr vom Leben hat.«
»Du hast andere Prioritäten, nicht wahr?«, stänkert er.
Inzwischen möchte ich ihm ins Gesicht fassen. Ziemlich schnell!
»Pass auf, dass nicht gleich der Pokerkoffer geflogen kommt!«, warne ich ihn.
»Sollen wir euch vielleicht kurz allein lassen?«, schlägt Hannes belustigt vor.
»Oh nein, ich will ihm nicht weh tun!«, grummle ich, was Noah mit einem Lachen quittiert.
»Wollen wir was rauchen?«, fragt Hannes in meine Richtung und zieht ein Plastiktütchen hervor.
»Sehr gern«, stimme ich zu. »Ich kann diese negativen Schwingungen hier gerade nicht ertragen.«
Noah grinst in sich hinein, während er die Karten für eine neue Pokerrunde mischt. Dieser Kerl ist unmöglich.
Wir lassen uns auf die Couch fallen, doch die beiden Typen würdigen uns keines Blickes, schauen noch immer gespannt in den Fernseher. Inzwischen läuft ein nicht ganz jugendfreier Werbeblock. Ob ich einen Eimer holen soll, damit sie nicht die Couch vollsabbern?
»Du kommst mir bekannt vor«, stellt Hannes fest, als er gekonnt den Tabak auf dem Paper verteilt, den Tip einlegt und mit geschickten Handgriffen den Joint rollt.
Ich zucke nur mit den Schultern und nehme einen großen Schluck aus meiner Flasche. Mein Likör wäre mir lieber gewesen, alternativ auch Wein oder Whisky Cola.
»Bist du hier zur Schule gegangen?«, will Hannes nun wissen.
»Ja, ins Gymnasium in Gottstreu.«
»Ich erinnere mich. Heißt du nicht Lena? Lena Schneider.«
»Exakt.«
Er fasst sich mit der flachen Hand an die Stirn. »Richtig! Du warst zwei Stufen unter uns. Ich bin mit Noah und deinem Bruder in die Klasse gegangen.«
»Kann sein.«
»Genau, ihr Weiber wart doch immer im Rudel unterwegs.« Er grinst frech.
»So war es.«
»Wie hießen die anderen? Charlotte? Natha…« Er bricht ab, und ich schaue weg. Bevor sich meine Augen mit Tränen füllen können, atme ich tief ein und aus.
»Entschuldige«, sagt er kleinlaut. »Deswegen bist du hier.«
»Ja.«
»Sorry. Ich wollte nicht …«
»Schon okay.«
»Okay, lenken wir schnell ab.« Er zündet die Zigarette an und nimmt einen tiefen Zug. Dann reicht er sie mir. »Bist du bei deinen Eltern untergekommen?«
Erschrocken sehe ich ihn an. Woher weiß er …?
»Ich meine, solange du hier bist. Wohnen sie noch nebenan?«
Puh! Ich dachte schon, ich habe mich verplappert. Irgendwie komme ich nicht mehr ganz mit. Alkohol und Marihuana sind keine gute Mischung. Ich spüre, wie meine Beine immer schwerer werden.
»Ja … ähm, meine Eltern wohnen noch hier. Ich war aber nur kurz vor der Beerdigung zu Hause. Werde mich Sonntag wieder vom Acker machen.«
»Wie schade.«
»Warum?«
»Na ja.« Er kratzt sich am Kopf. »Sonst hätten wir uns vielleicht ein bisschen näher kennenlernen können.«
Gott, dass manche Männer immer so um den heißen Brei herumreden müssen. Glaubt der wirklich, dass er mit einer besoffenen, bekifften Tussi noch Small Talk machen muss?
Ich drehe mich zu ihm und sehe ihm provozierend in die Augen. »Du willst mich also besser kennenlernen. Ich nehme an, auf eine spezielle Art und Weise.«
Verlegen räuspert er sich. »Nun ja, so direkt würde …«
»Warum nicht direkt? Möchtest du vorher meine komplette Lebensgeschichte hören, mich dann sechzehn Mal romantisch zum Essen ausführen und eine emotionale Bindung zu meinem Pferd aufbauen?«
»Was?« Er schüttelt verwirrt den Kopf.
Was davon will er nicht verstehen? Den Inhalt meiner Worte oder den Subtext?
Bevor ich es ihm erkläre, leere ich meine Bierflasche, ziehe noch einmal an unserem Joint und streiche ihm dann anzüglich über die Hose. »Schätzchen, sag es doch einfach, wenn du scharf auf mich bist und gern unanständige Sachen mit mir machen möchtest.«
»Die meisten Damen schreckt es ab, wenn man gleich mit der Tür ins Haus fällt. Deshalb formuliere ich es lieber ein wenig subtiler.«
»Das ist aber unaufrichtig. Und wer hat behauptet, dass ich eine Dame bin?«
»Du siehst aus wie eine mit deinem schwarzen Kleid und den roten Lippen.«
Ich schaue an mir herunter. Wenn er mich aufgrund des Kleides für eine Dame hält, kann es gar nicht so schlimm müffeln, wie ich befürchtet hatte. Textilerfrischer bewirkt echt Wunder! Und der Fünfzig-Euro-Lippenstift scheint auch zu halten, was er verspricht.
Verstohlen schaue ich mich um, aber keiner nimmt Notiz von uns. Die zwei Fernseheulen sind gefesselt von einem ziemlich schrägen japanischen Comic und die Pokerspieler versuchen sich wahrscheinlich gerade gegenseitig telepathisch in die Karten zu schauen. Die Gelegenheit nutze ich und greife nach Hannes’ Hand. Ich ziehe ihn mit mir in die Küche, wobei ich achtgeben muss, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern. Meine Gliedmaßen wollen mir nicht mehr gehorchen. Und meine Libido sowieso nicht.
Nun habe ich anscheinend seine Hemmungen vertrieben, denn er presst im nächsten Moment seine Lippen auf meine, schiebt seine Zunge in meinen Mund.
Mein Gott, ich glaube, der will mich fressen.
Meinen Hals fährt er mit der Zungenspitze entlang, dass ich Gänsehaut bekomme. Seine Hände, die eben noch meinen Hintern gepackt hatten, wandern unter den Saum meines Kleides, schieben den Rock nach oben und meinen Slip nach unten. Blitzschnell hat er mich auf einen Küchenschrank gehoben und zerrt hektisch seinen Gürtel und die Knöpfe seiner Jeans auf. Keine zwei Sekunden später dringt er in mich ein und beginnt unter verhaltenem Stöhnen seine Hüfte gegen meine zu stoßen.
Er scheint es verdammt eilig zu haben – oder verdammt nötig. Sein bestes Stück kann sich sehen lassen und der Rest von Hannes ist auch akzeptabel, nur irgendwie kommt keine Stimmung bei mir auf. Leidenschaft ist etwas anderes. Aber habe ich die gesucht? Ein netter Quickie ist nach dieser beschissenen Woche eigentlich genau das, was ich jetzt brauche. Also versuche ich mich darauf einzulassen, passe mich Hannes’ Rhythmus an. Sogar ein paar obszöne Laute versuche ich von mir zu geben, doch die klingen so unglaubwürdig, dass ich lieber darauf verzichte. Besser so, denn plötzlich sehe ich Noah im Türrahmen stehen.
»Was, zum Teufel …«, beginnt er entrüstet.
Hannes dreht erschrocken seinen Kopf zu ihm, denkt aber nicht daran, sich zurückzuziehen.
»Alter! Würdest du …?«, fordert Hannes nach einem Moment seinen Kumpel zum Gehen auf.
Verwirrt schüttelt Noah den Kopf. »Nein!«
Ich seufze und schiebe Hannes von mir. Nun ist auch der kleinste Funken, den man als Lust hätte bezeichnen können, erloschen. Notdürftig zerre ich den Slip nach oben und den Rock über meine Oberschenkel.
Hannes scheint alles andere als glücklich darüber zu sein. »Wir können auch zu mir fahren.«
»Lassen wir das, okay? War ’ne blöde Idee.«
Er will noch etwas sagen, verstaut dann aber wortlos sein Teil in den Boxershorts und stapft aus der Küche. Nicht, ohne Noah an die Schulter zu rempeln.
Der starrt mich mit einem Ausdruck an, den ich nicht deuten kann. Ist er sauer? Schockiert? Warum?
Eine Weile schauen wir uns angestrengt in die Augen. Dann dreht er sich zum Gehen.
»Was ist dein Problem?«, schnauze ich ihn an und hüpfe von der Arbeitsplatte. Dabei merke ich, wie ich schwanke, reiße mich aber am Riemen.
Noah bleibt mit verschränkten Armen stehen, sieht mich nicht an.
»Bist du grantig, weil ich in deiner Küche gevögelt habe?«
Er schnaubt wütend.
»Oder bist du grantig, weil ich nicht mit dir in deiner Küche gevögelt habe?«
Er dreht sich zu mir um. »Warum sollte ich deswegen grantig sein? Und außerdem: Was ist grantig eigentlich für ein bescheuertes Wort?«
»Vielleicht, weil du eifersüchtig bist?«, übergehe ich seine letzte, völlig überflüssige Frage. Er ist grantig, ob das Wort nun doof ist oder nicht.
»Träum weiter! Die Zeiten sind vorbei.«
»Du bist angepisst. Gib’s doch zu! Du regst dich sogar über ein Wort auf. Warum auch immer. Ist mir eigentlich egal.« Nun bin auch ich grantig und will möglichst aufgebracht an ihm vorbeistürmen. Doch nun versagen mir die Beine vollends, und ich wäre beinahe auf dem Flurboden aufgeschlagen, hätte Noah mir nicht blitzschnell unter die Arme gegriffen.
»Hey, hey. Nicht umfallen«, sagt er sanft. »Alles okay mit dir?«
Ich weiß nicht, ob ich das jetzt peinlich oder angenehm finden soll. Denn ich fühle mich gerade definitiv wohl in seinen Armen. Verflucht!
»Alles bestens!«, lüge ich und will ihn abschütteln.
»Dir geht’s nicht gut. Komm schon, ich bring dich rüber.«
Och Mann, ich will doch keine Schwäche zeigen – vor allem nicht vor Noah – und wie eine Zwölfjährige nach Hause begleitet werden, aber meine wackligen Beine siegen über meinen Stolz.
»Wenn’s denn unbedingt sein muss«, kann ich mir dennoch nicht verkneifen.
Er hilft mir wieder auf die Beine und muss mich tatsächlich stützen. So ein Mist.
Stolpernd verlassen wir das Haus und gehen hinüber zur Haustür meiner Eltern. Davor halte ich inne.
»Die schwarze Bestie wird ausflippen und mich in der Luft zerreißen!«
»Nein, wird er nicht.«
»Ich brauche sowieso noch etwas frische Luft.« Ich entwinde mich Noahs Griff und lasse mich auf die Stufen nieder. Bei geschlossenen Augen wird mir schwindelig, also öffne ich sie schnell wieder und atme tief durch.
»Lothar ist doch eigentlich ein ganz toller Kerl«, bemerkt Noah und setzt sich neben mich.
»Das Vieh wollte mich töten.«
»Niemals, der ist total brav. Außer, dass er scheinbar auf Schuhe abfährt.«
»Das habe ich bemerkt. Du hast ihn wohl näher kennengelernt?«
»Deine Eltern und ich sind Nachbarn. In einem Kuhdorf. Natürlich kenne ich ihren Hund. Und ich finde ihn toll. Er hat dich heute zum ersten Mal gesehen, im Haus seiner Herrchen. Er muss dich sicher erst mal beschnuppern.«
»Das soll er schön bleiben lassen. Ich hasse Sabber auf meinen Klamotten.« Angewidert schüttle ich mich.
»Seit wann bist du zur Tussi mutiert? Du hast dich früher mit deinen Brüdern im Schlamm gesuhlt wie ein Ferkel, bist täglich mit aufgeschürften Knien nach Hause gekommen, weil du irgendwo rumgekrochen oder hingefallen bist. Weißt du noch, wie du den Felix zur Sau gemacht hast, weil er dir in der elften Klasse an den Hintern gefasst hat? Er war einen Kopf größer als du, und trotzdem hat er es nie wieder gewagt, dich auch nur anzusehen.«
Ich erinnere mich dunkel und muss lächeln.
»Was ist passiert?«, fragt Noah.
»Ich bin erwachsen geworden.«
»Sich zu besaufen und bekifft mit fremden Kerlen zu vögeln, ist nicht erwachsen.«
»Das geht dich nichts an.«
»Natürlich geht es mich nichts an. Aber ich mache mir Sorgen um dich.« Er legt den Arm um meine Schulter. »Muss ich mir denn Sorgen machen?«
»Nein!«
»Wir haben als Teenies schon gern zu tief ins Glas geguckt. Mir scheint, dass sich das bei dir nicht geändert hat. Oder irre ich mich?«
»Wir haben nur auf Nattie angestoßen.«
»Und wie oft?«
»Mir ist schlecht.«
»Doch zu viel geraucht?«
»Die Kombi von Alkohol und Gras ist nicht gut.«
»Siehst du, was ich meine?«
Meine Güte! Was ist denn schon dabei? Ich lasse mir doch nicht mein Leben verbieten. Ein bisschen Spaß wird doch wohl erlaubt sein.
Bevor ich meine Gedanken in Worte fassen kann, wird der Brechreiz unerträglich. Ich würge und kotze Noah direkt vor die Füße.
Erschrocken zieht er den Arm zurück und betrachtet meinen Mageninhalt. Im ersten Moment sieht er so aus, als ob er meinem Beispiel folgen möchte, doch dann seufzt er nur. »Und? Fühlst du dich jetzt besser?«
»Wie neu geboren!«, antworte ich schwerfällig. Der Geschmack in meinem Mund ist echt nicht lecker.
Mit einem mitleidigen Lachen tätschelt mir Noah den Rücken, während ich mit einem Taschentuch versuche, die Spritzer auf seinen Turnschuhen zu entfernen.
»Tut mir leid«, sage ich mit zittriger Stimme.
»Schon okay. Lass gut sein. Ich steck sie in die Waschmaschine.«
»Schuhe kann man waschen?« Das ist mir neu. Das eröffnet mir gerade ganz neue Möglichkeiten. Denn zum Schuheputzen bin ich wirklich nicht geboren.
»Nicht alle, aber diese schon.«
Mein Enthusiasmus löst sich in Luft auf.
»Komm, ich bring dich in dein Bett.«
»Du willst mir doch nur an die Wäsche«, brumme ich und quäle mich mit Noahs Unterstützung hoch.
»Keine Sorge, du hast mir eben auf die Füße gekotzt. Dich rühr ich ganz sicher nicht an.«
Im Haus schiebt er mich die Treppe nach oben, bis mir plötzlich wieder einfällt, dass meine Eltern einen Hund haben, der mich höchstwahrscheinlich nicht leiden kann. Doch es ist schon zu spät. Erst höre ich ein leises Knurren, dann, wie die Bestie sich nähert. Wieder grummelt er vor sich hin, als er vor mir steht, aber sofort krault Noah ihm den Kopf, und das scheint ihm zu gefallen.
»Wir sind Kumpels, nicht wahr? Das sind wir«, versucht er dem Tier einzureden.
Bevor ich rückwärts die Treppe hinuntersegle, muss Noah mich wieder festhalten und schiebt Lothar sanft beiseite.
»Ich muss den zugedröhnten Suffkopp in die Heia bringen, mein Alter.«
Ich will protestieren, aber eigentlich hat er recht. Nur noch ins Bett!
Vorsichtig lehnt er mich an den Türrahmen, öffnet die Tür zu meinem ehemaligen Kinderzimmer und knipst die Nachttischlampe an. Dann holt er mich am Türrahmen ab und manövriert mich zum Bett. Träge lasse ich mich auf die Matratze plumpsen und falle zur Seite um. Ich schaffe es einfach nicht, mich noch einen Millimeter zu rühren. Sogar die Augenlider sind so schwer, dass sie mir nicht gehorchen wollen.
Ich höre, wie Noah sich räuspert. Sicher kratzt er sich gerade am Kopf und ist sich unschlüssig darüber, ob er mir die Klamotten vom Leib reißen soll.
»Willst du in dem Kleid schlafen? Sieht unbequem aus. Schaffst du es selbst, es auszuziehen?«
»Wonach sieht es denn aus?«, brummle ich ins Kopfkissen.
»Ähm … ich zieh dir die Schuhe aus … okay? Der Rest geht mich nichts an.«
»Du kannst mich doch so nicht hier liegen lassen.«
»Ähm … ja … soll ich es dir ausziehen?«
»Ich wusste doch, dass du mir an die Wäsche willst.«
Er schnappt nach Luft. Ich kann es zwar nicht sehen, aber ich höre, wie entrüstet er ist.
Dennoch streift er mir nun die Pumps von den Füßen, legt meine Beine aufs Bett und dreht mich unsanft auf den Bauch. Wehren kann ich mich nicht. Egal, was er jetzt vorhat.
Langsam öffnet er den Reißverschluss meines Kleides und versucht, das Oberteil über die Schultern nach unten zu zerren.
»Sei vorsichtig«, nuschle ich, »das ist von Dolce & Gabbana.«
»Du könntest mich ja auch ein bisschen unterstützen. Ich komme mir gerade so vor, als würde ich eine Leiche entkleiden.«
»Du bist echt pervers.«
»Und du anstrengend.«
Noch gröber als zuvor hievt er mich wieder auf den Rücken und zerrt das Kleid über meine Hüften und Beine.
Nur mit Mühe kann er die Bettdecke unter meinem Körper hervorreißen und legt sie dann sorgfältig über mich.
Irgendwie schade, ich hatte gehofft, er würde über mich herfallen, aber mit einer Halbtoten kann er offenbar nicht viel anfangen.
»Gute Nacht, Cleo.«
Müde brumme ich eine Erwiderung und bin weg.
Die Schulglocke klingelt. Mal wieder bin ich zu spät dran, höre sie von Weitem und trete dennoch weiterhin gemütlich in die Pedale. Herr Lindner wäre sicher geschockt, wenn ich pünktlich im Klassenzimmer auftauchen würde. Erneut klingelt es.
Seit wann klingelt es zweimal? Und warum, zum Teufel, fahre ich Rad und nicht mit meinem A5? Und warum, um alles in der Welt, fahre ich zur Schule?
Das dritte Klingeln lässt mich vor Schreck fast aus dem Bett fallen. Draußen ist es bereits hell, die Vorhänge sind nicht zugezogen. Das grelle Sonnenlicht dringt in mein Zimmer und verstärkt den Schmerz in meinem Kopf. Es hämmert. Und das penetrante Klingeln macht die Sache nicht besser.
Schwerfällig quäle ich mich aus dem Bett, ziehe Shorts und ein Trägertop aus meinem – Daniels – Koffer, schlüpfe hinein und schleppe mich die Treppe hinunter zur Haustür.
Warum macht denn sonst keiner auf? Wo sind meine Eltern? Und wer stört schon so früh am Morgen? Ach ja, richtig, der Tag scheint dem Sonnenstand zufolge bereits fortgeschritten zu sein.
Entnervt öffne ich die Tür.
Daniel.
»Was tust du denn hier?«
Er wirkt nicht gerade erfreut. »Fragst du das jetzt ernsthaft? Ich möchte meinen Wagen abholen … und meinen Koffer.«
»Du fährst fast vierhundert Kilometer wegen eines Koffers?«
»Dieser Koffer hat mich über tausend Euro gekostet, Schätzchen! Und ich komme auch wegen meines Wagens.«
»Das ist mein Auto!«
»Die Papiere sagen etwas anderes!«
»Aber … aber … Du willst mir jetzt also wirklich meinen einzigen fahrbaren Untersatz wegnehmen?« Ich bin entsetzt. Er kann doch nicht …
»Dieses Dorf lässt sich in zwei Minuten zu Fuß durchqueren. Ich glaube nicht, dass du dafür ein Auto brauchst.«
»Ich muss ja auch mal einkaufen fahren oder zur Arbeit.«
Er schaut mich skeptisch an.
»Außerdem lebe ich nicht hier … jedenfalls nicht auf Dauer.«
»Lena, das ist dein Problem. Nicht meins. Ich habe dir ein sechzigtausend Euro teures Fahrzeug überlassen, weil du meine Freundin warst. Aber jetzt bist du das nicht mehr und … sorry! Ich hätte gern die Schlüssel.«
Wow, das überfordert mich gerade. Vor einer Woche habe ich gleichzeitig Job, Freund und Zuhause verloren. Heute sind es das Auto und meine Würde gleich dazu. Was soll ich denn sagen, warum mein Freund – okay, Ex-Freund, aber das weiß ja niemand – mir meinen Wagen abnimmt?
»Lena, ich habe nicht den ganzen Tag Zeit! Ich habe schon genug davon verplempert, um dir nachzufahren«, drängelt er.
Mein Versuch, einen mitleiderregenden Blick wie der gestiefelte Kater aufzulegen, geht wohl in die Hose, denn Daniel rollt nur ungeduldig mit den Augen.
»Lena!«
Ich seufze. »Warum fährst du denn auch bis hierher? Du hättest den Wagen vergangene Woche in München abholen können.«
»Schätzchen, zunächst musste ich herausfinden, wo du überhaupt bist. Du hast auf keine meiner Nachrichten reagiert.«
Die hatte ich ungelesen gelöscht. Solche Dinge tut man, wenn man sauer ist. »Dann hättest du halt gewartet, bis ich wieder da bin.«
»Kann ich riechen, dass du zurück nach München kommen willst? Du hast dort doch sowieso keinen Job mehr. Und außerdem hat deine Kollegin Julia, bei der ich dich gestern endlich ausfindig gemacht habe, mir gesagt, dass du deinen Kram gepackt und nach Himmelreich gefahren bist. Da bin ich davon ausgegangen, dass du meinen Wagen entführt hast.«
»Natürlich komme ich zurück nach München«, empöre ich mich. »Ich ziehe doch nicht in dieses Kuhkaff!«
»Wie dem auch sei. Das ist mir wurscht. Die Schlüssel! Bitte!.«
»Möchtest du dir das nicht noch einmal durch den Kopf gehen lassen? Ich meine, nicht nur das mit dem Auto. Auch das mit uns …«
Wieder rollt er mit den Augen. Mist, die Mitleidsnummer zieht also nicht.
»Ich … hole die Schlüssel«, gebe ich auf und schlurfe in mein Zimmer. Aus der kleinen schwarzen Handtasche krame ich den Schlüssel heraus und betrachte wehmütig die vier silbernen Ringe darauf. Leb wohl, Audi, meine geliebte Luxuskarosse.
Im Türrahmen wartet Daniel mit verschränkten Armen und wippt ungeduldig mit dem Fuß. Als ich wieder in seinem Blickfeld auftauche, macht er auf dem Absatz kehrt und steuert zielgerichtet auf die offene Garage zu.
Niedergeschlagen folge ich ihm.
Auf der Straße steht sein schwarzer Q7, der in der Sonne glänzt. An der Beifahrertür lehnt ein junger Mann. Eindeutig Marke Arschkriecher. Seine zurückgegelten Haare lassen jedenfalls vermuten, dass er seinen Kopf gerade erst aus Daniels Hintern rausgezogen hat.
»Lena!«, seufzt Daniel.
Ich drehe den Kopf und sehe, was er meint. Jaaa, das Schwarz des A5 ist kaum noch als solches zu erkennen. Aber ich hatte in den letzten Tagen keine Zeit für eine Autowäsche … Jaaa, ich hatte keine Lust!
»Wenn du einen Wagen so verkommen lässt, solltest du vielleicht lieber Traktor fahren. Das würde wenigstens zur Umgebung passen.« Kritisch geht er die Beifahrerseite entlang und hält dann inne. Mit schockiertem Gesichtsausdruck starrt er die Front des Wagens an. Dann sieht er wütend zu mir. »Was, zum Geier, hast du getan?«
»Was denn? Oh. Äh …«
Das Nummernschild knutscht die Garagenrückwand. Es ist ein sehr inniger Kuss.
Daniel schnappt nach Luft, und als er endlich wieder seine Sprache findet, wettert er los: »Lena, bist du eigentlich noch ganz dicht? Was stimmt nicht mit dir, verdammt! Hast du das denn nicht gemerkt?«
»Der … muss … drangerollt sein.«
»Willst du mich verscheißern? Du bist mit mindestens zehn Stundenkilometern dort rangefahren! Der Wagen ist nicht nur gerollt!«
»Das war ich nicht!«
Einen Versuch ist es wert.
»Ach ja? Wer war es denn sonst?« Seine Stimme hat einen sehr hohen Ton angeschlagen. Ich würde lachen, aber ich befürchte, dass er mir dann etwas antut.
Ich zucke mit den Schultern.
»Sorry, Lena, das ist … ich bin … du …«
Geduldig warte ich, bis er einen Satz zu Ende spricht, aber er scheint recht aufgebracht zu sein.
»Ich bezahl dir den Schaden.«
Ähm … in Raten vielleicht?
»Dieser Schaden hier …«, er deutet wild auf die Motorhaube, »geht sicher in die Tausende! Der Stoßfänger ist komplett hin. Und die Haube ist eingedrückt. Woher willst du das Geld bitte nehmen?«
»Ratenzahlung?«, schlage ich nun doch vor.
Schrill lacht er auf. »Lena, weißt du was? Vergiss es! Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Ich nehme den Audi jetzt mit und will dann nie wieder etwas von dir hören.«
»Ich muss noch ein paar Sachen aus unserer Wohnung holen.«
Er schließt die Augen und atmet tief durch. »Erstens, ist das meine Wohnung, und zweitens … von mir aus. Sag mir Bescheid und wir vereinbaren einen Termin.«
»Einen Termin?«
»Ja!«
»Wenn du meinst.«
Er nickt entschlossen und wendet sich zum Gehen.
Ich räuspere mich. »Es ist wohl ein schlechter Zeitpunkt, zu fragen, ob du es dir nicht nochmal überlegen willst?«
Statt einer Antwort schnaubt er verächtlich, ballt die Fäuste und stapft zu seinem Wagen. Mit Schwung reißt er die Fahrertür auf und bedeutet dem Arschkriecher, den A5 zu holen.
Nur widerwillig übergebe ich ihm die Schlüssel. Bevor er jedoch rückwärts aus der Garage fahren kann, springe ich ihm in den Weg.
Abrupt tritt er auf die Bremse und öffnet die Tür. »Was denn noch?«
»Ich habe noch ein paar Sachen im Kofferraum.«
***
»War das dein Ex?«
Erschrocken fahre ich herum. Noah steht hinter mir. Er muss zu mir gekommen sein, als ich meinem geliebten Audi hinterhergeblickt habe. Das Bild war wirklich traurig, wie er mit eingedrückter Schnauze davongeeiert ist.
»Woher weißt du …? Ich meine, wieso Ex?«
Noah grinst mich wissend an. »Süße, mach mir nichts vor. Nach dieser Szene willst du behaupten, ihr führt eine liebevolle Beziehung?«
Grimmig schaue ich ihn an.
»Was hast du eigentlich mit dem Wagen gemacht? Er sah furchtbar aus.«
»Er ist gegen die Garagenwand gerollt«, behaupte ich erneut.
Als Noah laut auflacht, drehe ich mich um und stiefle zur Garage. Ich muss unbedingt das Gepäck aus dem Kofferraum irgendwo verstecken.
Schnellen Schrittes kommt Noah hinter mir her.
»Du hast dein Auto betrunken gegen die Wand gesetzt?«
»Ich war nicht betrunken!«
»Die Nacht hatte ich einen anderen Eindruck. Du hast außerdem zugegeben, dass du mit den Mädels getrunken hast.«
»Und wenn schon! Das geht dich nichts an. Wie so viele Dinge in meinem Leben.«